rp19, zweiter tag

felix schwenzel in artikel

an­ders als ge­dacht fing das streit­ge­spräch zwi­schen axel voss und mar­kus be­cke­dahl nicht um 10:15, son­dern um 11:15 an. so früh an büh­ne 2 zu sein war aber sehr gut, ei­ner­seits weil ich mir dann ein pa­nel über „made in eu­ro­pe“ an­se­hen konn­te und vor al­lem weil ix so über­haupt in die voss vs. be­cke­dahl ver­an­stal­tung rein­kam. die tü­ren wur­den näm­lich schon kurz nach dem ende des made-in-eu­ro­pe-pa­nels we­gen über­fül­lung ver­ram­melt. aus dem made in eu­ro­pe-pa­nel blieb nicht viel hän­gen, aus­ser dass chi­na ei­nen plan hat und eu­ro­pa nicht (fe­lix lee) oder dass man in eu­ro­pa ja (quell) of­fe­ne, mo­du­la­re, „nach­hal­ti­ge“ hard­ware för­dern könn­te und da­mit ei­nen of­fen­bar be­stehen­den be­darf be­die­nen könn­te (anke dom­scheid-berg). anke dom­scheid berg zi­tier­te in an­de­rem zu­sam­men­hang auch gre­gor gysi mit „op­po­si­ti­on ist zeit­geist“ (so habe ichs ver­stan­den), mein­te aber wahr­schein­lich: „In Op­po­si­ti­on kann man Zeit­geist ver­än­dern.“ wenn ich mir die der­zei­ti­ge op­po­si­ti­on im bun­des­tag so an­gu­cke, zu­min­dest die rechts sit­zen­de, hof­fe ich doch sehr dass das ent­we­der nicht stimmt oder zeit­geist stär­ker aus der ge­sell­schaft ver­än­dert wird, als aus dem par­la­ment. die ver­tre­te­rin der tel­kom auf der büh­ne, clau­dia ne­mat (ver­ant­wor­tet im vor­stand der tel­kom das res­sort tech­no­lo­gie und in­no­va­ti­on), stimm­te grund­sätz­lich al­lem und je­dem zu, so­gar zwei krit­sch fra­gen­den aus dem pu­bli­kum. die kunst des lau­ten „ja“, kom­bi­niert mit ei­nem lei­sen „aber“ habe ich jetzt schon mehr­fach auf der re­pu­bli­ca be­ob­ach­tet und sie wird aus­schliess­lich von frau­en be­herrscht.

das streit­ge­spräch voss vs. be­cke­dahl be­gann mit ei­ner drei­fach an­mo­de­ra­ti­on; zu­erst der büh­nen-mo­de­ra­tor, dann der ge­sprächs­mo­de­ra­tor jo schück, der er­klär­te dass das ge­spräch als zdf-kul­tur-sen­dung auf­ge­zich­net wür­de und dass er gleich, „ab­sur­der­wei­se“, noch­mal auf die büh­ne kom­men wür­de, als wür­de er das zum ers­ten mal tun. das tat er auch und mo­de­rier­te das pa­nel dann wirk­lich bril­li­ant, gut vor­be­rei­tet und un­ter­halt­sam durch.

bei voss vs. beckedahl hat der moderator gewonnen. (beckedahl und voss haben sich beide gut geschlagen, aber jo schück hat das wirklich sehr brilliant moderiert) pic.twitter.com/LR9h0FKOfv

felix schwenzel (@diplix07.05.2019 11:13

ne­ben mir sass jens schrö­der und sag­te vor dem voss vs. be­cke­dahl-ge­spräch, dass er ein biss­chen angst vor dem ge­spräch habe. die­se angst, dass das pu­bli­kum all zu höh­nisch und un­fair mit axel voss um­ge­hen könn­te teil­te ich mit ihm, es zeig­te sich aber, dass sie un­be­grün­det war. bei mar­kus be­cke­dahl bra­chen zwar ein, zwei mal kurz emo­tio­nen und po­le­mi­sche an­sät­ze durch, aber das ge­spräch emp­fand ich als zi­vi­li­siert und er­hel­lend — und das pu­bli­kum als fair. an­ders als er­war­tet, brab­bel­te axel voss nicht nur un­zu­sam­men­hän­gen­des zeug vor sich hin, son­dern schaff­te es bei­na­he eine schlüs­si­ge ar­gu­men­ta­ti­on da­für ab­zu­lie­fern, war­um ar­ti­kel 13 eben so ver­ab­schie­det wur­de, wie er ver­ab­schie­det wur­de. der ar­ti­kel, der das ur­he­ber­recht be­trä­fe sei eben nur eine gro­be vor­ga­be (richt­li­ne), die, im ge­gen­satz zu ver­ord­nun­gen, eben nicht eins zu eins, son­dern mit gros­sem spiel­raum na­tio­nal um­ge­setzt wer­den könn­ten. man muss mit dem in­halt und dem geist der richt­li­nie nicht über­ein­stim­men, aber dass es spiel­raum bei der um­set­zung gibt ist re­la­tiv un­be­streit­bar. dass auch gut ge­schrie­be­ne ge­set­ze rechts­un­si­cher­hei­ten schaf­fen, und nicht nur schlecht ge­schrie­be­ne wie die von ihm be­glei­te­te richt­li­nie, hat er lei­der nicht ge­sagt, aber auch das dürf­te re­la­tiv un­besterit­bar sein. ganz ab­ge­se­hen da­von zog mar­kus be­cke­dah­ls kern­ar­gu­ment we­sent­lich bes­ser, näm­lich dass das ur­he­ber­recht ganz grund­sätz­lich an das di­gi­ta­le zeit­al­ter an­ge­passt wer­den müss­te und gross­zü­gi­ge­re, ex­pli­zi­te­re schran­ken­re­ge­lun­gen um­fas­sen müss­te, da­mit das kre­ieren, dass pu­bli­zie­ren im netz un­kom­pli­zier­ter, ver­ständ­li­cher und nach­voll­zieh­ba­rer wird.

axel voss be­harr­te im ge­spräch auch dar­auf, dass die aus­nah­me­re­ge­lun­gen die man in der richt­li­nie fest­ge­legt habe (ar­ti­kel 5?), auch aus­nah­men im zi­tat­recht von bil­dern („me­mes“) be­inhal­ten wür­de: wenn das nicht so um­ge­setzt wür­de, mein­te voss zu be­cke­dahl, kön­ne man sich mnoch­mal zu­sam­men­set­zen und das dann wie­der än­dern. das ist aus dem mund von je­man­dem, der in der zeit be­haup­te­te, dass man frem­de tex­te auf pri­va­ten home­pages in gän­ze ver­öf­fent­li­chen dür­fe (weil „pri­vat­ko­pie“) nicht so irre be­ru­hi­gend, aber im­mer­hin eine deut­li­che fest­le­gung. der pas­send zy­ni­sche kom­men­tar, der in etwa lau­te­te: „an­pas­sun­gen las­sen sich dann ja pro­blem­los vom eu­ro­pa­par­la­ment ver­ab­schie­den“ kam dann glau­be ich von jo schück.

splan­ge das ur­he­ber­recht aber ka­putt ist, kann man hier bei der bun­des­zen­tra­le für po­li­ti­sche bil­dung im­mer­hin zwei bro­schü­ren mit je­weils un­ge­fähr 400 sei­ten zur ein­füh­rung in die the­ma­tik run­ter­la­den.

da­nach blieb ich für bern­hard pörk­sen sit­zen. ei­gent­lich er­tra­ge ich des­sen vor­trags­stil nicht — auch wenn er den vor­teil ge­gen­über vie­len an­de­ren vor­tra­gen­den hat, dass er sich sorg­fäl­tig vor­be­rei­tet, bzw. sei­nen text aus­wän­dig lernt.

alles was pörksen eben auf #stage2 sagte haben andere auch schon mal gesagt, nur nicht so geschwiffen und gedrechselt — und auch wenn er wie eine eitle akademiker-karikatur wirkt, habe ich heute seinen #rp19 vortrag ertragen und gut gefunden.wahrscheinlich weil ich gut sass. pic.twitter.com/PNlw3tvhmR

felix schwenzel (@diplix07.05.2019 12:21

da­nach in der mit­tags­pau­se ge­se­hen wie fle­xi­bel wer­bung sein kann und kai bier­mann im ma­ker­space ge­trof­fen.

beim „The Al­go­rith­mic Boss“ von alex ro­sen­blat wur­de auf eine art da­von ab­ge­ra­ten für uber zu fah­renZ­zu ar­bei­ten, aber das pro­blem, das sie be­schrieb, dürf­te uns al­len noch im all­tag be­geg­nen; nicht nur dass wir in der ei­nen oder an­de­ren form an­wei­sun­gen von al­go­rith­men er­hal­ten wer­den, son­dern eben auch, dass wir künf­tig hil­fe­stel­lun­gen eher von al­go­rith­men als men­schen be­kom­men wer­den. und wenn wir doch mal an men­schen ge­ra­ten, dürf­ten das meist men­schen sein, die sehr weit von uns und un­se­ren pro­ble­men sit­zen und auch al­go­rith­mi­sche chefs ha­ben.

bei „Buil­ding Joyful Fu­tures“ von al­exis hope habe ich dann wie­der ge­schla­fen, ob­wohl das the­ma ei­gent­lich gut und wich­tig ist. näm­lich dass ap­pa­ra­te, ma­schi­nen, hilfs­mit­tel oft von men­schen ge­baut wer­den, die sie gar nicht be­nut­zen. die­se ap­pa­ra­te und ma­schi­nen dann ge­mein­sam selbst zu ent­wi­ckeln ist auch mei­ner mei­nung nach eine der gröss­ten chan­cen der di­gi­ta­li­sie­rung und weht na­tür­lich auch schon län­ger un­ter dem la­bel ma­ker-mo­ve­ment durch das netz, die welt und die re­pu­bli­ca. letzt­end­lich sehe ich auch das blog­gen als ein er­geb­nis die­ser be­we­gun­gen. wenn nicht über die welt, die bla­sen, die ge­mein­schaf­ten be­rich­tet wird, de­ren teil man ist, macht man es eben selbst. so ist das blog­gen ent­stan­den und die­se idee steht eben auch hin­ter face­book und twit­ter (wenn man das wer­be­ge­döns mal aus­blen­det).

nach ei­ner wei­te­ren kur­zen pau­se im hin­ter­hof, bzw. der hin­te­ren frei­flä­che, ging ich in chris­ti­an mio lo­clairs vor­trag ar­ti­fi­ci­al va­ni­ty. den vor­trag hielt er aus grün­den der ei­tel­keit bes­se­ren wer­be­wir­kung/reich­wei­te auf eng­lisch, ob­wohl das nicht sei­ne stärks­te mut­ter­spra­che ist.

zugleich furchtbar pathetisch, die arbeit und #rp19 präsentation von christian @Mio_Loclair in „artificial vanity“ auf #stage1, als auch tief beeindruckend und faszinierend. und am ende gabs nen schönen talk-twist und ne befriedigendes fazit. pic.twitter.com/tt8p5zpgBA

felix schwenzel (@diplix07.05.2019 16:48

sei­ne ar­bei­ten und das was sein stu­dio walz bi­n­aire macht sind gröss­ten­teils wirk­lich wun­der­schön, sehr di­gi­tal, sehr cut­ting edge, aber zum teil eben auch sehr in­sze­niert, leer und will­kür­lich. was mir aber sehr ge­fal­len hat, war die kur­ve die er am ende hin­be­kom­men hat. nach­dem er zwei drit­tel sei­nes vor­trags da­mit zu­ge­bracht hat zu zei­gen, wie ma­schi­nen — oder ge­nau­er sys­te­me zum ma­schi­nel­len ler­nen — of­fen­bar schöp­fe­risch tä­tig sein kön­nen, wie man sie auf be­stimm­te sti­le oder zie­le trai­nie­ren kann — mit teil­wei­se er­staun­li­chen er­geb­nis­sen — zeig­te er am ende eben auch die gren­zen die­ser tech­no­lo­gie auf. die wa­ren näm­lich ge­nau dann er­reicht, als er und sein team ver­such­ten die sys­te­me auf kin­der­bil­der zu trai­nie­ren. weil kin­der eben kei­nen stil ha­ben, oder bes­ser, die bil­der von kin­dern eben al­les sein kön­nen, kin­der eben kei­ne lieb­lings­far­be ha­ben (son­dern alle far­ben mö­gen), kei­ne be­stimm­te art tie­re zu ma­len (son­dern alle vor­stell­ba­ren und un­vor­stel­ba­ren ar­ten tie­re zu ma­len nut­zen), ist das was aus dem trai­nings­set von tau­sen­den (mil­lio­nen?) kin­der­bil­dern her­aus­kam ein­fach nur farb-matsch. die­se ma­gie der kind­li­chen, der mensch­li­chen krea­ti­vi­tät, die­se po­ten­zi­el­le un­be­re­chen­bar­keit des mensch­li­chen geis­tes, die ma­schi­nen zur ver­zei­flung brin­gen kann und die auch schon char­lie chap­lin vi­sua­li­siert hat, wa­ren ein star­kes fa­zit von lo­clairs vor­trag, das je­den vor­her­ge­hen­den pa­thos ent­schul­digt und wett macht. wenn das vi­deo on­line ist: un­be­dingt nach­schau­en!

da­nach tors­ten kleinz …

@publictorsten kleinz gewohnt fachkundig und verpeilt bei seinem #rp19 vortrag über adblocker. fühlte sich an wie in einem der seminarräume in der kalkscheune. pic.twitter.com/IygcIAbPhp

felix schwenzel (@diplix07.05.2019 16:50

… und die pod­cast-auf­zeich­nung der lage der na­ti­on ge­schaut. das ge­spräch mit chris­ti­na schmidt war su­per in­ter­es­sant, aber mit je­dem wei­te­ren gast wur­de ich schläf­ri­ger und ging dann, als le­on­hard do­busch auf die büh­ne kam.

cory doc­to­row habe ich mir ge­spart, auch wenn er si­cher­lich in­ter­es­san­tes ge­sagt hat und alex matz­keit ver­spre­che ich nach­zu­gu­cken.

ob­wohl ich ei­gent­lich zu müde war, hab ich mir zu­hau­se dann noch eine fol­ge kil­ling eve an­ge­se­hen.