klischeeforschung

felix schwenzel

matthias horx nennt sich „Trend- und Zukunftsforscher“ und wurde von „Die Presse“ zur zukunft interviewt. auf die frage ob zukünftig nur noch „die alten“ zeitung lesen würden und die jüngeren sich „lieber“ elektromisch informieren, antwortet er knapp an der frage vorbei:

Wir müssen zunächst die Soziokultur der Zeitung etwas tiefer beleuchten. Zeitungen sind Teil eines täglichen Rituals – man liest sie vor allem zum Frühstück als eine Art Upgrade der Information, und auch, um nicht immer mit dem Partner reden zu müssen, um im Kaffeehaus nicht andere Leute anstarren zu müssen oder in der U-Bahn etwas zu tun zu haben. Diese Sozialfunktion wird man immer brauchen. [weiterlesen,via]

völlig vergessen hat er natürlich, dass zeitungen gerne zum einpacken von fisch und porzellan genutzt werden, um ungeziefer zu erschlagen oder zur herstellung von pappmaschee-laternen. ausserdem kann man mit zeitungen lustige hüte basteln, löcher in wänden zustopfen, kaminfeuer entzünden und feuchte schuhe trocknen. angeblich können sie auch zum reinigen des afters nach dem stuhlgang genutzt werden. auch diese sozialfunktionen wird man immer brauchen.

aber mal im ernst. von tieferer beleuchtung oder sozio-kultur vermag ich in dieser antwort nichts zu erkennen, wohl aber eine unfassbar feinen beobachtungsgabe für gut abgehangene klischees. horx erzählt natürlich quatsch. offensichtlich hat er schon lange nicht mehr mit jemand anders als seiner frau gefrühstückt und war schon lange nicht mehr im kaffeehaus oder der ubahn. beim frühstück kann man sowohl seine informationen mit einem laptop oder handy „upgraden“ und mit diesen geräten das gespräch mit dem partner oder den kindern verhindern, genauso wie kaffeehäuser heutzutage voll mit leuten sind, die das anstarren anderer leute mit hilfe von laptops, handys oder iphones vermeiden. ebenso in ubahnen. lauter leute die ihre informationen mit handys und immer öfter auch mit laptops „upgraden“.

ob diese beobachtungen dazu taugen etwas über die zukunft gedruckter zeitungen auszusagen vermag ich nicht zu beurteilen, wohl aber, dass horx offenbar hinter dem mond wohnt.

naja. im laufe des interviews antwortet er dann doch noch auf ein paar fragen udn beweist damit, dass man von hinterm mond das eine oder andere richtig beobachten kann.