links vom 26.10.2014

felix schwenzel

  rhe­to­rik­ma­ga­zin.de: Wer darf was wann (nicht) sa­gen: Po­li­ti­cal Cor­rect­ness und Mei­nungs­frei­heit   #

aus ei­ner rede von ant­je schrupp:

Was in ei­ner je­wei­li­gen Ge­sell­schaft ge­sagt wer­den kann und was nicht, ist im­mer das Er­geb­nis ei­nes his­to­ri­schen Aus­hand­lungs­pro­zes­ses. Es hat nichts mit Be­weis­bar­keit oder ab­so­lu­ter, ob­jek­ti­ver Wahr­heit zu tun, son­dern es ist ein Kul­tur­pro­dukt, eine Über­ein­kunft.
[...]
Und auch ein ein­mal er­reich­ter Kon­sens ist nicht in Stein ge­mei­ßelt, er muss im­mer wie­der her­ge­stellt wer­den, in ei­nem stän­di­gen und un­auf­hör­li­chen Pro­zess. Aber eine Ge­sell­schaft, in der al­les ge­sagt wer­den darf, gibt es nicht.

das fas­zi­nie­ren­de ist ja, dass vie­le kon­ser­va­ti­ve zum bei­spiel von ein­wan­de­rern ver­lan­gen, un­se­re kul­tur nicht nur zu repek­tie­ren, son­dern sie zu über­neh­men und zu le­ben. wenn sie sich dann aber über an­geb­lich mei­nungs­ein­schrän­ken­de „po­lit­sche kor­rekt­heit“ be­schwe­ren, tun sie nichts an­de­res als sich über die ei­ge­ne kul­tur zu be­kla­gen. kann na­tür­lich auch sein, dass sie ein paar hun­dert jah­re zu spät ge­bo­ren sind, und sich den kul­tu­rel­len stand von da­mals zu­rück­wün­schen. bei kul­tur­pro­duk­ten wie an­äs­the­sie oder zahn­me­di­zin oder mo­bi­li­tät ha­ben sie dann wit­zi­ger­wei­se oft ei­nen mo­der­ne­ren stan­dard.

das war jetzt nur ein ge­dan­ke, der mir beim le­sen der ers­ten ab­sät­ze von ant­je schrupps vor­trag in den sinn kam. der vor­trag geht aber sehr gran­di­os wei­ter. ich mag die­se her­lei­tung sehr:

Ich habe bis­her von „Ge­sell­schaft“ in ei­nem um­fas­sen­den Sinn - eben der „deut­schen“ Ge­sell­schaft - ge­spro­chen. Man könn­te dazu auch „Main­stream“ sa­gen oder He­ge­mo­nie, oder Mi­ni­mal­kon­sens oder vor­herr­schen­der Dis­kurs. Aber na­tür­lich gibt es „Ge­sell­schaft“ auch auf ei­ner klei­ne­ren Ebe­ne. Wir le­ben stän­dig in zahl­rei­chen ne­ben­ein­an­der und par­al­lel be­stehen­den, sich teil­wei­se über­lap­pen­den oder auch ge­gen­sätz­li­chen Ge­sell­schaf­ten. Am Stamm­tisch ei­ner baye­ri­schen Dorf­knei­pe gel­ten an­de­re Wahr­hei­ten als im au­to­no­men Frau­en­zen­trum, in ei­ner Ge­werk­schaft an­de­re als im Un­ter­neh­mer­ver­band, in ei­ner Duis­bur­ger Mo­schee­ge­mein­de an­de­re als in der Ber­li­ner Par­ty­sze­ne und so wei­ter. All die­se Ge­sell­schaf­ten kon­sti­tu­ie­ren und pro­du­zie­ren je­weils für ih­ren Kon­text auf die oben be­schrie­be­ne Wei­se eine Wahr­heit. In all die­sen Ge­sell­schaf­ten gibt es Din­ge, die ge­sagt und zur Dis­kus­si­on ge­stellt wer­den kön­nen, und an­de­re, die als „in­dis­ku­ta­bel“ gel­ten. Nur sind es eben je­weils un­ter­schied­li­che.

Frü­her, vor dem In­ter­net, wa­ren die­se Sub-Ge­sell­schaf­ten weit­ge­hend von­ein­an­der ab­ge­grenzt. Ein baye­ri­scher Stamm­tisch­be­su­cher ver­irrt sich sel­ten in ein au­to­no­mes Frau­en­zen­trum.

  zdf.de: Die Zu­kunft der Ar­beit - Precht   #

fri­su­ren­du­ell im 2DF.

das ge­spräch zwi­schen sa­scha lobo und ri­chard da­vid precht fängt et­was ge­stelzt an, im ge­sprächs­ver­lauf lö­sen sich bei­de aber von ih­ren ein­stu­dier­ten for­meln und ent­wi­ckeln sicht­bar lust am dif­fe­ren­zie­ren und streit. auch sehr schön, dass precht ir­gend­wann et­was zu bild­haft und ein­di­men­sio­nal wird und über die ver­über­flüs­si­gung des arzt­be­rufs schwa­dro­niert und an­fängt über sei­nen stuhl­gang zu re­den. statt auf die quat­sch­ar­gu­men­te prechts ein­zu­ge­hen, wischt sa­scha lobo den ge­sam­ten mo­no­log prechts mit ei­nem satz zur sei­te:

das gan­ze stuhl­gang­the­ma wür­de ich un­gern ver­tie­fen.

ins­ge­samt bleibt ein ganz star­ker ein­druck zu­rück: sa­scha lobo und precht ha­ben sich sehr sat­tel­fest ins the­ma ein­ge­ar­bei­tet und sind in der lage prä­zi­se zu dif­fe­ren­zie­ren. aber sa­scha lobo ist im­mer ei­nen ti­cken dif­fe­ren­zier­ter und zwei schrit­te wei­ter.

mitt­ler­wei­le geht es mei­ner mei­nung nicht mehr um die fra­ge, ob wir sa­scha lobo mö­gen oder nicht, son­dern ob wir ihm trau­en oder nicht. ob wir hin­ter ihm ste­hen und ihn für uns spre­chen las­sen oder nicht. denn sa­scha lobo kann für uns spre­chen — und will es auch — und tut es auch. aber ab und zu muss man eben auch sa­gen, dass er das sehr gut tut (auch wenn man im de­tail an­de­rer mei­nung sein mag).

  ny­ti­mes.com: Alan Eu­stace Jumps From Stra­to­sphe­re, Brea­king Fe­lix Baum­gart­ner's World Re­cord   #

wenn man den un­ter­schied zwi­schen prä­ten­ti­ös und un­prä­ten­ti­ös ver­ste­hen will, muss man ein­fach die stra­to­s­sphä­ren­sprün­ge von fe­lix baum­gärt­ner und alan eu­stace ne­ben­ein­an­der hal­ten. un­ter an­de­rem bei kott­ke.org ge­fun­den.

  dwdl.de: Ju­gend ohne ei­ge­nen TV-Sen­der: Die li­nea­re Il­lu­si­on   #

peer scha­der kann auch sehr schön dif­fe­ren­zie­ren.