nerd­core.de: Up­dates, An­mer­kun­gen und Kri­ti­ken zu „The­re will be Blood“

mir ge­fällt die nach­dif­fe­ren­zie­rung von rené wal­ter in der er die kri­tik aus ver­schie­de­nen ecken er­staun­lich le­ger an­nimmt und auf sei­ne ei­ge­nen per­spek­ti­visch be­ding­ten aus­las­sun­gen oder über­se­hun­gen hin­weist.

ich fand den text auch nicht un­les­bar und habe mich auch durch „un­mo­ti­viert pla­zier­te eng­li­sche Sät­ze“ (for­mu­lie­rung ei­nes kom­men­ta­tors) nicht vom le­sen ab­hal­ten las­sen. im ge­gen­teil, über zwei, drei for­mu­lie­run­gen muss­te ich sehr la­chen (kei­ne höh­ni­sches la­chen, wohl­ge­merkt).

ge­ra­de das for­mu­lie­rungs- und sprach­the­ma ist aber bei der fe­mi­nis­mus- oder mob­bing-dis­kus­si­on ganz ent­schei­dend. ich habe re­la­tiv we­ni­ge re­pli­ken auf re­nés text ge­le­sen, un­ter an­de­rem die von mina (@la­ser­su­shi). als ich den text las, fand ich ei­ni­ge ih­rer kri­tik­punk­te nach­voll­zieh­bar, man­che be­den­kens­wert, aber auch ein paar — un­fair. zum teil habe ich aber auch ih­ren aus­füh­run­gen ein­fach nicht fol­gen kön­nen. das ist auch voll­kom­men ok, weil sie den text (na­tür­lich) nicht für mich ge­schrie­ben hat.

was ich mei­ne ver­stan­den zu ha­ben: es ist nicht op­ti­mal, wenn män­ner sich sich in be­stimm­te di­kus­sio­nen ein­mi­schen, weil sie dann die stim­men von aus­ge­wie­se­nen ex­pe­rin­nen über­tün­chen oder ver­de­cken, zu­mal män­nern (noch im­mer) in dis­kur­sen all­ge­mein mehr auf­merk­sam­keit oder glaub­wür­dig­keit zu­ge­mes­sen wür­de als frau­en. an­satz­wei­se kann ich die­sen ein­wand ver­ste­hen, auch bei der dis­kus­si­on um bill cos­by ist nach an­sicht (nicht nur) von ja­mi­lah king der stein durch män­ner ins rol­len ge­bracht wor­den und nicht von bei­na­he 40 be­trof­fe­nen frau­en die von ver­ge­wal­ti­gun­gen oder miss­brauch durch bill cos­by be­rich­tet ha­ben:

Even af­ter a few wo­men step­ped for­ward to bring Cos­by’s ac­tions to light, it took two men to rai­se con­cern and then ve­ri­fy the sto­ries of ne­ar­ly 40 fe­ma­le ac­cu­sers. The first was co­me­di­an Han­ni­bal Bu­ress, who­se No­vem­ber stand-up set about the ac­cu­sa­ti­ons against Cos­by went vi­ral. The se­cond was Cos­by hims­elf, who­se la­wy­ers fought bit­ter­ly for months to keep the de­ca­de-old de­po­si­ti­on from go­ing pu­blic.

(ge­fun­den bei anne wiz­o­rek)

wie ge­sagt, ich glau­be da ist was dran (wir hö­ren oft nicht auf das was frau­en sa­gen, al­lein weil sie frau­en sind und wir sie zu oft als we­ni­ger glaub­wür­dig ein­schät­zen als män­ner die das ge­gen­teil be­haup­ten), aber gleich­zei­tig glau­be ich ist die­se sicht­wei­se zu ein­sei­tig. das mit den auf­merk­sam­keits­strö­men in der me­di­en­welt ist kom­pli­ziert (und war es schon im­mer). wel­che mel­dun­gen, wel­che schwer­punk­te vom nach­rich­ten­kreis­lauf er­fasst wer­den hat si­cher­lich auch ei­ni­ges mit männ­li­cher do­mi­nanz und den­ke im me­di­en­be­trieb zu tun, aber mit den rich­ti­gen (oder fal­schen) mit­teln kön­nen sich auch frau­en auf­merk­sam­keit und glaub­wür­dig­keit ver­schaf­fen. manch­mal braucht es eben nur ei­nen tritt an der rich­ti­gen stel­le um ei­nen stein ins rol­len zu brin­gen, manch­mal kann man tre­ten und um sich schla­gen wie man will und be­kommt nichts ins rol­len — egal wel­ches ge­schlecht man hat.

der zwei­te punkt, der mit der spra­che, stösst mir aber noch et­was mehr auf. ich mei­ne aus frau din­gens text her­aus­zu­le­sen, dass man der sa­che scha­det — oder re­spekt­los ge­gen­über ver­dien­ten ak­ti­vis­ten und ak­ti­vis­tin­nen ist, wenn man nicht auf dem letz­ten stand des dis­kur­ses ist. für mein emp­fin­den geht das ein biss­chen in die rich­tung, dass man sich an dis­kus­sio­nen über den salz­ge­halt von nah­rungs­mit­teln ei­gent­lich nur be­tei­li­gen soll­te, wenn man aus­rei­chend fach­wis­sen über die zu­be­rei­tung von nah­rungs­mit­teln hat. oder pro­fan aus­ge­drückt, äus­se­run­gen dar­über, ob das es­sen ver­sal­zen ist oder nicht, soll­te man lie­ber den kö­chen über­las­sen.

ich weiss dass man sich mit igno­ranz nicht schmü­cken soll­te, aber ich weiss auch, dass man nicht bei al­len dis­kur­sen an de­nen man sich — aus wel­chem grund auch im­mer — be­tei­ligt oder be­tei­li­gen möch­te, ex­per­te sein kann oder ge­nau den rich­ti­gen wort­schatz pa­rat ha­ben kann. wenn ich un­ge­rech­tig­keit, miss­brauch, arsch­lochig­keit sehe und mich dazu öf­fent­lich äus­se­re, ist das kei­nes­wegs re­spe­klos ge­gen­über ex­per­ten oder ex­pe­rin­nen auf dem je­wei­li­gen feld ge­meint. es ist na­tür­lich klar, dass äus­se­run­gen die durch feh­len­de ex­per­ti­se auch nai­ve oder un­durch­dach­te ele­men­te ent­hal­ten könn­ten von der ge­gen­sei­te in­stru­men­ta­li­siert wer­den könn­ten, aber wenn je­mand un­ge­rech­tig­keit aus ei­nem em­pa­thi­schen im­puls an­pran­gert, kann die­se äus­se­rung doch durch die po­si­ti­ve re­zep­ti­on von arsch­lö­chern nicht falsch oder de­struk­tiv wer­den?

wir müs­sen alle noch irre viel ler­nen, wir alle sind bei fast al­len the­men (aus­ser ein paar) eben ge­ra­de kei­ne ex­per­tin­nen. aber eine der ef­fek­tivs­ten me­tho­den zu ler­nen, miss­stän­de, pro­ble­me, feh­ler zu er­ken­nen ist ein­fach los­zu­le­gen. so habe ich eng­lisch ge­lernt, so habe ich schrei­ben ge­lernt, so habe ich über fe­mi­nis­mus ge­lernt, so habe ich ge­lernt in ei­ner be­zie­hung zu le­ben: im­mer in der hoff­nung mög­lichst viel rich­tig zu ma­chen und bei feh­lern mög­lichst ver­ständ­lich, freund­lich und kon­struk­tiv auf sie hin­ge­wie­sen zu wer­den. das ist für das ge­gen­über oft müh­sam — aber bei ir­gend­ei­nem the­ma sind wir alle auch mal das ge­gen­über und soll­ten uns dann eben auch mühe ge­ben und ver­ständ­nis­voll re­agie­ren, auch wenn wir das the­ma schon zum hun­ders­ten mal er­klä­ren muss­ten.

aber ver­mut­lich ist rené an die­ser stel­le auch ein­fach ein bi­schen sou­ve­rä­ner als ich, wenn er zu recht sagt: „Da wur­de nichts ohne Grund ge­sagt, nichts da­von war wirk­lich un­freund­lich und kei­ner von uns ist aus Zu­cker“ und dass man sich viel­leicht nicht so sehr auf die for­ma­li­en, den ton kon­zen­trie­ren soll­te — son­dern auf den kern der kri­tik.

(habe den ar­ti­kel aus der link­samm­lung von heu­te raus­ge­löst)