sued­deut­sche.de: Flücht­lings­de­bat­te - Eli­tä­re Kri­tik an Til Schwei­ger

gu­ter text von han­nah beit­zer, in dem sie til schwei­ger ge­gen kri­tik und häme ver­tei­digt. auch wenn hier der glei­che me­cha­nis­mus ar­bei­tet, den mar­kus rei­ter kürz­lich auf deutsch­land­ra­dio­kul­tur.de kri­ti­sier­te:
for­ma­le kri­tik an per­so­nen oder ih­ren äus­se­run­gen soll­te man ab­schwä­chen oder weg­las­sen, wenn ei­nem der in­halt der äus­se­run­gen passt oder da­mit über­ein­stimmt — und kri­tik, häme oder ri­di­küli­sie­rung nur für ab­wei­chen­de mei­nun­gen re­ser­vie­ren. mit an­de­ren wor­ten, so­lan­ge till schwei­ger auf un­se­rer sei­te steht, spa­ren wir uns kri­tik an ihm und ma­chen uns nicht über sei­nen aus­ru­fe­zei­chen­ge­brauch lus­tig, so­bald er wie­der öf­fent­lich die to­des­stra­fe für kin­der­schän­der for­dert oder schrei­krämp­fe we­gen des deut­schen rechts­sys­tems be­kommt, kön­nen wir wie­der wit­ze über ihn ma­chen?

ich per­sön­lich hal­te es lie­ber mit dem grund­satz, dass man sich grund­sätz­lich über al­les lus­tig ma­chen muss. auch (und erst recht) über die gu­ten oder die, die man auf der ei­ge­nen sei­te wähnt. hu­mor ist, wie die ge­wal­ten­tei­lung im po­li­ti­schen be­reich, viel zu wich­tig für die checks and ba­lan­ces, als dass man sie für die rich­ti­ge sa­che ein­fach pau­sie­ren las­sen könn­te. nicht nur die ver­meint­lich bö­sen, auch die ver­meint­lich gu­ten müs­sen kri­tik, kon­trol­le und wit­ze er­tra­gen. was dann im üb­ri­gen auch nicht aus­schliesst, die gu­ten und ihre vor­ha­ben zu un­ter­stüt­zen.

das steht am ende von han­nah beit­zers text:

Denn so er­for­dert es dop­pel­ten Mut von Leu­ten wie Til Schwei­ger, sich in Deutsch­land zu Flücht­lin­gen zu be­ken­nen: ge­gen­über den vie­len Ras­sis­ten und Flücht­lings­fein­den - und ge­gen­über de­nen, die ih­nen ei­gent­lich zur Sei­te ste­hen soll­ten.

es geht mei­ner be­schei­de­nen mei­nung nicht nur um ein „be­kennt­nis“ zu flücht­lin­gen, son­dern viel mehr um ein be­kennt­nis zu an­stand und mensch­lich­keit. und mehr noch: um an­stän­di­ges und men­schen­freund­li­ches han­deln — nicht nur dem be­kennt­nis dazu.

und wo ich ge­ra­de beim wort­klau­ben bin: die ge­stal­ten die sich in den letz­ten mo­na­ten ins zen­trum der auf­merk­sam­keit brach­ten, sind eben nicht nur ras­sis­ten und „flücht­lings­fein­de“, son­dern men­schen­fein­de und hass­streu­bom­ben. die­ser hass und die­se aus­ge­präg­te mis­an­thro­pie ver­ur­sa­chen auch frem­den­hass, aber sie ver­gif­ten noch viel mehr be­rei­che un­se­rer ge­sell­schaft, wes­halb wir uns alle für mehr mensch­lich­lich­keit in je­dem le­bens­be­reich ein­set­zen soll­ten.