Die Fähigkeit - oder Unfähigkeit - zur aufgeschobenen Bedürfnisbefriedigung bei Vier- bis Sechsjährigen erwies sich als zuverlässiger Indikator für den Erfolg oder Misserfolg im späteren Leben. Wer als Fünfjährige in der Lage war, bis zu 20 Minuten zu warten, um zwei Marshmallows zu bekommen, hatte in der Regel bessere Schulnoten und war in der Ausbildung und im Beruf erfolgreicher, neigte weniger zu Übergewicht oder Fettsucht, hatte weniger Drogenprobleme und war auch in Sachen sozialer Interaktion, Freundschaften und Familie stabiler und glücklicher.
ich war ein enorm schlechter schüler, neige zu übergewicht und war in sachen sozialer interaktion eine absolute null. ich weiss aber nicht, ob das mit meiner fähigkeit — oder unfähigkeit — zu „aufgeschobener Bedürfnisbefriedigung“ zusammenhing.
Der erste Schritt der Anonymen Alkoholiker heißt “Wir gaben zu, dass wir dem Alkohol gegenüber machtlos sind - und unser Leben nicht mehr meistern konnten." Bei Medienkonsum ist das ähnlich. Je schneller man einsieht, dass man nie alle Bücher lesen wird, die einen interessieren; dass es immer irgendwo in der Filmgeschichte Lücken geben wird, die man noch nicht geschlossen hat; dass es da immer noch diese eine Serie gibt, die einem ständig Leute empfehlen und die man doch nie guckt; umso besser. Es wird einen nicht umbringen.
bester text zum umgang mit medien — und der welt — den ich seit langem gelesen habe. hat natürlich auch mit „aufgeschobener Bedürfnisbefriedigung“ zu tun, aber viel mehr mit der fähigkeit mit der furcht etwas zu verpassen umzugehen. ich halte ja gerade ein überangebot an betätigungsmöglichkeiten für die beste motivation, diese betätigung aufzuschieben. wenn alles greifbar ist, kann ich es auch gut liegen lassen.
das ist auch der grund, warum ich in berlin lebe. ich liebe das überangebot von berlin an allem. helge schneider spielt im admiralspalast? toll. guck ich mir an. kann ich aber auch in 3 wochen gucken, weil dann isser noch da. oder nächstes jahr, da kommt er auch wieder. so geht das jetzt schon seit knapp 10 jahren — helge schneider hab ich bis jetzt noch nicht wieder live gesehen. aber furcht etwas zu verpassen hab ich deswegen nicht. er kommt ja wieder.
johnny haeusler hat recht. was ich bei seiner schreibe schon lange vermisse ist die wut. wobei ich ein grösserer fan der empörung bin, als der wut. und wichtiger, was schon lange fehlt (nicht bei johnny, sondern überall) ist kreativität. unserer zeit mangelt es zwar in der summe nicht an kreativität, aber die wird komplett weggesaugt von der werbe- und filmindustrie. für den protest (gegen alles) oder aktionismus, fehlt diese kreativität.
dieser mangel an kreativität macht mich ein bisschen wütend empört mich.
verschlüsselung ist das neue bio. wo es draufsteht, greifen die leute zu. aber zu verstehen, was da eigentlich passiert ist manchmal auch sehr praktisch.
das ergibt alles sinn, was der mann von frau mierau hier schreibt. die kernthese hab ich aber trotzdem wieder vergessen: bitte selber nochmal nachlesen.
toll: das nuf über das eigentl. problem von überwachung: intention, misinterpretation, rechtfertigung und sanktion.
Selbst Dinge, die eigentlich nie geschehen noch jemals ausgesprochen wurden, haben ausreichend Potenzial zum Rechtfertigungsalbtraum zu werden. Einfach weil das Kind etwas beobachtet und sich selbst einen Reim auf die Geschehnisse macht, die nicht unbedingt dem tatsächlichen Tathergang wiedergeben müssen.
Ich halte nichts von dem naiven Anspruch, dass jeder überall und jederzeit mitreden können dürfen muss. Es steht jedem frei, sich seine eigenen Foren im Netz zu schaffen, mit seinen eigenen Regeln und Ansprüchen. Ein Recht darauf, jedem Anderen in seinen digitalen Vorgarten zu pinkeln, gibt es jedoch nicht. Deshalb habe ich auch kein Problem damit, wenn Foren oder Medien sich entscheiden, Tor-Nutzer auszusperren, Realnamen(*) oder stabile Pseudonyme verlangen und nachdrücklichen Wert auf gesitteten Umgang legen. Dass es neben solchen Orten der Zivilisation auch Schlammgruben und Haifischbecken gibt, ist der Preis, den wir für das Vorhandensein eines weltumspannenden Kommunikationsnetzes zahlen. Egal ob mit oder ohne Tor, solche virtuellen Orte wird es immer geben, so wie es sie auch in der physischen Welt immer gab.
Alle diskutieren über die Zukunft des Journalismus, über Digitalstrategien von Verlagshäusern und drehen das ganz große Rad. Dabei scheitern Leserbindung und Kundenzufriedenheit daran, woran sie schon immer gescheitert sind: an Werbung, die einen für dumm verkaufen will, und an beschissenem Service.
ich habe mich jetzt schon ein paar wochen an das neue nationalpark-OS (yosemite) gewöhnt und seit der vorletzten beta ist auch alles wieder so leistungsfähig und glattlaufend wie beim surfer-OS (maveriks). aber den artikel von john siracusa hab ich trotzdem mit grossem vergnügen gelesen.
Pocher wird nun gleich erscheinen. Heute im Postpalast wird er nichts sagen oder jedenfalls nicht viel. Keine Witze oder Beleidigungen. Er wird eine Angermaier-Tracht tragen. Er wird am Pult stehen und Regler verschieben, er wird Musik mischen und die dafür erforderlichen zackigen Bewegungen machen, Kopfhörer auf, Kopfhörer ab, Kopfhörer zwischen Kopf und Schulter klemmen, die Hände über das Mischpult fliegen lassen.
ich halte das für einen der besseren artikel, die in der letzten zeit auf welt.de erschienen. wer den artikel liest, erkennt, wie schlecht es um die welt steht.
peter mühlbauer beschreibt seine im sand verlaufene recherche:
Dort hieß es auf Fragen zu einer Aufnahme Cusperts in die UN-Terrorliste immer wieder, man rufe innerhalb der nächsten zwei Stunden zurück - aber auch das deutsche Außenministerium erwies sich in dieser Hinsicht als nicht zuverlässiger als ein deutsches Gangsterrap-Label.
eine kleinigkeit die mich wundert: wenn der berliner verfassungsschutz jemanden zum führungszirkel einer terrororganisation zurechnet, kann man ihn dann einfach einen terroristen (statt eines mutmasslichen terroristen) nennen? es mag starke indizien dafür geben, dass dennis cuspert ein terrorist ist, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass nicht alles was der verfassungsschutz sagt, von journalisten als fakt gewertet werden solle.
die überschrift ist von digg.com leicht verbessert worden, vierzig dollar pro schiss hört sich definitiv besser an als vierzig dollar pro tag. der artikel geht auch wieder darauf ein (siehe wirres.net vom 14.10), dass viele wissenschaftler grosse hoffnungen in kot-pillen, bzw. kot-transplantationen legen.
“These donors may seem very mild-mannered and think going to the bathroom is a humble thing," said Smith, “but each sample they bring in can treat four or five patients."
leben retten mit scheisse, renaissance des kots, eat shit and live — das sind mal themen, die wirklich potenzial haben.
offensichtlich bin ich jetzt schon um die 20 jahre in diesem internet. und ins internet schreibe ich demnach dann auch schon so um die 19 jahre.
Du hast auf einen Link geklickt, der dich zu einem Onlineangebot eines Presseverlages geführt hätte. Aufgrund des geplanten [sic!] Leistungsschutzrechts können wir dich deshalb leider nicht weiterleiten.
nico lumma beschreibt seine motivation für ein blatt zu schreiben, das gewohnheitsmässig manipuliert, lügt, schlampt und existenzen zerstört, damit, dass er „viele menschen“ erreichen möchte. die leser seines blogs sollen aber offenbar von der neuen kolumne auf bild.de nicht erreicht werden.
das gute an nico lummas bild-kolumne ist jedenfalls, dass er nichts an seinem schreibstil und seinen inhalten verändern musste. das was er seit gefühlt 10 jahren in blogs und pressemitteilungen schreibt, wiederholt er jetzt einfach auf der bildseitung, jede woche:
Aber mir bleiben starke Zweifel, dass in Deutschland die digitale Zukunft überhaupt von Interesse ist. Das ist schlimm!
diese neuen pillen könnte man auch mit „friss scheisse und lebe“ bewerben. ohne frage ist das alles sehr faszinierend. dass viele krankheiten und beschwerden auf das fehlen bestimmter darmbakterien oder mangelhafter balance in der darmflora zurückzuführen sind, ist ja nicht so irre neu, wird aber beispielsweise in giulia enders „darm mit charme“ sehr schön erzählt und erklärt. überhaupt, das buch von giulia enders, die einiges an berühmtheit mit ihrem darmrohr-science-slam-auftritt erreicht hat, ist sehr, sehr toll. kurzweilig geschrieben, voll mit passenden analogien und vergleichen und voller überraschender erkenntnisse. sobald ich es fertig gelesen habe, schreibe ich nochmal separat darüber, aber empfehlen kann ich es jetzt schon.
jürgen geuter plädiert für optimismus. muss man ja auch ab und zu machen. don't panic war das schlechteste und zugleich beste schlusswort mit dem ich jemals einen vortrag abgeschlossen habe.
It appears to reinforce the idea that -- contrary to the claims of some -- Snowden was exceptionally careful in getting this information out there, not even trusting his own judgment to make the final calls on what should and should not be released.
das ist schon ein knaller, sascha lobo und christopher lauer schreiben über die piratenpartei. auf sobooks. für 3 oder 4 euro, je nachdem wann man es kauft. das buch soll am 27. oktober fertig sein (haha, wenn das buch wirklich am 27. oktober rauskommt, bzw. fertig ist, spende ich 50 euro an das zentrum für politische schönheit).
In Wahrheit reden Dunham, Berg und Kolleginnen über ihre Ängste und Neurosen, weil sie sich damit keine Feinde machen. Sie machen sich und ihren Erfolg klein und demonstrieren mit jedem Satz, dass sie niemandem, vor allem keinem Mann, etwas wegnehmen wollen. Ihr anscheinend tabuloses Gerede ist nichts weiter als eine postmoderne Spielart des zahmen Kätzchens. Für eine gewisse Zeit hatte das sogar den Anschein von Fortschritt und Emanzipation, nun aber ist es zu einer langweiligen Masche geworden und hat sich überholt.
wenn das so wäre, dass gesellschaftskritik oder humor die sich über sich selbst und eigene fehler, ängste oder neurosen lustig machen, einen zahm und bisslos machen würde, wem wollte woody allen dann nicht zu nahe treten?
die amerikaner nennen diese art humor „self depreciating humor“ und er wird so ungefähr vom halben showbusiness und einem grossteil aller amerikanischen comedians sehr effektiv benutzt. unter anderem, ganz genderneutral, um eben den eindruck von poser- oder obercheckertum zu vermeiden und die oft gar nicht lustige botschaft in verständlichen, verdaubaren happen zu verabreichen.
für mich hört sich der artikel an, als bestehe jana hensel darauf, dass man pillen ohne wasser schlucken solle, weil echte raubkatzen das schliesslich auch so machten.
jana hensel scheint von verdauung nicht viel zu verstehen. einen brotlaib verschluckt man nicht am stück, sondern zerschnitten und zerkaut und optimaler weise mit leckerem belag. dadurch, dass ein brot in scheiben geschnitten wird, verliert es nicht an geschmack oder brotigkeit, sondern es gewinnt sogar. bescheidenheit und hemmungslose, „tabulose“ subjektivität verwässern die botschaft nicht, sie verstärken sie, machen sie glaubhafter, nahbarer, nachvollziehbarer.
breitbeiniges, aggressives posertum würde jana hensel vielleicht weniger langweilen, aber weder „Fortschritt“ noch „Emanzipation“ beschleunigen.
thierry chervel hat sich die verleihung des friedenspreises an jaron lanier angesehen:
[Lanier] und seinem Publikum reichte es vollauf, den im Hyperlink verwirklichten Akt des Teilens - die Grundidee des Internets, wie sie zumindest Tim Berners-Lee und die Open-Source-Szene verkörpern - als Ursprung allen Übels herauszustellen. Teilen setzt Lanier gleich mit Schwarzkopie, Pauperisierung der Kreativen und der Mittelschicht und Aneignung fremder Inhalte. Digitale Netzwerke untergraben funktionierende ökonomische Strukturen wie das Taxi- oder Hotelbusiness und natürlich Buch- und Medienindustrie. „Die 'Sharing Economy' bietet nur die Echtzeitprofite informeller Wirtschaftssysteme, die wir bisher nur aus Entwicklungsländern, besonders Slums, kannten. Nun haben wir sie in die entwickelte Welt importiert, und junge Menschen lieben sie, weil das Gefühl des Teilens so liebenswert ist.“
Onkelhafter hätte es kein Funktionär einer Rechteindustrie formulieren können! Lanier hat es geschafft, nicht mehr nur die „Kostenlosmentalität“ des Nehmens anzuschwärzen, sondern schon die des Gebens.
mek ist in amerika und erzählt wie ein anonymer verkäufer sein hosenproblem löst, warum man sich mit freundlichkeit im alltag einen gefallen tut und wie man in amerika auf europa zurückschaut.
am samstag, in aller frühe (11 uhr), habe ich in münchen auf dem zündfunk netzkongress meinen republica-vortrag vom mai , leicht gekürzt, aktualisiert, erweitert und von ein paar meta-inhalten befreit, erneut gehalten . ich fand den vortrag in dieser fassung um einiges besser und witziger, aber vor einem halbleeren theatersaal zünden gags leider nicht so leicht. das hat mich dann stellenweise doch leicht verunsichert, so sehr, dass mir noch nicht mal mehr der name von xavier naidoo einfallen wollte. zum kongress selbst schreibe ich in den nächsten tagen sicher auch noch etwas.
schöne deko.
angela merkel heute mal zu fuss unterwegs ins kanzleramt, statt mit der limosine.
zwei sachen muss ich neidlos anerkennen: berlin verdichtet sich sehr fleißig und instagram stabilisiert videos sehr beeindruckend.
Berufsstand: Fahrer von Taxizentralen sind Fachkräfte, die eine professionelle Dienstleistung bieten und ein geregeltes Einkommen haben. Hobbyfahrer sollen diese Jobs gefährden, wenn es nach Uber geht.
Wann, Herr Schlenker, sind Sie das letzte Mal Taxi gefahren? War damals Pfund noch eine offizielle Maßeinheit und lief im Radio der neueste Hit von Paul Kuhn? Haben Sie mit ihrem Taxi damals eine Pferdebahn überholt?
Seit den 1970er Jahren ist Taxifahrer ein typisches Nicht-Fachkräfte-Geschäft. Jeder Langzeitstudent, der nichts auf sich hielt, machte irgendwie den P-Schein und fing an, die Leute durch die Städte zu kutschieren. Seit der Jahrtausendwende sind es immer weniger Studenten geworden, weil der Job so schlecht bezahlt geworden ist, dass die Studenten sich lieber an die Kassen von Supermärkten als in ein Taxi gesetzt haben. Im Gegensatz zu vielen, kann ich mir eine gelegentliche Taxifahrt sogar leisten. Diese „professionelle Dienstleistung“ beginnt in der Regel damit, dass der Taxler die von mir angesagte Adresse in sein Navigationsgerät eintippt. Einmal musste ich ihm dabei sogar helfen, weil er mit dem neuen Navigationsgerät noch nicht so gut klarkam. Sehr häufig höre ich auch die Frage, wie der Taxifahrer beispielsweise den Flughafen Tegel anfahren solle, so eine Art primitiver Demokratie. Was soll man darauf antworten? „Mit dem Bus?“ Ich denke immer, vielleicht halten wir ein Taxi an und fragen den nach dem Weg.
man könnte den eindruck bekommen, die verlagsbranche verkackt alles was sie anpackt versteht nicht, welche folgen ihre aktionen in einer welt haben, die nicht mehr nach den regeln der fünfziger jahre funktioniert:
Lange haben die Zeitungsverleger gekämpft, die Kanzlerin persönlich überzeugt, und ihr Ziel erreicht, die Zeitungsboten vom Mindestlohn auszunehmen. Und nun stellt sich heraus, dass diese Maßnahme präzise kontraproduktiv ist.