aus unerfindlichen gründen mögen journalisten nicht das wort „ich“ benutzen. faz-journalisten blasen ihr ich oft auf, indem sie statt „sagte mir“ die variante „sagte gegenüber dieser zeitung“ wählen. das soll sich wohl professionell und objektiv anhören.
manche journalisten (oder chefredakteure) meinen, dass ein „ich“ unschicklich, ein „wir“ aber voll OK sei. ich finde es hört sich vor allem überheblich und arrogant an. aber vielleicht ist ja auch genau das die intention. oder das „wir“ soll zum ausdruck bringen, dass der artikel keine einzelleistung, sondern eine teamleistung ist. so oder so, das journalisten-„wir“ wirkt gekünstelt und albern.
rainer ruthe hat dem journalisten-wir jetzt auch noch eine polygamie-komponente hinzugefügt. im autoteil des tagesspiegels am samstag schrob er:
Das Gepäckraumabdeckrollo schnappt auf Handdruck mit Getöse nach hinten. Der Ausbau der Rollokassette ist nichts für zarte Frauenhände. Wir haben es mit unserer Partnerin ausprobiert.
das hört sich so an, als habe die ganze redaktion „es“ mit seiner „partnerin“ ausprobiert — und gleichzeitig scheint auch die ganze redaktion mit ruthes partnerin verpartnert zu sein. was für ein absurder, trauriger satz: „Wir haben es mit unserer Partnerin ausprobiert.“
abgesehen davon ist „partnerin“ natürlich auch so ein wort. meine „partnerin“ haut mir auf den kopf, wenn ich das wort im zusammenhang mit ihr verwende. sie sagt, sie sei meine frau — auch als wir noch nicht verheiratet waren. und ich muss ihr zugestehen, sie hat recht.
wenn man sich das wort „partnerin“ auf der zunge zergehen lässt, bemerkt man, dass es einen ähnlichen nachgeschmack wie das wort „geschlechtsverkehr“ hat — es ist irgendwie korrekt, aber eben auch ziemlich daneben.
was ich mich noch frage, meinte rainer ruthe eigentlich folgendes?
Der Ausbau der Rollokassette ist nichts für motorisch Minderbemittelte. Ich habe es mit meiner Frau ausprobiert. Sie hats nicht geschnallt.
vor 11 tagen schrob ix über sarah lacys vortrag auf der next11:
der letzte vortrag von der hochschwangeren sarah lacy war zuerst wegen einer überdosis pathoseuphorie und grundlosem lächeln schwer gewöhnungsbedürftig, stellte sich aber dann im verlauf der 20 minuten vortrag als eines, wenn nicht das highlight der next heraus. sarah lacy berichtete über ihre reise und ihre erfahrungen mit startups und unternehmen in den sogenannten entwicklungsländern. und das was sie erzählte war einerseits extrem spannend, andererseits sehr rührend aber vor allem liess es nur einen schluss zu (den sarah lacy so nie ausdrücken würde): wir im westen sind so voll mit überheblichkeit und gefühlter überlegenheit, dass wir blind und unfähig sind, die wahren probleme, aber auch die grossartigenkeiten und ungeheuren potenziale in den entwicklungsländern zu erkennen. ihr vortrag hatte einen sehr optimistischen beigeschmack und war völlig frei von der üblichen shock-and-awe-strategie, die man sonst hört, wenn von der künftigen wirtschaftlichen überlegenheit der (noch) entwicklungsländer wie china oder indien oder diversen afrikanischen staaten gesprochen wird. ein bisschen zuviel euphorie — aber extrem inspirierend.
kürzlich auf der next11, oder genauer, nach der next11, hab ich kurz mit nico lumma gesprochen der mir erzählte, dass martin oetting bei scholz und freunde einen super vortrag gehalten habe. und dass er diese energie und qualtät von oettings vortrag auf der next11 ein bisschen vermisst habe (zusammengefasst in meinen worten). klaus kusanowsky hat mir jetzt diesen artikel vom postdramatiker in den reader geshared und so konnte ich mir den vortrag von martin oetting von dem nico lumma so geschwärmt hatte ansehen.
das war ein wirklich guter vortrag, mit lauter richtigen gedanken. eigentlich sind die dinge von denen oetting spricht alles binsenweisheiten, bzw. beobachtungen und schlussfolgerungen, die jeder der sich mit kommunikation (oder marketing) beschäftigt auch selbst beobachtet haben sollte. aber offenbar besteht in der branche noch einiges an nachholbedarf. und, zugegeben, oetting kann diese dinge wirklich eindringlich beschreiben und wunderbar herleiten.
man könnte oettings vortrag ganz kurz zusammenfassen: „in sachen kommunikation, marketing und journalismus ändert sich alles. wirklich alles. dieser wandel ist zerstörerisch, bietet aber auch ungeheure chancen.“ nur würde diese zusammenfassung oettings vortrag nicht gerecht werden, genauso wie die zusammenfassung „man verliebt sich in nutte“ „pretty woman“ nicht gerecht werden würde. also empfehle ich den film anzusehen (den von oetting, nicht pretty woman).
ebenso sehenswert ist lawrence lessings keynote vom eG8-gipfel. auch (eigentlich) nichts neues, aber — wie immer — brilliant von lessig ausformuliert und zugespitzt. kurz zusammengefasst hat dirk von gehlen die keynote, allerdings nur einen aspekt, nämlich dass wir (die im internet leben) den antworten die die regierungen in sachen internet geben nicht trauen. aus vielen gründen, aber auch — und vor allem — wegen der unfassbaren inkompetenz vieler politiker in diesem feld, die ihre kompetenz schlimmer weise als wasserträger von lobbyisten der grossen interessensverbände zu verdecken versuchen. lessig zeigt das, gehlen anhand eines beispiels auch.
ein weiterer wichtiger aspekt aus lessigs rede, den dirk von gehlen ausgelassen hat, dem johnny haeusler aber einen eigenen artikel gewidmet hat, lautet: das internet erlaubt es aussenseitern oder gescheiterten existenzen, dinge zu erfinden und zu vermarkten, die die herrschenden strukturen unterminieren („disruption“). beispiele: skype, the pirate bay, netflix, google, ebay, craigslist und so weiter und so fort.
auf meiner leseliste zum thema eG8-gipfel stehen noch kai biermann und christian stöcker. ich gehe stark davon aus, dass beide texte sehr lesenswert sind, schiebe das lesen aber auf, weil mich diese themen unfassbar frustrieren. und noch schlimmer: diejenigen die solche texte lesen sollten lesen sie nicht. sie bewirken nichts, ausser nasen wie mich in ihren überzeugungen zu bestärken. andererseits ist das ja auch was.
nichts desto trotz, frust beiseite, die wichtigsten eckpunkte von dem was derzeit falsch läuft, das was wahre agenda der G8 ist und wie sie stattdessen lauten sollte, hat lawrence lessig in diesem video auf 3 minuten zusammengebrutzelt und zugespitzt. das video ist ein guter einstieg für (streit-) gespräche zwischen digitalen einwohnern und digitalen besuchern.
[nachtrag 29.05.2011]
eben gemerkt, dass die überschrift „eG8“ nicht so passend war und geändert zu „gute vorträge (oetting@s&f, lessig@eG8)“. passt auch nicht, aber besser.
dieses video ist auf sehr vielen ebenen sehr sehr witzig. einmal das schweizerdeutsch. dann die frisuren und dann der rechner, der etwa ein hunderstel oder tausendstel der rechenleistung einer modernen taschenuhr (aka „handy“) hat und trotzdem damals als „schnell“ galt. ich glaub der preis war auch witzig, aber meine fremdsprachenkenntnisse reichen nicht aus um den zu verstehen.
und den screenshot mit der quadratischen pappnase war zufall. echt. [via]
ich habe ja gerade geschrieben, dass die brandeins droht meinen respekt zu verlieren. präsizer wäre es vielleicht zu sagen, dass ich mehr und mehr das gefühl bekomme, dass meine ansprüche an das heft nicht mehr so erfüllt werden wie früher. und dazu muss ich sagen, dass ich das heft bereits las, als es noch „econy“ hiess und dass ich es, seit es brandeins heisst, abonniert habe. mir gefiel immer, dass die brandeins themen gegen den strich bürstete und stets in der lage war mich zu überraschen. mit frischen ansichten, bisher ungehörten und ungelesenen gedanken oder fakten und mit hoher journalistischer qualität. allein die themenwahl war hin und wieder in der lage mich zu euphorisieren.
dieser wow-effekt hat in den letzten jahren nachgelassen. ausserdem meine ich hin und wieder, dass die qualität verschiedener artikel zu wünschen übrig lässt. man kann mein gemäkel hier, glaube ich, am schlagwort „brandeins“ ganz gut nachvollziehen.
vor der brandeins-chefredakteurin gabriele fischer schwindet mein respekt allerdings nicht. jede email die ich ihr schrob, ob lob oder genörgel, beantwortete sie stets geduldig und ausführlich. das ist seit bestimmt 10 jahren so. glaub ich.
am montag schrieb ich gabriele fischer mal wieder eine email, diemal um nachzufragen, was am vorwurf von „Karl Guevara“, der folgenden kommentar bei mir hinterliess, dran sei (und sie nebenbei auf meine kritik an thomas ramges jüngsten artikel aufmerksam zu machen):
Mein hoher Respekt für die BrandEins ging schon verloren, als ich mitkriegte, wie einfach es für (die ja ohnehin gerade wegen ihrer super Arbeit für Facebook und Microsoft in den Medien befindlichen) Jungs von BM [Burson-Marsteller] es war, einen Artikel im Auftrag von McDonald’s im Heft zu platzieren.
Man muss sich nicht darüber wundern, dass so etwas passiert - vertrauensfördernd ist es jedenfalls nicht gerade.
[links und übersetzung von „BM“ von mir hinzugefügt]
mir kam das ein bisschen übertrieben vor. warum sollte die brandeins nicht mit PR-fuzzis reden, solange die artikel die aus solchen gesprächen entstehen unabhängig und nach ordentlichen journalistischen grundsätzen entstehen? was soll schlecht sein an anregungen oder input der von PR-agenturen, lesern, firmen kommt, solange das resultat redaktionell unabhängig ist? eigentlich ein no-brainer, daran, dass die brandeins journalistischen grundsätzen folgt, hatte ich eigentlich nie einen zweifel. ehrlichgesagt, fand ich den artikel zu mcdonalds sogar ziemlich gut. auch wenn er positiv war, reine PR war das nicht.
ich habe trotzdem mal nachgefragt. gabriele fischers antwort, die sie mir zu veröffentlichen erlaubt hat und die in einem privaten email-austausch fiel, lautet:
Sie haben völlig Recht: Wir reden mit einer Menge Menschen, auch mit PR-Leuten und sammeln dabei Ideen, Geschichten, Hinweise, die sich irgendwann zu einem Thema verdichten. Oder auch nicht.
Aber egal ob der Tipp von einem Leser, einem Kunden, einem Journalisten oder einem PR-Mann kommt: mehr als "das könnte eine Geschichte für Sie sein" passiert da nicht. Ob es eine Geschichte ist, ob sie - wie die McDonalds-Geschichte sehr gut in einen Schwerpunkt passt oder auch eine Entwicklung beschreibt, die uns relevant erscheint - all das klären wir unter uns, ohne Zutun des Tippgebers. Und wenn wir dann entschieden haben, dass das eine Geschichte ist, müssen wir zwar bisweilen auf die Hilfe der PR-Agentur
zurückgreifen, wenn es um Termine geht (das ist nun mal, wofür sie von der Firma bezahlt werden): Aber einen Einfluss darauf, WEN wir sprechen wollen und zu welchem Thema haben sie nicht; und wir machen auch grundsätzlich keine Firmengeschichten, wenn wir nicht auch mit von uns ausgewählten Leuten in der Firma sprechen können, die nicht von der Agentur vorbereitet werden.
Dass wir grundsätzlich keine Texte abstimmen (wohl aber Zitate, und zwar mit und ohne PR-Agentur) und auch keinen Text vor Drucklegung aus der Hand geben, versteht sich von selbst. Und dass wir PR-Material übernähmen wäre ein Vorwurf, den ich gern konkretisiert hätte - denn wenn es so wäre, gäbe es wiederum Gesprächsbedarf (mit dem Autor und der Dokumentation).
Und genau so war es auch im Fall BM: der PR-Mann hatte keine Ahnung, welchen Schwerpunkt wir planten (Mitte) und erzählte Thomas [Ramge], wie sich McDonalds zu drehen versucht und wie erfolgreich sie mit ihrer neuen Strategie sind: Thomas hat das dann in die Redaktionskonferenz eingebracht und 10 (nicht von McDonalds bezahlte) Journalisten haben diskutiert, ob das eine Geschichte für den Schwerpunkt sein könnte.
ich hab ja keine ahnung wie es anderen leserbriefschreibern an die brandeins so geht, aber egal wie naiv, pampig oder zeternd meine emails an gabriele fischer waren, sie hat immer geduldig geantwortet und klar signalisiert, dass sie durchaus bereit ist umzudenken, nachzudenken oder auch dinge zu ändern. so war das 2004, als die brandeins ihr archiv verschloss und nur abonnenten zugänglich machte (was auch als abonnent ziemlich umständlich war). mein gemecker und das von vielen anderen führte letztendlich dazu, dass die brandeins umdachte und ihr archiv wieder öffnete — und zwar komplett, wenn auch jeweils mit einer ausgabe verspätung.
diese fähigkeit zum umdenken, dinge zu überdenken, besser oder schöner zu machen personifiziert für mich gabriele fischer. hört sich pathetisch an, basiert aber auf meinen jahrelangen erfahrungen. bereits zu zeiten als niemand von sozialen medien sprach und nur eine handvoll bekloppter ins internet schrob, beantwortete gabriele fischer geduldig und offen leserbriefe (meine zumindest). ohne jemals mit einem social-media-berater oder reputation-manager gesprochen zu haben (glaub ich. sicher).
was ich eigentlich sagen will: dieses ding mit der „konstruktiven kritik“ funktioniert. und zwar im sinne von „wenn sie gute argumente haben, lassen sie uns drüber reden“. und deshalb verliere ich meinen respekt vor gabriele fischer nicht so schnell und das mit der brandeins und mir wird auch wieder.
Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift brand eins hat sich das Thema “Respekt” gegeben und behandelt unter diesem Dach auch die Frage des geistigen Eigentums. Der Text “Geklaut bleibt geklaut” von Thomas Ramge ist online nicht verfügbar. Im Heft trägt er den Untertitel “Musik, Filme – und jetzt Bücher: Im Internet gilt geistiges Eigentum wenig. Autoren und Verlage beginnen sich zu wehren. Mit guten juristischen und ökonomischen Argumenten”
In dem Text, der sich selbst als “kurze Geschichte der Online-Piraterie” beschreibt, kommen Verlagsvertreter ebenso zu Wort wie zum Beispiel Philipp Otto von iRights.info und Robin Meyer-Lucht von carta.info.
Trotzdem hinterlässt er mich ratlos. [quelle]
mich macht der brandeins-text ein bisschen wütend. nicht weil er eindeutig tendenziös geschrieben wurde, sondern weil er so schlecht geschrieben ist und vor logischen fehlschlüssen nur so trotzt (siehe weiter unten).
äusserlich gibt sich der text journalistisch einwandfrei. alle relevanten seiten werden gehört und zitiert, wertungen werden vornehmlich in zitaten ausgesprochen und auf den ersten blick wirkt es, als seien alle wichtigen aspekte zum thema zumindest einmal kurz und relativ objektiv angeleuchtet worden.
ramge hat aber so viele aspekte und gedanken der diskussion um „geistiges eigentum“ und „raubkopieren“ ausgelassen, dass man sich unweigerlich fragt: ist der so blöd oder steckt da kalkül dahinter? beides wäre ärgerlich.
zum thema flattr, zitiert ramge den „vorwärts“-redakteur karsten wenzlaff, profitierten vor allem diejenigen, „die populistisch polarisieren“. kein wort über tim pritlove. die flattr-erfahrungen der taz werden nur am rande erwähnt.
kein wort zum brasilianischen autor paul coelho, der „raubkopien“ seiner eigenen werke ins internet stellt und damit nach eigenen worten mehr bücher verkauft.
keine erwähnung von wissenschaftlichen erkenntnissen, die nahelegen, dass die abwesenheit von urheberrechten durchaus zu einem blühenden verlagswesen führen kann.
keine erwähnung davon, dass moderne „wissensarbeiter“, wie ramge durchgehend all diejenigen nennt die von urheberrechtsverletzungen geschädigt werden, auf den schultern von giganten (und zwergen) stehen und deren erkenntinisse natürlich auch kostenlos nutzen.
keine erwähnung, nicht mal ansatzweise, von der remix-feindlichkeit — und damit auch kultur-feindlichkeit — des modernen urheberrechts, bzw. das man selbst arrivierte wissensarbeiter künstler als „kopisten“ bezeichnen müsste, wenn man sich mit der materie eingehend beschäftigt.
das alles ist deshalb ärgerlich, weil ich lieblos zusammengeflanschte und tendenziöse müll-artikel zum urheberrecht überall lesen und sehen kann, von der brandeins aber einen ticken mehr erwarte. das so viele gute argumente oder gute gründe zur differenzierung in ramges artikel einfach ausgeblendet werden ist nicht mal das ärgerlichste. ärgerlich ist, dass die argumente für das klassische urheberrecht die der artikel bringt so schwach und so ausgelutscht sind. das mag daran liegen, dass diese argumente vornehmlich von der verlagsleiterin des campus-verlages kommen, die natürlich keinen spass daran hat, über alternative, neue oder innovative geschäftmodelle oder moderne, zeitgemässe formen des urheberrechts nachzudenken. für sie hört bei der durchsetzung von urheberrechten der spass auf, „spätestens wenn ein Geschäftsmodell dahintersteht“. klar. wer ein pferd nach dem auto befragt, bekommt vor allem argumente für kutschen zu hören.
zitat von annette anton, aus dem letzten absatz von ramges artikel, quasi das schlusswort:
Selbst wenn diese Betreiber und Nutzer von Tauschbörsen hundertmal behaupten, sie hätten große Hochachtung vor der kreativen Leistung der Autoren.
„Respekt drücke ich aus, indem ich für eine Leistung bezahle. Alles andere ist dämliches Geschwätz.“
das ist äusserst befauerlich, denn so kann frau anton weder künstler wie picasso, rubens, michelangelo oder homer „respektieren“. deren leistung kann sie nun mal nicht bezahlen. auch der respekt den thomas ramge frau anton oder phillipp otto oder robin meyer-lucht oder jeff jarvis entgegenbringt muss minimal sein. denn bezahlt hat der sie für ihre statements sicher nicht.
auch ich verliere langsam aber sicher meinen respekt gegenüber der brandeins. nicht weil ich in ihr meinungen lese, die nicht mit meinen übereinstimmen, sondern weil diese artikel zunehmend oft handwerklich miserabel gemacht sind (siehe auch slaven marinovic über google).
in drei bis vier wochen wird thomas ramges text kostenlos verfügbar auf brandeins.de stehen. dann wird aus einem schlechten text (nach annette antons logik) „dämliches Geschwätz“.
thomas ramge zitiert für eine huffington-post-fundamental-kritik spiegel online:
Die Huffington Post hat die Methode perfektioniert, aus interessanten Artikeln irgendwo da draußen im Web ein interessantes Detail zu extrahieren, daraus einen Kurzartikel samt Link zur Originalquelle zu schmieden und das Ganze mit einer möglichst klick- und suchmaschinenoptimierten Überschrift zu versehen.
einerseits ist das natürlich eine ziemliche respektlosigkeit, diesen text der von den „wissensarbeitern“ christian stöcker und conrad lischka gezeichnet ist (cis/lis), ohne deren leistung zu bezahlen und ohne deren namen zu nennen zu verwursten. abgesehen davon ist genau das nunmal das geschäft von journalisten, in der regel extrahieren journalisten eben interessante details oder gedanken aus anderen quellen — allerdings meist ohne link zur originalquelle.
nichts gegen spiegel-online, aber wenn man sich allein die ausbeute einer einzigen woche ansieht, in der spiegel-online artikel-details aus der los angeles times oder vom klatsch-portal tmz extrahiert, daraus einen kurzartikel ohne link zur originalquelle klöppelt und das ganze mit einer möglichst klick- und suchmaschinenoptimierten überschrift versieht, dann fragt man sich: was wollten uns ramge, stöcker und lischka nochmal genau sagen?
genau: journalismus ist (auch) praktiziertes parasitentum mit noblem anstrich und professioneller fassade.
am erschütternsten finde ich die krude logik vom ramge an dieser stelle:
So kursieren jeden Sonntagnachmittag auf den einschlägigen Filesharing-Plattformen App-Versionen des am Montag erscheinenden Nachrichtenmagazins »Der Spiegel« — bei denen sich die Kopisten auch noch die Mühe gemacht haben, die Werbung zu entfernen. Sie bekämpfen also nicht nur das Urheberrecht, sondern auch ein Geschäftsmodell, das immerhin dazu führt, dass das Magazin für Käufer erschwinglich wird.
witz nummer eins ist: spiegel online macht das im print-spiegel-archiv genauso (zufällig ausgewählte PDF-datei aus dem spiegel-archiv). wenn der print-spiegel nach einer oder zwei wochen ins (kostenlose) archiv wandert, wird die werbung entfernt.
witz nummer zwei wäre es, wenn ramge wirklich glaubte, dass anzeigen in einer „raubkopierten“ app-version des aktuellen spiegel, das heft für käufer erschwinglicher machen würde. den verlust von einnahmen wegen „raub-apps“ könnte man ja noch diskutieren, aber einnahmeverluste wegen fehlender werbung in „raub-apps“? och. mensch. das ist eine logik, die in baumschulen gelehrt wird.
es heisst ja immer, auch in ramges artikel, dass mit flattr oder anderen spendenmodellen und mit alternativen verwertungsmethoden immer nur einige wenige, herausragende „wissensarbeiter“ und künstler ein stetiges einkommen generieren könnten — und das die gratiskultur denen die lebensgrundlage entziehen würde. ich frage mich dann immer: gab es vor dem internet, vor der angeblichen gratiskultur, eigentlich nur gut bezahlte intellektuelle und künstler? musste in den guten alten analogen tagen kein autor hungern, kein musiker um seine tantiemen fürchten? oder waren es auch da einige wenige, herausragende menschen, die von ihrem wissen, ihren worten, ihrer musik oder ihrer kunst leben konnten?
es wird mir fehlen, das htc-incredible s. gerade lösche ich die SD karte und gleich setze ich das handy zurück. seit mitte april war es mein täglicher begleiter und ich habe mich an android gewöhnt. meine erfahrungen mit android habe ich bereits kurz zusammengefasst:
das gute an android (im gegenteil zu webOS): die apps. viele apps. sehr viele apps. dass es fast alle apps für android gibt und das jeder hansel apps für android (und iOS) baut. und eben nicht für webOS.
bestes beispiel wie glatt app-mässig alles bei android laufen kann: bei john gruber las ix kürzlich, dass es sich lohnen würde, den fortune artikel „inside apple“ von adam lashinsky für $0,99 als „kindle single“ zu kaufen. also die kindle-app installiert (1 minute), grubers link auf die „kindle single“-version des artikels gefolgt und auf der amazon-mobile-site gekauft (2 minuten) und dann den artikel in der kindle-app auf dem htc-incredible gelesen (20 minuten). die anderen beiden bücher die ix mal für den kindle gekauft habe, waren auch gleich da. das lesen mit der kindle-app war äusserst angenehm, aber viel angenehmer fand ich, dass alles einfach funktionierte. völlig schmerzfrei.
mir haben es übrigens innerhalb von 24 stunden übrigens 1230 andere daringfireball-leser gleich getan und gruber $91 in die affiliate-kasse gespült und fortune wohl auch ein kleines vermögen. sag nochmal einer dass bezahlwände nicht funktionieren — mit der einschränkung, dass diese bezahlwände nicht vom verleger selbst gebaut werden dürfen. fortune selbst wollte nämlich $4,99 für den einzel-artikel haben. amazon, wie gesagt, $0,99.
wo war ich? achja. was ich vermissen werde:
die google-translate-app
die google-maps-app, die auf android ungefähr hundert mal schneller startet und läuft und 400 mal mehr features als die auf dem pre bietet
die vorinstallierten navigationsprogramme („google navigation“ und die route66 basierte „premium-navigation“) die sich beide hervorragend über die „auto bedienfeld“-app steuern und benutzen liessen und mich zuverlässig und schnell durch unsere osterreise durch die deutsche provinz führten. tatsächlich kannte die „premium navigation“ wege, die mich teilweise ernsthaft überraschten. so führte uns unser weg von hamburg nach karken (bei heinsberg, bei mönchengladbach) über einen längeren schlenker durch die niederlande. gegenüber der normalen, rein deutschen strecke haben wir damit knapp 40 kilometer gespart. mit der navigation hatte ich im gegenteil zum simyo-netz nicht einmal ein problem gehabt. die vorbildlich in android integrierte „premium navigation“ muss man nach einem monat übrigens lizensieren: DACH kostet für einen monat knapp 5 euro, für ein jahr 20 euro und „unbefristet“ 30 euro. westeuropa jeweils 8, 30 und 40 euro. die (kostenlose) google-eigene navigation funktionierte aber auch einwandfrei.
angry birds (läuft zwar auch unter web os, aber auf dem bildschirm und mit dem prozessor des htc machte das mehr spass — und die vollversion gibts für android auch kostenlos)
barcoo.de und google goggles
das htc-startseiten-wetterwidget dass es tatsächlich schaffte sich stets aktuell zu halten und auch auf bahnfahrten den korrekten ort angemessen schnell anzuzeigen (nämlich immer genau dann, wenn ich draufsah)
was ich weiter auf dem pre benutzt habe, waren
foursquare, das auf android zwar schneller und flüssiger, aber dafür noch unzuverlässiger und holpriger als auf dem pre lief
die grossartige bahnfahren-app für webOS. öffi soll zwar auch toll sein, hab ich aber so gut wie nie genutzt.
der wlan hotspot, was aber nicht so sehr am htc, bzw. android lag, denn zumindest in der mir vorliegenden betriebssystem-version funktionierte der wlan hotspot genauso reibungslos und hack-frei wie auf dem pre, sondern am simyo netz.
das telefon. ich ruf eh nur die beifaherin an und die war äusserst irritiert, als ich sie einmal mit der simyo-nummer anrief. immerhin funktioniert das mit dem telefonieren auch bei simyo, kostet aber glaub ich auch was.
enttäuschend ist auch beim htc-incredible die akkuleistung. im gegenteil zum pre — dessen akkuleistung indiskutabel ist — ein schritt nach vorne, statt einen tag ohne benutzung, hielt der htc-akku teilweise sogar einen ganzen tag mit benutzung, aber das ist eindeutig immer noch zu wenig. manchmal war der akku auch innerhalb von zwei stunden alle, was an androids intransparentem applikations-management liegt. welche programme noch laufen, oder welche hintergrundprozesse, war mir stets komplett unklar. zumal man programme auf android nur in ausnahmen überhaupt beenden kann. irgendwann beenden sich die programme zwar selbst, bzw. werden von android beendet, aber normalsterblichen benutzern ist nicht erkennbar was wann wo läuft. immerhin konnte man den ganzen hintergrund-app-spuk mit einem neustart begegnen (dauert beim htc ca. 30 sekunden, beim pre ca. 30 minuten).
apropos programme beenden. so elegant und wirklich intuitiv, beinahe haptisch wie beim pre habe ich das bisher auf noch keiner plattform gesehen. die spielkarten-metapher des pre, bzw. webOS ist wirklich ein killer-feature. muss man einfach mal festhalten, da kann selbst apple nicht mithalten.
apropos apple: mit der neuesten android version die mir per over-the-air-update seit anfang mai zur verfügung stand, war auch flash dabei. ich plädiere nach zwei wochen flash auf dem handy dafür, „flash“ in „flacker“ umzubenennen. flash ist und bleibt völlig indiskutabel.
was mich auch entäuschte war der android webbrowser. selbst google webapps hatten ernsthafte darstellungsfehler, der wechsel zwischen offenen tabs zwang mich zu jeweils mindestens zwei taps und einem wisch, beim pre geht das mit zwei (intuitiven) wischs.
was mir auch nicht gelang: eine per email (von einem iphone) erhaltene vcard ins adrssbuch zu übertragen. die vcard wurde zar runtergeladen und auf der SD-karte gespeichert, aber das android adressbuch konnte nichts damit anfangen. beim pre mergte sich die adresse mit einem klick ins adressbuch.
an die bildschirmtastatur habe ich mich wider erwarten schnell gewöhnt. selbst komplizierte buchstaben wie ein „ë“ erzeugt man intuitiv und einfach. mit dem pre gelingt das auch, allerdings benötigt man dafür mindestens zwei klicks und einen tap. auf dem macbook habe ich es bis jetzt noch nicht rausgefunden, wie ich ein „ë“ erzeuge (mit dem handy eine email mit dem betreffenden buchstaben schreiben und per copy ins desktop-dokument kopieren geht aber).
bis auf den akku hat das htc-incredible kaum schwächen. es ist irre schnell, sensibel und solide, die kamera ist wirklich gut und unfassbar schnell, der bildschirm fast ein bisschen zu gross, aber brilliant und bis auf die rückseite ist es auch gar nicht mal so hässlich. was nervt ist (hin und wieder) android. da mangelt es noch massiv an eleganz, stringenz und klarheit. diese mängel macht android aber mit den schieren anzahl der teilweise genialen (aber auch grottigen) apps wett.
bevor man zu simyo geht, empfiehlt es sich mal auszuprobieren ob man zuhause überhaupt empfang hat und die grossstadt in der man lebt nicht zu verlassen. für die provinz ist simyo nur zu gebrauchen wenn man einen portablen wlan-hotspot eines anderen providers dabei hat.
und jetzt setze ich das handy zurück (auch bekloppt, wo google das versteckt hat: einstellungen/SD-karte & telefonspeicher/auf werkszustand zurück). mich wird es danach vergessen haben (hoffe ich). ich werde es vermissen.
[das htc-handy und eine simyo-SIM habe ich von simyo zur verfügung gestellt bekommen, ebenso wie ein guthaben von ich glaube 10 euro und einer viermonatigen „Flat Internet Optimum“-option. die prepaid-sim darf ich behalten (sollte ich sie jemals wieder aus dem handy rausbekommen), das handy nicht.]
meine blogrolle ist nicht sonderlich gepflegt, aber zwei dieser blogs snd neu dadrauf. ansonsten teile ich beiträge aus diesen blogs die mir besonders gefallen, oder die ich für lesenswert halte (zum beispiel: eins, zwei), natürlich auch in meinem google reader.
heute am zweiten tag der next viele vorträge gesehen und auch einige gute.
fabio sergio hatte eine sehr, sehr hübsche präsentation von der mir leider nicht sehr viel in erinnerung geblieben ist. unter anderem ein zitat von henry ford:
If I’d asked customers what they wanted, they would have said „a faster horse“.
während seines vortrags bin ich gedanklich etwas abgedriftet und habe erneut über die thesen von kevin slavin nachdenken müssen. ist es nicht in der welt allgemein und gerade im internet speziell so, dass alle entwicklungen, seien es gute oder schlechte, gegenreaktionen auslösen? wie in der physik: actio et reaction. auf spam folgen spamfilter, auf DRM folgen cracks, auf viren folgen virusfilter, auf datenschützer folgen spacken, auf spacken aluhüte. und, so unangenehm oder um mal das buzzword der letzten vier next-konferenzen zu benutzen, so disruptiv all diese entwicklungen sein mögen, sind sie nicht vielleicht auch fortschrittstreiber? viren sind auch ziemlich unangenehm und sie haben viele menschen das leben gekostet, aber es gibt auch theorien, dass sie allen menschen auch erst das leben geschenkt haben könnten, dass sie ein wichtiger teil der evolution waren, weil sie DNA-bruchstücke von einer spezies zur anderen tragen konnten?
ich glaube, wir sollten viele entwicklungen in der welt, bzw. im internet gelassener betrachten. klar sind die kostenlos-geschäftsmodelle im internet vor allem darauf ausgerichtet unsere daten zu (werbe-) geld zu machen und unsere aktiva auszubeuten. johan staël von holsten warnte uns lauthals vor dieser, wie er es ausdrückte, modernen form der sklaverei und schrie uns vom podium entgegen: „trust nobody!“ möglicherweise, warnte er, würden die chinesen eines tages facebook kaufen — und dann gute nacht. um seine glaubwürdigkeit zu unterstreichen, erzählte er uns, dass er erst mit 26 lesen gelernt habe und worte bildlich wahrnehmen würde. und weil er bildlich denken könne, sei er eben ein visionär. aber natürlich ist er auch ein geschäftsmann und wollte auf sein projekt mycube.com hinweisen. dort seien unsere daten sicher. warum wir ihm trauen sollten, vergass er allerdings zu erwähnen.
wir brauchen diejenigen, die unsere daten missbrauchen, uns unfair behandeln, grenzen des anstands überschreiten um sich einen goldenen arsch zu verdienen (siehe auch stichwort „samwer-brüder“) um zu erkennen, dass man daten missbrauchen kann, dass es anstandsgrenzen braucht — und nur so können wir die gegenthesen entwickeln und gegenmassnahmen ergreifen — oder eben auf gegenbewegungen warten, die so sicher wie das amen in der kirche — jedesmal — kommen.
uwe lübbermann von premium cola trat mit angeschnalltem rucksack auf die bühne (das sei sein büro) und erzählte, dass er nicht primär getränke verkaufen wolle, sondern die welt verändern und daten schützen wolle, beziehungsweise, auch andere getränkehersteller dazu bringen wolle, die daten die sie nichts angehen oder an die sie unrechtmässig gekommen seien, nicht zu verwenden. cola, getränke und datenschutz. das ist mal ein USP.
was julia schramm sagte war glaube ich ziemlich egal. ich habe aber auch nicht verstanden, auf was sie eigentlich hinauswollte.
james hilton von AKQA war laut und ein unerträglicher angeber. möglicherweise hat seine agentur tolle projekte gemacht, wovon ich aber nichts erfuhr, weil ich den saal verliess.
nach der pause habe ich mich in den werbefuzzi-track gesetzt, weil florian steps von vodafone über vodafones reise zu hölle und zurück erzählen wollte („To Hell and Back — the Vodafone Brand in the Digital Age“). leider kann florian steps kein englisch („we went some sort to hell, but the good is we went back“) und auch wenn er am ende behauptete, dass vodafone aus den fehlern der vergangenen „social media“-kampagnen gelernt hat, stellte er den verlauf der vodafone „generation upload“-kampagne als serie kleinster fehler dar. und überhaupt, sei der shitstorm auf das internet beschränkt gewesen und nicht in die wirkliche welt geschwappt. also eigentlich sei nichts passiert, zumal ja immer nur die wenigen lauten und destruktiven elemente gehört werden („a few reactions from se community“).
immerhin habe vodafone jetzt gelernt, dass man erst zuhören müsse, bevor man seine werbebotschaften anderen in die ohren schreit, dass es gut ist auf reaktionen vorbereitet zu sein und auch mal zu antworten, statt zu schweigen, wenn man in den dialog mit nutzern treten möchte und dass man nicht mehr versprechen solle, als man halten kann. für normale menschen selbstverständlichkeiten, für vodafone was ganz neues. glückwunsch!
sehr geschickt der auftritt von michael trautmann von kempertrautman. die masche muss man sich wirklich merken. sein auftritt war werberuntypisch demütig, zurückhaltend, bescheiden, aber deutlich und zielgerichtet. er stellte drei charity-projekte von kempertrautmann vor, beschrieb sie kurz und sachlich um dann mit kleinen, vorbereiteten filmchen pathosstürme aufs publikum zu schiessen und die schmutzige, emotionale tränendrüsen-arbeit von seinen filmen erledigen zu lassen. analog zur „bad cop and good cop“-methode hat michael („meikel“) trautmann eine präsentationsmethode erfunden, in der ein zurückhaltender, distinguierter werber und ein pathetischer, aufgedrehter freak-werber auftreten — und man trotzdem nur den graumelierten, distinguierten werber vor sich sieht. respekt!
von jochen adler habe ich gelernt, dass die deutsche bank eingentlich „deutsche bänk“ heisst und mit welchen widerständen und widrigen umständen er bei der einführung eines intranet-twitter-clons zu kämpfen hat. ich fand das deshalb sympathisch, weil er ein sehr angenehmens englisch sprach, bescheiden auftrat und glaubhaft seine euphorie beim backen von kleinen brötchen rüberbrachte.
mehrere highlights dann im letzten track des tages, einmal russell davies, der über das internet der dinge, beziehungsweise darüber sprach, wie man mit kleinen technischen spielereien das internet vom bildschirm und in die welt bringt. er zeigte tolle (kleine) projekte die demonstrierten welche spannenden potenziale darin stecken, das internet in objekte — und weg vom bildschirm — zu bringen. auch sehr hübsch wie er seinen vortrag einleitete: mit der pompös-grössenwahnsinnigen 20th-century-tata-tata-tata-melodie und dem kleinen wort „hello!“ als sie zuende war.
ebenso unterhaltsam, aber ein bisschen weniger visionär und kreativ danach rafi haladijan, der erfinder des nabaztag (violet, den nabaztag-hersteller hat er mittlerweile verkauft) und jetziger betreiber von sen.se. er stellte sich folgendermassen vor: „i’m french, therefore i will make this presentation in bad english.“ sein vortrag war etwas holprig und in schlechtem englisch, nichtsdestotrotz sehr unterhaltsam, auch wenn er die meisten gags bereits vor 2 jahren auf der next brachte, als er violet vorstellte.
einen grossartigen tumblr-blog-tipp hatte er auch dabei fuckyeahinternetfridge.tumblr.com: ein denkmal für die zweitblödeste technische wunschvorstellung der welt: den internet-verbundenen kühlschrank (kommt direkt nach der videotelefonie).
der letzte vortrag von der hochschwangeren sarah lacy war zuerst wegen einer überdosis pathoseuphorie und grundlosem lächeln schwer gewöhnungsbedürftig, stellte sich aber dann im verlauf der 20 minuten vortrag als eines, wenn nicht das highlight der next heraus. sarah lacy berichtete über ihre reise und ihre erfahrungen mit startups und unternehmen in den sogenannten entwicklungsländern. und das was sie erzählte war einerseits extrem spannend, andererseits sehr rührend aber vor allem liess es nur einen schluss zu (den sarah lacy so nie ausdrücken würde): wir im westen sind so voll mit überheblichkeit und gefühlter überlegenheit, dass wir blind und unfähig sind, die wahren probleme, aber auch die grossartigenkeiten und ungeheuren potenziale in den entwicklungsländern zu erkennen. ihr vortrag hatte einen sehr optimistischen beigeschmack und war völlig frei von der üblichen shock-and-awe-strategie, die man sonst hört, wenn von der künftigen wirtschaftlichen überlegenheit der (noch) entwicklungsländer wie china oder indien oder diversen afrikanischen staaten gesprochen wird. ein bisschen zuviel euphorie — aber extrem inspirierend.
[nachtrag 18.05.2011, 22:30]
ein paar korrekturen und umformulierungen eingebaut (was natürlich nicht heisst, der text sei jetzt fehlerfrei). ausserdem noch der hinweis auf ein video, das russell davies in seinem vortrag zeigte, das sehr lustig ist und das in deutschland leider nicht verfügbar ist.
ganz vergessen gestern noch den auftritt und das projekt von raul krauthausen zu erwähnen. martin weigert hat dazu (und warum wir daten lieben lernen sollten) etwas geschrieben.
ich glaube übrigens nach einem tag next11, dass wir daten weder lieben, noch hassen sollten. wir sollten ihnen viel sympathie entgegenbringen — aber auch kritische distanz. daten sind ein bisschen wie barack obama. von vielen im wahlkampf heiss und innig geleibt, von vielen gehasst. die hoffnungen vieler menschen ruhten auf ihm — und jetzt sind ebensoviele von ihm enttäuscht.
daten erlösen uns nicht vom elend der welt. aber sie können vielleicht dabei helfen, die welt ein bisschen besser zu machen (oder eben auch nicht). daten muss man nicht lieben, aber man kann grossartige sachen damit machen.
das hat übrigens nicht nur raul krauthausen gezeigt, sondern auch stefan wehrmayer von mapnificent. mapnificent ist ein google-maps-mashup mit dem man sehen kann, wie lange man für bestimmte strecken mit dem öffentlichen nahverkehr (zum beispiel in berlin) braucht. dafür dass er erst 23 ist und nach eigener aussage die karten nur mal eben so zusammengestöpselt hat („very easy“), sind die visualisierungen schon ganz beeindruckend.
nochmal kurz zurück zu raul krauthausen. sein projekt zeigt auch, wie grandios qype gescheitert ist. dass man für die barrierefreiheit quasi qype neu programmieren muss, bzw. dass qype es nicht erlaubt die orte nach kriterien wie barrierefreiheit ordentlich zu filtern, zeigt wie sehr qype sich verzettelt hat. hätte qype eine offene schnittstelle die das erstellen von qype-klonen wie wheelmap auf basis von qype bequem erlaubte, zum beispiel indem vorhandene qype-daten sauber gefiltert auslesbar wären und neue daten, wie barrierefreiheitdetails oder eine rollstuhlgerechtigkeitsampel die vorhandenen daten anreichern könnten, dann gäbe es wahrscheinlich schon einige solcher klone. gibts aber nicht.
mir ist vor kurzem klar geworden, dass das benutzerinterface von qype ernsthaft kaputt ist, als ich qype reviews bestimmter orte nicht auf qype selbst finden konnte, mit leichtigkeit aber bei google-maps.
auch interessant, dass zum thema data love plötzlich ein uralter, fast schon vergessener megatrend wieder angehypted wird: google mashups.
checkin am akkreditierungsschalter (und auch bei foursquare) ging super schnell und ohne ausdruck des tickets. die pdf-datei reichte.
martin weigert steht offenbar auch auf meine shared items aus dem google reader. zumindest begrüsste er mich mit „ah der herr wirres. heute schon geshared?“
dass der dirty angry birds typ den wütenden-plüsch-vogel ins publikum werfen würde war klar. warum er dass aber erst am ende tat und nur einen dabei hatte — unklar. (er hat übrigens kein schwein getroffen)
ich hab mal versuch zu rechnen wie die eintrittsgelder in das budget der next11 einfliessen: 10 euro für die pausen-animationen (so eine art angry-pixel-physiksimulation), 20 euro fürs essen und 2 cent für die band. vermute ich mal so.
pep rosenfeld, der den internationalen track hauptsächlich moderierte, hätte monique van dusseldorp auch komplet ersetzen können. wenn monique van dusseldorp moderiert, komme ich mir immer so ein bisschen vor wie bei einem hermann van veen konzert.
ralf herbrich von bing hat eindrucksvoll gezeigt, dass man bei microsoft irre komplizierte powerpoint-folien liebt. eine folie zeigte ungefähr 250 sich überlagernde querverbindungen. besonders erschütternd fand ich, dass herbrich eine webseite wie mein 70jähriger vater scrollte: indem er mit der maus den scrollbalken bewegte! wie achzigerjahre ist das denn bitte? auch sonst war die präsentation ein ästhetischer höllenritt. gräsliche clipart, erschreckende grinsebacken-stockfotografie und völlig unnötige farbverläufe und schrift-glanzeffekte. trotzdem muss ich mir mal dieses bing social-search-gedöns ansehen.
stefan uhrenbacher fand ich sehr überzeugend. wer hätte gedacht, dass man auf einer business-kasper-konferenz wie der next mal eine empfehlung von erich fromms haben oder sein hören würde? das sollte ich vielleicht tatsächlich noch mal lesen. sehr überzeugend auch uhrenbachers herleitung des megatrends „sharing“ den er endeckt zu haben meint. zugang, meint uhrenbacher, sei besser als eigentum. beispiele die er nannte: car2go (deren konzept laut uhrenbacher weit radikaler als das von beispielsweise stattauto sei — auf den ersten blick sind smarts beim db-carsharing jedoch um ein vielfaches günstiger), studien die zeigen, dass junge menschen nicht mehr bereit sind ihren konsum einzuschränken um etwa auf ein auto hinzusparen oder die bahncard100, das einzige statussmbol das ix mir leiste und ständig herumzeige. auch neu auf meiner wunschliste: rachel botsman, whats mine is yours.
interessant auch, dass stefan uhrenbacher seine wohnung nicht bei 9flats eingestellt hat.
statt in der schlange für den hauptgang zu stehen, kann man mittags auch mit drei vorspeisen-tellern satt werden.
das rednerpult ist einen ticken zu hoch für andrew keen
andrew keen habe ich jetzt dreimal auf der next gesehen. das erste mal war ich schwer beeindruckt. das zweite mal dachte ich er hätte einen schlechten tag gehabt. heute habe ich fast durchgeschlafen. seine überzeugungen und seine sprache sind durchaus sehr pointiert — was keen schuldig bleibt sind schlüssige begründungen und herleitungen für seine überzeugungen. einfach nur eine meinung zu haben und die eloquent auf der bühne zu präsentieren reicht aber leider nicht. so ein vortrag ist dann noch ncihtmal unterhaltsam.
rex sorgatz beeindruckte mich mit seinem geständnis, dass er agenturen, consultants und kunden hassen würde. und das auf einer konferenz die zu 80% aus agentur-menschen, consultants, beratern und potenziellen kunden besteht.
andrew zoity beeindruckte mich, weil er zeigte, dass man mit nutzlosem spielzeug auch erfolgreich werbe-gedöns machen kann. er hat mit seinen arbeitsbeispielen sehr professionelle profesionalitätsverweigerung gezeigt.
wenn die republica „Professionalitätsverweigerung“ ist, ist die next11 dann wohl amateurverweigerung. stimmt natürlich nicht. beides. sowohl die analyse von martin recke, der jedes jahr zur republica versucht die unterschiede zwischen der republica und der next (und deren publikum) herauszuarbeiten, als auch meine ergänzung. letztes jahr war martin reckes differenzierung „feuillton“ vs. „wirtschaftsteil“, dieses eben jahr „professionalitaetsverweigerung“ vs. „professionalität“.
was stimmt: sowohl die next selbst, als auch die besucher und sprecher der next legen grossen wert darauf professionell zu erscheinen. das wirkt wenn deutsche englische vorträge halten leider manchmal ein bisschen stümperhaft, funktioniert aber sonst in fast allen bereichen: sauber organisiert, gute sprecherliste, gute versorgung mit essen, trinken und internet, professionelle kamerateams die die sessions aufnehmen und nur wenige fehler, wie flackernde präsentationen im hauptsaal im „bright data, big city“-track.
auch um die presse wird sich rührend gekümmert. hier ein bild des „press room 2“.
aber eigentlich fiel mir was ganz anderes auf. der professionalitätsverweigerung der republica steht eine gewisse kulturverweigerung der next gegenüber. hier gehts halts ums geschäft. vor allem um werbung. das wurd mir vor allem beim letzten panel das vom ADC kuratiert wurde klar. so erzählte beispielsweise dan rollman von seiner idee beliebige rekorde aufzuzeichnen. das können quatschrekorde sein wie die meisten achsel-furze in 30 sekunden oder die meisten bleistifte die sich je jemand in den mund steckte. die idee entwicklete dan rollman für das „burning man festival“ in der wüste von nevada, das laut wikipedia nicht nur „eine große Kunstausstellung, sondern auch ein Ort intensiver Selbstdarstellung und eine große Party“ ist — und meiner wahrnehmung nach ziemlich unkomerziell.
kurz, die idee hat einiges was sie extrem sympathisch macht. es geht um völlig sinnlose dinge, sie inspiriert viele menschen sich sinnlose dinge auszudenken, macht sich über das leistungsdenken und die ernsthaftigkeit älterer rekord-datenbanken lustig und ist irgendwie durch und durch sympathisch — und eben, könnte man denken, professionalitätsverweigernd. nun ist dan rollman aber werber und damit eben auch kein professionalitätsverweigerer. er zeigte, nachdem er sein projekt bis dahin unfassbar sympathisch dargestellt hatte, einen werbefilm für das „Prius Records“-projekt. plötzlich war vor lauter werbemüllsprache, offensichtlich günstig angeheuerten schauspielern und pseudoironischem humor der charme und die glaubwürdigkeit des projekts im arsch. leute mit tribal-tatoos auf dem steissbein werden sich möglicherweise über sowas kaputtlachen können — ich nicht so sehr.
professionell im reckschen sinne ist urdb.org. man verdient geld, kann sich eine glattes corporate design leisten, die werberkollegen mit leckeren präsentationen beeindrucken und das next-publikum mit einem furchtbar pathischen urdb.org-twitter-weltrekord-versuch zu beeindrucken und gleichzeitig was fürs eigene herz zu tun.
ich halte mich übrigens für einen überqualifizierten dilettanten. in allem was ich tue.
ganz grossartig fand ich übrigens kevin slavin von area/code. er schlug einen bemerkenswerten bogen schlug, von tarnkappenbombern und antitarnkappen-technologie, über die algorithmen für finanztransaktionen, die einerseits versuchen grosse transaktionen zu tarnen und andererseits solchermassen getarnte transaktionen aufzuspüren, über immobilienpreise, genetische algorithmen. ein bisschen schirmacher, ein bisschen „minority report“, ein bisschen spackeria.
im gegenteil zu schirmacher hatte kevin slavin aber eine menschliche waffe gegen die allmacht der algorithmen parat: analog zur astologie: daten ignorieren und geschichten, statt daten lieben. sehr inspirierend und einen eigenen kleinen artikel wert.
sehr grossartig auch, dass zur next auch vertreter der alten medien anwesen waren.
ich verlasse meine zelle (bild von benjamin nickel) jetzt kurz und trinke ein bier, bevor ich später weiterschreibe und das was ich oben schrob vielleicht auch mal gegenlese.
bekloppt. diejenigen die für andere werben sollen dafür bezahlen. konsequent wäre es dann wohl, auch zeitungshändler und kioske in eine noch zu gründende „vg titelseiten“ einzahlen zu lassen und eine möglicherweise eine „vg zitat“ einzuführen.
wahrscheinlicher ist, dass „journalistische erzeugnisse“ künftig von deutschen suchmaschinen ausgeschlossen werden: „dieses suchergebnis ist in deinem land nicht verfügbar.“
warum die vg-bildkunst wohl auch einer der gründe ist, warum es kaum gute deutsche kunst-blogs gibt, hat katia kelm gut beschrieben.
als ich noch ziemlich klein war, wohnte mein bester freund in aachen-lichtenbusch. das haus seiner eltern lag an einer strasse, die gleichzeitig die grenze war. gegenüber, auf der anderen strassenseite war eine kneipe, die bereits in belgien lag. auf der anderen strassenseite gab es auch ganz viele läden die kaffee, zigaretten und alkohol verkauften, die sehr viel billiger waren, als der kaffee, die zigaretten und alkohol auf der deutschen seite.
später wohnten viele meiner freunde und bekannten in grenznähe, in vaals oder kelmis. irgendwann, als an den grenzübergängen auch keine zöllner mehr sassen die einen durchwinkten und sogar die zollhäuser abgerissen wurden, verwischte die grenze noch mehr. deutschland, niederlande, belgien? irgendwie auch scheissegal. man konnte jetzt über die grenze fahren, ohne dass man etwas davon merkte. das änderte sich (für mich) so vor ungefähr zehn jahren, als ich erstmals handy trug.
in grenznähe übernahm mein handy plötzlich die funktion die früher die zöllner hatten: nämlich angst und schrecken zu verbreiten: wenn du nicht aufpasst, kann es richtig teuer werden. im grenzgebiet wurde man teilweise mit warn- oder willkommens-SMS ausländischer handynetze zugeballert. an manchen tagen habe ich zwanzig bis dreissig SMS bekommen, die mich bei irgendeinem niederländischen oder belgischen provider willkommen hiessen.
mittlerweile haben die provider das mit den willkommens-SMS besser im griff, man bekommt in der regel nur noch eine pro tag, auch der schrecken der telefonkosten hält sich in grenzen, aber dafür ist mit dem siegeszug des smartphones seit ca. drei oder vier jahren ein neuer schrecken hinzugekommen.
internet-roaming-kosten.
smartfones saugen ständig irgendwas aus dem netz. stellt man den mobilen internet-zugriff ab, reduziert man damit sein telefon auf den funktionsumfang eines ollen siemens s35 handys. stellt man die daten-funktion seines smartfones nicht ab, grüssen einen auf der handy-rechnung womöglich rechnungsbeträge die vom mond stammen könnten.
europa existiert für handy-netzbetreiber defakto noch nicht. schengen hin oder her, o2, eplus, t-mobile, simyo — sie alle führen sich in sachen mobiles-internet auf, wie dänische rechtsradikale.
meine eltern wohnen in grenznähe. in der provinz. am arsch der welt. unter freiem himmel hat man einigermassenen empfang. in geschlossene räume dringen, zumindest bei meinen eltern im haus, aus unbekannten gründen die niederländischen mobilfunknetze besser durch die altbauwände. den palm pre mit der o2-SIM hat über ostern das durcheinander der mobilfunknetze so schokiert, dass er seinen dienst komplett quitierte und — ausser im flugzeugmodus — zuverlässig reproduzierbar abstürzte. ständig. selbst das abstellen der automatischen netzwahl und die festeinstellung auf das o2-netz halfen nichts.
dem htc-android-testhandy von simyo mit simyo-SIM habe ich nach circa zweistündiger recherche auch die automatische netzwahl austreiben und auf simyo-only beschränken können. das htc-dings entschied sich danach, vielleicht aus trotz, vielleicht aus netzschwäche, fortan in karken, bei heinsberg gar keinen empfang mehr zu haben.
das simyo-netz ist aber nicht nur in karken bei heinsberg eine einzige katastrophe. auf unserer reise durch die provinz, von bad westernkotten, über fulda, gersfeld und bad windsheim herrschte in geschlossenen räumen zuverlässig kein empfang. unter freiem himmel gabs bei guter netzlaune hin und wieder mal internet mit modem-geschwindigkeit. manchmal wurde unter freiem himmel zwar UMTS mit vollausschlag angezeigt, was bei simyo aber keinesfalls schnellen internetzugang bedeuten muss.
auf der terasse unserer bad windsheimer verwandschaft sass ich dann, wieder mal, mit dem o2-handy als wlan-hotspot und dem simyo-htc-android-dings als wlan-empfänger.
ich mein, das o2-netz ist schon nicht das beste. aber dass es ein so viel schlechteres netz als das o2-netz gibt - nämlich das e-plus/simyo-netz hatte ich in diesem ausmass nicht für möglich gehalten. ausserhalb von grossstädten oder autobahn-raststätten scheint mobiles internert vorerst nicht vorgesehen zu sein.
immerhin. in meiner wohnung in berlin funktioniert das simyo-netz mittlerweile besser als das von o2. zumindest wenn das htc-handy am fenster liegt. das liegt aber daran, dass bei o2 wahrscheinlich mal wieder ein mast ausgefallen ist und nicht repariert werden kann, denn noch vor 4 wochen quollen auch youtube-filmchen ruckellos via o2 durch den pre. jetzt quillt nichts mehr. jetzt tröpfelts bei o2, bei simyo isses ein dünner strahl.
immerhin. in hamburg funktioniert das mobile simyo-internet relativ klaglos.
„relativ“ deshalb, weil jedesmal aus dem staunen nicht mehr rauskomme, wenn das htc-incredible s an ein schnelles wlan angeschlossen ist. dann laden webseiten nicht mehr, sondern poppen auf. selbst youtube-filme haben plötzlich latenzzeiten, die ich bisher kaum vom desktop kannte.
don dahlmann berichtet hingegen erstaunliches: er hatte einmal sogar in der provinz schnelles internet. das er das für twitternswert hält, spricht bände.
in seinem artikel über Architektur und Architekturen schlägt er vor, dass man sich beim „beim Bau von Webseiten und insbesondere von den Content-Management-Systemen“ viel häufiger mit architekten besprechen sollte, bzw. deren arbeitsprinzipien ansehen sollte.
aus einem alten architektur-lehrbuch hat er unter anderem eine „famose“ grafik herausgekramt, die zeigt, dass beim hausbau die struktur der grundkonstruktion (wände, stützen, böden) die haltbarste ist und das alles angelagerte und angeflanschte weniger lebenszeit haben. die fassade muss alle 20 jahre erneuert werden, installationen alle 7-15 jahre und der grundriss ändert sich auch alle paar jahre oder jahrzehnte — je nach nutzung.
diese bauphilosophie ist allerdings ziemlich europäisch oder vermutlich vor allem deutsch. amerikaner bauen beispielsweise sehr viel weniger langlebig. ein grossteil der amerikanischen wohnhäuser, besonders in ländlichen gegenden sind auf eine viel kürzere lebensdauer angelegt. häuser werden in amerika beinahe wie autos genutzt. man baut sich mal eben eins, oft mit einfachen kellerlosen holzkonstruktionen, zieht ein und zieht ein paar jahre später weiter. häuser aus einfachen holzkonstruktionen sind natürlich auch um ein vielfaches günstiger als der typisch deutsche hausbau, der oft (vermeintlich) für die ewigkeit angelegt ist.
dadurch hinkt der vergleich zur software, den ben_ zieht, ein wenig. langlebigkeit ist eben auch nur eines von vielen konzepten, mit vor- und mit nachteilen. ein nachteil von langlebiger software könnte dann eben auch genau der preis oder die komplexität sein.
deutsche mögen zum beispiel fertighäuser nicht besonders. deutsche meinen, dächer müssten stets mit steinen abgedeckt sein oder dass fenster sich stets auch öffenen lassen müssten. jemand der sein haus ohne keller baut, wird heute immer noch ausgelacht. heizen, meinen deutsche, könne man solide nur mit heizkörpern oder fussbodenheizung.
dabei ändern und verbessern sich die konstruktionsprinzipien von häusern, insbesondere industriell (vor-) gefertigten fertighäusern, schneller als manche wohnungseinrichtungen. gerade themen wie energieeffizienz und anderes umweltgedöns, lassen ältere häuser mittlerweile ziemlich alt oder dick eingepackt aussehen.
trotzdem sind die fragen die ben_ anhand dieser analogie zwischen softwareentwicklung und architektur aufwirft interessant und wichtig:
Welche Bereiche meine Anwendung sollen Nutzer ändern können und welche Bereiche meiner Anwendung, sollen Webdesigner ändern und welche Entwickler? Gibt es noch unterschiede zwischen den Entwickler-Gruppen? Und welche Gruppe ändern wie oft ihren Code? Wie stabil ist meine "Site", das Fundament auf dem meine Anwendung ruht? Könnte das tatsächlich "ewig" halten? Und wie oft werkele ich an den anderen Ebenen meiner Anwendung rum? Und wie unabhängig sind diese Ebenen von einander? Welchem Zweck dient da eigentlich welche Ebene?
ich frage mich auch manchmal, inwieweit sich konstruktion und abstraktion vertragen? finden sich die gegensatzpaare einfachheit und wahrhafttigkeit versus ornament und schmuck auch in der softwareentwicklung?
oder: wie weit trägt die analogie zwischen einem architekten und einem softwareentwickler? mein bild von einem architekten mag eine wunschvorstellung sein: architekten lieben das detail, versuchen aber auch immer das grössere ganze zu sehen. sie können nichts richtig, aber alles ein bisschen. sie müssen die sprache des bauhhern, aber auch die der handwerker und der beamten sprechen. gute architekten können mit dem stift denken und relativ gut abstrahieren. architekten lieben das zitat und übernehmen hemmungslos gute ideen von anderen.
und: manchmal sind bauingenieure die besseren architekten, weil sie in der lage sind, technische konzepte geradliniger und konsequenter umzusetzen. manchmal ist es aber auch umgekehrt und architekten können die distanz zur technik nutzen und über den tellerrand des technisch möglichen hinausschauen und strategisch und langfristig denken, ohne die rahmenbedingungen oder die welt aus den augen zu verlieren. oder, um mal ein ziemlich gewagtes analogie aufzustellen: bill gates ist ein bauingenieur, steve jobs ist ein architekt.
diese analogie die ben_ in meinen kopf gezerrt hat, gibt glaub ich noch so einiges an fragen her.
abgesehen davon, dass die überschrift natürlich ein, zwei ticken übertreibt, bringt die ganze materie doch eine gewisse kompliziertheit mit sich. der autor sebastian fischer gesteht das auch unumwunden ein, indem er eine der klassischen phrasen nutzt, mit der autoren einerseits ihre kapitulation vor der komplexität der materie kennzeichnen und andererseits ihren unwillen zur weiteren auseinandersetzung mit dem thema kennzeichnen. zitat: „Ein Meinungsumschwung? Unklar.“
ich versuche mich zumindest stets davor zu hüten bei dingen wie aussenhandel, aussenpolitik, waffenhandel, krieg und frieden und themen wie nordafrika und nahost in schwarz/weiss-denke und moralische überlegenheitsrhetorik zu verfallen, musste bei diesem absatz doch ein bisschen kichern:
Schon im letzten Winter gingen im bayerischen Manching 2000 Beschäftigte der EADS-Rüstungssparte Cassidian ("Eurofighter") auf die Straße, um gegen die geplanten Kürzungen im Wehretat zu protestieren. Die IG Metall warnte vor dem Verlust Tausender Jobs. Ansonsten ruft die Gewerkschaft natürlich prominent zu den Ostermärschen auf: "Frieden schaffen ohne Waffen" und "Abrüstung jetzt!", hieß es etwa in diesem Jahr beim DGB. [quelle]
gestern bin ix auf einer veranstaltung der friedrich ebert stiftung gewesen. ich fands schrecklich. ausufernd, ein moderator der zwar gerne den SPD-vorsitzenden lobhuddelte, dem die veranstaltung aber total entglitt, podiumsteilnehmer die fragen mehr oder weniger ignorieren und stattdessen lieber erzählen was sie so erlebt haben, was jetzt gar nicht mal so uninteressant war, aber auch eher langatmig — und anstrengend. ungebremste euphorie ist über mehr zwei stunden doch ein bisschen anstrengend.
am interessantesten fand ich beinahe, wie sich die im publikum verteilten sicherheitsbeamten stündlich oder halbstündlich mit einem schulterklopfer ablösten. wen auch immer sie beschützen sollten. frisch waren sie immer.
[nachtrag 12.06.2011]
teresa bücker hat für spd.de die veranstaltung zusammengefasst. die zusammenfassung passt, auch wenn sie ein paar kleine aber entscheidende ungenauigkeiten enthält:
die schweigeminute fand nicht „zu Beginn der Veranstaltung“ statt, sondern ungefähr eine stunde nach dem beginn der veranstaltung.
der initiator der schweigeminute, der schauspieler ahmed el sayed, wollte nicht den getöteten „protestanten“ gedenken, sondern, laut simultandolmetscher, den „märtyrern der revolution“.
abgesehen davon war die minute maximal 30 sekunden lang.
eine 2:43h lange aufzeichnung der veranstaltung gibts auch bei youtube.
auf meiner einkaufsliste für den nächsten ikea-besuch: ein cholesterinspiegel.
vorgestern hab ich „durch die nacht mit rolf eden und rosa von praunheim“ angeguckt. das kann man noch, glaube ich, bis zum 24. mai sehen.
ich fand die sendung bemerkenswert. zwei kotzbrocken, bzw. leute die ich bisher für solche hielt, die man plötzlich vor lauter aufrichtigkeit und authentizität fast sympathisch fand. rosa von praunheim neigt ja durchaus dazu, fragen zu stellen, die sein gegenüber als aggressiv oder intimidierend empfinden könnte (magst du es geblasen zu werden? hast du schonmal mit einem mann geschlafen? befriedigst du auch gerne mit dem mund? bist du alkoholiker?). nicht so rolf eden. der wunderte sich noch nichtmal über die zudringlichen fragen. zugegeben, seine antworten entsprachen nicht immer meinem weltbild, aber wie offen, ehrlich und direkt er alle von praunheims fragen beantwortete, ohne sich auch nur im gerinsten intimidiert zu fühlen, das war schon beeindruckend.
am ende des abends bei dem ihn praunheim unter ständiger kamerabeobachtung mit unangenehmen fragen bomardierte, in einen laden mit anstrengenden und aufdringlichen transen und nicht sonderlich appetitlichen essen schleppte, sagte rolf eden dann, als er allein im auto sass: „das war ein schöner abend.“ der mann ist genügsam. und die sendung ist sehenswert.
o2 hat heute an den zugangsdaten für o2-dsl-festnetzkunden rumgeschraubt. zuhause funktionierte deshalb den ganzen tag das telefon nicht. die änderung betraf nur kunden die ihre DSL-box und ihre VOIP-einstellungen selber konfiguriert haben. die o2-gebrandeten geräte, zogen sich die neuen daten wohl von alleine von konfigurationsserver. ich habe meine fritz-box gerne unter meiner kontrolle und nicht unter der von o2, deshalb hab ich meine box selbst konfiguriert. o2 verbietet das in seinen AGBs, sagte mir der mann an der hotline, den ich zum ersten mal nach 40 minuten wartezeit (mittwoch 21 uhr) am telefon hatte und nachdem mein o2-handy selbsttätig aufgelegt hatte nach weiteren 30 minuten erneut sprach. trotzdem würde er mir ein paar tipps geben und die konfiguration der fritzbox mit mir abgleichen.
der trick war den VOIP-benutzernamen RETCSxxxxxxxx um den zusatz @sip.o2online.de zu erweitern. das klappte nicht auf anhieb, weil ich mich mit einer hand tippend verschroben hatte. nachdem ich mit dem o2-hotliner noch (erfolglos) eine weitere konfigurationsänderung durchgeführt hatte, verabschiedete er sich und sagte mir, er könne mir dann nicht helfen, ich solle mich schriftlich an o2 wenden.
ich hab das telefon dann mit dem hotline-tipp wieder in gang gebracht, aber diese entschiedenheit mit der er das gespräch beendete fand ich einerseit ein bisschen unfreundlich, andererseits auch ziemlich beeindruckend. bei o2 an der hotline weiss man, wann man aufhören muss.
der beste mögliche kommentar zum kauf von skype durch microsoft. abgesehen davon, ist doch deutlich zu spüren, dass die new-new-economy-blase mittlerweile doch bedrohlich anschwillt.
die frage „wer sagt, dass alles immer im rahmen bleiben muss?“ ist falsch. sie müsste eigentlich lauten, „wer sagt, dass alles immer im gleichen rahmen bleiben muss?“ warum nicht mal nen anderen rahmen benutzen?