hihi, hab ich doch was verpasst, heute auf der re:publica. aber ich war auf einer anderen hochzeit. isabo auch kurz. ausserdem heute gelernt, dass ich für „schnoddrige kommentare“ bekannt bin und wenn ich auf einem barhocker sitze und blogs lese etwas „einsam“ wirke. man lernt nie aus.
oder wie thomas knüwer felix schwenzel lang macht.
[langsam gewöhn ich mich dran bei vorträgen doof dazustehen, die worte nicht zu finden, rumzustammeln. ja, ich finde sogar langsam gefallen daran. dieses wohlige, warme gefühl im gesicht, beim scheitern und die grenzen des publikums (unfreiwillig) auszuloten. immerhin, einem (äh, zweien, ups, dreien, vieren) hats irgendwie gefallen. und man kann es, wenn man will, auch so sehen, dass ich mich ausschliesslich zum affen machte, um sascha lobo in einem besseren licht dastehen zu lassen. ich sehe es eher so, dass sascha lobo meinen arsch gerettet hat und eigentlich eh nur darauf aus ist in mehr kontexten mit mir genannt zu werden. und dafür bin ix ihm tatsächlich dankbar. der beifahrerin bin ich übrigens auch zu tiefstem dank verpflichtet: die guten gags, bzw. bildunterschriften waren von ihr.]
[nachtrag: eben noch einen ausschnitt gefunden, der aus einer unfassbar peinlichen, ca. 15 minuten (gefühlt 18 minuten) langen „technischen panne“ bestand, die im wesentlichender ein versuch war, die verfickte powerpointpräsentation auf die leinwand zu zaubern. gefunden bei den medienschlampen. ausserdem zwei bilder vom stöpseln: 1 und 2.]
seit 11 uhr bin ich auf der re:publica. als erstes habe ich mich im erdgeschoss in die „lounge“ gesetzt und bemerkt, dass es ziemlich nervig sein kann mir zuzuhören. aber nicht nur wegen meines geloopten gelabers war ich unfähig mich auf irgendwas zu konzentrieren. ich glaube das ist auch ein bisschen das motto hier auf der re:publica: konzentrierte, multiparallele unkonzentration.
ständig auf achse; „hallo“ sagen, dort bei einem podcast mitmachen (vier nasen minus eine plus zwei), schnell in einen vortrag reinhören (ppt gibts hier, dabei gelernt: das blogdings ist weiblich, die top100 männlich, ix bin kein standard) und ständig gebannt auf die sms-zwischenruf-wand gucken, essen, pinkeln, bloggen, chatten, twittern, plaudern, noch mehr vorträge hören.
bei mir bricht ausserdem ständig panik aus weil meine handy- und laptop-akkus sich leeren und ich keine steckdosen finde, weil ix fürchte dass meine veranstaltung morgen peinlich, langweilig, zu leer oder zu voll wird. das ständige blogs-checken und auf die sms-zwischenruf-wand gucken müssen (und darüber schreiben) leert meine konzentrationsakkus. weitere paniken: was zu verpassen, in gesprächen oder beim bloggen von hier nicht witzig zu sein, panik etwas falsch zu schreiben (ganz neues gefühl, aber die alleschecker ziehen jetzt ganz neue saiten auf), panik unvorteilhaft von einer der 600 kameras fotografiert oder aufgenommen zu werden. ich glaube ich sollte mich entspannen oder meine aufnahmetaste deaktivieren.
kaum schalte ich hier dieses adical-banner, hab ich schon die von lobo prophezeiten 2000 besucher am tag hier. langsam macht dieser lobo mir angst.
stefan niggemeier war im ntv. und ix habs fotografiert:
niggemeier und sein bildblog sind auch nicht besser als die bildzeitung!
in chats und foren sind doch nur leute, die im echten leben keine freunde haben!
immerhin traut sich merkel an sms und podcasts heran!
das internet ist voller profilneurotiker und geltungssüchtigen.
ix habe mir gestern die vorpremiere von 300 angeschaut. es war unerträglich. das schlimme ist nichtmal das machohafte rumgehampel und die völlig überzogen und pitoresk dargestellte gewalt, auch nicht dass viele darsteller zwar pokenimpfungsnarben aber niemand körperhaare hatte oder dass man im alten sparta offenbar zu 50 prozent in zeitlupe lebte und fickte — was den film wirklich unerträglich machte war die ständige verherrlichung und ästhetisierung des krieges, des heldentums. die botschaft: für eine gute sache sterben lohnt sich immer. und diese botschaft wird einem auf enorm unsubtile art und weise anderthalb stunden eingehämmert. das ist unfassbar lanweilig und ist zwar nicht so bildgewaltig aber dafür regelmässig auch auf sat1 zu sehen: j.a.g. heisst die werbeveranstaltung für die armee im fernsehen.
apropos werbeveranstaltung; in der anzeigenbeilage „ticket“ des tagesspiegel fasst ein hübscher tippfehler von sebastian handke den film zusammen (hervorhebung von mir):
Das Ergebnis ist ein hyperrealistisches Schlachtgetümmel ohne Sinn undVersand.
in der vanity fair sagt frank miller, der schöpfer der comic version: „Die Gewalt in meinen Comics ist immer moralisch begründet und niemals purer Selbstzweck.“ und genau in dieser ecke ist eins der probleme die ich mit dem film habe: die „moralische begründung“ ist völliger schwachsinn, wirkt wie ein alibi. da ist mir auf den ersten blick unsinniges metzeln im kino lieber. ulrich lössl, der autor des vanity fair artikels schiebt noch hinterher: „ 300“ ist einfach lupenreines Popcorn-Entertainment. Etwa so, als hätten sich Leni Riefenstahl, Quentin Tarantino und Baz Luhr-mann dazu entschlossen, »Das dreckige Dutzend« der Antike zu verfilmen.“ ich würde sagen, der film wirk wie ein machwerk von leni riefenstahl, ed wood und wolfgang schäuble.
ben sagt 300 sei ein „Film gewordenen Ego-Shooter“. ausserdem verweist er auf
wikipedia: „Auch in der Neuzeit wurde die Thermopylenschlacht immer wieder als Beispiel für einen heroischen Opfertod in Anspruch genommen. So zog Hermann Göring Ende Januar 1943 einen Vergleich zur noch andauernden Schlacht von Stalingrad, um damit die mörderischen Befehle Hitlers zum Kampf ohne Kapitulation ideologisch und historisch zu legitimieren.“
die frage lautet: „Geht’s Ihnen eigentlich auch so, dass, wenn Sie an den Thomas-Quasthoff-Plakaten vorbeigehen, denken, ach, der …“ (frage weiterlesen)
sagt der verfassungsschutz, sagt oliver gehrs. der stern sagt: „kein kommentar“. ix sage, für 18.000 euro liesse ich mich sogar von peter turi interviewen.
wer einfach nur in ruhe lesen möchte, kann sich auch ohne stuhldrang in der toilette auf den geschlossenen klodeckel setzen. junge menschen können so auch lernen, dass lesen nicht unbedingt von üblen gerüchen begleitet sein muss.
ariadne von schirach ist 29 jahre alt, sieht aus und redet wie eine 22 jährige, unter anderem von „jungen menschen“ und pornografie. ich weiss nicht, ich fand dieses video (mov, 46MB) ziemlich unerträglich. man sieht zwar euphorie und ehrliche begeisterung über die eigenen entdeckungen und beobachtungen und schlussfolgerungen, aber nicht die spur eines zweifelns oder die spur einer offenen frage. als ob alle fragen geklärt seien und nur noch erklärt werden müssten.
die locker-flockige anmoderation von daniela krien kann man glücklicherweise überspringen, ihren vor pathos tropfenden teaser-text zum interview in dem sie sich noch altklüger jungklüger als von schirach gibt, kann man auch getrost überspringen:
Und auch typische Jugendwörter wie “hip”, “cool”, “geil” scheinen mir einer studierten Philosophin nicht angemessen zu sein, zumal sie es nicht nötig hätte. Denn das Buch steckt voller scharfsichtiger Beobachtungen und kluger Thesen und am Ende, im letzten Kapitel, gibt es einen Ausblick voller Hoffnung, den einzigen Ausweg aus der pornographisierten Welt gleichzeitig: die Liebe.
nur kriens schlusswort lässt hoffen: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“
nur — um das zu erkennen, brauch ich weder von schirach noch krien angucken oder zu lesen.
hab ich schonmal erwähnt, dass ich die taz blogs fast alle mit grossem vergnügen lese? heute gabs beim reptilienfonds eine besonders gelungene überschrift: „Die neuen NPD-Plakate sind da!“
daniel erk hat sich heute ganz zauberhaft vertippt (und korrigiert):
Drei grimmeprämierte Blogger im Netzwerk, eine handvoll Lead Award-Auszeichnungen und die Fähigkeit, sich in Pressemitteilungen in der üblichen Form selbst zu überhöhen, unterstreichen den Qualitätsanspruch von adical.
[disclaimer: ich mach bei adical mit und habe schonmal in sascha lobos gegenwart gefurzt]