au­to­ma­ti­sie­rung ist kom­pli­ziert

felix schwenzel in notiert

als mei­ne ob­ses­si­on mit der woh­nungs­au­to­ma­ti­sie­rung an­fing, war der grund­ge­dan­ke ei­gent­lich ganz sim­pel: ein paar steck­do­sen per wlan ein und aus­schal­ten und die­se schal­ter in der home-app mei­nes te­le­fons ab­bil­den. kurz nach­dem ich das ei­ni­ger­mas­sen zu­ver­läs­sig zum lau­fen ge­bracht hat­te, bro­del­ten neue be­gehr­lich­kei­ten in mir. ich woll­te ste­cker und (vor­han­de­ne) lich­ter ger­ne (ein biss­chen) au­to­ma­ti­sie­ren, op­ti­ma­ler­wei­se mit ei­nem be­we­gungs­mel­der. ein pro­blem da­bei: die home-app wei­ger­te sich, mir bei die­sem vor­ha­ben zur sei­te zu ste­hen.

für au­to­ma­ti­sie­rung, meint ap­ple, soll­te ich mir ein neu­es ap­ple tv kau­fen — oder ein ipad, das aber dann op­ti­ma­ler­wei­se im­mer zu­hau­se lie­gen sol­le. die op­ti­on, so­was mit der von ap­ple seit vie­len jah­ren stief­mütt­ler­lich be­hand­le­ten os-x-ser­ver-soft­ware, die auch auf un­se­rem mac-mini läuft, ist of­fen­bar nicht vor­ge­se­hen.

mitt­ler­wei­le ver­ste­he ich in an­sät­zen war­um das so ist. au­to­ma­ti­sie­rung ist kom­pli­ziert — und zwar auf meh­re­ren ebe­nen. der wich­tigs­te punkt: um ei­ni­ger­mas­sen wirk­sam zu sein, müs­sen au­to­ma­ti­sie­run­gen fle­xi­bel und kom­plex sein. das habe ich beim an sich ein­fa­chen vor­ha­ben ei­nes au­to­ma­ti­schen lichts im flur be­merkt. ei­gent­lich ein­fach: mel­det ein be­we­gungs­mel­der be­we­gung, schal­te das licht ein. op­ti­ma­ler­wei­se nur wenn es dun­kel ist oder kei­ne an­de­ren lich­ter bren­nen. aus­ser­dem soll­te das licht nicht aus­ge­hen, so­lan­ge be­we­gung im flur de­tek­tiert wird. da­mit ist man aber schon bei po­ten­zi­ell 2-3 pa­ra­me­tern: dem sta­tus vor­han­de­ner lich­ter, hel­lig­keit (ta­ges­zeit oder son­nen­stand) und zeit (ak­ti­vie­rungs­zeit­raum, der bei be­we­gung ver­län­gert wird). man kann die kom­ple­xi­tät aber be­lie­big in die höhe schrau­ben: was ist wenn nie­mand zu­hau­se ist und der be­we­gungs­mel­der aus­schlägt? soll­te das licht nachts we­ni­ger hell leuch­ten und zwi­schen mit­ter­nacht und 6 uhr mor­gens viel­leicht auch gleich das bad­licht mit ein­schal­ten? soll­te es für das put­zen eine son­der­schal­tung ge­ben, die hel­ler leuch­tet und das licht nicht stän­dig au­to­ma­tisch aus­schal­tet? soll­te das flur­licht nicht schon an­ge­hen, wenn ich nach­hau­se kom­me und vor der tür ste­he?

noch kom­pli­zier­ter wur­de es im wohn­zim­mer, in dem ich ei­nen selbst­ge­bau­ten be­we­gungs­mel­der in­stal­lier­te, vor al­lem um das nacht­licht­pro­blem zu lö­sen: wenn ich nachts aufs klo ge­hen muss, hät­te ich ger­ne ein (biss­chen) licht für den weg durchs wohn­zim­mer. nicht zu viel, nur ein biss­chen ge­dimm­tes licht. ei­gent­lich ein­fach: wenn das wohn­zim­mer dun­kel ist und die son­ne un­ter­ge­gan­gen ist (und nur dann) schal­te die steh­lam­pe mit der hue-bir­ne nach de­tek­tier­ter be­we­gung für 5 mi­nu­ten auf 20% hel­lig­keit. mit dem ho­me­as­sistant sind das stol­ze 24 zei­len code und zwei mit­ein­an­der ver­schach­tel­te scrip­te:

das er­geb­nis war für mich (ei­gent­lich) sehr be­frie­di­gend: nachts, wenn ich die tür zum wohn­zim­mer auf­ma­che, geht ein ge­dimm­ter licht­kor­ri­dor vom wohn­zim­mer ins bad an und nach ein paar mi­nu­ten wie­der aus. jetzt hat­te aber die bei­fah­re­rin das pro­blem, dass ihre steh­lam­pe mor­gens, wenn sie sich ins wohn­zim­mer setz­te, nur ge­dimmt an­ging, wenn sie ihre hue-lam­pen ein­schal­te­te. aus­ser­dem ging die steh­lam­pe mor­gens und abends ge­le­gent­lich nach 5 mi­nu­ten ein­fach aus. also habe ich eine zu­sätz­li­che au­to­ma­ti­on ge­schrie­ben, die mor­gens, kurz nach son­nen­auf­gang, ein­mal bei­de wohn­zim­mer­lich­ter auf 100% hel­lig­keit schal­tet und dann wie­der aus­macht. die­se hel­lig­keit mer­ken sich die hue-lam­pen und die bei­fah­re­rin hat es mor­gens aus­rei­chend hell. das aus­schal­ten lag dar­an, dass ich ein sze­na­rio über­se­hen habe: dass je­mand das dunk­le wohn­zim­mer nach son­nen­un­ter­gang be­tritt und nicht auf dem weg zum klo ist, son­dern im wohn­zim­mer blei­ben will. mei­ne ein­fa­che au­to­ma­ti­sie­rungs­re­gel oben hat das nicht be­dacht, son­dern schal­tet nach be­we­gung, nach son­nen­un­ter­gang die steh­lam­pe kon­se­quent wie­der aus, auch wenn zwi­schen­zeit­lich an­de­re lich­ter ein­ge­schal­tet wur­den. auch das liess sich mit 8 zei­len zu­sätz­li­chem code be­he­ben (bis ein wei­te­res sze­na­rio auf­taucht, dass ich auch über­se­hen habe. was ist zum bei­spiel, wenn wir gäs­te ha­ben, die im wohn­zim­mer schla­fen?):


die heim­au­to­ma­ti­sie­rung ist voll mit sol­chen bei­spie­len, de­ren lö­sung man sich nur lang­sam anäh­ren kann, durch aus­pro­bie­ren, nach­den­ken, be­ob­ach­ten und ler­nen. ent­schei­dend ist al­ler­dings, dass man das ge­lern­te nach wie vor kom­plett ma­nu­ell au­to­ma­ti­sie­ren muss. ent­we­der mit ei­ner vom schwei­ne­teu­ren ap­ple-tv-un­ter­stüt­zen ap­ple lö­sung oder ei­ner open source lö­sung wie home-as­sistant oder fhem, open­hab, domo­tics oder sons­ti­gen. nur ist das er­geb­nis dann eben kein smart home, son­dern ein an­ge­lern­tes heim. je kom­ple­xer man die au­to­ma­tis­e­rung kon­zi­piert, des­to fle­xi­bler wird die steue­rung und des­to mehr wird der ein­druck er­weckt, hier sei smart­ness oder in­tel­li­genz am werk. ist es aber nicht. al­les was smart ho­mes heu­te leis­ten ist ak­ti­on, re­ak­ti­on, kom­mu­ni­ka­ti­on und fern­be­die­nung.

ich stö­re mich ganz of­fen­sicht­lich am be­griff smart home. denn der ist wirk­lich ir­re­füh­rend, aus­ser man in­ter­pre­tiert ihn so, dass man re­leativ smart sein muss, um au­to­ma­ti­sie­run­gen ei­ni­ger­mas­sen be­frie­di­gend zum lau­fen zu be­kom­men.

aus­ser­dem bin ich mir auch noch nicht ganz si­cher, ob ich ein wirk­lich smar­tes, also selbst­ler­nen­des zu­hau­se über­haupt ha­ben möch­te. ei­ner­seits weil an­satz­wei­se ler­nen­de sys­te­me der­zeit, wenn über­haupt, nur über eine clou­dan­bin­dung an­ge­bo­ten wer­den und an­de­rer­seits weil ich aus ei­ge­ner er­fah­rung weiss, wie feh­ler­an­fäl­lig das al­les sein kann und zu wel­chen un­vor­her­ge­se­he­nen er­eig­nis­sen und stö­run­gen be­stimm­te re­geln po­ten­zi­ell füh­ren. selbst hoch­prei­si­ge lö­sun­gen von phil­ips (und nicht etwa nur bil­li­ge chi­ne­si­sche im­port­wa­re) ha­ben feh­ler oder schwach­stel­len ins sys­tem ein­ge­ba­cken, die ver­her­ren­de fol­gen ha­ben könn­ten. von vier fa­brik­neu­en tado-ge­rä­ten, die ich zum tes­ten er­hielt, muss ich mitt­ler­wei­le ge­nau die hälf­te we­gen leich­ter oder schwer­wie­gen­der de­fek­te zu­rück­schi­cken (ne­ben dem de­fek­ten heiz­kör­per­ther­mo­stat, scheint auch die in­ter­net­bridge de­fekt zu sein und spo­ra­disch jede lust auf kom­mu­ni­ka­ti­on zu ver­lie­ren). den home-as­sis­tent und sei­nen ei­gent­lich grund­so­li­den py­thon-code zer­fa­sert es bei je­dem zwei­ten ver­si­ons-up­date. manch­mal schla­gen die be­we­gungs­mel­der auch bei luft­be­we­gung aus. manch­mal geht un­ser flur­lich an statt aus und nicht an, wenn ei­ner von uns den flur be­tritt.

trotz­dem, auch wenn das al­les über­haupt nicht smart ist und stän­dig nach­ge­steu­ert, neu­ge­star­tet oder nach­ge­bes­sert wer­den muss: das macht al­les im­mer noch gros­sen spass. das nächs­te pro­jekt auf das ich mich nach weih­nach­ten freue: ein per wlan steu­er­ba­rer, per but­ton aus­lös­ba­rer oder au­to­ma­ti­sier­ba­rer gong-schlag-me­cha­nis­mus mit ei­nem schritt­mo­tor (grob nach die­sem vor­bild). im rah­men des­sen wer­de ich wohl nicht nur ein biss­chen elek­tro­nik zu­sam­men­flan­schen müs­sen, son­dern auch ent­we­der ein paar tei­le 3D-dru­cken oder CNC-frä­sen müs­sen. da­für habe ich ges­tern test­wei­se mal das hap­py­lab in ber­lin an­ge­schnüf­felt und das sieht al­les sehr viel­ver­spre­chend aus.


noch­mal zu­rück zu ap­ple, de­ren au­to­ma­ti­sie­rungs­lö­sung ich we­gen man­gel an ei­nem neu­en ap­ple-tv oder ipad nicht aus­pro­bie­ren kann. ich ver­mu­te, dass auch die ap­ple lö­sung au­to­ma­ti­sie­rungs­pro­ble­me nur in an­sät­zen be­frie­di­gend löst und kom­ple­xi­tät ein­fach aus­sperrt und de­ren lö­sung ent­we­der an die an­ge­schlos­se­nen ge­rä­te aus­la­gert — oder auf spä­ter ver­schiebt. aber wer die­se nuss, bie­die­nungs­freund­li­che und trotz­dem nicht un­ter­kom­ple­xe oder un­si­che­re heim­au­to­ma­ti­sie­rung, lö­sen kann, der wird sehr, sehr viel geld ver­die­nen. bis da­hin bas­te­le ich fröh­lich wei­ter.