hu­mor­kri­tik

felix schwenzel

als ich klein war hies­sen die­se mit scho­ko­la­de gla­sier­ten din­ger mit stei­fem, süs­sen ei­schaum drin „ne­ger­küs­se“. es gab „ne­ger­kuss­bröt­chen“ und ich habe mich als kind we­der ge­fragt ob das wort „ne­ger­kuss“ je­man­den be­lei­di­gen könn­te oder was in die­sen din­gern ei­gent­lich drin war. ich hab sie ein­fach ge­ges­sen, teil­wei­se in gros­sen men­gen und wenn ich ei­nen ha­ben woll­te hab ich ge­sagt „ich hät­te ger­ne ne­ger­küs­se“. ir­gend­wann spä­ter hies­sen die din­ger dann „dick­manns“ und ich habe mich auch da­mals nicht ge­fragt ob das wort „dick­manns“ ir­gend­je­man­den be­lei­di­gen könn­te und habe die din­ger ein­fach ge­ges­sen. ir­gend­wann kam dann die dis­kus­si­on auf, dass es po­li­tisch nicht kor­rekt sei ne­ger­küs­se so zu nen­nen.

ich konn­te die dis­kus­si­on ir­gend­wie nie so rich­tig ver­ste­hen. wenn ich „ne­ger­kuss“ sag­te, sag­te ich das ja nicht als be­lei­di­gung, son­dern be­zeich­ne­te et­was was ich als sol­ches zu be­nen­nen ge­lernt hat­te. aber ich merk­te auch, dass ich das was ich ge­lernt hat­te und jah­re­lang be­nutzt hat­te nicht so ein­fach um­ben­nen konn­te. das kann auch dar­an lie­gen, dass ich nie je­man­den per­sön­lich traf der sich vom wort „ne­ger­kuss“ be­lei­digt fühl­te, son­dern im­mer nur leu­te die mein­ten an­de­re könn­ten da­von be­lei­digt wer­den. also, teils aus träg­heit, teils aus trotz und teils aus ge­wohn­heit nann­te ich die din­ger wei­ter „ne­ger­kuss“, fand be­stimm­te din­ge wei­ter „ne­ger­tiv“ (sor­ry) und kauf­te wei­ter hin und wie­der scho­ko­la­de von sa­rot­ti mit ei­nem „mohr“ als logo.

bis letz­tes jahr. ich frag­te ir­gend­wann be­vor ich ein­kau­fen ging die bei­fah­re­rin und das kind ob ich „ne­ger­küs­se“ mit­brin­gen sol­le. das kind re­agier­te zu­tiefst und ernst­haft em­pört. das hies­se „scho­ko­kuss“! ich war be­ein­druckt. ernst­haft. seit­dem be­mü­he ich mich ein biss­chen mehr das wort „ne­ger­kuss“ zu ver­mei­den. auch die dis­kus­si­on um den dum­my-ti­tel „ne­ger“ be­trach­te­te ich zu­nächst ein biss­chen ver­ständ­nis­los, ein biss­chen nach dem mot­to seid-mal-nicht-so-ver­krampft. bis mir bov mit ei­nem ein­fa­chen ver­gleich die au­gen öff­ne­te.

was ich ei­gent­lich sa­gen woll­te: ich fin­de das nicht wit­zig. vor al­lem, was soll es be­deu­te­ten? ist oba­ma in­nen drin weiss, weich und kleb­rig? ist „moh­ren­kopf“ eine po­li­ti­sche bot­schaft, so wie es einst der „ber­li­ner“ war, der in ber­lin ja be­kann­ter­mas­sen „pfann­ku­chen“ heisst? viel­leicht ist der witz ja gut und ich be­kom­me sei­ne drei­fach­beu­deu­tung in den fal­schen hals — oder bin ich ir­gend­wie struk­tur­kon­ser­va­tiv und ver­tre­te un­be­wusst die the­se, mit es­sen spie­le scher­ze man nicht? ich gebe zu, ich spie­le hin und wie­der auch mit dem feu­er, wenn ich wit­ze wie den von stevie won­der er­zäh­le, der ein­mal ge­fragt wor­den sein soll, ob er es schlimm fän­de blind zu sein und ge­ant­wor­tet ha­ben soll, das stö­re ihn nicht, so­lan­ge er kein „ne­ger“ sei. ich fand es frü­her auch im­mer wit­zig das wort „fot­ze“ im all­tag zu be­nut­zen, seit po­cher und schmidt das ma­chen geht das aber ir­gend­wie nicht mehr. wit­ze die von pro­le­ten, po­cher oder der „bild“-zei­tung ge­macht wer­den, sind ver­brannt, nicht mehr be­nutz­bar. ge­nau­so wie wit­ze die sich ver­meint­lich ein­fach so er­ge­ben, auf der hand lie­gen. ih­nen fehlt die raf­fi­nes­se und das über­ra­schungs­mo­ment. sie­he hier.