man­gel als ge­schäfts­idee

felix schwenzel in artikel

ti­mo­theus hött­ges, vor­stands­vor­sit­zen­der deut­sche te­le­kom, in ei­ner pres­se­mit­tei­lung zur netz­neu­tra­li­tät (via):

Geg­ner von Spe­zi­al­diens­ten be­haup­ten, klei­ne An­bie­ter könn­ten sich die­se nicht leis­ten. Das Ge­gen­teil ist rich­tig: Ge­ra­de Start-Ups brau­chen Spe­zi­al­diens­te, um mit den gro­ßen In­ter­net­an­bie­tern über­haupt mit­hal­ten zu kön­nen. Goog­le und Co. kön­nen sich welt­wei­te Ser­ver­parks leis­ten, da­mit die In­hal­te nä­her zu den Kun­den brin­gen und die Qua­li­tät ih­rer Diens­te so ver­bes­sern. Das kön­nen sich Klei­ne nicht leis­ten. Wol­len sie Diens­te auf den Markt brin­gen, bei de­nen eine gute Über­tra­gungs­qua­li­tät ga­ran­tiert sein muss, brau­chen ge­ra­de sie Spe­zi­al­diens­te. Nach un­se­ren Vor­stel­lun­gen be­zah­len sie da­für im Rah­men ei­ner Um­satz­be­tei­li­gung von ein paar Pro­zent. Das wäre ein fai­rer Bei­trag für die Nut­zung der In­fra­struk­tur. Und es sorgt für mehr Wett­be­werb im Netz.

till fai­da, ge­schäfts­füh­rer der eyeo gmbh, in ei­nem in­ter­view über die zie­le sei­nes pro­dukts ad­block plus:

Wir ha­ben sehr gute und er­folg­rei­che Ideen, wie On­line-Wer­bung bes­ser und nach­hal­ti­ger wer­den kann. Das kön­nen wir al­ler­dings nicht al­lei­ne um­set­zen, weil wir selbst kei­ne Wer­bung ge­stal­ten, su­chen da­her nach Part­nern, um mit ih­nen an der Zu­kunft der On­line-Wer­bung zu ar­bei­ten. Dazu zählt je­der Ver­mark­ter, je­des Wer­be­netz­werk, gro­ße Pu­blisher und je­der Markt­teil­neh­mer, der die Mög­lich­keit hat, Wer­be­for­men zu be­stim­men und an neu­en und al­te­na­ti­ven Pro­duk­ten zu ar­bei­ten.

er­staun­lich wie ähn­lich bei­de aus­sa­gen klin­gen. man könn­te den ein­druck ge­win­nen, fai­da und hött­ges ar­bei­te­ten für hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen oder be­ra­tungs­un­ter­neh­men, der eine für ver­la­ge, der an­de­re für „start­ups“.

über die aus­sa­gen von fai­da sagt ur­su­la scheer in der faz:

Ma­fia­me­tho­den? We­ge­la­ge­rei? […] Wie an­ders soll man das Ge­schäfts­mo­dell sei­ner Fir­ma Eyeo be­schrei­ben?

Fai­da wür­de nie­mals von Er­pres­sung spre­chen. Er nennt es „Zu­sam­men­ar­beit mit Part­nern“ und for­mu­liert Sät­ze wie: „Wir schaf­fen Lö­sun­gen für Pu­blisher.“ Lö­sun­gen für ein Pro­blem al­ler­dings, das Eyeo selbst mit sei­nem Pro­dukt al­lein zu dem Zweck schafft, um es für zah­len­de Kun­den wie­der aus der Welt zu räu­men.

über die such­funk­ti­on der faz fin­det man die wor­te „ma­fia­me­tho­den“, „we­ge­la­ge­rei“ oder „er­pres­sung“ im zu­sam­men­hang mit der te­le­kom in der faz nicht. da­bei liegt die as­so­zia­ti­on nicht weit ent­fernt:

„Schö­nes Start-up ha­ben Sie da. Wäre doch scha­de, wenn da mal eine Ver­bin­dung wa­ckeln oder ab­bre­chen wür­de“ twit­ter.com/ovoss/sta­tus/6…

Ma­thi­as Schind­ler (@pres­roi29.10.2015 9:48

EU-Par­la­ment stimmt ge­gen Netz­neu­tra­li­tät bit.ly/1ND3r87 via @netz­po­li­tik pic.twit­ter.com/mfIsb4AiMk

Sven (@in­sel­b­log29.10.2015 19:15

die grund­sätz­li­che ge­schäfts­idee hin­ter ad­blo­cker-ge­schäft von eyeo und dem in­ter­net-zu­gangs­ge­schäft der te­le­kom äh­nelt sich er­staun­lich. ei­gent­lich steckt da­hin­ter eine ur­alte idee: ak­tiv die ver­knap­pung von re­sour­cen vor­an­trei­ben und die knapp ge­wor­de­nen re­sour­cen für gu­tes geld an re­sour­cen-ab­hän­gi­ge ver­kau­fen.

eyeo li­mi­tiert die aus­lie­fe­rung von an­zei­gen sehr er­folg­reich, so er­folg­reich, dass es sich für die durch­lei­tung von „ak­zep­ta­blen“ an­zei­gen sehr gut be­zah­len las­sen kann.

die te­le­kom (und mehr oder we­ni­ger alle deut­schen te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bie­ter) li­mi­tie­ren und ver­teu­ern den in­ter­net­zu­gang seit jah­ren so er­folg­reich, dass deutsch­land ne­ben un­garn of­fi­zi­ell das teu­ers­te mo­bi­le in­ter­net in eu­ro­pa hat und man sich jetzt, mit ge­setz­li­cher flan­kie­rung, für die „un­ge­stör­te“ durch­lei­tung von in­hal­ten be­zah­len las­sen kann.

wo­bei die te­le­kom die­ses prin­zip nicht nur ge­gen­über kun­den prak­ti­ziert, son­dern das auch schon län­ger ge­gen­über ih­ren „part­nern“ aus der wirt­schaft durch­zu­set­zen pro­biert. so teaser­te go­lem vor über zwei jah­ren:

Wenn Un­ter­neh­men wie Goo­gles You­tube an die Deut­sche Te­le­kom zah­len, wür­de ihr An­ge­bot „nicht das Da­ten­vo­lu­men der Nut­zer ver­brau­chen“ und sei nicht von der Dros­se­lung be­trof­fen, sagt die Te­le­kom.

fürs in­ter­net sol­len alle zah­len, die kun­den an den end­ge­rä­ten, die gros­sen platt­for­men, klei­ne start­ups und na­tür­lich sol­len auch steu­er­gel­der in den breit­band­aus­bau flies­sen.

ma­gel schaf­fen und dann kas­sie­ren, das scheint das grund­prin­zip er­folg­rei­chen wirt­schaf­tens im in­no­va­ti­ons­mü­den deutsch­land zu sein.


wo­bei der be­griff der er­pres­sung mitt­ler­wei­le in der wirt­schafts­be­richt­erstattng in­fla­tio­när be­nutzt wird. ver­la­ge be­kla­gen sich, dass ama­zon sie er­pres­se, ge­werk­schaf­ten, bzw. jour­na­li­sen­ver­bän­de be­kla­gen sich, dass ver­la­ge ihre frei­en au­toren er­pres­sen, die ver­le­ger füh­len sich von goog­le er­presst, wirt­schaft­lich stär­ke­re län­der er­pres­sen schwä­che­re län­der ge­wohn­heits­mäs­sig (oder um­ge­kehrt), mit TTIP an­geb­lich bald noch ef­fek­ti­ver. über­all er­pres­sung? oder be­deu­tet der be­griff ein­fach nur „har­te ver­hand­lun­gen“? oder rück­sichts­lo­sig­keit?