bestiarium: zentaur

eine rede von cory doc­to­row an der uni­ver­si­ty of wa­shing­ton in der er ver­sucht zu er­klä­ren was wir tun kön­nen, um die AI bubble zum plat­zen zu brin­gen. spoi­ler:

To pop the bubble, we have to ham­mer on the forces that crea­ted the bubble: the myth that AI can do your job, espe­ci­al­ly if you get high wa­ges that your boss can claw back; the un­der­stan­ding that growth com­pa­nies need a suc­ces­si­on of ever-more-out­lan­dish bubbles to stay ali­ve; the fact that workers and the pu­blic they ser­ve are on one side of this fight, and bos­ses and their in­ves­tors are on the other side.

cory doc­to­row lei­tet das al­les sehr schön her, gibt sich mühe alle zu er­klä­ren, wes­halb es sich dop­pelt lohnt die rede nach­zu­le­sen. liest sich ab­ge­se­hen da­von auch sehr an­ge­nehm, weil er nicht pau­schal ge­gen KI häm­mert, son­dern sehr über­zeu­gend dif­fe­ren­ziert. die es­senz, war­um KI un­se­re jobs nicht über­neh­men kann:

The AI can't do your job, but an AI sa­les­man can con­vin­ce your boss to fire you and re­place you with an AI that can't do your job.

ein wei­te­rer teil sei­ner her­lei­tung ist die sa­che mit den cen­tau­ren:

In au­to­ma­ti­on theo­ry, a "cen­taur" is a per­son who is as­sis­ted by a ma­chi­ne. You'­re a hu­man head be­ing car­ri­ed around on a ti­re­less ro­bot body. Dri­ving a car makes you a cen­taur, and so does using au­to­com­ple­te.

And ob­vious­ly, a re­ver­se cen­taur is ma­chi­ne head on a hu­man body, a per­son who is ser­ving as a squis­hy meat ap­pen­da­ge for an un­ca­ring ma­chi­ne.

als zen­taur kann man theo­re­tisch und prak­tisch bes­se­re er­geb­nis­se er­rei­chen als mit AI al­lein. aber ge­nau das ist eben nicht der in­halt der der­zei­ti­gen ai bubble.

The pro­mi­se of AI – the pro­mi­se AI com­pa­nies make to in­ves­tors – is that the­re will be AIs that can do your job, and when your boss fires you and re­places you with AI, he will keep half of your sala­ry for hims­elf, and give the other half to the AI com­pa­ny.

Tha­t's it.

Tha­t's the $13T growth sto­ry that Mor­ganSt­an­ley is tel­ling. It's why big in­ves­tors and in­sti­tu­tio­nals are gi­ving AI com­pa­nies hundreds of bil­li­ons of dol­lars.

der an­de­re schlüs­sel, das ver­ständ­nis da­für, das auf das wachs­tum aus­ge­rich­te­te un­ter­neh­men bla­sen, bubbles pro­du­zie­ren müs­sen war mir schon klar, aber erst dem le­sen von doc­to­rows rede noch kla­rer:

This is the pa­ra­dox of the growth stock. While you are gro­wing to do­mi­na­ti­on, the mar­ket loves you, but once you achie­ve do­mi­nan­ce, the mar­ket lops 75% or more off your va­lue in a sin­gle stro­ke if they don't trust your pri­cing power.

Which is why growth stock com­pa­nies are al­ways de­spe­ra­te­ly pum­ping up one bubble or an­o­ther, spen­ding bil­li­ons to hype the pi­vot to vi­deo, or cryp­to­cur­ren­cy, or NFTs, or Me­ta­ver­se, or AI.

aber wie ge­sagt; lie­ber selbst le­sen als mei­ne plump ex­tra­hier­ten sound­bi­tes.

auch das war von an­fang an klar, der gan­ze me­ta­ver­se-blöd­sinn war ein ver­such von mark zu­cker­berg sei­nen in­ves­to­ren ei­nen wachs­tums­bä­ren auf­zu­bin­den. lei­der war das me­ta­ver­se-ge­döns zu lang­wei­lig, um ir­gend­wen hin­ter dem ofen her­vor zu lo­cken.

umso wit­zi­ger, jetzt, ein paar jah­re spä­ter, noch­mal zu le­sen, was mark zu­cker­berg da­mals schrieb:

But all of our pro­ducts, in­clu­ding our apps, now share a new vi­si­on: to help bring the me­ta­ver­se to life. And now we have a name that re­flects the breadth of what we do.

From now on, we will be me­ta­ver­se-first, not Face­book-first. That me­ans that over time you won’t need a Face­book ac­count to use our other ser­vices. As our new brand starts show­ing up in our pro­ducts, I hope peo­p­le around the world come to know the Meta brand and the fu­ture we stand for.

aber „from now on“ wer­den erst­mal 10 bis 30 pro­zent der an­ge­stell­ten der meta me­ta­ver­se-ab­tei­lung ent­las­sen.

ein vi­deo der cor­ri­dor crew über „er­zwun­ge­ne per­spek­ti­ve“, die sie für ei­nen der bes­ten spe­zi­al-ef­fek­te der film­ge­schich­te hal­ten. teil­wei­se ist die bei­geis­te­rung der cor­ri­dor crew an­ste­ckend, teil­wei­se ist das wie­der et­was an­stren­gend.

mir fiel aber im lau­fe des vi­de­os mal wie­der auf, wie wich­tig es ist, al­les was man weiss zu tei­len. zu zei­gen, zu er­klä­ren wie man es macht — und zwar mit sorg­falt und eu­pho­rie. das ist war­um das prin­zip der sen­dung mit der maus der bes­te bil­dungs­mo­tor ist, der in deutsch­land je­mals er­fun­den wur­de. das ist, war­um ich you­tube lie­be. das ist war­um ich die zau­ber­bü­cher von penn und tel­ler als kind lieb­te und ihre sen­dun­gen als al­ter mann lie­be. an­de­ren zu zei­gen wie man zau­bert, ent­zau­bert die zau­be­rei nicht, son­dern hat nach­wuchs­zau­be­rer zur fol­ge, weckt neu­gier, öff­net per­spek­ti­ven.

je­den­falls kann man hier der cor­ri­dor crew da­bei zu­se­hen, wie sie den an­geb­lich gröss­ten ka­me­ra-ef­fekt al­ler zei­ten nach­bau­en.

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seth go­din er­klärt car­ria­ge, oder wie ich es über­set­zen wür­de zu­gang. er emp­fiehlt net­flix nach der fu­si­on mit war­ner brot­hers, sich ein paar schei­ben von you­tube ab­zu­schnei­den:

The so­lu­ti­on, one that Net­flix would pro­ba­b­ly be­ne­fit from, is to of­fer to ad­opt more of a You­Tube ap­proach to car­ria­ge–al­low an­yo­ne who pro­du­ces vi­deo con­tent to show it on Net­flix. Pay them ba­sed on views. As we’ve seen with You­Tube, crea­tors don’t mind if the­re’s just one place to be seen, as long as car­ria­ge is available fair­ly.

zu­gang zum pu­bli­kum war in der ge­schich­te sel­ten fair oder kos­ten­los. und auch wenn you­tube ei­nem mega-un­ter­neh­men ge­hört, dem man äus­serst vor­sich­tig und kri­tisch ge­gen­über­ste­hen soll­te, öff­net you­tube uns al­len, theo­re­tisch, un­ge­ahn­te zu­gangs-po­ten­zia­le. die hoff­nung so­et­was fö­de­riert ab­bil­den zu kön­nen wür­de ich (noch) nicht als ge­sch­ei­tert an­se­hen, aber doch als ein ni­schen­phä­no­men. ich hab nichts ge­gen ni­schen und lebe ger­ne in ni­schen, aber vor dem mas­sen­pu­bli­kum sit­zen im­mer ir­gend­wel­che gate­kee­per. und die, die im mo­ment dort sit­zen, sind zu­min­dest ak­tu­ell we­ni­ger er­starrt, als die, die bis­her dort sas­sen.

ben thomp­son sagt im prin­zip das glei­che wie seth go­din, nur mit sehr viel mehr wor­ten und an­de­ren schwer­punk­ten. eine in­ter­es­san­te be­ob­ach­tung von ben thomp­son: net­flix kann den wert von in­hal­ten er­hö­hen, durch sei­nen (hart er­ar­bei­te­ten) zu­gang zu ei­nem glo­ba­len pu­bli­kum. so hat net­flix li­ber­ty me­dia die for­mel 1 in den USA ver­gol­det, mit dem irre er­folg­rei­chen „For­mu­la 1: Dri­ve to Sur­vi­ve“. 2018 hat li­ber­ty me­dia die au­strah­lungs­rech­te noch ver­schenkt, jetzt wur­den sie an ap­ple ver­kauft, für jähr­lich 150 mil­lio­nen dol­lar pro jahr.

In fact, this is the most iro­nic capst­one to Net­flix’s rise and the mis­gui­ded cha­se by stu­di­os see­king to re­pli­ca­te their suc­cess: the lat­ter thought that con­tent mat­te­red most, but in truth gre­at con­tent — and again, KPop De­mon Hun­ters is le­gi­ti­m­ate­ly good — needs dis­tri­bu­ti­on and “free” ac­cess in the most con­ve­ni­ent way pos­si­ble to pro­ve its worth. To put it an­o­ther way, KPop De­mon Hun­ters is suc­cee­ding on its own me­rits, but tho­se me­rits only ever had a chan­ce to mat­ter be­cau­se they were ac­ces­si­ble on the lar­gest strea­ming ser­vice.

ich glau­be um das jahr 2000 her­um habe ich fünf jah­re fast nichts an­de­res ge­hört als air. moon sa­fa­ri, the vir­gin sui­ci­des, 10.000 hz le­gend, pre­miers sym­ptô­mes rauf und run­ten, tag für tag. dann 20 jah­re lang nicht mehr ge­hört. und jetzt hab ich das „tiny desk kon­zert“ von air ge­se­hen und ge­hört.

er­schüt­ternd wie ver­traut das al­les klingt, wie fas­zi­nie­rend die har­mo­ni­schen dis­har­mo­nien, die klei­nen me­lo­die-schwen­ker nach wie vor sind, wel­che as­so­zia­tio­nen und er­in­ne­run­gen das al­les weckt. weil die mu­sik von air im­mer noch so zu­gäng­lich ist, frag­te ich mich kurz, ob das viel­leicht seicht ist, aber nach kur­zem nach­den­ken ent­schied ich mich die mu­sik eher wie ei­nen ru­hi­gen see zu se­hen von dem man gar nicht weiss, ob er seicht oder tief ist und wo das ei­gent­lich auch egal ist, weil der see auch ohne das wis­sen um sei­ne be­schaf­fen­heit schön ist. (via)

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