links vom 29.6.2025
gruppe.spiegel.de: DER SPIEGEL verlegt Erstverkaufstag auf Freitag
Der Freitag als Erstverkaufstag unterstützt auch unsere Digital-first-Strategie. Mit mehr Vorlauf vor dem reichweitenstarken Wochenende können wir die journalistische Qualität unserer Texte besser in Szene setzen. Wir können unsere herausragenden Stoffe länger prominent auf der Seite halten. Sie haben mehr Zeit, digital zu wirken.
mehr vorlauf für das wochenende hätte man auch mit jedem anderen wochentag, mit dem erstverkaufstag am montags hätte man sogar ganze fünf tage vorlauf.
aber mal im ernst, implizit lese ich aus diesem zitat des chefredakteurs raus, dass auch die digital-redaktion erst am erstverkaufstag zugriff auf die heftinhalte bekommt. das argument, einen tag mehr für die digitale aufbereitung der heftinhalte zu benötigen, müsste man ja nicht bemühen, wenn fertige texte bereits vor dem „Erstverkaufstag“ digital „first“ aufbereitet werden können.
andererseits ist mir das auch wirklich sehr egal was am kiosk passiert. retten kann man die papier-distribution von journalistischen inhalten wahrscheinlich nur noch, wenn man jetzt den „kardinalfehler“ des digitalzeitalters auf print anwendet: die gedruckte, mit werbung vollgestopfte ausgabe kostenlos verteilen und digital alles hinter eine bezahlschranke.
andererseits scheint der freitag als „Erstverkaufstag“ logisch. freitags ist der spiegel bisher noch nie regelmässig erschienen.
ich habe chatgpt gebeten die wikipedia für mich zu lesen und die erscheinungstage über die jahre seit 1947 zusammenzutragen.
Basierend auf den Angaben der Wikipedia (Ausgabe 1/1947 bis 19/1949 samstags, Ausgabe 20/1949–35/1950 donnerstags, Ausgabe 36/1950 bis 52/1965 mittwochs, Ausgabe 1/1966 bis 2/2015 montags, ab Ausgabe 3/2015 wieder samstags) (de.wikipedia.org) und unter Berücksichtigung aller wöchentlichen Erscheinungen bis zum letzten Samstag, dem 28. Juni 2025, ergibt sich folgende Verteilung auf Wochentage:
Wochentag Anzahl Ausgaben Montag 2.558 Mittwoch 800 Donnerstag 69 Samstag 670
allerdings wird sich chatgpt mit ziemlicher sicherheit verrechnet haben, denn die summe der anzahl ausgaben die chatgpt „errechnet“ hat ist 4.127, die anzahl der vergangenen wochen seit dem 4.1.1947 aber nur 4.095.
das ist ein link auf john gruber der einen text des redditers „tarltontarlton“ verlinkt. sehr viele ebenen, ich weiss. aber es lohnt sich (wie immer) john grubers auswahl an zitaten und seinen einschätzungen und anmerkungen zu lesen und dann aber auch, das original:
die analogien die tarltontarlton zieht sind nachvollziehbar und stimmig. er erzählt von seinem 79 jährigen irischen onkel, der sich zwar nicht daran erinnert wie die stimmung zur zeit der mondlandung in den USA war, aber daran erinnert, wie die präsidentschaft des katholiken john f. kennedy die zuvor marginalisierten und schlecht behandelten irisch-stämmigen bevölkerung in den USA beflügelte:
So to summarize: The crowning scientific and technological achievement of 300,000 years of human evolution that allowed mankind to step off the planet and towards the stars - a solid B. A guy who kinda reminded you of yourself making it to the top of the social and political hill: That. Was. Everything.
das gleiche passiere jetzt mit den „dummen“. die sähen in donald trum einen der ihren, der es auf der sozialen leiter nach oben geschafft hat, sie sehen einen, der die vormals komplizierte welt ganz einfach verständlich macht.
That same process is happening now with stupid people. They’re transcending their individual limitations, finding each other and becoming out-and-proud Stupid-Americans.
wie gesagt, das ist alles nachvollziehbar und einleuchtend (was tarltontarlton schreibt, nicht unbedingt meine zusammenfassung), aber ich habe mich vor dem lesen des originals (natürlich) an der eindimensionalität des wortes „dumm“ („stupid“) gestört. tarltontarlton differenziert in seinem text in einem einschub etwas nach und sagt richtigerweise
“stupid” is a pretty stupid term.
seine differenzierg ist, dass er mit dummen leuten eigentlich ignorante leute meint, leute die nicht verstehen was um sie herum passiert und sich nicht die mühe geben wollen das rauszufinden. und „dumm“ höre sich halt besser an als „aktive ignoranz“.
mein differenzierungsansatz wäre ein anderer. ich kenne einige leute die nicht der regulären definition von klug oder intelligent entsprechen. sei es durch fehlende bildung, behinderung oder weil ihnen die fähigkeit zur abstraktions fehlt. viele der vermeintlich dummen menschen die ich kenne, haben eine ausgesprochen ausgeprägte soziale intelligenz und empathie. fehlende intellektuelle fähigkeiten führen nicht zwangsläufig zu aggression oder ausgrenzungsbestrebungen.
andererseits, auch bei hunden, die ja auch nicht für ihre intellektuellen fähigkeiten bekannt sind, ist frustrationsaggression ein bekanntes problem. bei hunden ist das ein soziales, ein erziehungsproblem, das sich mit dem geduldigen aufbau von frustrationstoleranz umgehen lässt. bei menschen, denen die fehlende frustrationstoleranz ihre empathie auffrisst ist das letztendlich natürlich auch ein soziales, gesellschaftliches problem.
vielleicht ist der text von tarltontarlton besser lesbar, wenn man „stupid“ mit „aggressive stupid“ ersetzt. dann ergibt das ganze nochmal einen ticken mehr sinn.
youtube.com: Andre Agassi tennis hack against Boris Becker
hier (via) erklärt andre agassi wie er boris becker „studierte“ und irgendwann erkannte, dass becker bei seinen aufschlägen, kurz vor dem schlag, die richtung seines aufschlags mit einer winzigen bewegung seiner zunge verriet. agassi konnte damit beckers aufschlag etwas entgegensetzen, war aber klug genug nicht alle aufschläge zu lesen, sondern nur die wirklich wichtigen — damit becker es nicht merkte dass er sich verriet.
als ihm agassi nach boris beckers tennis-ruhestand erzählte dass seine zunge seinen aufschlag verriet, fiel becker fast um und sagte: „ich hatte immer das gefühl, und sagte das auch ständig meiner frau, dass du miene gedanken lesen kann.“
das ist übrigens auch wie hunde unsere gedanken lesen. sie verbringen ihr ganzes leben damit uns zu beobachten und lernen, weil sie nicht dumm sind, unser verhalten und vor allem intentionen nicht nur vorherzusehen, sondern auch unser verhalten zu beeinflussen.
die moral von der geschichte: vor jeder problemlösung hilft eine sehr sorgfältige und geduldige analyse.
