relevanz ist firlefanz
ganz im ernst, lokalblättchen lesen (hier ostsee-zeitung) macht spaß. alles sehr, sehr entschleunigt.
ganz im ernst, lokalblättchen lesen (hier ostsee-zeitung) macht spaß. alles sehr, sehr entschleunigt.
interessanter vortrag des grünen öffentlichkeitsarbeiters robert heinrich über soziale netzwerke „als Seismograph, die Macht der vernetzten Unterstützer, wachsende Wechselstimmung und charismatische Mobilisierung“ auf carta:
Parteien waren eigentlich immer schon dezentrale Kommunikationsnetzwerke. Ein Parteivorsitzender wusste nie, was sein Mitglied am Wahlkampfstand wirklich erzählt. Den immer wieder genannten “Kontrollverlust” gibt es also schon immer, im Netz setzt er sich jetzt fort. Der Unterschied ist, dass er im Netz besser kontrollierbar, also sichtbarer ist, als im “Offline-Leben”.
erinnert mich ein bisschen an das, was ich vor einem monat gesagt habe.
immer wenn ich solche züge sehe, frage ich mich warum die leute sich da rein quetschen, statt auf die nächste, meist völlig leere bahn zu warten, die, zumindest in berlin, fast immer genau 3 minuten später kommt. das muss diese kostenlos- sofort-kultur sein.
linkloser artikel von frederic filloux (ist der name echt?), vermutlich aus der printausgabe der washington post, über die scheissigkeit von online-werbung und die unfähigkeit der branche innovationen voranzutreiben: „Why is digital advertising so lousy? Industry is too smug to innovate.“
siehe auch meinen artikel zum thema vom 24.06.2010. via thomas knüwers bookmarks.
sehr lesenswerter artikel von jens weinreich über die finanzierung von journalismus und jens weinreich. ich weiss zwar nicht ob jens weinreich einverstanden ist, wenn ich den artikel wie folgt zusammendampfe, aber ich glaube es könnte passen:
er hat das gefühl, dass er mehr von seinen lesern zurückbekommt und dass es dem artikel besser tut, wenn er ihn in seinem blog veröffentlicht, als bei einer zeitung oder einem portal wie spiegel-online. und auch wenn es so aussieht, als verschenke er seine arbeit oder versenke sie in einem endlos tiefen brunnen, sieht er das bloggen als den (fast) einzigen weg, journalismus zu betreiben, weil er einfach viel mehr zurückbekommt, als auf dem herkömmlichen weg. mit einem entscheidenden unterschied: die finanzierung lässt sich so nicht ohne weiteres sichern. nur beim print ist das nicht anders:
Zudem, seien wir ehrlich, das ist oft genug beschrieben, man schaue sich nur hier um, die Umsätze freier Journalisten nähern sich rasant der Nullmarke, vor allem im Printgeschäft, jeder weiß das.
ob die lösung der finanzierungsfrage nun in werbung, flattr, kashingle, spenden, stiftungen oder ganz woanders liegt, können derzeit weder jens weinreich, noch sascha lobo, christoph keese, ich oder sonstwer beantworten. obwohl, ich für meinen teil habe eine vorläufige lösung gefunden. neben den 20-40 euro, die ich für gedruckten journalismus im monat ungefähr ausgebe, werde ich künftig mindestens 20-30 euro im monat per flattr für nicht gedruckten journalismus ausgeben.
dass ich in den letzten beiden monaten über flattr mehr eingenommen habe als ich ausgegeben habe, ist ein netter nebeneffekt, der aber nach meiner einschätzung keinen bestand haben muss (und wird). ich werde es sicher nicht schaffen, jeden monat 4-5 artikel zu schreiben die so kräftig geretweetet werden (oder so viel aufmerksamkeit erzeugen können), dass eine nennenswerte umwandlung von aufmerksamkeit in flattrs (oder werbeeinnahmen) stattfinden wird. abgesehen davon, dass ich mich auch durch einen vollzeit-job gegenfinanziere und mit dem schreiben kein geld verdienen muss.
aber, wie ich schon ein paar mal gesagt habe, ich sehe in flattr weniger die möglichkeit geld einzunehmen (was trotzdem ein netter nebeneffekt ist), sondern als die derzeit beste und sinnvollste möglichkeit guten journalismus zu belohnen und (mit) zu finanzieren. und mit „journalismus“ meine ich keinesfalls nur das was journalisten produzieren, sondern das was mir an geschriebenen texten unterkommt und von denen ich lerne, die mich unterhalten, auf neue sichtweisen bringen, zu neuen erkenntnissen oder auf den letzten stand bringen. oder wie jens weinreich „journalismus“ auf eine weise beschreibt, dass ich das wort erstmals seit langer zeit nicht als arroganten oder verzweifelten versuch der abgrenzung verstehe:
Journalismus heißt für mich: Dialog. Diskutieren. Lernen. Vernetzen. Fehler eingestehen und korrigieren. Quellen offenlegen, solange nicht Quellenschutz gewährleistet werden muss, weil Hinweisgeber sonst Probleme bekommen. Journalismus heißt für mich: Wissen weitergeben. Verlinken. Dokumente zur Diskussion stellen. Einordnen. Erklären. Analysieren. Kommentieren. Berichten. Recherchieren. Dranbleiben. Beißen. Oder es wenigstens versuchen.
Journalismus heißt: Den Arbeitsprozess transparent gestalten. Den Leser/Hörer/Zuschauer/Diskussionspartner/Experten mit nehmen auf die Reise und immer auch erklären, wie ein Produkt entstanden ist. Ich liebe und lebe das.
Es heißt auch, mit einer Fachkompetenz, die man sich erarbeiten kann, den Lotsen zu spielen, den Moderatoren.
mit dieser definition von journalismus, würde ich mich tatsächlich auch nicht mehr beleidigt fühlen, nannte mich mal wieder jemand „journalist“. wissen, erfahrungen, erkenntnisse weitergeben, unterhalten, berichten, einordnen, es versuchen, sich plagen. das sind die dinge, die ich auch als meine maximen für das was ich hier tue beschreiben würde. mit dem erklären und moderieren und der fachkompetenz haperts bei mir noch ein bisschen — und deshalb würde ich mich auch nach dieser definition weiterhin nicht „journalist“ nennen.
was ich aber eigentlich sagen wollte: warum reden alle darüber, ob und wie man mit flattr oder kashingle geld verdienen kann und nicht darüber was für eine grossartige, einfache, gerechte und zielgerichtete möglichkeit flattr ist, um guter arbeit anerkennung zu schenken? oder kurz gesagt: geht hin und flattert, heute vor allem jens weinreich.
aprops journalismus. frank schmiechen kann man nicht flattern, würde ich auch nicht tun, aber nachdem ich ihn heute beim bockigen zurückrudern beobachtet habe, hab ich ihm spontan für seinen schlusssatz einen tweet geschenkt.
sorry für die bescheuerte überschrift.
gestern verlangte die beifahrerin nach einem kaffee. er sollte am besten so schmecken, wie diese frappuccino bei starbucks, nur ohne zucker und ohne fett. also habe ich alle verfügbaren eiswürfel, zwei espressi aus unserer nespresso-maschine und die gleiche menge milch wie kaffee in den mixxer geworfen, ein paar spritzer süssstoff hinterher und gemixxt.
bei diesem ersten versuch haben sich leider nicht alle eiswürfel aufgelöst, so dass noch eine menge eissplitterchen in der kaffee-masse steckten, die aber doch eine erstaunlich fluffige konsistenz hatte. er war auch einigermassen geniessbar, aber so richtig zufrieden waren wir nicht: zu fest (und gleichzeitig zu wässrig), zu wenig stark, nicht süss genug.
heute wollte ich es besser machen und googelte vor der zubereitung ein rezept. die vorbesprechung mit der beifahrerin erforderte all mein verhandlungsgeschick. sie wollte weder den vanillezucker (ich handelte sie von zwei tütchen auf eins runter), noch den kakao (ich handelte sie von 4 teelöffeln auf einen runter), ersetzte den zucker durch süssstoff und versprach nicht so viel milch zu benutzen.
hier das modifizierte rezept für zwei personen:
alles zusammen in den mixer werfen und ca. 3 minuten rödeln lassen. danach ist der mixer voll mit ca. 4 bechern fluffigen, kaltem kaffeeschaum.
die beifahrerin liess sich anschliessend durch die kaffeemasse dazu hinreissen zu sagen, dass das der beste frappuccino gewesen sei, den sie jemals getrunken hätte. ich fand ihn auch angenehm süss und herb.
so sahen die tassen und teile der küche nach dem austrinken aus:
Der Freitag definiert Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter für den deutschsprachigen Raum neu. Souverän, anspruchsvoll und klug fordert der Freitag zum gesellschaftlichen Dialog und zur Diskussion auf. Und trägt selbst mit kritischen und konstruktiven Meinungen dazu bei. Der Freitag bietet seinen Lesern weit mehr als aktuelle Nachrichten: Er zeigt Hintergründe auf, vernetzt Informationen international und aus allen Medienkanälen. Damit erlaubt er eine relevante Sicht auf die heutige Welt – online und offline gleichermaßen.
[quelle]
der freitag, das selbsternannte, „vernetzende“ „meinungsmedium“ kooperiert mit dem britischen guardian und übernimmt regelmässig artikel aus dem guardian, übersetzt und veröffentlicht sie, auf papier und im print. offensichtlich erstreckt sich diese kooperation auch auf blogartikel die auf guardian.co.uk erscheinen. so hat freitag.de diesen artikel von roy greenslade übersetzt und übernommen und auf freitag.de veröffentlicht.
das ist ja auf den ersten blick enorm lobenswert. nur: der original-artikel von roy greenslade über das medienecho der grandiosen reportage von michael hastings im rolling stone über den afghanistan-krieg und general stanley mcchrytal und seinen stab („The amazing media story behind the astonishing McChrystal interview“) enthält ungefähr 12 links auf externe seiten, ein eingebettetetes youtube-video und fasst am ende übersichtlich die quellen zusammen. der reproduzierte und übersetze artikel im freitag enthält hingegen genau null links, kein eingebettetes youtube-video und verzichtet sogar auf einen link zum original-artikel.
das ist insofern erschütternd, weil es in dem artikel unter anderem um die unfähigkeit des rolling stone ging, online adequat auf das enorme medienecho zu reagieren (siehe auch emily bells einschätzung dazu), weil er es eine ganze weile lang nicht online veröffentlichte. im freitag liest man dann:
Und so kam es, dass einige Stunden lang der einzige Ort im Netz, an dem man nichts über das Rolling-Stone-Sück lesen konnte, die Webseite des Rolling Stone war.
und so kam es dann, dass der freitag einen wunderbaren, linkreichen und lehreichen blogartikel wochenlang (bis jetzt), schwer kastriert auf seiner webseite stehen hat.
jakob augstein behauptet zwar, dass der freitag seine „User“ ernst nehme, aber dieses ernst nehmen geht wohl nicht so weit, dass sie sich eine meinung ausserhalb von freitag.de bilden sollen.
kann natürlich auch sein, dass das alles durch die irre tolle verschränkung von online und offline entstanden ist und beim freitag immer noch irgendwie offline first gilt, die beschränkungen des printformats also auch online angewendet werden. was natürlich nicht gerade für das konzept des freitag spricht.
das ganze ist, wie gesagt, besonders peinlich, weil greenslades artikel genau um das nichtverstehen von onlinemechanismen und deren dynamik beim rolling stone ging, aber auch um das versagen der nachrichtenagentur ap, die die den sprengstoff, der in hastings reportage in einer vorabmeldung des rolling stones stand, nicht erkannte.
wie um diese online-aversion des freitag zu vertuschen, wandelt sich der „online news cycle“ mit dem manche print-magazine laut greenslade offenbar nicht umgehen können, in der freitag-übersetzung zu einem stinknormalen „Nachrichtenzyklus“.
greenslade schliesst auch im freitag mit diesem satz:
Wie konnte der Rolling Stone im digitalen Zeitalter auch nur darüber nachdenken, eine so wichtige, die Agenda bestimmende Geschichte nur gedruckt zu veröffentlichen?
ich frage mich, wie kann man einen artikel über eine so so wichtige, die agenda bestimmende geschichte, die sich vornehmlich online abspielte, ohne einen einzigen link veröffentlichen? meine antwort lautet: durch dummheit und arroganz. obwohl es in wahrheit wahrscheinlich nur schlampigkeit war.
die reportage von michael hastings im rolling stone („ The Runaway General “), die zur entlassung general mcchrystals führte, ist übrigens wirklich grandios und sehr, sehr lesenswert.
einen weiteren sehr interessanten aspekt an hastings reportage beleuchtet übrigens jeff jarvis. er verbindet mcchrystals demission mit seinem lieblingsthemen, transparenz und offenheit. er fragt sich ob mcchrystal (und david weigels) rücktritt nicht nur damit zu tun habe, dass er eigene meinungen vertrat und aussprach, sondern vielleicht eher mit der angst vor offenheit und den eingespielten regeln im politischen tagesgeschäft.
One opinion leaks out of the opinionless man and it is shared and linked and spread instantly. The institutions treat this revelation as a shock and scandal — as a threat — and they eject the opinionated men. That is what happened to McChrystal and Weigel.
In my thinking for my book on publicness, I keep trying to look at such fears and offenses and turn them around to ask what they say not about the scandalous but instead about the scandalized — about us and about our myths and realities.
jarvis fordert auch für die journalistische arbeit meinungsstärke, offenheit und transparenz. skepzis sei ohne meinungsstärke gar nicht möglich und skepzis gegenüber institutionen sei eine der grundlagen für anständigen journalismus. und er fordert auch weniger zurückhaltung von journalisten, sei es weil journalisten informationen wegen vorauseilender gentleman’s agreements zurückhalten, oder aus furcht zugang zu ihren quellen zu verlieren:
I think […] that privacy for government and those who cover it is exactly what we do not need, exactly what we are working to eliminate with sunshine and publicness. Journalists should have been the ones opening the drapes on those dark rooms but they didn’t because they were seduced by their invitations in. So outsiders are forcing them open. Hurrah. Privacy is what protects the tyrants of North Korea and East Germany. Transparency is what kills them.
richtig interessant wirds dann allerdings nicht bei jarvis selbst, sondern bei mayhill fowler, auf deren ebenfalls mcchrytal-inspirierten artikel in der huffington post jarvis linkt. sie schreibt über die kritik an hastings und dass er nach meinung einiger journalisten-kollegen gar nicht über so über mcchrystal und die auch alkohol-induzierten äusserungen von mitgliedern seines stabes hätte schreiben dürfen und dass er mit seiner reportage die feine linie zum vertrauensbruch überschritten hätte.
interessant ist das deshalb, weil mayhill fowler selbst eine solche kontroverse ausgelöst hatte, als sie während des letzten präsidentschafts-wahlkampfs über eine kontroverse äusserung barack obamas berichtet hatte („bittergate“), die er auf einer geschlossenen veranstaltung, die nur für seine unterstützer offen war, geäussert hatte.
das wirft spannende fragen zum journalistischen selbstverständnis auf:
In the end, it's not a matter of beat reporters versus freelancers, of breaking the code and losing access. Any reporter worth his or her salt would have reported exactly as Hastings and I did. Sometimes the story trumps every other consideration. Over time, I've come to see that every little bit of reportage, no matter how quotidian, is a small act of betrayal. The mere chronicling of an event, in the act of choosing words, in the fixing of the camera lens, affects it. Anybody who has ever been part of something and later seen it in the press has experienced that moment of disassociation, the knowledge that the reportage, no matter how good and accurate, has not captured quite what was seen and felt, and now that the event has been chronicled, has changed it. In this way, journalism is rather like quantum physics.
an all diesem lesestoff kann man sich stundenlang festnagen (oder es lassen), aber mit der arroganten selbstwahrnehmung als hermetisches meinungsmedium, das nicht nach aussen linkt, wird das mit dem „Qualitätsjournalismus im digitalen Zeitalter“ nichts.
heute abend war ich bei philip banse und jana wuttke zu gast beim medienradio und hab unfähr andertalb stunden (65 minuten) mit den beiden live ins internet geplaudert. die aufzeichnung kann man sich hier anhören. das mp3 liegt hier.
im juni habe ich über flattr 77,31 euro „gespendet“ bekommen. das übertrifft meine eh schon hoffnungslos optimistischen erwartungen bei weitem. unter anderem, weil meine besucherzahlen im schnitt weit unter 1000 besucher pro tag liegen und ich im juni relativ wenig geschrieben habe. ein grossteil der einnahmen kam über den artikel über die ruhrbarone, etwa 33 euro. anbei ein screenshot der klick- und einnahmedetails.
vielen dank dafür.
die taz hat respektable 988 euro eingenommen. sebastian heiser schreibt dazu im taz hausblog:
Am stärksten honoriert werden die Texte, in denen es gegen die Lieblingsfeinde unserer Leser geht: Neonazis, der Hochadel, die Bild-Zeitung, die schwarz-gelbe Bundesregierung.
eine ähnliche beobachtung konnte auch ich machen, mein artikel über zwei ruhrbarone schroeder und laurin setzte sich kritisch mit deren primitiver hetze berichterstattung gegen den ex-piraten jörg tauss auseinander, war also für viele internet-menschen gut verdaulich. mein artikel über saturn brachte mit 9 klicks fast 9 euro ein, ebensoviel wie mein text über angebliche gründe gegen flattr. ein muster lässt sich nicht wirklich erkennen, ausser dass die artikel die viel geflattert werden vorher relativ viel getwittert oder verlinkt wurden und offenbar irgendeine qualität haben. bilder wurden kaum getwittert, was aber auch wieder mit der qualität zu tun gahabt haben kann.
stefan niggemeier brachte es auf 352 euro, netzpolitik auf 576 euro. carta nahm 201 euro, das lawblog auf 247 euro, das reizzentrum 20,91 euro, kultur-flatrate auf etwas über einen euro.
insgesamt bin ich ernsthaft erstaunt über die summen die teilweise zusammengekommen sind. ich habe im juni 20 euro, fast meine gesamten einnahmen aus dem vormonat, verflattert, ein flattr von mir war knapp 22 cent (minus 10%) wert. diesen monat werde ich wohl wieder 20 oder 30 euro verflattern. ich bin sehr gespannt und optimistisch, wie sich dieses flattr-dings weiterentwickeln wird.
[nachtrag 02.06.2010, 11:46]
jetzt hab ix auch den screenshot angehängt.
der wasserkocher den wir in der küche stehen haben war glaube ich ziemlich billig. wenn man ihn etwas zu voll macht, kocht er über. das ist OK, weil irgendwann weiss man, dass man ihn nicht zu voll machen sollte. ist aber auch doof, wenn man ihn dann doch zu voll macht und ihn sich selber überlässt. so wie ich das heute früh gemacht habe. als ich wieder in die küche kam, machte die den eindruck eines türkischen dampfbades. der wasserkocher hatte die hälfte des wassers ausgespuckt und den rest sorgfältig in die küche gedampft. ausserdem stank er ein bisschen nach plastik, weil er leer war, aber noch heizte. das überzeugte mich und die beifahrerin heute einen neuen wasserkocher zu kaufen.
heute abend im saturn standen wir dann vor einem 100 meter langen regal mit wasserkochern im preisrahmen von 10 bis 150 euro. ein wasserkocher für 130 euro hatte es uns besonders angetan, weil er tasten hatte, mit denen man die wassertemperatur einstellen konnte, in vier schritten von 40 bis 100 grad. der wasserkocher sah auch toll aus, aber das kind holte uns auf den boden der tatsachen zurück: „ihr seid doch bekloppt 130 euro für nen wasserkocher auszugeben!“
die anderen wasserkocher sahen entweder doof aus, hatten klapprige deckel, bescheuertes retro-design, labriges knöpfchen, wackelten oder kosteten auch so um die 80, 90 euro. eine verkäuferin die nach 10 minuten mal vorbeitrottelte beantwortete uns missmutig zwei fragen und zog dann wieder ab und zog die kabel der wasserkocher wieder straff und räumte auf.
„guck doch mal bei amazon“ meinte die beifahrerin. gute idee, vor allem da das suchergebnis nach „wasserkocher“ genau das lieferte, was die verkäuferin uns vorenthielt, eine eindeutige empfehlung. den philips wasserkocher für 55 euro hatten wir bis jetzt übersehen. und siehe da, er hatte auch temperaturregler, einen guten stand, einen soliden deckel und sah nicht völlig scheisse aus. bei saturn kostete er allerdings kanpp 15 euro mehr, 69 und ein paar zerquetschte euro.
mal den verkäufer fragen der gerade mit ein paar anderen kunden redete, [warten], ob man an dem preis vielleicht was machen könne. saturn hasst ja angeblich teuer. zehn, acht euro abschlag und wir hätten das überteuerte ding gleich mitgenommen. die antwort war dann aber doch überraschend: auf internet-preise könne er nicht eingehen. nicht einen euro wollte er vom preis runtergehen. was mich dann sehr befriedigte, war dass ich meinem kaufimpuls trotzdem sofort und sehr bequem nachgehen konnte und den wasserkocher knapp 25% günstiger am wasserkocherregal von saturn bei amazon.de bestellte.
scheint so, als hasse saturn nicht teuer, sondern billig. oder hasst saturn das internet?
nico lumma schreibt, dass die zukunft der werbung, bzw. markenführung zwangsläufig in sozialen netzwerken stattfinden wird. glaube ich. denn eigentlich schreibt er das nicht, sondern kritisiert, dass irgendjemand behauptet werbung auf facebook, oder da „wo hauptsächlich gequatscht“ werde, werde „maßlos überschätzt“. ich glaube ja eher, dass sowohl werbung auf facebook, als auch die klassische online-werbung masslos überschätzt werden, ja ich glaube, dass werbung allgemein masslos überschätzt wird, zumindest von den werbefuzzis. werbung für überteuerte, den kunden verarschende produkte, kann noch so gut gemacht gemeint sein, langfristig wird sie scheitern. das sieht man meiner meinung nach ganz gut bei vodafone und deren werbung.
aber ich will gar nicht über die geisteskranken tarife und die kleindruck- und fussnoten-verarsche von vodafone (und anderen telekommunikationsunternehmen) reden, sondern über werbung. erinnert sich noch jemand an die gute alte ganzseitige (oder doppelseitige) werbung in zeitschriften oder zeitungen? die konnte man weder klicken, noch für andere sichtbar kommentieren oder auf facebook be-liken. die hat man sich einfach angeguckt oder überblättert (so nannte man früher adblocker: überblätterer) und manchmal ist eine botschaft hängengeblieben. zum beispiel, dass es leute gibt, die jägermeister trinken. oder dass ibm computer herstellt. oder dass print wirkt. oder dass audi einen technikvorsprung hat. einfache, auf einen blick erkennbare botschaften, manchmal mit grossartiger foto- oder typographie, manchmal genial getextet und oft eine marke und ihr image für jahrzehnte prägend.
in der überschrift seines artikels reduziert nico lumma klassische online-werbung ja auf das banner-format („hoch lebe der banner“) und kritisiert (zu recht) online-werbung als etwas, das „seit über einem Jahrzehnt die Nutzer nervt, die konzipiert ist für eine lineares Leseverhalten, wie es aus dem Printbereich gelernt ist, und die aufgrund des massiven Inventars zunehmend verramscht wird und Websites aussehen lässt wie billigste Illustrierte, zugepflastert mit Werbung, auf die kaum jemand clicken mag, oftmals auch mit zweifelhaften Angeboten.“
aber muss online-werbung, müssen banner denn nerven und billig aussehen? was genau ist schlecht an „linearem Leseverhalten“? warum müssen banner klickbar sein? weils geht oder weil die klick-analyse wichtiger ist als die botschaft? warum einen redaktionellen text mit einem kleinen, nervigen, blinkenden, um klicks bettelndes banner stören, wenn man auch eine anständig getextete und gelayoutete werbung, etwa in diesem format den text — wie in einer zeitschrift — unterbrechen lassen könnte?
warum soll eine solche, unklickbare anzeige nicht genauso wirksam sein wie auf einer littfasssäule oder einem plakatständer in der stadt (an denen man angeblich nicht vorbeikommt)? muss online-werbung blinken und nerven? ich glaube, auch onlinewerbung kann ohne spastische zuckungen wirken und ohne dass sie sich im stealth-modus auf sozialen netzwerken kumpelig und angeblich dialogbereit an die benutzer ranwanzt. so wie im print oder auf plakaten. warum soll das nicht auch online funktionieren?
melanie lerch daniel am freitag daniel schneider hat 10 gründe gegen flattr aufgelistet, die ich leider überhaupt nicht überzeugend finde.
1. Im Endeffekt ist es ein Bettel-Button. Und das hat, gerade wenn er nach dem Lesen, am Ende eines Textes auftaucht, einen leichten Beigeschmack.
betteln wir nicht ständig? um aufmerksamkeit, um sympathie, um mitgefühl, um anerkennung? und wenn man den wunsch nach aufmerksamkeit oder anerkennung wirklich betteln nennen möchte, was genau ist daran so schlimm? ist ein strassenmusikant ein bettler, nur weil er keinen eintritt nimmt, sondern seinen (oft verdienten) obulus als freiwillige gabe nimmt?
2. Das Entstehen der Schere im Kopf wird begünstigt – man wird dazu verleitet, das zu veröffentlichen, was der Masse gefallen könnte.
die schere ist sowie so da. die schere? hunderte von scheren. bekomme ich mehr links, mehr leser, mehr aufmerksamkeit wenn ich bestimmte themen behandle, schärfer formuliere, leute beleidige oder populistisch schreibe? sobald ich etwas veröffentliche wird es gewertet, durch aufmerksamkeitsströme, besucherzahlen, backlinks, die zahl der kommentare, likes und so weiter. die gefahr, populistisch zu werden, besteht seit der erfindung des geschichten-erzählens, nicht seit der erfindung von flattr.
3. Mancher schwärmt schon davon, wie es sein wird, wenn erstmal Otto Normalsurfer “flattrt”. Doch für Otto gibt es überhaupt keinen Anreiz, sich einen Flattr-Account anzulegen.
wieso? sind die 1300 flattrs die tim pritlove bekommen hat alle von otto-spezialsurfern? von bloggern, die sich gegenseitig und untereinander geld zuschieben? und selbst wenn die pritlove-flatterer alle blogger wären, sind blogger nicht auch konsumenten, genauso wie sie auch produzenten sind? ich glaube im gegenteil, dass es massig anreize gibt zu flattern. der wichtigste: anderen etwas gutes tun. oder wie robert kindermann es in einem völlig anderen zusammenhang gesagt hat: „Denn die Leute sind gerne bereit für Dinge zu bezahlen, die ihr Leben aufwerten.“ und als konsument von online-gedöns sage ich, dass ich es äusserst reizvoll finde, texte die ich toll finde, die mich unterhalten oder durch die ich etwas lerne oder die mich zum weinen bringen, zu belohnen. je niedriger die reizschwelle, desto lieber. das fasziniert mich an flattr ehrtlichgesagt sehr viel mehr, als die perspektive damit eventuell auch geld zu verdienen.
4. Man kassiert für anderer Leute Arbeit: Blog X gräbt irgendein tolles Video/Text/etc. aus und die unbedarften Leser belohnen den Finder für’s Finden, nicht den Erschaffer für’s Erschaffen des Videos/Textes/etc.
sehe ich durchaus als problem, aber nicht als einen grund der gegen flattr spricht. es ist einfach eine frage des anstands, kein geld für fremde federn zu nehmen, bzw. eine frage des umgangs mit dem flattr-button. derzeit bietet das standard-wordpress-flattr-plugin (glaube ich) keine möglichkeit bestimmte blogartikel vom flattr-button zu befreien. aber das kommt sicher bald. zudem zeigt die praxis, soweit ich sie überblicke, dass vornehmlich lange, gute texte geflattrt werden und eben nicht die links und video-posts.
5. Ein Beitrag kann noch so genial sein – er sieht einfach trotzdem schlecht und armselig aus, wenn daneben ein großer “Flattr: 0”-Button pappt.
ja, sich von dritten bewerten zu lassen kann extrem peinlich sein. wer mit zurückweisung oder ignoranz nicht umgehen kann, sollte die finger vom publizieren oder der öffentlichkeit lassen. ein blog mit nur 30 lesern — peinlich. keine kommentare unter einem artikel — peinlich. ein lied singen und nicht in die charts kommen — peinlich. nur 20 freunde bei facebook — peinlich. alte PR-fuzzi weisheit: nur positives an die öffentlichkeit lassen und transparenz um jeden fall verhindern.
6. Am Anfang ist “Flattrn” lustig, doch wer denkt schon regelmäßig daran, sein Flattr-Konto wieder aufzuladen oder Internetseiten zu “belohnen”?
das wird sich zeigen. abert spricht das gegen flattr?
7. Ungeklärte Fragen zum Datenschutz.
ja. die sache mit dem vertrauen ist essentiell. nur spricht die möglichkeit, das potenzial des missbrauchs gegen jemanden? vertrauen ist eine fragile sache. aber wer absolute sicherheit möchte, sollte seinen internet-anschluss kappen und das haus nicht verlassen. und CDU wählen.
8. An Flattr verdient hauptsächlich einer: Flattr selbst. (zum Vergleich: Provision Flattr = 10%; Provision Paypal = EU-weit 1,9% plus 35 Cent)
hier gilt das gleiche wie bei 1. wer einen mehrwert bietet sollte dafür auch etwas bekommen können. und wer etwas aufbaut, braucht geld dafür. dass kann man sich natürlich auch leihen oder von raffgierigen risikokapitalgebern vorschiessen lassen, aber warum sollen die profiteure von etwas sich nicht auch an dessen aufbau beteiligen? ich gebe gerne einen teil meines geldes ab — solange ich glaube dass das sinnvoll ist. und flattr finde ich ziemlich sinnvoll.
9. Bald gibt es Dutzende solcher Dienste, die dann ebenfalls genau wie schon bereits jetzt Fluten von Buttons sozialer Netzwerke integriert werden wollen.
genau. auch ein super argument gegen blogs. es gibt ja schon fluten von blogs die jeden erdenklichen scheiss veröffentlichen. wozu da noch selbst bloggen?
10. Es gibt preiswertere Möglichkeiten, zu zeigen, dass einem etwas im Netz gefallen hat.
welche waren das nochmal? („ich gebe gern, aber soll das nix.“)
Nachtrag; 6.6.2010: 11. Wenn Flattr ausfällt, laden auch die angeschlossenen Seiten nicht mehr richtig.
dafür kann sogar ich mir eine technische lösung vorstellen.
was sagte chris von fixmbr nachdem er über facebook und mark zuckerberg ablästerte: „sie sharen meinen scheiss bei facebook, die idioten!“
[via boschs google reader kommentar]
komische sachen die ich in den letzten tagen gesehen habe:
bundesweh.
spiegel.de: 30 facebook-fans und ein megaphon.
das mit der „volksbewegung“ wird wohl erstmal nichts. sie bleibt vorerst virtuell. erstaunlicher als das geringe echo auf der strasse (1000 demonstranten bei der polizei angemeldet, 50 leute kamen, davon mindestens 20 presse), ist das geringe echo das das geringe echo hervorrief.
„like“ klicken ist das neue kreuz auf dem wahlzettel. mobilisierung benötigt wohl mindestens auch einen starkes „dislike“-moment. andererseits: vielleicht schaffen gysi und und lafontaine ja noch leute für gauck auf die strasse zu bringen, mit ihrem ständigen dislike-button-klicken.
[nachtrag 18:00h]
michael spreng fragt zu den lafonataine-attacken auf gauck: „Wo bleiben die Anständigen?“
[nachtrag 18:30]
der spiegelfechter analysiert mit ein bisschen viel verschwörungstheorien den angeblichen gauck-hype.
könnte ursula von der leyen an popularität gewinnen, wenn sie eine vuvuzela-sperr-infrastruktur vorschlüge? zum teufel mit der lärmbelästigungs-neutralität. wir filtern uns die welt widdewidde wie sie uns gefällt.