quarks & co über “Die Macht des Internets”

quarks & co über “Die Macht des Internets”, als podcast (100MB).
via netzpolitik.
quarks & co über “Die Macht des Internets”, als podcast (100MB).
via netzpolitik.
ich hatte die sendung noch nicht gesehen, als ich diesen dwdl-artikel über die zimmer-frei-folge mit martin sonneborn gelesen habe. aber, auch wenns mir schwerfällt das zu sagen, der artikel beschrieb exakt das, was ich von der sendung erwartet habe:
Die Folge der Verweigerung, bei der Sonneborn seine Gesprächspartner inhaltlich auflaufen lässt, Zitate abstreitet oder schlicht nicht antwortet, da er nicht mir vollem Mund sprechen will: Hilflose Moderatoren, die aus der Rolle fallen. Hatte man in den Anfangsjahren noch das Gefühl, Westermann und Alsmann seien in der Sendung sie selbst und meisterten jede Situation mit Souveränität und Schlagfertigkeit, so scheint in der Sonneborn-Sendung nur noch der "Zimmer frei"-Technokrat durch, der sagt, wie die Sendung zu funktionieren hat. (weiterlesen)
nachem ich eben 20 minuten der sendung gesehen habe, bestätigen sich alle erwartungen: sonneborn entlarvt durch seine verweigerung das zimmer-frei-spiel mit zu spielen die sendung. alsmanns bruhha-witze, die man in normalen zimmer-frei-sendungen einfach ignorieren kann, wirken plötzlich in sonneborns anwesenheit irre peinlich. christine westerman wirkt schwer verunsichert und die sendung altbacken-routiniert.
das witzige (oder unwitzige) an sonneborn ist ja, dass er bei allen öffentlichen auftritten so ist. dass das für westermann und alsmann (oder die redaktion von zimmer frei) überraschend war, zeigt eher, wie voß das in seinem dwdl-artikel ganz richtig feststellt, wie sehr „zimmer frei“ in die jahre gekommen ist und in seiner routine zu ersticken droht.
die sendung kann man hier nachsehen.
[nachtrag]
am dienstag letzter woche habe ich gegen neun uhr den palm pre bei o2 online bestellt. um 09:02h kam per email die bestellbestätigung. der „o2 Palm Pre Ankündigungsservice“, bei dem ich mich vorher angemeldet hatte, benachrichtigte mich dann um 09:30h, dass der palm pre jetzt „verfügbar“ und bestellbar sei. die mail versprach „für die schnellsten“, dass es 40 touchstone-ladegeräte „gratis“ gäbe.
abgesehen davon, dass o2 ja eigentlich in letzter zeit den eindruck erweckt ein bisschen von den üblichen marketing-spielchen mit eingebauter konsumenten-verarschung abzusehen gedenkt, indem man beispielsweise transparente, günstige, einfache und gut zu verstehende tarife anbietet, die vertragsbindungen lockert und den kunden selbst überlässt für was sie ihre datenverbindung nutzen, ob für VOIP, tethering oder sonstwas scheint es bei o2 mmer noch wichtig zu sein, dem kunden das gefühl zu geben verarscht zu werden. da scheinen bei o2 immer noch ein paar verteidiger der alten marketing-steinzeitphilosophie rumzuhängen, die meinen, dem konsumenten könne man alles erzählen, solange es glänzend und schön bunt verpackt ist.
ansonsten schliesse ich mich volker webers urteil an: ich möchte nach einer woche nicht mehr auf den pre verzichten. das teil kann alles (und ein bisschen mehr) was ich von einem handy erwarte. naja, ausser dass der akku bei intensiver benutzung kaum einen tag hält und das gerät hin und wieder ein bisschen lahmt. besonders gut gefällt mir, dass der pre nicht an blödsinnige vorgaben des providers gekoppelt ist und ich problemlos zugriff auf die (linux-)innereien per root-zugang erlangen konnte und und ich so beispielsweise „mytether“ oder den alternativen „app-store“-zugang „filecoaster“ installieren konnte. der pre gibt einem zumindest ein bisschen das gefühl, nicht auf gedeih und verderb von den launen des providers abzuhängen. mal sehen wie lange die liebe hält.
ich erinnere mich noch, dass viele die misslungene vodafone kampagne dieses jahr irgendwie gut fanden, weil sie angeblich „mutig“ war. so gesehen müssten diese leute jetzt auch die aktuelle social-media-kampagne von jack-wolfskin mutig und gut finden.
und in gewisser weise ist es ja auch wirklich mutig, tausende internet-affiner menschen zu markenbotschaftern zu machen, die jetzt in ihrem freundeskreis herumerzählen wie wichtig es ist, dass eine marke ihre markenansprüche verteidigt und menschen die am markt teilnehmen mit anwaltlicher hilfe zum selbstkostenpreis darüber aufklärt, dass man sich über markenrecht informiert, bevor man kommerziell tätig wird. durch solche markenbotschafter, so erhofft sich jack wolfskin offenbar mit seiner unnachgiebigen und mutigen haltung, werden einerseits die vorzüge des deutschen rechtssystems illustriert und andererseits das image der marke gestärkt (jack wolfskin schützt, ist unnachgiebig, wetterfest, hermetisch und rechtlich gesehen einwadfrei). nicht nur marktteilnehmer die gedankenlos tatzen auf anziehsachen abbilden und kleben, sondern auch alle potenziellen käufer müssen verstehen, dass es gut für alle ist, wenn deutsches recht bis ans limit und zur vollen härte ausgeschöpft wird. wo würden wir denn hinkommen, wenn gerechtigkeitssinn oder ein gefühl für fairness höher stünden als der wortlaut von gesetzen?
dieses prinzip haben auch schon führende innenpolitiker erkannt, die sich nicht durch verweichlichte gutmenschen davon abbringen lassen wollen, familien mit kindern in ihre „heimat“ abzuschieben oder verfolgten asyl verweigern wenn deutsche gerichte und petitionsausschüsse das so entschieden haben. konzepte wie menschlichkeit, empathie, mitgefühl oder solidarität haben im kommerziellen und politischen bereich nichts verloren. für diese botschaft stehen jack wolfskin, jörg schöhnbohm oder wolfgang schäuble wie felsen in der brandung und stellen sich mutig gegen die „meute“ von verweichlichten AGB-nicht-lesern, heulsusen und ahnungslosen nicht-juristen.
diesen mut muss man auch mal loben!
lesenswert zum thema:
[nachtrag 22:46h]
peter breuer:
Sollte es gelingen, nicht nur Jack Wolfskin, sondern jede Art von Funktionsbekleidung unmöglich zu machen, Deutschland würde zur Modenation.
[nachtrag 22.10.2009, 18:30h]
bei jack wolfskin deutet sich umdenken an. manfred hell, der chef der firma jack wolfskin ist ab nächste woche wieder „im office“ und will die abmahnunen und die prozesse die dazu führten „prüfen“. das berichtet ralf schwartz im werbeblogger, nachdem er einen anruf von manfred hell bekam. ich finde, das hört sich vielversprechend an. siehe auch spreeblick und handelblatt.
[nachtrag 23.10.2009, 21:20]
um es mit den worten von johnny haeusler zu sagen: „ Jack Wolfskin zieht Abmahnungen zurück, bleibt bei seiner Haltung“
[nachtrag 20.10.2009]
der schlossplatz in berlin steht voll mit leeren hüllen und kulissen.
da ist die schinkelschen bauakademie-kulisse, eine ecke gemauert, der rest aus gerüsten und kunstofffolien zusammengestöpselt. die kunsthalle ist ein bemalter oder mit folien beklebter schuhkarton, immerhin findest sich in ihrem inneren mehr inhalt als taubenscheisse, müll und kies. daneben, ganz neu, eine aussichtsplattform aus gerüstteilen, die mit einer folie behängt wurde, die die schloss-fassadekulisse zeigt, die hier angeblich bald wiedererstehen soll.
ist das ein ausdruck der zeit, dass man die landschaft mit hohlen körpern vollstellt, mit nix drin, aber einer geschwätzigen, bunten, aufgemalten hülle? und warum häufen sich diese kulissen gerade am schlossplatz, in der mitte berlins?
ich verstehe susanne gaschke nicht. im falter hat sie einen artikel geschrieben, in dem sie ihrem hobby nachgeht das internet scheisse zu finden. sie findet email zwar „praktisch“, schätzt die „schier unerschöpflichen Recherchemöglichkeiten“ und vermutet, dass das internet „Wissenschaftlern“ vorzügliche gelegenheit zur „Kooperation“ bietet. was sie aber am internet aber stört, ist dass das schlechte der welt auch dort zu finden ist:
da findet „belanglos-plappernden Zeit-Totschlagerei“ statt, es wird gestohlen, gegeifert, gepöbelt, es gibt „sozial gestörte junge Männer“ und ideologen. was sie besonders zu stören scheint: im „netz“ wird „netzkritik“ nicht einfach nur zur kenntnis genommen, sondern debatiert — und manchmal eskalieren diese debatten auch noch!
das kann man ja auch mal ruhig anprangern, dass das internet kein paradies ist und nicht alle susane gaschkes meinung sind. was ich aber nicht verstehe, ist dass susanne gaschke auf der einen seite ein übermass an kommunikation feststellt, die sie einerseits „belanglos“ findet, anderseits aber auch allgegenwärtig („überall, zu jeder Zeit“). auf der anderen seite führt sie dieses übermass an kommunikation darauf zurück, dass „die Menschen“ sehr vereinzelt und aus ihren familien und sozialen bezügen gerissen sind und ein „riesengroßes“ kommunikationsdefizit entstanden ist.
ist das logisch? wie kommt sie darauf, dass intakte soziale und familiäre bezüge das bedürfnis nach kommunikation stillen würden? plappern glückliche menschen nicht? reden menschen aus intakten familien keinen blödsinn oder zu viel? streiten menschen, die aus stabilen familien stammen, nicht? oder anders gefragt, haben nicht auch menschen aus intakten sozialen gefügen und familien einen „kommunikationshunger“?
vor allem, was ist schlecht an kommunikation? kann man zuviel kommunizieren? wie erkennt man belanglose kommunikation? ist belanglose kommunikation schlecht? und wenn ja, warum sollte einen das stören?
für mich hören sich susanne gaschkes erklärungen für die schlechtigkeit des internet nicht wie argumente an, sondern wie die billigen, scheinheiligen und konservativen patentrezepte aus dem vatikan oder dem bibel-tv an: ist die familie intakt, ist die welt gerettet und das internet füllt sich mit relevanz und güte. aber vielleicht ist susanne gaschke nicht scheinheilig und konservativ, sondern nur naiv?
christian esch über „anti-sowjetischesn schaschlik“:
Anti-Sowjetskaja stand damals noch in roten Lettern über Wanins Restaurant und darunter in goldenen Buchstaben Schaschlytschnaja - Anti-Sowjetischer Schaschlik-Imbiss. Eigentlich führt Alexander Wanin gar keinen Imbiss, sondern ein anspruchsvolles Restaurant, das wie viele in Moskau mit dem Retro-Chic spielt. Zu essen gibt es postsowjetisch veredelte Volkskost, zum Beispiel den Fisch-Salat „Hering im Pelz“, ergänzt mit Rote-Beete-Eis und Schoko-Spritzern. […]Die Organisation „Rat der Veteranen“, Abteilung Moskau, hatte sich am Namen des Restaurants gestoßen. Das „unangemessene politische Wortspiel“ provoziere „alle Bürger, die die sowjetische Epoche in unserer Geschichte respektieren“, schrieb sie dem Präfekten von Nord-Moskau. Der Präfekt, frisch im Amt und ohne Skrupel, schlug zu. Schließlich ist Wahlkampf, und Patriotismus zieht immer. „Dabei hat der Name mit Politik gar nichts zu tun", erklärt Wanin. „Hier war über Jahrzehnte ein beliebter Imbiss, und der hieß im Volksmund 'anti-sowjetisch' - weil gegenüber das Hotel Sowjetskaja liegt.“ (weiterlesen)
Meine persönlich schärfsten Kritiker, die viel näher als ihr glaubt in meinem unmittelbaren Familien- und Freundeskreis sind, werfen mir vor, dass ich zwar eine einigermaßen stichhaltige Gegenwartsanalyse vortragen kann, aber wenig faszinierende Angebote zur Zukunftsgestaltung vorlege. Das mag an unsicheren und unübersichtlichen Zeiten und Verhältnissen liegen, aber der Kern der Kritik trifft nicht nur auf mich, sondern unsere gesamte Partei zu: Worin liegt das Zukunftsversprechen und die Aufstiegsperspektive, welche die SPD insbesondere auch jüngeren Generationen machen kann? Welche Kommunikationsplattformen und Veranstaltungsformate bieten wir dafür an?
naja. ein bisschen zumindest hat er verstanden: peer steinbrücks abschiedsrede vor dem SPD-vorstand auf spon.
kann mir mal einer erklären was an dieser geschichte von thomas stölzel „exklusiv“ sein soll?
exklusiv, weil thomas stölzel in seiner schreibübung die aussagen zweier verbandssprecher so verstümmelt und veröffentlicht hat, dass man sie nirgendwo anders in dieser form lesen kann? oder exklusiv, weil der artikel in der wiwo erscheint und sonst nirgendwo? oder exklusiv weil hier darüber geschrieben wird, dass irgendein verein angeblich plant künftig irgendwo irgendwas zu veröffentlichen?
das ist der dritte absatz des artikels:
Auch in Deutschland wächst der Widerstand gegen die Jubel-Blogger. „Das gibt es auch in Deutschland, dass Blogger käuflich sind“, sagt Falk Lüke, Referent für die digitale Welt beim Bundesverband der Verbraucherzentrale. So plant die Public-Relations-Branche, von 2010 an schwarze Schafe öffentlich anzuprangern.
das sensationelle (oder meinetwegen auch „exklusive“) an diesem absatz ist, dass jeder einzelne satz in keinerlei zusammenhang zur überschrift, dem vorher gehenden oder dem darauf folgenden satz steht.
der erste satz postuliert einen angeblichen widerstand gegen „Jubel-Blogger“, ohne ihn weiter zu spezifizieren oder zu belegen. dann ein sprung zu einer binsenweisheit, die aber nichts mit der überschrift („Schleichwerbung in Blogs soll öffentlich angeprangert werden“) oder dem widerstand gegen „Jubel-Blogger“ zu tun hat. (abgesehen davon ist es doch nichts schlechtes wenn bloger käuflich sind. ich habe mich zum beispiel von watch-berlin bezahlen lassen, von zeit online oder von leuten die eine webseite haben wollen. genau wie die wiwo verkaufe ich werbepläze. käuflich zu sein, hat erstmal rein gar nichts mit schleichwerbung zu tun, genausowenig wie autofahren zwangsläufig etwas mit auffahrunfällen zu tun hat.) dann, so als ob das vorher gehende zitat des verbraucherschützers falk lüke etwas damit zu tun hätte, leitet stölzel über zu zu einem angeblichen vorhaben der PR-Branche.
ich nenn das mal den dreifachen stölzel-absatz:
1. postulat zu A.
2. zitat von X zu B.
3. beschreibung eines vorhabens oder einer tätigkeit von Y mittels massnahme C.
könte man auch zu anderen themen machen, fernsehen zum beispiel:
in deutschland wächst der widerstand gegen volksmusik. „ich habe mal jemanden gesprochen, der den ZDF-fernsehgarten scheisse findet“, weiss felix schwenzel, der schonmal bei „boulevard bio“ im publikum sass. so plant RTL ab 2010 eine neue staffel von „deutschland sucht den superstar“.
thomas knüwer hat auch was zu stölzels artikel geschrieben, witzgerweise greift er nicht stölzel an, der den müll aus sinnfreen zitaten tendenziös und einseitig zusammengestückelt und -gekürzt hat, sondern alexander gütler, den präsidenten der gesellschaft public relations agenturen, der PR für seinen PR-verein macht. andererseits hat thomas knüwer natürlich recht, seine sätze stehen in einem erkennbaren zusammenhang und er hat sich endlich mal wieder kurz gefasst.
gestern habe ich zum ersten mal im traum gebloggt. in meinem traum sah ich im fernsehen irgendeine sendung die aussah wie die 2DF-hitparade und in der irgendeine abgehalfterte schlagersängerin einen comebackversuch startete. die sängerin war bei ihrem auftritt umgeben von tänzerinnen und tänzern, die im laufe des liedes ihre sekundären geschlechtsmerkmale entblössten. als das lied zuende war konnte ich auch primäre geschlechtsorgane sehen. ich setzte mich sofort an den rechner um den auftritt als aufmerksamkeitsheischend, billige provokation zu brandmarken. leider schrieb ich im traum genauso schlecht wie im echten leben, ich kämpfte mit den formulierungen, überlegte eine parallele zum stumpfsinnigen rammstein porno-musik-video herbeizuformulieren und beide als kalkulierte und verzweifelte bettel-versuche um mediale aufmerksamkeit abzustempeln. so nach dem motto, wenn sich schon keiner für unsere musik interessiert, klappts ja vielleicht mit ärschen, titten und ficken.
wobei, geklappt hats bei rammstein ja auch nicht. über das rammstein porno-musikvideo hat sich, soweit ich mitbekommen habe, niemand echauffiert oder es grossartig zur kenntnis genommen. zum echauffieren über den auftritt der schlagersängerin hats bei mir dann auch nicht gereicht, weil ich mitten im formulieren aufwachte und den traum übers frühstück-machen wieder vergass.
bob dylan sagte mal, dass die skyline moderner spiele durch das hirn von katzen und spatzen revolutioniert würde.
[nachtrag]
an der schönhauser allee fuhren heute weder u- noch strassenbahnen. die tram fährt da ja schon seit wochen nicht mehr, die nicht-fahrende ubahn war ein neues feature. als ersatz fuhr alle alle 20 minuten ein bus. wer plant sowas? ein bus als ersatz für alle fünf minuten fahrende, 100 meter lange züge und alle 10 minuten fahrende trams?
also lief ich zur arbeit und mir fiel auf, mprgens aus hamburg zur arbeit nach berlin zu fahren geht fast schneller geht, als aus dem prenzlauer berg nach mitte zu kommen. dafür bekommt man morgens auf dem berliner fussweg besseren kaffee als im ICE und trifft bloggigere leute: auf dem weg nach mitte sah ich noch kosmar (der sich lobend, aber vielleicht auch ein bisschen neidisch, über meine frisur äusserte), moni auf dem fahrrad.
ausserdem bemerkte ix, dass morgens mit leerem magen an einer metzgerei vorbeizugehen eher unangenehm ist. kalter fleischgeruch hat morgens was ziemlich ekliges. sonst ist nix passiert.
bodo hombach beschäftigt sich gefühlte 3 jahre nachdem das internet-manifest erschien und ein kollektives schulterzucken auslöste, auch mal mit dem manifest und schreibt eine „replik“.
im teaser steht:
Essen. „Es gibt keine Systeme, die ohne Regeln funktionieren“, sagt Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe, und fordert eine Debatte über Netz-Regularien. „Augen zu und durch“ ist keine Lösung, sagt er - und „Es wird schon alles gut“ erst recht nicht. Eine Replik.
was genau das mit „Essen.“ zu tun haben soll, weiss ich nicht, erinnert mich aber an eine meiner ersten architektur-vorlesungen in stuttgart, als der dozent am anfang seiner vorlesung laut ins mikro rülpste und das mit der sülze die er am abend vorher im speisewagen gegessen hatte erklärte. meine antwort auf hombachs steile these:
hamburg. „es gibt systeme die ohne regeln funktionieren“, sagt felix schwenzel, „onlinecommunitybenutzer“ aus berlin und hamburg und verweist auf die letzten zwanzigtausend jahre menschheitsgeschichte und die physik.
aber mal im ernst, wenn man die bedeutung des wortes „regel“ nachschlägt, erfährt man, dass regeln normen, vorschriften oder gesetzmässigkeiten sind (wikipedia: „Eine Regel ist eine aus bestimmten Regelmäßigkeiten abgeleitete, aus Erfahrungen und Erkenntnissen gewonnene, in Übereinkunft festgelegte, für einen bestimmten Bereich als verbindlich geltende Richtlinie.“). Ich weiss nicht ob es bodo hombach überrascht, aber das grösste system das wir menschen kennen, funktioniert ohne regeln: das universum unterliegt keinerlei vorschriften oder übereinkünften, sondern ausschliesslich den naturgesetzen. keine regel oder vorschrift hält die schwerkraft auf, auch wenn das in vielen fällen wünschenswert wäre. auch von menschen geschaffenen systeme funktionieren ohne regeln. klar, manchmal funktionieren sie mit regeln besser, gerechter oder menschenfreundlicher, aber sie funktionieren auch ohne regeln.
der entscheidende punkt steckt aber tatsächlich bereits in der definition die ich aus der wikipedia geklaubt habe: regeln werden aus erfahrungen und erkenntnissen gewonnen, sie sind übereinkünfte und sie werden stets nach dem sammeln von erfahrungen und erkenntnissen aufgestellt. systeme ohne regeln sind per definition selbstorganisiert. gäbe es diese systeme ohne regeln nicht, gäbe es auch keine regeln — oder um es für bodo hombach verständlich auszudrücken: es gab bereits vor der gründung des VDZ BDZV zeitungen und es gab bereits vor der niederschrift des pressekodex qualitätsjournalismus.
jetzt habe ich bereits mit der auseinandersetzung nur eines satzes von bodo hombach, knapp 400 wörter verpulvert. das kann ja lustig ein langer artikel werden, denn der oben zitierte satz ist nicht die einzige pseudoargumentation hombachs. statt zu argumentieren, postuliert hombach lieber: über das internet wird nicht debatiert, weil es eine „Verdrängungsspirale“ gibt, im gegensatz zu den klassischen medien, sei das internet von der politik kaum reglementiert, irgendwelche apostel oder leute fordern „unantastbare Freiheit“ für das internet und so weiter und so fort. mit belegen oder quellen müht hombach sich nicht ab.
hombach:
Ein Medium, das massenhaft Opfer produziert, hat seine universelle Freiheit längst aufgegeben. Anarchie führt eben nicht zur herrschaftsfreien Gesellschaft, sondern zur Machtübernahme durch die Rücksichtslosen. Man kann sich fragen, wie man z. B. Kinderpornografie im Internet eindämmt und möglichst verhindert, aber im Sinne der unantastbaren Freiheit gar nichts zu unternehmen, ist die Insolvenzeröffnung des Rechtsstaates, einer verantwortlichen Politik und einer offenen und freien Bürgergesellschaft.
mit dem medium das massenhaft „opfer“ produziert meint hombach natürlich nicht etwa die bildzeitung, „wild und hund“ oder das feldtelefon, sondern das internet. mit „anarchie“ meint er offenbar newsgroups, foren, blogs, webseiten, suchmaschinen oder soziale netzwerke die sich weltweit gebildet haben und dummerweise nur in deutschand der deutschen jurisdiktion unterliegen. und wie jeder weiss, sind nur die rücksichtslosen im internet erfolgreich: google, spiegel online, netzpolitik.org, die huffington post, ebay, amazon. schlimmer noch ist das beispielsweise bei facebook, xing, studivz und dem anarcho-netzwerk twitter. auch dort sind nur die rücksichtslosesten mitglieder an der macht. das alles muss dringend reglementiert werden, jetzt kommts, weil freiheit kinderpornographie ermöglicht. freiheit, anarchie, opfer, rücksichtslosigkeit, kinderpornografie. was für eine argumentationskette!
man kann den oben zitierten hombach-satz für ein plädoyer für den polizeistaat halten, wenn man den begriff des „mediums“ und des „internet“ mal weglässt. denn kinderpornografie und kindesmissbrauch entsteht nunmal vor allem im familienumfeld (in der realität und nicht im internet). und trotzdem: unser liberales rechtssystem schafft freiräume in denen solches unrecht möglich ist. der staat überlässt der familie, der privatssphäre, dem einzelnen menschen bestimmte unantastbare freiheiten. das wesen der freiheit ist, dass sie potenziell missbarucht werden kann. erstaunlicherweise nennt hombach diese unantastbarkeit der familie und der privatsshäre nicht „die Insolvenzeröffnung des Rechtsstaates“ — obwohl gerade diese freiheit mitunter unfassbare verbrechen möglich macht. die insolvenzeröffnung des rechtsstaats sieht er nur im internet. im internet fordert er eingriffe in elementare bürgerrechte (oder debatten darüber) — zum schutz der kinder und der urheber.
das grundsätzliche problem von regeln ist, dass man sie zwar aufstellen kann, aber ihre einhaltung manchmal nicht durchsetzen kann, ohne andere regeln zu verletzen. beim urheberrecht ist das ziemlich plastisch sichtbar. laut hombach würden urheberrechte im internet „plötzlich“ nicht mehr gelten, weil man sie ja massenhaft verletzen könne. die frage ist, wollen wir um urherberrechte zu schützen, regeln aufstellen und durchsetzen die bestimmte bürgerrechte aufweichen oder abschaffen? wollen wir privatwirtschaftliche interessen, also geschäftsmodelle, über bürgerrechte stellen? don dahlmann hat das dilemma aufschlussreich beschrieben.
um es kurz zu machen: hombach hat natürlich recht, auch das internet braucht regeln, die gesellschaft muss sich weiterhin fragen, wie sie ihr zusammenleben gestalten will. was hombach aber übersieht, ist dass sich diese regeln längst etabliert haben und weiter etablieren werden. es haben sich in demokratischen (nicht anarchischen) prozessen erfahrungen und erkenntnisse herausgebildet aus denen übereinkünfte und regeln erwachsen sind. diese regeln schmecken hombach nicht, deshalb ignoriert oder verteufelt er sie. hombach:
Jede Gesellschaft steht vor der Frage, welche Gesellschaft sie haben will. In der Demokratie geht alle Macht vom Volke aus. Warum also sollten wir nicht darüber diskutieren dürfen, nach welchen Regeln wir das Spiel spielen wollen. Wir wollen es nämlich nicht in jedem Fall verlieren.
würde hombach zugeben, dass sich im internet ganz gut funktionierende regeln etabliert haben, die teilweise nicht ganz den klassichen regeln entsprechen, könnte er sich nicht aufs „volk“ berufen und hoffen, dass es sein spiel spielt und für ihn gewinnt. er müsste zugeben, dass sich das volk (oder grosse teile davon) bereits überlegt hat, welche gesellschaft es haben will. dummerweise hat das volk nicht immer die intereessen oder die geschäftsmodelle der zeitungsverleger, der unterhaltungsindustrie, des finanzministeriums oder der polizeibehörden im sinn, wenn es sich überlegt in welcher gesellschaft es leben will.
deshalb, aber auch aus ein paar anderen gründen, ist die replik von bodo hombach auf das internet-manifest, interessengetrieben und scheinheilig und damit noch kleingeistiger und halbgarer als das manifest selbst. abgesehen von seiner interessengetriebenen scheinheiligkeit, hat bodo hombach natürlich recht.
jetzt weiss ich auch warum die off-galerie oel-früh „off-galerie“ heisst. sie ist am arsch der welt. heute abend sind die beifahrerin und ix mal kurz an den arsch der welt brandshofer deich 45 gereist um uns dort eine ausstellungseröffnung anzusehen. vor der ausstellung haben wir viele interessante sachen gesehen:
in der galerie angekommen haben wir uns dann zwei wände und vier blatt papier angesehen und zwei bier getrunken. das war alles sehr abstrakt, aber auch sehr hübsch und lecker. nach ca. 30 minuten aufenthalt sind wir dann nach 30 minuten fussweg und 15 minuten s-bahnfahrt wieder aus dem off zurückgewesen.