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die re­pu­bli­ca hat ihre (web­site) tore ge­öff­net. man kann jetzt ti­ckets bu­chen und sich zum auf­tre­ten be­wer­ben. in den letz­ten jah­ren hab ich das oft ver­passt. weil ich es die­ses jahr schon mit­te de­zem­ber be­merkt habe, kann ich vor weih­nach­ten dar­über nach­den­ken ob ich nächs­tes jahr auf der re­pu­bli­ca et­was er­zäh­len möch­te.

ei­gent­lich hab ich das ge­fühl, dass ich auf der re­pu­bli­ca be­reits al­les ge­sagt habe, was zu sa­gen ist. in mei­nen re­pu­bli­ca-bei­trä­gen hab ich ge­le­gent­lich auch ge­scherzt, dass ich je­des jahr das glei­che vor­tra­ge. was ei­ner­seits stimmt, an­de­rer­seit nicht. the­ma­tisch wür­de zum dies­jäh­ri­gen mot­to mein vor­trag zu erich fromm von 2017 pas­sen. wenn die re­pu­bli­ca zum dies­jäh­ri­gen mot­to schreibt …

„Never gon­na give you up“ ist mehr als ein nost­al­gi­scher Ohr­wurm oder ein lus­ti­ges Meme. Es ist eine Er­in­ne­rung dar­an, war­um es sich lohnt sich ein­zu­set­zen – für Viel­falt, Teil­ha­be und Mensch­lich­keit.

… dann wäre der hu­ma­nis­mus von erich fromm und mein auf­ruf dar­an zu ar­bei­ten uns selbst und an­de­re zu lie­ben auf je­den fall ein pas­sen­der bei­trag zum 26er mot­to der re­pu­bli­ca. aber eben auch ein bei­trag den ich be­reits ge­ge­ben habe. 2018 hab ich dann im prin­zip er­neut für mehr au­to­no­mie, ge­las­sen­heit und op­ti­mis­mus im um­gang mit der welt plä­diert (war­um wir nach fra­gen, nicht nur nach ant­wor­ten su­chen müs­sen). die rei­se nach in­nen als po­li­ti­scher akt, als ers­ter schritt zur welt­ver­bes­se­rung die ei­gen­lie­be und selbst­be­stim­mung.

ich habe mir eben von ge­mi­ni mei­ne bei­den re­pu­bli­ca vor­trä­ge von 2017 und 2018 zu­sam­men­fas­sen las­sen und ab­ge­se­hen da­von, dass ge­mi­ni das wirk­lich gut und prä­zi­se macht, sehe ich deut­lich, dass sich bei­de vor­trä­ge schon sehr äh­neln. mein witz, dass ich je­des jahr das glei­che auf der re­pu­bli­ca er­zäh­le hat also ein paar wah­re ker­ne.

die von ge­mi­ni ex­tra­hier­te bot­schaft mei­nes 2017er bertrags lau­tet …

Die Bot­schaft: Statt nur ge­gen et­was zu sein oder pas­siv zu kon­su­mie­ren, soll­ten wir ak­tiv wer­den und durch un­se­re ei­ge­ne Hal­tung die Welt „mil­li­me­ter­wei­se“ zum Gu­ten ver­schie­ben.

… und wür­de des­halb wohl auch zum 2026er mot­to pas­sen. mach ich aber nicht, kann man ja auf you­tube schau­en und ein best of schwen­zel auf­tritt auf der re­pu­bli­ca wür­de wohl nie­man­den hin­ter dem han­dy her­vor­lo­cken.


ur­sprüng­lich hab ich mei­ne auf­trit­te auf der re­pu­bli­ca als per­sön­li­che her­aus­for­de­run­gen ge­se­hen. schaf­fe ich es zu völ­lig ab­sur­den the­sen und ti­teln 30 mi­nu­ten vor­trag zu ge­ne­rie­ren die nicht völ­lig lang­wei­lig sind und mich nicht to­tal bla­mie­ren? „10 vor­schlä­ge die welt zu ver­bes­sern“, „wie ich lern­te die über­wa­chung zu lie­ben“, war­um das in­ter­net schei­ße ist. meis­tens war ich am ende zu­frie­den mit mei­nen vor­trä­gen, das pu­bli­kum auch. ju­dith hor­chert fass­te mei­nen ge­dämpf­ten high-per­for­mance ehr­geiz mit dem ich an re­pu­bli­ca vor­trä­ge her­an­ging da­mals (2012) pas­send zu­sam­men:

Fe­lix Schwen­zel ist Web-Ent­wick­ler und Blog­ger, auch wenn er das selbst längst nicht mehr so nennt, son­dern lie­ber "ein­fach so ins In­ter­net" schreibt. Ge­nau­so hält er dies­mal "ein­fach so" ei­nen Vor­trag, der schon skur­ril be­ginnt: "Das In­ter­net be­steht aus Men­schen. Das ist mei­ne The­se", sagt er und stellt gleich dar­auf tro­cken fest, dass das ja ei­gent­lich kei­ne The­se sei, son­dern eine Plat­ti­tü­de. Macht aber nichts. Im­mer­hin reicht so eine Aus­sa­ge bei ei­nem Schwen­zel-Vor­trag für meh­re­re Fo­li­en und so­gar für ein vor­läu­fi­ges Fa­zit, auch wenn er da lie­ber "noch ein biss­chen dran ar­bei­ten" wol­le.


2024 habe ich mich dann zu ei­nem the­ma be­wor­ben, zu dem ich aus­nahms­wei­se ex­per­ti­se hat­te — oder mir zu­min­dest über 4 jah­re eine ge­wis­se ex­per­ti­se er­ar­bei­tet hat­te. mir war es ein an­lie­gen über hun­de zu spre­chen, de­ren er­zie­hung und un­ser ver­hält­nis zu ih­nen und das na­tür­lich auch (wie­der) in den gros­sen zu­sam­men­hang der mil­li­me­ter­wei­sen welt­ver­bes­se­rung zu stel­len: hun­de sind auch nur men­schen.

2020 woll­te ich über ein an­de­re the­ma, in dem ich mir ex­per­ti­se er­ar­bei­tet hat­te, spre­chen: heim­au­to­ma­ti­sie­rung. we­gen co­vid blieb es dann aber beim vor­trags­vor­schlag. heu­te glau­be ich, dass heim­au­to­ma­ti­sie­rung kein gu­ter re­pu­bli­ca-bei­trag ge­wor­den wäre. ge­nau­so wie ein vor­trag über das blog­gen auf der re­pu­bli­ca 2026 wohl eher wie ein luft­hauch ein­schla­gen wür­de, also we­der in­ter­es­se noch in­ter­ess­anz ge­ne­rie­ren wür­de.


dazu kommt, dass ein vor­trag auf der re­pu­bli­ca sehr viel ar­beit be­deu­tet. zu­min­dest für mich. für et­was leich­tig­keit, un­ter­halt­sam­keit, spon­ta­ni­tät be­nö­ti­ge ich enorm viel vor­be­rei­tung. ich ste­cke ger­ne viel ar­beit in vor­trä­ge (oder auch ar­ti­kel hier und an­ders­wo), weil mir schrei­ben hilft die welt zu ver­dau­en und zu ver­ste­hen, mei­nen denk­ap­pa­rat be­schäf­tigt und trai­niert und ich am ende mehr weiss als vor­her.

aber um mich für so viel ar­beit zu mo­ti­vie­ren, brau­che ich schon eine ge­wis­se eu­pho­rie­ba­sis um den grös­sen­wahn ei­nes sol­chen pro­jekts zu le­gi­ti­mie­ren. tat­säch­lich gibt es der­zeit ein paar the­men die mich enorm fas­zi­nie­ren und zu de­nen ich null ex­per­ti­se habe. lei­der sind die the­men so breit ge­streut, dass ich trotz in­ten­si­ven nach­den­kens noch nicht auf eine the­ma­ti­sche klam­mer ge­kom­men bin, wes­halb ich sie jetzt mal auf­schrei­be und so schrift­lich drü­ber nach­den­ke.

die the­men sind im gros­sen und gan­zen den­ken, in­tel­li­genz, netz­werk­ef­fek­te, spiel­theo­rie und teil­chen­phy­sik.

mein in­ter­es­se am the­men­kom­plex „den­ken“ und „in­tel­li­genz“ hängt mit mei­ner ju­gend­li­chen lek­tü­re von ho­imar von dit­furth zu­sam­men. in „im an­fang war der was­ser­stoff“ ar­gu­men­tiert dit­furth ja, dass in­tel­li­genz und geis­ti­ge prin­zi­pi­en nicht erst mit dem mensch­li­chen ge­hirn in die welt ka­men. die na­tur zeig­te in­tel­li­gen­tes „ver­hal­ten“, lan­ge be­vor es neu­ro­na­le struk­tu­ren gab. sei­ne zen­tra­le the­se ist dass die ent­wick­lung vom was­ser­stoff­atom bis hin zum mensch­li­chen be­wusst­sein kein zu­fall, son­dern eine in der ma­te­rie an­ge­leg­te zwangs­läu­fig­keit war. die­se the­sen hän­gen im­mer wie ein schlei­er über mei­nen ge­dan­ken, wenn ich über künst­li­che in­tel­li­genz oder künst­li­che neu­ro­na­le net­ze nach­den­ke.

aber noch fas­zi­nie­ren­der, und da schliesst sich der kreis zur teil­chen­phy­sik, ist was ge­mi­ni in sei­ner zu­sam­men­fas­sung von „im an­fang war der was­ser­stoff“ schrieb:

Dar­aus lei­tet Dit­furth ab, dass un­ser heu­ti­ges mensch­li­ches Be­wusst­sein und un­se­re In­tel­li­genz nicht der End­punkt der Evo­lu­ti­on sind. Da sich der Kos­mos als ein sich selbst or­ga­ni­sie­ren­des Sys­tem stän­dig wei­ter­ent­wi­ckelt, be­trach­tet er den Men­schen eher als eine Über­gangs­form. Un­se­re In­tel­li­genz ist le­dig­lich das ak­tu­el­le Werk­zeug, mit dem das Uni­ver­sum be­gon­nen hat, über sich selbst nach­zu­den­ken – aber kei­nes­wegs das letz­te oder höchs­te.

die­se sicht­wei­se, dass wir ein weg des uni­ver­sums sind, über sich selbst nach­zu­den­ken, wird auch von carl sa­gan und bri­an cox ver­tre­ten.

The cos­mos is wi­thin us. We are made of star-stuff. We are a way for the uni­ver­se to know its­elf.

Carl Sa­gan

We are the cos­mos made con­scious and life is the me­ans by which the uni­ver­se un­der­stands its­elf.

Bri­an Cox

in die­ser aus­ga­be von star talk von neil de­gras­se ty­son („Are We The Uni­ver­se’s Way of Kno­wing Its­elf?“) spre­chen cox und ty­son ge­nau dar­über, über emer­genz und — na­tür­lich — teil­chen­phy­sik. bri­an cox kann ich stun­den­lang zu­hö­ren, vor al­lem wie er die un­ge­wiss­hei­ten sei­nes for­schungs­felds ver­ständ­lich macht und wie er da­mit um­geht, dass wir be­reits ei­ni­ges wis­sen, aber trotz­dem fast nichts rich­tig ver­ste­hen.

die the­men netz­werk­ef­fek­te und spiel­theo­rie spie­len in ei­ner ähn­li­chen liga. bei bei­den ent­ste­hen aus ein­fa­chen re­geln kom­ple­xe sys­te­me aus de­ren be­ob­ach­tung wir ei­ni­ges ab­lei­ten kön­nen, das uns im um­gang mit mo­der­nen tech­no­lo­gien und ge­sell­schaft­li­chen her­aus­for­de­run­gen hel­fen könn­te. zum fas­zi­no­sum spiel­theo­rie war die­ses ve­ri­ta­si­um-vi­deo mei­ne ein­steigs­dro­ge. ge­mi­ni:

Das Vi­deo ver­bin­det das „Klei­ne-Welt-Phä­no­men“ (Small-World-Net­work) mit der Spiel­theo­rie, ins­be­son­de­re dem Ge­fan­ge­nen­di­lem­ma. Ro­bert Axel­rods Com­pu­ter­tour­nie­re in den 1980er Jah­ren zeig­ten, dass in wie­der­hol­ten Spie­len ko­ope­ra­ti­ve Stra­te­gien wie „Tit for Tat“ (wie du mir, so ich dir) am er­folg­reichs­ten sind, so­lan­ge sie „nett“ (be­gin­nen ko­ope­ra­tiv), „ver­gess­lich“ (nicht nach­tra­gend) und „klar“ (vor­her­seh­bar) sind. Watts und Stro­gatz über­tru­gen dies auf Netz­wer­ke und zeig­ten, dass in stark ver­netz­ten „Small-World“-Struk­tu­ren Ko­ope­ra­ti­on eben­falls ge­dei­hen kann, aber an­fäl­lig ist, wenn zu vie­le „Ab­kür­zun­gen“ (zu­fäl­li­ge Ver­bin­dun­gen) die lo­ka­len Ko­ope­ra­ti­ons­clus­ter auf­bre­chen. Das Vi­deo il­lus­triert die­se Prin­zi­pi­en an­hand rea­ler Bei­spie­le wie dem Kal­ten Krieg (Nu­klea­re Ab­rüs­tung), Tier­ver­hal­ten (Sym­bio­se) und dem mo­der­nen In­ter­net, wo­bei es be­tont, dass in­di­vi­du­el­le Ent­sch­ei­dun­gen zur Ko­ope­ra­ti­on lang­fris­tig die bes­ten Er­geb­nis­se für alle lie­fern kön­nen, selbst in ei­ner Welt vol­ler Ego­is­ten.

zum the­ma netz­werk­ef­fek­te war es die­ses ve­ri­ta­si­um vi­deo. ge­mi­ni:

Das Vi­deo be­leuch­tet die ma­the­ma­ti­schen Prin­zi­pi­en hin­ter dem „Klei­ne-Welt-Phä­no­men“ (Small-World-Net­work), das er­klärt, war­um in rie­si­gen Netz­wer­ken – sei­en es Men­schen, Neu­ro­nen oder Web­sei­ten – je­der Punkt mit je­dem an­de­ren über nur we­ni­ge Ecken ver­bun­den ist. Die Kern­te­o­rie von Watts und Stro­gatz zeigt, dass be­reits we­ni­ge zu­fäl­li­ge „Ab­kür­zun­gen“ (Short­cuts) in ei­nem stark ge­clus­ter­ten Netz­werk ge­nü­gen, um die durch­schnitt­li­che Di­stanz dras­tisch zu ver­kür­zen, wäh­rend Al­bert-Lá­szló Bar­a­bá­si mit dem Prin­zip des „Pre­fe­ren­ti­al At­tach­ment“ er­gänzt, dass Netz­wer­ke or­ga­nisch wach­sen, in­dem neue Kno­ten be­vor­zugt an be­reits stark ver­netz­te an­do­cken, wo­durch zen­tra­le „Hubs“ ent­ste­hen, die das Sys­tem ex­trem ef­fi­zi­ent, aber auch an­fäl­lig für die schnel­le Aus­brei­tung von Krank­hei­ten oder In­for­ma­tio­nen ma­chen.


kei­ne ah­nung wie und ob ich das zu ei­nem strin­gen­ten the­ma oder vor­trags­vor­schlag zu­sam­men­bin­den kann. die­ser ar­ti­kel ist je­den­falls der ers­te schritt da­hin und zeigt auch, dass men­schen (oder zu­min­dest ich) gar nicht mal so gute den­ker sind. ni­klas luh­mann soll sinn­ge­mäss ge­sagt ha­ben, dass das den­ken ohne schrei­ben gar nicht in der Tie­fe mög­lich ist. das schrei­ben sei nicht das er­geb­nis des den­kens, son­dern der pro­zess des den­kens selbst. oder wie ich es mal ge­sagt habe, ins in­ter­net schrei­ben gleicht ei­nem ver­dau­ungs­vor­gang.

in die­sem sin­ne habe ich jetzt den re­pu­bli­ca26 call for pa­pers vor­ver­daut. ob am ende ne schö­ne vor­trags­wurst raus­kommt ist jetzt noch nicht ab­zu­se­hen.


an­mer­kun­gen, nach­trä­ge, [m]:

  • die mot­to-il­lus­tra­ti­on/ani­ma­ti­on der re­pu­bli­ca26 oben hab ich mo­di­fi­ziert da­mit sie ei­nen dunk­len hin­ter­grund hat. für den RSS-feed hab ich ein gif er­zeugt.
  • die zu­sam­men­fas­sun­gen von zwei mei­ner vor­trä­ge durch goo­gles ge­mi­ni (3 pro) ha­ben mich so sehr fas­zi­niert, dass ich sie noch­mal se­pa­rat ver­öf­fent­licht habe (2017 und 2018). in ge­wis­sem sin­ne sind das ja zeit­do­ku­men­te, die den er­staun­li­chen stand die­ser tech­no­lo­gie il­lus­trie­ren. viel­leicht hat ge­mi­ni die vor­trä­ge in sei­ner zu­sam­men­fas­sung durch LLM-klug­schiss so­gar ver­bes­sert.