das ist schon ein kunststück: jakob augstein schreibt eine ganze kolumne über george packers merkel-portrait und schafft es nicht das ding zu verlinken (siehe wirres.net vom 30.11). ich entziehe hiermit spiegel online das „online“.
vodafone hat mich heute auf die veranstaltung digitising europe im gasometer eingeladen. weil die kanzlerin auch auf der konferenz sprechen wollte, waren die sicherheitsvorkehrungen sehr, sehr hoch:
im vorfeld musste ich meinen geburtsort und mein geburtsdatum angeben. wegen dem BKA, wie es hiess.
nachdem wir (ich war mit dem nufdort) uns unsere umhängeausweise abgeholt hatten und um kurz vor 10 ins gasometer gehen wollten, wurden wir dort abgewiesen, weil unsere umhängeausweise keinen roten punkt hatten.
also sind wir 200 meter zurück zum akkreditierungsschalter gegangen, haben uns dort rote punkte auf den umhängeausweis kleben lassen und konnten dann ins gasometer.
im gasometer musste ich meinen laptop einmal einschalten, um zu beweisen, dass mein laptop ein computer ist.
im gasometer haben wir uns dann alle sehr sicher gefühlt.
die rede von angela merkel war erstaunlich fluffig und im gegenteil zu ihren vorrednern, die beide leitende positionen bei vodafone innehaben, auch erstaunlich buzzwordfrei. ich mochte auch, dass merkel IT wie „informations-technologie“ aussprach und nicht wie „information technology“. weil ich mir keinen notizen gemacht habe, sind mir von angela merkels rede nur zwei dinge im gedächnis geblieben: merkel meinte, man solle bei innovationen, IT- und netztechnologien nicht nur die risiken betrachten, sondern auch die chancen. daraus leitete sie unter anderem ab, dass man beim thema datenschutz sowohl gesetzliche möglichkeiten schaffen müsse, die eine weitgehende personalisierung von kommerziellen angeboten ermögliche, als auch die kontrollmöglichkeiten einzelner, was ihre privatsphäre angeht, stärken müsse. auch wenn das natürlich eine sowohl-als-auch-aussage ist, kann man da eigentlich nichts gegen sagen und dieses sowohl-als-auch spiegelt sehr gut meine persönliche meinung zum datenschutz. wie sich das konkret auswirkt, wenn das in gesetzesform gegossen wird, könnte natürlich noch spannend werden.
bei der netzneutralität wurde merkel konkreter. sie wiederholte die seit kurzem bekannte (und falsche) regierungshaltung, dass sowohl das „freie, offene und allgemein zugängliche internet“ geschützt werden müsse, wie auch möglichkeiten für „innovative spezialdienste“ geschaffen werden müssten. heise zitiert merkel wie folgt:
„Innovationsfreundliches Internet heißt, dass es eine bestimmte Sicherheit für Spezialdienste gibt“, sagte sie. „Die können sich nur entwickeln, wenn auch berechenbare Qualitätsstandards zur Verfügung stehen.“ Diese „Spezialdienste“ sollten bevorzugt durchs Netz geleitet werden.
mich erinnert diese haltung ein bisschen an orwells farm der tiere (oder den CIA filmanimal farm)
Alle Dienste sind gleich, aber manche sind gleicher.
die gut lobbyierte regierungs-, bzw. telekomunikationsanbieterhaltung zur netzneutralität ist so absurd und unlogisch, dass sie eigentlich nur von bürokraten oder profitorientierten massanzugsträgern stammen kann. versucht man sie zu verbildlichen, kommt man auf aussagen wie:
wir sind für einen freien, offenen markt, aber bestimmten waren wollen wir zölle auferlegen, um innovationen zu fördern.
oder nochmal anders gesagt: das was merkel und die vO₂dakoms europas sich unter netzneutralität vorstellen, ist nicht der forsche ausbau des autobahnnetzes, sondern investitionen in profitabel erscheinende privatautobahnen, auf denen man, während der autobahnausbau schleppend oder gar nicht vorangeht, fürs vorankommen blechen muss.
das ist ja im prinzip legitim, nur leider haben telekomkonzerne nicht den mut offen zu sagen, dass sie ihre netze nur ausbauen wollen, wenn ihnen die netzneutralität nicht in die quere kommt und ihre geschäftsmodelle gefährdet. stattdessen verschleiern sie ihr profitstreben mit nebelkerzengerede von „innovation“, „sicherheit“ und „zukunftsfähigkeit“.
apropos innovation. wenn man den präsidenten, CEOs, CTOs heute zuhörte, könnte man denken, wow, die telekommunikationsbranche sprudelt ja nur so vor innovation. GSM, 1G, 2G, 3G, 4G und demnächst sogar 5G, smartphones, handys und demnächst noch innovativere, unvorstellbar schnelle dienste — wie toll sind diese konzerne denn bitte? irre, was die in den letzten 30 jahren so geschaffen haben.
und dann fällt einem wieder ein, wie die telekom, vodafone und wie sie alle heissen, jahrelang innovationen gebremst haben, indem sie, zum beispiel, telefonherstellern absurde vorschriften gemacht haben und so telefonfunktionen konsequent kastriert haben, um proprietäre und teure angebote zu pushen, die keiner wollte. errinnert sich noch jemand an WAP? i-mode? vor 14 jahren wurden diese dienste von den telekomunternehmen als heisser scheiss gepusht riesengrosse innovationen gefeiert - und niemand wollte sie und kaum einer nutzte sie.
damals, wie heute bei der aufweichung der netzneutralität durch sogenannte „schnelle überholspuren“, ist die motiviation solcher „innovationen“ in erster linie kaufmännisch. man macht sich hoffnungen, damit ganz viel geld verdienen zu können.
wenn man vodafone, der telekom, telefónica und all den anderen anbietern von netzdiensten die „innovationen“ überlässt, kommen sachen raus wie zur jahrtausendwende vizzavi, sperrung von telefonfunktionen wie bluetooth und infrarot, damit man fotos vom telefon lediglich (teuer) per MMS verschicken kann oder (überteurte und oft abo-basierte) downloadportale für klingeltöne und bilder. wenn man an dieses prä-smartphone-zeit zurückdenkt, assoziert man mit den netzanbietern eher innovationshemmer, als -treiber. wobei das heute nicht anders ist, man denke nur an den routerzwang, willkürliche drosselungen und nicht vorhandenenes internet in grossstadt-ubahntunneln.
die beste visualisierung der innovationskompetenz der grossen netzanbieter ist die absenz eines einfachen und breit akzeptierten mobilen bezahlsystems in europa. obwohl da seit 20 jahren kräftig „innovation“ betrieben wird, ist im endkundenmarkt genau gar nichts angekommen.
das war so ungefähr, was mir bei der selbstbeweihräucherung von vodafone und der telekommunkationsbranche heute im gasometer durch den kopf ging. und ich bin mir sehr, sehr sicher, dass die aufweichung der netzneutralität, die vodafone, die telekom, telefónica (usw.) erfolgreich als innovationsgarantie lobbyiert haben, genau die gleichen folgen haben wird, wie damals™: innovation ersticken, endkunden nerven, gründer ohne kapital benachteiligen und für eine weile ein paar lausige pennys in die taschen der netzanbieteraktionäre spülen.
bis wieder jemand von aussen kommt und die kleinlichen, gemeinwohlfeindlichen geschäftsmodelle der netzanbieter in der pfeife rauchen wird — so wie es apple, google, whatsapp, facebook, aber vor allem das offene, freie internet erst kürzlich getan haben.
renée j. james rede über grosse datenmengen (big data) fand ich relativ beeindruckend, aber ihre folien waren wirklich sehr überambitioniert.
jörg dräger redet englisch wie christoph waltz. sein vortrag war aber trotzdem — oder gerade deshalb — super.
ulf ewaldsson hat das bester sprecher-training aller vortragenden genossen. er hielt sich nicht mit details oder kleinkram auf, sondern wanderte an den grossen innovationslinien der telekomunikationsindustrie entlang, intonierte seine worte wie tim cook und war dabei trotzdem noch überzeugend und glaubwürdig.
matthew kirk hatte neben der moderatorin mishal husain den angenehmsten britischen akzent und könnte ohne kostümwechsel eine rolle in jedem beliebigen remake von 70er-jahre fernsehserien mitmachen. und mishal husain könnte ohne kostümwechsel in the newsroom mitspielen.
kenneth cukiers anzug passte nicht besonders gut, aber sein vortrag war einer der wenigen, in dem es nicht um die eigenen leistungen ging.
auch wenn das was ich oben über innovation und netzneutralität schrieb etwas negativ klingt, ich fand die veranstaltung heute sehr erhellend und für so eine selbstvergewisserungsnabelschau auch sehr divers. es ist erstaunlich, was sich in den letzten 20 jahren in der kommunkationsbranche getan hat und noch erstaunlicher, was sich mit allgegenwärtigen, schnelleren, besseren netzen noch alles denken lässt. vor allem zeigt sich, dass hier, in der netzinfrastruktur, der entscheidende (und kritische) punkt für die zukunft liegt. wie diese zukunft aussieht, wurde heute im inspirirenden, wie im beunruhigenden sinne deutlich. es zeigt sich vor allem, was wir alle, die politik, unternehmen, die gesellschaft, viel zu lange nicht erkannt haben: dass die netzinfrastrukturen viel zu wichtig sind, um sie alleine der profitorientierten privatwirtschaft zu überlassen. danke vodafone, für die erinnerung. vielleicht fasst das ja auch jemand so für angela merkel zusammen. die sz hat es mal versucht.
[nachtrag 05.12.2014] heise meldet, dass die bundesregierung bereits ein konzept in der schublade hat:
Spezialdienste dürften nur „bei ausreichenden Netzkapazitäten erbracht werden“, heißt es demnach in einem Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums, auf das sich das Bundeskabinett nun geeinigt habe. Es wolle demnächst einen Vorschlag in die europäischen Verhandlungen einbringen.
Insgesamt plane die Regierung, ein offenes, gleiches Internet für alle und eine garantiert reibungslose Abwicklung von Spezialdiensten wie Video on Demand oder Telemedizin gegen Aufpreis. Spezialdienste dürften nicht diskriminierend auf andere Dienste wirken und andere Internetangebote nicht ersetzen. So soll die Vielfalt im Netz erhalten werden. Die Regulierungsbehörden sollen sicherstellen, dass diese Vorgaben eingehalten werden.
für mich hört sich das nach einem ähnlich undurchsichtigem gewurschtel wie beim leistungsschutzrecht an. wie wird „ausreichend“ definiert? wann genau, diskriminieren „spezialdienste“, wann nicht? hier scheinen sich grosse interpretationsspielräume zu öffnen und in der folge dann rechtsunsicherheiten.
Was immer klarer wird: Diese Bundesregierung möchte mangelnde finanzielle Unterstützung für den Breitbandausbau mit weniger Netzneutralitätsregeln für die Telekommunikationsunternehmen kompensieren.
Mit dem vorgelegten Positionspapier werden Drosselkom-Tarife legalisiert, aber derzeitigen Verletzungen der Netzneutralität nicht wirksam einen Riegel vorgeschoben. Das liest sich erstmal wie eine Mogelpackung.
dass blogger immer alles fotografieren müssen, ey.
steffan heuer und thomas ramge wunderbar differenziert über google und seine vielen gescheiterten strategien:
Von außen und über die vergangenen Jahre hinweg betrachtet, scheinen die Investitionsentscheidungen von Google vor allem den persönlichen, hochfliegenden Vorlieben der beiden Gründer zu folgen. Die stecken das Scheitern von großen Projekten beachtlich souverän weg. Nach einem geheimen Masterplan mit dem Ziel der Weltherrschaft sieht das eher nicht aus.
theresia enzensberger und hannes grassegger haben sich mal den datenhandel von grossen publikumstiteln angesehen:
Deutsche Medienhäuser kämpfen in ihren Zeitungen und Magazinen meist engagiert für den Datenschutz. Doch manche handeln gleichzeitig mit ihren Kundendaten.
Profisurfer sind braun gebrannte Beaus und schöne Frauen in Bikinis. Wer anders aussieht oder sich der Soft-Porno-Ästhetik verweigert, findet in der Szene keinen Platz.
ich glaube man kann das für viele sportarten verallgemeinern: gebt dem volk arsch und spiele.
[...] Hansen [...] wants young people who idolize movie, TV and music stars to know that “what they see is smoke and mirrors.”
es gibt neuigkeiten aus hollywood: was man im fernsehen oder kino oder auf dem computer sieht ist nicht echt und darauf angelegt uns zu täuschen. ich verlinke diesen text trotz des sarkasmus im vorherigen satz gerne, weil der umfang und die qualität der täuschungstechnologien in den letzten jahren erstaunliche fortschritte gemacht hat.
eine krippe mit jesus, maria und joseph und einem engel. die würde ich auch bei uns im wohnzimmer akzeptieren, neben dem plastiktannenbaum.
ich habe das noch nicht gelesen, aber die bilder von alten büchern haben mir gefallen und die überschrift auch. wenn ich das gelesen habe, werde ich wohl auch das ganze blog abonnieren, weil mir die url gefällt.
peter breuer über clickbaiting das erzeugen falscher erwartungen auf spiegel online, in der hoffnung leser zum kauf des hefts zu animieren. sein fazit nachdem er den spiegel im rewe durchgeblättert hat:
Ich habe den SPIEGEL dann zurückgelegt und eine WENDY gekauft. Die Geschichten sind einfach besser recherchiert.
Bezos appeared to put the Fire Phone in a category of what he called “smart failures,” NBC reports, saying that “companies that don’t continue to experiment, that don’t embrace failure” end up in trouble later.
bezos ist ja nicht der einzige der sagt, man müsse auch fehler machen um voranzukommen. eigentlich weiss jeder vernünftige mensch, dass fortschritt zwangsläufig auch fehler beinhaltet.
langes interview mit dem ziemlich klugen chris rock:
What would you do in Ferguson that a standard reporter wouldn't?
I'd do a special on race, but I'd have no black people.
Well, that would be much more revealing.
Yes, that would be an event. Here's the thing. When we talk about race relations in America or racial progress, it's all nonsense. There are no race relations. White people were crazy. Now they're not as crazy. To say that black people have made progress would be to say they deserve what happened to them before.
Right. It's ridiculous.
So, to say Obama is progress is saying that he's the first black person that is qualified to be president. That's not black progress. That's white progress. There's been black people qualified to be president for hundreds of years. If you saw Tina Turner and Ike having a lovely breakfast over there, would you say their relationship's improved? Some people would. But a smart person would go, “Oh, he stopped punching her in the face." It's not up to her. Ike and Tina Turner's relationship has nothing to do with Tina Turner. Nothing. It just doesn't. The question is, you know, my kids are smart, educated, beautiful, polite children. There have been smart, educated, beautiful, polite black children for hundreds of years. The advantage that my children have is that my children are encountering the nicest white people that America has ever produced. Let's hope America keeps producing nicer white people.
It's about white people adjusting to a new reality?
Owning their actions. Not even their actions. The actions of your dad. Yeah, it's unfair that you can get judged by something you didn't do, but it's also unfair that you can inherit money that you didn't work for.
was ich besonders gerne mochte war diese antwort. ich glaube das gilt für jede kreative tätigkeit. man muss sich vorbilder suchen, vor allem aber vorbilder denen man auf keinen fall nacheifern möchte:
When I started doing comedy at Catch a Rising Star, I used to get there at 7:45 and leave about two in the morning. That's six hours a night watching comedians for a good six years straight. Just watching, watching, watching. What I learned more than what I wanted to be was what I didn't want to be and what I didn't want to say.
grossartiger text über das digitale leben im plattform-zeitalter von günter hack:
Das sorgsam über Jahrzehnte hinweg aufgebaute Image von Amerikas sauberer High-Tech-Industrie als Quell immer neuer Wunder, vollbracht von einem nicht abreißenden Strom immer neuer junger Genies: Es ist angekratzt. Dank scheinbarer Mutanten wie Uber droht die Internetwirtschaft ähnlich attraktiv zu werden wie die Atomkraft, die in ihren Anfangsjahren ja auch als Erlösungstechnik verkauft wurde, als unerschöpfliche Quelle billiger Energie. Als die wahren Kosten der Kernkraft sichtbar wurden, folgten Jahrzehnte erbitterter Proteste, das ursprünglich so saubere Image ließ sich auch mit der geballten PR-Macht von Großindustrie und Staat nicht wiederherstellen.
torsten hampel hat im tagesspiegel ne reportage über vorwerk-vertreter und den status quo des direktvertriebs veröffentlicht. hab ich gerne gelesen.
chris messina über google plus und soziale netzwerke und die zukunft des digitalen lebens. sollte man lesen, auch — oder gerade weil — es gerade überall verlinkt wird. bei t3n wird's auch verlinkt, leider schafft man es dort noch nichtmal es einigermassen korrekt zusammenzufassen.
der artikel in der presse, in dem wolfgang greber beschreibt wie er sein kind demütigt und züchtigt wird gerade rauf und runter diskutiert (kein link). bei vice (über rivva) hab ich zuerst davon gelesen, johannes korten hat auch sehr eindringlich dazu geschrieben. toc4 hat in den kommentaren zu johannes kortens artikel auch etwas bemerkenswertes geschrieben:
Nebenbei bemerkt ist Urvertrauen subversiv. Wer von sich selbst das Gefühl hat, einfach durch Geburt ein liebenswerter Mensch zu sein und glaubt, dass schon alles ganz in Ordnung klappen wird mit dem Leben, der passt nicht in eine Leistungsgesellschaft.
unheimlich. jemand hat die reaktionen auf bearbeitete portraits per hirnstrom-gedöns gemessen und damit auf das ideale gesicht, dass sich die probanden wünschen, geschlossen.
irgendwer verteilt in hamburg fördergelder an künstler und künstlerkollektive. in den kommentaren wird angemerkt, dass der geldsegen offenbar fast exklusiv an männer und alte bekannte geht: zehn künstler, eine künstlerin, eine galerie (deren chefin im letzten jahr in der jury sass die ihr dieses jahr die förderung vermachte), vier kunstkollektive oder institutionen.
Was für ein unfassbarer Müll doch „Der Hobbit - eine unerwartete Reise“ ist!
Sechs Stunden laufen diese unerträglichen Zwerge in einer Art durch grüne Wiesenlandschaften, dass man sich lieber eine 13er-Bande aus Jar Jar Binks und seinen debilen Cousins herbeiwünschen würde und werden ab und an von lächerlichen Quatschmonstern angegriffen, die einem 180-Millionen-Dollar-Produktions-Budget Hohn spotten.
ich muss christian ihle leider zustimmen. ich hab mir die beiden ersten teile angesehen — und es jedes Mal bereut meine zeit mit dem quatsch verschwendet zu haben. aber ich habe mir geschworen den dritten teil unter keinen umständen anzusehen. für den sind sogar die trailer scheisse.
grossartige, kurze commencement speech von tim minchin, voller kleiner wahrheiten und humanismus. und guter witze:
Be hard on your opinions. A famous bon mot asserts opinions are like assholes in that everyone has one. There is great wisdom in this but I would add that opinions differ significantly from assholes in that yours should be constantly and thoroughly examined.
manchmal schafft es sibylle berg tatsächlich etwas kompliziertes auf den punkt zu bringen und mich dazu zu bringen zu sagen: gern gelesen.
interessante fragen: was passiert mit der filmindustrie, wenn städte wie los angeles oder new york ihre strassenbeleuchtung mit LED-leuchten austauschen, die sehr viel weisseres licht werfen, als die alten leuchten. und: wie reagieren wir auf so beleuchtete städte? ich kann mich gut erinnern wie früher französische städte oder belgische autobahnen nachts meine stimmung radikal veränderten.
After taking some umpteenth, continuing education, photography class — to keep my sanity while doing the mommy thing — we studied some of Cindy Sherman's work, that night, I turned the camera onto myself. All forms of art and pop culture influence my work, from the masters to film to literature to fashion magazines.
When I was a boy, my Momma would send me down to a corner store with $1, and I'd come back with 5 bags of potatoes, 2 loaves of bread, 3 bottles of milk, a hunk of cheese, a box of tea, and 6 eggs.
You can't do that now. Too many fuckin' security cameras!
grossartiges portrait von angela merkel, deutschland und europa im new yorker (autor: george packer). ich glaube der blick von aussen ist bei der introspektion immer hilfreich, aber packers text ist auch ziemlich gut zusammenrecherchiert (und sehr lang).
was mir besonders gefiel, war die beschreibung von angela merkels geduld und ihrer relativen emotionslosigkeit. sie nimmt macho-gehabe, gespött und niederlagen nicht persönlich emotional, sondern analytisch, perspektivisch und völlig uneitel auf und dreht die angriffe mit geduld und geschick meist so, dass sie sich gegen die angreifer und spötter wenden.
auch schön, dass george packer behauptet, gerhard schröders haare seien am wahlabend 2005 gefärbt gewesen:
On Election Night, Merkel, Schröder, Fischer, and other party leaders gathered in a TV studio to discuss the results. Merkel, looking shell-shocked and haggard, was almost mute. Schröder, his hair colored chestnut and combed neatly back, grinned mischievously and effectively declared himself the winner. “I will continue to be Chancellor,” he said. “Do you really believe that my party would take up an offer from Merkel to talk when she says she would like to become Chancellor? I think we should leave the church in the village”—that is, quit dreaming. Many viewers thought he was drunk. As Schröder continued to boast, Merkel slowly came to life, as if amused by the Chancellor's performance. She seemed to realize that Schröder's bluster had just saved her the Chancellorship. With a slight smile, she put Schröder in his place. “Plain and simple—you did not win today,” she said. Indeed, the C.D.U. had a very slim lead.
ich bin mal gespannt ob gerhard schröder schon seine anwälte geweckt hat, und die anwälte per klage weiter an seinem image als eitler gockel feilen lässt.
[nachtrag]
der new yorker schreibt bestimmte wôrte wie reëducation oder preëminence oder élite oder naïveté eigentümlich. dominik schwindt wies mich auf diesen quora-strang hin, in dem justin stone das erklärt:
In addition to its use of a dieresis where others would use a hyphen, The New Yorker spells “theatre” Britishly, includes the serial comma, spells out even really long numbers (so long as they’re round), and doubles the consonant before a suffix (“travelled”, not “traveled”).
[W]hat appears to you or me an “outdated” spelling (the direct result of an outdated style guide) is just as likely to appear to someone else a signifier of refinement, integrity, or stability—that is, a signifier of the tradition in which TNY is steeped. The lords of the style guide would rather defer to this tradition than revise it. It’s like the anti-vanguard.
ich habe interstellar zwar noch nicht gesehen, aber alexander matzkeit hat (glaube ich) mit allem was er hier sagt recht.
ich wollte übrigens als ich nach mockingjay aus dem kino kam originell sein und meiner faszination an dem film ausdruck verleihen, indem ich ihn mir wag the dog in eine reihe stelle und eine rezension des films auf dem bildblog fordern würde (wegen medien-kritik und -reflektion und so). hab ich dann aber gelassen.
ich hab keine ahnung ob die apple watch ein erfolg wird oder das schicksal des cube oder zune teilen wird. aber das was nick hayek hier sagt, erinnert mich fatal an das was die führungskräfte von nokia, microsoft oder research in motion (blackberry) 2007 zum iphone sagten: lächerlich teuer, wir sind optimal aufgestellt (steve ballmer), zu kompliziert, keine tastatur (jim balsillie), kein copy und paste (alle):
Von den vorgestellten Funktionen der Apple Watch zeigt sich Hayek enttäuscht. „All diese Smart Watches werden unsere Branche nicht revolutionieren“, erwartet Hayek. Für den kommenden Sommer kündigte er eine eigene Fitness-Swatch an.
im wall street journal schrieben anton troianovski und sven grundberg 2012 über das scheitern von nokias smartphone-strategie:
And when the iPhone emerged, Nokia failed to recognize the threat.
Nokia engineers’ “tear-down” reports, according to people who saw them, emphasized that the iPhone was expensive to manufacture and only worked on second-generation networks—primitive compared with Nokia’s 3G technology.
der witz am iphone war: konsumenten liebten es von anfang an (ich nicht, weil ich 3G und tethering vermisste) und apple verbesserte das iphone von generation zu generation massiv (irgendwann gab es 3G und tethering). es fällt allen, mich eingeschlossen, sicher sehr leicht, sich über die apple watch kaputt zu lachen: tägliches laden, kläglicher funktionsumfang, teuer, brauch-kein-mensch-haltung (ging mir beim ipad auch so). aber apple und deren uhr zu unterschätzen, dürfte mit ziemlicher sicherheit ein grober fehler von nick hayek sein.
Genauso ist es. Mein Mantra: Isso. Aufstehen, weitermachen. Man kann es nur immer wieder versuchen.
auch passend zitiert:
„Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere; aber wir sehen meist so lange mit Bedauern auf die geschlossene Tür, dass wir die, welche sich für uns geöffnet hat, nicht sehen.“ (Alexander Graham Bell)
ich habe immer versucht mich nicht allzu sehr zu ärgern über niederlagen, meine inkompetenzen und schwächen oder wenn ich mich in sackgassen befand. das sagt sich natürlich leicht, ärger vermeiden indem man sich weniger ärgert, aber ich habe meistens das glück, dass es mir gelingt. wenn ich mich doch mal ärgere bin ich meistens nicht nachtragend, vor allem mir selbst gegenüber. ich habe auch keine ahnung ob sich mein ärger irgendwo aufstaut (ich glaub’s nicht), aber das wichtigste finde ich, dass verpuffter ärger die augen und alternativen öffnet. und wenn nicht: durch. weiter hinten ist (fast) immer licht. und ohne ärger im bauch, kommt man schneller wieder ans licht.
kai biermann über das rechtsverständnis des BND:
Der BND ist der Ansicht, dass deutsche Gesetze wie beispielsweise das Grundgesetz für ihn nur gelten, solange seine Beamten mit beiden Beinen auf der Erde stehen - auf deutscher Erde. Bekannt gemacht hat diese Haltung die Datenschutzbeauftragte des BND, die unter dem Kürzel „Frau Dr. F.“ im Ausschuss aussagte. Dort war ihr die Frage gestellt worden, wo denn die Datenerhebung stattfinde, wenn Kommunikation überwacht werde, die über Satelliten laufe. Ihre Antwort: „Nach meiner Rechtsauffassung ist das in Bad Aibling, daher im Geltungsbereich des BND-Gesetzes. Das sieht die Leitung aber nicht so.“
Wie sich herausstellte, ist die Leitung des BND der Meinung, die Datenerhebung finde im Weltraum statt, dort seien ja schließlich die Satelliten. Dort aber würden gar keine Gesetze gelten. Dass die Antennen zur Erfassung der Daten in Bad Aibling in Bayern stehen, sei unerheblich. Fand die Datenschutzbeauftragte zwar nicht, aber sie sei „überstimmt“ worden, sagte sie.
das risotto habe ich heute zum zweiten mal gemacht. es war schon beim ersten mal ganz lecker, aber mit anlauf, beim zweiten mal wird’s dann oft besser. die geschmacksmischung ist ziemlich wild, aber ziemlich angenehm. wird auch, wie alles frittierte, von 17 und 18 jährigen gegessen.
(der helle flausch auf dem essen ist übrigens kein schimmel oder parmesan, sondern fein geriebene zitronenschale.)
wilde geschmacksmischung, leckere frittere anteile, typisch ottolenghi und trotzdem bodenständig und relativ einfach zu kochen.
zutaten
30 g butter
2 EL olivenöl
2 zwiebeln, fein gehackt
2 knoblauchzehen
2 EL thymianblättchen
2 (bio) zitronen, von einer die schale fein abgerieben, von einer die schale in dünnen streifen abgeschnitten
300 g risottoreis (ich nehm immer milchreis)
500 g geputzter rosenkohl, davon 200 gramm in dünne scheiben geschnitten und den rest geviertelt
200 ml weisswein
900 ml gemüsebrühe (ich hab heisses wasser genommen)
400 ml sonnenblumenöl zum fritieren
40 g parmesan (oder mehr)
60 g dolcelatte (ich hab gotgonzola genommen) in 2 zentimeter-würfeln
10 g frischer estragon, gehackt (ich hab ne handvoll getrockneten aus dem glas genommen)
salz und pfeffer
zubereitung
die butter und das olivenöl hab ich 10 minuten lang mit den zwiebeln bei mittlerer hitze geschwitzt. danach sollen der knoblauch, die zitronenschalenstreifen und der tymian nochmal 2 minuten mitschwitzen. die zitronenschalenstreifen hab ich übrigens mit dem sparschäler von den zitronen abgeschnitten und danach in sehr dünne streifen geschnitten. ottolenghi lässt die, laut kochbuchbildern, in breiten streifen mitschwitzen.
danach habe ich den milchreis eine minute mitschwitzen lassen, mit dem wein abgelöscht und in den reis einziehen lassen. erst dann kamen die in scheiben geschnittenen rosenköhle dazu, nochmal ne minute bei hoher hitze mitschwitzen.
ein teelöfel salz und viel pfeffer dazu und dann das übliche risotto-gewese: alle 3 bis 4 minuten einen kräftigen schwung wasser, rühren, einziehen lassen, weiter. ich hab ungefähr 1200 milliliter gebraucht, bis der reis ok war.
während das risotto köchelt soll man die rosenkohlviertel frittieren. weil mich multitasking allgemein überfordert, heute aber speziell, weil ich die beifahrerin erstmal milchreis kaufen schicken musste, hab ich das frittieren vorher erledigt: in einer kleinen pfanne 2 zentimeter hoch sonnenblumenöl füllen, sehr heiss werden lassen und dann eine handvoll rosenkohlviertel vorsichtig ins fett geben und eine minute frittieren. das spritzt tierisch, auch wenn der rosenkohl trocken ist. letztes mal hatte ich das fett nicht heiss genug, aber wenn das fett heiss genug ist werden die rosenköhle in einer minute schön braun, ein bisschen knusprig und garen fast durch. wichtig ist: immer nur eine handvoll, also wenig rosenkohl, ins siedende fett geben. danach den rosenkohl auf küchenpapier einen teil der enormen menge aufgesogenen fetts abgeben lassen.
wenn das risotto und die rosenkohlviertel fertig sind, das feuer runterdrehen, also ausmachen, die beiden käse und den estragon unterrühren und danach die häfte des fritierten rosenkohls unterheben.
ottolenghi empfiehlt die restlichen rosenkohlviertel, den zitronensaft und die abgeriebene zitronenschale zur deko zu verwenden, es schadet aber meiner meinung nach nichts das alles schon im topf zusammenzurühren.
peer schader schaut sich deutsche quatsch-siegel-vergeber an, die deutschland „grossflächig versiegeln“ -- gegen gebühr:
Das ist ja das Schöne an der Empfehlungsindustrie: Am Ende kann sich jeder als Sieger fühlen. Außer den Leuten, die das alles ernst nehmen.
ich wünsche mir ja sehr, dass peer schader sich demnächst mal die matrazen-outlet-industrie ansieht, die meiner beobachtung nach sehr gekonnt mit gezielter kundenverwirrung arbeiten und über deren praktiken eigenartig wenig in den medien zu lesen ist.
macaroni mit cheese und peas. und ein paar möhren.
Maybe there is no real you. There are just the yous that you can construct, and the you that you can make that seems the most accepted and respected, that is who you prefer to see as the “real" you.
interessante frage: gibt es ein wahres, authentisches ich? oder verhalten wir uns stets so, wie es uns am vorteilhaftesten erscheint, bzw. so, dass wir in den gemeinschaften in denen wir uns bewegen oder in die wir aufgenommen werden möchten maximale akzeptanz und respekt erreichen? ich vermute auch, aber nicht ausschliesslich. und vor allem vermute ich, dass drogen wie alkohol oder kognitive einschränkungen (wie sie manchmal das hohe alter mit sich bringt) durchaus das wahre ich entblössen können. mich erschreckt es jedenfalls zutiefst, wenn freundliche menschen unter alkoholeinfluss gemein oder aggressiv werden.
Da sitzen internetunerfahrene Menschen (mein Eindruck nach zahlreichen Gesprächen), die sich unsicher fühlen, die nach einem Umgang mit einem Thema suchen, das ihnen selbst fremd ist, weil sie damit nicht aufgewachsen sind und dann steht da vorne jemand der Benzin in deren glühenden Ängste schüttet.
mein eindruck nach dem lesen ist, dass manfred spitzer sich gut eingelesen hat in das handbuch für schlangenölverkäufer; einfache lösungen profitabel mit grosser emotionlisierung als lösung für komplexe probleme verkaufen.
ich bin nicht ganz sicher ob dieser artikel ernst, halbernst oder ironisch gemint ist. was aber auch egal ist, denn witzigerweise habe ich ein paar tage vor diesem taz-artikel genau hierdrüber nachgedacht: wie beleidigt man eigentlich leute, ohne andere, unbeteiligte zu verletzen oder herabzusetzen? oder andersrum gefragt, warum beklagen sich eigentlich ausgerechnet hochbegabte und gut bezahlte autoren darüber, dass man von ihnen verlangt sich kunstvoller und rücksichtsvoller auszudrücken, statt das als herausforderung zu sehen? sollte man — gerade als autor — nicht das florett dem schwert vorziehen, um mal die ausgelutschteste metapher der welt zu nutzen?
vielleicht ist das eigentliche problem, dass #ulfharaldjanmatthias einfach unfassbar schreib- und denkfaul sind? oder völlig von jeder kreativität befreit?
jens schröder, der alte fuchs, hat sich die traffic zahlen von den krautreportern angesehen, obwohl die keine zahlen rausgeben: die aufmerksamkeitskurve geht nach einem starken start ein bisschen nach unten, aber ich glaube das geht in ordnung: die krautreporter haben gezeigt, dass sie gute texte liefern können und der nächste knaller kommt bestimmt — und dann steigen die zahlen wieder. /bei turi2 gefunden
„Aber ansonsten sind Quote und Algorithmus ganz unterschiedliche Modelle.“ Bei Netflix gehe es darum, dem Zuschauer zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort einen Vorschlag zu machen. Die Quote kann lediglich im Nachhinein mit der anderer Sendungen verglichen werden. Sie ist vor allem ein Instrument für Werbekunden. Netflix, das auf Abonnements basiert, braucht keine Werbekunden, dafür aber die höchstmögliche Zufriedenheit der Abonnenten - und einen Maßstab dafür, welche Filme die Abonnenten zufrieden machen. Wenn Netflix auf Einkaufstour geht, sind es die aggregierten Zuschauerdaten, die den Preis bestimmen.
ich frage mich ob sebastian esser das gelesen hat. abgesehen davon ist die folgende zahl so faszinierend, dass ich sie nicht glauben mag:
Mittlerweile beschäftigen sich laut The Atlantic bei Netflix 800 Computeringenieure allein mit dem Algorithmus.
Aber die Psychologie der führenden Geheimdienstköpfe funktioniert völlig anders. In den Augen dieser Leute handeln sie selbst völlig korrekt. Sie fühlen sich geradezu zur Totalüberwachung verpflichtet. Denn offensichtlich ist ein politisch-administratives System entstanden, das fast jede gesellschaftliche Herausforderung mit Überwachung beantwortet. Dass es bisher praktisch keine nennenswerten Konsequenzen aus den Snowden-Enthüllungen gab, lässt den Schluss zu, dass aus der Innenperspektive alles okay ist. Außer den Enthüllungen.
Zwar braucht man ein monströses Verdrehungsvermögen der Realität, um das so zu sehen. Aber das ist eindeutig vorhanden. Das ist ja das Gefährliche an einer derart radikalen Unkontrollierbarkeit der Geheimdienste: zu deren Geschäft gehört zwingend die Täuschung und die Lüge gegenüber dem Gegner. Und als Gegner in dieser Welt kann tatsächlich jeder betrachtet werden, der eine Machtbeschneidung anstrebt. Auch, wenn diese Machtbeschneidung demokratisch durch Parlamentarische Ausschüsse geschieht. Oder durch Journalisten. Britische Behörden haben ernsthaft den Helfer und Partner von Glenn Greenwald als "Terroristen" gebrandmarkt. Und immer wieder wird gedroht, gegen die Journalisten des "Guardian" wegen "Terrorismus" zu ermitteln.
sascha lobo zählt zwei entscheidende punkte auf: die überwachung ist politisch gewollt und widerstand gegen überwachung macht einen automatisch (früher oder später) zu einem terroristen. damit lösen sich zwei wichtige säulen der demokratie auf: parlamentarische kontrolle (die in sachen geheimdienste defakto nicht existiert) und die ordentliche gerichtsbarkeit, die zu einem politischem (einschüchterungs-) instrument verkommt.
sarah levy und christopher piltz habe für diese reportage den reportagepreis für junge journalisten bekommen:
Auf einmal war er weg, untergetaucht in der Menschenmenge. Er kommt zurück, dachte Marianne Heuer über ihren dementen Mann. Also suchte sie und wartete. Doch wann gibt man einen geliebten Menschen auf?