wunderbar differenzierte auseinandersetzung mit dem öl und sand in unseren gesellschaftlichen getrieben von gregor keuschnig:
Eine Gesellschaft ist auf breiten Konsens angewiesen. Dieser muss herbeigeführt werden, zur Not im politischen Streit. Dies geschah beispielsweise in den 1970er Jahre offen und polarisierend, wenn es um die neue Ostpolitik und die aufgestauten Modernisierungsdefizite der Gesellschaft ging. Diese Politik wurde von Widerständen begleitet. Brandts Spruch, mehr Demokratie wagen zu wollen, führte am Ende zur Akzeptanz seiner Politik. Der politische Gegner akzeptierte dies; der Konflikt wurde ausgetragen unter Beteiligung des Bürgers. Die heutzutage von den sogenannten Populisten oftmals ins Feld geführten »schweigenden Mehrheiten« schwiegen nicht: sie wurden befragt. Die Politik stellte sich dem Ergebnis - mit dem Risiko des Scheiterns.
Zu Beginn der 1980er Jahren änderte sich dieser Stil. Die Politik suchte für seine großen Vorhaben keinen breiten Konsens mehr, sondern praktizierte mehr und mehr einen gut meinenden Paternalismus. Alle grundsätzlichen Entscheidungen über Projekte innerhalb der Europäischen Gemeinschaft bzw. später Europäischen Union wurden nicht im gesellschaftlichen und politischen Diskurs erörtert, sondern dekretiert.
in den kommentaren zu diesem artikel ist christoph keese sehr aufgebracht und meint stefan niggemeier habe unfair kritisiert. sehr lustig ist aber, dass keese im laufe seines zweiten oder dritten kommentars hans-ulrich jörges bescheidenheit unterstellt. sehr grosses kino.
judith holofernes singt eine ode auf dolly parton. natürlich völlig zu recht. neu auf meiner youtube-watchlist: Dolly Parton Platinum blonde von der BBC.
michel friedman ist sehr stolz darauf, sich nicht für details zu interessieren, sondern fürs ganze. wenn man die 20 minuten rumschreierei durchhält, erkennt man in jedem satz friedmans, dass seine vorurteile und überzeugungen nicht von „diesen details“ tangiert werden. nicht im geringsten. eine grässliche sendung.
Please paint a picture of David Attenborough sitting proudly atop a great white shark which has somehow evolved legs and is winning the men's 400 metre hurdles having eaten the other athletes.
Ich mag Amy Schumer.
Ein Interview, dass in seiner Offenheit in Deutschland wahrscheinlich so nicht denkbar wäre. (Und in den USA wahrscheinlich auch nur bei Howard Stern.)
dieses interview ist in deutschland vor allem deshalb nicht möglich, weil es in deutschland niemanden gibt wie howard stern und amy schumer. oder hab ich was überhört?
I am struck by how fragile civilization is. Even if the war was over many people couldn't go home immediately because home isn't there. Sometimes the house that people lived in isn't there. Sometimes the town or district isn't there. Things that you think of as being so permanent are fragile and permeable. And I'm as struck by the things that you think of as fragile, like people, being so tough and so resilient. These people have endured tragedies and ordeals that are almost unthinkable. And yet they are smiling. These people are resilient. People are resilient. So it's a sort of weird ball of fragility and resilience. How incredibly fragile are the systems within which we exist.
quinn norton weist auf die komplexität und gefährlichkeit der welt hin, insbesondere der welt, die wir uns mit hilfe von computern zusammengedengelt haben.
The same human impulse that has kept lotteries alive for thousands of years keeps people fighting the man against the long odds. “Maybe I'll get away with it, might as well try!"
sehr frustrierend, sehr wahr, aber nichts desto trotz, so wars schon immer. die welt, das leben war immer schon gefährlich. mal mehr, mal weniger.
mich erinnerte der artikel an ein aha-erlebnis vor ungefähr 17 oder 18 jahren, als ich auf einem universitätsrechner eine php-forum-software installierte und mich der admin fragte, wie ich sicher sein könne, bei tausenden von zeilen PHP-code, dass die software sicher und fehlerfrei sei. weder war ich sicher, dass die software sicher oder fehlerfrei war (war sie natürlich nicht, ist sie auch heute nicht), noch bin ich sicher, wie ich jemals über irgendwas sicher sein kann. ich glaube eine unserer herausragenden eigenschaften als menschen ist, dass wir sehr gut ein gewisses mass an unsicherheit aushalten können. diese eigenschaft sollten wir stetig trainieren.
quinn nortons fazit lautet:
Computers don't serve the needs of both privacy and coordination not because it's somehow mathematically impossible. There are plenty of schemes that could federate or safely encrypt our data, plenty of ways we could regain privacy and make our computers work better by default. It isn't happening now because we haven't demanded that it should, not because no one is clever enough to make that happen.
So yes, the geeks and the executives and the agents and the military have fucked the world. But in the end, it's the job of the people, working together, to unfuck it.
neben vielen klugen kleinen und grossen gedanken (unter anderem, für uns alle ist das internet und das ding mit der sicherheit nach wie vor #neuland) und noch ein anderer, interessanter gedanke:
After spending some time with [the Intelligence Community, who call themselves the IC], I am pretty sure I understand why they don't care about the complaining. The IC are some of the most surveilled humans in history. They know everything they do is gone over with a fine-toothed comb -- by their peers, their bosses, their lawyers, other agencies, the president, and sometimes Congress. They live watched, and they don't complain about it.
die meisten nennen die überschriften von heftig.co click-baits, klickfallen oder likefallen. emotional aufgeladene überschriften, die neugierig machen sollen. mein problem mit den überschriften ist das pathos. ich finds eklig. eine überschrit wie
Diese Frau musste viel erleiden und ihr Lächeln ist ungewöhnlich. Der Grund ist einfach überwältigend.
oder der untertitel der seite
Dinge die wichtig sind. Erzähl' sie weiter!
ekeln mich, weil alles daran falsch ist und darauf angelegt unsere schwäche für pathos auszubeuten. letztes jahr hat sascha lobo auf der republica zu mehr pathos und wut aufgerufen. ich rufe: wir müssen pathos bekämpfen und lächerlich machen wo es nur geht. wir brauchen postpathos.
Durch die überraschende Dimension des Projekts - im Vergleich zu den erhofften 900.000 Euro Startkapital waren alle bisherigen Versuche, unterschiedliche Spieler-Persönlichkeiten unter einen gemeinsamen Online-Hut zu bringen, kleinere Vorübungen - könnte sich erstmals ein ernst zu nehmender Blogger-Markt mit entsprechenden Marktwerten und Ablösesummen bilden. Das spüren wohl auch die Kritiker, die jetzt nörgelnd auf der Ersatzbank sitzen oder nicht ins Team gewählt wurden (keine Sorge, es soll weitere Zukäufe geben). Doch die Fokussierung auf den Spieler- und Trainermarkt - nicht auf den Inhalt - macht das Projekt auch fragil, filterbabbelig und leicht angreifbar. Die Beteiligten werden eine hohe Frustrationstoleranz brauchen.
der spiegel (online) über einen wahlkampfauftritt von frank-walter steinmeier auf dem alexanderplatz:
"Weil wir den Frieden wollen, dürfen wir es euch nicht so einfach machen: Die Welt besteht nicht nur auf der einen Seite aus Friedensengeln und auf der anderen Seite aus Bösewichten", brüllt Steinmeier mit hochrotem Kopf. "Die Welt ist leider komplizierter."
den hochroten kopf sehe ich nicht. steinmeier verliert nicht eine sekunde lang die contenance. er redet ein bisschen lauter als zum beispiel im fernsehen, aber ungefähr genauso laut wie er immer redet wenn er hinter einem podium steht.
Google ist eine Bibliothek. Eine unfassbar große, unfassbar leicht zu bedienende, „universell zugängliche“ Bibliothek. Warum gilt für sie, was für keine andere Bibliothek außerhalb der Welt von „1984“ gilt? Warum gibt es für Google eine Pflicht zum Vergessen?
posener führt danach ein paar beispiele aus seinem eigenen leben an, die zeigen dass nicht die zugänglichkeit von daten und fakten ein problem ist, sondern deren missbrauch, deren fehlinterpretation und -- schlimmer -- das unvermögen sich dagegen zu wehren.
Mit einem Wort: nicht die Öffentlichkeit gefährdet die Freiheit, sondern das Geheimnis. Es sind immer Diktatoren, die Bibliotheken säubern wollen. Es sind selten die Guten, die Informationen über sich verschwinden lassen wollen. Meines Erachtens droht eine Welt wie in „1984“ nicht von Google. Sondern von den Google-Gegnern. Oder sagen wir vorsichtig (man weiß nie, wer alles mitliest): von einigen unter ihnen.
der absatz oben ist natürlich nicht ein wort. ein wort wäre: postprivacy.
die beifahrerin hat ein interview mit der malerin henrieke ribbe gemacht. und zwei tage lang geklagt, was für eine irre arbeit das sei. hat sich aber gelohnt.
und wenn das bild dem portraitierten dann am ende nicht so ähnlich sieht, wie reagieren die leute dann?
naja, die sind dann schon enttäuscht. es gibt eh nur sehr wenige, die am ende total begeistert reagieren. das liegt aber vielleicht auch nicht so sehr an mir bzw. dem bild. manche sind vielleicht auch eh nicht so die leidenschaftlichen spiegelkucker.
herm scheint so eine art hassliebe gegenüber der warschauerbrücke zu haben. ich habe eine liebesbeziehung zu solchen artikeln von herm.
People should go out and walk free of distractions, says Nicholson. "I do think there is something about walking mindfully. To actually be there and be in the moment and concentrate on what you are doing."
And this means no music, no podcasts, no audiobooks. It might also mean going out alone.
spazierengehen und duschen sind meine beiden lieblingsnachdenktätigkeiten.
Aber es gibt eben auch das Gegenteil. Also die Seiten, die Zeitungsleser am Frühstückstisch mit den Worten über den Tisch reichen: “Kuck mal, wat für'n Käseblatt."
Und weil es immer ganz gut ist, wenn man Beispiele hat, habe ich mal drei Texte rausgesucht. Das hier sind die ersten Sätze.
„Zur Jahreshauptversammlung lud am Samstagabend der Box Sportclub Münster 23 e.V. in der Gaststätte Nemann an der Metzerstraße.“
„Zu einem Werkstattkonzert unter dem Titel ,Neue Musik' lud die Musikschule Nienberge am Sonntagabend in das evangelische Lydia-Gemeindezentrum ein.“
„Eine durchweg positive Bilanz des vergangenen Jahres konnte auf der Generalversammlung des SV Concordia Albachten am Sonntag im Clubheim an der Hohen Geist 7 gezogen werden.“
ich möchte einen weiteren ersten satz ersten satz ins rennen werfen:
Friedemann Karig, praktisch erfahrener Zukunftsforscher, strategischer Planer, Autor, Moderator und Journalist, begeisterte auf der re:publica mit einem Vortrag über neue Narrative gegen Überwachung.
der satz stammt von elisabeth pohl und der zugehörige artikel wurde auf netzpolitik.org veröffentlicht. in der sache hat elisabeth pohl natürlich recht. der vortrag war sehr, sehr gut, wurde mit applaus bedacht, ist empfehlenswert und im rest des artikels auch gut zusammengefasst. aber den griff in die pressemitteilungs- oder käseblatt-phrasenkiste nimmt der leselust schon einiges an fahrt.
ich fand das unfassbar lecker. aber dieses wochenende hab ich mich gefragt, warum ich das für zwei euro fünfzig beim falaffel-mann kaufen soll, wenn man es mit zwei bund petersilie und einem scharfen messer auch selbst machen kann.
hier redet lars thomson angeblich über die zukunft der automobilindustrie, aber eigentlich ist es brilliante werbung für tesla, bzw. teslas model s. gefunden bei teachandtrain.de
wer solche käufer hat, braucht keine werbung. ich korrigiere, wer solche produkte hat, braucht keine werbung.
wann und wo kann man die dinger mieten?
Auch ich musste zeitweise sehr die Zähne zusammenbeißen, um die Serie trotz meiner Enttäuschung weiterzuschauen. Gehalten hat mich hauptsächlich professionelles Interesse.
Treue Zuschauer wurden am Ende definitiv belohnt. Nicht nur, dass die Plotwendungen einem am Ende mehrfach den Boden unter den Füßen wegziehen - die Aufstockung des Casts durch Bill Paxton, Patton Oswalt und B. J. Britt als Agent Triplett fügt dem Ensemble tatsächlich mal ein paar Charaktere hinzu, die so wirken, als wüssten sie was sie tun.
ich würde es weniger drastisch ausdrücken. agents of shield ist ne ganz gute mittegute fernsehserie mit längen, hab sie aber meistens gerne gesehen.
christoph kappes unterstützt die krautreporter „bisher nicht“. aber:
Wer Lust dazu hat, ein Experiment zu fördern oder anderen Leuten bei der Selbständigkeit zu helfen, sollte sich von Kritik nicht abhalten lassen. So etwas ist eine Herzens- oder Haltungssache - und da es am Ende dann doch um ein Medienprodukt geht, das ohnehin noch niemand kennt, kann man sich auch analysefrei für oder dagegen entscheiden, wie man ein Buch kauft oder einen Film sieht. Genauso kauft man ja auch Medien sonst - und freuen oder ärgern kann man sich dann hinterher.
"Soll ich einfach rausziehen oder warten bis jemand kommt?" - @journelle am Ende ihres Vortrags (es ging um ihr Mikrofon, ihr Ferkel.) #rp14
Suggestion: next time, make the statue entirely out of penises. Then it will be essentially self-polishing. pic.twitter.com/ir5VVNgQXt
Ain't no fail RT @COdendahl: Newpaper picture caption fail: "US President Obama with Merkel in White House garden" pic.twitter.com/YkgRgS7u8Z
One of the computers that would receive a nuclear missile launch order from the President still uses big floppy disks pic.twitter.com/6SOZ8AExUp
kritik an der startaufstellung, kritiker-kritik kritik auf diversen metaebenen hin oder her, es gibt eine gute chance, dass das #kraut zu einem bunten und ansehnlichen busch heranwächst und jede/r kann seine 60 euro dung dazu beitragen.
gute, nein sehr gute zusammenfassung der #rp14 von michael domsalla:
Die #rp hat keine Themenstränge, keine Zielgruppen, sondern eher Besuchercluster. Deshalb kann die FAZ ganz anders darüber schreiben, als die T3N und es stimmt doch.
Die #rp war immer eine Gesellschaftskonferenz und keine Internetkonferenz. Es ist ja nicht so, daß sich das Internet nicht immer schon der Gesellschaft geöffnet hätte. Es ist doch so, daß sich nun langsam die Gesellschaft dem Internet öffnet. Deswegen waren es nun über 6000 Besucher und nicht mehr 600. Nicht andersherum.
der verein deutsche sprache (VDS) sucht ein alternatives wort für podcast. anatol stefanowitsch schlägt podcast vor. und listet vorschläge anderer auf.
Greenwald's book is insightful, compelling, and absolutely shocking, but don't forget to exercise your skeptical muscles. This is, after all, a long-form essay from a single writer. It has, of course, been vetted and edited, but it is still one part of a broader picture.
Ich hab mal die Krautreporter unterstützt und ein Abo zugesagt. Für ein Jahr. Für 60 Euro.
Wegen Stefan Niggemeier.
Trotz Richard Gutjahr.
Stanley Kubrick's satirical masterpiece [...] remains as outrageously prankish, juvenile, and derisive as ever. Which, given the subject of nuclear annihilation, is exactly right.
oder in meinen worten: es gibt kein thema das so ernst ist, dass man darüber keine witze (oder witzige filme) machen sollte. /daringfireball.net
er ist durchgenudelt, aber trotzdem nicht aus der welt zu schaffen, der mythos mit den vielen inuit-wörtern für schnee. so wie der mythos mit dem frosch im langsam erwärmten wasser kaum aus der welt zu schaffen ist. aber ich wollts mal festhalten und diesen bald 10 jahre alten artikel verlinken.
einige wundern sich zum beispiel, warum nicht ausreichend serverkapazitäten bereit gestellt wurden, damit die seite nicht am ersten tag zusammenbricht. bei ein paar zahlungswilligen wird die zahlung nicht akzeptiert und wieder andere wundern sich, dass so wenige frauen bei dem projekt mitmachen.
die kritik scheint auch ziemlich schnell gewirkt zu haben, es wird stellung bezogen, diskutiert und besserung angekündigt.
trotzdem rief die kritik dann aber auch gleich die schnappatmer auf den plan. die sind empört, wie man als „nicht-macher“ („mach doch erstmal selbst was“) leute kritisieren könnte, die „endlich mal“ was machen. offenbar ist es immer noch nicht bekannt, dass nur spitzenköche sich über versalzene suppen beschweren dürfen.
dabei ist das gegenteil der fall. durch kritik können dinge besser werden. kritik ist auch ein toller stress-test: wie gut können leute unter druck arbeiten? halten sie dem druck der öffentlichkeit stand? können sie krisenkommunikation? sind sie lernfähig? können sie relevante kritik von quatsch unterscheiden? sind sie souverän und von ihrem projekt überzeugt?
mindestens einer der künftigen krautreporter hat auch schon frühzeitg erkannt, dass man seine eigenen defizite und schwächen hervorragend von dritten vertikulieren lassen kann — wenn man denn will. peer schader sagt in seinem krautvideo (fettungen von mir):
ich glaube, der grosse vorteil von online ist natürlich tatsächlich, dass ich die möglichkeit eines feedbacks habe. das heisst als journalist muss ich mich natürlich darauf einstellen, dass ich eins um die ohren bekomme, weil die leser im zweifel auch schlauer sind als ich und was dazu beitragen können, aber das stärkt ja im grund genommen nur das produkt. weil mein job isses möglichst viel rauszufinden. deshalb rede ich mit fachleuten, aber wenn die leute gleichzeitig leser sind, hab ich da ja kein problem mit. das ist ja im gegenteil ganz wunderbar. dann können die auch was dazu beitragen, dass die geschichte besser wird, oder dass ich beim nächsten mal weiss, dass die geschichte besser wird — oder was ändern kann.
im grund genommen ist ein grosser teil meiner recherche immer wieder das feedback, das ich von den lesern bekomme, die einfach natürlich viel breiteres wissen haben oder einfach auch an orten sind, wo ich nicht so schnell hinkomme.
sehr vorausschauend der peer. guter mann (keine ironie). allein für den, lohnt es sich 5 euro im monat zu investieren. das mach ich dann auch, sobald die krautreporter ihre verkackte bezahl-technik im griff haben.