heute um 19 uhr findet in der panatom galerie in der torstrasse 100 in berlin die eröffnung der ausstellung #berlin block statt. die eröffnung findet vorm fenster statt, es gibt glühwein.
wenn ich alles richtig verstanden habe, wird alle paar tage ein block ins schaufenster gehängt, auf den jeweils ein text zum thema „Stadt, die keiner wahrnimmt“ steht. die blöcke hängen dann umgekehrt chronologisch in der galerie und um ältere beiträge zu lesen muss man quasi ins archiv, in die tiefe der galerie gehen. zur eröffnung heute werde ich wohl nicht kommen können dafür bin ich „gast blocker“, irgendwann wird also auch ein beitrag von mir auf dem block stehen.
Block vs. Blog
Ein grauer Block inmitten von Mensch und Maschine. Wer reagiert auf wen? Was lässt sich auffangen, abwehren oder sichtbar machen? Zwischen Prozessausschuss, Strahlung, Analyse und Objektfundstücken.
Es geht um Straßen in denen wir uns alltäglich bewegen;
Orte die wir nicht mit Inhalten belegen können; Räume in denen wir interagieren – sichtbar und nicht sichtbar.
Städtische Kubaturen, die sich austauschen ohne es zu markieren.
(panatom-gallery)
letzte woche mittwoch hab ich mich mit özgün özbey getroffen weil er derzeit in einer forbildung zum „bikulturellen crossmedialen Journalismus“ im bildungswerk kreuzberg teilnimmt und gerne ein portrait über mich schreiben wollte. er hab eine paar fragen zu meiner motivation ins internet zu schreiben und er interessiere sich für den menschen, „der hinter Felix von Schwenzel steckt“. das hat er gemeinsam mit mir, ich interessiere mich auch für den menschen hinter mir und hatte die hoffnung vielleicht etwas über mich zu erfahren. so haben wir uns morgens im balzac in der schönhauser allee getroffen und drei stunden später schickte er mir diesen text:
„Ich bin nicht dick, ich seh nur so aus“ 09.12.2009 Von Özgün Özbey
Ich erkannte ihn von weitem. Schon nach dem ersten suchenden Blick durch das Café fällt einem der stattliche Mann mit der wuscheligen Löwenmähne und dazu passendem Bart auf. Er sticht heraus. Felix Schwenzel ist einer derjenigen, mit denen alles angefangen hat. 8 Uhr 30 hatten wir gesagt. Ich bin zu früh. Er auch. Passt.
Auch wenn er sich nicht unbedingt als Blogger betiteln lassen will, könnte man ihn als Urgestein der deutschen Blogosphäre betiteln. Wirres.net nennt sich sein Blog, dessen Logo einen kackenden Hund darstellt und in dem er über verschiedene Themen seine Meinung ablässt. Laut „Viralmythen“ ist es der zweitälteste Blog Deutschlands, erstellt im Jahre 2000. Netz-technisch gesehen war das die gefühlte Steinzeit des Internet-Zeitalters, im Vergleich zu den heutigen Ausmaßen, die es inzwischen angenommen hat. Von politischen Themen, bis hin zu persönlichen Geschichten schreibt er über alles, was er für schreibwürdig empfindet. Nicht unbedingt um seine Meinung zu äußern, sondern „um bestimmte Dinge zu sammeln und festzuhalten“.
Wenn ihn etwas aufwühlt oder beschäftigt, empfinde er das Gefühl, es verarbeiten und damit auch loswerden zu müssen. Auch wenn ein Blog immer irgendwo auch journalistisch ist, bezeichnet er sich selbst nicht als Journalist. „Das ist mir ein zu angepasster Begriff, ich möchte mich da nicht mit einordnen, weil man von einem Journalisten auch eine bestimmte Vorgehensweise erwarten würde“. Mit dieser Aussage begründet er auch seinen Widerstand, als Blogger eingeordnet zu werden. Er will so nicht genannt werden, da er nicht der Meinung ist, dass er „bloggt“. „Ich bin nicht dick, ich sehe nur so aus. (Wirres.net) ist kein Blog, es sieht nur so aus“.
Der Mann erscheint wie ein lebendig gewordenes Paradoxum. Ein Charakter zwischen Ordnung und Anarchie. Einerseits im säuberlichen Anzug, aber mit lockerem Hemd und dazu passenden Schuhen, andererseits radikaler Wildwuchs allerorts. Dennoch: Es passt. Irgendwie.
Beim Schreiben kümmert er sich nicht um Satzaufbau, Grammatik oder Rechtschreibung. Großschreibung lässt er ganz weg, schreibt nur in kleinen Buchstaben. Es scheint ihm egal zu sein. Er schreibe von der Seele weg, und mache sich nicht sonderlich Gedanken darum, was dies bei dem Lesenden erzeugen sollte oder könnte.
Doch die Rechnung scheint aufzugehen. Sein Blog zählt zu den erfolgreichsten und meist verlinkten Blogs in Deutschland. Dennoch bemühe er sich, über das Thema in einer adäquaten Form zu berichten. Wenn es zum Beispiel über persönliche Dinge geht oder Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung betrifft. Doch was aufgeschrieben werden muss, wird aufgeschrieben.
Ein wenig Angst beschleiche ihn schon, meint er, besonders wenn es um Medien oder Betriebe geht, deren Handlungsweisen er in manchen Blog-Beiträgen kritisiert. „Bei der Abmahnwelle, die zur Zeit durchs Land rollt..“. Man lebt heutzutage halt gefährlich als Blogger.
Es war schon komisch. Ich schien ihn, schon fast persönlich, zu kennen, da ich schon längere Zeit seinen Blog gelesen habe. Doch von mir hat er noch nie ein Wort gehört. Eine einseitige Freundschaft sozusagen. Doch die Art wie er schreibt, passt irgendwie nicht zu der Art, wie er mit mir redete. So geordnet. Man merkt, er weiß von was er redet, hat sich oft Gedanken darum gemacht, wer er wirklich ist und was er tut. Seine Beiträge kommen oft sehr spontan und, wie er selbst meint, „hingerotzt“ rüber. Doch egal ob Kritiken, Link-Tipps, persönliches oder Oden über geliebte Dinge und Personen, hinter jedem Beitrag steckt eine Aussage, auch wenn es „nur“ die persönliche Meinung ist.
Trotz all des Ruhmes, den sein Blog erntete, empfindet er sich nicht als Prominent. Im Internet vielleicht schon. „Man wird schon von anderen Bloggern erkannt und auch ab und zu auf der Straße. Aber richtige Prominenz ist was anderes“.
Ich habe ihn erkannt. Auf den ersten Blick. Für mich bleibt er Prominent und ein Pionier der Deutschen Blogosphäre. Insofern muss er sich meiner Meinung nach einordnen lassen. Zumindest von mir.
mir gefiel der text und mir gefiel der schreibstil, der sich merklich und angenehm von özgün stil emails zu schreiben abhob und seinem teils übereuphorischen und chaotischen auftreten unterschied. so wirkte er teils unkonzentriert, teils verpeilt und choatisch, seine aufnahmegeräte versagten und er konnte sich nicht entscheiden ob er mich duzen oder siezen sollte. aber talent zu schreiben, das hat er, finde ich. und er hat mir erlaubt seinen text hier zu veröffentlichen und freut sich sicher über feedback.
eins meiner ersten aha-erlebniss im zusammenhang mit dem internet hatte ich mit dem sogenannten „IRC-chat“. es muss so um das jahr 1995 gewesen sein, als ich mich mit einem 1und1-14.000-baud-modem über die uni ins internet einklinkte. bis dahin bestanden die inhalte auf meinem computer ausschliesslich aus daten die ich selbst per floppy-disk oder CD-ROM geladen und kopiert hatte oder aus inhalten die ich über die tatstatur eingab. an irgendeinem tag um das jahr 1995 passierte dann das bisher nicht dagewesene. ich loggte mich in den „internet relay chat“ (IRC) ein, tippte ein bisschen auf der tatstaur rum und plötzlich erschienen auf meinem computermonitor die worte: „Hallo Felix!“
irgendjemand hatte mich im IRC begrüsst und aus meiner schreib-, zeichen oder spielmaschine wurde mit einem schlag eine kommunikationsmaschine in der mehr stecckte als ich hineingesteckt hatte. das internet machte aus meinem bis dahin autistischen rechner eine kommunikationsmaschine.
ein paar jahre später nutzen wir im uni-netz ein programm namens „hotline“. hotline bestand aus einem server und einem client der auf apple und windows-rechner lief und mit dem man chatten und dateien tauschen konnte. den server liessen wir auf einem ollen, ausrangierten mac laufen und ca. 20 oder 30 leute loggten sich in unserem uni-arbeitsraum, anderen arbeitsräumen in und ausserhalb der uni ein. das man per hotline dateien tauschen konnte und ich die grundlage meiner MP3-sammlung legen konnte war angenehm, aber das eigentliche killer-feature war, dass ich auf meinem desktop alle meine freunde sehen und, wenn ich wollte, ansprechen konnte, egal ob sie nebenan im raum sassen oder woanders in der stadt oder ganz woanders. die kontakt-liste war immer da. am rechner zu sitzen sieht einsam aus, ist aber seit es das internet gibt das gegenteil: man ist verbunden.
über die jahre hinweg wuchs meine kontakt-liste, es änderten sich die programme mit denen man sehen konnte welche bekannten gerade am rechner sassen (von „IRC“, „hotline“, „AIM“, „ichat“, „ICQ“ zu „jabber“, „google talk“ und allem möglichen anderen), aber das beruhigende element, jederzeit zu sehen wer gerade online war, blieb. obwohl ich seit dem studium nicht viel öfter als ein bis zweimal pro jahr mit ihm chatte oder telefoniere, freut es mich beispielsweise jeden tag zu sehen, dass dirk online ist. ich sehe ihn, ich weiss ich kann ihn potenziell anquatschen und das reicht.
rein theoretisch muss man für jedes chat-protokoll eigene clients auf dem rechner laufen lassen. ICQ lief anfangs nur mit dem ICQ-client, AIM hatte einen eigenen client, apple kochte mit ichat anfangs ein eigenes süppchen, irgendwann kanmen skype und jabber hinzu. mit ichat konnte man zwar bald sowohl das AIM-, das .mac-, das ICQ- und das jabber-protokoll bedienen, aber irgendwas fehlte immer.
seit wohl ungefähr fünf jahren benutze ich adium zum chatten. adium kann alle möglichen protokolle, setllt die kontakte aber personenbezogen dar. wenn also einer meiner bekannten gleichzeitig bei AIM, ICQ und jabber eingeloggt ist, sehe ich nur seinen namen und dass er online ist, umgekehrt kann ich mich aber mit adium auch gleichzeitig mit meinen zwei AIM-accounts, mit meinem ccc-jabber-account, dem google-talk-account und meinem firmen-jabber-account einloggen.
neuerdings kann ich mich in adium sogar mit meinem kürzlich reaktivierten facebook-account anmelden und bekomme alle facebook-kontakte und -chats unter der gleichen oberfläche wie die von AIM, jabber und ICQ angezeigt. ich muss mir keine sorgen machen mit welchen accounts ich mich wo zum chat anmelde, welche programme ich öffnen muss oder welche webseiten ich offen haben muss um erreichbar, bzw. ansprechbar zu sein. ich starte einfach adium und bin da.
mit der facebook-integration und zeigt sich die eigentliche stärke von adium. für die üblichen chat-protokolle muss ich die genauen account-koordinaten meiner kontakte kennen, hinzufügen und teilweise bestätigen lassen. meine kontakte bei facebook sind bereits durch facebook gefiltert und in gruppen sortiert, aber die kontaktaufnahme dort ist einerseits viel einfacher als jemanden eine mail zu schreiben, hallo zu sagen und nach dem AIM-, ICQ- oder jabber-account zu fragen. so tummeln sich dort entfernte bekannte aus schul- und studienzeiten, bekannte die ich auf reisen kennengelernt habe oder nur vom hallo-sagen kenne. plötzlich sind diese menschen alle ganz nah - ohne mir auf den senkel zu gehen. denn genau wie ein volles adressbuch nicht zu stundenlangen und ständigen telefonarien führt, führt eine volle kontaktliste in adium zu ständigem geplapper. es ist einfach beruhigend seine kontakte um sich zu haben — und gleichzeitig auf distanz.
angenehm ist auch die bedienung von adium. chats öffnen sich nicht in jeweils neuen fenstern, sondern alle in einem grossen fenster, das die einzelnen chats übersichtlich und leicht erreichbar in tabs anzeigt. die benachrichtigungsgeräusche für neue mitteilungen oder chats kann man auf ein nervenschonendes niveau herunterregeln und die kontaktliste zeigt, wenn man will, klartextnamen (die adium sich aus dem apple-adressbuch besorgt) statt pseudonyme an.
das prinzip von adium, daten aus verschiedenen quellen unter einer oberfläche transparent zusammenzuführen möchte ich in weiteren bereichen sehen. palm hat das mit dem pre-adressbuch ähnlich beeindruckend hinbekommen, bei der fritzbox ist das telefonieren durch die zusammenführung meiner 5 VOIP-konten und der einen analogtelefonleitung völlig mühe- und sorgenlos, weil die fritzbox einerseits immer automatisch die günstigste leitung wählt und es mir egal sein kann ob der anruf per VOIP oder telekom-leitung raus geht.
so muss gute software sein: einmal einstellen und dann vergessen über welchen kanal der anruf oder der chat geht oder woher die adresse kommt. auch wenn es so scheint, dass wir durch neue technologien auf immer mehr kanälen kommunizieren, komplizierter muss es nicht werden.
[theoretisch kann adium übrigens auch twitter und skype, aber durch twitter und den ständigen strom an tweets fliessen mir dann doch ein bisschen viele informationen zu und skype ist leider noch nicht 100prozentig in adium integriert und benötigt noch skype selbst als hintergrundprozess. aber vielleicht ändert sich das durch die neue strategie bei skype ja auch bald.]
hervorragender text von wolfgang ullrich in der aktuellen brandeins über eine der zentralen funktionen der kunst: macht- und überlegenheitsdemonstration. (text leider noch nicht online)
So wurden etwa am Hof von Franz I. in den 1530er Jahren Künstler damit beauftragt, vieldeutige und verschlüsselte Werke zu schaffen. Besucher sollten gezielt intellektuell überfordert werden. Und so war es das Priveileg des Königs, seine Kunstschätze zu interpretieren, um auf diese Weise seine Überlegenheit zu beweisen und seine herausgehobene Stellung zu rechtfertigen. […] Anstrengende Kunst ruft bei Außenstehenden Unterlegenheitsgefühlte hervor — und lässt dafür denjenigen, der sich damit umgibt umso cooler und stärker erscheinen. […] Auf diese Weise werden rätselhafte Kunstwerke zu Siegeszeichen und exklusiven Trophäen: zu Beweisen dafür, dass der Sammler ein herausragendes Maß an Stärke und Vitalität besitzt. (quelle)
das bringt die crux vieler spielarten der kunst auf den punkt. kunst ist in vielen fällen ein geschickt inszeniertes psychospielchen, das die reichen und mächtigen stützt und sich damit selbst hochjazzt.
andererseits ist es natürlich toll, dass es sachen gibt, die einen verwirren oder nicht auf den ersten blick verständlich sind und einen zur auseinandersetzung reizen. man darf sich nur nicht von kunst nervös machen lassen oder gar dem irrglauben verfallen, der künstler oder der sammler sei einem überlegen. meist ist das gegenteil der fall.
mein persönlicher zugang zu kunst ist übrigens releativ einfach und auch für den rest des lebens ganz hilfreich: ich kann ganz gut damit leben, bestimmte sachen nicht zu verstehen. oder andersrum: zu meinen, man müsse alles um einen herum verstehen, macht einen mit sicherheit fertig. auch hilfreich: sich vor augen führen, dass vieles was man anfangs nicht versteht, im nachhinein profan und primitiv ist — hat man es erstmal verstanden. dreisatz ist so ein beispiel. wer es nicht kapiert staunt bauklötze über leute die damit prozentzahlen ausrechnen können. wer es einmal kapiert hat, erkennt wie primitiv und einfach es ist.
und apropos hochjazzen. vor ein paar wochen lief auf arte die dokumentation „Die Millionenblase — Zerplatzte Träume am Kunstmarkt“. darin zeigt ben lewis wie die preise und hype-blasen im kunstmarkt enstehen. auf arte kann man es nicht mehr sehen, dafür aber (noch?) auf youtube. auch in der aktuellen ausgabe der brandeins wird das thema von peter laudenbach aufgegriffen und wunderbar auf den punkt gebracht. wie der text von wolfgang ullrich ist auch der von peter laudenbach noch nicht online. es lohnt sich wirklich (wie immer) das heft zu kaufen.
[lesenswert ist in diesem zusammenhang auch noch dieser text im freitag über damien hirst.]
es ist schon wieder eine ganze weile her, dass ich eine ode verfasst habe. jetzt in der vorweihnachtszeit, wo sich menschen von rolltreppen stossen, christliche symbole über die symbole anderer religionen zu stellen versuchen (der streit um minarette und kirchtürme ist ja, genau betrachtet, nichts anderes als ein schwanzvergleich zwischen grössenwahnsinnigen heuchlern), sich in fussgängerzonen anrempeln und mit süssem, heissen wein volllaufen lassen, würde ich dem weihnachtsterror gerne etwas positives entgegenstellen. alle paar tage möchte ich irgendetwas über den klee loben. in den kommentaren nehme ich auch gerne anregungen entgegen, was einmal kräftig von mir gelobt werden sollte.
das erste lob kassiert amazon. seit knapp einem jahr bin ich dort „amazon prime“-kunde. gegen eine geringe jahresgebühr bekommt man von amazon alle sendungen portofrei und als DHL-express-sendung geliefert. das hört sich zunächst positiv an, wäre da nicht dieser winzige haken namens „DHL“. DHL hat sich (nicht nur) bei mir sorgfältig den schlechtesten möglichen ruf erarbeitet. von paketträgern die statt zu klingeln, einfach behaupten die sendung sei nicht zustellbar, über pampige hotline-nasen die einen am telefon schon mal zurechtweisen („frechheit, sie unterbrechen mich ständig“) über „ersatzzustellungen“ in kilomterweit entfernten zentrallagern oder kiosken habe ich in den letzten monaten beispielhaft die auswirkungen des rigorosen konzern-sparkurses am eigenen leib erlebt. die beifahrerin steht kurz davor eine DHL-psychose zu entwickeln, deren symtome von der unfähigkeit die wohnung zu verlassen (der bote könnte ja klingeln) bis zu beinahe hysterischen, stundenlangen glücksanfällen reichen, wenn mal eine sendung zugestellt wird.
kürzlich habe ich eien DVD und einen „fatboy“ bei amazon bestellt, dessen verpackung fast zwei meter hoch ist, und etwas trantütig erst nach der bestellung bemerkt, dass die lieferadresse eine packstation war. gleich am nächsten tag rief ich die DHL-express-hotline an, um zu fragen ob man die sendung an eine andere adresse ausliefern lassen könne. die nase konnte mir weder erklären ob das umleiten möglich sei, noch warum er und ich zeugen einer störung des zeit-raum-kontinuums wurden, denn laut der paket-verfolgung, wurde die ende november bestellte sendung bereits anfang september in köln ausgeliefert.
neben der tatsache, dass DHL nur über eine teure und kundenunfreundliche 0180er-telefonnummer erreichbar ist, hat die amazon-hotline, die unter einer kostenlosen und kundenfreundlichen 0800er-nummer erreichbar ist, auch irre freundliche und kompetente mitarbeiter. besonders angenehm: die melden sich nicht mit irgendwelchen vorgegebenen affigen marketing-sprüchen, sondern einfach mit ihrem namen. das tolle an der amazon hotline ist aber nicht nur ihre kompetenz („ach, das ist ne doppelt vergebene tracking-nummer, das hatten wir letztes jahr weihnachten schonmal, dass DHL die nummern ausgegangen sind.“) sondern dass die amazon-mitarbeiter offenbar dierekten zugriff auf DHL-mitarbeiter mit ahnung haben. man schildert dem kostenlosen amazon-menschen das DHL-problem, der ruft direkt bei DHL an und löst das problem für einen.
dank der amazon-hotline kam dann nicht nur das riesenpaket am verabredeten tag zuhause an, sondern mich rief sogar ein DHL-mensch mit ahnung und devoter haltung zurück, um mir zu erklären, warum die DVD nicht in der packstation angekommen sei und dass es ihm ein vergnügen sei die sendung ebenfalls zu einem verabredeten zeitpunkt zu mir nachhause zu schicken.
was mir auch sehr gefällt: ungefähr zwei minuten nachdem man das gespräch mit der hotline beendet hat, bekommt eine email in der der name des hotline-mitarbeiters steht und gefragt wird, ob der anruf bei der hotline hilfreich war.
die amazon-hotline ist so gut, dass ich am liebsten jeden tag dort anrufen würde. und: das sollte die alarmglocken beim einzelhandel schrillen lassen, dass ein grosskonzern es schafft den eindruck zu erwecken, dass man kompetenter, verbindlicher und freundlicher bedient wird als bei tante emma um die ecke.
der wahrscheinlich zeitloseste und beste text über das internet und kulturpessimismus und klugscheisser den kenne. kathrin passig schreibt sehr lang und brilliant über „Standardsituationen der Technologiekritik“:
Ähnlich unbegeistert scheinen die Pariser die 1667 unter Louis XIV. eingeführte Straßenbeleuchtung begrüßt zu haben. Dietmar Kammerer vermutet in derSüddeutschen Zeitung, es habe sich bei der häufigen Zerstörung dieser Laternen um einen Protest der Bürger gegen den Verlust ihrer Privatsphäre gehandelt, weil ihnen klar war, »das ist eine Maßnahme des Königs, um die Straßen unter seine Kontrolle zu bringen«. Eine einfachere Erklärung wäre, dass der Bürger auf unbeaufsichtigt in der Gegend herumstehende Neuerungen generell aggressiv reagiert.
in köln versammeln sich die leute sonntags in der fussgängerzone um in den schaufenstern der örtlichen kaufhof-filiale eine „spielzeug-schau“ von animierten stofftieren anzusehen. offenbar gibts in köln sonntags wenig kulturelle herausforderungen.
wenn man vom hauptbahnhof die severinsstrasse richtung süden entlangläuft, präsentiert sich die ganze strasse, bis in die südstadt, als baustelle. als ich zuletzt selten, aber regelmässig in köln weilte, so um das jahr 2004, gabs die baustellen auch schon. wenn ich das richtig verstehe, vergraben die kölner unter der severinsstrasse gleise um darauf ihre strassenbahn fahren zu lassen. strassenbahnen die unter der strasse fahren heissen in köln u-bahnen. manchmal verwandlen sich die kölner u-bahnen plötzlich in strassenbahnen. das ist ziemlich faszinierend. das problem mit den kölner u- und strassenbahnen ist allerdings nicht wo sie fahren oder wie lange an ihnen gebaut wird, oder wieviel diese bauarbeiten kosten, sondern, das die bahnen in köln fast nie fahren. der takt der kölner bahnen fühlt sich in etwa so an wie der der berliner s-bahn, als im sommer nur noch zehn (oder so) s-bahnen fuhren, weil die andern entweder kaputte achsen, kaputte räder oder ungenügende wartungsintervalle hatten.
eine viertelstunde fussweg vom hauptbahnhof entfernt tut sich das loch auf, wo früher das kölner stadtarchiv stand.
der einsturz des stadtarchivs hing mit einem wassereinbruch in den u-bahn-stollen zusammen. als ich das loch sah und die traurigen vertrockneten blumen am rande des lochs und auf einer stützmauer mitten im loch, fürchtete ich plötzlich, dass vielleicht die ganze stadt baufällig sei. plötzlich sah ich an allen möglichen wänden und ecken risse. und ich fragte mich, was eigentlich gegen strassenbahnen auf der strasse spricht.
die neue eisenbahntrasse auf der thalys demnächst von köln über aachen nach brüssel fährt ist übrigens auch quasi eine art u-bahn, allerdings ohne deckel. zwischen köln und aachen konnte ich die trasse tief in die landschaft eingegraben nicht sehen. nur ein kilometerlanges, tiefes loch.
eigenartig fand ich wie man in köln milchkaffee serviert: mit zucker, buchenholz und dosenmilch.
wahrscheinlich wird in köln auch das kölsch mit becks, krautsalat mit essig, currywurst mit salami und das gulasch mit frikadelle serviert.
malte lässt sich im aktuellen blogblik über die „gefühlt gescheiterte Professionalisierung“ der deutschen blogs aus. kann man ja mal machen, auch wenn das bereits seit gefühlten 100 jahren immer wieder in regelmässigen abständen gemacht wird.
Wenn man einen Freund hat, der nach der Arbeit ein wenig malt, dann wird man in der Regel gewillt sein, die Bilder zu mögen, wenn er sie einem zeigt, man wird bewundern, dass jemand neben seiner eigentlichen Profession noch so talentiert auf einem ganz anderen Gebiet ist. Lädt derselbe Freund zu einer Ausstellung ein, dann wird er es sich gefallen lassen müssen, nach den Maßstäben des Malbetriebs beurteilt zu werden. Und häufig nicht so gut abschneiden.
ich weiss zwar nicht genau was malte damit zum ausdruck bringen will, aber ich bin sicher er irrt. es zeigt nämlich ein naiv verklärtes bild der „profession“ oder des professionalismus. gerade die kunst ist das schlechteste beispiel um dem blogdings mangelden professionalismus nachzuweisen. so gut wie alle künstler sind das gegenteil von professionell: sie verdienen kein geld mit kunst, sie werden kaum anerkannt und fast alle haben nebenbei einen brotjob von dem sie leben. schaute man sich die deutsche kunstszene an, müsste man zur gleichen, blödsinnigen und inhaltsleeren aussage wie der von malte zitierte maingold kommen:
Der Traum der Professionalisierung, und somit der Monetarisierung von Blogs im großen Umfang ist ausgeträumt.
exakt so, könnte man das sagen, wenn man das wort „blogs“ gegen „kunst“ tauscht. ist die kunst deshalb tot? doof? langweilig? von schlechter qualität?
ich glaube das gegenteil ist der fall.
und ich glaube dass die kategorie „professionalität“ genau die falsche ist um die qualität von blogs (oder kunst) zu bewerten. ob ein werk zum geldverdienen oder „nebenbei“ entsteht, ob es einem freund oder der öffentlichkeit zugänglich gemacht wird sagt doch nichts über die qualität aus. und vor allem was sollen die „Maßstäbe des Malbetriebs“ sein, nach denen bilder beurteilt werden? absolute masstäbe gibt es weder im kunstbetrieb, noch im blogbetrieb, noch im journalismus. genausowenig wie dieter bohlen masstäbe für musik festlegen kann (auch wenn er behaptet es zu können), existieren allgemeine masstäbe für blogs, kunst oder musik nach denen irgendeine betriebsjury beurteilungen fällt. genau wie die künstler (blogger, musiker, wasauchimmer) selbst, sind auch die kunstkritiker, galeristen, käufer und zaungäste in einem ständigen wettbewerb um aufmerksamkeit, relevanz, autorität und anerkennng. ich glaube man nennt das markt.
In dem Moment, in dem Blogger Magazin sein wollen oder Nachrichtendienst, sieht man auf einmal, wie es in den Sätzen knirscht, die Fakten gebogen werden, die Flickr-Bilder hässlicher sind als die der Agenturen, das Expertenwissen dann eben doch nicht von Fußball bis Philosophie reicht. Es ist derselbe Grund, warum jeder Deutsche vermutlich mehrere komische Freunde hat, es aber keine deutschen Comedians gibt, die man vor seinem ersten Schlaganfall erträgt.
blödsinn. die tatsache, dass malte seinen fernseher einschaltet und nur blöde, unwitzige komiker sieht ist doch kein beweis dafür, dass es in deutschland keine witzigen menschen gibt oder dass es in anderen ländern mehr und witzigere gibt. es kann allerdings ein hinweis sein, dass die professionalisierung und monetarisierung gift für die kunst sein kann. hans werner olm hab ich vor 25 jahren mal in aachen auf einer winzigen bühne gesehen. da war er vermutlich ein armer schlucker, der sein geld als gagschreiber oder redakteur verdienen musste, aber ich habe mich bepisst vor lachen. in dem moment als dank privat-fernsehen seine „professionalisierung“ startete, vermochte er noch nichtmal ein lächeln auf meine lippen zu zaubern.
die tatsache, dass es die bild-zeitung oder mario barth gibt, ist weder ein zeichen dafür, dass in deutschland der journalismus noch die komik am ende ist. das gegenteil ist der fall. es gibt grossartige presseerzeugnisse, mare, brandeins, dummy, oft genug finde ich wirklich brauchbares in der FAS, der SZ, der ZEIT oder in blogs, über leute wie fil, helge schneider, konrad beikircher, anke engelke, johann könig, kurt krömer kann ich mir nach wie vor muskelkater lachen.
klar, es gibt schlechte komiker, öde blogs, doofe kunst, inkompetenten journalismus, unglaublich viel schrott, aber den gibts auch in amerika und dem rest der welt. aber das hat nichts mit „gescheiterter Professionalisierung“ zu tun, sondern mit vielfalt und dem unwillen sich auf diese vielfalt einzulassen. das einzig typisch deutsche an dieser ganzen debatte, ist das lamentieren darüber wie schlecht und unprofessionell das alles in deutschland im gegenteil zum rest der welt ist. das könnte man „unprofessionell“ nennen, ich nenns aber lieber kleinkariert.
das was der psychologe peter kruse der süddeutschen zeitung in form eines interviews gesagt hat, gehört mit zum klügsten, gleichzeitig aber auch binsenweisesten, was ich seit langem über dieses internet-dings gehört habe. in dem interview geht es eigentlich um frank schirrmacher, der vom internet ein bisschen genervt und überfordert ist und statt zu sagen „ich bin vom internet ein bisschen überfordert“ oder „ich bin vom internet ein bisschen genervt“ ein buch und artikel darüber schreibt, warum das gesellschaftlich und politisch relevant ist, dass er vom internet ein bisschen genervt und ein bisschen überfordert ist.
Das Internet ist nur eine Zumutung, wenn man versucht, es im Griff zu haben. […] Wenn ich das Reden verweigere, kann ich kaum der Sprache zum Vorwurf machen, dass niemand meine Gedanken zur Kenntnis nimmt. Die Netzwerke können nicht die Menschen ausgrenzen, sondern nur die Menschen die Netzwerke. Das Internet ist eine Einladung zur Kommunikation in einer neuen Dimension. (quelle)
[kann mir mal jemand erklären, warum der spiegel seine kack suche nicht einfach verschrottet und bedingungslos vor google kapituliert? weder eine allgemeine suche nach „schirrmacher“ noch eine suche nach dem autor „schirrmacher“ findet diesen artikel von „Frank Schirrmacher“. hoffentlich hat die suchfunktion auf spiegel.de nix gekostet.]
sabine beikler macht es sich ganz einfach: erst ein paar frauen auf der strasse fragen ob sie berlusconi „attraktiv“ finden und sich danach von einem professor in england erklären lassen was frauen nu wirklich am berlusconi gut finden und eigentlich meinen.
ein bisschen ist das wie trash-fernsehen in der zeitung: dämliche strassenumfragen über uninteressante themen, am ende garniert mit ein paar worten von jemandem der viele bücher in seinem büro hat.
jetzt bin ich mal gespannt, wann der tagesspiegel strassenumfragen über die pilli-grösse von ulrich wickert, die körbchengrösse von anne will oder das prinz-albert-piercing von lady gaga bringen wird. interessant wäre auch die frage, was die leute auf der strasse so über die verbreitung von „analbleaching“ bei deutschen spitzenpolitikern denken.
Das so häufig als Jauchegrube der Medienlandschaft verschriene Internet hat übrigens noch keine einzige außereheliche Begebenheit eines Politkers enttarnt. Ist am Ende der Mensch als Amateur, selbst wenn er anonym auftreten sollte, dem Professionellen moralisch überlegen? (weiterlesen)
Ach, ich vergaß: wenn es ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien gibt, dann braucht man keine Opposition.
prima mini-rant von moni. steinmeier scheint ausgelastet mit seiner begeisterung über sich selbst als staatstragender oppositionsführer.
[sagt mir jemand bescheid, sollte steinmeier mal was treffendes sagen?]
aus diesen drei links könnte man ne schöne aufgabe für journalistik-studenten basteln. oder nen prima artikel für ne medienseite zusammenstöpseln.
sigmar gabriel hat mich überrascht. als ich seine rede hörte dachte ich zwar zuerst, „was hat der denn für eine hohe stimme“ und „kann dem nichtmal jemand ein taschentuch geben“, erwischte mich aber auch gleichzeitig immer wieder beim zustimmenden (leichten) nicken.
gabriel hat es geschafft in seiner rede nicht nur nicht arrogant zu wirken, sondern sogar ein bisschen aufrichtig, offen und teilweise sogar witzig. ich weiss nicht wie er es gemacht hat, aber an irgendeiner stelle hat er mich so gepackt, dass ich ihm das was er sagte abnahm. kann natürlich sein, dass gabriel einfach einen besseren schauspiel- oder rhetorik-trainer als steinmeier hat, dem ich bei seiner rede auf dem letzten SPD-parteitag ungefähr gar nichts abnahm und hinter jedem bekenntnis, jedem satz und jeder geste kalkül witterte.
gabriel nahm ich es heute ab, dass er die SPD öffnen will, dass er, wie er sagt, wieder die „nervenenden“ (nicht die nervenden!) der gesellschaft in die SPD holen will, dass er mit mit den gesellschaftlichen gruppen die sich von der SPD abgewendet haben nicht nur reden will, sondern sie zu einem echten und kritischen dialog einladen will.
zum ersten mal seit langer zeit, hatte ich bei einem spitzenmann der SPD das gefühl, nicht die staatstragende haltung eines staatspartei-sprechers durchzuhören, sondern, wenn auch sehr zwischen den zeilen versteckt, aber durchaus reininterpretierbar, eine beinahe demütige haltung — oder zumindest eine neugierige zu erkennen. was gabriel in seiner rede „politik-werkstatt“ nannte, nannte björn böhning vorher „sowas wie polit-barcamps“. niemand sei zu unwichtig oder klein, als dass es sich nicht lohnen würde mit ihm zu reden. das hört sich schon ein bisschen anders an, als die alte wir-erklären-euch-das-jetzt-mal-haltung, besonders deutlich noch kürzlich beim dialog mit der „internet comunity“ von martin dörmann illustriert.
obwohl sigmar gabriel einen grossen teil seiner redezeit damit verbrachte für eine öffnung der SPD zu argumentieren, alle gesellschaftlichen gruppen und die eigene basis zum mitmachen anzuregen, forderte gabriel die SPD am ende seiner rede, wie jeder gute floskel-liebhaber, zur „geschlossenheit“ auf. offenheit predigen und geschlossenheit fordern? okok, ix bin da vielleicht etwas spitzfindig, aber wahrscheinlich fällt einem das als politiker gar nicht so schwer, sowohl geschlossen als auch offen zu sein.
gefühlte 150mal bezog sich gabriel auf willy brandt, 20 mal sagte er zwischen den zeilen „tschaka“, pisste allen ein bisschen ans bein, den journalisten, den „neunmalklugen BWL-juppies“, seinen vorgängern im amt des parteivorsitzenden, der manchmal unmotiviert und überaltert wirkenden basis, den polit-bloggern die angeblich hinter ihrer anonymität jeden „menschlichen anstand“ verlieren und schaffte es doch gleichzeitig selbstkritisch und motivierend zu wirken.
das ziemlich gute wahlergebnis von 94,2% hat sich gabriel mit seiner ewiglangen rotz und wasser rede zu recht verdient. als ich ihm gestern ein mieses wahlergebnis prophezeite, hab ich seine rhetorischen fähigkeiten, bzw. seinen redenschreiber schwer unterschätzt, aber immerhin meinen wetteinsatz, ein snickers, nicht verloren, weil keiner dagegen gehalten hat. die handvoll SPDler die ich vor der wahl fragte wie sie die lage einschätzten waren vorsichtigt und wollten sich nicht festlegen — und auch kein snickers von mir.