Aufgeschoben ist gut aufgehoben (t3n 62)

„Dinge geregelt kriegen ohne einen Funken Selbstdisziplin“ – Kathrin Passig und Sascha Lobo haben in ihrem Buch vor 13 Jahren das „Pro“ in Prokrastination herausgearbeitet: wie man wichtige Arbeiten vor sich herschiebt und trotzdem produktiv bleibt und Sachen erledigt bekommt.
Mich hat das Buch damals tief beeindruckt, weil es mir half, eine meiner vermeintlich schlechten Charaktereigenschaften – alles so lange aufzuschieben, bis es fast knallt – zu rationalisieren und zum bewussten und produktiven Selbstbetrug zu nutzen.
Mittlerweile habe ich das Aufschieben professionalisiert. Alles, was ich erledigen muss oder will oder auch Ideen, die ich habe, schreibe ich mir sorgfältig mit Fälligkeitsdatum und Priorität in mein Erledigungsprogramm, für das ich mir sogar eine Premium-Lizenz besorgt habe.
Damit befreie ich meinen Kopf von allen dringenden und drängenden Aufgaben. Das Beste ist allerdings, dass sich Arbeit per App noch besser und einfacher aufschieben lässt als im Kopf oder auf Papier. Taucht zum Beispiel die Mahnung auf, dass ich meine t3n-Kolumne mal langsam schreiben müsste, lässt sie sich per Klick einfach auf den nächsten Tag oder die nächste Woche verschieben. Mir fällt es überhaupt nicht schwer, so eine Aufgabe mehrere Wochen vor mir herzuschieben. Der Druck kommt dann erst mit den E-Mails aus der Redaktion.
Diese Umwidmung einer To-do-App in eine To-not-do-App hilft mir nicht nur, einen freien und klaren Kopf zu behalten; viele Aufgaben erledigen sich so auch von selbst oder werden mit der Zeit egal.
Natürlich gibt es effizientere Methoden, Dinge zu erledigen. Der entscheidende Punkt ist aber nicht, welche Produktivitätsstrategie die effizienteste oder beste ist, sondern welche Methoden es mir persönlich erleichtern, die Anforderungen meines Lebens am besten auszubalancieren.
Das gilt nicht nur für Aufgabenmassen, sondern auch für die Reizüberflutung und die „Informationsgewitter“, die in der vernetzten Welt auf uns einprasseln.
Früher™, so vor 18 Jahren, als ich anfing, ins Internet zu schreiben, habe ich mich manchmal absichtlich in einen Zustand der Gereiztheit versetzt, um zu bloggen. Mangel an Dingen, über die man sich aufregen konnte, gab es auch damals nicht. Nach dem Bloggen schwoll meine selbst provozierte Aufregung immer ganz schnell ab. Später habe ich meine Strategie geändert; ich schrieb weiterhin über Dinge, die mich aufregten, versuchte sie aber so weit zu differenzieren, dass mein Ärger schon beim Schreiben verflog. Das Bloggen wurde für mich zu einer Art Verdauungsvorgang, mit dem ich die digitalen Reize relativ einfach runterkühlen und mich so auf den Rest meines Lebens oder das nächste Reizthema konzentrieren konnte.
Mittlerweile blogge ich fast nur noch aufschiebend: Ich setze mir Lesezeichen und notiere mir Sachen, über die ich schreiben könnte, und schiebe sie dann vor mir her – bis ich sie im Backlog vergesse: backloggen statt webloggen.
Das Ergebnis bleibt das gleiche: Ich rege mich kaum noch auf; die Empörungswellen auf Twitter beobachte ich zwar, lasse sie aber an mir vorbeiziehen. Dem politischen Geschehen folge ich, schaffe es aber nicht, mich darüber aufzuregen. Ich weiß, dass eh alles komplizierter ist, als es scheint, und es fahrlässig wäre, sich vorschnell Meinungen zu bilden. Deshalb plane ich dann meist die Meinungsbildung für einen späteren Zeitpunkt. So schiebe ich nicht nur dringende Arbeiten vor mir her, sondern auch die Aufregung.
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, sagt der Volksmund, dem ich hier offiziell widersprechen möchte:
Zunächst ist Aufgeschobenes in meiner Erledigungsliste sehr wohl gut aufgehoben. Und andererseits macht Aufschieben den Blick frei für das Wesentliche. Aufschieben entlastet – zumindest temporär – und lässt einen die Dinge, hinter denen Druck steht, entspannter, ruhiger und pragmatischer angehen. Den Kopf freizumachen von vermeintlich dringenden Aufgaben, falschen Meinungen anderer, vom schnellen Meinungsäußerungsdruck – das könnte man auch innere Ruhe, Mindfulness oder Achtsamkeit nennen. Ich nenne es lieber Prioritätensetzen durch Schieben und milden und gezielten Selbstbetrug. Durch diese „Filtersouveränität“ (selbstgemachte Definition!) lassen sich Stress, Aufregung oder Gereiztheit zeitlich und räumlich eingrenzen und ein bisschen steuern.
So oder so: Keep calm and carry on.
den fast gleichen film gestern und heute gemacht. ups.
#frida setzt sich gerne zum assistierten horn-fragment kauen auf meinen schoß. wenn ich das aufnehme scheint es ihr peinlich zu sein, dass ihr denken könntet, sie sei ein schosshund.
ich hab höhenangst. #frida nicht.

#frida und ein sonnenuntergang an der elbe.
war noch ein bisschen arg dunkel heute früh um zehn nach sieben. so wie #frida, sieht man auf dem video fast nix.
leinen los!

baum mit #frida

den anstrengenden tag im moor und am wasser auf nem kopfkissen ausklingen lassen. #frida
born to retrieve
Spielen oder ausgespielt werden (t3n 61)

Ich bin alt und erfahren genug, um zu wissen, dass auch ich manipulierbar bin. Als wir in der Schule Werbung analysiert und über ihre Strategien und Funktionsweisen gesprochen haben, war ich eine Zeit lang überzeugt, dass mich diese paar Wissensbrocken gegen Werbebotschaften immunisieren würden. Was natürlich Quatsch ist. Werbung wirkt – und zwar immer an anderen Stellen, als wir antizipieren oder zu wissen glauben. Genauso wie Alkohol wirkt: Das Wissen um seine Schädlichkeit macht mich beim Trinken weder zurückhaltender noch nüchterner.
Natürlich wird auch Spaß zur Manipulation eingesetzt; das wussten schon die römischen Kaiser, die sicher nicht als erste die politische Dimension von Spielen (und Getreide) erkannten. Auch ich lasse mich gerne auf Spiele ein, hinter denen Profitinteressen, Manipulation oder Aufmerksamkeitslenkung erkennbar sind. So habe ich vor einigen Jahren bei Foursquare mitgemacht und Check-ins und ein paar Mayorships gesammelt. Auch auf Facebook und Twitter habe ich ein paar Jahre lang bei der Jagd auf Favs und Likes mitgespielt, fand dann aber irgendwann Beschäftigungen, die mich mehr interessierten.
Spielen zur Verhaltensformung wird auch intensiv in der Hundeerziehung eingesetzt. Das ist für Hunde eine gute Nachricht, weil man früher glaubte, (vermeintlichen) Gehorsam am besten über Zwang, Strafe und Dominanz zu erreichen. Gezielt gelenktes Spiel und positive Verstärkung haben die alten Erziehungsmethoden – zumindest bei Hunden – mittlerweile weit zurückgedrängt. Und wie man in diesem Heft lesen kann, haben viele Unternehmen erkannt, dass sich geschickt gelenktes Spiel und Spaß positiv auf die Unternehmensziele, Werbeerlöse oder das Erreichen von gewünschten Verhaltensweisen auswirken können. Das ist für uns Menschen nicht unbedingt eine gute Nachricht, auch wenn Gamification, Nudging, Brot und Spiele sicher angenehmer als Peitsche oder Geheimpolizei sind.
Der Knackpunkt beim Spielen, bei der Unterhaltung und dem Vergnügen ist, dass sie sich relativ schnell abnutzen und die Ansprüche immer weiter steigen – zumindest wenn man Menschen zum Spielen animieren will (Hunde sind da genügsamer). Irgendwann ist jedes Spiel durchgespielt, und schlecht gestaltete und angelegte Spiele spielt eh keiner lange.
Dass das Volk nach immer neuen Vergnügungsformen giert, bekamen bereits die römischen Kaiser zu spüren. Für ein paar Jahre fand der „Plebs“ Gefallen daran, dabei zuzusehen, wie ein paar Gladiatoren dazu gezwungen wurden, sich gegenseitig abzustechen oder in der Arena wilde Tiere zu töten. Aber das reichte relativ schnell nicht mehr. Karl-Wilhelm Weeber schreibt in Panem et Circenses, dass viele Kaiser deshalb darin wetteiferten, „ihre Vorgänger an Pracht, Ausstattung und Häufigkeit der Spiele zu übertrumpfen“.
Beim modernen Kaiser Zuckerberg verhält es sich ähnlich: Wenn Facebook nicht ständig konkurrierende Spaß- und Unterhaltungs-Unternehmen kauft oder kopiert, wendet sich das Publikum ab.
Was Machthaber unbedingt verhindern wollen, ist für das Volk dabei eine Chance: Mal nach eigenen Spielregeln zu spielen. Überhaupt spielen zu können, ist nämlich eine der großen Stärken der Menschheit. Neben Hunden und einigen Haustieren sind Primaten eine der wenigen Tierarten, die bis ins hohe Alter gerne spielen. Durch Spielen erfahren und eignen wir uns die Welt auch im Erwachsenenalter an.
Der niederländische Kulturhistoriker Johan Huizinga behauptete schon 1938 in Homo Ludens, dass das Spiel neue Welten jenseits der Alltagswelt hervorzubringen vermag, gerade weil es etwas Überflüssiges ist. Spiel, schreibt er, treibe die kulturelle Entwicklung in den unterschiedlichsten Bereichen – von Recht über Wissenschaft bis zu Dichtung und Kunst – voran.
Vorgefertigte Spiele mitzuspielen, sich auf gamifiziertes Gedöns einzulassen, hilft sicher beim Verständnis der Welt, aber selbstbestimmtes Spiel nach eigenen Spielregeln schafft potenziell Neues, inspiriert die Kreativität — und wer frei spielt, lernt, sich selbst zu manipulieren, statt sich nur von anderen lenken zu lassen.
Denn: Wer nach eigenen Regeln spielt, belohnt sich selbst und ist nicht darauf angewiesen, Belohnungen im Netz oder auf der Arbeit hinterherzuhetzen.
fernseher zu fenstern
man könnte meinen, wir hätten jetzt ein fenster in unserem düsteren flur.
ist aber nur ein teil eines alten monitors aus dem sperrmüll, den ich mit 50 adressierbaren LEDs (sk6812-LED-streifen und esphome) getuned habe, frei nach diesem video.


ein bisschen schrottig, wie unser flur, aber ich finde dieses falsche fenster toll. vor allem war das so um die 55,00 bis 100,00 € günstiger und 1000,00 € besser als die eigentlich ganz günstigen ikea floalts.

rosinenbrötchen

diese rosinenbrötchen habe ich in den letzten monaten sehr, sehr oft gebacken. einerseits weil sie sehr lecker sind und andererseit … hm, eigentlich gibt’s kein andererseits. die sind einfach lecker.
für den hefeteig steht im rezeot trockenhefe. hab ich mein leben lang benutzt, aber in letzter zeit benutzen wir fast nur noch frische hefe, bevorzugt bio. ich habe irgendwo aufgeschnappt, dass die herstellung von hefe eine ziemliche schweinerei ist und die bio-variante einen etwas weniger problematischen herstellungsprozess hat. die wikipedia schneidet das nur kurz an:
Insgesamt fallen bei der Herstellung auf Melassebasis größere Mengen organischer und chemischer Stoffe sowie Mikroorganismen-haltiges Hefewasser an, die nach wie vor ein Entsorgungsproblem darstellen.
aber deshalb schreibe ich das nicht auf, sondern wegen meiner ungeduld. es heißt ja immer, man solle die hefe, die eier, die butter am besten auf zimmertemperatur verarbeiten, weil die hefe sich sonst „erschrecke“.
ich hab mir gedacht, wenn ich hefe, milch, eier und butter eh im kühlschrank habe, also alle die gleiche temperatur haben, wer soll sich da denn erschrecken? ausserdem gelingen hefebackwaren besonders gut (sagt man, und es deckt sich mit meiner erfahrung), wenn der hefeteig eine Nacht im kühlschrank geht. dabei wird die hefeaktivität gebremst und der teig wird schön feinporig.
also seit dem ich mir das geadcht habe, verarbeite ich den teig immer mit zutaten aus dem kühlschrank, kalte hefe, kalte milch, kalte eier, kalte butter. das resultat ist meiner meinung meisten sogar besser.