new york ci­ty

felix schwenzel

ich war mitt­ler­wei­le 6 mal in new york city. beim ers­ten und zwei­ten mal habe ich al­ler­dings den jfk-flug­ha­fen nicht ver­las­sen. die stadt habe ich mir zum ers­ten mal rich­tig an­ge­se­hen, als ich mich mit knapp mit­te zwan­zig jah­ren, nach mei­ner aus­bil­dung als schrei­ner, für eine wo­che in ei­nem ho­tel und ein­ein­halb wo­chen bei ei­nem be­kann­ten mei­ner el­tern in brook­lyn ein­quar­tier­te. das zwei­te mal habe ich mir new york wäh­rend des stu­di­ums für ein paar wo­chen an­ge­se­hen und jetzt wa­ren wir er­neut un­ge­fähr 11 tage dort.

an new york ist ei­ni­ges sehr be­ein­dru­ckend, aber drei din­ge sind be­son­ders auf­fäl­lig: new york kommt ei­nem be­reits beim ers­ten be­such wie eine gute be­kann­te vor, an je­der zwei­ten ecke hat man den ein­druck schon­mal ge­we­sen zu sein, weil man sie aus film oder fern­se­hen kennt. und die stadt wan­delt sich mit ei­ner un­ge­heu­ren ge­schwin­dig­keit. ich habe ei­gent­lich ein ganz gu­tes orts­ge­däch­nis, dass heisst wenn ich schon­mal an ei­nem ort war oder ihn in ei­nem film ge­se­hen habe, er­ken­ne ich ihn ziem­lich gut wie­der, wenn ich dort bin. in new york fiel mir das die­ses jahr ziem­lich schwer. es sind in den letz­ten 16 jah­ren so vie­le neu­bau­ten hin­zu­ge­kom­men, so vie­le bau­ten ver­schwun­den und so ein­schnei­den­de ver­än­de­run­gen am stras­sen­bild vor­ge­nom­men wor­den, dass ich so­gar mit goog­le-maps hin und wie­der die ori­en­tie­rung ver­lo­ren habe.

auch wenn es eine bin­sen­fest­stel­lung ist, aber das be­ein­dru­ckens­te an new york ist in der tat die dich­te. na­tür­lich fällt die je­dem be­su­cher be­reits auf der stras­se (oder auf dem east ri­ver) auf, aber wenn man auf ein dach in man­hat­ten steigt, traut man sei­nen au­gen kaum, wie dicht und te­tris­haft die­se stadt ist.

im som­mer rauscht new york — tag und nacht. in den stras­sen zie­hen oder drü­cken kli­ma- und be­lüf­tungs­an­la­gen luft in oder aus den häu­sern, in den häu­sern rau­schen die kli­ma­an­la­gen oder ven­ti­la­to­ren eben­so kon­stant. wenn ei­nen der jet­lagt plagt und man um vier uhr wach im bett liegt, bei of­fe­nem fens­ter, wähnt man sich in new york bei­na­he am meer. ob­wohl die kli­ma­an­la­gen gleich­mäs­si­ger und weis­ser, nicht so bunt wie das meer rau­schen. dar­über liegt das re­gel­mäs­si­ge heu­len der kran­ken­wa­gen, das wirk­lich stän­dig durch die stras­sen­schluch­ten hallt. die dich­te hat zur fol­ge, dass man auch fast im­mer men­schen hört. meist ge­ne­rie­ren die new yor­ker ge­räu­sche mit ih­ren kraft­fahr­zeu­gen, aber selbst in ei­nem et­was ru­hi­ge­ren wohn­vier­tel wie chel­sea, hört man jede nacht, im­mer wie­der men­schen re­den oder schrei­en.


die­ses jahr fie­len mir in new york ziem­lich vie­le ex­trem hohe und schlan­ke neu­bau­ten auf. ins­be­son­de­re an der süd­sei­te des cen­tral park fal­len zwei die­ser spit­zen auf. ein be­kann­ter er­zähl­te uns (laut über die im­mo­bi­li­en-ent­wick­ler schimp­fend) dass die bau­her­ren die­ser stan­gen­ge­bäu­de „luft­schäch­te“ der um­ge­ben­den ge­bäu­de auf­kauf­ten und des­halb so hoch bau­en könn­ten. na­tür­lich hat­te ich mich ver­hört, es han­delt sich nicht um luft­schäch­te, son­dern um luft­rech­te. in der new york times ist die­se ent­wick­lung in ei­nem sehr lan­gen ar­ti­kel wun­der­bar be­schrie­ben: „The Gre­at Air Race“.

ich ver­su­che mal auf mei­ne lai­en­haf­te art wie­der­zu­ge­ben, in ge­bo­te­ner kür­ze, wie das mit den luft­rech­ten in new york funk­tio­niert (kann gut sein, dass ich er­neut ver­ständ­nis­feh­ler ein­baue):

in new york ist die bau­hö­he je­des grund­stücks re­gu­liert. je nach stras­sen­block kann das un­ter­schied­lich sein, vor al­lem wur­de die er­laub­te bau­hö­he je­des grund­stücks aber nach der (stadt­pla­ne­risch) er­wünsch­ten dich­te je­des blocks be­rech­net. das heisst, dass die stadt­pla­ner in der ver­gan­gen­heit fest­ge­legt ha­ben mit wie­viel qua­drat­me­ter (bzw. qua­drat-fuss) nutz­flä­che ein block ins­ge­samt be­baut wer­den sol­le. wür­de die­se zahl für ei­nen block von zehn­tau­send qua­drat­me­tern grund­flä­che auf hun­dert­tau­send qua­drat­me­ter nutz­flä­che fest­ge­legt, könn­te je­der grund­be­sit­zer auf die­sem block 10 eta­gen hoch bau­en. für man­che grund­stü­cke an bou­le­vards oder be­stimm­ten stras­sen oder vier­teln konn­ten die be­gren­zung nach oben oder un­ten ver­scho­ben wer­den, aber wich­tig ist: aus die­ser vor­ge­ge­be­nen block­dich­te kann für je­des grund­stück be­rech­net wer­den, wie hoch dort ge­baut wer­den kann.

baut ein ei­gen­tü­mer auf sei­nem grund­stück aber nur 5 eta­gen mit je­weils 100 qm nutz­flä­che, ob­wohl er 10 eta­gen hoch bau­en dürf­te, hät­te er luft­rech­te für 500 qua­drat­me­ter üb­rig. der witz in new york ist jetzt aber, dass der ei­gen­tü­mer die­se luft­rech­te ver­kau­fen kann, al­ler­dings nur an ei­gen­tü­mer die an sein grund­stück an­gren­zen. hat ein block also noch nicht die vor­ge­ge­be­ne dich­te er­reicht, weil vie­le ei­gen­tü­mer ihre ma­xi­ma­le bau­hö­he nicht aus­ge­schöpft ha­ben, kann ein käu­fer die­ser rech­te auf­ad­die­ren und ent­sprech­nd hoch bau­en.

die­ser luft­rech­te­han­del hat in den letz­ten 20 jah­ren in new york wohl enorm ge­blüht, teil­wei­se sind die qua­drat­me­ter-prei­se für luft be­reits halb so teu­er wie die qua­drat­me­ter­prei­se für grund und bo­den.

“The tra­ding of air rights is more pr­e­va­lent than it’s ever been be­fo­re,” said Ro­bert Von An­cken, an air-rights ex­pert and app­rai­ser who is the chair­man of Land­au­er Va­lua­ti­on and Ad­vi­so­ry Ser­vices, “and it’s why you’re see­ing the­se mons­ter buil­dings sprin­ging up all over town. All of the­se new su­per­to­wers that are chan­ging the look of the city’s ho­ri­zon, they couldn’t hap­pen wi­t­hout air-rights trans­fers.”

Mr. Von An­cken esti­ma­tes that air rights trade for 50 to 60 per­cent of what the earth be­neath them would sell for. Once sold, they are gone for good, a de­tail that oc­ca­sio­nal­ly adds a se­rious stress com­po­nent to nego­tia­ti­ons.

ro­bin finn, nyt fe­bru­ar 2013

foto von nick carr cc by-nc-nd

die­ser luft­han­del führt aber of­fen­bar nicht nur zu „mons­ter-ge­bäu­den“, son­dern auch zu te­tris-ge­bäu­den. ge­bäu­de die an­de­re ge­bäu­de über­bau­en oder über­hän­gen. der lo­ca­ti­ons­cout nick carr (des­sen blog ich sehr emp­feh­len möch­te), hat von ei­nem die­ser ge­bäu­der sehr schö­ne bil­der ver­öf­fent­licht.

in chel­sea, di­rekt in der nach­bar­schaft der woh­nung in der wir bei freun­den un­ter­ge­kom­men wa­ren, gibt es plä­ne eine klei­ne kir­che mit ei­nem apart­ment-kom­plex kom­plett zu über­bau­en. die nach­barn fin­den das nicht so toll.


bei nick carr habe ich auch eine lis­te von über 100 din­gen die an new york nett toll sein sol­len ge­fun­den — aus ei­ner nyt-aus­ga­be von 1976. num­mer 46 war bis­her mein lieb­lings­ar­gu­ment, war­um ich ber­lin so toll fin­de:

46) More mo­vies, plays, and bal­let than any­whe­re else in the world, and not go­ing

man muss in new york (oder ber­lin) eben nir­gend­wo hin­ge­hen, weil man auch ir­gend­wann an­ders hin­ge­hen kann. in der fol­ge kann man ge­müt­lich zu­hau­se sit­zen und sich trotz­dem to­tal gross­städ­tisch füh­len.



in new york hab ich mir zwar meis­tens mit mei­ner aero­press-ma­schi­ne kaf­fee selbst ge­kocht, aber auch ein­mal kalt ge­brüh­ten kaf­fee aus dem kühl­re­gal ge­kauft. mir schmeck­te der sehr gut (kaum bit­ter­stof­fe, trotz­dem tol­ler kaf­fee­ge­schmack), die bei­fah­rein mein­te al­ler­dings, lei­der auch nicht ganz un­zu­tref­fend: „der schmeckt wie zu dün­ner und gleich­zei­tig zu star­ker kaf­fee.“


ne­ben den un­end­lich vie­len „de­lis“ gibt es in new york un­end­lich vie­le „di­ners“. wir ha­ben dort nicht ge­ra­de sel­ten ge­ges­sen, zum leid un­se­res blut­bil­des. trotz­dem möch­te ich zwei her­aus­pi­cken und be­son­ders emp­feh­len. ein­mal das stage re­stau­rant (4sq-link), das ei­gent­lich gar kein re­stau­rant ist, son­dern ein lan­ger, schlauch­ar­ti­ger raum mit ei­ner the­ke. das hat­te uns @missca­ro emp­foh­len und ich wür­de es je­dem wei­ter­emp­feh­len der nichts ge­gen fett­hal­ti­ges es­sen hat und kei­nen be­son­ders aus­ge­präg­ten sinn für hy­gie­ne hat.

auch das squa­re di­ner (4sq-link) in tri­be­ca war eine emp­feh­lung ei­nes freun­des. das klas­si­sche ame­ri­ka­ni­sche di­ner, wie wir es aus film und fern­se­hen ken­nen. in­nen se­hen die ein biss­chen aus, wie ein spei­se­wa­gen mit lan­ger the­ke und von aus­sen … auch. früh­stück im di­ner be­deu­tet erst­mal ei. al­les mit ei. speck, kar­tof­feln, sand­wich, brot — mit ei. ge­rührt, ge­bra­ten, ge­mischt mit be­lie­bi­gen zu­ta­ten — aber haupt­sa­che ei. zum mit­tag- oder abend­essen ist die aus­wahl et­was grös­ser: sand­wi­ches, bur­ger, fleisch oder sa­la­te. für ei­nen über­blick lohnt es sich die fours­qua­re-foto-sei­te des squa­re di­ner an­zu­se­hen.

ich hat­te im squa­re di­ner ei­nen „chef-sa­lat“, ei­nen nach art des kochs. der koch ist wie man er­kennt ein gros­ser fleisch­lieb­ha­ber, hat aber auch nichts ge­gen käse.


ich habe ein­mal be­ob­ach­tet wie man in mid­town die blu­men giesst: von ei­nem tank­wa­gen aus mit dem schlauch drauf­hal­ten. das geht gut, auch wenn es durch­aus blu­men­er­de­ver­lus­te zu be­kla­gen gibt.


auf ei­nem dach in chel­sea abend zu es­sen ist so un­ge­fähr das gross­ar­tigs­te was man ma­chen kann. ich ver­mu­te aber, dass das für un­ge­fähr je­des dach in man­hat­ten gilt.