die welt erklären
als ich ein kind war, wunderte ich mich immer, warum die comics die ich so gerne las, so perfekt aussahen. ganz offensichtlich waren die comics nicht gemalt, denn alles gemalte, das wusste ich aus eigner erfahrung, sah ganz anders aus, viel rauer, fleckiger, stumpfer, zittriger. also fragte ich meine mutter, wie diese comics hergestellt würden und sie antwortete, dass sie gedruckt würden. aha. „gedruckt“, auf grossen druckmaschinen. das war also der trick!
natürlich war die antwort, wie ich heute weiss, gar keine antwort, sondern einfach eine verschiebung der antwort auf ein anderes, mir nicht einsichtiges oder verständliches niveau. nachzufragen wie dieses „drucken“ funktioniert, fand ich damals genauso unnötig, wie nachzufragen warum autos fahren oder flugzeuge fliegen. grosse, komplizierte maschinen können eben grosse, fantastische dinge die menschen nicht können — genau dafür sind maschinen ja auch da.
ich bin übrigens ziemlich froh, dass mir meine mutter damals nicht gesagt hat (oder ich es nicht verstanden habe oder es nicht hören wollte), dass comics von menschen gezeichnet und coloriert werden und den druckmaschinen lediglich als vorlage dienen. ich wäre am boden zerstört gewesen, wenn ich erfahren hätte, dass menschen in solcher perfektion malen (so nannte ich als kind das zeichnen) könnten.
ich könnte jetzt den jungen felix auslachen, dass er so naiv war oder damals nicht verstand die richtigen fragen zu stellen, aber heute fiel mir auf, dass dieser mechanismus, antworten auf fragen einfach auf ein anderes niveau zu verschieben oder mit einer anderen, als antwort verkleideten frage zu beantworten, auch bei erwachsenen sehr weit verbreitet ist.
spontan fällt mir dazu die eine oder andere wilde theorie zum ursprung des lebens ein. die antwort, dass das leben aus dem weltraum, oder noch wilder, von ausserirdischen auf die erde gebracht wurde, scheint vielen dänen däniken menschen als antwort zu genügen, obwohl sie ja eigentlich eine weitere frage ist.
auf die frage, wie man komplexe projekte weit in der zukunft so planen kann, dass sie am ende funktionieren und ihr ziel erreichen, ohne durch irgendwelche bösen überraschungen oder dummheiten oder inkompetenzen zu scheitern, können verschwörungstheoretiker ganz einfach beantworten: indem die US-regierung sie plant. oder der KGB. auch hier die gleiche strategie wie damals in meinem kinderzimmer: komplizierte dinge erklären, indem man sie auf ein anderes niveau hebt oder der erklärung einfach einen faszinierenden namen gibt.
peter hahne, der fromme grinse-kater vom 2DF und der „bild“-zeitung, meint auch, dass das konzept „gott“ eine befriedigendere antwort auf die frage nach dem ursprung des universums sei, als beispielsweise „schwerkraft“. (sehr lesenswerter brief von „verquer“ an peter hahne zum thema.) dass weder hawking noch hahne erkennen, dass ihrer beiden antworten exakt die gleiche qualität wie douglas adams antwort „42“ haben, ist dann doch wieder lustig. denn genauso wie bei hawkings theorie oder bei hahnes gott, versteht auch kein mensch was die antwort 42 bedeutet oder wie das funktionieren soll oder welchen sinn das alles haben könnte.
als welt-ursprungs-erklärer stelle ich mich übrigens gerne in die von mir spontan aufgestellte reihe von adams, hahne oder hawking — hier ist meine welterklärung: das universum wurde gedruckt.
männer mit adjektiven
kein wunder, dass die filmindustrie über umsatzrückgänge klagt. in der DVDthek bietet sich gerade ein wahres filmtitel-elend. ein einzelner mann, ein ernster mann und ein gefährlicher mann buhlen derzeit um meine aufmerksamkeit. der ernste mann konnte mich nur deshalb reizen, weil mich jemand darauf hinwies, dass ihn die cohen-brüder gedreht haben. beim angucken half das nicht, der film war so langweilig, dass ich nach 20 minuten abschaltete.
gibts einen grund die anderen beiden anzusehen?
perspektivwechsel
[siehe auch diese fotostrecke im tagesspiegel.]
selber machen
am samstag werde ich mir ansehen, wie erwachsene menschen darüber reden „es“ sich selbst zu machen. „es“ ist natürlich nicht das woran man zuerst denkt, sondern das, an das man als zweites denkt. geld. selber machen.
am samstag findet in hamburg der falschgeld zukunftskongress „Freischreiber-Zukunftskongress“ statt, bei dem es darum geht, „wie freie Journalisten in Zukunft arbeiten und Geld verdienen werden“.
um zu erfahren, was die anwesenden darüber denken wie man als journalist „in Zukunft“ geld verdienen kann, muss man erstmal 90 euro (oder 40 als freischreiber-mitglied) bezahlen. ich geh auch hin, zahle aber keinen eintritt, weil ich eingeladen wurde. dafür werde ich aber drüber berichten.
→ weiterlesen„alles zweifelhafte muss angezweifelt werden“
aus der 3sat-dokumentation „Die Akte CCC“, hier als .mp4-datei, via netzpolitik.
[nachtrag]
jetzt auch auf vimeo.
holz
kürzlich lag im treppenhaus meines arbeitsplatzes mehrere grobe bau-sperrholzplatten rum. das ganze treppenhaus war dadurch mit dem geruch von frisch geschnittenem holz erfüllt. der geruch erinnerte mich an meine zeit als schreiner und vor allem daran, wie sehr ich den geruch von frisch verarbeitetem holz liebe.
je mehr ich über den geruch von holz nachdenke, desto mehr gerüche aus meiner zeit als schreiner (und davor als zivi in der holzwerkstatt in sassen) fallen mir wieder ein. eigentlich riecht in einer schreinerei fast alles gut, das fällt einem besonders dann auf, wenn man mal in einer metallwerkstatt oder autowerkstatt war.
zum beispiel die gerüche der verschiedenen holzsorten, wenn man sie schleift oder sägt. kiefer, lärche oder eiche haben alle sehr eigene gerüche. der geruch einer (heissen) furnierpresse nach leim, spanplatte und eben dem furnier hat etwas ganz spezielles. selbst die chemischen hilfsmittel, die harzlösenden holzgleitmittel oder nitro lacke zum lackieren roch ich immer gerne. lacke auf acrylbasis konnte ich nie leiden, aber die wurden in der werkstatt in der ich meine ausbildung absolvierte auch nur einmal verwendet, als ein lehrling damit autoteile lackierte.
übrigens konnte man den schleifstaub der sich im laufe eines arbeitstages in der nase sammelte, hervorragenden holzkitt herstellen.
werberäuber
ganz meiner meinung was leander wattig da sagt:
So könnte man auch fragen, wie viel Geld Unternehmen durch Werbeverbots-Briefkastenaufkleber verlieren? Oder wie viel Geld Unternehmen durch E-Mail-Spam-Filter verlieren? Oder wie viel Geld Unternehmen dadurch verlieren, dass die Leute sich auf der Straße unterhalten und nicht auf die Werbeplakate schauen?
[…]
Entsprechend ließe sich weiter fragen: Verlieren Medienunternehmen wirklich Geld durch Piraterie oder nicht eher durch anachronistische Geschäftsmodelle?
ich hätte auch noch eine frage: wie hoch sind die verluste die vegetarier der fleischverarbeitenden industrie verursachen?
der vergleich hinkt? natürlich hinkt der, aber die journalisten oder verleger die sich auf ein einziges geschäftsmodell konzentrieren und behaupten werbeblocker zerstören ihre geschäftsgrundlage hinken auch und erinnern mich an ertrinkende die sich weigern zu schwimmen, weil sie es auch früher nicht getan haben. oder anders ausgedrückt: würde der (qualitäts-) journalismus wirklich ertrinken, würde ich erwarten ihn mehr strampeln zu sehen.
und was genau spricht nochmal gegen experimente mit freiwilligen online-kleinstbetrags-bezahlmodellen wie flattr? warum bietet kein mir bekanntes online-angebot einen eigenen, kostenpflichtigen werbeblocker an, für beispielsweise zehn oder zwanzig cent pro woche? (nach meiner rechnung ist die ansicht eines banners durch mich auf spiegel online zwischen einem halben und zwei cent wert.)
wir sind übrigens dazu übergegangen das kind, wenn es faul auf der haut liegt und nichts gebacken kriegt, als „verleger“ zu beschimpfen. das stimmt auch insofern, als dass es bei sich im zimmer nie was findet und mittlerweile von mir erwartet, dass ich ihm morgens frische socken reiche.
grube und schmidt über sekundärtugenden
ich verstehe dieses bahn-magazin was in den zügen ausliegt nicht. heute lag eine ausgabe mit helmut schmidt auf dem cover im zug, auf der (gar nicht mal so leicht zu findenden) website ist aber noch die einen monat alte august-ausgabe aktuell. das heft ist also offenbar schneller zu drucken und in deutschen zügen zu verteilen, als es auf die website zu packen.
helmut schmidt ist auf dem cover, weil bahnchef rüdiger grube (oder wie die angeheuerte redaktion von gruner und jahr es devot ausdrückt: „Dr. Rüdiger Grube“) für das heft mit helmut schmidt geplaudert hat. das vermeldet gruner und jahr auch stolz per pressemitteilung, nicht jedoch die bahn, die findet das auf ihrer seite keiner erwähnung wert. grubes gespräch mit schmidt ist gar nicht mal schlecht, auch wenn ich mich immer ein bisschen fremdschäme, wenn erwachsene menschen mit respektablen positionen darauf bestehen bei namensnennung im editorial, impressum oder am anfang des interviews mit ihrem akademischen titel genannt zu werden. helmut schmidt mit seinen ungefähr dreissig ehrendoktorwürden hat sich die nennung offenbar verbeten (mit „herr bundeskanzler“ möchte er auch nicht angesprochen werden), dr. rüdiger grube, „der vorstandsvorsitzende der deutschen bahn ag“ und dr. antje lüssenhop, „Leiterin PR und interne Kommunikation der DB“ bestanden anscheinend auf nennung ihrer akademischen würde.
lüssenhop hatte bei dem gespräch anscheinend keine andere aufgabe als die fotos etwas aufzublonden, „mitzuarbeiten“ und eine kleine breitseite von schmidt gegen PR-arbeit einzustecken, als der sagte:
Vertrauen kann man nur herstellen, indem man sich selber anständig, durchsichtig und ehrlich benimmt. Vertrauen gewinnt man nicht durch Public Relations und auch nicht durch Schaffung einer Marke. Es geht um das Vertrauen von Menschen. Und dafür gibt's seit Jahrtausenden dieselben Rezepte, nämlich: Sei Beispiel und Vorbild!“
sekundärtugenden sind überhaupt, neben politik, das hauptthema des gesprächs. grube meint durch seinen lebensweg werte wie „Glaubwürdigkeit, Respekt, Loyalität, Fleiß und Begeisterungsfähigkeit“ verinnerlicht zu haben und meint, dass „die schule“ diese werte heute nur noch begrenzt vermitteln könne. schmidt ergänzt, dass man diese werte auf der harvard business school in st. gallen und in oestrich-winkel auch nicht mehr lerne.
später macht grube neben der schule und den schlechten zeiten auch noch die „neuen Medien“ verantwortlich für die verkümmerung der werte die er einst verinnerlicht hat:
Ich befürchte, die Nutzung der neuen Medien könnte dazu führen, dass Kommunikation oberflächlicher wird. Mehr noch, dass Werte wie Respekt und kooperatives Handeln verkümmern, was eine Verrohung des Umgangs unterstützt.
dankenswerterweise springt schmidt nicht auf diese saublöde früher-war-alles-besser-nummer an, obwohl er ja auch bekanntermassen kein freund „neuer“ medien wie fernsehen und internet ist:
Die Gefahr ist real. Ob der Medienkonsum aber auch notwendigerweise einen Verlust an Moralität unterstützen muss, da würde ich zögern mit der Antwort. Denn es hat ja auch im alten Griechenland, im alten Rom, in Mittelitalien, in Venedig, in Gent, in Sienna nicht immer nur den ehrbaren Kaufmann gegeben, sondern auch ganz üble Geschäftemacher.
in der pressemitteilung von gruner und jahr heisst es, dass grube im übernächsten monat den anderen schmidt zum thema sekundärtugenden interviewen wird. bin mal gespannt, was der zum thema pünktlichkeit zu sagen hat.
→ weiterlesenflattr-count-anzeige ohne api
seit einiger zeit wollte ich auf den übersichtsseiten (also zum beispiel der startseite) von wirres.net eine anzeige der flatters die jeder artikel bekommen hat sehen, so wie die anzahl der reaktionen, also kommentare, trackbacks oder tweets angezeigt wird. das geht zwar, indem man unter jeden artikel einen button pappt, aber das fand ich visuell wenig verlockend. spreeblick macht das und ein paar andere seiten auch.
leider ist das REST-API von flattr noch nicht fertig und flattr kann nur mit javascript in button-form eingebunden werden.
vor ein paar tagen habe ich dann diese seite gefunden, auf der ben collins beschreibt, wie er die anzahl der flatters in feedflare eingebunden hat (also so, dass seine feedburner-feed-artikel unten die zahl der flatters anzeigt). im prinzip hat er ein php-script geschrieben, dass den flattr button für einen artikel aufruft und daraus den „flattr-count“ extrahiert. ich habe das script ein bisschen angepasst und wenn man ihm eine wirres-url als argument gibt, zeigt es den flattr-count an:
die konstruktion, wie ich es auf wirres.net eingebunden habe ist völlig hirnrissig, funktioniert aber. jeder programmierer würde die hände über dem kopf zusammenschlagen und wenn ende des jahres endlich kathrin passigs buch „weniger schlecht programmieren“ herauskommt und ich es gelesen habe und weniger schlecht programmieren gelernt habe, werde ich wahrscheinlich auch die hände über dem kopf zusammenschlagen.
eigentlich schlage ich bereits jetzt die hände über dem kopf zusammen. [hier bitte aufhören zu lesen, jetzt wirds langweilig.] ich habe nämlich folgende, ziemlich unelegante umwege gehen müssen:
in den code meines CMS konnte ich das script zur abfrage nicht einbauen, da es nur unter php5 läuft und cms nur unter php4. dazu kommt, dass mein hoster das abfragen von fremden webseiten per php unterbindet, das script also gar nicht auf wirres.net funktioniert. also habe ich es auf schwenzel.de zum laufen gebracht. die abfrage des scripts und das einsetzen des flattr counts erledigt jquery, dass das im hintergrund per ajax erledigt. allerdings wäre so eine abfrage von wirres.net auf schwenzel.de ein cross-site-scripting-dings, und die abfrage einer anderen domain als der auf der das script läuft, erlaubt jacascript aus sicherheitsgründen nicht. also fragt jquery das script auf schwenzel.de über ein kleines proxy-script ab.
die eigentliche (und hanebüchend unelegant programmierte) jquery-abfrage kann man im quellcode der übersichtsseiten lesen. oder es auch lassen.
ich weiss nicht warum, aber das wollte ich mal los werden.
eimer-klo-werbung
hinter kleinen sichtblenden kacken
ich erinnerte mich kürzlich als ich auf dem klo sass, dass jeff jarvis kürzlich ein „deutsches privatshären paradoxon“ postulierte. unter anderem wunderte er sich darüber, dass deutsche problemlos nackt in gemischten saunen rumhängen, sich aber darüber beklagen, dass man von ihnen in der öffentlichkeit fotos macht und sich kollektiv über facebook, google analytics, nacktscanner oder (ganz aktuell) über fotografien ihrer hausfassaden aufregen.
ich persönlich gehe weder in eine gemischte noch eine nach geschlechtern getrennte sauna, weil ich auch ohne sauna wie eine sau schwitze. trotzdem hat jarvis natürlich recht, wenn er sich über so eine vermeintliche paradoxie wundert, übersieht aber vielleicht den aspekt, dass es deutschen durchaus unangenehm ist, wenn sie in der sauna oder am FKK-strand fotografiert werden, bzw. das gefühl haben, ihre privatshäre nicht autonom kontrollieren zu können.
ctrl-verlust hin und her, kontrollverlust ist nunmal unangenehm.
als ich da auf dem klo sass, fiel mir ein amerikanisches paradox auf: amerikaner gelten ja allgemein als recht prüde. weibliche brüste auf tageszeitungstitelseiten oder im fernsehen sind verpönt, selbst stillende mütter gelten mitunter als obzön. gemischte saunen, öffentlich zugängliche FKK-strände, öffentliche werbetafeln mit nackten, all das lässt die amerikaner genauso staunen, wie das fehlende tempolimit auf deutschen autobahnen.
die amerikanische prüderie endet aber auf öffentlichen toiletten. wer in in amerika in ruhe auf einer restaurant- oder büro-toilette kacken will ist aufgeschmissen. erstens sind die kabinen in amerika fast nie geschlossen sondern unten und oben offen (das kennt man aus amerikanischen krimis, man kann immer bequem unter den türen durchgucken oder, wenn man aufs klo steigt, mit dem nebenmann von angesicht zu angesicht plaudern. symbolbild 1, symbolbild 2) und zweitens haben die türen spaltmasse, die meistens mehrere finger dick sind.
so kann man beim kacken zwar gut beobachten was vor der eigenen kabine los ist, fühlt sich als deutscher, der geschlossene und einfach abschliessbare kabinen gewohnt ist, aber auch unangenehm beobachtet oder zumindest beobachtbar.
als ich mal für ein paar wochen in new york war, bin ich zum kacken immer ins four-seasons-hotel gegangen. dort befinden sich meines wissens die einzigen blick- und ich glaube auch luftdichten öffentlichen toiletten-kabinen der USA.
wie verträgt sich einerseits die prüderie der amerikaner und diese wer nichts zu verbergen hat, kann auch hinter einer kleinen sichtblende kacken-haltung?
liebloses setdesign, liebloser film
gerade die DVD mit „daybreakers“ angeworfen. gleich in der ersten szene wird ein kalender gezeigt:
leider haben die setdesigner sich nichtmal die mühe gemacht den kalender ordentlich auszurechnen, was ja heutzutage mit computern gar nicht mal so schwer sein sollte.
solche lieblosigkeiten können einem echt das filmvergnügen kaputtmachen. schon nach 1 minute film, muss man was drüber ins internet schreiben.
[nachtrag 21:55h]
was für ein blöder mistfilm. und ich habe ihn auch noch bis zum ende durchgesehen, obwohl es nach einer minute absehbar war, wie lieblos der film ist. ein langweiliger, absehbarer versuch, einen plot für daybreakers teil zwei und drei aufzubauschen.
bullerdeich 7, baustelle 10
heute abend, bzw. seit heute nachmittag um 16 uhr, findet am bullerdeich 7 in hamburg die freilicht-ausstellung „baustelle 10“ statt. ich war heute nachmittag mal kurz da.
die taz schreibt:
Das Gelände zwischen Süderstraße und Bullerdeich ist eine alte Brache. Die Gebäude und das Areal am Hochwasserbassin sind seit 15 Jahren ungenutzt. Alle Initiativen von KünstlerInnen, dies zu ändern, waren bisher erfolglos. Doch ab September 2010 wird dort eine öffentliche Grünfläche entstehen, Verhandlungen über künstlerische Nutzung der Gebäude laufen. Geplant ist auch ein Skulpturenpark, der von KünstlerInnen fortwährend neu gestaltet wird und in dem regelmäßig Ausstellungen stattfinden. Das direkt und indirekt von 42 KünstlerInnen aus den Brachgebieten in Hamburgs Südosten getragene Projekt der heutigen Freiluftausstellung gibt einen Vorgeschmack auf diese Zukunft.
kostenlose äpfel
apfelbauer könig lebte viele jahre ganz gut von seinen äpfeln. sie waren nicht besonders gut, aber er hatte kaum konkurrenz, da der anbau von äpfeln sehr personal-intensiv war und grosse flächen land benötigte. über jahre hinweg konnte er seine äpfel jeden tag wie geschnittenes brot auf dem markt verkaufen. jeden tag verkaufte er grosse mengen zu einem kilo-preis von 10 euro.
irgendwann, vor 5 jahren begannen die einwohner der stadt an allen möglichen stellen selbst äpfel-bäume zu pflanzen. die ersten ernten waren nicht besonders gut, aber jeder konnte sich die äpfel selbst pflücken — und so an kostenlose äpfel kommen. könig verkaufte weiterhin seine äpfel, da die qualität seiner äpfel besser als die der wilden äpfel war.
die qualität der kostenlosen, wilden äpfel wurde aber im laufe der jahre immer besser. da bauer königs umsatz langsam aber stetig zurückging, entschied er zu einer einschneidenden werbemassnahme: er begann damit, äpfel die faule stellen hatten oder deren schale nicht der üblichen qualität entsprach, zu verschenken. überall in der stadt stellte er tische auf mit seinem äpfeln, die besser waren als die frei wachsenden, in der hoffnung die leute so auf den markt locken zu können, wo er weiterhin seine besten äpfel verkaufte. er senkte teilweise sogar die preise und entliess einen teil seiner gärtner um die produktionskosten zu senken.
irgendwann hatten die leute keine lust mehr auf den umweg zum marktplatz und begnügten sich mehr und mehr mit den kostenlosen äpfeln. die waren gut genug, überall in der stadt zu bekommen und kostenlos. das geschäft auf dem marktplatz wurde immer weniger einträglich für könig, er hatte auch bereits mehr als die hälfte seiner gärnter entlassen und liess seine ernte von fereiwilligen ernten und teilweise auch pflanzen. den freiwilligen reichte es, ein kleines fähnchen an die von ihnen geernteten äpfel zu binden, auf dem ihr name stand. für dieses privileg, schuffteten sie tagelang auf königs plantagen und halfen ihm unentgeldlich beim anbau.
könig fing nebenbei auch damit an, mit gebrauchten autos zu handeln. dieses geschäft sollte seine plantagen querfinnzieren, brachte aber bereits nach wenigen monaten gute profite ein. nur die äpfel verkauften sich immer schleppender, obwohl die menschen soviele äpfel wie nie zuvor assen.
da kam könig eine idee. warum sollte er sich mit den mickrigen profiten die er auf dem markt einfuhr und dem geld aus dem gebrauchtwagenhandel zufrieden geben, wenn er auch an den äpfeln die er verschenkte verdienen könnte? er schlug dem bürgermeister vor, für jede tonne äpfel minderer qualität die er verschenkte, 10.000 euro aus den steuereinnamen der stadt zu bekommen. schliesslich seien es seine äpfel, die die stadt so attraktiv machten. der bürgermeister weigerte sich zuerst, er meinte schliesslich habe die stadt die strassen und plätze gebaut (und bezahlt) an denen er seine äpfel auslegte. könig fand aber, dass die stadt von seinen äpfel unrechtmässig profitierte. schliesslich sei die stadt ohne seine kostenlosen äpfel nur halb so attraktiv. ohne seine äpfel, würde die stadt auf qualitativ minderwertige ware, auf „fallobst“ angewiesen sein. ausserdem beschäftige er immer noch 10 gärtner auf seinen plantagen, diese arbeitsplätze seien gefährdet, wenn die stadt ihm nicht entgegen käme. ausserdem solle der bürgermeister nicht vergessen, dass er ihn während seiner wahlkämpfe immer grosszügig finanziell unterstützt habe.
seitdem zahlen die bürger der kleinen stadt steuern für den strassenbau und für kostenlose äpfel — die äpfel von könig sahen mittlerweile alle aus wie früher das sogenannte frei wachsende „fallobst“, schmeckten fade und trocken. immerhin konnte man damit ein anständiges apfelkompott herstellen.
[die geschichte hinkt vorne und hinten und ist nicht mal ansatzweise stringent. ohne analogie geht das wahrscheinlich besser. zum aufregen bitte weitergehen zu herrn knüwer. dort kann dann auch zum thema gemeinsam mit ihm gekotzt werden.]
die stargarder strasse strahlt nicht mehr
das strahlende cäsium-haltige ding wurde entfernt. siehe auch frank riegers erste bilder vom „Bleisarkophag aus Stargardobyl“ und bilder vom bergungsloch.
am wochenende hab ich in hamburg von der strahlenden stargarder gelesen, gestern, auf dem nachhauseweg in berlin, hab ich mich dann doch ein bisschen erschrocken, dass das direkt um die ecke von meiner wohnung war.
unbefangener käse
leistungsschutzrecht pro und contra und zusammengefasst
arnd haller, justiziar von google nord und zentraleuropa, schrieb vor ein paar tagen zehn gründe gegen ein press-leistungsschutzrecht auf. kai biermann, resortleiter digital bei zeit online, fasste die zehn gründe zusammen — wie ich fand teilweise falsch oder ungenau. kai biermann hat auch nicht alles verstanden, was arnd haller schrieb, mir geht es da genauso, wenn ich versuche die gründe für das leistungsschutzrecht zu verstehen. was haller schrob fand ich hingegen ganz gut verständlich, wenn auch nicht so brilliant wie das was google der FTC kürzlich zu einem ähnlichen thema schrob.
nichts desto trotz, hier meine ergänzungen zu kai biermanns zusammenfassung
1. Ihr Verlage übertreibt, was Eure Verluste durch das Netz angeht.
nein. haller schreibt, dass die verlage die verluste im printgeschäft übertreiben, dass sich die behauptung, die nutzer wollen für inhalte nicht zahlen, nicht halten lässt und dass es den verlagen insgesamt wirtschalftlich gut geht.
2. Ihr müsst Euren Kram ja nicht ins Netz stellen. Aber wenn Ihr es tut, “ist es geradezu abwegig, dafür andere zur Kasse zu bitten”.
ja, abwegig ist das in der tat, aber er schreibt auch, dass verlage froh sein können, für die infrastruktur die suchmaschinen und soziale netzwerke zur verfügung stellen, nicht zahlen zu müssen.
3. Es gibt keine Gesetzeslücke sondern höchstens ein paar Probleme bei der Verfolgung von Kopisten.
was genau sind denn „kopisten“? was machen die und wie hindert das leistungsschutzrecht sie an der ausübung ihrer tätigkeit?
das urheberrecht solle bei der einführung eines leistungsschutzrechtes nicht angetastet werden, wiederholt zumindest christoph keese unermüdlich. im umkehrschluss bedeuten die aussagen von keese oder den verlagen: „Es gibt keine Gesetzeslücke sondern höchstens ein paar Probleme beim geld verdienen mit kostenlosen inhalten.“ von kopisten oder einer verschärfung beim urheberrecht redet soch keiner. oder hab ich jetzt was falsch verstanden?
4. Ein Leistungsschutzrecht käme alle viel zu teuer zu stehen, alles würde mehr kosten.
stimmt, das sagt er und es ist wohl auch sachlich richtig. denn etwas was jemandem profite beschert kostet andere nunmal etwas. aber mit der zusammenfassung bin ich trotzdem nicht einverstanden. der gedanke, den haller über seine drei absätze von grund 4 ausbreitet, dass ein leistungsschutzrecht weiten teilen der deutschen wirtschaft schaden könnte, fehlt.
5. Eure schönen Texte wären weg und nicht im Netz mehr zu finden.
die zusammenfassung hört sich an, als ob haller drohen würde. die drohung finde ich aber in hallers text weder in, noch zwischen den zeilen.
6. Ein Leistungsschutzrecht hilft Journalisten und Journalismus nicht, es macht nur Konzerne reicher.
sehr gute zusammenfassung! allerdings benutzt haller die worte „journalist“ oder „journalisten“ in diesem absatz nicht ein einziges mal.
7. Ein Leistungsschutzrecht braucht Reichweite, damit es Geld bringt. Mehr Reichweite kostenloser Inhalte aber verschlimmert nur Euer Problem, dass Ihr damit nichts verdient.
(Den Punkt verstehe ich nicht, denn wirkt das Recht, werden viele die Inhalte eben nicht mehr nehmen, damit sie nicht zahlen müssen. Die Reichweite sinkt. Entweder hat der Chefjustiziar hier einen Denkfehler gemacht, oder ich bin zu blöd.)
eigentlich ist es doch einfach: haller, oder genauer die gegner des leistungsschutzrechts, fürchten, dass die reichweite der angebote durch das leistungsschutzrecht sinken würde. die verleger fürchten das offenbar nicht, sondern behaupten noch dazu, überhaupt nur mit dem leistungsschutzrecht ihre angebote finanzieren zu können. den denkfehler sieht haller bei den verlegern, die glauben behaupten journalismus im netz nur mit reichenweitenstarken, kostenlosen angeboten und einem leistungsschutzrecht finanzieren zu können.
8. Ihr macht Eure Kunden zu Kriminellen.
sehr gute zusammenfassung!
9. Die einzigen, die wirklich etwas daran verdienen werden, sind die Anwälte, die das seltsame Recht klären und ausfechten müssen.
sehr gute zusammenfassung!
10. Es nutzt nur den Konzernen. (Hatten wir schon bei 6., steht aber noch mal da.) Und Ihr verbaut Euch die Chance auf neue Geschäftsmodelle – die Ihr dringend braucht.
man kanns auch anders zusammenfassen: ein grossteil der journalisten, denen das neue gesetz angeblich nutzen soll, leht das leitungsschutzrecht aus den gleichen gründen wir die anderen gegner ab: das leistungsschutzrecht ist wettbewerbshemmend, wirkt konzentrationsfördernd (hihi) und kommt einer kapitulation der grossen verlage vor den kräften eines freien, unregulierten marktes gleich.
und jetzt wüsste ich noch gerne wie kai biermann zu einem presse-leistungsschutzrecht steht.
wie ich oben schrieb, dass was robert schweizer, rechtsvorstand bei burda, über die gründe für das leistungsschutzrecht schrieb, kann ich nicht in allen punkten nachvollziehen. aber zusammenfassen will ich es dennoch:
1. sinn und zweck des leistungsschutzrechtes ist die unternehmerischen risiken von verlagen abzupuffern und ihnen einnahmen zu garantieren, egal wie verantwortungslos sie unternehmerisch oder journalistisch handeln.
2. die verleger beanspruchen das „ausschließliche Recht“, Presseerzeugnisse oder Teile daraus zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben
3. „ausschliesslich“ soll allerdings nur im gesetz stehen, bedeutet aber gar nicht „ausschliesslich“, sondern was ganz anderes.
4. „Das Leistungsschutzrecht der Presseverlage schützt […] die unternehmerischen Leistungen der Verlage“ — etwas was die letzten 50 jahre völlig ungeschützt der welt ausgesetzt war und zu furchtbaren zuständen im verlagswesen geführt haben muss.
5. ohne verlage sind journalisten arme würstchen.
6. das leistungsschutzrecht dient keinesfalls ausschliesslich dazu, den verlagen viel geld zu verschaffen. das ist lediglich eine sachliche konsequenz des leistungsschutzrechtes.
7. die verlage haben im internet alles richtig gemacht und sind völlig unschuldig an ihrem unternehmerischen scheitern im internet.
8. es geht nicht ums geld, sondern darum mit der technik schritt zu halten — das geht nur mit einem leistungsschutzrecht und dem geld was damit verdient werden kann.
9. werbung in presseerzeugnissen ist scheisse total unseriös. mit dem leistungsschutzrecht können wir unabhängig von werbung werden und trotzdem weiter riesige werbeeinahmen einehmen, sobald der werbemarkt wieder anzieht.
10. wir schaffen es nicht unsere inhalte im internet zu geld zu machen, also soll ein gesetz die menschen dazu zwingen uns das geld einfach zu geben.
11. qualitätsjourmnalismus und die demokratie ist nur mit geldstrotzenden verlagen am leben zu erhalten.
12. wer nur liest muss nichts bezahlen. alle anderen schon.
13. wir sind nicht zu blöd geschäftmodelle im internet zu finden. wir haben doch das leistungsschutzrecht gefunden!
14. die ordnung der welt ist nur mit dem leistungsschutzrecht zu erhalten. alles andere führt zum ende der welt.
[nachtrag 10:45h]
ich hatte helmut hartung, der das interview geführt hat, mit robert schweizer, dem burda rechtsvorstand verwechselt, der interviewt wurde. ist oben jetzt korrigiert.
antiwerbung
wer zweimal fickt, dem glaubt man nicht
es ist jeder hinsicht unsäglich dumm, was alice schwarzer kürzlich an jörg kachelmann gerichtet gesagt hat:
Vielleicht geht Ihnen aufgrund Ihrer Sexualpraktiken aber auch alles durcheinander.
dieser satz ist nicht nur dumm und arrogant, sondern auch menschenverachtend. welche sexualpraktik wäre es denn nach alice schwarzers meinung, die menschen dazu bringt nicht alles durcheinanderzubringen oder mit der man vermeiden könnte, von ihr als potenzieller verbrecher gesehen zu werden? monogame heterosexualität ohne analsex? monogame homosexualität ausschliesslich mit schmusesex? penisloser geschlechtsverkehr ohne sexspielzeug? missionarstellungssex? enthaltsamkeit? onanie? oder könnte sie die sexualpraktiken meinen, die uns die kirchen empfehlen?
und wer ist schwarzer, dass sie die zurechnungsfähigkeit, vernunft, schuld, gewaltbereitschaft oder den charakter eines menschen mit irgendeiner sexualpraktik, von der sie wahrscheinlich nur vom hörensagen aus publikationen mit seite-1-arsch-und-titten-mädchen erfahren hat, in verbindung bringen kann? die päpstin? die ethikbauftragte der deutschland AG?
was würde schwarzer sagen, wenn man ihr ihren eigenen satz vorhalten würde? „faschistIn“? „schwulenhasserIn“? „pascha“?
vor allem, welche sexualpraktik meint sie überhaupt? promiskuität? macht promiskuität tatsächlich unzurechnungsfähig? sind menschen mit mehr als einem sexualpartner, unfähig moralische kategorien zu werten und zu erkennen?
genauso unsäglich und dumm wie schwarzers geschwätz, finde ich übrigens einen satz aus julia seeligers kommentar zum thema. statt schwarzer zu empfehlen ihr bild-zeitungs-abo zu kündigen, sagt sie:
Es ist Zeit, dass Schwarzer als Feministin Nummer eins abtritt.
erstens frage ich mich wann genau sich alice schwarzer zur „Feministin Nummer eins“ erklärt hat oder wann und wo sie für sich den ersten platz unter den feministinnen beansprucht hat. da schwarzer von einem amt, dass sie nicht innehat oder dass ihr gelegentlich von der deppenfraktion angehängt wird, nicht zurücktreten kann, kann man seeligers satz nur folgendermassen lesen: „die schwarzer soll endlich die schnauze zu feministischen themen halten oder zumindest aus der öffentlichkeit verschwinden.“
dieser spruch ist mindestens genauso arrogant, überheblich und autoritär in seiner haltung, wie das gerede von schwarzer selbst.
[nachtrag 06.08.2010]
„promiskurität“ mit „promiskuität“ ersetzt und heuet beim arzt im wartezimmer eine lange geschichte über kachelmann im stern gelesen. dort stand unter anderem, einiges über kachelmann sexualpraktiken. wahrscheinlich stands so auch in einigen anderen schundblättern, die ihre ersten seiten oder andere inhalte mit nackten frauen schmücken. hatte ich vorher nicht mitbekommen und vielleicht sind kachelmann sexualpraktiken dann auch gegenstand des gerichtsverfahrens. kachelmann wegen seiner sexualpraktiken die zurechnungsfähigkeit abzusprechen finde ich nach wie vor unterirdisch. aber mir ist aufgefallen, dass ich für die behauptung diese haltung schwarzers sei menschenverachtend keine argumente geliefert habe. passender wäre wohl das verbohrt, ideologisch oder katholisch zu nennen. in wahrheit ist es wohl einfach nur selbstüberschätzung, intoleranz und arroganz.