steinmeier-rede als tagcloud
[via, siehe auch meinen text zu steinmeiers rede]
[via, siehe auch meinen text zu steinmeiers rede]
muss man sich über solche artikel eigentlich noch aufregen? joachim huber, leiter des medienressorts des tagesspiegels nimmt das abschneiden der piratenpartei zum anlass, irgendwas über das internet zu schreiben. das ergebnis liest sich wie popel, so als ob sich huber einen ganzen nachmittag alles dessen er habhaft werden konnte aus der nase zog und aufschrob. und die popel aus hubers nase gleichen den ollen popeln die uns die zeit und der tagesspiegel in den letzten wochen versuchen aufzutischen ganz frappierend. hier meine lieblingspopel:
„Es gibt kein Menschenrecht auf kostenloses Internet.“
„[…] das Programm der Piratenpartei [ist] schmal: ein minimal reglementiertes Internet mit dem Recht auf kostenlose Downloads.“
„Der Urheber ist rechtlos in einem rechtsfreien Raum.“
„Was einmal produziert und bezahlt worden ist, darf immer wieder reproduziert und muss niemals bezahlt werden, sagt der Nutzer.“
nachdem ich den scheiss eben kostenlos in der tram auf meinem handy gelesen habe, hab ich mich tatsächlich geärgert. auf dem fussweg zu meinem ersten morgenkaffee hab ich mich dann gefragt, warum ich mich eigentlich über die selbstbewusst vorgetragene ahnungslosigkeit eines promovierten theaterwissenschaftlers aufregen soll. zumal die redaktion des tagesspiegels (oder deren spin-offs) es ja auch witzig findet eine magere topmodel-kandidatin fussball-zeug kommentieren zu lassen und manch einer in der redaktion es sicher auch auch witzig fände einen tennisspieler plattenkritiken schreiben zu lassen oder einen wissenschaftsredakteur mal dazu zu verdonnern in die oper zu gehen. soll der theaterwissenschaftler mal schön was zusammen-polemisieren, damit sich die „nutzer“ und „downloader“ oder „netz-piraten“ mal wieder so richtig aufregen.
also hab ich mich entschlossen mich nicht aufzuregen. man muss ja nicht auf jeder provokation antworten.
was mich aber wundert ist, dass huber hier behauptet, das internet sei ein rechtsfreier raum („Es herrscht das Regime des Nutzers. Wer klickt, hat recht, wer angeklickt, downgeloaded, kopiert wird, der hat Pech. Der Urheber ist rechtlos in einem rechtsfreien Raum.“). hier behauptet er aber das gegenteil: „Der Räuber geistigen oder jedweden anderen Eigentums wird auf der Erde, zu Wasser und in der Luft dafür belangt. Also auch im Netz.“ huch? doch kein rechtsfreier raum?
im dezember 2007 meint huber also, das internet „hat das Rechtsbewusstsein an einigen Stellen erodieren lassen“, im juni 2009 meint er der „nutzer“ fordere „kostenloses internet“ und das recht bezahlte inhalte „immer wieder“ zu reproduzieren und runterzuladen. ich wüsste ja mal gerne welche „nutzer“ das behaupten oder in welcher version des programms der piratenpartei das steht. und ich frage mich welche dieser „nutzer“ das wohl sind, die für die milliarden-dollar-umsätze im itunes music store verantwortlich sind (3,34 milliarden dollar umsatz in 2008), wer sind die „nutzer“ die geld ablatzen an xing, partnerbörsen, stayfriends und co und diesen firmen im internet satte gewinne beschweren? welcher „nutzer“ ist das eigentlich, der niemals bezahlen möchte? hat herr huber mal so einen gesprochen? ich kenne keinen.
ich kenne allerdings einige, die für den scheiss der manchmal im tagesspiegel steht nix bezahlen wollen.
[nachtrag 15.06.2009]
wozu dient so ein „ausserordentlicher“ parteitag eigentlich? viele, vorwiegend sehr alte menschen treffen sich hier, setzen sich in einen grossen kreis und lassen ihren kanzlerkandidaten eine rede halten, die man anschliessend verteilt und interessierten zum runterladen anbietet. danach wird das „regierungsprogramm“ diskutiert, die änderungsanträge werden abgeschmettert und danach wirds beschlossen oder schöner: „verabschiedet“. danach gehen alle wieder nachhause. wozu? ich glaube so ein parteitag dient ausschliesslich der selbstvergewisserung und selbstbestätigung, der „mobilisierung“ der alten und müden partei-mitglieder.
mir kam zum beispiel die angeblich mit spannung erwartete rede frank-walter steinmeiers vor wie ein zu lang und pathetisch geratener blogartikel, voller unbewiesener behauptungen und wildem rumgemeine. die rede sollte ja zeigen, dass steinmeier und die SPD „es“ wissen wollen. die parallele zur „blogoshäre“ ist frappierend. blogger, wenn sie unter sich sind, werden nicht müde, sich zu versichern, dass sie cooler, schneller, transparenter, besser als journalisten sind, dass twitter das nächste grosse ding sein wird, dass dieses web2.0 die welt revolutionieren wird und dass die piratenpartei demnächst erdrutschsiege einfahren wird. in der eigenen blase hagelt es dann bestätigenden applaus (links, rivva-erwähnungen, retweets), ausserhalb der blase reichts dann gerade mal für 1,3 prozent. bei der SPD euphorisiert man sich mit gelaber über soziale gerechtigkeit, bildung als menschenrecht und arbeit für alle, klascht sich die hände wund und am ende, am wahltag, reichts dann gerade mal für 18 prozent. oder so.
das leben in der blase, wunschdenken bis zum abwinken, sich selbst, seinen überzeugungen und gleichdenkenden zu applaudieren, ist ja auch an sich völlig ok. um sich eine meinung oder überzeugung zu bilden muss man die welt ein bisschen ausblenden. wer nach allen seiten offen ist, kann nicht ganz dicht sein hat mal einer meiner lehrer gesagt. man muss sich abgrenzen. das problem ist nur, wenn man sich zu sehr abgrenzt, zu sehr einigelt, wenden sich die leute ausserhalb der eigenen blase von einem ab.
ich kann gar nicht zählen wie oft ich mir von freunden und bekannten anhören musste, dass sie wirres.net nicht mehr lesen, weil sie diese blogdings-diskussionen und themen, diese lächerlichen kleinkriege und abgrenzungsversuche zu anderen bloggern oder journalisten nerven.
sich vergewissern, dass das was man tut, wie man es tut, richtig ist, sich bestätigen zu lassen dass man nicht alleine so denkt, ähnliche meinungen, lebens und schreibweisen beklatschen, andere abwatschen ist wichtig und identitätsstiftend. man darf es nur nicht übertreiben und beim sich gegenseitig auf die schulter klopfen die anderen vergessen.
ich bin ja durchaus das, was parteistrategen als SPD-nah bezeichnen würden. ich habe in meinem leben mindestens so oft SPD wie die grünen gewählt, wenn nicht sogar ein bisschen öfter. wenn ich aber die rede von steinmeier als meilenweit vorbei an allem was mir politisch wichtig ist empfinde, wenn alle themen die mir politisch auf der seele brennen ignoriert werden und ich mich nicht mal ansatzweise vom SPD-kanzlerkandidaten angesprochen fühle, im gegenteil, wie will die SPD da menschen die weder ein SPD-parteibuch haben, noch stammwähler sind, zu sich hinüberziehen? wie will die SPD die SPD-nahe und -ferne „neue mitte“ (auf die bezog sich steinmeier ausdrücklich) anziehen?
steinmeier hat viel über soziale gerechtigkeit und arbeit geredet und ein bisschen über den umweltschutz, bildung und bildungschancen. diese punkte bezeichnete steinmeier als „richtungsfragen“. das problem bei diesen angeblichen „richtungsfragen“ ist, dass sowohl die CDU, die linke, die grünen und ein bisschen sogar die FDP behaupten dazu gute antworten zu haben. niemand wählt die SPD (oder steinmeier), weil sie ein bisschen bessere oder ein bisschen andere antworten zu diesen fragen hat. im kern unterscheiden sich die antworten der SPD nicht von denen der linken, den grünen oder der CDU. niemand glaubt steinmeier, allein für die angebliche rettung von opel verantwortlich zu sein. niemand nimmt steinmeier ab, dass die insolvenz von arcandor allein der CDU zuzuschreiben ist und zu grösseren sozialen verwerfungen oder schlimmer massenarbeitslosigkeit führen wird.
steinmeier wirkt wie ein mitläufer der laut schreit, wenn ich allein laufe, wird alles besser. steinmeier sitzt im schlamm festgefahren, mit der karte auf dem schoss auf dem beifahrersitz und schreit: „wenn ich am steuer wäre, ich würde die karre wieder aus dem schlamm fahren“. steinmeier ist 4 jahre lang mit angela merkel händchenhaltend im wald herumgeirrt und meint irgendwer würde ihm glauben, wenn er plötzlich behauptet: „jetzt weiss ich wo es langgeht.“ das schlimmste ist, steinmeier glaubt er könne orientierungslos wie alle anderen im wald stehend den wahlkampf auf die frage zuspitzen in welche richtung man von nun an marschiere.
einen satz in steinmeiers rede fand ich entlarvend. er sagte:
Ich sage niemandem in Not: »Du bist nicht systemrelevant.« Keiner von uns würde das tun. Das ist der Unterschied zur Union!
das sagt jemand, der sich 2002 mutmasslich dafür einsetzte murat kurnazs freilassung aus guantanamo zu verhindern und ihn dort weitere vier jahre schmoren zu lassen. die süddeutsche schrieb 2007:
Die Bundesregierung war schon 2002 darüber informiert, dass Kurnaz in Guantanamo physisch und psychisch misshandelt wurde. Beamte des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes, die Kurnaz im September 2002 auf Kuba verhörten, fanden keine Belege für terroristische Aktivitäten von Kurnaz. Dennoch hat die rot-grüne Regierung noch nach der Bundestagswahl 2005 versucht, eine Rückkehr von Kurnaz nach Deutschland zu verhindern.
steinmeier, bzw. die bundesregierung sollen nach berichten der süddeutschen „auch noch 2005 versucht [haben], einen neuen Terrorverdacht gegen den in Bremen geborenen Türken zu konstruieren“. ich persönlich nehme steinmeier seine menschenliebe, seine retter-haltung nicht ab. steinmeier ist über 10 jahre in der regierung und will uns weismachen plötzlich nicht mehr sachzwängen und dienstanweisungen zu gehorchen, sondern menschlich und empörungs-getrieben zu handeln? steinmeier sagte an anderer Stelle: „Das ist der Unterschied zwischen mir und diesen Leuten: dass ich mich noch empöre! Mir macht das was aus! Ich nehme die Sorgen der Menschen ernst.“ dass er die empörung nicht auf deutsche die in todesangst leben, sondern auf deutsche die angst um ihren arbeitsplatz haben beschränken möchte, vergass er zu erwähnen.
steinmeier behauptet er wolle alles besser machen als er es bisher gemacht hat. er behauptet die SPD könne mit ihrem neuen programm, mit ihrer willenserklärung neue arbeitsplätze schaffen, soziale gerechtigkeit schaffen und nebenbei das klima retten. wie? mit mindestlohn, einem button am revers auf dem steht „ich bin gerecht“ und indem man nicht die steuern senkt, sondern in ein paar euro mehr in bildung investiert?
abgesehen davon, dass mehr arbeit, soziale gerechtigkeit, umweltschutz und bessere bildungschancen wichtig und richtig sind, konnte er mich nicht überzeugen, dass er es besser als die derzeitige oder vorherige regierung, denen er seit vielen, vielen jahren angehörte, machen kann. er konnte mir nicht überzeigend erklären wie er und die SPD ihre ziele zu erreichen gedenken, er konnte mich noch nichteinmal davon überzeugen, dass er für die umsetzung seines vorhabens gute und kompetente leute auftreiben kann. und jemand der nichts zu den herausforderungen und vielen offenen fragen und gesellschaftlichen umwälzungen sagt, vor denen wir durch das internet stehen, jemand der nichts zum datenschutz, zu bürgerrechten, zur ausufernden bürokratie und zum zunehmend paranoid und autoritär agierenden staat sagt, jemand der nichts zum ausufernden staatsdefizit, maroden gesundheits- und rentensystem sagt und konkrete vorschläge macht, sondern sich nur hinstellt und sagt „wir können es besser“, so jemanden oder seine partei die das gut findet, möchte ich nicht wählen.
i am not convinced!
[etwas allgemeiner, frédéric valin über den untergang der SPD als „volkspartei“]
[nachtrag 21:53h]
der SPD-politiker urich kelber meint ich irre, wenn ich sage, alle änderungsanträge am regierungsprogramm seien abgeleht worden. er hat sicher recht. vielleicht irre ich auch hier, aber ich hatte den eindruck, dass alle änderungsanträge die während des parteitages vorgetragen wurden, abgeleht wurden. ich weiss von mindestens einem antrag, der vorher eingereicht wurde und ebenso abgelehnt wurde, bzw. gar nicht zur abstimmung kam. gut möglich, dass auch noch während des parteitages am regierungsprogramm was geändert wurde. als zuschauer hatte ich jedoch einen anderen eindruck und genau das wollte ich zum ausdruck bringen.
am eingang des estrel-hotels und auf kleinen hochhalte-plakaten lächelt frank-walter steinmeier in zensursula- und stasi-2.0-schäublonen-optik durch die gegend.
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andrea nahles hat sich offensichtlich überlegt, dem linken flügel der SPD mehr gewicht zu verleihen. trotzdem sitzt sie rechts von franz müntefering.
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nach seiner rede war frank-walter steinmeier klatschnass geschwitzt. schröder hat vor, während und nach seiner rede vor vier jahren nicht ein bisschen geschwitzt.
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olaf scholz sagte irgendwann den schönen satz: „wir sind geschlossen und wir wollen gewinnen.“ während seiner rede, bewegt er sich oft synchron zum gebärden-dolmetscher. wenn sich seine rede ein bisschen reimen würde, könnte man sagen er rappt.
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erstaunlich wie ähnlich sich sigmar gabriel und hubertus heil sehen. sie haben sogar beide die gleichen hochfrequenten, leicht hysterischen stimmen.
olaf scholz sieht aus wie der gewerkschaftsboss in der zweiten staffel von „the wire“, frank sobotka .
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während frank-walter steinmeiers rede hat brigitte zypries mal den michelle obama-look versucht. nach der rede zog sie gott sei dank wieder ihr rotes jacket an.
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die worte bürgerrechte oder internet waren weder in der rede von müntefering, noch von steinmeier zu hören. über sicherheits- oder innenpolitik- wurde auch nicht geredet.
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als die juso vorsitzende ans rednerpult tritt, wirkt sie nach all den alten männern und frauen wie ein kind. dass sie das (natürlich) nicht ist, fällt mir auf, als ich mir einbilde, dass frank-walter steinmeier ihr nach ihrem mündlichen antrag auf den arsch guckt.
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die zeit der blogger auf parteitagen ist auch vorbei. die machen das jetzt alles selbst. fotos stellt die partei selbst auf flicker , natürlich nicht unter einer freien lizenz, sondern mit „All rights reserved“, soll ja nicht zu obama hier werden in deutschland.
aber selbst das twittern kluger beobachtungen übernehmen die politiker selbst.
die handvoll blogger die da waren, waren laut schild (nennt man hier „ID-karte“) alle pauschal von „spreeblick“. ausser mir, ich war einfach „blogger“. bei der akkreditierung musste man wie gehabt einen presseausweis vorzeigen oder zu der dame mit einem verwaschenen DIN-A4 ausdruck mit einer von bloggern-liste gehen. die journalisten hatten als ich nach steinmeiers rede aufwachte schon das ganze internet voll damit geschrieben, das steinmeier einen „harten richtungswahlkampf“ angekündigt hätte oder „zum kampf“ aufrief.
ich habe, im gegenteil zu den meisten journalisten, meinen laptop die ganze zeit zu gehabt, während die mulitaskend mit handy, laptop und reden-ausdrücken jonglierten und schrieben.
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martin sonneborn trug skischuhe , während er vor laufender kamera versuchte politiker zu verarschen. sein grinsen ist kein ausdruck von amüsiertheit, sondern — so siehts zumindest aus — eingewachsen.
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keiner der am podium etwas gesagt hat, hat versucht unterhaltsam oder humorvoll zu wirken. kein witz, kein gag, noch nichtmal auf kosten des politischen gegners. das ist sicher nix neues, aber es fiel mir sehr schmerzhaft auf.
heiner geissler hat der FAS auf die frage ob es angela merkel nicht ein wenig an charisma mangele geantwortet, dass wir in deutschland bereits ausreichend schlechte erfahrungen mit sogenannten charismatischen führerfiguren hatten. ich glaube ein politiker mit humor wäre eine echte marktlücke.
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hubertus heil will politik-verdruss mit politischer bildung bekämpfen.
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thorsten schäfer-gümbel sieht von hinten sehr sympathisch aus.
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hat die SPD auf dem parteitag ein wahlprogramm oder ein regierungsprogramm „verabschiedet“? ich habs bis jetzt nicht gerafft. oder die redner nicht.
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auf der pressetribüne war die luft angenehm kühl und frisch. im plenum, unten im saal, war die luft heiss und dick und schweissgetränkt.
unfassbar, wie souverän und witzig david letterman auf kritik reagiert. ich fand das extrem sehenswert.
andrea nahles im spiegel-interview:
Ich sage Ihnen: Die SPD will es wissen. Und Frank-Walter Steinmeier ganz besonders. Das wird der Parteitag am Wochenende zeigen.
da bin ix ja mal gespannt. ich werde mir das mal angucken, am sonntag, was die SPD eigentlich wissen will und was der parteitag so zeigen wird.
eins hat mir die einladung zum parteitag bereits gezeigt, die SPD-pressestelle legt besonderen wert auf das wohlergehen und die privatssphäre der journalisten:
„Keine Berichterstattung, keine Fotos über die Lounge und über die Personen, die sich dort aufhalten.“ Gemeint ist die Presselounge, inklusive Buffet.
wer geht denn sonst noch zum SPD-parteitag und berichtet dort nicht über die presselounge?
ich erkenne folgendes:
die einladung für morgen lautet übrigens:
ich bin morgen, am samstag, um 21:00 uhr zu gast bei der lesebühne „lesershow“ und lese dort einige texte, die möglicherweise lustig sein könnten.
ort der veranstaltung mastul, liebenwalder str. 33.
ich habe auch, wie die gröner, letzte woche ein anonymes müsli geschickt bekommen. offenbar versucht da ein mymüsli-konkurrent ein bisschen buzz zu erzeugen, indem er bloggern müsli-pakete schickt. über den sinn solcher aktionen kann man sich streiten, ich schwanke bei solchen aktionen zwischen zwei reaktionen:
was mir aber ernsthafte sorgen bereitet ist die blödheit der versender. in meinem impressum steht ausdrücklich — seit jahren — neben meiner postadresse eine paket-adresse. da ich besseres zu tun habe als den ganzen tag zuhause zu sitzen und auf unangekündigte paketsendungen zu warten, habe ich dort eine packstation-adresse angegeben. falls etwas in der packstation ankommt, bekomme ich eine mail und eine sms und kann es, wenn ich abends besoffen nach hause komme, bequem — und jederzeit — abholen.
beinahe ausnahmslos alle die mich ungefragt mit einem paket mit ihren produkten drin anschleimen wollen machen genau das nicht. sie schicken mir ihre pakete nach hause. da finde ich dann unleserliche zettel im briefkasten, die mich über abgaben in der nachbarschaft oder in dubiosen kiosken oder läden 2 kilometer von meinem wohnort entfernt benachrichtigen.
irgendeine pappnase hat mir vor ungefähr 3 wochen ein paket per UPS geschickt, dass derzeit bei einem meiner nachbarn versauert, weil ich die zustellkarte verbaselt habe und nicht weiss bei welchem meiner nachbarn ich klingeln soll um es abzuholen. das tolle ist, es juckt mich nichtmal.
mit dem kurzzeitig bei meinem nachbarn zwischengelagerten müsli hab ich aber noch ein anderes problem. ich stelle mein müsli bekanntermassen aus einer unfassbar harten und trocknen flockenmischung her, die ich über nacht in milch aufweiche, was sie in eine köstliche, klebrige und sehr geniessbare masse verwandelt. die anonyme müsli-mischung besteht auch aus harten und trockenen flocken (hafer und weizen). weil aber auch cornflakes (ungesüsst) und „dinkel knusper“ (gesüsst) drin ist, kann man die müsli-mischung nicht einweichen, ausser man steht auf dinkel-knusper-matsch und cornflakes-brei. ich könnte natürlich auch das knusper-zeug raussortieren bevor ich die flocken einweiche, aber das ist mir dann doch zu blöd. uneingeweicht schmeckt die müsli-mischung übrigens wie ungesüsste holzpellets mit dinkel knusper. es gibt sicher leute die eine solche kauquälerei als zeichen besonders gesunder ernährung auffassen, ix nicht.
deshalb, falls mir nochmal ein müsli-mixxer versuchen sollte eine freude zu machen: erstens das müsli an die pakstation schicken, zweitens das müsli nicht mischen. danke.
ich hab da mal ein paar fragen, die ich mir eigentlich gar nicht stelle:
vor ungefähr einem halben jahr hat mich frank mit einem stöckchen beworfen. hier ist die erfülung meiner aufgabe:
jetzt soll ich noch drei andere blogger dazu bringen ersten einen hasen zu zeichnen, zweiten den zu bloggen und wiederum drei andere bogger um dasselbe zu bitten. also bitte!
[nachtrag 11.06.2009]
ganz viel mehr hasen.
sehr lesenswerter artikel vom surfguard zur grösse der blase in der wir leben:
So lässt sich jetzt also die Größe unserer Blase mal ganz grob vermessen: 56% der Twitterer, die an der Twtpoll-Umfrage teilnahmen, stimmten für die Piraten. Die Piraten bekamen rund 230.000 Stimmen. Also leben wir wahrscheinlich mit gut 400.000 Menschen in unserer politisch aktiven Blase aus Bloggern und Twitterern, sagen wir mit einer halben Million. Das passt auch gut zu den erst 50.000, dann 100.000 Unterzeichnern der Anti-Netzsperren-Petition, die 10 bzw. 20% der Blasenbewohner entsprächen. Klingt plausibel.
[…]
Aber jedenfalls wissen wir jetzt ziemlich genau, wie viele wir sind. Wir sind eine halbe Million Menschen. Und das sind noch zu wenige, um von der “großen” Politik ernstgenommen zu werden. Aber ein bisschen was hat das Ganze von der Friedens- und Ökobewegung, die Ende der 70er zu wachsen begann, und über die BAP sungen: “Mir weede immer mieh, hoffentlich immer mieh, denn nur su hahle mer se op!”
ganz einfach: qualitätsjournalismus ist so eine art durchlauferhitzer für agenturmeldungen. qualitätsjournalisten verlassen sich im gegenteil zu amateurjournalisten auf agenturmeldungen, wohingegen amateurjournalisten keinen zugang zu agenturmeldungen haben. oder so. zumindest sieht man das wohl laut bildblog (als „Anm. der Red.“) bei der frankfurter neuen presse:
Als ob wir diese Meldung wider besseres Wissen veröffentlicht hätten. Wie sollen Kunden von Nachrichtenagenturen, also Zeitungen, jede einzelne Meldung überprüfen? Hunderte, tausende täglich. Die Agenturen sind dazu da, dass sie uns korrekt recherchierte Meldungen und Artikel zukommen lassen. Der Umstand, dass DPA diese Meldung bis heute nicht zurückgezogen hat, sollte ebenfalls zu denken geben.
das ergibt die einfache formel:
qualtitätsjournalismus = agenturmeldungen + arroganz
ich würde das auch nicht mehr „geht sterben“ überschreiben, wie stefan niggemeier das tut, sondern: „oh: die sind ja mausetot!“
ich bleibe dabei, dass der gute alte joffe-spruch „Versuche nie durch Konspiration zu erklären, was auf Chaos oder Inkompetenz zurückgeführt werden muss“ auch aktuell in der zensursula-, wiefelsschwätz- und sogar der prozessgretel-koch-mehrin-diskussion seine gültigkeit behält.
ich glaube tatsächlich, dass ursula von der leyen mit ihrem schnellschuss-gesetz zur bekämpfung der kinderpornografie meint kinder zu schützen (und sich populär zu machen). dass sie es in den vier jahren als kinder-ministerin nichtgeschafft hat effektive massnahmen zum kinderschutz einzuleiten, dass sie nicht mal ansatzweise dazu in der lage ist zu erkennen und entsprechende massnahmen durchzusetzen um beispielsweise die polizeiarbeit von bürokratischen hürden zu befreien und effektiver zu gestalten ist viel eher ein zeichen ihrer inkompetenz als ihrer boshaftigkeit oder affinität zu zensurmassnahmen zuzuschreiben. meiner meinung nach stehen inkompenz, naivität und geltungssucht hinter ihrem beknackten schnellschuss-gesetz-entwurf.
diese inkompetenz und naivität liess sie glauben, dass niemand politischen widerstand leisten würde. in sachen SPD lag sie richtig. im märz noch unterhielt ich mich mit einem der SPD-spitze nahestehenden menschen, der freiheraus zugab die initiative für eine populistische luftnummer zu halten, aber auch zugab, dass niemand in der SPD-spitze es wagen würde gegen die initiative vorzugehen oder widerstand dagegen zu leisten. eine klare kapitulation vor dem populismus und der bild-zeitung. dass der selbstorganisierte widerstand im netz und die petition gegen die gesetzesinitiative daran langfristig etwas ändern könnte und irgendwann doch kritische stimmen aus der SPD-spitze oder dem bundesrat kommen könnten, ändert nichts an der politischen feigheit und schlappheit der SPD.
im gegenteil. die SPD scheint mir nicht nur seit der zustimmung zum gesetz zur vorratsdatenspeichrung und den unappetitlichen pseudodistanzierungen nach der zustimmung zum gesetz völlig unwählbar zu sein, sondern auch deshalb weil niemand dem „innenpolitik-experten“ dieter wiefelspütz deutlich wiederspricht, wenn der sagt, dass das gesetz zum sperren von kinderpornografischen webseiten eben doch nicht nur dem kinderschutz dient, sondern der zensur:
Natürlich werden wir mittel- und längerfristig auch über andere kriminelle Vorgänge reden. Es kann doch nicht sein, dass es im Internet eine Welt ohne Recht und Gesetz gibt.
die berliner zeitung schreibt, wiefelspütz könne sich vorstellen auch „Seiten mit verfassungsfeindlichen oder islamistischen Inhalten“ sperren zu lassen.
udo vetter zeigt, dass wiefelspütz auch hier eher inkompentenz als verafssungstreue demonstriert:
Offensichtlich ist diesem Mann nicht mal bewusst, dass verfassungsfeindliche Schriften (oder was die geliebte Bundesregierung dafür hält) keineswegs “kriminell” sind - es sei denn, sie erfüllen bestimmte Straftatbestände. Volksverhetzung zum Beispiel.
ich glaube tatsächlich, dass wiefelspütz es gut meint. aber ich glaube auch, dass das konzept der meinungs- und informationsfreiheit und das der bürgerrechte ihn schlicht und ergreifend intellektuell überfordert. wiefelspütz ist wie ein schuster, der keine schleife binden kann und deshalb alle schuhe mit klettverschlüssen ausstattet („gehen sie doch zu nem anderen schuster wenn sie ihre schnürsenkel behalten wollen. ich kann sehr wohl schleife!. TRALALA FITITI!“).
und wo wir gerade von inkompentenz reden. mir ist ja eigentlich ziemlich egal wie oft silvana koch-mehrin im europa-parlament anwesend war, in welchen ausschutzsitzungen sie teilnahm und wieviele berichte sie schrieb. ich habe mich schlicht und ergrefend viel zu wenig mit europäischer politik - ja überhaupt mit politik - beschäftigt um solche kühnen korrelationen zwischen anwesenheit und effektiver politischer arbeit herzustellen. mir geht es, wie es wahrscheinlich den meisten menschen geht. ich sehe mir an wie sich politiker im wahlkampf verhalten, wie sie auf kritik reagieren, wie sie mit negativen medienberichten umgehen, wie sie auf kampagnen ihrer politischen gegner reagieren, wie sie reden und argumentieren und versuche zu erkennen ob der politiker der sich mir präsentiert aufrichtig oder verlogen ist. diese beobachtungen der (spitzen-) kandidaten und meinen politischen überzeugungen und den überschneidungen mit deren überzeugungen oder äusserungen leite ich eine art melange ab, anhand der ich entscheide ob ich den kandidaten oder seine partei wähle.
kurz: eine partei wähle ich wenn ich das gefühl habe, dass sie meine ansichten einigermassen vertreten wird und wenn deren kandidaten mir einigermassen auffrichtig und kompetent vorkommen. so würde ich auch vorgehen, wenn ich jemanden einzustellen hätte. im idealfall setzt der kanditat oder die partei oder der angestellte dann die ziele um oder erklärt mir stichhaltig, warum sie nicht umzusetzen waren. wie er sie im detail umsetzt, mit welchen mitteln ist mir in gewissem masse egal. mir bleibt nichts anderes übrig als zu vertrauen.
und das ist natürlich der knackpunkt: das vertrauen in kompetenz und die aufrichtigkeit eines politikers.
wenn nun aber eine politikerin auf die vorwürfe nicht allzuoft im parlament oder in ausschüssen anwesen gewesen zu sein nicht mit argumenten und aufrichtigen antworten antwortet, sondern mit einstweiligen verfügungen gegen zeitungsartikel vorgeht, ihren anwalt nach der aufzeichnung einer gesprächs-sendung an der sie freiwillig und ständig lächelnd teilgenommen hat losschickt umd die ausstrahlung zu verhindern (zapp hat das hübsch zusammengefasst) - wenn also die hauptsächlich wahrnehmbaren reaktionen auf kritik nicht die eigenen antworten oder argumente sind, sondern anwälte und die androhung juristischer konsequenzen, dann ist meine erste reaktion, an der kompenz und aufrichtigkeit dieser person zu zweifeln.
wie kann ich einem politiker vertrauen für die richtigen gesetze zu kämpfen, allianzen zu schmieden, zu streiten, zu argumentieren, wenn er bei kleinen, nichtigen meinungsverschiedenheiten bereits anwaltlichen beistand nutzt? wie kann ich auf die strategischen fähigkeiten einer politikerin vertrauen, die kurz vor der wahl, für die sie als spitzenkandidatin antritt über anwälte und die parteizentrale gegen presseorgane und blogs vorgeht und sich in eine situation manövriert, in der sie schwach, angreifbar und politisch unfassbar inkompent wirkt? soll ich einer politikerin vertrauen die nicht mal in der lage ist ihre eigene kampagne ohne peinliche und amateurhafte fehler durchzuziehen, politische ziele umzusetzen?
ein bisschen erschrecke ich mich jetzt vor mir selbst. ich sehe in der politik haufenweise inkompenz, ignoranz, unredlichkeit und unaufrichtigkeit und was ist meine reaktion? ich werde morgen zum protestwähler. ich werde den sogenannten „etablierten“ parteien, den regierenden erst recht, einen „denkzettel“ verpassen. wie sich das schon anhört: „denkzettel“. aber ich werde es machen.
CDU, SPD, FDP: unwählbar. grüne: hab ich immer gewählt, viele ihrer positionen halte ich für das geringste übel und auch die spitzenkandidaten udn deren programm kommen mir auffrichtig und vernünftig vor, aber für einen denkzettel sind die grünen zu nah am establishment. auch wenn die stimme flöten geht oder versandet, weil wir noch nicht so ein stimmungsbild wie in schweden haben, ich wähle morgen die piraten-partei.
der wahlomat kommt bei mir witzigerweise auch zu dieser empfehlung.
[nachtrag 22:57h]
aus den kommentaren:
wiefelspütz widerspricht der darstellung seiner äusserungen in der berliner-zeitung. er meint, der bericht gebe an „keiner Stelle“ seine meinung wieder und meint das „keine Silbe“ von ihm „autorisiert“ sei. das mag gut sein, aber seit wann müssen aussagen von politikern autorisiert sein um das wiederzugeben was sie gesagt haben? er sagt in seiner anmerkung witzigerweise auch nciht, dass er das was die berliner zeitung schreibt auch nicht gesagt hätte, sondern dass es nicht seine meinung wiedergäbe. und wenn er es wirklich nicht gesagt hat, wie kann sowas passieren?
ausserdem: die ruhrbarone über die ähnlichkeit der frühen SPD mit der derzeitigen piraten-partei.
[nachtrag 07.06.2009]
wiefelspütz hat sich jetzt in einem nachtrag zu seiner oben verlinkten antwort auch inhaltlich geäussert.
[nachtrag 09.06.2009]
lukas heinser hat dieter wiefelspütz zur darstellung seiner ansichten in der berliner zeitung befragt.:
Wiefelspütz glaubt nicht, dass ihm jemand absichtlich schaden wollte. Der Journalist der „Berliner Zeitung“ erklärte die Situation damit, dass er in einem indirekten Zitat aus den „strafrechtlich relevanten“ Inhalten, von denen Wiefelspütz gesprochen hatte, „verfassungsfeindliche oder islamistische“ gemacht habe.
das intro zu „Der LOBOist“ fand ich so witzig, dass ich sogar 1-3 mal gelacht habe. den ganzen film gibts am 18. juli um 20:15 uhr auf arte, steht zumindest bei AVE.
→ weiterlesenklasse gefaktes titelbild von alexander svensson zu einem prima artikel in spiegel online von christian stöcker.
gerade eine anonyme sms bekommen:
hiermit möchten wir ihnen mitteilen, dass sie unsere fotos und die kommentierung dazu bitte rausnehmen. jeder hat ne eigene meinung.
ich hab ja so ne vage ahnung wer das geschrieben haben könnte. das könnte zum beispiel jemand geschrieben haben der sich mit grob irreführenden sprüchen auf einem öffentlichen platz mit unterschriftensammeln für einen nicht unumstrittenen lobbyverein ein paar euro dazuverdienen wollte. oder ein scherzkeks der schwierigkeiten mit der deutschen sprache oder der meinungsfreiheit hat oder zu viel sopranos geguckt hat und den duktus der dort gezeigten sprache geil fand. oder irgendwer, der den blöden und falschen spruch, das internet sei ein rechtfreier raum, zu sehr zu seinen gunsten auslegt.
Ist halt schwierig, wenn man mit Nullen arbeiten muss.