zitat des tages
Ist halt schwierig, wenn man mit Nullen arbeiten muss.
Ist halt schwierig, wenn man mit Nullen arbeiten muss.
heute bin ich (unter anderem) anke gröners aufruf gefolgt am hamburger rathaus aus dem grundgesetz zu lesen. als ich gegen zehn nach zwei dort ankam standen zwar ein paar unschwer als „user“ (mild adipöse körper, schwarze klamotten, wirre frisuren, brillen) zu erkennende menschen rum, aufsehen zu erregen oder zu lesen schien aber niemand.
die beifahrerin und ix genossen noch eine weile die sonne, hielten ausschau nach aufläufen, der gröner oder anderen bekannten gesichtern, schlenderten dann aber nach 20 minuten wieder richtung u-bahn. auf dem weg beobachteten wir zwei aufgebrezelte damen weissen t-shirts, high heels und einem aufgedruckten stopp-schild, die um die menschen um das rathhaus herumschlawenzelten. vorne auf dem t-shirt war das logo der deutschen kinderhilfe aufgedruckt.
die beiden sammelten unterschriften für die deutsche kinderhilfe, während ein paar meter weiter netzaktivsten mit grundgesetzen in der hand rumstanden.
die beifahrerin liess sich von einer der beiden erklären um was es ging: man sammle unterschriften für „ein gesetz gegen kinderpornografie im internet“. das gesetz sehe vor, stopp-seiten zu errichten auf denen dann leute die auf der suche nach kinderpornografie im netz seien, „registriert“ würden. auf die frage was denn passiere, wenn man „aus versehen“ auf so einer stopp-seite lande, antwortete die dame, das sei unmöglich, ausversehen könne man auf solchen seiten nicht landen. sie sei noch nie „aus versehen“ auf kinderpornografie gestossen, selbst „auf so seiten wie youporn“ gebe es keine kinderpornografie. um auf so einer stopp-seite zu landen, müsse man schon aktiv nach kinderpornografie suchen. um ihrer erschütternden unkenntniss noch etwas mehr flair zu verleihen, steigerte sie sich dann noch in eine tirade gegen „die reichen“, die sowas ja bräuchten und meinte damit wohl — hm, ja was eigentlich? keine ahnung. gute kombination zumindest, wer kann schon seine unterschrift unter etwas verweigern, das gegen kinderpornografie und gegen reiche ist? jedenfalls würde sie heute noch den ganzen tag weiter unterschriften sammeln und wenn nicht genug zusammen kämen, würde sie auch morgen noch weitermachen.
auch wenn man das an der aussage einer einzigen promoterin, die sonst vielleicht schnaps, eintrittskarten ins solarium oder kekse „promotet“ festmachen kann, so scheint es doch, dass die groben, verfälschenden und vereinfachenden aussagen die die deutsche kinderhilfe auf ihrer webseite trifft, vor dem rathaus nochmal stark vereinfacht und verfälscht werden (um nicht zu sagen, dass hier passanten vorsätzlich in die irre geführt werden). dass kinderpornografie bereits im internet wie auch überall sonst illegal ist, welche methoden das gesetz vorsieht und welche folgen es haben könnte, wie es umgesetzt werden soll - all das wollen (und können) die „promoterinnen“ nicht erwähnen.
immerhin kann man sie 5-10 minuten vom sammeln abhalten, indem man ihnen freundlich fragen stellt und sie reden lässt.
[nachtrag 16:30]
herr batz hat auch kinderporno-promoterinnen getroffen.
[23.05.2009, 20:14: der streit zwischen dem betreiber der seite dubistterrorist.de und kempertrautmann hat sich erledigt, beide parteien haben sich gütlich geeinigt. plötzlich geht es nicht mehr ums markenrecht sondern um persönlichkeitsschutz und „missverständnisse“. weitere anmerkungen hier.]
wie ist das eigentlich mit dem „markenrecht“? die agentur kempertrautman hat ja gerade eine abmahnung wegen „markenrecht“-gedöns gegen den betreiber von www.dubistterrorist.de angekündigt (siehe meinen vorherigen eintrag). aber wie sieht kempertrautmann das mit fremden markenrechten? auf den ersten blick geht man bei der agentur kempertrautmann recht locker mit fremden markenrechten um, beispielsweise für eine kampagne gegen alkohol am steuer:
horizont.net bemerkte zu dieser kampagne im januar:
Johnnie Walker engagiert sich gegen Trunkenheit am Steuer - allerdings ungefragt. Der Auto Club Europa (ACE) nutzt das Markenzeichen des schottischen Whiskeys für die Kampagne „Tödlicher Genuss“. Zum Verkehrsgerichtstag in Goslar veröffentlicht der ACE drei Anti-Trunkenheitsmotive, entworfen wurden die Plakate von der Agentur Kempertrautmann, Hamburg.
ich weiss ja nicht ob kempertrautmann von den marken die sie da ungefragt benutzt haben abgemahnt wurden, aber kempertrautmanns arbeiten zeigen eines ganz deutlich: ohne sampling, ohne bezugnahme auf die ideen und marken anderer, ohne witz und ohne umdeutung funktioniert weder werbung, kunst, forschung oder demokratie.
deshalb eine ernstgemeinte frage an kempertrautmann und deren juristen: warum darf kempertrautmann fremde markenrechte umdeuten, nutzen und samplen, ein student in seiner abschlussarbeit aber nicht?
mögliche antworten:
interessant ist auch, dass die markenrechte für die wort- und bildmarke von „du bist deutschland“ bei drei unternehmen liegen:
Jung von Matt/Alster Werbeagentur GmbH; Kempertrautmann GmbH, Hamburg; Bertelsmann AG
ob die angekündigte abmahnung von kempertrautmann gegen alexander lehmann wohl zwischen diesen drei parteien abgestimmt ist?
[siehe auch meinen vorherigen artikel zum thema.]
[23.05.2009, 20:14: die sache hat sich erledigt, beide parteien haben sich gütlich geeinigt. weitere anmerkungen dazu weiter unten.]
die macher der kampagne mit dem hundeschiss-logo („du bist deutschland“), die agentur kempertrautmann, hat den macher der kampagne „du bist terrorist“ laut netzpolitik.de abgemahnt. genauer: alexander lehmann, der das „du bist terrorist“-video als abschlussarbeit erstellt hat, hat „eine Ankündigung zur Abmahnung“ erhalten.
abgesehen davon, dass hier, gewollt oder nicht gewollt, der eindruck entstehen könnte, dass kempertrautmann grossen wert auf regierungsnähe legt und dass so eine abmahnung, wie die PR-profis von kempertrautmann wissen, potenziell ein riesiges medienecho hervorrufen kann, ist die abmahnung von kempertrautmann ziemlich unsportlich.
ich frage mich auch, wie michael trautmann das wort „destruktiv“ genau definiert. 2005, als die kampagne heftig von bloggern kritisiert wurde, sagte er laut handelsblatt:
„Mit dem negativen Feed-Back bei den Weblogs haben wir gerechnet. Die sind immer destruktiv“, sagt er und verweist auf überaus positiv ausgegangene Umfragen verschiedener Sender.
kritik und parodie sind also „destruktiv“. und wie nennt man die androhung von juristischen konsequenzen mit unbekannten finanziellen konsequenzen gegenüber jemandem der eine parodie oder satire veröffentlicht? konstruktiv?
oder eher undemokratisch? arrogant? unfair? pappnasig?
ein paar unzusammenhängende fragen fielen mir eben noch ein:
[nachtrag 11:41h]
noch mehr fragen, vor allem zur haltung von kempertrautmann zum markenrecht in nem extra artikel von mir.
[nachtrag 17:53h]
kai biermann auf zeit.de:
Michael Trautmann, Geschäftsführer der Werbeagentur, sieht dagegen seine „Markenrechte“ verletzt. Immerhin sei „Du bist Deutschland“ eine eingetragene Marke.
eingetragene markenrechte verletzen? würde kempertrautman selbst nie machen, oder?
[nachtrag 20:05h]
ralf schwartz:
Sollte „Du bist Terrorist“ aufgrund von Markenrechtsverletzung abgemahnt werden können, sollte man auch „Du bist doof“ abmahnen können bzw. nicht benutzen dürfen.
[abschluss 20:14]
alexander lehmann und michael trautmann haben sich telefonisch und gütlich geeinigt:
Heute hat sich im Netz eine Diskussion um die Website www.DubistTerrorist.de entwickelt, die im wesentlichen auf Missverständnissen beruhte. Michael Trautmann, Geschäftsführer von kempertrautmann, und Alexander Lehmann, Initiator der Seite www.DubistTerrorist.de haben miteinander telefoniert und die Angelegenheit gütlich geklärt. Das Ergebnis: „Du bist Deutschland“ wird nicht gegen Nutzung der Domain www.DubistTerrorist.de vorgehen. Adaptionen und Satiren der Kampagne hat es immer gegeben, und die Verwendung von „Du bist...“ ist allgemein auch nicht geschützt.Anders steht es um die Persönlichkeitsrechte der Kinder, die auf den Motiven der Kampagne „Du bist Deutschland“ abgebildet sind. Sie gilt es im Rahmen der Fürsorgepflicht zu schützen; die Eltern der Kinder haben der Nutzung auch nur im Rahmen der Kampagne zugestimmt. Alexander Lehmann versprach daher, die Kinderbilder der Kampagne kurzfristig von seiner Website zu entfernen. um die Persönlichkeitrechte der Kinder zu wahren.
Inhalte von www.DubistTerrorist.de wurden im Telefonat nicht thematisiert, „Du bist Deutschland“ bezieht hierzu keine Stellung.
so kanns kommen, wenn man juristen mal eben „was wegmachen“ lässt, statt selbst von anfang an miteinander zu reden. der jurist holt dann (laut zeit.de, die aus dem brief an alexander lehmann zitiert) die keule aus dem sack, droht und schüchtert ein („Sollten Sie meinen Bitten nicht innerhalb der nächsten 3 Tage nachkommen, werden unsere Auftraggeber den Rechtsweg einschlagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dann Kosten auf Sie zukommen ist groß.“), redet von „markenrecht“ und dann wars plötzlich alles nur ein „missverständniss“, persönlichkeitsschutz von kindern und eigentlich gar nix.
so sind sie, die kommunikationsprofis.
→ weiterlesenbemerkenswert was in den letzten tagen so passiert ist. da stellt ein dubioser lobby-verein eine umfrage vor, deren ergebnisse folgendermassen zusammengefasst werden: „92 Prozent für Internetsperren gegen Kinderpornographie“. in der frankfurter rundschau wundert sich patrick beuth nicht über das ergebnis: „Dass hier 92 Prozent für eine Sperre stimmten, verwundert nicht, denn die Fragestellung ist manipulativ.“
zwei tage später stellt „der kleine Verein“ MOGIS eine umfrage des gleichen meinungsforschungsinstituts vor, nur lautet das ergebnis diesmal: „Mehr als 90 Prozent gegen Sperrungen im Internet“. heise erkennt dass „Konträre Umfrageergebnisse zu Kinderporno-Sperren“ vorliegen. infratest dimap-chef richard hilmer ist hingegen sieht „in den Ergebnissen keinen Gegensatz“.
und während manche zu fuss unterschriften sammeln, die epetition „Internet - Keine Indizierung und Sperrung von Internetseiten vom 22.04.2009“ weiter gezeichnet wird, suchen ein paar gegner der epetion bezahlte (!) unterschriftensammler, die bei fussballspielen (!) für 50 euro pro tag (!) unterschriften sammeln sollen. bei fussballspielen!
bemerkenswert finde ix das alles, weil ich bemerke wie sich bei mir erste ekel-reaktionen auf die politik breitmachen. poltik-ekel als nachfolger von politik-müdigkeit.
während der letzten wochen bin ich zu der überzeugung gekommen, dass politiker die wähler nicht nur für doof halten, sondern sie wahrhaftig verachten. wie verklebt im kopf muss man sein, um auf die idee zu kommen, im vorbeigehen unterschriften von besoffenen, gröhlenden fussballfans aufzuklauben und sie danach als ein votum für oder gegen irendetwas zu präsentieren? für symbolpolitik symbolische, nichtssagende unterschriftenlisten präsentieren, umfragen präsentieren, die zustimmung symbolisieren sollen - die damen und herren in den verbänden, ministerien, ausschüssen, der regierung, aber oft auch den redaktionsstuben glauben wirklich einer herde blöd glotzender rinder gegenüberzustehen, die zufrieden sind, solange die wiese grün aussieht. der politik, so scheint es, geht es nur noch darum gut auszusehen. zuversicht auszustrahlen. sicherheit zu geben. freundlich zu wirken.
das ultimative symbol für diese symbol-politik ist übrigens ursula von der leyen und ihr aufgesetztes, fletschiges symbol-lächeln. seit 4 jahren jagt mir dieses lächeln kalte schauer über den rücken. ursula von der leyen lächelt nicht, sie stellt eine politikerin dar, die lächelt.
bald bin ich so weit politiker im gleichen masse zu verachten, wie sie mich verachten.
[nachtrag 16:02h]
jens scholz:
Diese Verachtung gegenüber uns Wählern, die da offenbar wird, ist ein guter Motivator. Sie verhindert die übliche Resignation, indem sie so wütend macht, daß man einfach was tun muss.
[nachtrag 21:12h (via)]
jörg tauss:
wie so ein „journalistenteller“ wohl aussieht?
sind da lauter sachen vom vortag drauf? wird der journalistenteller auf papptellern serviert, weil journalisten der überzeugung sind, dass qualität stets auf papier kommt? gibts das fleisch in „boulevard“ (blutig), „stern“ (halbgar) oder „geprantlt“ (gut durch)? gibts paris hilton jeden tag zwangsweise als nachtisch, obwohl sie niemand haben will? gibts den journalistenteller auch in „kompakt“, komplett befreit von fleisch, gemüse und beilagen, nur mit der leicht verdaulichen sosse?
ausserdem: warum ist der journalistenteller so billig?
mittlerweile sind relativ viele videos von der next auf dem next-video-kanal auf 7load. ein paar videos habe ich bereits angeguckt, zum beispiel dieses interview mit sascha lobo oder dieses mit martin oetting oder die präsentation von dieter rappold und tony douglas. ich hatte ja gehofft, dass ich einige der vorträge bald verlinke könne, zum beispiel diesen von itay talgam. aber wenn das ebenso zerschnitten und abgeschnitten ist wie der auf twitter allseits gelobte vortrag von martin oetting von trnd und sven markschläger von jägermeister, dann kann ich das nicht empfehlen zu gucken. und jetzt hab ich auch keine lust mehr videos auf 7load von der next09 zu gucken oder zu empfehlen, weil ich davon ausgehe, dass die alle zerschnitten und zerstückelt sein könnten.
wer dennoch will: hier gehts weiter.
[nachtrag 21.05.2009]
wahrscheinlich war ich nicht der einzige, der sich über das wegschneiden der halben diskussion zwischen sascha lobo, martin oetting und sven markschläger beklagt hat. zumindest ist das video jetzt unter einer neuen ID hochgeladen und offenbar auch länger. da könnt ich mich jetzt beklagen, dass die tatsache, dass der alte link nicht mehr funktioniert nicht sehr kompetent wirkt, mach ich aber nicht.
selten so gelacht. im deutschlandfunk lief am 12. mai das feature „Ein Käfig voller Enten? Recherchen zur Sauerlandzelle“ von walter van rossum [via annalist].
die ermittlungen gegen die sogenannte „sauerland zelle“ und der angeblich „größte Terroristen-Prozess seit der »Roten Armee Fraktion«“ scheinen vor allem eins zu zeigen: inkompetenz, mainstream-medien im enddarm der staatlichen stellen und unglaubliche verwicklungen.
wortfetzen:
… Woody allen im Krieg gegen die Panzerknacker …
Hanswurstiade
Diese Jugendlichen hätte man beobachten können mit ner Besatzung von einer Dorfpolizeistelle. Man hat aber, ich glaube 500 Beamte auf sie angesetzt, und hat sie über ein halbes Jahr - allein die Kosten muss man sich vorstellen! - durch mehrere Bundesländer verfolgt. Wobei dieser Aufwand wäre bestimmt nicht nötig gewesen, weil diese drei haben keine Gelegenheit ausgelassen, auf sich aufmerksam zu machen.
Eine Sache ist ganz wichtig, was in der medialen Darstellung keine Rolle spielt, nämlich, dass der Chef der Gruppe, dieser Fritz Gelowicz, praktisch gecoacht wurde über Jahre hinweg von einem Ulmer Hassprediger, der seinerseits auf der Gehaltsliste des Verfassungsschutzes stand, ein gewisser Yehia Yousif.
Ein Hassprediger arbeitete für den Verfassungsschutz und stiftete aus der Bahn geratene Jugendliche zur Vorbereitung von Anschlägen an, die wiederum ein Innenminister zum Anlass für die Verschärfung von Gesetzen, den Abbau von Grundrechten nutzt? Da deutet sich ein spektakulärer Stoff mit quer über den Globus agierenden Geheimdiensten an, abenteuerliche Verstrickungen, mit denen man sonst doch so gerne das Publikum unterhält, eine skandalöse Geschichte, in der die Presse ihre viel beschworene Rolle als vierte Kraft glänzend spielen könnte. Doch was passiert? Die allermeisten Medien und Journalisten wollen damit partout nichts zu tun haben.
Macht Euch eine Tasse Kaffee, lehnt Euch bequem zurück und hört Euch das an. UNBEDINGT.
oder als pdf lesen.
→ weiterlesenist man beim freitag zu blöd zum übersetzen oder ist „behandlung“ jetzt die neue „belästigung“?
[nachtrag 16.5.]
die studentin wurde jetzt auch in der freitag-übersetzung belästigt und nicht behandelt.
Jede Generation hat seinen grossen eigenen Aufbruch. Es geht dabei immer um die Freiheit und Selbstbestimmung. Gegen Hierarchien und Fremdbestimmungen. Es ist erstaunlich mit welcher Regelmässigkeit diese historischen Aufbrüche entstehen und sich entwickeln. Die jeweils aufbrechende Generation reift im Laufe ihrer Entwicklung, verkrustet, wird erneut aufgebrochen, zerfleischt sich, aus Idealisten werden Realisten, und wandelt sich immer mehr in das nächste neue Establishment, das anfängt seine neu erworbenen Vorrechte und Vorgärten zu verteidigen… bis die nächste grosse neue Generation kommt.
Es ist lächerlich, als Konsequenz aus Winnenden ein nur für Erwachsene erlaubtes Spiel zu verbieten – aber auch bedrohlich. Der Staat betritt mit Gewalt eine Welt, in der er nichts zu suchen hat. Paintball wird auf privatem Gelände gespielt. Man mag es blöd oder abstoßend finden, aber wer nicht will, wird davon nicht belästigt. In folgerichtiger Konsequenz kann diese Regierung auch Paaren erklären, welche sexuellen Verhaltensweisen in ihrem Schlafzimmer in Ordnung sind und welche menschenverachtend oder sittenwidrig und deshalb verboten. Unter dieser Regierung wird der Staat zur Moralinstanz – er maßt sich an, darüber zu richten, was gut ist und schlecht. Damit aber löst der Staat kein Problem. Er wird selber zu einem.
In Kreuzberg, offenbar auch in Schöneberg, gibt es seit ein paar Jahren Gesinnungs-Bullen. Sie schicken Rollkommandos. Man muss Regenbogenfahnen hissen, um nicht verprügelt zu werden, man darf nicht für die CDU sein, man soll nicht bei McDonald’s essen, es ist das perfekte Spießertum. Ein Spießer ist jemand, der andere Lebensweisen und andere Gesinnungen nicht aushält. Diese Leute sind ungefähr so, wie in den 50er Jahren die schlimmsten Hausmeister waren.
spiegel-video-dings über die tiefflug-heinis im hamburger hafen:
den einsatz der derpatrouille suisseüber hamburg zahlt die schweiz, denn als werbebotschafter soll die staffel im ausland mit ihren fliegerischen kunststücken für die eidgenossenschaft sympathiepunkte sammeln, gerade auch in deutschalnd und ungeachtet der aktuellen steuerparadis-kritik von bundesfinanzminister steinbrück.
das mit dem sympathiepunkte sammeln ist bei mir persönlich völlig daneben gegangen. ich kann da nix sympathisches dran finden, wenn 6 kampfbomber 100 meter von meinem schlafzimmerfenster entfernt und über tausenden von zivilisten angeber-kunststückchen vorführen. im gegenteil. ich finde das äusserst unsympathisch.
→ weiterlesenkann sich noch jemand an die zeit erinnern, als die „digitale boheme“ noch „urbane penner“ genannt wurden? mercedes bunz hat diese komische spezies die vor allem in berlin mit laptop am existenz-minimum „projekte“ am laptop erledigte so genannt. damals, anfang 2006, hoffte mercedes bunz noch, dass der begriff „am Ende des Jahres […] im Lexikon des »SZ-Magazins« stehen“ würde und „in zwei Jahren im Duden“.
da hatte sie die rechnung ohne sascha lobo und holm friebe gemacht, die das phänomen in ihrem buch „wir nennen es arbeit“ griffiger als „digitale boheme“ prägten.
jetzt isses vielleicht wieder zeit den begriff „urbane penner“ wieder auszumotten: es gibt jetzt eine parkbank für penner mit laptop.
[bildquelle, via]
gestern habe ich die festplatte eines alten 12-zoll ibook G4 ausgetauscht. das dauerte etwa drei stunden und führte nach dem anschliessenden zusammenbau zu einer tiefen befriedigung, als das ibook wieder zusammengebaut war und keine der vorher entfernten 80 schrauben übrig war. noch besser, das ibook funktionierte danach tadellos.
vor ein paar tagen habe ich die festplatte in meinem macbook ausgetauscht. dafür brauchte ich nur ungefähr 5 minuten und drei schrauben zu lösen. der einkauf der platte hat länger gedauert, als der einbau.
das ibook steht seit gestern zum verkauf. gut — 350 euro ist ein optimistischer preis, aber damit habe ich dann doch nicht gerechnet:
heute mittag eine mail:
Betreff: iBook 12“
Hallo würden sie auch tauschen?
ich so, mit ebensowenig grussformelgedöns:
gegen was denn?
die antwort:
Hallo ich hätte einen iMac G3 und einen iPod 2G
ich war begeistert:
ja, die würde ich eventuell gegen ein oder zwei vollkornbrote tauschen.
er so:
Ah okay
kaffee
der kaffee war, wie am ersten tag, sehr gut, bis auf die tatsache, dass das h der milch geschmacklich ein bisschen doll durchkam. auch mit der geschwindigkeit war es am zweiten tag viel besser geworden, auch weil die bedienungen einen drauf hinwiesen, dass cappuccini schneller gehen als milchkaffees. in die cappuccini formten die bedienungen manchmal mit dem schaum kleine herzchen.
englisch
fast alle hielten ihre vorträge auf englisch. das war auf der next viel besser auszuhalten als beispielsweise auf der republica. warum mich das englisch auf der next überhaupt nicht störte, auf der republica aber schon, kann ich auch nicht erklären. was mir auffiel, war allerdings, dass manche sprecher sprachen als hätten sie vorher helium inhaliert oder als seien sie direkt aus der muppets show entsprungen.
wlan
in track 2 habe ich heute nachmittag einmal keine ip-adresse zugewiesen bekommen. sonst hat das wlan super funktioniert, bis in alexander svenssons wohnung. ausserdem war mein handy der überzeugung, dass ich keien SIM-karte eingelegt hätte. nach 20 bootvorgängen habe ich mal die SD-karte rausgenommen, geboototet und plötzlich hat der verkackte XDA doch die eingelegte SIM erkannt. dafür kann sinnerschrader natürlich nix und interessieren muss das auch niemanden. aber wem soll ich das denn sonst erzählen? und wo?
journalisten
ich hatte den eindruck, dass kaum von der next gebloggt wurde. ich bin zumindest öfter über klassische presseartikel gestolpert, als über blogeinträge. kann aber auch daran liegen, dass technorati komplett im arsch ist, rivva müde und ich blind. getwittert wurde soviel, dass es mir aus den ohren wieder rausgekommen ist.
witzig war es in der kaffeepause neben einem haufen meedia-journalisten zu sitzen. schwanzvergleich, klickzahlen-geilheit und -angeberei scheint bei den journalisten, im vergleich zu bloggern, nochmal um den faktor zweitausend verstärkt zu sein.
scholz and friends
nachdem sich gestern, dank einer albernen trennwand, kaum jemand in die sogenannte „blogger-lounge“ verirrt hat, war sie heute, nachdem die trennwand entfernt wurde und die lounge offen war, voll. allerdings nicht mit bloggern. auch toll (das fiel entweder herrn bosch oder mspro auf), dass scholz and friends mit ihrer twitterwall noch nicht einmal das kernfeature von twitter darstellen konnte: 140 zeichen. die tweets auf der scholz and friends twitterwall waren auf ungefähr 112 zeichen begrenzt. das wirkte genauso professionell wie die in die breite verzerrte darstellung der twitterwall auf einem bildschirm in der lounge. das gegenteil von gut ist bekanntermassen gut gemeint.
auch wenn matthias schmidt bei seinem vortrag die werber-arroganz aus jeder seiner poren quoll, gefiel mir seine gespielte demut. schmidt gab zu, dass die werbebranche und speziell scholz and friends, das internet komplett verpennt hat. sehr schön illustrierte er das mit einem bild des matterhorns: ganz oben in der hierarchie die werber, gerade mal überragt von picasso, mozart und gott, darunter die kunden, darunter die konsumenten, ganz weit darunter das internet, noch weiter unten alle „die was mit dem internet zu tun haben“ und ganz unten rechts die fotografen von stock-fotos.
man habe den schuss jetzt gehört (früher „zzzz“, jetzt „ooops“) und die potenziale des internets, des crowd-sourcing, des empfehlungsmarketings und des „user generated advertisings“ erkannt. und wer hat den werbern dabei geholfen? schmidt meinte: nico lumma und barack obama.
abgesehen davon finde ich es wirklich interessant werbern bei der selbstdarstellung zuzusehen.
essen
am ersten tag war das essen der hammer. wirklich gut. am zweiten tag qualitativ und quantitativ ein reinfall. zum frühstück lauter ausländische sachen: donuts, muffins, croissants. zum mittagessen kantiniges putenbrust ragout und verkochtes gemüse mit straf-reis. zur zweiten kaffeepause wieder ausländisches süsses, aber auch ganz leckerere, salzige pastetchen. gerissen hat es die erste kaffeepause, die von einem dänisch klingenden hersteller gesüsster und aromatisierter pflanzlicher und tierischer fette gesponsort wurde.
die panels
jan schmidt hielt einen anständigen und gar nicht mal uninteressanten vortrag über seine jüngste studie über jugendliche und wie sie das netz benutzen. am ende blieb für mich die erkenntnis, dass die harten daten, die man mit solchen umfragen gewinnt, zwar ganz interessant sein können, aber fehlinterpretationen unvermeidbar sind. als ian forrester am ende anmerkte, dass die BBC teilweise ganz andere daten herausgefunden hatte, stellte sich später wohl heraus, dass die BBC anders gefragt hatte. wenn ich orgendwo lese, „wissenschaftler in xxx haben herausgefunden, dass yyy“ wende ich meine aufmerksamkeit sofort anderen dingen zu. statistik muss tot-differenziert werden — und das fällt teilweise schon den wissenschaftlern schwer. journalisten sollten die finger davon lassen. mit einer ausnahme.
die von sascha lobo moderierte diskussion zwischen sven markschläger (jägermeister) und martin oetting (trnd) habe ich leider verpasst und hoffe sie auf video sehen zu können. auf twitter stapelten sich die lobeshymnen.
die diskussion zwischen jaiku-gründer jyri engeström und chris messina war teilweise ganz witzig, weil engeström robin wauters von techcrunch belgien teilweise die moderation abnahm, aber ansonsten leider ohne tiefgreifenden erkenntnisgewinn. ebenso wenig beeindruckten mich tim leberecht, simone brunozzi und die diskussion zwischen ian forrester und robert amlung. wen das, was stowe boyd erzählt interessiert (der übrigens unglaublich viele „dear friends“ hat), werde ich mich wohl bis an mein lebensende fragen.
rafi haladji von violet.net begeisterte mich wie bereits auf der webexpo 2008. kernsatz: jetzt, wo wir sogar kleine platikhasen vernetzt haben, wollen wir den rest der dinge vernetzen. dinge die sich ausschliesslich im netz abspielen, ohne bezug zur echten welt, ohne verbindung in die welt der dinge oder der politik locken niemanden mehr hinter dem ofen hervor. online communities, nachrichten-seiten, blogs interessieren keinen menschen mehr. was zählt sind echtzeitanwendungen (twitter) und anwendungen die das leben oder die welt erleichtern oder verbessern — oder anders ausgedrückt, dinge die ich mit einem satz auch meinen eltern als nützlich erklären kann. das was violet macht, die welt der dinge zu vernetzen, ist unumgäglich, folgerichtig und voller potenzial.
rafi haladji präsentation war zumindest enorm inspirierend und überzeugend. ich hoffe die präsentation und das video hier später verlinken zu könnnen.
mich hat schliesslich der letzte vortrag des dirigenten itay talgam mit allen schlechten vorträgen und panels versöhnt. einer kleiner, lockerer, alter, wacher mann, dem das kunststück gelang mich für eine welt zu interessieren die mir bisher völlig fremd war und total egal war: die der dirigenten. ihm gelang zusätzlich noch das kunststück, diese welt mit mir bekannten welten zu verknüpfen: dem web, dem organisieren von arbeitsprozessen, motivation, inspiration und kreativität. ein sehr beeindruckender vortrag, von denen ich mir ungefähr 12 gewünscht hätte.
www.next-conference.com/next09
nutzlos. der link zu „videos“ führt bis heute abend (22:22 uhr) zu den videos der letzten next, weder die präsentationen sind dort verlinkt noch habe ich das gefühl, dass die aggregation der twitter- und blog-backchannels funktionierte. wenn überhaupt, habe ich interessante weiterführende informationen oder links zu videos oder präsentationen aus meinem twitterstream gefischt. zum beispiel das speaker-rating für die next09. aber vielleicht bessert sinnerschrader die aufarbeitung dr konferenz im web ja noch nach.
fazit
es gab zwar keinen fisch, aber danke dafür. echt.
entweder ist bei turi das zeitkontinuum kaputt oder man ist zu blöd in den kalender zu gucken: kress.de schreibt „Georg Pagenstedt (Foto) übernimmt ab 1. Juni 2009 bei EliteMedianet als kaufmännischer Geschäftsführer und COO die Verantwortung für Operations und alle kaufmännischen Bereiche.“
turi2 macht daraus „Der Ex-CEO von wallstreet:online führt ab sofort die Geschäfte beim ElitePartner-Betreiber EliteMedianet.“
06:30 uhr
wecker klingelt, frau steht widerwillig auf um das kind zu schmieren und butterbrote zu wecken. herrlich: ich hab urlaub und schlafe weiter.
06:45 uhr
wache wieder auf, weil die frau in der küche flucht.
08:57 uhr
chef ruft an.
09:20 uhr
denke darüber nach, dass urlaub früher auch mal anders gewesen ist.
11:00 uhr
mache feierabend, schneide einen kohlrabi in stifte und esse den kohlrabi mit einem käsebrot.
13:45 uhr
mein tomtom lotst mich die 1,2 kilometer von der ubahn zum „kampnagel“. bin jetzt auf der #next09. nico lumma steht vor dem eingang und isst döner.
13:54 uhr
in sechs minuten spricht jeff jarvis. ich bestelle noch schnell einen milchkaffee.
14:02 uhr
bekomme einen sieben minuten lang gezapften, aber sehr leckeren milchkaffee serviert, trinke ihn hastig aus und frage mich zu „track 1“ durch, wo jeff jarvis bereits seit 8 minuten redet. jeff jarvis erzählt interessante sachen und beschimpft sich selbst als „heuchler“. leider habe ich alles was er erzählt schon vor tagen und wochen im netz gelesen oder gehört. trotzdem ist er ein sehr angenehmer redner, ich muss sogar ein paar mal lachen. am ende nimmt er fragen entgegen und läuft mit dem mikrofon durch den saal zu den fragestellern. jeff jarvis errinnert mich, wenn er läuft, an eine giraffe. wenn giraffen schnell laufen, sehen sie aus als liefen sie in zeitlupe. jeff jarvis auch.
14:55 uhr
stehe auf, rufe laut „was für ein liebloser scheiss!“ und stampfe empört aus der keynote „Capitalism 2.0“ hinaus — leider nur in meiner phantasie. in der realität lausche ich weiter, beobachte wie sich umair haque ungeschickt — aber betont lässig — mit prezi abmüht. um 15:03 uhr halte ich es wirklich nicht mehr aus und schleiche leise zu meinem zweiten milchkaffee.
15:10 uhr
wlan! es gibt funktionierenedes wlan! die entdeckung des tages. schreibe meinem chef eine email.
16:20 uhr
sehe die letzten 10 minuten von andrew keens vortrag [foto]. bin sofort inspiriert und beschliesse die debattenkultur in deutschland neu zu beleben.
[nachtrag, via]
video-aufzeichnung von andrew keens keynote.
16:25 uhr
ich spüre, dass der kohlrabi extrem flatulenz-steigernd wirkt.
16:30 uhr
sehe mir 30 minuten werbung für t-mobile, simyo und irgendeinem angeblichen „think-tank“ an [foto davon]. im publikum rumort es, weil raimund schmolze es nichtmal ansatzweise peinlich ist einem zahlenden publikum eine wahrscheinlich von seinem 13jährigen sohn erstellte powerpoint-präsentation zu zeigen und mit dummdreister telekom-werbung zuzuschwallen. das kam nicht gut an, knüwer fands sogar imageschädigend. frage mich erstens ob das image von t-mobile oder der telekom noch weiter zu schädigen ist, zweitens warum ich nicht aufstehen konnte sondern fasziniert auf den peinlichen werbemüll auf der bühne starren musste und drittens, was ich gefühlt hätte, wenn ich mehrere hundert euro für die veranstaltung gezahlt hätte.
am ender der diskussion wirds nochmal lustig als raimund schmolze behauptet, t-mobile blockiere skype, weil man die übertragungsqualität des dienstes nicht garantieren könnten. der halbe saal lacht.
17:10 uhr
bier? gibts erst ab 19 uhr. ist ja wie zuhause hier!
17:46 uhr
rufe meine oma an.
18:30 uhr
twitterlesung. noch hat keiner gelacht, obwohl schon seit 15 minuten vorgelesen wird.
19:05 uhr
spreche mit einem gut vernetzen arbeitslosen.
19:20 uhr
mich spricht jemand an, dem ich mal im internet ans bein gepinkelt habe. merke: leuten im internet ans bein pinkeln ist der ultimative persönlichkeitstest aus dem sich sehr angenehme bekanntschaften entwickeln können. oder abmahnungen.
19:30 uhr
auf dem klo zwei business-kasper. der eine so: „hast du nicht noch ein meeting heute abend?“ der andere: „ja. ich muss kellnern.“
19:40 uhr
der typ der am nachmittag auf der bühne als simyo-gründer vorgestellt wurde hat ein iphone. frage mich ob er es geknackt hat und mit ner simyo-SIM benutzt, es in italien gekauft hat oder ob er telekom-kunde ist.
19:55 uhr
spreche mit jemandem der bald arbeitslos ist und esse blumen mit dressing.
20:15 uhr
sinniere darüber wie ich die debattenkultur in deutschland neu beleben soll. die domain wäre noch frei: reaktionaeres.net.
20:20 uhr
spüre den hauch des todes und stelle die steile these auf, dass es die next10 nicht geben wird. sehe peter kabel und michael trautmann rumstehen. mir wird kalt.
20:40 uhr
neben mir sagt jemand, das web sei tot. ich frage mich: was ist eigentlich zum web noch nicht gesagt worden? interessiert sich da noch jemand für? braucht man in einer phase der konsolidierung konferenzen?
21:00 uhr
esse noch mehr blumen mit dressing.
22:00 uhr
sehe, dass ich nicht der einzige bin der sich langweilt und dass die webfuzzis besseres zu tun haben als auf einer party rumzustehen. fernsehen gucken im hotelzimmer zum beispiel. irre wie leer der laden schon ist.
22:30 uhr
gehe sehr zufrieden und ziemlich nüchtern nachhause.
mittwoch, 18:30h
am mittwoch abend im zug habe ich mir angesehen, wie katrin bauerfeind mit harald schmidt plauderte. fremgeschämt habe ich mich auch ein bisschen, aber nicht so doll wie herr schader. eigentlich hab ich mich auch weniger für frau bauerfeind geschämt, sondern für harald schmidt. der sah fast so ungepflegt aus wie ix!
aber harald schmidt hat was schönes gesagt. naja, zitiert. auf die frage von katrin bauerfeind (oder vielleicht auch eine ganz andere frage), was ihn und feuerstein verbinden würde, antwortete er, das feuerstein mal gesagt habe, dass das was er und schmidt gemeinsam hätten der hass auf die menschheit und die liebe zu ihrem publikum sei. misanthropen finde ich übrigens total doof, ausser sie sind unglaublich witzig.
mittwoch, 21:00h
am hamburger hauptbahnhof fiel mir mal wieder auf, dass die stimmung auf dem bahnhofs-vorplatz dort exakt wie in einem casino in las vegas ist. exakt:
freitag, ca. 14:00h
ich habe ein langzeit-experiment zu meiner gestörten selbstwahrnehmung erfolgreich abgeschlossen. die beifahrerin liebt es brot auf meiner lieblingsarbeitsfläche in der küche zu schneiden. oder besser, seitdem wir ausschliesslich vollkornbrot essen, zu sägen. die sägespäne lässt sie dann gerne liegen, was auch vollkommen verständlich ist, denn so ein frisch gesägtes brot will ja sofort verspeist werden. trotzdem stört mich das immer ein bisschen und ich sauge die späne, so wie ich das in meiner schreinerausbildung gelernt habe, weg. denn die berufsgenossenschaften verbieten schon seit vielen jahren das kehren von sägespänen und verlangen den einsatz von staubsaugern für solche zwecke. arbeitsplatzsicherheit und lungenschutz, oder so.
mein versuchsaufbau war recht einfach: nachdem ich die sägespäe der beifahrerin weggesaugt hatte, sägte ich mir selbst ein paar scheiben brot ab und liess die späne liegen. zu meiner sehr grossen verwunderung störten mich meine selbstgemachten sägespäne ganze drei tage lang nicht die bohne.
samstag, 20:00h
am samstag ist die festplatte in meinem macbook verstorben. dankenswerterweise haben festplatten ja heute einen mechanismus eingebaut, mit dem sie vermelden können, dass sie sterben. s.m.a.r.t heisst das — und ob die abkürzung absichtsvoll mit „SM“ anfängt vermag ich nicht zu beurteilen. freundlicherweise hält apple einem solchen technischen kleinkram vom leib, so dass der tod der platte mich überraschte und völlig ohne vorwarnung kam. tick, tick, tick, waren ihre letzten worte.
aber vielleicht ist dieses ständige erneuern, die endlichkeit, verletzbarkeit und die sterblichkeit von technik ja auch etwas gutes. die antroposophen sind ja grosse fans von natürlichen zyklen und rhytmus. im frühjahr blüht alles auf, lebt den sommer hindurch um im winter wieder abzusterben. weniger pathetisch ausgedrückt: meine neue festplatte ist doppelt so schnell und dreimal so gross wie die alte und viel geiler! ich habe mich auch dagegen entschieden meine alten daten unterzupflügen und neue auszusäen und den den alten stand der festplatte mit einem backup von letzter woche komplett rekonstruiert, timemachine sei dank, mal wieder. man musses ja auch nicht übertreiben, mit der erdverbundenheit.
sonntag, 12:00h
überhaupt. kaum gewöhnt man sich daran, dass technik fragil ist und sich zur entropie sehnt, überrascht sie einen. der akku meines macbooks stemmt sich gegen den trend und will einfach keine kapazität verlieren. 99% prozent restkapazität nach 22 monaten. das ist eigentlich ein wunder, ähnlich wie blut das aus den augen einer gips-madonna fliesst.
montag, 6:00h
im zug hab ich mir eine folge „einsatz in vier wänden spezial“ angeguckt. peinlich aber wahr, mir kamen die tränen. danach hab ich einfach weitergeheult, als ich diese bilder sah [via].
danach wollte ich eigentlich noch die aufzeichnung von „zimmer frei“ ansehen, mit katharina schubert. leider war die aufzeichnung fast komplett im arsch, bis auf ca. 10 minuten, relatv am ende der sendung. das ist nicht weiter schlimm, was schaupsielerinnen über die welt zu sagen haben interessiert mich in der regel eh nicht so arg doll. ich habe mich aber gefragt, warum katharina schubert bei sprechen hin und wieder ihre zunge rausstreckt. das hat mich auch schon damals bei anke engelke gewundert.
montag, 8:30h
ersteigerte ebay-artikel beim verkäufer zuhause abholen hat etwas ernüchterndes. was man nicht alles tut um porto zu sparen. künftig werde ich das porto wieder zahlen, der vorteil der virtuellen internet-welt ist definitiv ihre körperlosigkeit.
montag, 19:00h
tintenherz auf DVD geguckt. leider ein liebloser, vorhersehbarer und wirrer, kreuzöder film. die lieblosigkeit spricht aus jedem detail:
montag, 21:00h
mir ist aufgefallen, dass eine new yorker firma mit einer lybischen domain arbeitet: bit.ly. offenbar ist lybien kein schurkenstaat mehr.
montag, 22:00h
ich habe mich innerlich aufs mein zwanzigjähriges klassentreffen vorbereitet. bei xing. bei den zwei, drei namen die ich gefunden habe nicht ein gesicht wiedererkannt. kaum einer meiner ehemaligen klassenkameraden ist xing- und googlebar. schlimmer noch, kaum einer, mit vier oder sechs ausnahmen, ist mir in irgendeiner form im gedächnis geblieben.
wenn mann diese überschrift liest
Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit weltweit durchsetzen und der Internetzensur entgegentreten
könnte man meinen, dass das angesichts der debatte um die internet-filter der #zensursula und der bundesregierung bei netzpolitik.de oder auf der homepage der piratenpartei oder des CCC stehen würde.
es ist aber die überschrift eines gemeinsamen dokumentes der CDU/CSU und SPD bundestagsfraktionen vom april letzten jahres. unterschrieben wurde es von „Volker Kauder, Dr. Peter Ramsauer und Fraktion Dr. Peter Struck und Fraktion“.
in dem dokument stehen wahre perlen des politischen wechselbalgentums:
In der Mehrzahl der Staaten dient die Zensur der Machtsicherung der Regierenden.
so kann man die initiative der familienministerin zenzursula von der leyen ja durchaus sehen: als einen durchsichtigen versuch ein delikates und hochkomplexes thema für wahlkampfzwecke, also machterhalt zu instrumentalisieren.
Ein Novum ist, dass sich in China viele ausländische Anbieter von Internetdiensten dem Druck der Behörden gebeugt haben und sich selbst zensieren. Die chinesischen Behörden betreiben zudem ein umfassendes Filternetzwerk, das den Zugang zu brisanten Seiten blockiert.
das ist jetzt kein novum mehr. die inländischen internetprovider wurden mit gezieltem druck dazu angehalten einen vertrag zu unterschreiben und ein umfassendes filternetzwek zu installieren und zu betreiben und das internet nach den vorgaben des BKA zu zensieren.
In Staaten des Nahen und Mittleren Ostens wird eine erhebliche Anzahl unmoralischer Webseiten durch Filter blockiert. In Iran z. B. geschieht dies offiziell aufgrund angeblich pornographischer oder religionsbezogener Inhalte […].
das wort „angeblich“ passt nicht nur für den nahen und mittleren osten. ein vertreter der hessischen landesregierung, heinrich sievers, schlägt vor, gleich „ausländischen Glücksspiel-Anbieter“ mit auf die sperrlisten zu setzen und fordert, laut augenzeugen seines auftritts auf dem kölner forum medienrecht, mal zu prüfen „ob man nicht diese chinesische Technik einführen könne“. (quelle)
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf, […] im Rahmen aller genannten Forderungen auch und insbesondere die Zensur im Internet zu thematisieren und dieser entgegenzutreten.
komischerweise sind sowohl die fraktion als auch die anderen unterzeichner gerade jetzt, nachdem das bundeskabinett am mittwoch den „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Kinderpornographie im Internet“ verabschiedet hat (PDF des entwurfs), eher zurückhaltend mit ihren forderungen. die bundesregierung beschliesst zensurmassnahmen und sie schweigen.
ralf bendrath verwies heute auch in einem artikel auf das dokument und stellt fest:
Leider hat offenbar in Köln niemand den Mund aufgemacht und gesagt, warum ein freies Internet auch politisch wichtig ist für eine freie Gesellschaft. Für andere Länder hat das ja sogar die CDU/CSU schon eingesehen, nur für Deutschland offenbar noch nicht.
witzigerweise sind die leute im bundestag ja der meinung, dass ihre wähler ihr treiben nicht als rückgratloses, verlogenes, doppelzüngiges treiben wahrnehmen und sie, wenn sie ein paar wochen vor der wahl nur ihr freundliches, verständnisvolles gesicht auzfsetzen wählerstimmen oder an glaubwürdigkeit gewinen könnten. klar, einerseits wohl durch erfahrung, bis jetzt sind sie ja immer mit jeden blödsinn durchgekommen und glauben wahrscheinlich tatsächlich, dass politik nichts mit überzeugungen, richtig oder falsch zu tun hat, sondern mit mehrheiten, kompromissen und machbarkeiten.
deshalb glauben politiker unverdrossen wiedergewählt zu werden, wenn sie sagen:
dieses ganze verlogene und verantwortung von sich weisende kasperletheater das die CDU und SPD derzeit veranstalten hat aber vielleicht doch einen gewaltigen vorteil. nämlich dass sich erstmals seit langem wieder echter widerstand bildet, echte und tatkräftige unzufriedenheit, die der herrschenden kaste zur wahl klar macht, dass sie sich von denen die sie wählen sollen so weit wie nie entfernt haben.
sehr kluge gedanken zur „digitalen spaltung“ haben sich thomas knüwer, ralf bendrath und marcel weiss gemacht.