autor: Sascha Lobo ×

Ge­sucht: Die Pro­kras­tio­na­tio­nal­mann­schaft

Sascha Lobo

Pro­kras­ti­na­ti­on ist ein häss­li­ches Wort für eine schö­ne Tä­tig­keit oder viel­mehr Nicht­tä­tig­keit, denn Pro­kras­ti­na­ti­on be­deu­tet Auf­schie­ben. Pro­kras­ti­nie­ren ist ein ge­sell­schaft­li­ches Phä­no­men, das in an­de­ren Län­dern oft dis­ku­tiert wird - in Deutsch­land ist das The­ma me­di­al un­ter­re­prä­sen­tiert (2 deut­sche Goog­le-News-Tref­fer vs. 379 ame­ri­ka­ni­sche. Stand 17. De­zem­ber). Da­bei kennt je­der Pro­kras­ti­na­ti­on, der am Bild­schirm tä­tig ist: wer kann schon an­fan­gen zu ar­bei­ten, be­vor die liebs­ten 26 Blogs, die wich­tigs­ten fünf Com­mu­ni­ties und So­cial Net­works, die drei In­stant Mes­sa­ger und Chats plus Twit­ter-Pos­tings der letz­ten vier Stun­den, SpOn, hei­se, die vier Mail­ac­counts, die da­zu­ge­hö­ri­gen acht Spam­ord­ner, die zwei aus den 90er Jah­ren im In­ter­es­sen­port­fo­lio üb­rig­ge­blie­be­nen Boards, das knap­pe Dut­zend News-Alerts, Tech­no­ra­ti & Goog­le Blogse­arch und drei oder vier So­cial Book­mark Diens­te durch­ge­se­hen, ana­ly­siert, aus­ge­wer­tet und ge­ge­be­nen­falls mit so­fort not­wen­di­gen Re­ak­tio­nen ver­se­hen wor­den sind?

Wenn Pro­kras­ti­na­ti­on in deut­schen Me­di­en be­han­delt wird, dann fast aus­schliess­lich im stu­den­ti­schen Kon­text, da­bei sind in west­li­chen Ge­sell­schaf­ten min­des­tens 20% al­ler Men­schen pro­kras­ti­na­ti­ons­er­fah­ren. Aus­ser­dem wer­den im­mer die sel­ben drei Fach­leu­te be­fragt, die dann „dra­ma­ti­sche Ar­beits­stö­rung“ oder „angst­ge­steu­er­te Fehl­funk­ti­on“ mur­meln und als Ge­gen­mit­tel ToDo-Lis­ten, Selbst­dis­zi­plin und ToDo-Lis­ten emp­feh­len.

Das ist na­tür­lich Quatsch. In Wirk­lich­keit ist Pro­kras­ti­na­ti­on in den meis­ten Fäl­len eine gute, rich­ti­ge und na­tür­li­che Re­ak­ti­on, die uns hilft, Pro­ble­me zu er­ken­nen und das Le­ben bes­ser zu meis­tern. Man muss nur ler­nen, rich­tig mit ihr um­zu­ge­hen, dann wird Pro­kras­ti­na­ti­on zu ei­nem schnur­ren­den Kätz­chen, das ei­nem den All­tag ver­süsst und stets in Ku­schell­au­ne ist. Das hört sich jetzt nach ei­ner stei­len The­se an. Weil es näm­lich eine stei­le The­se ist. Es han­delt sich aber um eine der zen­tra­len Aus­sa­gen un­se­res neu­en Bu­ches. Un­se­res? Ja, ich schrei­be ge­mein­sam mit Kath­rin Pas­sig (Li­te­ra­tur­no­bel­preis 2006, „Le­xi­kon des Un­wir­schen“) ein Buch, das 2008 bei Ro­wohlt er­schei­nen wird. Der Un­ter­ti­tel steht schon fest: „Wie man Din­ge ge­re­gelt kriegt ohne ei­nen Fun­ken Selbst­dis­zi­plin“. (vergl. Vor­trag vom 9to5-Fes­ti­val, mp3).

Zwar gibt es be­reits ei­nen gros­sen Hau­fen Bü­cher zu die­sem und an­gren­zen­den The­men­fel­dern, von „Sim­pli­fy Your Life“ („statt Kaf­fee ein­fach war­mes Was­ser trin­ken!“) bis zum gen­re­prä­gen­den Stan­dard­werk „Get­ting Things Done“ („Selbst­dis­zi­plin spie­lend leicht er­ler­nen un­ter Zu­hil­fe­nah­me von, ähm, Selbst­dis­zi­plin“). Die meis­ten von ih­nen gei­zen we­der mit Rat­schlä­gen noch mit Vor­wür­fen. So ma­chen sie sich mit dem Um­feld des ge­üb­ten Pro­kras­ti­nie­ren­den ge­mein, das „Gib dir doch ein­fach mehr Mühe“ für ei­nen ernst­zu­neh­men­den Rat­schlag hält. Da­bei äh­nelt der Ein­satz von Selbst­dis­zi­plin und Zeit­ma­nage­ment­tools für uns Pro­kras­tis dem Ver­such, ei­nem Hund die Flö­he weg­zu­dres­sie­ren.

Es liegt auf der Hand, dass ein sol­ches Buch von bun­ten Bei­spie­len und Fall­stu­di­en lebt. Aber wäh­rend sonst im­mer über be­mit­lei­dens­wer­te Ge­stal­ten be­rich­tet wird, die 24 Jah­re für ihre Di­plom­ar­beit brau­chen und wäh­rend die­ser Zeit ein Cre­scen­do der Sui­zid­ge­fähr­dung er­lei­den, wol­len wir eher an­de­re Ge­schich­ten. Wir wol­len von Men­schen hö­ren, die trotz Pro­kras­ti­na­ti­on ei­ni­ger­mas­sen gut zu­recht kom­men und eben nicht Miss­erfolg an Miss­erfolg rei­hen. Wir glau­ben, dass eine vom Be­sit­zer lie­be­voll ge­pfleg­te Pro­kras­ti­na­ti­on eher zum per­sön­li­chen Er­folg bei­trägt - wenn auch manch­mal in an­de­ren Be­rei­chen als er­war­tet. Da­zwi­schen darf na­tür­lich auch mal eine klas­si­sche Ver­sa­ger­sto­ry vor­kom­men, das soll ja nicht tot­ge­schwie­gen wer­den.

Wir wür­den uns freu­en, Eure Pro­kras­ti­na­ti­ons­ge­schich­ten, An­ek­do­ten, Er­fah­run­gen zu le­sen, ob hier in den Kom­men­ta­ren, in Eu­ren Blogs, auf Twit­ter, per SMS, per Mail oder wie auch im­mer. Es be­steht eine gute Chan­ce, dann (nur zi­tiert, nicht im Voll­text) im Buch zu lan­den, wenn man das möch­te. Teil­neh­mer be­kom­men ein Frei­ex­em­plar und wer­den im Ab­spann wohl­wol­lend er­wähnt, aus­ser­dem prägt man das zu­künf­ti­ge Ge­sicht der deut­schen Pro­kras­ti­na­ti­ons­land­schaft mit. Das ist nicht viel, schon klar, aber es fühlt sich nicht schlecht an, wenn man in ei­nem Buch drin­steht, das er­klärt, war­um man ei­gent­lich ein ganz tol­ler Typ ist, ob­wohl man seit sech­zehn Mo­na­ten nicht ge­schafft hat, den Flur zu re­no­vie­ren.

Ach ja: Wir wis­sen, dass ihr viel zu tun habt und des­halb vor­aus­sicht­lich nicht vor Ende 2012 dazu kom­men wer­det, eu­ren Bei­trag ab­zu­schi­cken. Das geht lei­der in die­sem Fall nicht, denn da das Buch mehr oder we­ni­ger ges­tern fer­tig sein muss­te, brau­chen wir eure Bei­trä­ge al­ler-al­ler­spä­tes­tens heu­te*.

* im üb­li­chen Sin­ne von „bis Ende De­zem­ber, dann aber wirk­lich!“


Rio Cuar­to - die häss­lichs­te Stadt der Welt

Sascha Lobo

Rio Cuar­to in Ar­gen­ti­ni­en ist zwei­fels­frei die häss­lichs­te Stadt der Welt. Häss­lich heisst in die­sem Fall nicht her­un­ter­ge­kom­men, im Ge­gen­teil, das Städt­chen ist ge­pflegt, wenn man stadt­hy­gie­ni­sche Mass­stä­be an­legt. Häss­lich heisst in die­sem Fall häss­lich. Bau­lich ge­spro­chen. Rio Cuar­to ist eine ar­chi­tek­to­ni­sche Zu­mu­tung, die be­reits nach zehn Mi­nu­ten An­we­sen­heit mit of­fe­nen Au­gen auch den hart­nä­ckigs­ten Pa­zi­fis­ten mit dem Charme ei­nes Brand­bom­ben­tep­pichs lieb­äu­geln lässt. Der Grund da­für liegt in den frü­he­ren Bau­ge­set­zen der Pro­vinz. Wenn ein Sta­ti­ker vor­her ein Häk­chen drun­ter ge­macht hat­te, durf­te in Rio Cuar­to je­der al­les bau­en, Hob­by­ar­chi­tek­tur ge­wis­ser­mas­sen, User Ge­ne­ra­ted Buil­dings, was aber kei­nes­falls Ge­bäu­de 2.0 war, son­dern eher Ar­chi­tek­tur 0.5, nicht mal beta. Frü­her war ich An­ar­chist, heu­te weiss ich, was pas­siert, wenn es kei­ne Re­geln gibt; es ent­steht die stadt­pla­ne­ri­sche Ent­spre­chung ei­nes Volks­mu­sik-Gru­si­cals. Haus­ge­wor­de­ne Ge­stalt­the­ra­pie. Wahr­schein­lich muss man sich in der Be­schrei­bung ein­zel­ner Häu­ser suh­len, um in Schrift­form nach­voll­zie­hen zu kön­nen, was dort über die Jah­re zu­sam­men­ge­mau­ert wur­de. Nimm die schlimms­te De­si­gner­hun­de­hüt­te von Obi, mul­ti­pli­zier sie mit 10.000 und Du bist noch nicht ein­mal nah dran.

Ich fan­ge mit der Kir­che an. Über­all auf der Welt sind sa­kra­le Bau­ten zu ei­nem Teil Aus­druck der Ge­sell­schaft. Eine Glau­bens­ge­mein­schaft ver­sucht sel­ten, aus­ser­halb je­den äs­the­ti­schen Mass­stabs ih­rer Pa­ti­en­ten zu bau­en. Gilt das auch für die evan­ge­lis­ti­sche Kir­che im Nor­den Rio Cuar­tos, dann muss der Got­tes­dienst je­den Sonn­tag die welt­gröss­te An­samm­lung von schwerst far­ben­blin­den Per­so­nen sein. Das grel­le, mit dem Schwamm auf­ge­tra­ge­ne Rosa der äus­se­ren Be­ton­bau­stei­ne wird durch die in lind­grü­nem Glanz­lack ge­hal­te­nen Fens­ter­rah­men kon­tras­tiert. In den Fens­tern selbst spie­len sich grau­en­er­re­gen­de Sze­nen ab, bun­te Glas­tei­le ei­nes über­gros­sen re­li­giö­sen The­men­puz­zles sind wahl­los in­ein­an­der ver­schach­telt. Wenn man die Sicht mit­tels ge­schick­ten Schie­lens in die Un­schär­fe glei­ten lässt, er­kennt man ab und an eine bi­bli­sche Sze­ne in die­sen trans­pa­ren­ten Ka­lei­do­sko­pen des Kon­fir­man­den­hor­rors. Das Dach des Kir­chen­schif­fes ist mehr­fach ge­schwun­gen und weit her­un­ter­ge­zo­gen, heut­zu­ta­ge sind der­ar­ti­ge Pro­por­tio­nen auf den Um­ver­pa­ckun­gen von Bild­be­ar­bei­tungs­soft­ware zu fin­den, um die gren­zen­lo­sen Mor­phing­mög­lich­kei­ten ein­drück­lich zu ver­mit­teln. Ob­wohl mo­dern, hat der aus­füh­ren­de Ar­chi­tekt nicht auf Fas­sa­den­spie­le­rei­en ver­zich­ten mö­gen, die Adolf Loos (Or­na­ment und Ver­bre­chen) ein­deu­tig in den spon­ta­nen Frei­tod ge­trie­ben hät­ten. Über und un­ter den Fens­tern fin­det sich sims­ar­ti­ger Gips­schmuck, der ge­ra­de breit ge­nug ist, da­mit scheis­sen­de Tau­ben dar­auf lan­den kön­nen. Die Sim­se sind aus ei­nem ein­zi­gen, ver­viel­fäl­tig­ten Mus­ter­stück her­ge­stellt, durch die klo­bi­gen Flor­al­mo­ti­ve ahnt man den Ver­such, den Ju­gend­stil auf­er­ste­hen zu las­sen, es bleibt lei­der bei ei­ner Zom­bie­ver­si­on, der hun­ders­te Auf­guss von Ju­gend­stil­blü­ten­blät­tern.

Nur we­ni­ge Me­ter ent­fernt hat ein Pri­vat­mann sich mit sei­nem Haus ver­ewigt, sich und sei­ne schwe­ren Kom­ple­xe. Der An­blick des Hau­ses macht die Über­que­rung der viel­be­fah­re­nen Stras­se da­vor mit ge­schlos­se­nen Au­gen zu ei­ner er­wä­gens­wer­ten Al­ter­na­ti­ve. Man müss­te die Fens­ter dop­pelt so gross ma­chen, da­mit sie als Schiess­schar­ten tau­gen wür­den. Die Ein­gangs­tür zeigt, dass das grie­chi­sche Tor zur Un­ter­welt, Ha­des, durch­aus auch mit den Far­ben und Ma­te­ria­li­en der 80er Jah­re an­ge­mes­sen in­ter­pre­tiert wer­den kann. Die flä­chi­gen Be­ton­mau­ern der Haus­front sind zwi­schen den Fens­tern in ei­nem Pas­tell­ton ge­hal­ten, der sich kaum zwi­schen dem Dun­kel­gelb ei­nes chro­ni­schen Nie­ren­ver­sa­gens und bron­chia­l­em Rot­braun ent­schei­den kann; das Farb­vor­bild mag hier je­nes schmut­zi­ge Oran­ge ge­we­sen sein, das in trüb­be­leuch­te­ten west­deut­schen Fuss­gän­ger­tun­neln jah­re­lang zu Ge­walt­ver­bre­chen ge­führt hat. Doch auch die­ses mo­der­ne Haus kann auf Zier­ele­men­te nicht ganz ver­zich­ten: eine Sei­ten­wand ist sinn­los nach vorn ver­län­gert und von ver­schie­den gros­sen, glas­lo­sen Bull­au­gen oder viel­mehr run­den Lö­chern durch­setzt. Durch das zu­sätz­lich an­ge­schräg­te Ende und die Far­be (vgl. mit­tel­al­ter Gou­da) er­scheint die Schmuck­wand wie eine über­di­men­sio­na­le Kä­se­schei­be. Der Ein­druck, ein pa­tho­lo­gi­scher Mis­an­troph habe die Pla­nung für die­ses Haus in ei­ner frisch ge­leer­ten Jau­che­gru­be auf ge­brauch­te Win­deln schrei­ben müs­sen, ver­stärkt sich, wenn man ins In­ne­re ge­langt. Die Räu­me sind al­le­samt so aber­wit­zig klein, dass man die Wohn­flä­che ver­dop­peln könn­te, wenn man die Scheu­er­leis­ten her­aus­reis­sen wür­de. Geo­me­trisch scheint er­rech­net wor­den zu sein, wie mög­lichst vie­le Räu­me ganz ohne Fens­ter ge­baut wer­den könn­ten. Die Ver­wen­dung kaum mehr als DNS-gros­sen Wen­del­trep­pen stellt si­cher, dass ein Eta­gen­wech­sel stets mit ei­ner Lek­ti­on in Schlan­gen­men­schen­tum ver­bun­den ist. Auch der Vor­gar­ten ist eine üble Ver­höh­nung des Be­griffs Welt­kul­tur­er­be. Der be­gren­zen­de Me­tall­zaun be­steht aus geo­me­tri­schen Ele­men­ten, die lieb­los zu­sam­men­ge­schweisst wur­den, nach dem Mot­to: Nicht ge­wollt und nicht ge­konnt. Nie hat­te der Spruch ‘dort möch­te ich nicht mal tot überm Zaun hän­gen‘ mehr Be­rech­ti­gung.

Die­se Bei­spie­le ste­hen tat­säch­lich nur stell­ver­tre­tend für hun­der­te wei­te­re Ge­bäu­de, die die Un­tie­fen und Tie­fen der Ar­chi­tek­tur aus­lo­ten. Schrä­ge, be­mal­te Flach­dä­cher tref­fen dort an­satz­los auf Zier­dach­rin­nen aus Mes­sing, Post­neo­go­ti­sches er­gänzt Möch­te­gern­re­tro­vic­to­ria­ni­sches zu ei­nem Stadt­rei­gen der epi­go­na­len UND schlecht ge­mach­ten Epo­chen­tanz der Bau­vam­pi­re. So tau­meln die Be­woh­ner Rio Cuar­tos durch die Stras­sen, be­nom­men von dem vi­su­el­len Press­luft­ham­mer, den ihr Stadt­bild ih­nen un­ab­läs­sig in die Seh­rin­de des Hirns drischt. Der Mensch ge­wöhnt sich kei­nes­falls an al­les. Nach acht Wo­chen Rio Cuar­to frag­te ich mich ei­nes Mor­gens, was denn an Diddl­ta­pe­te so schlecht sei, wor­auf zum Glück ein lu­zi­der Mo­ment folg­te und ich wuss­te, dass ich so schnell wie mög­lich raus muss­te aus der Stadt, aus Rio Cuar­to, der häss­lichs­ten Stadt der Welt.


Die sie­ben su­pers­ten Su­per­la­ti­ve Süd­ame­ri­kas - ein Rei­se­ta­ge­buch

Sascha Lobo

Ich bin Halbar­gen­ti­ni­er und habe des­halb vor zwölf Jah­ren ei­ni­ge Zeit in Süd­ame­ri­ka ge­lebt. Meh­re­re Mo­na­te bin ich her­um­ge­fah­ren und habe Ein­drü­cke in Mil­lio­nen­hö­he ge­sam­melt. In­zwi­schen kann ich wie­der dar­über spre­chen und das nut­ze ich heim­tü­ckisch aus, um in sie­ben Fol­gen das Süd­ame­ri­ka zu be­schrei­ben, das ich ken­nen ge­lernt habe. Es han­delt sich da­bei um die Län­der Ar­gen­ti­ni­en, Bo­li­vi­en, ein we­nig Peru, ei­nen Hauch Chi­le und viel, viel Pa­ta­go­ni­en, das zwar kein ei­ge­nes Land ist, in dem da­für aber mein Va­ter ge­bo­ren ist, mit dem ich vor Ort war und der mir er­klärt hat, wo­her der Wind dort weht, näm­lich im­mer aus der glei­chen Rich­tung und das ohne Un­ter­lass. Die Häu­ser ha­ben dort auf der wind­ab­ge­wand­ten Sei­te sämt­li­che Tü­ren und Fens­ter. Ab und an flie­gen Scha­fe durch die Ge­gend. In man­chen Ge­gen­den macht der fei­ne Sand in der Luft die Men­schen ver­rückt bis sie Hob­bys ent­wi­ckeln wie Pin­gu­in-Weit­wurf. Noch wei­ter im Sü­den ren­nen die dümms­ten Tie­re der Welt, Nan­dus, eine Art Vo­gel Strauss für sehr Arme, vor sich selbst weg. Die Städ­te Süd­ame­ri­kas hin­ge­gen sind der Mehr­zahl von Geis­tes­kran­ken be­völ­kert und in so­fern ganz nor­ma­le Städ­te, aber jede ein­zel­ne be­gnügt sich kei­nes­falls mit ei­nem ge­sun­den Durch­schnitt, son­dern ver­sucht auf Krampf, in min­des­tens ei­ner Dis­zi­plin voll­kom­men jen­seits je­der Zu­rech­nungs­fä­hig­keit zu sein. Die Men­schen in Süd­ame­ri­ka las­sen sich na­tür­lich in eine Schub­la­de ste­cken, und zwar in die Süd­ame­ri­ka­ni­sche. Das ha­ben sie alle ge­mein­sam. Sonst nichts.

Bo­li­via­ner sind un­fass­bar ehr­li­che Leu­te, so­gar Be­trü­ger mel­den sich zu Wort, wenn der Be­trug am Kun­den ih­rer Mei­nung nach zu hoch aus­fällt. Von den Ar­gen­ti­ni­ern kann man das nicht so recht be­haup­ten, im Ge­gen­teil geht ein Spruch um, der das Ver­hält­nis zwi­schen der un­mo­ra­lischs­ten und der zweit­un­mo­ra­lisch­ten Pro­vinz zu ver­deut­li­chen ver­sucht: Was ist der Un­ter­schied zwi­schen ei­nem Cord­obe­sen (aus Cor­do­ba) und ei­nem Por­te­ño (aus Bue­nos Ai­res)? Bei­de ver­kau­fen Dir ihre Mut­ter, aber der Cord­obe­se lie­fert sie dazu noch nicht aus. So lässt sich na­tür­lich lus­tig und bunt ein Vor­ur­teil ans an­de­re rei­hen, aber Süd­ame­ri­ka ist ein Kon­ti­nent der Ex­tre­me, da muss man manch­mal auch be­schrei­ben­der­wei­se über die Strän­ge schla­gen. Und so ver­klärt sich die­ser Be­richt na­tür­lich nicht nur durch die gut ab­ge­han­ge­ne, aber wie ein be­schla­ge­nes Glas leicht dif­fu­se Er­in­ne­rung, son­dern auch durch die über­höh­te Aus­wahl der be­schrie­be­nen Din­ge. Es sind sämt­lich Su­per­la­ti­ve, und zwar kaum je ein­fa­che Su­per­la­ti­ve, son­dern die gröss­ten, höchs­ten, wei­tes­ten, tolls­ten und eben su­pers­ten Su­per­la­ti­ve, die über­haupt zu fin­den sind. Des­halb lau­ten die Na­men der in den nächs­ten Ta­gen fol­gen­den sie­ben Ka­pi­tel so:

Rio Cuar­to - die häss­lichs­te Stadt der Welt
Po­to­sí - die höchs­te Stadt der Welt
Ti­ti­ca­ca - der höchs­te See der Welt
La Paz - die städ­tischs­te Kes­sel der Welt
Pe­ri­to Mo­reno - der hek­tischs­te Glet­scher der Welt
Feu­er­land - das süd­lichs­te Dings der Welt
Bue­nos Ai­res - die städ­tischs­te Stadt der Welt


Am En­de des Som­mers stirbt man ein biss­chen

Sascha Lobo

Ich hat­te das Wort ’Pu­bli­zis­tik’ auf ei­ner Fei­er au­geschnappt, da­mals, als man noch aus dem Hau­se ging um zu vö­geln und nicht nach Hau­se. Aus Ver­se­hen stu­dier­te ich es dann (Pu­bli­zis­tik). Ein Mäd­chen woll­te stän­dig eine Re­por­ta­ge über das Schiffs­he­be­werk Nie­der­fi­now schrei­ben, der Do­zent bü­gel­te sie ab mit den Wor­ten ’Men­schen in­ter­es­sie­ren Men­schen’. Mit dem Mäd­chen habe ich spä­ter kurz ge­knutscht, der Spruch be­glei­tet mich im­mer noch; in mei­nem Vier­tel gibt es Men­schen, die mich be­son­ders in­ter­es­sie­ren.

Ein ein­bei­ni­ger Fahr­rad­fah­rer, um den her­um Felli­ni­fil­me ge­dreht wer­den könn­ten. In frü­he­ren Som­mern fuhr er fast je­den Mor­gen mit sei­nem Drei­rad­fahr­rad her­um, sein Bein ans Pe­dal ge­schnallt, das an­de­re Pe­dal fehlt. Ein dün­ner Mann, sei­ne Cord­ho­sen­bei­ne flat­ter­ten im Wind, eins mehr als das an­de­re. In sei­nem Ge­sicht war ein Grin­sen ein­gra­viert, ein un­aus­treib­ba­res, ver­zück­tes ’Bra­zil’-Grin­sen. Der Am­pu­tier­te - ’er ist ge­nau wie wir’, hör­te ich eine Mut­ter ih­rem Kind er­zäh­len, ’nur ohne Bein’. Das Kind wird zy­nisch wer­den. Die­sen Som­mer habe ich ihn nicht mehr ge­se­hen und ich habe mich da­bei er­tappt, zu wün­schen, dass er glück­lich ge­stor­ben sei, da­bei lebt er viel­leicht noch. Ein Hauch Eu­tha­na­sie weht in uns al­len.

Ge­nau ge­gen­über wohnt ein Mann, der eine se­xu­el­le Be­zie­hung zu sei­ner Wand hat. Schon oft hat er sich vier­tel­stun­den­lang an ihr ge­rie­ben. Ein Wand­fi­cker. Kaum Be­schimp­fungs­po­ten­zi­al of­fen­sicht­lich, da­für ho­hes Mit­leids­po­ten­zi­al. War­um ei­gent­lich? Da reibt sich je­mand an der Wand, na und? Ich habe es auch pro­biert; es ist so mit­tel­be­frie­di­gend. Wenn man es auf ei­ner hö­he­ren Sin­ne­be­ne be­trach­tet, dreht sich die­se Ob­ses­si­on um die Här­te der ver­geb­li­chen Um­ar­mung. Aber die Käl­te der Wand wird ir­gend­wann zu Wär­me, wenn man ge­nug ge­rie­ben hat.

An der Kas­se des Su­per­markts sitzt oft ein häss­li­ches, jun­ges Mäd­chen. Auf ih­rem lin­ken Ring­fin­ger Höhe Ehe­ring trägt sie ei­nen tä­to­wier­ten fünf­za­cki­gen Stern mit ei­nem ’M’ dar­in. Frü­her habe ich auf Mar­tin, Max oder Maja ge­war­tet, die sie an­ru­fen, ab­ho­len, sich ir­gend­wie zu er­ken­nen ge­ben. Nie et­was. Seit die­sem Som­mer sieht sie nicht mehr nur häss­lich aus, son­dern auch trau­rig, und sie hat eine an­de­re Fri­sur. In­zwi­schen war­te ich auf ein Pflas­ter um ih­ren Fin­ger, aber so­we­nig Mar­kus sich da­mals um sie küm­mer­te, so­we­nig scheint sie sich um das hin­fäl­li­ge ’M’ zu küm­mern. Ich habe ei­nen häss­li­chen Be­kann­ten na­mens Mat­thi­as, viel­leicht soll­te ich die bei­den mal vor­stel­len. Im Herbst, dann.


Live-Blog­gen vom Blog­ger­tref­fen ge­gen Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät

Sascha Lobo

Heu­te abend geht nicht nur die wir­res-Ur­laubs­ver­tre­tung von Herrn Nig­ge­mei­er und mir zu Ende - nein, wir wol­len auch als Ab­schluss ein Zei­chen set­zen; ein Zei­chen, das wir in der Blogo­sphä­re als längst über­fäl­lig emp­fin­den. Wir möch­ten ein­dring­lich ge­gen die über­gros­se Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät von Blogs zu wen­den, über die ich auch hier, hier und hier ge­schrie­ben habe.

Wir ha­ben uns nun ent­schlos­sen, end­lich nicht mehr nur Wor­te, son­dern Ta­ten fol­gen zu las­sen, und ver­an­stal­ten heu­te abend ein Blog­ger­tref­fen ge­gen Selbst­re­fe­ren­tia­li­tät, zu dem auch wir­res.net-Blog­ger Fe­lix Schwen­zel er­schei­nen wird. Wir wer­den von die­ser Ak­ti­on live blog­gen, und zwar ge­nau hier in die­sem Blog, ab in ei­ni­gen Mi­nu­ten. Wer teil­neh­men will, wird das in den Kom­men­ta­ren auf die­ser Sei­te tun kön­nen.


[Blog­ein­trag]

Sascha Lobo

Heu­te möch­te ich end­lich drü­ber schrei­ben, wie [schein­ob­jek­ti­ve Be­find­lich­keit], vor al­lem, weil ich [ab­stru­se kau­sa­le Ver­ket­tung]. Den An­lass dazu hat mir [Blogroll­mit­glied] ge­lie­fert, der neu­lich mit [Nicht­blogroll­mit­glied] an­ein­an­der­ge­ra­ten ist, es ging um ir­gend­was [ir­gend­was], so ge­nau habe ich es nicht ver­stan­den [op­tio­na­le Iro­nie­an­zei­ge]. [Un­nö­ti­ge Be­mer­kung zu Recht­schreib­feh­lern].

Das The­ma ist na­tür­lich ziem­lich kom­plex, wur­de aber neu­lich schon von [A-Blog­ger] su­per auf den Punkt ge­bracht: [ver­link­tes Zi­tat aus dem Zu­sam­men­hang ge­ris­sen, das die zu be­spre­chen­de The­ma­tik al­len­falls streift]. Ich sage ja schon längst, dass [A-Blog­ger] ganz im Ge­gen­satz zu [an­de­rer A-Blog­ger, je nach Mut auch B- oder C-Blog­ger] wirk­lich ein ganz tol­ler [irr­wit­zig un­sub­ti­le Schlei­me­rei]. Ja, [wie­der ers­ter A-Blog­ger] soll­te end­lich [Pro­fes­sio­na­li­sie­rungs­va­ri­an­ten].

[Kat­zen­fo­to]

Aber zu­rück zum The­ma [nichts­sa­gen­des Schlag­wort in An­füh­rungs­zei­chen], das in Ame­ri­ka üb­ri­gens [ei­lig mit Tech­no­ra­ti und dict.leo.org zu­sam­men­ge­klopp­ter, ver­link­ter Zu­sam­men­hang] wie auch [noch­mal], [noch­mal] und [noch­mal] be­wei­sen! [Ta­ges­ak­tu­el­le An­deu­tung], nanu, dach­te ich, das habe ich doch schon ir­gend­wo mal ge­hört [mas­si­ver Ein­satz von Iro­nie­ele­men­ten]. Stimmt, [flä­chig vor­ge­tra­ge­ne All­ge­mein­plät­ze mit Ex­press-On-Co­ver®], [dif­fu­ser emo­tio­nal-pri­va­ter Be­zug], und ge­nau das ist auch der Grund, wes­halb ich mit [be­lie­bi­ges Blog] nichts an­fan­gen kann. Ganz ne­ben­bei ist [be­lie­bi­ges Blog] nicht mal ein ech­tes Blog, weil [be­lie­bi­ges Fea­ture] fehlt! Auch heisst es [Ar­ti­kel] Blog und nie­mals [an­de­rer Ar­ti­kel] Blog!

Mehr noch, [zu­sam­men­hangs­lo­ses Be­schimp­fungs­ri­tu­al des im­mer­glei­chen Per­so­nen­krei­ses]. [Von Ver­zweif­lung zeu­gen­de Rück­ver­si­che­rung, dass die als ei­ge­ne Crowd emp­fun­de­nen Per­so­nen hin­ter ei­nem ste­hen], oder irre ich mich?

Mei­ne Mei­nung sage ich da ganz of­fen, näm­lich [Un­sinn] und [Quatsch], ob­wohl [kein Ge­gen­satz]. Ein­deu­tig am wich­tigs­ten ist [Ge­schwur­bel]. Aber es herrscht Mei­nungs­frei­heit, das fin­de ich ganz be­son­ders für Blogs wich­tig, des­halb ak­zep­tie­re ich auch an­de­re Mei­nun­gen, wenn sie [um­for­mu­lier­te ei­ge­ne Mei­nung] ent­spre­chen. Aus­ser­dem weiss ich nicht, ob [ir­gend­was an­de­res als Blog­gen] für das Pro­blem das [falsch be­nutz­tes Fremd­wort für ‚rich­ti­ge’] Mit­tel ist. Aber ich bin auch ja nur [kei­nes­falls Ernst ge­mein­te Ver­min­de­rung der ei­ge­nen Per­son mit der im­pli­zi­ten Hoff­nung auf Wi­der­spruch in den Kom­men­ta­ren].

[Ab­gren­zen­de Schluss­for­mel mit un­ge­len­ker Re­ak­ti­ons­auf­for­de­rung], sage ich mal und dann geht es wirk­lich [ha­ne­bü­che­ne, nichts­des­to­trotz mas­siv ab­ge­lutsch­te Me­ta­pher].


Der zwei­te Obst­gar­ten

Sascha Lobo

Ei­gent­lich bin ich ge­ra­de dem Glück am Tag auf der Spur. Mei­ne ak­tu­el­le Theo­rie ist, dass zwei un­ter­schied­li­che Her­an­ge­hens­wei­sen Glück in­du­zie­ren kön­nen. Zum ei­nen der Glück­step­pich, also ein be­stän­di­ges Ge­fühl, fein ge­wo­ben aus vie­len gu­ten und schö­nen Din­gen, von de­nen man weiss oder glaubt zu wis­sen, dass sie mor­gen auch noch da sind. Zum an­de­ren ein Stak­ka­to von Glückspeaks. „Alt wie die Nacht, Du Arsch­na­se’ muss ich mir jetzt von den Kno­wing Peo­p­le an­hö­ren, aber ich wuss­te bis zur Gen­der-Vor­le­sung Som­mer­se­mes­ter 1998 „Li­te­ra­tur und Frau“ an der Frei­en Uni­ver­si­tät Ber­lin auch nicht, dass Shake­speare ei­gent­lich drei Les­ben wa­ren.

Mei­nen lös­li­chen Kaf­fee trin­ke ich aus ei­nem gros­sen Glas und das passt in die Beu­le der Hei­zungs­ab­de­ckung ne­ben mei­nem Schreib­tisch, so bleibt der Kaf­fee ganz lan­ge warm und das ist ja wohl nur geil. Noch dazu wur­de mei­ne Hei­zung wahr­schein­lich von Leu­ten ent­wor­fen, die die Um­welt has­sen, denn sie heizt so un­wahr­schein­lich schnell und gut, das kann nicht öko­lo­gisch sein. Aber man macht sie an und die Hit­ze schiesst ei­nem über die Haut, dass es krib­belt. Mei­ne Hei­zung. Im Win­ter.

Im Som­mer; zwi­schen den Kas­ta­ni­en­blät­tern blin­zelt die Son­ne hin­durch und ich blin­ze­le zu­rück, schaue run­ter, zwi­schen den Köpf­chen­stein­pflas­ter­stei­nen des Geh­wegs ist ein Amei­sen­auf­wurf, aber nein - eine Hum­mel klet­tert her­aus und es ist ein Hum­mel­auf­wurf! Ewi­ges Rät­sel Hum­mel, war­um gräbst Du Dich in die Erde, wo Du am höchs­ten Punkt der Kas­ta­nie Dein Nest bau­en könn­test? Rat­los, aber trun­ken vor Glück, man muss dann ste­hen blei­ben und wird un­si­cher in den Knien.

Jen­ni­fer. Wir ha­ben ver­sucht, Sex zu ma­chen, als wir sechs wa­ren. Ich wuss­te noch nicht, dass eine Erek­ti­on hilft und dass es um eine Rein-und-Raus-Be­we­gung geht. Trotz­dem su­per.

Die graue Hose, eine Jeans­ho­se, die ich in Rom ge­kauft habe. Ge­tra­gen Tag um Tag, bis sich eine stren­ge Kopf­no­te im Bou­quet kaum mehr leug­nen liess. Dann aus pu­rer Ho­sen­lie­be mit der Hand ge­wa­schen und auf dem Dach­bo­den, von meh­re­ren Fa­mi­li­en ge­nutzt, auf­ge­hängt. Ich habe die Hose ver­ges­sen und die Stra­fe war, dass sie nach zwei oder drei Wo­chen von lust- und sinn­lo­sem Her­um­ge­trock­ne ver­schwun­den war. Viel, viel spä­ter, eher Jah­re als Mo­na­te, muss ich ei­nen Ka­ter su­chen, auch auf dem Dach­bo­den, gehe um die Ecke, um die ich nie ging, weil ein­mal ein ske­let­tier­ter Pfer­de­schä­del an ei­nem Dach­bal­ken hing und auf ei­nem Hau­fen stau­bi­ger Stei­ne liegt kein Ka­ter, aber Müll und mei­ne Hose und ich muss nie­der­knie­en und ir­gend­je­man­dem dan­ken, und weil ge­ra­de nie­mand an­de­res da ist, neh­me ich halt Gott, so what, hier, Gott, ich glau­be nicht an Dich aber ge­nau jetzt möch­te ich Dir mei­ne Freu­den­trä­ne wid­men, wär­di­to­kee, ja, wa? War okay, kei­ne Be­schwer­den.

Frü­her, ganz früh so­gar, war­um spielt frü­her im­mer im Som­mer oder es liegt Schnee? Es war je­den­falls Som­mer, bei mei­ner Tan­te im Haus, mein On­kel ist Im­ker. Als Hob­by, ei­gent­lich Ar­chi­tekt, „Bie­nen be­frei­en“, sagt er mit sei­nem Au­gen­brau­en-Ge­sicht, die Hän­de stop­fen die Pfei­fe mit exo­ti­schem Frucht­ta­bak. Nachts ma­che ich ins Bett im Schlaf; gu­ter Trick, bis heu­te stolz drauf: Gross­flä­chig Oran­gen­saft über Bett und im gan­zen Zim­mer und schnell für die Un­ge­schickt­heit ent­schul­di­gen. Ir­ri­tier­ter Blick der Tan­te, aber sie ahnt nichts, und als mich eine von den Bie­nen sticht, ob­wohl sie Bir­ken­ho­nig sam­meln soll­te, darf ich ei­nen Obst­gar­ten von Ger­vais. Nur ei­nen, aber der war so gut, so gut, cre­mig und sah­nig und al­les, das gab es zu Hau­se nie.

- Darf ich noch ei­nen?
- Nein, man muss auch ver­zich­ten kön­nen!

Den zwei­ten klaue ich aus dem Kühl­schrank und esse ihn mit der zu­sam­men­ge­roll­ten Deck­fo­lie als Löf­fel­er­satz hin­ten im Gar­ten, ganz in der Nähe von dem Ort, wo mich die Bie­ne ge­sto­chen hat, als ich das Nach­bars­mäd­chen beim pin­keln in der Ho­cke be­ob­ach­tet habe. Der zwei­te Obst­gar­ten, was soll ich sa­gen, der zwei­te Obst­gar­ten, das ewi­ge Pa­ra­dies, nichts wird je her­an­rei­chen.


Un­epi­so­de 15

Sascha Lobo

Über Schimpf­wör­ter im All­ge­mei­nen nach­ge­dacht, als mich ein Su­per­hir­sel auf der Stras­se ge­schnit­ten hat, als ich ge­ra­de ei­nen an­de­ren Su­per­hir­sel schnei­den woll­te - Spur-Nap­ping, der neue ur­ba­ne Trend für den le­ge­re-ag­gres­si­ven Kraft­fahr­zeug­füh­rer. Ich woll­te sei­ner­zeit zu die­ser Dis­kus­si­on auch et­was schrei­ben, habe ich dann aber nicht, weil ich Jan noch ein T-Shirt-Shul­de. Hier­mit nach­ge­holt: Wich­ser ist ei­nes mei­ner be­vor­zug­ten Schimpf­wor­te, aber wenn ich wich­sen für et­was Schlech­tes hiel­te, wür­de ich wohl auf dem fal­schest­mög­li­chen Blog Ur­laubs­ver­tre­tung ma­chen. Und was ist jetzt mit ‚schwul’ als Schimpf­wort? Ich weiss es doch auch nicht, po­li­ti­cal cor­rect­ness ist ein Krampf, Ho­mo­pho­bie ein Su­per­krampf, gleich­zei­tig prä­gen Wor­te durch­aus das Be­wusst­sein, ver­damm­te Ka­cke, ein Di­lem­ma, also ein Pro­blem ohne Lö­sung. Viel­leicht schon mal drin suh­len, so als Übung für den Um­gang mit dem Nah­ost­kon­flikt.


Un­epi­so­de 16

Sascha Lobo

Heu­te ei­nen Geis­tes­kran­ken mit ei­ner His­bol­lah-Fah­ne am Auto ge­se­hen. Was die WM al­les mög­lich ge­macht hat. Was soll man ei­gent­lich von Leu­ten hal­ten, die jetzt im­mer noch Deutsch­land-Fah­nen an Haus- und Au­to­fens­tern ste­hen ha­ben. Das Glei­che wie frü­her? Ich den­ke schon.


Un­epi­so­de 17

Sascha Lobo

Die Stadt liegt sinn­los heiss und leer da wie eine Herd­plat­te, von der man den bro­deln­den Topf her­un­ter­ge­nom­men hat. Alle sind im Ur­laub, die Leu­te, die man noch auf der Stras­se sieht, auch. Und Ju­ra­stu­den­ten, die für Klau­su­ren ler­nen, die sind auch da, die sind im­mer da, aus ih­nen wer­den spä­ter wohl vie­le, vie­le, über­vie­le An­wäl­te. Schlimm, was ist ge­fähr­li­cher als ein un­ter­be­schäf­tig­ter Rechts­an­walt? Ein Affe mit ei­nem Ge­wehr? Ein her­ren­lo­ser Gar­ten­schlauch, aus dem Salz­säu­re spritzt?


Er­fah­rungs­be­richt

Sascha Lobo

Ich hat­te mal zwei kas­trier­te Hams­ter, die sich hef­tig quie­kend strit­ten; ich war erst et­was be­sorgt, habe dann aber den Kä­fig in den Kel­ler ge­stellt, das Licht aus­ge­macht und das Pro­blem war er­le­digt. Die Woh­nung roch auch viel bes­ser, wie mir Be­su­cher spä­ter mehr­fach be­stä­tig­ten.


Freu­bier für al­le!

Sascha Lobo

Wenn man frü­her, als es noch Kon­takt­an­zei­gen gab, Kon­takt­an­zei­gen las, dann konn­te man schnell fest­stel­len, dass die wich­tigs­te Ei­gen­schaft ‚Hu­mor ha­ben’ hiess. Das ist na­tür­lich Quark aus ganz vie­len Grün­den. Hu­mor ha­ben ist eine Null­ei­gen­schaft, weil [bit­te hier selbst Ar­gu­men­te aus­den­ken]. Eine wirk­lich wich­ti­ge Ei­gen­schaft wird oft mit die­sem Hu­mor­ge­ha­be ver­wech­selt, ich habe sie mir erst jüngst ver­ge­gen­wär­tigt: sich freu­en kön­nen. Ich möch­te ein Lo­bo­lied sin­gen auf alle Men­schen, die sich freu­en kön­nen, Scha­den­freu­de aus­ge­nom­men. Freu­de ist eine Top­ei­gen­schaft. Ich freue mich im­mer, wenn an­de­re sich freu­en, dann freue ich mich dar­über, dass ich mich freue, dann setzt eine Freu­spi­ra­le ein, ein Freu­fels­kreis prak­tisch, ein En­dor­phin­mas­sa­ker. In die­sem Zu­sam­men­hang muss ich kurz mit ei­nem al­ten Sprich­wort ab­rech­nen, ‚Vor­freu­de ist die schöns­te Freu­de’, das muss aus der Zeit stam­men, als man mit Sex noch bis zur Ehe ge­war­tet hat, mit dem Ef­fekt, dass sich in der ers­ten Nacht zwei weit­ge­hend un­ge­üb­te Fi­cker ge­gen­über­stan­den, bzw. ge­gen­über­la­gen. Vor­freu­de ist nicht schlecht, klar, aber gar nichts ge­gen zum Bei­spiel die Tufreu­de, die Nach­freu­de oder die Er­kennt­nis­freu­de. ‚Vor­freu­de ist die viert­schöns­te Freu­de’, dar­über könn­te man ver­han­deln.

Er­kennt­nis­freu­de ist ein lus­ti­ges Ding, das umso öf­ter auf­tritt, je we­ni­ger man weiss, aber je in­ter­es­sier­ter man ist. Über­haupt soll­te man mehr über die ab­brü­hen­de Wir­kung der Wis­sens- und Er­fah­rungs­an­häu­fung nach­den­ken. Bis ich sieb­zehn Jah­re alt war, wuss­te ich zum Bei­spiel nicht, wie un­fass­bar gut feuch­ter Quarz­sand in Na­del­wäl­dern riecht, dann stell­te sich durch simp­les dran Rie­chen die Er­kennt­nis ein und ich freu­te ein gan­zes nie­der­län­di­sches Dorf in die Angst­star­re, weil sich bei mir die Freu­de über den Sand­ge­ruch in ei­ner Freu­den­schrei­at­ta­cke ent­lud. Die meis­ten Ver­liebt­heits­mo­men­te mei­nes Le­bens kann ich auf ge­mein­sa­me Freu­se­kun­den her­un­ter­iso­lie­ren.

Dem­entspre­chend bin ich der Mei­nung, dass sich die meis­ten Men­schen zu we­nig freu­en. Der ge­sam­te Freu­de-Kom­plex birgt na­tür­lich eine ex­trem hohe Pe­ter-Hah­ne-Ge­fahr, der ich durch das eben­so simp­le wie sinn­lo­se Ein­fü­gen der Ver­mu­tung ‚even­tu­ell gibt es Leu­te, die Pe­ter Hah­ne für eine Vot­ze hal­ten’ be­geg­nen möch­te. Trotz­dem soll­te man auf eu­ro­päi­scher Ebe­ne über die Ein­füh­rung ei­ner Freu­pflicht nach­den­ken.


Lis­te noch her­aus­zu­fin­den­der Din­ge (Aus­zug)

Sascha Lobo

..

226) Was war noch gleich das Fas­zi­nie­ren­de an my­space.com?

227) Gibt es ir­gend­et­was er­fri­schen­de­res, als an ei­nem heis­sen Spät­nach­mit­tag un­ter der Du­sche Bier aus der eis­kal­ten Fla­sche zu trin­ken?

..

308) Steigt man bei Ste­fan Nig­ge­mei­er au­to­ma­tisch jede Mi­nu­te in der Gunst, wenn man mit sei­nem Nach­na­men kei­ne na­he­lie­gen­den, mehr­fach­däm­li­chen Wort­spie­le macht?

309) Ist es nicht, um mit Jo­seph von West­pha­len zu spre­chen (Nau­ti­scher Rabe, Es­say Tret­boot), ver­werf­lich und letzt­lich doof, dar­über zu spot­ten, was ge­sell­schaft­lich so­wie­so als lä­cher­lich ge­äch­tet ist, also etwa Flip­flops?

..

734) Wie oft rei­chen al­lein die Re­pli­ca Wat­ches in mei­ner Mail­box zum Mond und zu­rück?


Som­mer­tau­mel

Sascha Lobo

In mei­nem ers­ten rich­ti­gen Blog­ein­trag hät­te ich ger­ne et­was wich­ti­ges be­spro­chen, zum Bei­spiel Net Neu­tra­li­ty, bei de­ren Fron­ten­bil­dung man ein ir­ri­tie­ren­des ame­ri­ka­ni­sches Phä­no­men be­ob­ach­ten kann, näm­lich ein or­ga­ni­sier­ter Pro­test quer durch alle ge­sell­schaft­li­chen Strö­mun­gen. Die Co­ali­ti­on ge­nann­te Ver­ei­ni­gung reicht von Gu­now­ners of Ame­ri­ca ein­mal im Kreis bis wie­der zu­rück zu den Gu­now­ners of Ame­ri­ca, da­zwi­schen sol­che wie die Fe­mi­nist Ma­jo­ri­ty, der Grün­der von Craigs­List.org, Craig New­mark, eben­so wie ir­gend­wel­che Ul­tra­ch­ris­ten.

Ich habe mal ein Foto ge­se­hen, da ha­ben in den USA an­ar­chis­ti­sche His­pa­nic Punks di­rekt ne­ben Neo­na­zis mit Ha­ken­kreuz­flag­gen für Mei­nungs­frei­heit de­mons­triert! Gut, ich habe das Foto nicht ge­se­hen, aber eine Lis­te von ge­mein­sam or­ga­ni­sier­ten Un­ter­stüt­zern der Mei­nungs­frei­heit, da wa­ren bei­de drauf und also habe ich mir das Foto vor­ge­stellt. Über die­ses wich­ti­ge The­ma Net Neu­tra­li­ty kann man nicht ge­teil­ter Mei­nung sein, wenn man bei un­ge­kauf­tem Ver­stand ist und die­ses In­ter­net, von dem jetzt alle re­den, auch nur an­satz­wei­se ver­stan­den hat. Auf wel­cher Sei­te man ste­hen soll­te, da­für kann man ein In­stru­ment be­nut­zen, was ich jüngst ent­wi­ckelt habe: Den Anti-Lott-Trend.

Das funk­tio­niert ganz ein­fach, denn Trent Lott ist ame­ri­ka­ni­scher Se­na­tor der Re­pu­bli­ka­ner, fa­schis­to­ider, na­tio­na­lis­ti­scher, ras­sis­ti­scher, ho­mo­pho­ber, se­xis­ti­scher Erz­re­ak­tio­när; also in wirk­lich sämt­li­chen, al­len, prak­tisch über­haupt al­len­al­len ge­sell­schaft­li­chen Fra­gen auf der fal­schest­denk­ba­ren Sei­te, so dass man nie ver­kehrt fährt, wenn man im­mer das Ge­gen­teil von Trent Lott als Mei­nung hat. Es han­delt sich um eine Art ame­ri­ka­ni­sche Ver­si­on von Ed­mund Stoi­ber mit Ge­schmacks­ver­stär­ker, und Trent Lott ist ge­gen Net Neu­tra­li­ty.

Scha­de also, dass ich über Net Neu­tra­li­ty nicht schrei­ben kann, das The­ma ist eben­so er­gie­big wie wich­tig, es geht aber nicht, weil es un­fass­bar heiss und sti­ckig ist, dass nicht nur die Luft kleb­rig wird, son­dern ich auch ver­ges­sen habe, dass es to­tal un­cool ist, über die Hit­ze zu jam­mern. Aber wann un­cool sein, wenn nicht jetzt bei 350° Cel­si­us? Statt­des­sen be­schrei­be ich ein we­nig den Hit­ze­tau­mel, seit Ta­gen tau­me­le ich durch die Stadt, das Ozon hat mein Ge­hirn po­rös ge­macht. Vier oder fünf Mal hat das Wet­ter schon so ge­tan, als wol­le es gleich reg­nen und es war im­mer ein Ge­fühl, als müs­se man nies­sen, aber es geht ein­fach nicht. Wenn man sich bei Hit­ze selbst be­ob­ach­tet, fängt man in­stantan an, sich zu schä­men, weil die Mo­to­rik sich un­ter ir­gend­ei­nem küh­len Hirn­lap­pen ver­kro­chen zu ha­ben scheint. Es wird bes­ser, wenn man die an­de­ren Men­schen be­ob­ach­tet; kaum ei­ner, der nicht schwe­re Geis­tes­stö­run­gen zur Schau trägt - vie­le tra­gen so­gar Flip­flops, al­lein das Wort kann Zit­ter­krämp­fe ver­ur­sa­chen. Auf mei­nem Grab­stein soll der­einst ste­hen ‚Trotz al­lem hat er dem Flip­fl­op­tra­gen wi­der­ste­hen kön­nen.’

Ges­tern habe ich end­lich das ein­zig Ver­nünf­ti­ge ge­tan, zur Er­klä­rung muss ich et­was aus­ho­len. Es gibt seit ei­ni­gen Jah­ren den be­kann­ten Buy Not­hing Day, ins Le­ben ge­ru­fen von Ad­bus­ters. Die­ser in Deutsch­land un­ter ei­ner un­sag- und un­schreib­ba­ren Na­mens­ad­ap­ti­on weit­hin un­be­kann­te ge­blie­be­ne Tag soll dazu die­nen, be­wuss­tes Kon­sum­ver­hal­ten zu pro­vo­zie­ren. Et­was gym­na­si­as­tisch un­dif­fe­ren­ziert, sage ich als Wer­be­ha­si mal, aber kei­ne schlech­te Sa­che ei­gent­lich, die Hit­ze je­doch setzt die Prio­ri­tä­ten neu und an­ders, und so habe ich ges­tern end­lich den Do Not­hing Day er­fun­den. Er­fun­den ist viel­leicht ein biss­chen dick auf­ge­tra­gen, aber eben erst­mals ge­macht, bzw. das ist jetzt be­griff­lich schwie­rig, erst­mals nichts ge­macht. Von mor­gens, das in echt nach­mit­tags war, bis abends, das in echt nach­mit­tags war, nur rum­ge­le­gen, da­vor, da­nach und auch wäh­rend­des­sen ge­schla­fen und 24, vier­te Staf­fel ge­se­hen, copy that. Do Not­hing Day, un­be­dingt mer­ken, auch, wenn er irr­sin­nig an­stren­gend war. Ich muss­te acht, neun Mal das ver­schwitz­te T-Shirt wech­seln und hat­te am Ende Kopf­schmer­zen vom in­ten­si­ven Nichts­tun. Aber es tut gut, mal wie­der so rich­tig ge­gen den Uhr­zei­ten­ter­ror der bür­ger­li­chen Ge­sell­schaft lie­gend an­zu­kämp­fen und erst ins Bett zu ge­hen, wenn an­de­re schon wie­der ins Bett ge­hen. Eine Er­kennt­nis des Do Not­hing Day al­ler­dings hat sich her­aus­ge­schält und wird die Welt be­rei­chern auf im­mer­dar: Ge­gen je­des Un­wohl­sein beim Her­um­lie­gen in der Hit­ze hilft eine gros­se Schüs­sel Jo­ghurt mit ge­fro­re­nen Him­bee­ren drin und Ho­nig.


lo­bo lo­go wett­be­werb — die ent­schei­dung

Sascha Lobo

[hier das pro­to­koll der ju­ry­ent­schei­dung zum lobo logo wett­be­werb. vie­len dank und ein di­ckes lob an herrn lobo.]

vor­ab ein pro­blem be­merkt:
die lo­gos wa­ren alle ver­hält­nis­mäs­sig mit­tel - deck­ten aber trotz­dem von der qua­li­tät eine ge­wis­se band­brei­te ab, so dass die be­wer­tung der mitt­li­zi­tät gleich­zei­tig leicht und schwer fiel. aber hin­ein in die ein­zel­wer­tung:

schiff ohne kreis
kom­plett aus der wer­tung ge­nom­men. schö­nes wort­spiel, aber kreis fehlt völ­lig, logo ist da­her ir­gend­wie nicht rund.

x!
ty­po­gra­fi­sche an­nä­he­rung an das su­jet, je­doch im sym­bo­li­schen to­tal ver­ho­ben: ge­nau­so wür­de man col­lege-hu­mor pan­to­mi­misch aus­drü­cken, näm­lich be­stehend aus fä­kal­con­tent und ge­stick­ten buch­sta­ben. nix für ix.

ge­dach­te scheis­se
schön vir­tu­ell, hoch­al­le­go­risch, den trend zur mehr­fach­scheis­se er­kannt und kor­rekt und punkt­sym­me­trisch ab­ge­bil­det - trotz­dem da­ne­ben, weil zu wol­kig.

fuss­stap­fen
um die ecke ge­dacht, die scheis­se ist sinn­voll ins bild ge­schmiert - so möch­te man ein logo ha­ben! und zwar ein logo für ei­nen strand­lauf am hun­deu­fer, was soll denn das mit blog­gen zu tun ha­ben? das ist doch voll­kom­men ab­we­gig.

fah­ne
hier steckt so viel drin! ka­pi­ta­lis­mus­kri­tik (golf­spie­len ist scheis­se), tu­chol­sky­ar­ti­ge mi­li­ta­ris­mus­kri­tik (fah­nen als zei­chen der strei­kräf­te) und na­tür­lich das ende der fah­nen­stan­ge, das in der scheis­se steckt - aber nicht er­reicht ist: als bild zu dünn. passt nicht zu ix.

sprech­bla­se
der co­mic kommt zu­rück, die neue simp­le form des aus­drucks in bild und text er­obert die vi­su­el­le um­welt. und die vor­rei­ter sind die neu­en, schlecht-gu­ten zeich­ner. das ist aber lei­der schlecht-schlecht und des­halb un­taug­lich. fast möch­te ich von halb­her­zig schlecht spre­chen.

herz
das ist schön. soll­te ix sich un­be­dingt auf­he­ben für die zeit nach der ge­schlechts­um­wand­lung.

schreib­ma­schi­ne
das bes­te logo, das je das lixt der welt er­blick­te. punkt. sagt al­les, meint nichts. mög­li­cher­wei­se han­delt es sich bei die­sem logo um gott.

schiff mit 1 scheis­se
schö­ner an­satz, ge­lun­ge­ne fi­gür­lich­keit, wirkt aber lei­der un­voll­stän­dig, bzw. un­ter­schis­sen.

schiff mit 5 scheis­se
too much, to­tal over­do­ne, wer kommt denn auf so ei­nen scheiss und hat da­nach noch ge­nug mut, ihn auch in co­rel draw hin­zu­k­re­peln? ach­tung, das war eine pla­to­ni­sche fra­ge, nicht ant­wor­ten, ich möch­t's gar nicht wis­sen.

kri­kel kra­kel
bit­te wie­der drin­gend die ta­blet­ten neh­men!

"ein hau­fen scheis­se"
ceci n'est pas une hau­fen scheis­se, das konn­te man vor hun­dert jah­ren noch so ma­chen. in­zwi­schen ist es so lus­tig wie ein post-it mit "kühl­schrank" drauf­ge­schrie­ben an den kühl­schrank zu kle­ben. also sehr lus­tig. geht aber trotz­dem nicht, zu ver­kopft, ein logo muss knal­len.

wä­sche­klam­mer
der stein­al­te ti­ta­nic­trick. zwei the­men mit­ein­an­der ver­knüp­fen, die nichts, bzw. dann halt doch ir­gend­was mit­ein­an­der zu tun ha­ben. wirkt be­müht, so sieht in­ge­nieurs­hu­mor aus, der streng nach quar­tals­plan er­stellt wird.

RIE­SEN-ix
un­ter al­ler ka­jü­te. der schöp­fer hat von gra­fik we­ni­ger ah­nung als das ge­mein­sa­me kind von stevie won­der und frie­dens­reich hun­dert­was­ser, ver­bin­det also un­wis­sen­heit mit schlech­tem ge­schmack. falsch mon­tiert, un­sub­til in sze­ne ge­setzt, ver­krampft vor­ge­tra­gen - so wür­de das logo aus­se­hen, wenn die ddr heu­te ein staats­blog er­öff­nen wür­de. glat­te sechs.

mit shit, charme und me­lo­ne
so­li­de an­ge­legt, gra­fisch be­gabt, na­he­lie­gen­de, aber gute idee. fi­li­gran aus­ta­rier­te pro­por­tio­nen zwi­schen schwarz und weiss - lei­der nicht mehr. kein sinn zu se­hen, für wen soll das logo sein? pro­fes­sor bien­lein?

hau­fen-ix
scheis­se als pi­xel, muss man erst­mal drauf kom­men, kann man so ma­chen. wird aber nach ei­ner ne­ga­tiv­re­kord­zeit von 0,37 fem­to­se­kun­den ster­bens­lang­wei­lig. oder schon vor­her. müss­te man mal wis­sen­schaft­lich er­for­schen, viel­leicht ist das das ein­zi­ge logo der welt, das noch vor der be­trach­tung lang­wei­lig wird. und das hät­te ja wie­der was. aber nur kurz. sehr kurz (s.o.).

pac­man
das logo nutzt das weis­se nicht als lee­re, son­dern als flä­che. ori­gi­nell. die glei­che art ori­gi­nell wie auf­blas­ba­re weih­nachts­bäu­me oder hals­tü­cher für hun­de. even­tu­ell auf­he­ben für wenn die tor­ten­dia­gramm-rit­ter die welt­herr­schaft end­gül­tig über­neh­men und dann kurz vor dem sui­zid als iro­ni­sches zi­tat ver­wen­den.

wan­ted
lus­tig aber häss­lich. die­se kom­bi­na­ti­on führt lei­der zu nichts, das habe ich mal selbst aus­pro­biert, sie re­det nicht mal mehr mit mir.

kiss
fä­kal­con­tent gut und schön, bzw. ei­gent­lich scheis­se. aber dann der zun­gen­kiss mit dem kot­hau­fen? ich weiss nicht, ich weiss nicht, ich weiss nicht, was das soll. das ist doch kiss, oder? even­tu­ell auf­he­ben für ko­pro­la­lisch ver­an­lag­te me­tal­freaks.

ro­nald mc­do­nald
okay­er gag, liegt aber nä­her als, sieh, das gute. habe schon ei­nen ar­beits­ti­tel: su­pers­hi­ze me.

spi­der­man
ge­lun­gen, dy­na­misch, wit­zig, auf eine art je­den­falls. viel­leicht mal an ei­nem tag be­nut­zen an dem man spinnt (top­brül­ler, su­per­jo­kus, spit­zen­kalau­er).

girl shit
ja, sor­ry, ste­he ich jetzt nicht so drauf. über pin­kel­spie­le kann man even­tu­ell re­den, hängt auch von der si­tua­ti­on ab, sage ich mal, aber ko­pro­phi­lie geht mir am arsch vor­bei.

"ich bin scheis­se"
klar, lo­gisch auf­ge­baut, hin­ter­grund­kennt­nis vor­han­den, dop­pelt um die ecke ge­dach­ter ak­tu­el­ler be­zug - was soll das mit ix zu tun ha­ben? auf­he­ben für viel viel spä­ter, wenn er alz­hei­mer hat viel­leicht.

ix-sil­hou­et­te
ver­dammt, ich muss­te ge­ra­de nach­schla­gen, wie man sil­hou­et­te schreibt, das kann doch nicht wahr sein! so­weit treibt ei­nen die ver­fick­ten hin und hers zwi­schen re­form, nicht­re­form und rück­nah­me der nicht­re­form. ach so ja, das logo, gott, ist okay, scheis­se im auge, nun ja.

ix-siluet­te mit hirn
er­in­nert an die­ses ho­mer-simpson bild, das je­der drit­te hir­ni in je­dem zwei­ten board als ava­tar hat. geht des­halb nicht, ist aber nicht schlimm, weil es auch so nicht geht. was soll denn da die aus­sa­ge sein? scheis­se im kopf? da hat aber je­mand in bio ganz er­heb­lich nicht auf­ge­passt, als ver­dau­ung dran war.

spie­gel on­line
wer frem­de lo­gos nach­macht oder fälscht oder nach­ge­mach­te oder ge­fälsch­te lo­gos in um­lauf bringt, der wird mit ei­ner stra­fe be­straft. boot­leg­ging ist seit 1933 out und spie­gel on­line bas­hing ohne kon­kre­ten an­lass ist auf der su­perg­ähn-ska­la auf ei­ner höhe mit aus­drucks­ba­tik.

quirl
ge­quirl­te scheis­se. zum sel­ber drauf kom­men, passt also eher in die bil­der­rät­sel­ecke als in die lo­go­ver­samm­lung. hat aber durch­aus et­was rüh­ren­des.

frau ober­kör­per
nipp­le­ga­te für toi­let jack­son. aber bit­te: wenn per­so­nen im bild, dann soll­ten sie gut­aus­se­hend sein. und ka­cke­ver­schmier­te brust­war­zen ma­chen die sa­che nicht bes­ser. üb­ri­gens sieht die frau aus, als hät­te sie ein hit­ler­bärt­chen. das bringt sie fast wie­der ins spiel. aber nur fast.

schwar­ze frau ober­kör­per
da kann man ja gar nichts er­ken­nen! ist das der bu­sen, der da vor­steht wie ein fels­riff? oder ein el­len­bo­gen? und ist das dad­rü­ber die selbst­ge­mach­te ka­cke? und war­um? und wie kommt ei­gent­lich der schmut­zi­ge rand um den kreis? wer ist das auf dem foto? nicht ant­wor­ten, al­les wie­der rhe­to­risch ge­meint, je­der kom­men­tar wäre in­fo­müll.

du bist deutsch­land 1
die­ser fall ist so durch wie ein fall nur durch sein kann. durch­fall in die­sem fall, also.

du bist deutsch­land 2
das the­ma wird nicht we­ni­ger durch durch so stin­k­li­ni­en drü­ber. durch, durch, durch, over, out, ende, aus. du bist durch­land.

ge­sicht
wer ist das? ich? mei­ne nase sieht manch­mal so aus. oder ix? sieht ihm gar nicht ähn­lich. trotz­dem sehr ge­lun­gen, sehr schön ge­stal­tet, wirk­lich. das ge­sicht an­ge­deu­tet, die hand an­ge­schnit­ten, eine ges­te drin, ein blick, das ist ein hai­ku in lo­go­form. gros­ses lob. soll­te kaf­ka je blog­gen - das wäre sein logo.

ab­schluss
vie­le lo­gos, vie­le wor­te, aber es kann nur ei­nen ge­ben. die be­grün­dung rich­tig hin­zu­bie­gen fällt leicht. bei 31 lo­gos ist das mit­tel­ste das sech­zehn­te. die ver­tei­lung der plät­ze ist ein­fach. platz eins bis sieb­zehn be­legt gleich­zei­tig die schreib­ma­schi­ne, auf den rest­li­chen plät­zen halt die rest­li­chen lo­gos. da­mit ist das mit­tel­ste ein­deu­tig er­mit­telt, die schreib­ma­schi­ne näm­lich, nicht zu kom­pli­ziert, nicht zu über­in­ter­pre­ta­tiv, nicht zu ver­kopft, aber schmuck und char­mant. hur­ra!

[das ge­win­ner­lo­go von jan wird jetzt also für eine gan­ze wei­le oben links zu se­hen sein. dan­ke an alle die mir ein, zwei oder drei lo­gos zu­ge­sand ha­ben. noch mehr dank an alle, die sie sich an­ge­guckt ha­ben.]