„gute plakate“ gibts auch mit beschissener typografie
dass man das kleine ß nicht in versalien benutzen sollte wusste ich bereits, wenngleich es mir natürlich auch total egal ist. dass es aber bereits ein grosses eszett gibt, auch in unicode-zeichensätzen, wusste ich nicht.
das hier ist sascha lobos „anwortantwortantwort“ auf meine buchfrage an sascha lobo. drüben wollte ich die antwort nicht mehr drunterkleben, ich fand den eintrag auch schon so potenziell unübersichtlich. trotzdem hängen diese „anwortantwortantwort“ und meine ursprüngliche frage, sascha lobos antwort, meine antwortantwort natürlich zusammen und sollten unbedingt vor dieser anwortantwortantwort von sascha lobo gelesen werden! die kommentare dadrunter natürlich auch.
Am 13.10.2010 um 23:45 schrieb Sascha Lobo:
hallo lieber felix,
ich hielt dich ja immer für den prototyp des bloggers. weil du zwar völligen unsinn geschrieben hast – aber immerhin das, was du wolltest und dich nicht um die lesermeinung gekümmert hast wie spreeblick oder netzpolitik, wo johnny und markus für ein widerwärtig selbstgerechtes publikum schreiben, das jubelt, wenn seine kleingeistigen erwartungen erfüllt werden. niggemeier könnte auch protoblogger sein, aber dann wieder nicht, weil er eine eigene liga darstellt, beyond blogging, niggemeier könnte texte in fantasiesprache in die rinde einer eiche bei leipzig einritzen, seine stumpfen fans würden begeistert hinpilgern und ihm ein flattr-blümchen hinlegen. dabei ist er ganz offensichtlich gelangweilt von der ständigen beschäftigung mit dem dreck, den er kritisiert. ich möchte also hoffen, dass unsere freundschaft auf einem ausreichend festen fundament steht, bevor ich dich frage:
willst du mich verarschen, du erlebnisschrottblogger?
hast du meine antwort überhaupt gelesen, bevor du deine ungelenken, fehlerstrotzenden buchstabenketten druntergeflanscht hast?
80% deiner kommentatoren sind im besten fall schwer gestört und im nicht einmal schlechtesten fall von der realität erwachsener, arbeitender menschen eine million kilometer entfernt. und wenn man davon auf deine leserschaft schliesst, ist ja eigentlich alles egal, trotzdem hättest du dir wenigstens die mühe machen können, meine antwort durchzulesen.
schwarzfahren ist verboten und ich habe kein problem damit, wohl aber mit drakonischen strafen, wie kinder nachts an ostdeutschen landbahnhöfen auszusetzen, oder schwarzfahrer zu verprügeln.
genau das habe ich doch geschrieben, dass es "eine unanständigkeit" ist. warum tust du so, als hätte ich die todesstrafe für raubkopierer rückwirkend zum 1.7. '93 gefordert oder ähnlich "drakonische strafen"? in den ersten von durchtränkter dummheit feuchtklammen blogs steht bereits, ich würde netzsperren für das urheberrecht fordern. völlig abgesehen davon, dass du selbst in der fragemail doctorow auf so nichts-checkende weise falsch verstanden hast, als wolltest du dich damit bei meedia bewerben (wo der pokulturjunkie offenbar die zeit bis zur rente hirnenergiesparend durchbringen will):
"oder sollte ich den worten cory doctorows glauben schenken, der behauptet, das unautorisierte verteilen in tauschbörsen, bzw. die möglichkeit das buch kostenlos herunterladen zu können, den verkaufszahlen hilft?"
du bist verwundert, dass ich diese aussage von dir "überinterpretiere"? und belehrst mich dann auch noch, dass "äpfel nicht unwahr" sein müssen? das würde ja sogar noch im blog von mspro als unangenehm verschwurbelte metapher auffallen, der sein zusammengeklautes twitterbuch natürlich nicht kostenlos zum download anbietet, obwohl er doch so gegen das urheberrecht ist. ja, ich hätte das doctorow-zitat überprüfen können, aber für dein lächerliches blog mit 12 depressiven langzeitstudenten als leser und kommentar-imitatoren durchforste ich doch nicht die 23 millionen interviews von doctorow, der über nichts anderes spricht als seine eigene, ungeheure superheit, der typ ist eine fast so schlimme ich-hupe wie beratungs-consultant knüwer. dann aber nehme ich dir wirklich übel:
"dass die urheber selbst bestimmen können sollen, was mit ihren werken geschieht ist, glaube ich, mehr oder weniger unstrittig,"
sehe ich so verwirrt aus wie stöcker von der spon netzwelt oder jochen wegner, von dem ich nicht wissen will, mit welchen pillen er es so lange beim focus ("deutschlands beste ampeln - das ultimative ranking") ausgehalten hat und warum? oder handelt es sich bei deiner festanstellung um die hausmeisterliche betreuung eines wurmlochs, durch das du die 80er jahre in stand halten musst? UNSTRITTIG? das ist der strittigste punkt überhaupt in der diskussion zwischen dem selbstzufriedenen politfeuilleton, das wie neospiesser mario sixtus nichts will als bei gesicherter rente am kamin den lebensabend mit dem neuen franzen zu verbringen – und den apologeten der egoistischen, dauermasturbierenden filesharing-pubertäter, die noch niemals in ihrem leben gearbeitet haben, aber glauben, die welt müsse alles umsonst für sie bereithalten.
lies doch mal meinen disput mit dem unerträglichen turbobesserwisser marcel weiss, mit dessen belehrungsenergie man die polarkappen drei winter lang eisfrei halten könnte, der seit seinem weggang von blogwerk gegen den vollständigen bedeutungsverlust kämpft und der seit jahren mit dem ebenfalls vierzehnjährigen martin weigert der welt erklärt, wie sie im digitalen gefälligst zu funktionieren hat, weil ihre "erkenntnisse" – die jedem fussgängerzonenprediger peinlich wären vor plattheit – sie selbst so sehr berauschen. oder lies, was jetzt.de-journalistendarsteller dirk von gehlen dazu meinte, der glück hat, dass seine chefs von der süddeutschen zeitung das internet für eine mischung aus fax, fernseher und elektronischen leserbriefkästen halten und deshalb sein blog nicht lesen: für jeden zweiten beitrag zum thema urheberrecht in dirks selbstgefälligem blog würden sie nicht nur ihn feuern, sondern auch alle, die so ähnlich heissen oder schon mal in der kantine mit ihm gesprochen haben.
und immer geht es darum, dass eben doch strittig ist, ob und wie der urheber bestimmen darf, was mit seinem werk passiert. es ist superstrittig. es ist gigastrittig. es ist s21strittig. dass du das verkennst, lässt dich auf den naivitätspfaden der piraten wandeln (falls dein gedächtnis noch so schlecht ist: das war im jahr 2009 eine partei, die ihre kurze chance, die politik für immer zu verändern, so unfassbar dämlich nicht genutzt hat, wie es nur nerds hinbekommen).
und dass du schliesslich am ende deiner antwort auf meine antwort auf deine frage mit der formulierung um die ecke kommst:
"die frage war eher: ist das auftreten von schwarzfahrern oder blinden passagieren nicht ein zeichen dafür, dass man ein relevantes, atraktives produkt anbietet, […] und ist das gegenteil […] nicht vielleicht ein zeichen dafür, dass man etwas anbietet, was nur sehr wenige leute interessiert?"
soll ich es doch ganz schnafte finden, wenn mein buch illegal kopiert wird? soll ich es deiner unqualifizierten, nervigen blogger-meinung nach gut finden, dass sich endlich jemand für mich interessiert? dass endlich irgendein 19jähriger in 30 sekunden einen drm-knacker über das ebook drübergebügelt hat und mein quatschbuch für wichtig genug erachtet hat, um es in die egoisten-netzwerke einzupflegen? hast du übrigens gesehen, dass sogar der anbiedermann olaf kolbrück kommentiert hat, mit einer dämlichen spitzfindigkeit, vermutlich, um davon abzulenken, dass er aus mutlosigkeit sein potenzial im blog eines zweieinhalbtklassigen medienmagazins aus dem 90er jahren verkümmern lässt?
"würde ich ein buch geschrieben haben und würde es in tauschbörsen auftauchen, ich glaube ich würde ne flasche relevanz-schampus aufmachen und mir auf die schulter klopfen."
ist der titel deines blogs, "fachblog für irrelevanz" wirklich PURE koketterie? wenn es überhaupt je relevanz geben sollte, lässt sie sich mit sicherheit nicht dadurch ausdrücken, dass schmierige filesharing-egoisten aus langeweile beschlossen haben, files zu sharen. wie erbärmlich ist das denn? nach dieser teenagerrelevanz zu streben, die nicht einen verkackten funken respekt beinhaltet, geschweige denn zahlungswillen – und mir kommt es da nur aufs geld an, denkst du, ich schreibe bücher aus überzeugung? kann ich von tauschbörsenrelevanz meine teuren hobbies bezahlen? wenn ich so ärmlich und ohne jeden stil leben würde wie niggemeier oder kathrin passig, dann wäre das vielleicht okay, aber ich brauche 10.000 netto im monat, da kann ich mich nicht mit diesem kinder-relevanzshit auseinandersetzen.
bei uns in der firma gibt es eine sehr schöne tradition: einmal im monat setzen sich alle angestellten um 11 uhr zusammen und brunchen. die brunchwaren besorgen die mitarbeiter selbst, jeder kauft für ungefähr fünf euro etwas ein. meine aufgabe ist es zum brunch für 5 euro brötchen („schrippen“) zu kaufen. je nachdem welchen weg ich zur arbeit wähle oder je nachdem wo ich mich durch den jeweiligen ersatzverkehr in berlin wiederfinde, wähle ich den bäcker meist spontan aus.
letzte woche wählte ich einen bäcker, der seine bäckereifachverkäuferinnen dazu zwingt schürzchen und häubchen zu tragen. die reaktion auf mein ansinnen „30 schrippen“ war eisig und verwirrt. die verkäuferin reagierte, als sei mein ansinnen etwas ungehöriges. zeternd bewegte sie sich zur brötchenauslage und begann mit einer greifzange brötchen in eine papiertüte zu schaufeln, bis sie kurz darauf merkte, dass ihr vorgehen extrem ineffektiv war. also suchte sie eine grössere plastiktüte und zog sich einen latex-handschuh zum effektiveren brötchen-greifen an.
erschwerend für die verkäuferin kam hinzu, dass kurz vor meiner bestellung eine unablässig vor sich hinredende ältere dame den verkaufraum betrat. sie bennante und kommentierte alles was sie sah laut und deutlich: „ach sie haben das bonaqua-wasser! das ist gut! sehr lecker! ist das schinken? was kosten denn die belegten brötchen? kann man die auch ohne tomate haben?“
die verkäuferin stand kurz davor zu wegen überforderung zu platzen. als sie sich in einem verzweifelten versuch die konzentration zu behalten der brötchenauslage zuwandte und die plappernde ältere dame auszublenden versuchte, nahm diese ihre chance wahr, beugte sich über die virtine in die auslage und griff sich eine riesige streuselkuchen-platte aus der vitrine, verstaute den kuchen in ihrer jacke und redete weiter: „ich schreib das dann auf! die brötchen mit dem schinken sehen wirklich sehr gut aus.“ und verliess langsam den laden.
als die bäckerteifachverkäuferin sich wieder mir zuwandte, erklärte sie mir, dass ich künftig doch bitte solche ungewöhnlichen einkäufe vorbestellen solle. ich zahlte wortlos, dachte leise, dass es sicherlich kein nächstes mal und dementsprechend auch keine vorbestellung geben würde und war dann aber doch verwundert, als ich beim brunch merkte, dass die brötchen auf ihrer oberseite alle ein herz eingeritzt hatten.
leider kann ich dir diese buchfrage nicht über lovelybooks.de stellen, da ich mich nicht kurz genug fassen kann. deshalb stelle ich sie dir per email und wirres.net, wo ich die frage und deine eventuelle antwort gerne veröffentlichen würde.
aus purer neugier habe ich eben bei piratebay nach „strohfeuer“ gesucht. leider kenne ich mich mit der illegalen beschaffung von lesewaren nicht besonders gut aus, so dass ich nach dieser einen stichprobe einfach mal annehme, dass dein roman (noch?) nicht als ebook raubkopiert wird.
mich würde aber interessieren, was du persönlich darüber denken würdest, wenn das der fall wäre. oder anders gefragt, ich frage mich, was ich denken würde, wenn ich ein buch geschrieben hätte und ich es in unautorisierter form, kostenlos im internet herumliegend finden würde. ich frage mich ob ich mich dann freuen würde, ein buch geschrieben zu haben, dass einige leute so relevant finden, dass sie sich die mühe machen es zu digitalisieren oder den kopierschutz zu knacken, oder ob ich mich darüber ärgern würde, weil mir dadurch einnahmen oder umsatz- und absatzzahlen verloren gingen.
mir fehlt leider die phatasie, mich in diese situation angemessen einzufühlen, weshalb mir auch partout kein massstab einfällt, wie ich, wäre ich in dieser situation, meinen ärger quantifizieren sollte. wie würde ich den möglichen aufmerksamkeitsgewinn gegen den potenziellen einnahmeverlust abwägen? spielen die einnahmen aus dem buchverkauf für mich als autor überhaupt eine so grosse rolle? müsste ich neben meinen interessen, aus fairness oder solidarität, auch die interessen des verlages bedenken? oder sollte ich den worten cory doctorows glauben schenken, der behauptet, das unautorisierte verteilen in tauschbörsen, bzw. die möglichkeit das buch kostenlos herunterladen zu können, den verkaufszahlen hilft?
deshalb frage ich dich: wie fändest du es, wenn dein buch irgendwo in den weiten des internets unautorisiert herunter zu laden wäre?
würdest du dich freuen oder ärgern? und warum?
liebe grüsse, ix
Am 12.10.2010 um 10:11 schrieb Sascha Lobo:
Wenn "Strohfeuer" illegal herunterzuladen wäre, würde mich das ärgern. Was mich fast noch mehr ärgert, sind Behauptungen wie die von Cory Doctorow, unautorisiertes Verteilen in Tauschbörsen würde generell den Verkauf fördern (über seinen speziellen Fall hinaus). Das halte ich für eine anbiedernde Schutzbehauptung: er hat Angst, dass seine Nerd-Fans ihn sonst doof finden.
Es ist ja nicht so, dass ähnliche Mechanismen für Deutschland nicht überprüft worden wären. 2007 haben wir mit der Riesenmaschine bei Heyne (Random House) ein Papier-Taschenbuch auf den Markt gebracht, das gleichzeitig kostenlos herunterzuladen war (und auch immer noch ist). Das Ergebnis war ernüchternd; das Buch wurde über 20.000 Mal heruntergeladen, mit einem Klick, ohne irgendwelche Daten hinterlassen zu müssen, was nicht besonders leicht mit Random House herauszuverhandeln war – und die Verkaufszahlen waren sehr, sehr gering. Die Übertragung des Interesses vom Ebook zum gedruckten Buch hat zumindest in diesem Fall überhaupt nicht funktioniert. Das habe ich vorher befürchtet, aber ich halte viel davon, theoretische Annahmen auch praktisch auszuprobieren, weil ich selbst die Erfahrung gemacht habe, dass man trotz Fachwissen, Erfahrung und Gefühl immer noch grauenvoll falsch liegen kann.
Dass die Verbreitungseffekte von illegalen Tauschbörsen für den Verkauf von Musik tatsächlich anders gelagert sein könnten und es dort für diese Effekte auch solidere Untersuchungen gibt, steht auf einem anderen Blatt. Allerdings einem Blatt, das mir nicht so wichtig ist – denn ich halte es für richtig, für Kulturgüter zu bezahlen, wenn der Urheber sich das so ausgesucht hat. Ich glaube an das Recht des Urhebers, über die Bedingungen der Verbreitung seines Werkes zu bestimmen, zumindest für eine bestimmte Zeit. Wer das nicht tut, muss konsequenterweise so etwas Gutes wie Creative Commons ablehnen, denn auch dafür ist die Grundlage, dass der Urheber bestimmen darf, was mit seinem Werk passieren darf und was nicht. Dass das Urheberrecht in seiner aktuellen Form in vielen Punkten für das digitale Zeitalter ungeeignet ist, ist absolut richtig. Die Abschaffung von "geistigem Eigentum" als Reaktion wäre absolut falsch. Die Abschaffung würde denjenigen wirtschaftlich nützen, die ohnehin die größte Wirkmacht haben. Die Funktion des geistigen Eigentums schützt den Urheber, egal, wieviel Geld der hat, diese Schutzfunktion des Schwächeren gegenüber dem Stärkeren wird oft unterschlagen.
Wer "Strohfeuer" oder irgendein anderes Buch illegal herunterlädt, handelt in meinen Augen egoistisch. Er nutzt ein Produkt, will aber dafür nicht bezahlen. Das Argument, er würde das Buch sonst gar nicht kaufen und das eBook bloß kopieren und nichts wegnehmen, kann ich ebensowenig gelten lassen wie bei jemandem, der im Zug nicht bezahlen will. Dadurch geht auch nichts kaputt, man nimmt nichts weg, der Zug fährt sowieso, es entsteht "nur" ein virtueller Schaden und trotzdem ist es allgemein als unanständig anerkannt. Als schwerwiegendes Verbrechen empfinde ich das aber nicht, sondern eben als Unanständigkeit. Kann man unter dem Schutzmantel der Siebzehnjährigkeit mal machen, aber irgendwann ist es sinnvoll einzusehen, dass illegales Herunterladen ein schmieriger Akt ist, wenn einen Klick weiter das Produkt legal zu kaufen ist. Für den illegalen Download aus einer Art Notwehr heraus, wenn das digitale Kulturprodukt aus grotesken Anwaltsgründen erst drei Jahre später oder nie verfügbar ist, habe ich aber durchaus Verständnis.
Der mögliche Aufmerksamkeitsgewinn, von dem oft gesprochen wird, interessiert mich exakt null, erst recht von denjenigen Leuten, die illegal herunterladen, denn deren Aufmerksamkeit ist in diesem speziellen Fall nichts wert, und zwar ihnen selbst nichts wert. Es geht an dieser Stelle vor allem um Geld, Geldflüsse sichern einen Großteil der Kultur, in allen möglichen Bereichen. Wer das ablehnt, soll entweder konsequent für die Abschaffung des gesamten Systems kämpfen, das respektiere ich politisch – oder akzeptieren, dass man für Kulturgüter bezahlt. Aber nicht den Kapitalismus an der Stelle toll finden, wo es einem nützt, und nur dort doof finden, wo er der eigenen Bequemlichkeit im Weg steht. Um diesen sehr, sehr komplizierten Prozess zwischen Markt und Kultur zu organisieren, gibt es Verlage – Autoren allein könnten das nicht. Die Verlage da allesamt undifferenziert zu verteufeln und als "blöde Contentindustrie" zu beschimpfen, zeugt von erheblichem Unwissen und geringer Kenntnis der Funktionsweise der Kulturlandschaft. Mir ist bewusst, dass Teile der diffusen "Internetszene" meine Haltung ganz fürchterlich finden. Das ist ihr gutes Recht, genauso wie es mein Recht ist, sie dafür fürchterlich zu finden.
Am 12.10.2010 um 19:46 schrieb felix schwenzel:
ich weiss gar nicht so genau, ob doctorow gesagt hat „unautorisiertes Verteilen in Tauschbörsen würde generell den Verkauf fördern“, da hast du meine ungenaue wiedergabe von doctorows worten vielleicht überinterpretiert. ich habe kürzlich folgendes von doctorow gelesen:
For me, the answer is simple: if I give away my ebooks under a Creative Commons licence that allows non-commercial sharing, I'll attract readers who buy hard copies. It's worked for me – I've had books on the New York Times bestseller list for the past two years.
What should other artists do? Well, I'm not really bothered.
ich lese das eher wie: soetwas kann funktionieren, oder eben auch nicht. für mich verhält sich das ein bisschen so wie die parallele von deutschen und amerikanischen techblogs. man kann ein paar jahre lang ein tech-blog aufbauen und dann mit etwas glück den laden für ein paar millionen an AOL verkaufen, aber wenn man das in deutschland versucht, kann man auch mit 5000 lesern am tag und knietief im dispo enden. äpfel und birnen amerika und deutschland sind schwer zu vergleichen, was aber nicht heissen muss, dass äpfel unwahr sind.
dass die urheber selbst bestimmen können sollen, was mit ihren werken geschieht ist, glaube ich, mehr oder weniger unstrittig, selbst wenn das werk durch und durchgehegemannt ist, sollte es dem hegemann überlassen bleiben, wie das buch vertrieben werden sollte (hegemann hat es übrigens immerhin mit einem film in die tauschbörsen geschafft). genauso wie es unstrittig ist, dass es hierzu durchaus ausnahmen gibt. kafka wäre ein beispiel bei dem es durchaus (von mir aus „gesellschaftlich“) sinnvoll erschien, sich dem willen des urhebers zu entziehen. ebenso von ausnahmen durchwoben sehe ich urheberrechtsfragen bei nachrichten oder anderen gesellschaftlich relevanten geistigen (recherche- oder forschungs-) leistungen.
aber das war auch nicht meine frage, noch sehe ich es als streitpunkt. schwarzfahren ist verboten und ich habe kein problem damit, wohl aber mit drakonischen strafen, wie kinder nachts an ostdeutschen landbahnhöfen auszusetzen, oder schwarzfahrer zu verprügeln.
die frage war eher: ist das auftreten von schwarzfahrern oder blinden passagieren nicht ein zeichen dafür, dass man ein relevantes, atraktives produkt anbietet, dass man etwas geschaffen hat, was die leute unbedingt haben oder nutzen wollen und ist das gegenteil, keine schwarzfahrer, keine blinden passagiere, keine schwarzkopierer nicht vielleicht ein zeichen dafür, dass man etwas anbietet, was nur sehr wenige leute interessiert?
ich will das nicht negativ klingen lassen, im gegenteil, was ich sagen will: würde ich ein buch geschrieben haben und würde es in tauschbörsen auftauchen, ich glaube ich würde ne flasche relevanz-schampus aufmachen und mir auf die schulter klopfen.
und noch eine frage (nicht speziell an dich, sondern einfach mal so in den raum gestellt): wer hat das „geistige eigentum“ an banksys simpsons opener, den fox von youtube hat entfernen lassen? fox, banksy, groening, spon oder gar ein einhorn?
„spiesser alfons“ läuft gegen einen laternenpfahl und findet jetzt alle laternenpfähle doof. unter anderem, weil die laternenpfähle nicht ordentlich ausgebildet sind.
nach vier absätzen einleitendem schubladen-denken (ausgebildete journalisten vs. selbsternannte journalisten), verallgemeinern, klugscheissen und beschönigen, wendet sich „spiesser alfons“ irgendeinem typen („unhold“) zu dessen treiben er, wahrscheinlich sogar zu recht, gelöscht sehen will und dessen urheber er hinter schloss und riegel oder in einer zwagsjacke sehen will. aber warum philosophiert „spiesser alfons“ ausufernd über artikel 5 des grundgesetzes, pressefreiheit, blogger, ärzte, journalisten oder die rettung des abendlandes durch presseausweise? weil der „durchgeknallte Blogger“ sich nicht nur hin und wieder als „Fernsehtechniker” und „Reserveoffizier” oder „Elektroingenieur” bezeichnet, sondern auch als „Journalist“?
Doch während ein ausgebildeter Journalist aufgrund seines Wissen und aus Erfahrung weiß, wo seine Grenzen liegen und er in aller Regel einen Chefredakteur oder Ressortchef vor sich hat, der die Beiträge vor Veröffentlichung gegenliest, ist das bei einem selbsternannten Journalisten kaum der Fall. Zum Beispiel bei einem Blogger.
neben der tatsache, dass „wissen“ und „erfahrung“ nur in den seltensten fällen das sind, was arschlöcher von ihrem arschlochtum abhält, frage ich mich immer wieder, woher dieser drang von minderbemittelten menschen kommt, dinge die ihnen in der welt begegnen nicht nur in lieblos kategorisierte schubladen zu stecken, sondern gleich die ganze welt als schrank zu betrachten und statt des inhalts, die schubladen zu kritisieren.
so geht es beim spiesser nicht einfach um irgendeinen depp, der „beschimpft und beleidigt“, sondern um leute die keine ausbildung als journalist haben („Blogger“), so sind bei stepahnie zu guttenberg nicht pädophile straftäter, ineffektive polizeiarbeit (und zum beispiel fehlende mittel der polizei) eine gefahr für „unsere kinder“, sondern „das internet“. nicht einzelne politiker sind korrupt, gefährlich oder blöd, sondern gleich die ganze politik, nicht einzelne, (jaja, viele) fernsehsendungen sind schrott, nein „das fernsehen“ ist insgesamt schrott, nicht robert leicht versagt, sondern gleich und in gänze „die medien“.
differenzieren, einzelne zusammenhänge oder protagonisten herausarbeiten und zu kritisieren ist mühsam, klar, und wenn man zu hohen puls hat, vielleicht auch unmöglich, aber das man sich mit schubladen-denken und -sprechen zum affen macht, sollte man zumindest bedenken.
[nachtrag 12.10.2010]
apropos ordentliche journalisten-akkreditierung, für die sich der „spiesser alfons“ so leidenschaftlich einsetzt, hier in einem etwas anderem zusammenhang:
Wer aus der Islamischen Republik berichten will, braucht ein Journalistenvisum. Da sind die Iraner nicht zum Scherzen aufgelegt. Sie wollen kontrollieren, was und worüber die Ausländer berichten und das Visum ist für die Behörden die effektivste Möglichkeit, unerwünschten Medienvertretern die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Eine Möglichkeit, von der reichlich Gebrauch gemacht wird.
heute früh um acht hab ich mich mit mathias richel und herrn bosch zum kaffee-trinken mit mikrofon getroffen. erstaunlicherweise waren beide pünktlich und ebenso unrasiert wie ix. wir haben uns dann über andertalb stunden über irgendwas unterhalten, was sehr angenehm war. mathias richel hat unser gespräch aufgezeichnet (nicht mit papier und bleistift, sondern mit mikrofon und macbook) und mit weiterführenden links veröffentlicht (47MB mp3 download hier).
eine der kaffeezubereiterinnen hat uns freundlicherweise fotografiert. ausser dass ich etwas unvorteilhaft getroffen bin, finde ich das foto ziemlich witzig, zumal wir uns nicht abgesprochen haben, sondern alle spontan so bescheuert geguckt haben.
in nordkorea wird kim jong il mit ziemlicher sicherheit zurücktreten, und die macht an seinen jüngsten sohn übergeben. es ist der nicht so helle sohn, dem kim die macht übergibt, sein name ist übrigens kim jong w. il.
und es bleibt zu hoffen, dass die übernahme in nordkorea besser läuft als das bei jay leno und conan o'brien geklappt hat.
(beide gags bei david letterman geklaut, der sich übrigens auch selbst beklaut: der kim jong w. il gag lief schonmal im juni 2009)
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn, Rüdiger Grube, hält die Proteste gegen das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 für nicht gerechtfertigt. "Ein Widerstandsrecht gegen einen Bahnhofsbau gibt es nicht", sagte Grube der Bild am Sonntag. Das Bauprojekt sei demokratisch ausreichend legitimiert. "Bei uns entscheiden Parlamente, niemand sonst. Unsere frei gewählten Volksvertreter haben das Dutzende Mal getan: im Bund, im Land, in Stadt und Region. Immer mit großen Mehrheiten", sagte Grube.
seit gestern abend muss ich zwanghaft an demokratisch legitimierte dinge denken, dinge gegen die es deshalb laut rüdiger grube auch kein „widerstandsrecht“ gäbe oder gegeben habe:
so waren homosexualität und ehebruch in deutschland demokratisch legitimiert bis 1969 strafbar. vergewaltigung in der ehe war bis 1997 sowohl demokratisch legitimiert als auch straffrei. meint grube ernsthaft, die schwulen und die frauen hätten dagegen keinen widerstand leisten dürfen?
die bombardierung hunderter menschen und zweier tanklastzüge in der nähe von kundus war, soweit ich sehe, demokratisch legitimiert. meint grube deshalb, dass man kriegshandlungen widerstandslos hinnehmen sollte?
die europäischen zug-zulassungskosten sind europaweit demokratisch legitimiert. grubes vorgänger hat sie trotzdem deutlich kritisiert, genauso wie die entscheidung gegen einen börsengang der bahn. hält grube sich neuerdings bei der politischen einflussnahme zurück, um den demokratischen kräften von lobby-interessen unverfäscht ihren lauf zu lassen?
in den USA sind und waren waterboarding, guatanamo bay oder der vietnam-krieg durchaus ausreichend demokratisch legitimiert. trotzdem schaden oder schadeten sie der demokratie und dem ansehen des landes. auch die rassentrennung in den USA war demokratisch legitimiert und gesetzlich festgelegt. hatten die schwarzen in den USA deshalb kein widerstandsrecht? hätte rüdiger grube das niederknüppeln schwarzer protestierender damals gutgeheissen?
rüdiger grube hat ein verschrobenes demokratieverständnis. gewaltenteilung und scheint darin kein thema zu sein. immerhin glaubt grube von sich selbst, dass er durch seinen lebensweg werte wie „glaubwürdigkeit“ oder „respekt“ verinnerlicht habe. das mit der glaubwürdigkeit sollte er nochmal überdenken.
wenn sich ein unternehmen mit einem anderen unternehmen so eng begattet, dass man sogar einen doppelnamen annimmt (stayfriends.spiegel.de), würde ich mir unter einem solchen artikel schon einen hinweis auf die gegenseitige verbandelung und kooperation wünschen.
dass der artikel einerseits sausackblöd und hysterisch aufbauschend ist und andererseits auch seltsam zurückhaltend, zum beispiel beim hinweis auf kritik der stiftung warentest an stayfriends („Im Frühjahr war das Portal in Sachen Datenschutz bereits von der Stiftung Warentest kritisiert worden.“ - warum kein link hierhin?) sei nur nebenbei bemerkt.
das wirklich skandalöse, die jahrmarkts-, verwirrungs- und verarschungs-strategien von stayfriends um mitglieder zu werben und zu kostenpflichtigen „gold“ mitgliedern zu machen, bleiben unerwähnt. so frage ich mich immer wieder, wie hinterfotzig jemand sein muss, der sich ein „soziales netzwerk“ ausdenkt, dass die nutzer mit nachrichten wie diesen konfrontiert:
[E-Mail] Betreff: Persönliche Nachricht von Kerstin »Nachricht lesen
[Website]
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ganz ehrlich, facebook mag auch etliche arschloch-komponenten haben und an der einen oder anderen stelle vermisst man auch bei facebook den respekt vor den nutzern, aber bei stayfrfriends komme ich mir vor wie eine milchkuh der ständig gras versprochen wird, die aber in wahrheit nur gemolken werden soll.
screenshots aus der dokumentation „die köche und die sterne“ von lutz hachmeister die auf arte lief, noch ein paar tage 22 stunden online steht bevor sie depubliziert wird und am freitag den 15. oktober um 01:00 Uhr wiederholt wird und sehr sehenswert ist und die ich mir nur angesehen habe, weil stevan paul sie mir in seinem blog ans herz gelegt hat.
vor ein paar wochen, mitten im urlaub auf rügen, klingelte mein telefon. am telefon war cathrin-hegner, die verantwortliche redakteurin von screen.tv, einem von der pro7-sat1-media-dings finanziertem online-magazin. sie sagte mir, dass sie unter anderem diesen und andere flattr-artikel von mir gerne gelesen hätte und fragte mich ob ich nicht einen artikel über flattr — oder genauer — über die „chancen von paid content im internet“ für screen.tv schreiben würde. es gäbe auch ein honorar und stefan niggemeier und peer schader hätten auch schon für screen.tv geschrieben. ausserdem könne ich schreiben was ich wolle, inhaltliche vorgaben zum artikel gäbe es nicht. screen.tv verstehe sich als unabhängiger „ideengeber“ rund um das thema bewegtbild.
dass stefan niggemeier mal für screen.tv geschrieben hat, versuchte ihm später ein spiegel-redakteur um die ohren zu hauen, aber da ich bekanntermassen eh käuflich und unseriös bin, wird der spiegel sicherlich nicht versuchen mit dreck nach mir zu werfen. schade eigentlich.
zurück aus dem urlaub hab ich zugesagt.
den artikel selbst habe ich mir an ein paar abenden aus der nase gezogen und als er fertig war, habe ich erschreckt festgestellt, dass er weder besonders gut, lustig, noch, wie gefordert, unter zehntausend zeichen lang war. cathrin hegner hat ihn dann ein bisschen gekürzt und irgendwie prägnanter gemacht (wie auch immer sie das geschafft hat), das büro linientreu hat ihn aufgehübscht, auf print gebürstet und ziemlich stark verschwenzelt und jetzt liegt er hier und gefällt mir sogar ein bisschen:
meine hauptthese im text ist altbekannt: ix bin der festen überzeugung, dass medienkonsumenten für ihren medienkonsum bereit sind zu zahlen und wenn es einfach und unkompliziert möglich ist auch tun. deshalb wollten wir unbedingt einen flattr button unter den text setzen (der flattr-button dort und hier ist identisch), quasi als abstimmung oder meinungsbild zum realismus meiner these.
da ich für den text bereits ein anständiges honorar kassiert habe, möchte ich den betrag der eventuell durch den flattr button zusammenkommt weitergeben. für vorschläge an wen ich den betrag spenden könnte bin ich dankbar, ansonsten denke ich derzeit an dieses projekt von christian jakubetz oder dass ich die darbende fernseh und filmindustrie unterstütze, indem ich das komplettset von the wire kaufe.
kommentare unter den artikel bei screen.tv einzubauen erschien allen beteiligten etwas kompliziert, deshalb soll hier der ort zum kommentieren des screen.tv-artikels sein. ausserdem werde ich hier links und artikel nachtragen, die mir zum thema zu passend erscheinen.
auch die gedanken von leander wattig zum thema freiwilliges bezahlen fand ich inspirierend. etwas unterstützen, zum beispiel durch freiwillige zahlung für etwas was man (gesellschaftlich, persönlich) sinnvoll hält, oder für etwas was einem im weitesten sinne etwas gibt und dem man etwas zurückgeben möchte, ist mit sicherheit in uns allen verankert. und ich glaube auch, dass hier nicht nur gesellschaftlicher druck etwas zu geben vorhanden ist, sondern auch eine art psychischer druck; wer mir einen gefallen oder etwas gutes tut, hat etwas bei mir gut. steckt diese haltung nicht mehr oder weniger in uns allen?
so könnte man statt zahlungsdruck (oder zahlungszwang) lieber versuchen zahlungssog aufzubauen?
dieser artikel über eine forschungsarbeit des historikers eckhard höffner über die „Geschichte und Wesen des Urheberrechts“ hat mich sehr beeindruckt, aber keinen platz im artikel gefunden. artikel zum thema gab es auch (englischsprachig) in wired und (deutsch) im spiegel-online.
[nachtrag 18:30]
marcel weiss widersprichtergänzt meinen text und vertritt die gar nihct mal so unwahrscheinliche ansicht, dass die einnahmen der neuen geschäftsmodelle sehr viel geringer ausfallen werden als bisher. zumindest für die alten player, bzw. die grossen player. ich kann mir zumindest vorstellen dass einzelne oder kleine wendige organisationen durchaus mehr aus dem markt herausholen können.
die von dirk von gehlen und marcel weiss (zu recht) kritisierte „merkwürdige Aufteilung auf mehrere Seiten“ meines artikels bei screen.tv (die den artkel wohl printartiger wirken lassen soll), kann man übrigens mit dem „safari reader“ automagisch abschalten.
nachdem ich den labor-dummy für hyperland kürzlich zu aufgeblasener flitzkacke erklärkt habe, erkläre ich diesmal einen weiteren dummy aus dem labor des elektrischen reporters als sehenswert. ich korrigiere: hörenswert. in glasers blauem planeten sitzt peter glaser vor der kamera und tut das was er am besten kann: er erzählt was aus den weiten der welt und den weiten des netzes. ich kann peter glaser stundenlang zuhören, wie er erst vom hölzchen, dann vom stöckchen und danach von irgendwas erzählt. glücklicherweise redet peter glaser in „Glasers Blauer Planet“ aber nur knapp zweieinhalb minuten, so dass man am ende der folge angefixt, aber nicht überzuckert ist und lust auf die nächste folge hat.
nur warum sämtliche sendungen aus der werkstatt des elektrischen reporters einen mit einem nahezu barocken überfluss an bildern, schnitten, splitscreens, transformationseffekten und allem was das schnittprogramm und das bildarchiv hergeben überschüttet werden, das erschliesst sich mir nicht. wozu diese unfassbare ornamentik? ist das das rheinland, dass man dort jeden furz, jedes wort, jede silbe ausschmücken und überbordend illustieren muss? warum ist das einzig minimalistische an den blinkenlichten produktionen die website des elektrischen reporters?
das gute an glasers blauem planeten ist aber, dass man ihn auch einfach nur hören kann, ohne was zu verpassen. radio mit geflacker.
und man kann glasers blauen planeten auch wunderbar für überleitungen nutzen:
screenshot glasers blauer planet
screenshot boardwalk empire
boardwalk empire ist auch irre bildlastig und fast barock in seiner detailversessenen optik, aber im gegenteil zu den bilderfluten bei den blinkenlichten produktionen nicht beliebig. ansonsten kann ich diesmal peter praschl voll zustimmen, der meint, dass das boardwalk empire so gut sei, „dass es Schaudern macht“. praschl meint: „Scorseses neue TV-Serie könnte das Kino ruinieren.“
nur dass gerade diese serie das kino ruinieren könne, ist meiner meinung nach quatsch. wahr ist, dass es in den letzten jahren mehrere amerikanische fernsehserien gab, die ihre geschichten über 10 oder zwölf stunden erzählen, statt in andertalb und damit neue, faszinierende neue erzählformen gefunden haben. breaking bad, die sopranosm, the wire, the west wing — all diese serien sind als kinofilme unvorstellbar. mir geht es im kino mittlerweile oft so, dass ich am ende des filmes denke „oh, schon zuende?“ und frage warum die geschichte so bruchstückhaft und gehetzt erzählt wurde. kinofilme explodieren einem vor der nase, gute fernsehserien fressen sich, folge für folge in einen rein.
das heisst natürlich nicht, dass gute kinofilme nicht mehr möglich sind, im gegenteil. auch das kino erfindet ständig neue erzählformen. das kino ist noch lange nicht tot, was allerdings ein problem werden könnte ist das überleben von kinos. mit der familie einen film zu sehen, ist mittlerweile ein fast unbezahlbarer luxus geworden. für einen kinoabend zu dritt muss ich mittlerweile fast 40 euro ausgeben. da kauf ich mir doch lieber ne dvd oder leih oder kauf den film online für 20 oder 10 euro.
heute nach der arbeit hatte ich den unstillbaren drang einkaufen zu gehen. also raus aus den home-office-klamotten, rein in den anzug und die s-bahn. zuerst bei budnikowski vollkorn-gedöns für mein morgendliches müsli gekauft, old-spice-deo gekauft (was ich nicht erst seit der old-spice-youtube-kampagne kaufe, sondern seit jahren kaufe, weil mich der geruch an meine zeit als austauschstudent in den USA erinnert). danach im asia-laden am bahnhof sojasosse, chili-sosse, kokosmilch und curry-paste gekauft und dann entschieden, statt mit der bahn zu fuss zurück zu den landungsbrücken zu laufen.
am chile-haus mal am neuen rach-restaurant, dem „slowman“ vorbeigelaufen, das bei qype erstaunlicherweise schon relativ viele reviews gesammelt hat. den namen find ich ziemlich bescheuert, hört sich an wie restaurant mit lahmen kellnern.
auch der schnitt des restaurants scheint suboptimal. dort wo man auf dem foto den restaurantnamen sieht klebt ein zettel, man solle doch bitte den eingang „an der spitze des chili-hauses“ benutzen. wo auch immer die ist. die karte sah gut aus und im laden die leute rumstehen zu sehen, die man aus dem fernsehen kennt (ich guck die sendung gerne) hatte was eigentümlich paparazzi-artiges und realitäts-verschiebendes. fotos von den nasen hab ich keine gemacht, aber irgendwann werde ich da mal essen gehen.
danach bin ix vorbei an den spiegel-verlags-hochhäusern richtung speicherstadt gelaufen. meine güte. journalisten sehen nicht nur aus wie lehrer, auch ihre lebensräume gleichen denen von lehrern. man denkt ja immer, das chaos, der schmutz und die kaputtheit und abgeranztheit von schulen liege an den rücksichtslosen und zum vandalismus neigenden schülern, aber journalisten schaffen es ihre büros auch ohne schüler abzuranzen. beim vorbeilaufen an der spiegel-kantine ist mir dann auch klar geworden, warum manche spiegel-journalisten so schreiben wie auf koks. orange macht offenbar grössenwahnsinnig.
zur speicherstadt hin stolpert man über lauter baustellen. hochwasserschutz-mauern, brückensanierungen und über allem thronend die philarmonie. ich mag den entwurf ja ganz gerne, aber die verzogenen, teilweise geöffneten fenster sehen irgendwie kaputt und ausversehen angelaufen aus. zumindest nicht wie auf den entwurfszeichnungen. aber auf die rolltreppe freu ich mich trotzdem.
neben den baustellen, stolpert man zwischen dem spiegel-verlag und den landungsbrücken ständig über skater. als ich früher ein skateboard benutzt habe, habe ich es als transportmittel benutzt, quasi für den kombiverkehr: bus und bahn, fuss und roll. die jungen menschen heute benutzen skateboards als mittel sich elegant auf die fresse zu legen, zu springen und stadtmöbel zu zerkratzen.
und: eher als das vorankommen, scheint bei den modernen benutzern von skateboards das festhalten im vordergrund zu stehen.
um die landungsbrücken herum gibt es einige eigentümliche kirchen. eine finnische, eien schwedische, eine dänische seemannskirche, aber auch eine flussschifferkirche. die hat in den letzten monaten offenbar kräftig expandiert. habe ich hier früher nur ein kirchenschiff gesehen (doppeldeutigkeit galore!), haben die jetzt auch noch einen verwaltungstrakt und innenhof ins wasser gesetzt. am geld scheints nicht zu mangeln.
danach vorbei am gruner und jahr gebäude, dass um 17:30 wirkte als sei dort gerade eine lehrerkonferenz zu ende gegangen (den witz hab ich soeben zum letzten mal gemacht, versprochen). an der rückseite vom G&J-gebäude stieg rauch auf, aber auch bratenduft und altweibersommer-stimmung.
kurz bevor ich wieder zuhause war, bemerkte ich dann, dass ich die ganze tour mit offener hose rumgelaufen war. nächstes mal fahr ich wieder bahn.
mario sixtus blinkenlichten produktionen hat einen ersten dummy für ein wöchentliches internet-dings im 2DF produziert, hyperland.
wo der ich-lese-vom-promter-ab-und-mir-ist-egal-ob-man-das-hört-tonfall von mario sixtus noch charmant war und ein bisschen an peter von zahn erinnerte, ist der ich-lese-ab-weil-ich-offenbar-nicht-anders-kann-tonfall von nadia zaboura leider etwas schmerzhaft. diese schauspielschulen-tonfall, mit dem nadia zaboura versucht auch die letzte unhörbare silbe auszubetonen erscheint mir total verkrampft und unauthentisch. und am anfang den eigenen namen zu flöten ist auch total RTLII.
aporopos RTLII. die kulisse wirkt wie gut gemeint, also nicht gut. die bemühte und überflüssige mimik und gestik wie die von christian rach. bertram gugel wirkt wie ottmar zittlau, gespielt von bastian pastewka. die soundeffekte wirken wie aus ner ollen schublade von kobalt. erinnert mich an ehrensenf in version 0.1 auf viagra. wenn man 80 prozent weglassen würde (kulisse, einleitung, vorstellung mit namen, unnötige animationen, das vorlesen vom promter, die gestik, die überflüssigen adjektive, die abmoderation) könnte das was werden mit diesem „hyperland“.
merkt man, dass mir der dummy nicht gefallen hat?
robin hood ist ein ganz guter film. schmutzig, matschig, nicht allzu romantisch und kitschig (nur ein bisschen, zum ende hin), ziemlich grandios besetzt und total ridly scottisch und prequelig. ich hab mir den film in der DVDthek für 2 euro geliehen, was vermutlich legal ist, aber das weiss bei der heutigen lizenz und nutzungsrechte-, urheberrechts- und leistungsschutzrechtlage ja niemand mehr. zumindest hat mir ein kleiner mann gedankt:
„By purchasing this DVD, you are supporting your local film and television industry. Thank you.“
ganz wunderbar fand ich auch den anfang des films. dort konnte man beinahe sowas wie implizite selbstkritik der filmindustrie, die sich eben noch bei mir bedankt hat, sehen:
„In times of tyranny and injustice when law oppresses the people, the outlaw takes his place in history.“
analogie galore! eine industrie, die mir vorschreiben will, auf welchem endgerät ich einen film sehen darf, die mir verbieten will, filme die ich in den USA gekauft habe, in deutschland zu sehen, die mir verbieten will screenshots oder sicherheitskopien von filmen zu machen und gegen angebliche raubkopierer mit fragwürdigen juristischen mitteln vorgeht, glorifiziert „outlaws“? leute die sich gegen blödsinnige, ungerechte und aus geldgier geborene gesetze auflehnen und machen was sie für richtig halten?
ob man das gutfinden mag oder nicht, aber in zeiten in denen DRM und unverständliche urheberrechts- und lizensierungsregelungen leute nerven und den genuss von bezahlten waren nachhaltig stören, ändern hacker und raubkopierer den lauf der geschäftsmodelle.
irgendwie muss man die filmindustrie auch wieder lieben, mit all ihrer widersprüchlichkeit und absurdität.
Natürlich gab es auch negative Kritiken, ich weiss gar nicht, wann ich das letzte Mal irgendetwas gemacht habe, was alle gut fanden. Mit drei in die Hose vielleicht.
sehr amüsant, ich glaub ich muss bald mal nach nem rezensionsexemplar fragen und mir einen nachmittag frei nehmen, um das buch zu lesen.
[eigentlich wollt ich ja „arschlochcrescendo“ als überschrift nehmen, ein typischer, grandioser lobo-neologismus, aber der platte witz mit dem stroh musste dann doch sein.]
die neue ausgabe des dummy-magazins ist da und zeigt auf dem titel kristina schröder mit penis-nase und zahnlücke.
die penis-nase hat aber nicht etwa oliver gehrs oder ein grafiker gemalt, sondern „Ahmed und seine Kumpels aus Kreuzberg“. fabian dietrich merkt im dummy-blog an: „Überrascht hat uns dann aber, dass vor allem die Mädchen die fiesesten Penisnasen und Ferkeleien produzierten.“
witziger als die penisnasen-schröder find ich aber die emo-schröder.
der freischreiber-kongress begann gestern mit einer mittelschweren recherche-aufgabe: finde den eingang. ich habe nicht wenige orientierungslose freischreiber in bahrenfeld herumirren gesehen. die ausschilderung des gewerbegebiets in dem sich die macromedia hochschule in haus 6 befinden soll ist nicht sonderlich hilfreich. ebensowenig die informationen auf der freischreiber-seite. um den schwierigkeitsgrad zu erhöhen, wurde der eingang sowohl von macromedia, als auch den freischreibern äusserst minimalistisch gekennzeichnet.
in der ersten etage herrscht in der „hochschule“ erstklassige graue kunstoff-kanten-schul-möbel-atmosphäre mit einer priese gummibaum-büro-atmosphäre, die mich an eine meiner vielen post-pubertären phobien erinnerte. damals hatte ich wirklich panische angst einmal als kaufmännischer-angestellter zu enden. obwohl ich die phobie längst überwunden habe, fühlte ich mich gestern in der macromedia hochschule wie ein kaufmännischer angestellter in der berufsschule.
sehr praktisch hingegen die eingebauten cupholder in den tischen.
der erste workshop den ich mir um 10 uhr ansah war „Ich will doch nur schreiben – aber wer macht den Rest?“ betitelt. auf dem podium sassen die grossartige kathrin passig, einer der wenigen menschen, bei denen ich mich nie schäme sie hemungslos anzuschleimen, unter anderem, weil ich sie und ihre texte seit ihren ersten taz-kolumnen hemmungslos bewundere, susanne frömel, die man allein wegen dieses textes bewundern könnte, meine sympathie aber mit ihrer offenen, unprätentiösen art gewann — und weil sie das wort „fatzke“ benutzte um eine bestimmte art journalisten zu beschreiben, die mir auch wohlbekannt sind, markus albers, der mir zuerst ein bisschen wie ein fatzke vorkam, das wort „portfolio diversifikation“ beinahe ironiefrei benutzte, aber dann doch meinen ersten eindruck wegwischen konnte, als er sich ein bisschen warm geredet hatte und sebastian esser, dem das nicht gelang.
susanne frömmel traf dann auch einen vorformulierten nagel in meinem kopf, als sie einleitend sagte: „ich dachte ihr wärt jünger.“ sie meinte das natürlich in dem sinne, dass sie im vorfeld dachte, „vielleicht den jungen Dingern“ helfen zu können, aber offensichtlich vor lauter alten hasen stand, denen sie jetzt gar nicht so viel neues erzählen könnte, wenn sie aus ihrem erfahrungsschatz plauderte. mir fiel dabei auf, dass ich diesen gedanken vorher auch hatte, ihn aber im geiste anders formuliert hatte: ich kam mir vor, als ich da in diesem seminarraum sass, wie bei einer lehrer-fortbildung. mit lehrern bin ich aufgewachsen, sowohl in der schule, als auch zuhause und bei den freunden meiner eltern. wenn meine eltern gäste hatten oder wir bei freunden zu besuch weilten, waren mein vater und ich nicht selten die einzigen, die keine lehrer waren. und: lehrer kamen mir immer alt vor, selbst die paar jungen die ich in meiner schullaufbahn kennenlernte.
im weiteren verlauf wurde dann vor allem übers geld geredet — erstaunlich offen, aber auch erstaunlich frustriert. so sagte susanne frömel, dass sie mittlerweile nicht mehr für die zeit schreiben würde, weil die „unwahrscheinlich wenig“ zahlen würde. für tageszeitungen zu schreiben, das schien zumindest der konsens aller auf dem kongress anwesenden zu sein, lohne sich überhaupt nicht mehr. kathrin passig meinte zwar, dass sie sich schon immer freue, wenn es mal für einen text mehr als bei der taz gäbe, und dass sie eine ganze weile brauchte, um herauszufinden, dass manche zeitungen mehr als zwanzigmal so viel wie die taz zahlen. als markus albers sagte, dass ihm, wenn er im monat zwei grössere und ein paar kleinere geschichten schröbe, die zweieinhalb tausend euro die er bis dahin verdient hätte, nicht ausreichten, merkte eine journalistin im publikum erstaunt an, dass sie mit den 1400 euro netto die sie im monat bei der taz als festangestellte verdient hätte, eigentlich ganz zufrieden gewesen sei.
geld, skepsis, angst und frust wären statt des offiziellen mottos „mach’s dir selbst“ auch ein gutes leitthema für den freischreiber-kongress gewesen. die grossen themen wurden zwar alle angeschnitten, aber alle, wie christoph kappes richtig anmerkte, fast ausschliesslich aus der einzelautoren-perspektive. das schien teilweise sehr wehleidig.
der zweite workshop, der übrigens mit zweieinhalb stunden, ebenso wie der erste, viel zu lang angesetzt war, schloss beinahe übergangslos an den ersten an: „Spaß kann man nicht essen: Geld und Geschäftsmodelle“. eingeladen waren drei journalisten die im internet viel spass haben und wenig geld verdienen und peter kabel, der irgendwann mal im internet viel geld verdient hat und mit journalismus nicht viel am hut hat.
auf dem podium sassen neben peter kabel, den eigentümlicherweise fast alle anwesenden duzten, der enorm eloquente matthias spielkamp (zwei t, ein h), der mit einem kurzen einleitenden vortrag vergeblich versuchte das thema zu erden, philip banse (ein l), dessen diskussions- und kleidungsstil mich an kommissar columbo erinnerte und der nimmermüde jens weinreich, dessen seltene mischung aus realismus, abgeklärtheit und experimentierfreude ich sehr schätze. peter kabel war auch ein bisschen abgeklärt und sogar ein bisschen selbstkritisch, als er seine insolvenz 2001, nach einem etwas überhastetem und zu schnellem wachstum wie folgt beschrieb: „als das wetter umschlug, standen wir plötzlich im regen und wurden nass.“ dass er persönlich recht trocken, wenn auch mit einem haufen journalisten an den fersen, aus dem wetterumschwung hervorging, vergass er zu erwähnen.
dafür haute er gleich zur eröffnung kräftig auf die kacke. nicht den journalismus, sondern gleich das ganze mediengeschäft, erklärte er für erledigt. genauso würde es, genau betrachtet, keine werbung mehr geben, da die firmen nicht mehr werben wollten, sondern nur noch verkaufen. er betonte zwar, dass er das auch bedauere, das aber nunmal die „realität“ sei. seine argumentationslinie lag nah an der von marcel weiss, der ebenfalls behauptet, dass „viele Produkte oder handelbare Güter […] in ihrer Verfügbarkeit von Knappheit zu Überfluss“ übergehen. kabel meinte, dass dem journalismus, bzw. der ganzen medienbranche dieser überfluss von nahezu kostenlos zu distributierenden und verfügbaren gütern, den boden unter den füssen wegziehen werde — so wie das mit der musikbranche bereits der fall sei: „von journalismus leben, halte ich nicht für machbar.“
einerseits würde ich kabel zustimmen. dass die alten geschäftsmodelle wegbrechen hat ja bereits die verlagsbranche selbst gemerkt, das problem ist, dass die neuen geschäftsmodelle noch nicht ausgereift, bzw. entwickelt worden sind. teilweise ist die musikbranche da schon weiter, künstler scheinen im fileshring-zeitalter mehr als je zuvor zu verdienen. wer leidet und die stärksten finanziellen einbussen vermeldet, sind die plattenlabel. insofern hinkte peter kabels vergleich ein wenig.
den anwesenden journalisten gefielen die worte von peter kabel nicht so doll, was aber auch an der teilweise recht aggressiven form des vortrags gelegen haben könnte. denn dass dem journalismus, oder wie kabel sagt, den medien die geschäftsmodelle wegbrechen, stritt niemand ab. dabei lässt sich der konflikt, der mit relativ viel geschrei ausgetragen wurde, auf einen satz reduzieren: die journalisten finden es scheisse, dass die althergebrachten geschäftsmodelle wegbrechen, kabel beschränkte sich darauf es festzustellen und mit etwas zu wurstigen vergleichen zu belegen.
jens weinreich meinte in den worten kabels nichts substanziell neues erkennen zu können, schliesslich habe er seine festanstellung genau aus dem grund gekündigt: er sah keine zukunft mehr in seinem job, bzw. ahnte, dass der verlag ihn ohnehin in ein paar jahren vor die tür setzen würde (setzen würde müsse). also warum nicht freiwillig abspringen und die eigenen fähigkeiten schulen, sich einen namen machen und einfach machen. daniel fiene fasste die workshop-zusammenfassung von tom schimmeck von jens weinreichs worten treffend zusammen: Jens Weinreich: ich mache meinen Job und gucke - das ist der einzige weg.
was mir in den diskussionen ein bisschen fehlte war das ausloten der chancen. die feststellung und das gemeinsame begrübeln und beklagen einer krise, hat meiner meinung auf einem zukunftskongress nicht viel zu suchen. auch peter kabels begeisterung über algorithmische oder soziale aggregatoren oder flipboard, bzw. sein appell an die anwesenden nicht zu klagen, sondern etwas zu unternehmen, trat meiner meinung nach zu kurz.
wo war die analyse von erfolgsstorys wie der brandeins, die meiner meinung nach, ähnlich wie die taz, eine art frühzeitiges spendenmodell über abos etabliert hat, was ganz ähnlich wie flattr funktioniert. wie schaffe ich es entweder meine fans oder treuen leser, die mein produkt schätzen oder gar lieben zu mobilisieren, damit sie mich dauerhaft unterstützen — oder wie schaffe ich es, die hürden für solcherlei unterstützung künftig zu senken? aus persönlicher erfahrung weiss ich, dass mein budget für den medienkosum konstant, bzw. leicht steigend ist. ich gehe zwar weniger ins kino, kaufe aber mehr DVDs. ich kaufe vielleicht nicht mehr so viele tageszeitungen wie bisher, verflattere dafür aber 20-40 euro im monat. ich nutze kostenlose angebote im netz, stecke aber auch hunderte von euros und dollars in bezahlangebote. und es gibt durchaus studien die zeigen, dass es die angebliche kostenlos-kultur in dieser form gar nicht gibt. was wir beobachten, sind ständige umschichtungen. und um diese umschichtungsprozesse zu verstehen oder zu beinflussen, müssten wir mehr analysieren, experiemtieren und machen.
oder wie es der steuerberater meiner eltern mal gesagt hat: „das geld liegt auf der strasse. man muss es nur aufheben.“ das problem dabei: man muss auf die strasse und die strasse ganz genau beobachten.
und sonst?
geo „bürstet“ die texte aller autoren, damit sie einen geo-tonfall bekommen.
die freischreiber nannten die podiumsteilnehmer im program „Diskutanten“. ob alice schwarzer auch gerne diskuonkel gesehen hätte?
banken sind so ne art geld-hoster.
könnten firmen wie flattr probleme bekommen, weil sie, ähnlich wie banken, unmengen an vorgeschossenem geld für ihr kunden betreuen und deshalb eigentlich eine bankenlizenz benötigen? (tnx @pickihh)
[nachtrag 19.09.2010] matthias spielkamp fasst auch nochmal nach und erwähnt noch ein paar aspekte, die ich ausgelassen habe.
[nachtrag 20.09.2010] michael brake fasste den freischreiber-kongress für die taz zusammen. wahrscheinlich hat er gar nicht mal so viel geld dafür bekommen. (via)