ich bin noch mitglied in der kirche und zahle kirchensteuer an einen verein den ich eigentlich gar nicht unterstützen möchte. das ist unkonsequent und letztendlich der bequemlichkeit geschuldet. aber selbst wenn ich dem verein was abgewinnen könnte oder irgendeinen blödsinn glauben würde: ich renne nicht mit einem kruzifix am hals durch die gegend.
mit einem kruzifix am hals durch die gegend zu rennen heisst ja letztendlich: ich steh hinter dem symbol, der typ am kreuz bedeutet mir etwas, ich bin christ. auch durch diese diskussion fiel mir auf dass ich zwar ein paar apple-produkte sehr übereugend finde, aber nicht alle was diese firma macht. warum soll ich also so tun, als ob ich es ein streng ergebener jünger steve jobs bin, der jeden mist von apple bedingungslos und fanatisch verteidigt? ich habe mich entschieden nicht mehr mit einem apple logo um den hals am laptop rumzulaufen.
ich mag apple, aber ich bin kein jünger steve jobs. ausführlicher und noch unverständlicher habe ich das in einem watchberlin-film erklärt (siehe auch diesen watchberlin-blog-eintrag von mirko).
[nachtrag 25.08.2011]
die watch-berlin-filme funktionieren ja schon länger nicht mehr, deshalb habe ich oben mal die links entfernt und durchgestrichen. weil aber tadeusz szewczyk heute in einem interview diesen artikel erwähnt hat und auch verlinkt, habe ich zur feier des tages auch den watchberlin-film von damals reaktiviert. der film ist zwar ziemlich scheisse, hat aber auch irgendwie was aktuelles.
am freitag mittag war es bitterkalt. dafür gab es tageslicht. in der windigen schweinekälte habe ich vorm reichtag ein video für watchberlin aufgenommen.
satire darf alles behauptete kurt tucholski einmal.
warum eigentlich?
bzw. warum eigentlich nur satire? und darf satire wirklich alles?
satire veretzt, verhöhnt, macht lächerlich, stellt bloss.
bei den däischen mohamed-karikaturen ging noch ein seltsamer konsens durch dieses land. natürlich soll man solche karikaturen veröffentlichen dürfen und die aufregung darüber sei falsch. selbst günther beckstein, der eigentlich für einen bessren schutz sogenannter religiöser gefühle ist, fand die veröffentlichung der karikaturen ok — zumindest meinte er, müsse die dänische regierung dafür nicht entschuldigen. wenn es allerdings um die verletzung der eigenen religiösen gefühle gehe, findet beckstein, müssen klare grenzen gezogen werden und plädiert für einen gesetzlichen schutz religiöser gefühle.
als beispielsweise mtv zum start der britischen zeichtrickserie popetown werbung mit einem auf einem sessel sitzenden jesus zeigte der fand lachen sei besser als rumhängen, hagelte es kritik aus politik, bischofskonferenzen und vom deutschen werberat. so eine werbung verletze die religiösen gefühle der christen, sei geschmacklos und gehöre verboten.
nur wenn man das mal ganz genau betrachtet, verletzt jede form von kritik, egal ob sie sich im angeblich gesetzlichen rahmen bewegt, geschmacklos, lustig, bierernst oder satirisch ist. nur wer soll das entscheiden? wer zieht die linien?
wer soll entscheiden was geschmackvoll ist, berechtigte oder unberechtigte kritik beinhaltet oder ob eine verletzung hier ok ist oder da nicht? ein deutscher richter? ein amerikanischer richter? ein iranischer mullah?
wo sollen die grenzen sein?
können wir es uns in der globalisierten welt in der selbst karikaturen aus einem danischen provinzblatt in die welt schwappen allein unseren geschmack, allein unsere masstäbe an die bewertung anzulegen? wie glaubwürdig ist eine gesellschaft die sagt, die beleidigung von mohamed ist ok, die von jesus nicht?
ich sage, man kann meinungsfreiheit nicht abstufen. entweder man will meinungsfreiheit und eine freie gesellschaft oder nicht.
salman rushdie hat das in folgende worte gefasst:
„Die Vorstellung, man könne eine freie Gesellschaft schaffen, in der niemand jemals beleidigt oder gekränkt würde, ist absurd. Dasselbe gilt für die Vorstellung, die Menschen sollten das Recht haben, sich mit rechtlichen Mitteln gegen Kränkungen und Beleidigungen zu wehren. Hier stehen wir vor einer grundlegenden Entscheidung: Wollen wir in einer freien Gesellschaft leben oder nicht?“
das problem wird immer als ein interkulturelles problem dargstellt, dass die moslems nicht wie wir für freie meinungsäusserung seien und das konzept der freien gesellschaft auch gar nicht verstehen würden.
das ist natürlich quatsch. die klagen wegen beleidigung oder persönlichkeitsrechtverletzung in deutschland kann man gar nicht mehr zählen. mir fallen auf anhieb so viele beispiele ein, dass ich daraus einen halbstündigen vortrag machen könnte.
sigmar gabriel möchte sich von lustigen bildchen im internet nicht beleidigen lassen, kurt beck nicht als problembär darstellen lassen, selbst helmut markwort, der grösste verfechter der meinungsfreiheit seit papst pius ging vor jahren gerichtlich gegen eine karikatur vor. veronika ferres, atze schröder, alle sahen ihre persönlichkeitsrechte in den letzten jahren mal verletzt und versuchten grenzen in der meinungsfreiheit auszuloten, telweise erfolgreich und fast immer sehr schmerzhaft für ihre gegner.
das ist sicher eine steile these über die ich auch noch nachdenken muss. aber kann es sein, dass jemand der eine wirkliche persönlichkeit hat, sich gar nicht beleidigen lassen kann? kan es sein, dass man an beleidigungen wachsen kann? helmut markwort behauptet, heute würde er nicht mehr gegen eine beleidigende karikatur vorgehen. vielleicht ist er gewachsen, vielleicht hat er sich eine persönlichkeit zugelegt?
wenn wir in einer freien gesellschaft leben wollen müssen wir es aushalten können beleidigt zu werden. nicht nur kritisiert, sondern auch lächerlich gemacht und blossgestellt zu werden. denn viele beleidigungen haben einen grund über den man nachdenken könnte und dran wachsen kann. zur not härten beleidigungen ab.
ich glaube die welt wird besser wenn sich alle gegenseitig beleidigen.
verbessern sie die welt indem sie zu weihnachten einfach mal ein paar leute öffentlich beleidigen — oder, wenn sie zu feige sind, nennen sie mich in den kommentaren einfach arschloch, wichser, depp oder machen sie ein paar hübsche nazivergleiche. üben sie, lassen sie sich selbst beleidigen und wachsen sie daran.
der berliner kardinal georg sterzinsky hat letzte woche einen gastbeitrag für den tagesspiegel verfasst. der titel lautete: „Dürfen Muslime in Deutschland Moscheen bauen?“ und der erste satz des artikels ist auch gleich die antwort: „Ja, selbstverständlich dürfen Muslime in Deutschland Moscheen bauen.“
mit dieser antwort könnte ich jetzt aufhören und bräuchte mich nicht aufzuregen. die aussage könnte man ausdrucken und neben den ausdruck des grundgestzes abheften.
auch wenn sterzinsky als liberaler kirchenmann gilt, klare, einfache aussagen wie „selbstverständlich dürfen Muslime in Deutschland Moscheen bauen“ oder „liebe deinen nächsten wie dich selbst“ oder „wenn dir einer auf die eine Wange schlägt, halt ihm auch die andere hin“ scheinen einem kardinal nicht mehr angemessen zu sein. ein kardinal sieht heutzutage seine aufgabe offenbar darin, andere zu massregeln, zu richten und rumzudifferenzieren.
plötzlich stellt hier ein kirchenmann regeln für den bau von kirchen auf, die er für seine eigene kirche wahrscheinlich empört ablehnen würde.
sterzinsky fragt im text danach ob grosse moscheebauten wie das bauvorhaben in in charlottenburg „wirklich der integration“ dienten. seit wann dienen kirchen der integration? oder seit wann ist integration die bedingung für freie religionsausübung? dienen christliche kirchen der integration? über christliche kirchen in islamischen ländern sagt sterzinsky das zumindest nicht. dort würde der bau „kleiner [christlicher] kirchen“ der möglichkeit dienen „die eigene religion ohne angst vor verfolgung praktizieren zu können“. olla. es riecht nach zweierlei mass.
sterzinsky hat ausserdem angst, dass der bau von moscheen „die tendenz zur abschottung und zu parallelgesellschaften“ verstärke. das sagt ein katholik der sich weigert gesellschaftliche realitäten anzuerkennen und dazu aufruft gegen die gleichbehandlung von homosexuellen oder frauen widerstand zu leisten, weil dererlei dem gesetz gottes widerspreche? das sagt ein mitglied einer kirche dessen mitglieder sich in klostern und palästen abschotten und das sektenähnliche organisationen wie den opus dei hervorgebracht hat? die katholische kirche hat angst vor abschottung? olla.
noch weiter unten in seinem text fragt sterzinsky ob ein Moscheebau so dimensioniert sein müsse, „dass zumindest der Eindruck entstehen kann, eine Machtdemonstration sei beabsichtigt?“ nun gut. die katholischen kirchen hier in berlin sind ein wenig popelig. aber ich wage zu behaupten, dass der grossteil der katholischen kirchen genau aus diesem grunde gebaut wurde: als machtdemonstration. als ein mittel um menschen einzuschüchtern, mit gigantismus und protz die menschen zu demut und furcht zu erziehen.
wenn das nicht so wäre, wäre der kölner dom eine kleine hütte.
abgeshen davon sollte sterzinsky erkennen, dass es nix bringt gigantomanische kirchen zu bauen. zumindest seinem verein laufen die leute weiter in scharen davon, egal wie gross die kirchen sind. ihm scheint es darum zu gehen im chor mit markus söder zu singen. das lied lautet: „Moscheen dürfen nicht größer als Kirchen sein.“
das würde, meint söder, das stadtbild beeinträchtigen. wo kämen wir denn hin, wenn gesellschaftliche realitäten sich im stadtbild abbilden würden?
zu guter letzt zitiert sterzinsky auch noch falsch. er behauptet günter walraff und klaus staeck würden sich gegen den bau „grosser“ moscheen aussprechen. ich konnte nichts dergleichen finden. im gegenteil. wallraff ist dafür „viele moscheen blühen“ zu lassen (meint aber man solle gebau hinsehen was dort geschieht). klaus staeck hingegen analysiert eher sterzinskys motive als sich gegen den bau von moscheen auszusprechen: „die Moscheen-Planung [schaffe] Neid bei den Anhängern anderer Religionen, die immer weniger Menschen anlockten“.
sterzinsky meint, religionsfreiheit sei keine einbahnstrasse. ein ähnlich blöder spruch wie „das internet ist kein rechtfreier raum“ oder „Integration ist keine Einbahnstraße“. aus politikermündern kommen solche sätze immer sehr gerne: „Solidarität ist keine Einbahnstraße“, „Toleranz ist keine Einbahnstraße“. das sind alles ziemliche leerlaufsätze die eigentlich nichts anderes aussagen als: ihr könnt machen was ihr wollt, solange ihr tut was wir wollen.
es ist klar. alle kirchen, alle religionsgemeinschaften haben grenzen. das ist im grundgesetz relativ klar definiert, dort steht, dass religion und staat streng getrennt werden müssten. das hat bisher ganz gut funktioniert und uns vor jeder menge unheil und elend bewahrt.
und genau das würde ich gerne von einem mann wie sterzinsky hören: religion und staat gehören getrennt, extremismus, unmenschlichkeit, verfassungsfeindschaft sind scharf zu ächten und durch den staat und transparenz der kirchen zu bekämpfen.
und da könnte die katholische kirche doch mal mit gutem beispiel vorangehen, statt mit dem finger auf andere zu zeigen. herr sterzinsky, verzichten sie auf ihr fürstliches gehalt das ihnen das land berlin gegen den grundsatz der trennung von kirche und staat überweist, fördern sie die transparenz der katholischen kirche, der vatikanbank beispielsweise und üben sie demut statt auf andere zu zeigen!
ix auf watchberlin über die bekloppte lichtaus.info-aktion von springer/bild, greenpeace und pro7 (siehe auch stefan niggemeiers brief an greenpeace dazu) — diesmal neben rosacea auch noch mit heftigen kompressionsartefakten im gesicht.
aber vielleicht war ich am montag abend auch wegen der vorratsdatenspeicherung und der verlogenheit der SPD (und 26 ganz speziellen abgeordneten) so dermassen ausser atem.
zum watchberlin-relaunch könnte ich viel sagen. ich komm nur gerade zu nichts. heute musst eich den ganzen tag in blankenese spazieren und mir den magen vollschlagen. gestern musste ich den ganzen tag kochen und dvds gucken. da kommt man echt zu nichts.
dass nach dem relaunch alle alten eingebetteten filme und links nicht mehr funktionieren ist eine katastrophe und meiner meinung nach auch etwas spät in aller deutlichkeit deutlich gemacht worden. auch den ansatz die ganze site in flash zu machen finde ich enorm eigenartig. zumindest wenn man keine alternativen wege zu den filmen anbietet. immerhin funktionieren die permalinks, das hier ist beispielsweise der link zu wirres bei watchberlin. ich vermute ja, dass die daten mit einem cms verwaltet werden, da wäre es sicher kein problem die filme suchmaschinen- und benutzerfreundlich ohne klimbim navigierbar zu machen. aber das war offenbar nicht gewollt, ebenso wie downloads.
die letzten sieben videos von mir bei watchberlin hab ich in einer playlist zusammengefasst. gestreamt werden sie weiterhin vom watchberlin-server.
demnächst werde ich alle bisherigen artikel oder hinweise auf meine watchberlin filme neu verlinken, einbetten (für das martenstein-video und meinen film über die vorratsdatenspeicherung hab ich das bereits gemacht).
was haben zwei männer gestern in dieser telefonzelle gemacht? das hier.
seriösere informationen zur vorratsdatenspeicherung, zur abstimmung im bundestag anfang november und zur demo am 6. novemberhier.
[nachtrag 04.11.2007]
wegen des relaunces bei watch berlin ist das video kurzzeitig verschwunden bzw. wird seine adresse wechseln. solange ist es hier zu sehen.
war ja nett mit martenstein in martensteins küche zu plaudern. aber auch erschütternd wie enorm man aneinander vorbeireden kann, wie bescheuert ständiges kopfnicken aussehen kann und wie monströs ich neben feingliedrigen menschen aussehe.
[nachtrag 19:37]
peter turi2 fasst das video ziemlich gut zusammen:
Schwenzel versucht relativ total erfolglos fürs „Schreiben ins Internet“ zu werben: Martenstein wehrt Schwenzels Vorschlag, es doch mal mit dem Bloggen zu versuchen, kategorisch ab („Ich schreib’ doch schon soviel ich kann!“) und stellt existenzielle Fragen: „Wo kommt eigentlich das ganze Geld her, dass die Werbung ausgibt?“
am donnerstag hab ich mir die aktuelle dummy gekauft, über mein lieblingsthema: ich.
nachdem ich die dummy durchgelesen hatte habe ich mich aus unerfindlichem grund vor einen hauseingang vor dem bode-museum gestellt und darüber geredet.
ich habe am donnerstag gegen 17 uhr einen text geschrieben und so gegen 17:45 uhr versucht den text — oder zumindest die wichtigsten passagen — zu memorieren. gegen 18 uhr habe ich hinter dem palast der republik ungefähr fünf mal versucht den text aufzusagen. beim fünften mal sass der text einigermassen. den text kann man jetzt hier sehen oder hier lesen.
ich habe vor ein paar tagen über das neue architektonische monstrum am alexanderplatz in die watch-berlin kamera gesprochen. das ding ist wirklich ne wuchtbrumme und an hässlichkeit kaum zu überbieten.
das gigantische warenlager mit warenausgabe ist wirklich noch ekliger geworden als der rohbau bereits suggerierte. allein die aufgeklebte fassadendeko und die am eingang aufgestelllte plastik sind so geistlos, dass es einem die tränen in die augen treibt.
das bild vom alexa-center auf der homepage des alexa-betreibers, von dem ich am ende des videos spreche, sieht so aus:
selbst im modell, im dunkeln sieht das ding scheisse aus. von der lieblos zusammengeklöpppelten webseite will ich gar nicht reden. trotzdem, ich prophezeie, das ding wird ein publikumsrenner. ich werde es mir morgen auch mal von innen anschauen.
[nachtrag 12.09.2007]
heute gegen sechs war ich mal kurz am alexa-dings. unfassbar wie schlecht architektur im deatil ausgeführt werden kann, wie lieblos da rosa betonklötze zusammengestöpselt werden können. aber die leute stehen schlange. die polizei hat allle strassen rundum weiträumig abgesperrt und vor den eingängen stehen hunderte die um einlass betteln. so viele menschen unterer einkommenschichten hab ich noch nie auf einem haufen in mitte gesehen. reingekommen bin ich nicht. ich steh doch nicht schlange um in ein einkaufszentrum zu kommen!
klasse artikel von lotte everts und felix petersen heute in der berliner zeitung zum 9to5-kongress. ich hab meine lieblingszitate mal rausgepopelt:
Den Veranstaltern des Festivals ging es zum Ärgernis vieler erwartungsvoller Besucher vielmehr darum, sich zu verteidigen.
[…]
Viele Vorbehalte gegenüber diesen Repräsentanten neuer Selbstständigkeit rührt aus deren Snobismus. Die Gründer der Szene sind durch erfolgreiche Behauptung im freien Wettbewerb längst glückliche Selbstständige, die ganze Stadtteile prägen und sich dort eine Infrastruktur geschaffen haben, die sie ihre Art des Arbeitens mit relativem Wohlstand und geselligem Lebensstil unter Gleichgesinnten verbinden lässt. Aus dieser privilegierten Position heraus liegt es vielleicht nahe, den eigenen, längst nicht mehr prekären Alltag als Lifestyle zu begreifen, für den man sich freien Willens entschieden hat.
[…]
Schnell wurde deutlich, dass es über den Wunsch der Rechtfertigung hinaus keinen Grund für die Veranstalter gab, sich selbst als politische Interessengruppe zu titulieren.
[…]
Statt Phrasendrescherei und Name-Dropping hätte man gern darüber gesprochen, wie ein von bereichernder Arbeit erfülltes Leben erst erreichbar wird. So aber erschien es geradezu als Provokation, den Habitus einer Szene vorgeführt zu bekommen, die sich damit beschäftigt, Labels für ihren Lebensstil zu designen - und aus der Diskussionsveranstaltung wurde eine aufgeblasene Werbekampagne, die das politische Desinteresse der digitalen Bohème nur mäßig verdeckte.
[…]
Die Motivation der Anwesenden, an Rahmenbedingungen und Konzepten für die Zukunft des unabhängigen Freiberuflertums zu arbeiten, sollte Mittelpunkt des nächsten Kongresses werden. Und der wäre nicht nur wünschenswert, sondern dringend notwendig. Bei diesem ersten Versuch einer politischen Agenda aber blieb am Ende einzig die kollektive Forderung einer berlinweiten W-Lan-Zone. (quelle)
nicht ganz so druckreif, auch seit heute online, malte und ix im gespräch, nachts um ein uhr, auf der 9to5.
apropos, die betonstelen des holocaust-denkmals in berlin haben zwei jahre nachdem das denkmal eingeweiht wurde risse bekommen. in der zeitung steht das sei nicht schön und würde die leute stören. uwe neumärker, der geschäftsführer der holocaust-mahnmals-stiftung, sagt die öffentliche meinung tue sich schwer mit rissen in betonstelen. der architekt hingegen, sagt er könne gut damit leben: „Im Eisenmanschen Verständnis könnte man mit der Verwitterung leben.“ in der tat scheint der architekt weder überrascht noch abgeneigt zu sein, dass sein werk risse bekommt: „So what? ... Das Alte Rom! Nothing is forever!“
jetzt will man die risse mit kunstharz zukleben. steht in der zeitung. in der gleichen zeitung steht einen tag später, dass eisenman sagt, das sei noch gar nicht entschieden, man wäge noch verschiedene möglichkeiten ab. andere zeitungen befragen führende betonexperten und suchen meinungen zu rissen zusammen. man konnte die risse zwar schon seit monaten sehen, berichtet wird aber erst jetzt - warum eigentlich?. so kann man das sommerloch mit kunstharz und betonstelen füllen.
statt das denkmal würdevoll alt werden zu lassen, will man also daran herumdoktern. im urlaub, in porto veccio habe ich in der altstadt eine frau gesehen die ziemlich alt gewesen sein muss. das ist ja nix schlimmes. irritierend fand ich nur, dass ihre lippen wie schlauchboote aussahen, ihr ganzes gesicht nach hinten gezogen war, vor allem der bereich unter der nase. sie sah aus wie ein verzerrtes alien. menschen bekommen auch risse, falten, schuppen, adern und punkte — überall am körper. aber ist das würdevoll, wenn sich alte menschen den schönheitsidealen von 20jahrigen oder 15 jährigen unterwerfen und sich selbst, ihre spuren, ihre vergangenheit, die spuren die ihr leben hinterlassen hat leugnen?
und zack sind wir wieder bei der würde! da hatte ich ja schonmal drüber geplaudert. darüber, dass politiker ständig von der würde von orten schwadronieren (und weniger von der menschenwürde) und ich eigentlich gar nicht weiss, was sie damit meinen.
das holocaust-denkmal ist ja so ein „ort der würde“. hier verstehe ich auch ein bisschen was das bedeuten könnte. es geht um symbolik. allerdings wird die würde des ortes am holocaust-denkmal ziemlich liberal und offen ausgelegt. da wird gepicknickt, gegessen, rumgesprungen, laut und leise geredet, aber auch still und leise nachgedacht, meditiert, abgetaucht. es ist ein stiller und lauter ort zugleich! mitten im leben. mir gefällt das. ich denke es ist eine gute sache gedenken nicht an einem sterilen, toten, abgeschlossenem ort stattfinden zu lassen, sondern mitten in der stadt, mitten im grossstadt-dreck und lärm, mitten im leben! und nach jedermans façon.
warum irgendeinen schein wahren und sommerlöcher, bzw. risse zukleistern? warum nicht das denkmal altern lassen, es aus seinen rissen kalk weinen lassen? es unberührt altern lassen wie einen jüdischen friedhof? es aushalten, dass nichts für ewig gleich bleibt, sondern sich stets verändert?
das macht für mich die würde dieses ortes aus. die offenheit, die verankerung im grossstadtleben und die ehrlichkeit. auch der beton hat eine würde die nichts mit kunstharz am hut hat. ix finde, die risse und die kalktränen müssen bleiben!
[und das ist wohl auch das problem mit der würde von orten: jeder interpretiert das was würde beudeutet komplett anders.]
ich bin zurück aus dem urlaub. die sonnenallergie (dermatitis solaris) klingt bereits ab, ich habe zum ersten mal seit 11 tagen keinen sand mehr zwischen den zehen und wundere mich warum ich überall in alten blogbeiträgen vom „scheiss wetter“ lese — in hamburg scheint die sonne. und die milch im rewe ist immer noch billiger als die in allen korsischen supermärkten in denen ich war: 55 cent.
die emails der letzten 11 tage hatte ich in zwei stunden durch, den feedreader hab ich nach weiten zwei bis drei stunden grob durch. was hängen bleibt ist das gefühl, nichts wirklich wichtiges verpasst zu haben, alles was ich las wirkte auf mich wie mild-hysterisches winken in 500 meter entfernung, mit wenigen ausnahmen berührte mich fast nichts von dem was ich las.
ich bin wohl noch ein bisschen in urlaubsstimmung, oder im energiesparmodus, den man sich bei 30-40 grad temperatur im schatten zulegt: alles schön langsam, nicht aufregen, wenns allzuheiss wird ins wasser springen oder ruhig in den schatten legen und dösen, spätestens um 23 könnte man wieder klar denken, wenn einen der rotwein und die lethargie nicht dran hindern würden.
dass mein urlaubsblog scheisse aussieht, kommentare zerhackt, neben blauem himmel fast nix zeigt und wahrscheinlich niemanden so recht interessiert hat: genauso egal wie der komplette aufmerksamkeitsschwund und leserzahlen-absturz für wirres.net.
relativ erfreulich fand ich zwar, dass das mein letztes video für watchberlin ein paar zuschauer fand obwohl ich ihm vor meinem urlaub keine zuschauer von hier rüberschicken konnte und dass es trotz enormer kürzung sogar irgendwie sinn ergibt.
ich hatte den schwerpunkt meiner tirade eigentlich auf die unfähigkeit staatlicher institutionen software zu erstellen abgestellt*, übrig blieb nach dem schnitt fast nur das lob der nische. dass ich jetzt lese, dass frau zypries stolz auf eine vertagung des irrsinns sei, der trojaner eher ne wanze sei überzeugt mich nach wie vor nicht davon, dass politiker vernunftgeleitet oder kompetent handeln. im gegenteil.
*) bund und länder entwickelten zehn jahre lang für wahrscheinlich weit mehr als 100 millionen DM das „polizeiliche Informationssystem der deutschen Polizeien“, INPOL-neu, das anfangs zum launch 2001 nicht funktionierte und erst nach zwei jahren nachbesserung 2003 in betrieb gehen konnte, von 1993 bis 2005 butterte die öffentliche hand 900 millionen euro in das „Föderales Integriertes Standardisiertes Computer-Unterstütztes Steuersystem“, fiscus, das 2005 komplett in die tonne getreten wurde und die „elektronische Steuererklärung“, ELSTER kann auch nach neun jahren entwicklungszeit nicht auf mac- oder linux-systemen laufen (siehe auch hier).
[nachtrag 14.07.2007]
brigitte zypris sagt sie wisse durchaus was ein browser sei. zuerst habe sie bei der frage der kinderreporter „zugegebenermaßen zunächst etwas auf dem Schlauch gestanden“. detlef borchers meint hans-christian ströbele sei wahrscheinlich internet-affiner als es in dem beitrag erschien. steht beides hier.
letzte woche sollte ich wieder einen kommentar ins internet sprechen. um mir das ein bisschen einfacher zu machen, hab ich ihn einen halbe stunde vorher in meinen laptop geschrieben, mir danach stichpunkte auf einer kladde notiert, mich in die nähe des neptunbrunnens in ein blumenbeet gesetzt und in eine kamera gesprochen. das ergebniss davon kann man jetzt, eine woche später, hier sehen.
wie schlecht ich auswendig lernen kann oder vorformulierte witze versauen kann, sieht man wenn man das original und das was hinten raus kam vergleicht.
original:
das mit der freiheit ist ja so eine sache. was ist freiheit eigentlich? vielen fällt beim begriff freiheit ein bild aus der werbung ein: in arizona auf nem pferd ne kippe rauchen. mir fällt dazu auch nicht viel mehr ein. also zumindest spontan. freiheit ist ja ein ziemlich abstrakter begriff. zum letzten mal habe ich darüber glaube ich in der schule nachgedacht, im philosophioe grundkurs. dammals hab ich so gedacht, absolute freiheit gibt es nicht, ich kann ja in eigentlich keiner gesellschaft einfach so frei sein und das leben eines anderen menschen beenden. also das kann ich vielleicht, aber nicht folgenlos. freiheit muss also auch irgendwie eingeschränkt werden. das ist so ne art balance-akt. dafür hab ich damals ein schönes zitat gefunden, leider kann ich mich nicht erinnern wer es gesagt hat: freiheit ist wie eine skibindung. wenn sie zu locker ist, fällt man ständig auf die schnauze, wenn die bindung zu fest eingestellt ist, brech ich mir die beine.
heute hab ich im tagesspiegel einen anderen schönen vergleich gelesen. überhaupt, schöne überschriften heute im tagesspiegel. das ist ja der vorteil von papier im gegenteil zu online: ich kann die überschriften anmalen, markieren. obwohl online kann ich cut and paste machen, also ne überschrift in die zwischenablage kopieren und ins internet schreiben und kommentieren. und verlinken. aber ich schweife ab. freiheit, stand da heute sei längst dahin, die einzige sehnsucht die LKW-fahrern bleibe sei die freizeit. LKW-fahrer waren ja auch schon immer der inbegriff von freiheit, warum auch immer. jetzt ist ihre freiheit zwischen fahrtenschreiber, disponenten und lieferterminen eingeklemmt. aber ich glaube in der überschrift steckt mehr wahrheit als witzelsucht. freizeit ist ja mittlerweile (oder immer schon) synonym für freiheit geworden. man hört ja so, dass das zum teil auch so in der ddr gewesen sein soll, da war der wunsch nach freiheit vor allem der wunsch nach resiefreiheit, der wunsch nach freizeit in kosika oder mallorca. wenn abends in berlin strassenkneipen wegen ruhestörung geschlossen werden meint man das schränke die freiheit ein, wenn illegale clubs geschlossen werden ebenso.
freizeit? freiheit? (ich such gerade ne überleitung). früher hat man ja die religion dafür benutzt die freiheit der menschen einzuschränken. du sollst nicht töten, du sollst nicht ficken, ausser in der freizeit mit deiner frau, du sollst ausser den drogen die der priester auch nimmt keien drogen nehmen (zack ist die überleitung da!) — religion wurde von irgendeinem philosophen mal als opium für volk bezeichnet. also so eine erklärung dafür, dass freizeit besser als freiheit ist.
apropos relegion. hier im tagesspiegel hab ich heute noch ein schönes beispiel gefunden wie sich die kirche freiheit, in diesem falle religionsfreiheit vorstellt. in deutschland herrscht ja religionsfreiheit und eine rudimentäre trennung von staat und kirche. kirchen sind öffentlich rechtliche körperschaften die steuern erheben dürfen und religionsunterricht ertteilen dürfen.
kardinal lehmann meint nun diese staatliche neutralität sei nicht als „unreflektierte toleranz zu verstehen“. eine richtig verstandene neutralität des staates müsse also „eher fördernd und wohlwollend“ sein. wohlgemerkt fördernd und wohlwollend gegenüber der katholischen kirche. nicht des islams. dem die gleichen rechte wie den katholen zuzugestehen sei eine falsch verstandene toleranz.
ich habe also heute gelernt, freiheit ist freizeit und neutralität ist einsetzen für das was man schon immer total geil gefunden hat.
ich mach jetzt also feizeit und fahre zu meiner freundin um sie nach allenm regeln der kunst durch zu neutralisieren.
ich mag pathos nicht besonders. aber ins internet zu schreiben, leser zu finden (oder umgekehrt) und reaktionen zu bekommen ist durch und durch befriedigend. witzigerweise stumpft die gelegentliche aufregung die ich vor dem veröffentlichen oder beim schreiben von artikeln manchmal spüre nicht ab. etwas in der öffentlichkeit zu tun, eine position zu beziehen, sich zu entblössen, angreifbar, hinterfragbar zu machen kribbelt. und ich mag es, dieses kribbeln. dieses kribbeln, das entsteht wenn man etwas sagt, etwas aufschreibt das unter umständen widerspruch erntet oder zustimmung, sympathie oder aversion, reaktionen oder keine reaktionen zu bekommen. das ist die eigentliche motivation ins internet zu schreiben.
ich weiss, es gibt menschen die besser und prägnanter und witziger schreiben als ich, ich habe mich halb im ernst und halb im spass immer gerne einen dilettanten genannt. ich kann alles, aber nichts richtig.
so gesehen ist es folgerichtig auch andere sachen zu tun die ich nicht richtig kann. vorträge halten oder filmemachen, zum beispiel. ich habe mich entschieden das filmen jetzt regelmässig zu machen. in eine kamera reinsprechen, vor mich hin reden und irgendwie versuchen zu einem punkt kommen ohne die potenziellen zuschauer allzusehr zu langweilen. ich weiss ich kann es nicht, ich weiss ich dilettiere, ich weiss ich bin nicht witzig, ich versuche es nur, herr knüwer. und das in der öffentlichkeit zu tun, das auszuprobieren, kribbelt eben.
eigentlich wollte ich nur sagen, dass dieser film im prinzip acht tage zu spät ist, ich viel zu langsam und bedacht rede, ich die filme nicht selbst schneide und filme (was einerseit grossartig ist, andererseits eben auch zu verzögerungen führen kann) und dass ich mir jedes mal bevor ich die filme zum ersten mal sehe fast in die hose scheisse vor aufregung. aber ich weiss, es wird immer besser. hoffentlich. denn ich mach das jetzt jede woche.
ich hatte schon befürchtungen dass durch das multitasking (zuhören, zwischenrufen, filmen, schwitzen) auf dieser veranstaltung der film für watch berlin total peinlich wird. meine pein beim watchen dieses films hält sich einigermassen in grenzen.