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„ganzheitliche, patentierte HoloTrack-Technologie“
letzte woche donnerstag las ich auf dwdl.de eine pressemitteilung der firma laterpay (original PDF). während dwdl, die sich gerade selbst gross gefeiert haben, genau wie horizont.net, die pressemitteilung für sich sprechen lässt, recherchiert und hinterfragt das online-magazin kloake gulli in einer meldung zur pressemitteilung ein bisschen:
Ab 2012 soll es bei dem Nachrichtenportal Stern.de eine tiefgreifende Veränderung geben. Konkret sollen spezielle journalistische Inhalte ab dann über ein Bezahlsystem abgerufen werden können. Die Bezahlung wickelt der Münchner MicroPayment-Entwickler LaterPay ab.
[…]
Ebenfalls nicht gänzlich uninteressant ist in diesem Zusammenhang, dass das Unternehmen keine bisherigen Nutzer des Systems vorstellt und sich solche bei einer schnellen Suche auch nicht finden lassen. Laut dem Handelsregisterauszug wurde der Unternehmenszweck auch erst vor wenigen Monaten explizit hinsichtlich "Payment Interaktionsverfahren" erweitert.
in der pressemitteilung zitiert sich laterpay-gründer und -geschäftsführer cosmin-gabriel ene wie folgt:
Von Anfang an wurde LaterPay konsequent aus Sicht des Users entwickelt und auf die Bedürfnisse der Paid-Content- Anbieter ausgerichtet. Wesentliches Ziel von LaterPay ist die Heranführung des Users an Paid-Content über niedrige Einstiegsschwellen.
aha. nachdem sich also immer wieder grosse und kleine unternehmen daran versucht haben, ein micropayment-system zu entwickeln das sowohl von den nutzern, als auch den anbietern akzeptiert wird — und bis jetzt alle daran gescheitert sind (2005: PayPal: Neues Preisschema speziell für Micro-Payments, 2010: Paypal führt Micropayment ein — wer benutzt Vodafone „Mobiles-Bezahlen“ oder mpass.de?) — kommt jetzt laterpay und löst alle probleme an denen so viele vorher gescheitert sind?
nichts gegen micropayment, im gegenteil, ein funktionierendes system wäre grossartig.
ich bin allerdings skeptisch. ganz allgemein, wenn ich mir die website von laterpay ansehe, wenn ich ankündigungen von ungelegten eiern lese und vor allem, wenn ich sätze lese wie diese:
LaterPay kombiniert die Benutzerfreundlichkeit von kostenlosem Content mit einer Zahlungsverpflichtung und senkt dadurch die Einstiegshürde in die Welt des bezahlten Contents signifikant. LaterPay wandelt unbekannte User in zahlende User.
laterpay behauptet, dass man sich als benutzer „weder vorher registrieren“ muss, noch „vorab persönliche Daten oder Kontodaten bekannt geben“ müsse. solange der warenkorb noch keine fünf euro erreiche, entstünden keine kosten und es seien weder eine registrierung, noch die angabe „persönlicher daten“ notwendig.
wie das funktionieren soll?
LaterPay bedient sich der ganzheitlichen, patentierten HoloTrack-Technologie, um das Endgerät des Users zu begleiten: vom Zeitpunkt der ersten Nutzung von kostenpflichtigem Content bis zur Zahlung.
gnihihi. ganzheitliche holotrack-technologie. was mich wundert: warum nicht auch noch „nachhaltig“?
am 29.09.2011 schronb ix eine email an laterpay, um nachzufragen was denn an kosten auf benutzer zukomme, wenn sie mehr als €5 im warenkorb haben und welche persönlichen daten dann angegeben werden müssten, die mail kam aber als unzustellbar zurück. wohlgemerkt: ich habe die email an die auf der website angegebene emailadresse geschrieben.
immerhin wurde die email an den „Kontakt für Presse“ zugestellt und einen tag später beantwortet: „wir haben Ihre Fragen an LaterPay weitergeleitet und melden uns mit den Antworten, sobald uns diese vorliegen.“
drei werktage später: keine antwort, aber dafür wurde die erwähnung der „ganzheitlichen, patentierte HoloTrack-Technologie“ von der website gestrichen. im google-cache ist sie noch zu finden (siehe screenshot unten), auf der website heisst es jetzt „LaterPay bedient sich einer zum Patent angemeldeten Technologie, um das Endgerät des Users zu begleiten.“ statt „LaterPay bedient sich der ganzheitlichen, patentierten HoloTrack-Technologie, um das Endgerät des Users zu begleiten.“ schade um das schöne buzzwording.
ich vermute meine fragen werden noch einige monate unbeantwortet bleiben. heute (06.10.2011) schickte mir die pr-agentur von laterpay folgende antworten. wer die genau beantwortet hat ist nicht ersichtlich, ich packe die antworten als zitat unter meine fragen:
sehr geehrte damen und herren,
ich würde auf wirres.net gerne etwas über „ihre ganzheitliche, patentierte HoloTrack-Technologie“ schreiben, bzw. das das micropayment-bezahlsystem das sie gerade (zusammen mit stern.de?) entwickeln. dazu habe ich ein paar fragen, die sich auf ihrer website nicht beantworten liessen:
HoloTrack heisst nun Fair Track.
* sie schreiben, dass keine kosten entstehen, bevor „der warenkorb“ nicht mehr als 5 euro erreicht. welche kosten entstehen mir als nutzer, wenn der warenkorb mehr als 5 euro erreicht?
Ihnen als Nutzer entstehen niemals Kosten für die Nutzung derTechnologie. Sie bezahlen nur für den Wert der Waren. Ähnlich wie am Zeitschriftenkiosk. Da bezahlen Sie auch nur die Zeitschrift – die Kosten für den Bezahlprozess trägt der Produzent der Zeitschriften. Wenn Sie also Artikel im Gesamtwert von für 5 Euro konsumiert haben, bezahlen Sie die 5 Euro. Wenn Sie einen Warenkorb von z.B. 5,12 Euro haben, bezahlen Sie die 5,12 Euro Rechnung und die Rechnung wird dann auf 0 gestellt.
* wenn ich mich registriere, welche daten müsste ich ihnen dann angeben?
Die Mindestinformationen, die für einen Onlinekauf notwendig sind.
* welche zahlungsmöglichkeiten bieten sie an? (kreditkarte, paypal, überweisung, handy?)
Die Auswahl an klassischen Bezahlanbietern wird beim Markteintritt bekanntgegeben und laufend erweitert werden.
* welche kosten entstünden mir als anbieter? könnte ich beispielsweise einen artikel für 10 cent verkaufen? welche provision würden sie von 10 cent oder beispielsweise einem euro einbehalten?
Für das Pay per Use Modell rein erfolgsabhängige Kosten. Inhalteanbieter können bei LaterPay die Preise ihrer Produkte völlig selbständig und frei bestimmen. Vorgaben zu Preisgruppen und Mindetspreise wie bei iTunes, Android Marketplace etc. gibt es bei LaterPay nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen empfiehlt LaterPay aber Preise von über 5 Cent. Bei Preisen von z.B. 5 Cent und abhängig von dem abgewickelten Volumen erhalten Contentanbieter bis zu 90% ausgeschüttet – bei 5 Cent Einzelpreis für einen Artikel also eine Ausschüttung von 4 bis 4,50 Cent.
Bei Metered Model / Abo Modellen werden bis zu 90% ausgeschüttet.
* benötige ich als nutzer von laterpay einen browser-plugin oder funktioniert der einkaufsvorgang mit allen üblichen browsern — ohne proprietäre erweiterung?
Sie benötigen keinen Browser Plugin. LaterPay funktioniert mit allen üblichen Browsern.
* verstehe ich das recht, dass ich beispielsweise an einem öffentlichen internetterminal „artikel“ für ≤ 5 euro einkaufen könnte und die verkäufer um diesen betrag betrügen könnte, wenn ich wollte?
LaterPay hat intelligente Technologien eingebaut, um solchen Missbrauch auf ein Minimum zu reduzieren. Aber es wird – wie in der Offlinewelt, in der man seine Zeitschrift im Supermarkt auch unbezahlt lesen kann – auch im Internet nicht ausgeschlossen sein, dass sehr fachkundige User den Content-Anbieter "prellen". Die allermeisten Menschen sind aber nicht bereit und oft gar nicht in der Lage wegen 5 Cent den Aufwand zu betreiben um den Verlag zu hintergehen – das ist auch die Zielgruppe von LaterPay: Menschen die bereit sind einen nachvollziehbaren Preis für Content zu bezahlen, so lange das Bezahlen einfach ist.
Wir sind sehr nutzerfreundlich, geben uns aber gleichzeitig große Mühe den Missbrauch im Sinne des Verlags so gering wie möglich zu halten.
* wenn ich einen artikel bei stern.de kaufte, würde stern.de niemals erfahren, dass felix schwenzel diesen artikel gekauft hat, sondern nur ein john doe? kann ich als benutzer steuern welche daten sie ihren b2b-partnern weitergeben?
Nein, stern.de erfährt nicht einmal von „john doe“. LaterPay ist ein Dienstleister für Content-Anbieter und wird deswegen den höchsten Verbraucherschutzstandards entsprechen. Der Datenaustausch zwischen Content-Anbieter und LaterPay besteht aus einer rein monetären Abrechnung der gekauften Produkte – ähnlich einer Abrechnung eine Kiosks an einen Verlag, bei der ein Verlag auch nicht erfährt, welcher, dem Kioskbesitzer bekannte Kunde das Magazin oder die Zeitung gekauft hat.
* wann planen sie ihr system zur marktreife gebracht zu haben?
stern.de ist das erste namhafte Haus, mit dem wir das marktreife LaterPay-System, das seit Anfang 2010 programmiert wird, unter Marktbedingungen testen wollen, um ggf. weitere Anforderungen von Usern und Contentanbietern zu integrieren. Im nächsten Jahr wird es eine schnelle, gestaffelte Einführung neuer Produkte mit weiteren Kunden geben.
(auf wirres.net beobachte und berichte ich seit einigen jahren über pläne und ankündigungen von micropayment-systemen und habe dazu auch artikel auf screen.tv, zeit.de und jungle-world.com veröffentlicht. an grösstenteils gescheiterten versuchen ist dieses genre, wie sie sicher wissen, nicht arm.)
gruss,
felix schwenzel
[links habe ich für diesen artikel hinzugefügt, auf zeit.de habe ich artikel veröffentlicht, allerdings keinen über micropayment, aber mit der zeit lässt sich halt gut prahlen.]


[nachtrag 06.10.2011]
zu den oben nachgetragenen antworten von laterpay möchte ich noch anmerken, dass laterpay die bisher interessanteste vaporware ist, von der ich dieses jahr gehört habe. die fehlende konkrete antwort auf meine frage nach der marktreife lässt mich jedoch vermuten, dass das jahr 2012 sehr lang werden wird. überhaupt frage ich mich, wozu eine derart frühe ankündigung eines unfertigen produkts dient. aquise? prahlerei? aufscheuchen des wettbewerbs? die im stil und mit der technik der 80er jahre gestaltete website, dürfte bei der aquise allerdings nicht so irre hilfreich sein.
schwenzelflektion
preisklarheit und klare lügen
ich weiss nicht ob ich die neue media markt-kampagne verstehe. sie schreit „Das Ende des Preis-Irrsinns“ aus und behauptet, media markt mache „den klarsten Preis“. was ein klarer preis sein soll weiss ich nicht. der niedrigste preis ist es definitiv nicht, wie der media-saturn-chef horst norberg im FAZ-interview betont. um den preis zu beschreiben wählt er adjektive wie „hoch attraktiv“, „tief“, „klar“, „stabil“, „real“. das wort „günstig“ kommt ihm im zusammenhang mit der media-markt-preisgestaltung nicht über die lippen. stattdessen:
Wir bekennen uns zu Preiswahrheit und -klarheit.
was auch immer das heissen soll.
auf der kampagnen-site sieht man auf die hypothetische frage „Da sind doch bestimmt Irgendwelche Zusatzkosten versteckt?“ folgendes:

(Antwort: „Bei uns gibt es nur einen Preis — und der ist von Anfang an klar. Da müssen Sie keine Nachnahme-, Kreditkartengebühr oder anderen Klimbim dazurechnen“)
schauen wir uns mal einen preis an. bei den aktuellen DSL-bundle-angeboten steht für t-online entertain comfort schonmal kein klarer preis, sondern zwei:
In den ersten 12 Monaten 39,95 statt 44,95

dadrunter steht klein geschrieben und in schwarzer schrift (statt wie sonst auf der gesamten media-markt-site mit weisser schrift) folgende fussnote auf die an fünf stellen mit einer (1) hingewiesen wird:
1) Bei Buchung bis 31.10.2011 kostet Entertain Comfort für Neukunden in den ersten 12 Monaten 39,95 €/Monat, der Festplattenrekorder MR 303 ist inklusive. Die Ersparnis von 10,– €/Monat wird vom Grundpreis des Entertain Paketes abgezogen. Ab dem 13. Monat beträgt der Grundpreis für Entertain 44,95 €/Monat. Voraussetzung für Entertain sind der Festplattenrekorder und ein IPTV-fähiger Router (ggf. zzgl. Versandkosten in Höhe von 6,99 €). Der Festplattenrekorder MR 303 kostet 4,95 €/Monat als Endgeräte-Servicepaket, Kündigungsfrist 6 Werktage. Die Mindestvertragslaufzeit des Entertain Paketes beträgt 24 Monate. VDSL 25 kann für 10,– €/Monat, VDSL 50 für 15,– €/Monat hinzugebucht werden. Bei Buchung von Entertain Comfort bis 31.10.2011 kostet VDSL 50 nur 10,– €/Monat. Einmaliger Bereitstellungspreis für neuen Telefonanschluss 59,95 € (entfällt bei IP-basiertem Anschluss). Entertain ist in vielen, VDSL ist in einigen Anschlussbereichen verfügbar. Voraussetzung für 3D ist ein 3D-fähiges Fernsehgerät sowie eine entsprechende 3D-Brille.

rechnen wir also mal den preis, die lieferkosten und das ganze andere klimbim zusammen:
- 12 monate zu 39,95€
- 12 monate zu 44,95€ (mindestvertragslaufzeit 24 monate)
- versandkosten 6,99€ (steht als posten im kleingedrucken)
- festplattenrekorder 4,95€ (muss man laut kleingedrucktem ab dem 13ten monat bezahlen, für 12 monate mindestens)
- bereitstellung telefonanschluss 59,95€
das macht insgesamt 1.145,14€, also pro monat 47,71€. lässt man den vertrag 48 monate laufen, ergeben sich in den 48 monaten monatliche kosten von 48,81€.
mein verständnis von einem klaren preis wäre 48 euro pro monat. media markt versteht unter klaren preisen offenbar weiterhin kundenverwirrung, schlecht lesbares kleingedrucktes und zählt nach wie vor darauf, dass die kunden sich von tricksereien, täuschungen und schlecht lesbarem kleingedrucktem verwirren lassen.
mir fällt als neuer media markt claim eigentlich nur noch ein: verarschen kann ich mich auch selber.
siehe auch was matthias schrader , stefan winterbauer oder patrick breitenbach zur kampagne zu sagen haben.
zurückbleiben bitte
da beklagt sich die halbe welt über fachkräftemangel und in berlin werden die ingenieure zurückgebaut.

the network, a headless tail

grandiose analyse von jeff jarvis über das was unter dem schlagwort #OccupyWallStreet derzeit passiert:
#OccupyWallStreet is a hashtag revolt. […] A hashtag has no owner, no hierarchy, no canon or credo. It is a blank slate onto which anyone may impose his or her frustrations, complaints, demands, wishes, or principles.
So I will impose mine. #OccupyWallStreet, to me, is about institutional failure. And so it is appropriate that #OccupyWallStreet itself is not run as an institution.
ich glaube, er könnte recht haben mit seiner annahme, dass die ziellosigkeit, hierarchielosigkeit und meinetwegen auch die chaotische erscheinung genau die stärken dieses phänomens sind. ein phänomen das durch die neuen, schnellen, effektiven und ebenfalls dezantralen kommunikationsmöglichkeiten des internet erst möglich wurde. genauer, ein phänomen, dass die strukturen, die sich online bereits seit einiger zeit abzeichneten, jetzt auch in die sogenannte reale welt hinausträgt (wobei die unterscheidung von „real“ und „virtuell“ natürlich sinnlos ist).
das was ich mal über die blogoshäre gesagt habe, dass sie die erste gruppe ist, der ich mich zugehörig fühle, weil sie so ungeheuer heterogen ist, dass man sie gar nicht als gruppe bezeichnen kann, zeigt sich jetzt auch bei #OccupyWallStreet — keine grundsätze, keine ideologie, keine glaubensbekenntnisse. nur der ärger und frust und das bedürfnis das laut und deutlich zu sagen.
man kann das auch einen radikalen individualismus nennen, der technisch und organisatorisch durch das internet zusammengeklammert wird.
jarvis drückt das so aus:
Now one needs a network. #OccupyWallStreet is that network, the headless tail.
hinzu kommt, dass wir institutionen nicht mehr trauen: banken, regierungen, medien, bildungseinrichtungen, religionen, parteien — sie alle verlieren vertrauen. mit den neuen technischen möglichkeiten schaffen wir es, alternativen zu diesen institutionen zu bilden, durch netzwerke, vernetzungen und meme. gedanken die einer äussert, der nächste aufgreift, besser, schlagkräftiger formuliert — und die irgendwann zu einem schlagwort (hastag) werden dass die losen gedanken klammert und in die welt trägt.
die im netzwerk geschaffenen alternativen verklumpen sich teilweise zu quasi-institutionellen einrichtungen (zum beispiel einer „piraten-partei“) die dann natürlich peinlich genau daruf achten müssen, vertrauen nicht wieder durch verklumpung oder geheimniskrämerei oder kumapnei oder institutionalisierung wieder zu verspielen.
wir leben eindeutig in einer spannenden zeit des umbruchs.
andererseits geht mir das institutionen-bashen auch auf den sack. pauschalkritik ist meistens dumm — oder ideologisch (oder beides). der einzelfall, das detail, die sachfrage gehört kritisiert. man kann begründen, dass beispielsweise frank schirrmacher unrecht hat. schwieriger wirds, wenn man begründen möchte, dass die FAZ unrecht hat.
oder konkret: zu sagen, der datenschutz balkanisiere das internet, ist mir zu ideologisch. wenn darüber nachgedacht wird ob die interpretation einiger datenschützer, dass IP-adressen ein persönliches datum sind, vielleicht über das ziel hinausschiesst, hört sich das schon ganz anders an. über solche fragen kann man dann auch streiten, über die these, dass datenschützer doof und gefährlich seien schon weniger.
was mich teilweise auch an der datenschützerkritischen diskussion stört: die datenschützer interpretieren die gesetze nur. gemacht wurden sie von den vertretern, die wir in die parlamente gewählt haben. da wäre es schon genauer, allerdings auch nicht hilfreicher, zu sagen, die deutsche rechtslage und die unfähigkeit unserer volksvertreter balkanisiere das internet.
auf der konferenz der datenschutzbeauftragten wurden ja auch nicht nur blöde sachen beschlossen:
- Datenschutz bei sozialen Netzwerken jetzt verwirklichen!
- Datenschutz als Bildungsaufgabe
- Anonymes elektronisches Bezahlen muss möglich bleiben!
- Antiterrorgesetze zehn Jahre nach 9/11 – Überwachung ohne Überblick
- Datenschutzkonforme Gestaltung und Nutzung von Cloud-Computing
- Einführung von IPv6 steht bevor: Datenschutz ins Netz einbauen!
- Vorbeugender Grundrechtsschutz ist Aufgabe der Datenschutzbeauftragten!
von den oben genannten entschliessungen kommen mir einige durchaus sinnvoll vor (einige auch weniger). es sollte einem zumindest schwerfallen auf der einen seite datenschutz pauschal doof zu finden und einen absatz später auch die vorratsdatenspeicherung doof zu finden. datenschutz in sozialen netzwerken pfui, datenschutz bei staatlichen stellen hui? datenschutz nur so lange er die wirtschaftliche entwicklung nicht gefährdet?
manchmal erinnert mich die aktuelle diskussion um den datenschutz an die diskussion um die liberalisierung der finanzmärkte um die jahrtausendwende. da hiess es auch, wie bei weigert, wenn deutschland nicht auch wie der rest der welt die finanzmärkte dereguliere und liberalisiere, dass die banken dann einfach an freundlichere finanzplätze ausweichen würden und deutschland den anschluss verpassen würde, tausende arbeitsplätze verlieren würde und sich ins vorindustrielle zeitalter zurückkatapultieren würde. diese katastrophen-rhetorik, die katastrophen an die wand malt, wenn die datenschützer sich nicht zurückhalten, die banken nicht tun dürfen was sie wollen oder der gesetzgeber nicht hochgeschwindigkeits-dsl in jede wohnung bringt halte ich, um es freundlich auszudrücken, wenig überzeugend und wenig konstruktiv.
was mich auch nervt: ständig stellen wir uns die frage was durchsetzbar ist, statt uns zu fragen, was richtig ist. besonders krass fand ich das in einem anderen zusammenhang, als der nicht ganz unpolitische nico lumma laut fragte:
Ich frage mich allerdings auch, wie der HVV das Alkoholkonsumverbot in den U- und S-Bahnen durchsetzen will. Soll jetzt mehr Wachpersonal eingesetzt werden, um das Verbot durchzudrücken?
sollen wir jetzt also nur noch gesetze und vorschriften danach erlassen, was einfach durchsetzbar ist? keine regulierung der finanzmärkte, weil das ja gar nicht geht? schröder hat damals auch so argumentiert. wie nennt man sowas? neo-konservativ-resignativ? „SPD“ und „resignation“ ist schon mal ein passendes wortpaar, bringt uns aber natürlich auch nicht weiter.
aber vielleicht ist das ja das hauptproblem: was wir wirklich wollen, wissen wir einfach noch nicht. wir sollten aber versuchen es rauszufinden. auch wenn dagegensein schon mal ein guter anfang ist.
apple-store hamburg
am samstag war ich zum ersten mal in einem apple store. also nicht in einer dieser elektro-fachmarkt abteilungen in denen man apple-produkte kaufen kann, sondern in dem von apple, in hamburg am jungfernstieg.
mehrere eher nebensächliche dinge haben mich schwer beeindruckt. einerseits scheinen fast alle der möbel aus massivholz gefertigt zu sein. viele möbel gibt es zwar nicht, ausser bänken, tischen und theken, aber die die es gibt sind äussert liebevoll gebaut. dass massivholzoptik schwer im trend ist hatte ich schonmal beschrieben, aber das was apple dort im store stehen hat ist echt massiv.
die bänke bestehen aus ca. 6 zentimeter dickem (geschätzt, nicht gemessen) birkenholzartigen planken (möglicherweise ahorn) in u-form mit einer strebe unten drunter. einfach und dekofrei.

die tische sind etwas komplizierter konstruiert. die tischbeine scheinen massiv zu sein, die tischplatte ebenso, aber sie hat ein innenleben (fotos vom innenleben). unter den tischen sind revisionsöffnungen um den kabelsalat unterzubringen, der in der tischmitte nach unten in den boden geführt wird. diese art der kabelführung spricht auch dafür, dass die tischbeine massiv, aus vollholz gefertigt sind. wären sie das nicht, hätte man sie dafür nutzen können die kabel nach unten zu führen.
die eigentliche tischplatte ist nicht wie sie auf den ersten blick scheint 10 oder 12 zentimeter dick, sondern nur etwa 4 oder 6 zentimeter. das kann man ganz gut erkennen wenn man die öffnungen an der tischoberseite ansieht, durch die kabel hindurchgeführt werden. und dort sieht man auch: alles massiv. unter den tischen ist an jeder ecke eine zweifach unterputz-steckdose eingelassen.


ich bin kein grosser freund von glas als raumelement oder einrichtungsbaustoff. glas ist immer irgendwie dünn, wirkt zerbrechlich und wenn man es genau betrachtet wirkt es gar nicht transparent, sondern massiv, weil es halt spiegelt. die treppen in apple stores sind (fast?) immer aus glas gebaut, was ich bis jetzt immer eher albern fand. als ich so eine treppe jetzt erstmals in echt sah, musste ich mein urteil revidieren. so wie apple das glas verwendet, zusammengeklebt aus mehreren scheiben zu einem ungefähr fünf zentimeter dicken ding wirkt das glas plötzlich wie durchsichtiger stahl. stark, kalt, glatt, glänzend — und hart sowieso. auch die details, wie die edelstahl-geländer befestigt sind und wie die glaswangen der treppe im boden verschwinden kann man besser nicht lösen. auch klug, die treppenstufen sind zwar auch aus glas, aber undurchsichtig gesandstrahlt und mit pickeln versehen die sie rutschfest machen.
genauso faszinierend wie die wenigen zum einsatz kommenden materialien (holz, glas, edelstahl, graue steinplatten als bodenbelag), ist der umgang mit dem raum. zweidimensional nennt man das glaube ich weissraum. dreidimensional könnte man es veredelung durch verschwendung nennen.

verschwenderisch wirkt auch der einsatz von ipads. jeder mitarbeiter, so scheint es, hat ein ipad in der hand und neben jedem ausstellungstück (und es gibt viele) liegt ein in plexiglas eingebettetes ipad mit preis- und technikinformationen. komischerweise sind an den preis-display-ipads keine ladekabel zu entdecken. zauberei? oder bin ich blind?
das erstaunlichste aber ist: der laden funktioniert. der laden ist riesig, aber proppevoll (ok es war samstag, da ist alles voll, auch die mitfahrer in der sbahn). die leute informieren sich, lassen sich beraten, kaufen recner und lassen sich bei der erstkonfiguration helfen oder sachen erklären.
saturn in hamburg hat vor ein paar wochen hat das gesamte untergeschoss umgebaut. früher war dort ein viertel der ladenfläche für windows-software und spiele reserviert. danach kam die kleine apple-insel, dann wieder pc-gedöns. jetzt ist das gesamte erste viertel des untergeschoss mit apple-gedöns gefüllt. iphone-zubehör, ipad-zubehör, apple-software, apple-peripherie, dann kommt die apple-insel mit der apple hardware und dann erst das pc-gedöns. irgendwas scheint apple richtig zu machen.
mein erster wordpress-plugin: kommentaromat

die kaltmamsell hat ihn seit über drei jahren im einsatz, ihren kommentaromat. da ich schon länger mal, aus prinzip, einen wordpress-plugin schreiben wollte, habe ich mich gestern abend daran gemacht den kommentaromat als plugin nachzubauen.
wahrscheinlich sind noch etliche fehler drin und man sieht, dass ich nicht besonders gut programmieren kann, aber in den drei blogs (1, 2, 3) in denen ich den kommentaromat getestet habe, funktioniert er wunderbar. anpassungen an den kommentaromat-texten müssen allerdings (noch) im quelltext des plugins gemacht werden, den schwierigkeitsgrad der backendprogrammierung hab ich noch nicht gemeistert.
die installation sollte aber einfach sein: kommentaromat runterladen, auspacken, den ordner in /wp-content/plugins/ kopieren und den plugin im wordpress-backend aktivieren. einstellungen an den button texten müssen noch in der datei kommentaromat.php vorgenommen werden, anpassungen am aussehen können in der kommentaromat.css-datei ergänzt werden.
über fehlermeldungen freue ich mich einerseits nicht, andererseits sehr.
>> download kommentaromat.zip v0.1 (von mir)
>> download kommentaromat.zip v0.2 (überarbeitet von ralf albert)
nele besucht
1994 habe ich meiner freundin nele einen grabstein aus holz gebaut.
letztes wochenende habe ich ihr grab mal wieder besucht. die holzumrandung aus massiver, 5 zentimeter dicker eiche ist etwas aufgeplatzt, aber der birkenstamm, auf dem ich damals ihren namen eingeritzt habe steht noch und sieht auch noch gut aus. das grab wird offenbar von neles eltern weiterhin gepflegt, sieht aber erfrischend lebendig und wildwüchsig aus. das birkenholzstück in das ich 1996 oder 1997 den namen von neles tochter malou eingeritzt habe ist offenbar verschwunden und „malou“ wurde in den rechten arm des schiefen eichenholzkreuzes hinter dem birkenstamm geritzt. bis auf den rechten arm, ist das kreuz völlig vom efeu überwuchert und fast unsichtbar. auch schön, wenn christliche symbole überwuchert werden.
einen tag vorher war ich mit meiner oma am grab meines opas. dabei fiel mir mal wieder auf, dass gräber nicht für die totenruhe gedacht sind, sondern für das gedenken. nicht die toten brauchen ein grab, die hinterbliebenen brauchen es.
eigenartig auch, wie schnell erinnerungen verblassen. ich erinnere mich noch an viele details, wie neles nasenspitze beim reden wackelte, wie sie lief, wie sehr sie ihre tochter liebte, wie sie roch. an den namen ihres parfüms erinnere ich mich nicht mehr, aber ich sah den flakon kürzlich mal in einer parfümerie und roch daran. es war als würde mir nele kurz gegenüberstehen. ich erinnere mich an ihre telefonnummer und ihre art zu rauchen. aber eigenartigerweise erinnere ich mich nicht mehr an neles stimme.



kürbissuppe mit ingwer und kokosmilch und koriander-pesto

ich mochte kürbissuppe nie. im herbst zwang mich die beifahrerin immer wieder ihre zugegebenermassen ganz passable kürbissuppe zu essen. dieses jahr hab ich das kürbissuppenkochen übernommen. das kürbissuppenrezept von tim mälzer überzeugte weder mich, noch die beifahrerin: mit äpfeln und ohne karotten, meinte die beifahrerin, das gehe gar nicht. also gegoogelt und dieses rezept mit karotten und kokosmilch gefunden.
ich habe die kürbissuppe mit ingwer und kokosmilch dieses jahr bereits 4 mal gekocht, sie ist wirklich köstlich. allerdings nur mit zwei kleinen tricks. einerseits muss man sie unbedingt mit limetten würzen — und nicht mit zitronen. einmal habe ich sie aus mangel an limetten mit zitrone abgeschmeckt, was zu heftigem geschmacksgemäkel führte. und andererseits sollte das rezept mit der kokosmilch unbedingt mit dem korianderpesto von tim mälzer kombiniert werden.
das korianderpesto schmeckt ohne die suppe ziemlich scheusslich. bitter und korianderig. aber in kombination mit der kürbis-karotten-ingwer-kokosmilch-suppe schmeckt es göttlich.
zutaten
kleiner kürbis (ca. 800 g)
600 g möhren
1 grosse zwiebel
viel ingwer
1-1,5 liter gemüsebrühe
500 ml kokosmilch
salz, pfeffer, sojasauce
pesto
1 bund koriander
1-2 knoblauchzehen
2 esslöffel sonnenblumen-, kürbis- oder pinienkerne
60 ml olivenöl
den hokaido-kürbis lasse ich immer die beifahrerin waschen, damit sie sich nicht über sand oder krümel in der suppe beschweren kann. sowohl den kürbis, als auch die karotten und die zwiebel schneide ich in grobe würfel und scheiben. den ingwer würfle ich so fein ich kann.
kürbis, möhren, ingwer und zwiebeln brate ich in reichlich olivenöl brutal an. bis es fast qualmt. dazu nehme ich instant-brühe (gerade weil alle köche die ich kenne oder sehe sie verdammen) und lösche das gemüse mit etwas mehr als einem liter heissem wasser ab.
das ganze 15 bis 20 minuten köcheln lassen, pürieren, kokosmilch rein, nochmal pürieren und mit salz, pfeffer, sojasauce und limettensaft abschmecken.
während die suppe kocht bereite ich das korianderpesto vor. reichlich koriander, am besten ein ganzes, zur not ein halbes bund (die korianderwurzel nehm ix auch) mit einer handvoll gerösteter sonnenblumenkerne (oder wenn man sowas hat, kürbiskernen, pinienkerne gehen aber bestimmt auch), 60 ml olivenöl und zwei oder drei knoblauchzehen, etwas zuviel salz mit dem mixstab pürieren.
delicious pinboard
auf den ersten blick dachte ich puh, die haben delicious heile gelassen mit ihren relaunch. die bookmarklets funktionieren noch, alle meine bookmarks sind noch da, der RSS-feed ist versteckt und hat seine adresse geändert, ist aber noch da (http://www.delicious.com/v2/rss/USERNAME) und sogar die API funktioniert noch (beispiel).
delicious ist aber leider trotzdem kaputt. für mich. ich kann im bookmarklet-popup nicht mehr die url ändern (mach ich aber gerne um den kranken statistik-scheiss, den manche per feedburner an ihre urls hängen zu entfernen, zum beispiel), ich kann kein HTML mehr in der beschriebung speichern (kann ich schon, aber delicious entfernt das HTML dann) und die schlagwort-vorschlagsfunktion funktioniert nicht mehr. und der playtagger, der aus links auf MP3-dateien einen eingebetteten MP3-player machte ist auch nicht mehr da:
http://static.delicious.com/js/playtagger.js
kaputt. als yahoo erstmal darüber schwadronierte delicious zu verkaufen habe ich mir ein pinboard.in-account geholt. kostete etwas, habs nie benutzt, aber mir jetzt nochmal angesehen.
und es ist grossartig.
- html funktioniert in der beschreibung und wird nicht rausgefiltert
- ich kann im bookmarklet-fenster die url ändern
- ich kann mir meine vielbenutzten schlagworte vorgeschlagen lassen
- ich habe einen sauberen rss-feed, auch nach tags getrennt, wenn ix will
- das interface ist schrott-frei (clutter-free)
- wähle ich text aus und klicke das bookmarklet, taucht die auswahl im description-feld auf!
aber die stacks! delicious hat jetzt stacks! naja. einen stack, eine bookmarksammlung hab ich mir auch vorher schon machen können, mit schlagworten. aber das profilbild! oh ja. das ist natürlich ein killerfeature!
delicious, ich bin dann mal weg bei pinboard. so in ein zwei jahren guck ich nochmal vorbei.
hab ich schon erwähnt, wie ich die morgentlichen links produziere? mein CMS liest den RSS-feed von pinboard (früher den von delicious) und meinen kommentierten google-reader-artikeln ein und ein cron-job veröffentlicht alle links und kommentare dazu die bis 5 uhr morgens da sind in einem rutsch. praktisch finde ich insbesondere die reader-funktion: wenn ich abends im bett liege und noch ein bisschen zum einschlafen im reader lese, kann ich auch im bett noch links hinzufügen, indem ich artikel im reader einfach kommentiere. das klappt leider nicht besonders bei leuten die ihren feed von feedburner vergewaltigen umschreiben lassen und statt links auf ihr blog, links zu feedproxy.google.com veröffentlichen. was für eine scheisse, lasst das sein ihr statistikgeilen hupen. urls sind heilig. und so eine url ist doch auch nicht schön:
http://343max.de/2011/09/28/eine-leitplanke-fur-den-datenschutz-brechen/?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+343max+%28343max%29
internetsucht
dasnuf kommentiert bescheuerte studien zur internetsucht:
Ich finde, dass man Sucht als Vertiefungsstufe von Abhängigkeit ansehen kann. Sucht würde im Vergleich zur Abhängigkeit zusätzlich so etwas wie Dosissteigerung beim Konsum und Beschaffungskriminalität umfassen. Da ich noch nie länger als 24 Stunden an einem Tag online war und auch noch nie einem meiner Freunde das Internet geklaut habe […], bin ich beruhigt.
Denn somit bin ich nicht süchtig, sondern lediglich internetabhängig. [alles lesen]
flattr-count-anzeige ohne api
seit einiger zeit wollte ich auf den übersichtsseiten (also zum beispiel der startseite) von wirres.net eine anzeige der flatters die jeder artikel bekommen hat sehen, so wie die anzahl der reaktionen, also kommentare, trackbacks oder tweets angezeigt wird. das geht zwar, indem man unter jeden artikel einen button pappt, aber das fand ich visuell wenig verlockend. spreeblick macht das und ein paar andere seiten auch.


leider ist das REST-API von flattr noch nicht fertig und flattr kann nur mit javascript in button-form eingebunden werden.
vor ein paar tagen habe ich dann diese seite gefunden, auf der ben collins beschreibt, wie er die anzahl der flatters in feedflare eingebunden hat (also so, dass seine feedburner-feed-artikel unten die zahl der flatters anzeigt). im prinzip hat er ein php-script geschrieben, dass den flattr button für einen artikel aufruft und daraus den „flattr-count“ extrahiert. ich habe das script ein bisschen angepasst und wenn man ihm eine wirres-url als argument gibt, zeigt es den flattr-count an:
die konstruktion, wie ich es auf wirres.net eingebunden habe ist völlig hirnrissig, funktioniert aber. jeder programmierer würde die hände über dem kopf zusammenschlagen und wenn ende des jahres endlich kathrin passigs buch „weniger schlecht programmieren“ herauskommt und ich es gelesen habe und weniger schlecht programmieren gelernt habe, werde ich wahrscheinlich auch die hände über dem kopf zusammenschlagen.
eigentlich schlage ich bereits jetzt die hände über dem kopf zusammen. [hier bitte aufhören zu lesen, jetzt wirds langweilig.] ich habe nämlich folgende, ziemlich unelegante umwege gehen müssen:
in den code meines CMS konnte ich das script zur abfrage nicht einbauen, da es nur unter php5 läuft und cms nur unter php4. dazu kommt, dass mein hoster das abfragen von fremden webseiten per php unterbindet, das script also gar nicht auf wirres.net funktioniert. also habe ich es auf schwenzel.de zum laufen gebracht. die abfrage des scripts und das einsetzen des flattr counts erledigt jquery, dass das im hintergrund per ajax erledigt. allerdings wäre so eine abfrage von wirres.net auf schwenzel.de ein cross-site-scripting-dings, und die abfrage einer anderen domain als der auf der das script läuft, erlaubt jacascript aus sicherheitsgründen nicht. also fragt jquery das script auf schwenzel.de über ein kleines proxy-script ab.
die eigentliche (und hanebüchend unelegant programmierte) jquery-abfrage kann man im quellcode der übersichtsseiten lesen. oder es auch lassen.
ich weiss nicht warum, aber das wollte ich mal los werden.
kostenlose äpfel
apfelbauer könig lebte viele jahre ganz gut von seinen äpfeln. sie waren nicht besonders gut, aber er hatte kaum konkurrenz, da der anbau von äpfeln sehr personal-intensiv war und grosse flächen land benötigte. über jahre hinweg konnte er seine äpfel jeden tag wie geschnittenes brot auf dem markt verkaufen. jeden tag verkaufte er grosse mengen zu einem kilo-preis von 10 euro.
irgendwann, vor 5 jahren begannen die einwohner der stadt an allen möglichen stellen selbst äpfel-bäume zu pflanzen. die ersten ernten waren nicht besonders gut, aber jeder konnte sich die äpfel selbst pflücken — und so an kostenlose äpfel kommen. könig verkaufte weiterhin seine äpfel, da die qualität seiner äpfel besser als die der wilden äpfel war.
die qualität der kostenlosen, wilden äpfel wurde aber im laufe der jahre immer besser. da bauer königs umsatz langsam aber stetig zurückging, entschied er zu einer einschneidenden werbemassnahme: er begann damit, äpfel die faule stellen hatten oder deren schale nicht der üblichen qualität entsprach, zu verschenken. überall in der stadt stellte er tische auf mit seinem äpfeln, die besser waren als die frei wachsenden, in der hoffnung die leute so auf den markt locken zu können, wo er weiterhin seine besten äpfel verkaufte. er senkte teilweise sogar die preise und entliess einen teil seiner gärtner um die produktionskosten zu senken.
irgendwann hatten die leute keine lust mehr auf den umweg zum marktplatz und begnügten sich mehr und mehr mit den kostenlosen äpfeln. die waren gut genug, überall in der stadt zu bekommen und kostenlos. das geschäft auf dem marktplatz wurde immer weniger einträglich für könig, er hatte auch bereits mehr als die hälfte seiner gärnter entlassen und liess seine ernte von fereiwilligen ernten und teilweise auch pflanzen. den freiwilligen reichte es, ein kleines fähnchen an die von ihnen geernteten äpfel zu binden, auf dem ihr name stand. für dieses privileg, schuffteten sie tagelang auf königs plantagen und halfen ihm unentgeldlich beim anbau.
könig fing nebenbei auch damit an, mit gebrauchten autos zu handeln. dieses geschäft sollte seine plantagen querfinnzieren, brachte aber bereits nach wenigen monaten gute profite ein. nur die äpfel verkauften sich immer schleppender, obwohl die menschen soviele äpfel wie nie zuvor assen.
da kam könig eine idee. warum sollte er sich mit den mickrigen profiten die er auf dem markt einfuhr und dem geld aus dem gebrauchtwagenhandel zufrieden geben, wenn er auch an den äpfeln die er verschenkte verdienen könnte? er schlug dem bürgermeister vor, für jede tonne äpfel minderer qualität die er verschenkte, 10.000 euro aus den steuereinnamen der stadt zu bekommen. schliesslich seien es seine äpfel, die die stadt so attraktiv machten. der bürgermeister weigerte sich zuerst, er meinte schliesslich habe die stadt die strassen und plätze gebaut (und bezahlt) an denen er seine äpfel auslegte. könig fand aber, dass die stadt von seinen äpfel unrechtmässig profitierte. schliesslich sei die stadt ohne seine kostenlosen äpfel nur halb so attraktiv. ohne seine äpfel, würde die stadt auf qualitativ minderwertige ware, auf „fallobst“ angewiesen sein. ausserdem beschäftige er immer noch 10 gärtner auf seinen plantagen, diese arbeitsplätze seien gefährdet, wenn die stadt ihm nicht entgegen käme. ausserdem solle der bürgermeister nicht vergessen, dass er ihn während seiner wahlkämpfe immer grosszügig finanziell unterstützt habe.
seitdem zahlen die bürger der kleinen stadt steuern für den strassenbau und für kostenlose äpfel — die äpfel von könig sahen mittlerweile alle aus wie früher das sogenannte frei wachsende „fallobst“, schmeckten fade und trocken. immerhin konnte man damit ein anständiges apfelkompott herstellen.
[die geschichte hinkt vorne und hinten und ist nicht mal ansatzweise stringent. ohne analogie geht das wahrscheinlich besser. zum aufregen bitte weitergehen zu herrn knüwer. dort kann dann auch zum thema gemeinsam mit ihm gekotzt werden.]
heiraten in las vegas
heiraten in las vegas ist ganz einfach. ich kann das aus eigener erfahrung berichten. man muss nur hinfahren, sich im „Marriage Bureau“ eine lizenz zum heiraten ausstellen lassen und danach eine kapelle aussuchen. die behörde hat übrigens täglich, auch an feiertagen, bis 24 uhr geöffnet, man zeigt seine ausweise, füllt ein formular aus und fertig.
in las vegas gibt es zehn trillionen kapellen in denen man heiraten kann. allen gemeinsam ist, dass sie mit lizensierten standesbeamten oder pfarrern zusamenarbeiten, die die hochzeit durchführen (und separat, per „spende“ bezahlt werden). aber im prinzip kann man mit seiner heiratslizenz in eine kapelle hereinpsazieren und verheiratet wieder rausgehen.
um die hochzeit danach in deutschland (rückwirkend) anerkennen zu lassen braucht man dann allerdings noch ein paar unterlagen, sehr viel geduld und die fähigkeit, deutsche beamte zu ertragen. einerseits verlangen die deutschen behörden für die rückwirkende anerkennung der hochzeit eine beglaubigte kopie, die man sich mit einer 10 dollar geldanweisung recht einfach auf dem postweg besorgen kann. ausserdem wollen die deutschen behörden, dass man diese offiziell beglaubigte kopie nochmals beglaubigen lässt, mit einer sogenannten „apostille“. andere europäische länder schenken amerikanischen urkunden auch ohne apostille glauben, die deutschen, so sagte uns ein freundlicher mitarbeiter im einwohnermeldeamt in hamburg, tun das nicht, weil hochzeitsurkunden so oft gefälscht würden.
abgesehen davon dass hochzeiten in las vegas in den augen eines mitarbeiters des einwohnermeldeamtes hamburg wahrscheinlich eh ein fake sind, so ganz ohne aufgebot, deutsche stempel und bürokratisches gebimmel — welchen grund gibt es eine hochzeit zu „fälschen“? oder warum sollte die beglaubigte kopie leichter zu fälschen sein als eine apostille?
egal, die apostille kann man ebenfalls per post beantragen, man muss einfach die beglaubigte kopie und eine $20 geldanweisung ans „recorder’s office“ des clark county schicken und bekommt sie innerhalb von zwei bis drei wochen zurück.
im bürgeramt mitte in hamburg, wo wir unsere hochzeit von den deutschen behörden anerkennen lassen wollten, wies man uns allerdings mit unseren unterlagen empört ab. da deutsch schliesslich die amtssprache sei, könnten wir ohne einen ordentliche amtliche übersetzung der urkunde und der apostille leider nicht den deutschen beamtensegen bekommen. erstaunlich fand ich, dass sich eine stadt die sich „das tor zur welt“ nennt, beamte leistet die die sprache dieser welt nicht sprechen. quasi eine weltmetropole mit dem behördengeist von hinterarschheim.
also haben wir nochmal 60 euro und zwei wochen wartezeit in einen amtliche übersetzung investiert und sind dann, das schlimmste ahnend, wieder zum amt gegangen. wie erwartet, war die bedienung im bürgeramt mit unseren unterlagen immer noch nicht zufrieden. die übersetzung würdigte sie komischerweise mit keinem blick, dafür aber die apostille. die sähe nicht richtig aus. die sehe sonst ganz anders aus. ausserdem sei sie nur an die beglaubigte urkunde angetackert und nicht, wie das eigentlich zu sein hätte, mit einem offiziellen siegel befestigt. sie müsste das mal mit ihrem chef besprechen. nach 10 minuten kam sie zurück und sagte uns, kurz bevor unsere köpfe kafkaesk explodierten, dass sie beim standesamt gefragt hätte und dort habe man gesagt, die apostille sei in ordnung so.
merke: deutschen beamten ist nicht nur die beglaubigung und übersetzung der beglaubiten kopie wichtig, sondern auch das aussehen dieser unterlagen. deutsche beamte in einer weltstadt ist das weltstadtimage scheissegal. deutschland hat ein problem mit gefälschten hochzeitsurkunden.
trotzdem. ix bin jetzt nicht nur verheiratet, sondern habe auf der lohnsteuerkarte steuerklasse III und 0,5 kinder.
ringen

es war mein erster schultag, der schulbus hielt an und der busfahrer öffnete die türe mit einem handhebel, so wie in amerika schulbustüren wahrscheinlich bereits seit 40 jahren geöffnet werden, als ob es in amerika keine hydraulik gäbe. was mich allerdings wunderte war, dass der busfahrer mich nach meinem namen fragte und mich dann mit „good morning felix, my name is mr. davis“ begrüsste. von diesem tag an grüsste mich mr. davis jeden morgen mit „good morning felix“. mit angucken. das machte er mit jedem schüler. mr. davis hatte einen schlanken kopf, mit sehr gepflegter, leicht graumelierter frisur und ebensolchem bart. sein oberkörper war nur im oberen (schulter) bereich schlank, zum schritt hin lief seine figur in die breite, eine figur wie ich sie einmal als „typisch“ amerikanisch bezeichnete: ein sehr tiefsitzender bauch der nicht europäisch über die gürtellinie hing, sondern hineinragte, nach oben hin abgeschlossen mit dem oben erwähnten schlanken, fast fettfreien kopf, der gar nichts mit dem rest des körpers zu tun zu haben scheint. wie gesagt, eine solche doppelkegel-figur kenne ich nur aus amerika. obwohl ich in sachen mr. davis sicherlich auch übertreibe. die erinnerung hat ihn auch graumelierter gemacht als die foto-fakten es zulassen.
da sass ich nun 1986 an der steilacoom highschool, 2 wochen später als geplant, weil die lehrer am anfang des schuljahres zwei wochen streikten. ich wollte sport machen, weil allen austauschschülern empfohlen wird sport zu machen um besser kontakte knüpfen zu können. das football team hatte aber schon in den sommerferien angefangen zu trainieren und dass ich keine ahnung von american football hatte war auch nicht förderlich für meine aufnahme in das sehr prestige-trächtige team. also versuchte ich ins volley-ball team zu kommen. leider fanden sich nicht genug männliche interessenten, so dass nur eine damen-volleyball-mannschaft zustande kam, in die ich ebenfalls nicht durfte. ich musste warten bis die football saison vorbei war und konnte dann ins „wrestling-team“. ich habe als kind mal judo gemacht und sah mich ausreichend grundgebildet für die teilnahme.

der coach des wrestling-teams war mr. davis der busfahrer, wie ich am ersten trainingstag zu meiner überraschung sah. er begrüsste mich mit „hello felix“. ich freute mich, den mr. davis war eh viel netter als der komische football-coach. allerdings war der eigenartige assistenz-coach des football teams, mr. hanby, auch assistenz-coach des wrestling teams. mr. hanby war sehr muskulös, hatte aber trotzdem hängende schultern, vielleicht weil die muskeln so schwer waren. arnold schwarzenegger hat im alter auch solche schultern bekommen, aber das wusste ich damals noch nicht, weil arnold schwarzenegger damals noch nicht alt war.

das „wrestling“ war dann schon ein bisschen anders als judo. es hatte zwar nichts mit dem brutalo-schrott den man im fernsehen sieht zu tun, wo sich aufgepumpte männer aufeinander aus grösser höhe fallen lassen, aber mit dem griechisch-römischen ringen wie man es aus europa kannte hatte es auch nicht viel gemein — bis auf die albernen klamotten die man beim kampf zu tragen hatte. das training war sowohl auf ausdauer, als auch muskelaufbau ausgelegt. die coaches fanden ich sei zu schwach (oder zu fett) für meine gewichtsgruppe (ich hatte ja nie in meinem leben muskelaufbautraining gemacht) und sollte von der 184 (amerikanische) pfund klasse in die 178 pfund klasse abnehmen. über 190 pfund war die „unlimited“-klasse. leider schaffte ich es nie eine gewichtsklasse runterzukommen und blieb in der 184er klasse. ausser das ich meine gasteltern zum wahnsinn brachte, weil ich vom vielfrass zum salatfrass wurde und so sämtliche einkaufspläne durcheinanderbrachte änderte sich nicht viel.

trainieren musste ich unter anderem auch mit einem ringer aus der unlimited-klasse, tony. der wog etwas über 200 pfund und sah aus wie ein teddybär. eine oder zwei wochen vor unserem ersten öffentlichen wettkampf fiel er mir beim training einmal so auf den brustkorb, so, dass es in der mitte meines brustkorbs knackte. etwa 200 ungebremste amerikanische pfund können also einen brustkorb knacken. beim wettkampf zwei wochen später hatte ich immer noch starke schmerzen, wollte aber trotzdem kämpfen. in einer mischung aus anfängerglück, schmerzvermeidung und chupze gewann ich den kampf indem ich meinen gegner innerhalb von 12 sekunden auf den rücken legte. das war ein rekord, der leider nur knapp 1 jahr hielt. dass ich diese alberenen ringer-klamotten vor publikum tragen musste war übrigens schmerzhafter als das angeknakste brustbein.

ein anderer schöner trainingsunfall ereignete sich bei einer etwas komischen kampf-neustart-position (par terre) bei der ein ringer im nachteil ist und auf allen vieren kniet und der andere im vorteil (ich in diesem fall) über ihn gebeugt (aber auch auf den knien). der untere versucht sich natürlich möglichst schnell und kräftig aus dieser unterlegenen stellung zu befreien. mein trainingsgegner, todd, fing seinen befreiungsversuch mit einer heftigen kopfbewegung nach hinten an, bei der mich sein hinterkopf mit ziemlicher wucht auf meiner rechten linken augenbraue traf. als er sich umdrehte fing er an zu lachen weil mir aus einer kleinen, feinen platzwunde unter der augenbraue blut übers auge lief. ich sah schlimm zugerichtet aus, todd lachte sich kaputt. witzig fand ich es dann, als todd sich an seinen hinterkopf fasste und sich dabei in eine 20 cm lange platzwunde an seinem hinterkopf fasste. er musste mit mehreren stichen genäht werden, ich nicht.

viel habe ich in der saison nicht mehr gerissen. mein anfänger-erfolg wiederholte sich nicht und obwohl sich meine kondition sich im laufe des training erheblich verbessert hatte, reichte sie bei weitem nicht aus um konditionell und kraftmässig mit jahrelang trainierten kampfmaschinen mitzuhalten. ich verlor alle weiteren kämpfe der saison. aber lustig wars schon, mit jeff und coach davis freundete ich mich im laufe der zeit sogar ganz gut an, was im oberflächlichen amerika gar nicht so einfach ist. von coach davis habe ich neben dem ringen noch meinen lieblings euphemismus fürs „scheissen“ gelernt: „to pinch a loaf“. und wie er sich die busladung namen fürs morgendliche grüssen merken konnte ist mir ein rätsel.
[hier noch ein bild von mr. davis, für die die den link im text nicht gefunden haben]
dieter thomas heck sucht neue stars
wie man sieht ist es schon ne weile her (1970) das heck den bohlen gemacht hat, aber die autoverkäufer-gestik hat der heck schon damals drauf gehabt. man beachte auch die ohren!
