robert m. maier, der gründer eines shopping-portals, dass mittlerweile zu axel-springer gehört, durfte im feuilleton der faz einen text veröffentlichen, der offenbar von niemandem gegengelesen wurde (wie bei mir übrigens auch).
man kann google von sehr vielen seiten aus kritisieren, aber aus der ecke eines sich benachteiligten fühlenden, direkten wettbewerbers verliert kritik sehr schnell an überzeugungskraft. erst recht wenn die kritik so unpräzsise, unstrukturiert und arm an argumenten verfasst wird, wie in diesem fall. anbei ein paar stellen, die mir beim lesen besonders ins auge fielen.
Google baut auf den Suchergebnisseiten immer mehr und immer prominenter Werbung für eine Produkte ein (Google AdWords, Google Shopping).
das mag schon stimmen, aber was sind „eine Produkte“?
So zahlt Google an die Herstellerfirma des wichtigen Ad-Blockers Eyoe, damit diese bestimmte Werbungen nicht mehr blockt. Das ist sicherlich nicht zum Wohle aller Nutzer.
die firma heisst eyeo, der adblocker adblock plus und wenn man sich die mühe macht an adblock plus rumzukonfigurieren, kann man „diese bestimmten Werbungen“ durchaus blocken. beeindruckend finde ich jedenfalls, dass robert m. maier adblocker in der faz als weg zum benutzerwohl bezeichnet und ihm firmen, die gegen adblocker vorgehen, angst machen.
am rande bemerkt, faz.net macht sowohl werbung für adblocker („Fazit: Adblock IE ist eine gelungene Antwort auf Dauerwerbung im Netz“), als auch dagegen.
Über die Einhaltung der Google Guidelines scheint hingegen Google ganz allein zu entscheiden, wie es aussieht, hinter verschlossenen Türen, ohne anderen Website-Betreibern die Chance zu geben, sich zu verteidigen. Was für ein Satz: sich vor Google verteidigen!
finde ich gut, wenn man sich über seine eigenen formulierungen freuen kann. ich frage mich nur, wie sich das mit den journalistischen qualitätsstandards der faz vereinbaren lässt, über die soweit ich weiss auch hinter verschlossenen türen entschieden wird. aber vielleicht gelten die standards bei werbebeiträgen von unternehmern in eigener sache nicht. auch bezahlte werbung redigiert die faz ja nicht, warum sollte sie dann unbezahlte werbung redigieren?
Und wenn sich jemand im Google-Kalender einen Termin mit mir einträgt, kann es wissen, wen ich wann wo treffe, ohne dass ich den Google-Kalender nutzen muss. Damit wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausgehebelt.
das ist harter tobak, scharf an den grenzen menschlicher und juristischer logik. denn die „informationelle Selbstbestimmung“ würde nach dieser logik möglicherweise auch verletzt, wenn „jemand“ einen termin mit robert m. maier in sein icloud-synchronisiertes iphone oder outlook oder eine klowand einträgt. so gesehen sind adressbücher und kalender wohl unvereinbar mit der informationellen selbstbestimmung.
erstaunlich jedenfalls, eine so fundamentalistische datenschutzansicht in einem blatt zu lesen, dass ganz gut vom adresshandel lebt und dafür kräftig mitlobbyiert hat.
Die Steuern, die Google gegenüber seinen deutschen und europäischen Wettbewerben spart, nutzt es, um in mehr Mitarbeiter, mehr Forschung und Entwicklung sowie mehr Unternehmenszukäufe zu investieren. Dies schwächt die europäischen Firmen, Staaten und letzten Endes Bürger.
mehr mitarbeiter, mehr forschung, entwicklung und unternehmenszukäufe schwächen europa? ich vermute der implizite vorwurf von robert m. maier ist hier, dass google legale steuerspartricks aus den suchergebnissen filtert um die wettbewerber, europa und die bürger zu schwächen.
nur mal so aus interesse und apropos verschlossene türen. kennt jemand die qualitätsstandards der frankfurter allgemeinen zeitung? sei es beim rausredigieren von fehlern oder dem streichen von sätzen, die so tun als enthielten sie argumente. und kann neuerdings tatsächlich jeder unternehmer einen unredigierten text in der faz unterbringen, wenn er grob in die politische agenda der herausgeberschaft passt?
nachtrag:
@wirresnet Mich hat geärgert, dass vor dem (Online-)Leser versteckt wurde, wer denn Herr Maier eigentlich ist. https://t.co/ssE0NXpqIR
angeblich ist das eine antwort auf robert m. maiers artikel von eric schmidt („Der Google-Verwaltungsratschef antwortet auf alle Kritiker.“): „Die Chancen des Wachstums“
the machine: leider ziemlich guter film. itunes fasst ihn so zusammen:
With an impoverished world plunged into a Cold War with a new enemy, Britain’s Ministry of Defense is on the brink of developing a game-changing weapon. Lead scientist Vincent McCarthy (Toby Stephens) provides the answer with his creation, ‘The Machine’- an android with unrivalled physical and processing skills. When a programming glitch causes an early prototype to destroy his lab, McCarthy enlists artificial intelligence expert Ava (Caity Lotz) to help him harness the full potential of a truly conscious fighting machine.
die geschichte (im film, nicht in der kurzbeschreibung) ist überaschend gewendet, zumindest gegenüber den normalen genre-filmen. auch erholsam: ausnahmweise erzählt der trailer mal nicht die halbe geschichte, sondern führt auf falsche fährten. was mir besonders gut gefiel war, dass die musik eindeutig bezug auf frühe 70er und 80er-jahre filme nahm. diese art synthesizer-sounds habe ich schon lange nicht mehr in einem film gehört. auch die anspielungen an west-world, den ich mir vor kurzem extra nochmal angesehen habe, erfreuten mich. ich war von westworld zwar mittelschwer enttäuscht, was aber an veränderten sehgewohnheiten lag, zumindest meinen. die haben sich in den letzten 41 jahren doch sehr verändert. das 2DF hat also, auf ne art, voll recht.
the machine wurde meinen sehgewohnheiten von 2014 sehr gerecht. das ende vom ende ist zwar ein bisschen überpathetisiert, aber der film ist alles andere als doof geschrieben und ein grosses, relativ kurzes vergnügen.
wo ich gerade dabei bin, apropos doof geschrieben. der hobbit teil 2 (smaugs einöde) war ja ganz unterhaltsam und technisch makellos. aber einen solchen bescheuerten quatsch hab ich mir schon lange nicht mehr von einem film erzählen lassen. dutzende genetisch modifizierte kampfmaschinen, ein drachen und dutzende andere gegner werfen sich teilweise schwer bewaffnet auf einen haufen zwerge und einen hobbit und denen ist am ende des filmes nicht ein haar gekrümmt? unverwundbarer ist in der filmgeschichte eigentlich nur ein filmheld: james bond. der ist auch seit fast 50 jahren jung und sportlich wie eh und je.
aber im ernst; der hobbit wäre vielleicht etwas überzeugender gewesen, wenn die zwerge und der hobbit ihre stärke aus esprit und geistiger beweglichkeit gezogen hätten und der film sich nicht auf gigantomanische bond-spielereien und unglaubwürdige technikspielereien verlassen hätte, um die haare seiner helden zu schonen. die technikgläubigkeit im hobbit nahm so absurde formen an, dass ich mehrfach beinahe genervt weggeschaltet und gekotzt hätte.
kurz: the machine ist kurzweiliger, intelligenter quark, smaugs einöde eine zumutung für den gesunden menschenverstand.
heute auf facebook diesen eintrag im brand-eins-facebook-strom gesehen. ein ziemlich witziges video von einem menschen der sagt, dass ihn viele leute fragen würden, wie es sei ein sexsymbol zu sein und dann voll auf die fresse fällt.
ich finde das von der brand eins eingebettete video sehr, sehr witzig und meine erste reaktion war: „das muss ich auch üben!“ in aller bescheidenheit habe ich kürzlich auch so etwas in der art versucht. leider sehr viel unüberzeugender:
die brand eins schreibt auf facebook:
Wir waren uns uneinig, ob das unter unserem Niveau ist. Wahrscheinlich schon, aber lustig ist es trotzdem.
selbst auf schleckysilberstein.de bekommt man als leser einen tacken mehr information geliefert, nämlich, dass es sich im video „um Schauspieler und Model Taye Diggs“ handelt.
was mich aber ärgert wundert: niemand macht sich die mühe nach dem original und dem kontext dieses videos zu suchen, das, wie man auf den ersten blick erkennt, brilliant inszeniert ist.
nach 2 minuten google-bildersuche und ein bisschen klicki-klicki findet man das original vine-video:
die entscheidende frage ist aber: warum macht sich niemand die mühe die quelle zu finden und zu nennen und postet/shared stattdessen wie ein kopfloser teenager alles stumpf ins facebook oder seine wordpress-installation rein? dass die hohlbirnen von schlecky silberstein christian brandes statt 3 minuten lang das original zu suchen, lieber den von einem trittbrettfahrer auf youtube hochgeladenen abzug postet ist klar. aber die brand eins?
nicht der witz, der humor oder die potenziell erzeugte (falsche) schadenfreude des videos ist unter dem niveau der brand eins, sondern die mangelnde journalistische neugier und der mangelnde journalistische ehrgeiz. wer ist das auf dem video? was macht der da? warum macht er das? fake oder echt? hat der typ noch andere witzige sachen im peto? stattdessen: „harharhar! guckt mal! harharhar.“ — das ist genau das was ich von der brand eins nicht lesen und hören will, genau das gegenteil dessen, was ich an der brand eins schätze.
es gibt freundliche und unfreundliche aldis. gestern waren wir mal wieder im unfreundlichen aldi einkaufen. dort fiel irgendwann einer älteren dame ein glas instant-kaffee auf den boden, das zerbrach und ein bisschen kaffeeduft im aldi verteilte. sie sagte auch gleich dem personal bescheid, dass die reste beseitigte und sich für ihre ehrlichkeit damit bedankte, ihr an der kasse zwei gläser instantkaffee zu berechnen: einmal für das kaputte glas und einmal für das glas, was sie dann tatsächlich mitnahm.
die ältere dame fand dann, dass es eine gute idee sei, das zerbrochene glas mitzunehmen, um es „zu reklamieren“. sie wollte zwar nicht sagen wo sie es reklamieren würde oder warum es für die reklamation nötig sei im besitz von scherben zu sein, aber die kassierinnen wollten ihr das zerbrochene glas so oder so nicht geben.
was mich aber wunderte, war die erklärung der kassiererin, warum die kundin den zerbrochenen kaffee würde zahlen müssen: weil kunden angehalten seien einkaufswagen zu nutzen, müssten kunden die keinen einkaufswagen nutzen dinge die ihnen runterfallen eben zahlen. rein rechtlich hatte die kassiererin wohl recht. der jurist peter derledermeint, dass es keinen „Rechtsgrundsatz“ gäbe, nach dem man waren die einem im supermarkt kaputtgehen vor der bezahlung auch nicht zahlen müsse.
trotzdem scheint es sehr viele supermärkte zu geben, auch aldi-filialen, die das kulanter handhaben und mehr wert auf wiederkehrende kunden legen, als auf erbsenzählerei und rechthaberei. manch ein supermarktbesitzer ersetzt sogar gelegentlich kaputte waren aus anderen geschäften.
ganz anderes thema. interessant wie springer-medien mitunter arbeiten, leistungsschutzrecht hin oder her. das interview mit dem juristen peter derleder erschien am 29.03.2005 auf test.de (und wahrscheinlich auch in der zeitschrift der stiftung warentest). am 7. april erschien diese zusammenfassung des interviews in der bz-berlin.de. abgesehen davon, dass die aussage von peter derleder hier als aussage der stiftung warentest ausgelegt wird, fügt der artikel dem original nicht das geringste hinzu. aus der interviewantwort
Eltern müssen ihre Kinder aber auch belehren. In jedem Fall ist eine Haftpflichtversicherung sinnvoll.
macht die bz einen gefetteten absatz:
Experten-Tip: In jedem Fall ist eine Haftpflichtversicherung sinnvoll.
aber eins muss man springer lassen: kürzen, fetten und suchmaschinenoptimiert schreiben können sie.
heute habe ich diesen text von thomas hoof gelesen, dem gründer von manufactum und verleger von akif pirinçcis „Deutschland von Sinnen“. danach gingen mir in etwa diese gedanken durch den kopf:
das neue berliner schloss, manufactum und akif pirinçcis tiraden basieren alle auf dem gleichen sentimentalen fehlschluss: früher sah alles besser aus.
weil der zuckerbäckerstil des 15. jahrhunderts manchen so viel besser gefällt als zeitgemässe architektur, wird jetzt mitten in berlin ein hyper-moderner, effizienter bau erstellt, der am ende mit der fassade von vor ein paar hundert jahren beklebt wird. war ja früher alles besser — bis auf die energieeffizienz, die haus- und klimatechnik, die sicherheitstechnik, die fenster, die putze und wandfarben, die möbel und die scheisshäuser.
manufactum verzichtet bei der herstellung und den vertrieb der „guten alten dinge“ natürlich nicht auf modernste logistik, verpackungstechnik und marketing, inklusive vertrieb und marketing im internet; dieses ding, das viele, nicht nur manufactum-marketing-opfer, als gar nicht mal so gut und alt befinden. ein modernes unternehmen, das menschen, die die vorzüge der modernen welt geniessen, etwas glorifizierte-alte-welt-make-up zum abdecken der überkomplexen realität verkauft.
und jetzt bemängelt thomas hoff, der herausgeber von akif pirinçci, dass viele buchhändler sich so wie in der angeblich so guten alten zeit verhalten; ein bisschen betulich, sehr vorsichtig und sich auf das bauchgefühl — nicht algorithmen — verlassend. sollen sie doch sterben und vom modernen, fortschrittlichen, algorithmus-getriebenen amazon in den abgrund treiben lassen, sagt er. denn amazon verkaufe das werk aus hoffs verlag, dass die angeblich gute alte zeit, das „alte Deutschland“ wieder zurückwüten will, wie warme semmeln. die guten alten buchhädler (es gibt sie noch), verhalten sich angesichts des blödsinns den hoof unter die leute bringen will, etwas zurückhaltender.
die zeit die sich pirinçci und viele andere zurückwünschen ist eine, in der es in deutschland noch keine umweltprobleme gab (weil noch niemand drüber sprach), kaum minderwertigkeitskomplexe gab (es gab stolz und status) und vor allem keine gleichberechtigungsprobleme gab (es gab klare hierarchien). überaggressive, testesteron-verspritzende weicheier wie pirinçci mussten damals™ ihre alphatierrolle weder mit hengstbissigkeit, noch mit argumenten verteidigen, sondern bekamen sie dank ihres geschlechts einfach auf lebenszeit verliehen.
das ist die widersprüchlichkeit der schlossbauer, der hoofs und pirinçcis: sie wollen alle nicht auf die vorzüge der modernen welt verzichten — aber sie wünschen sich nichts sehnlicher als dass diese moderne welt so wie früher™ aussieht und sich auch ein bisschen so anfühlt. sie haben alle nichts gegen den fortschritt, man soll ihn nur nicht sehen, keine konsequenzen aus ihm ziehen und vor allem nicht darüber reden! so wie früher eben, als die welt noch übersichtlich, still und geordnet zu sein schien.
Dank LaterPay habt Ihr jetzt zusätzlich die Möglichkeit, mich für den einen oder anderen Inhalt zu bezahlen. Mit nur 2 Klicks (!) könnt Ihr weiterführende Informationen, Grafiken oder Videos abrufen. Eine Art „In-App-Purchase“, wie man das aus der Games-Welt kennt – nur eben übertragen auf den Journalismus.
mein erster versuch war nur so halb von erfolg gekrönt, nach dem kauf habe ich erstmal einen eigenartigen darstellungsfehler bekommen, der aber auch mit der aktuellen chrome version zusammenhängen kann die ich gerade benutze.
die behauptung mit den zwei klicks ist allerdings gewagt. wenn ich mich erstmal auf der artikelseite befinde, was von der gutjahr.biz-startseite schonmal mindestens zwei klicks entfernt ist, öffnet der erste klick erstmal ein laterpay-fenster. der kauf lässt sich erst durch den zweiten klick tätigen, wenn man die AGB zur kenntnis genommen hat (lesen: 1 klick, bestätigen: 1 klick). ich zähle da 4 klicks. möglicherweise muss ich beim nächsten kauf auf meinem laptop nicht mehr die AGB lesen und die kenntnisnahme bestätigen (und komme so dann tatsächlich auf 2 klicks), aber ausprobieren kann ich das nicht, weil es ausser diesm einen artikel noch nichts per laterpay zu kaufen gibt. spätestens wenn ich auf einem anderen gerät etwas mit laterpay kaufen will, werde ich aber wohl wieder auf vier klicks kommen.
also bin ich mit dem iphone auf den artikel navigiert (gefühlte 5 klicks) und habe todesmutig erneut für 29 cent den artikel kaufen wollen. richard gutjahrs blog ist zwar responsive, also auf die betrachtung mit mobilen geräten optimiert, aber leider das aufpoppende laterpay-fenster nicht.
#laterpay auf dem iphone: kann den bezahlen-button nicht anscrollen, mir aber eine tolle CSS-animation ansehen („Über LaterPay“). respekt.
unscrollbares laterpay-fenster auf dem iphone
das fenster lässt sich weder scrollen noch kleinskalieren, was sehr bedauerlich ist, weil es so unnötigerweise die nutzung mit einem iphone 4 unterbindet. ich habe es eben mit einem kindle fire ausprobiert und tatsächlich klappte der kauf damit (mit 4 klicks). was auch klappte war meinen vermeintlichen doppelkauf durch anmelden im kindle bei laterpay zu stornieren, bzw. die käufe zusammenzulegen, so dass ich nur einmal 29 cent zahlen werde müssen. ich glaube zumindest dass das funktioniert, denn das was mir das system gesagt hat, habe ich nur so halb verstanden.
im prinzip hält laterpay also was es verspricht: einfache, relativ unbürokratische abwicklung von kleinstkäufen, auch über gerätegrenzen hinweg (wenn man sich seine zugangsdaten merken kann). was ein bisschen irritiert ist die etwas lieblose umsetzung des überlagerten fensters, das nicht mit dem theme von gutjahr.biz zusammenspielt. die laterpay-api scheint auch noch sehr beta zu sein, eben habe ich mehrfach folgende fehlermeldung zu gesicht zu bekommen:
laterpay-API-fehler auf gutjahr.biz
ansonsten könnte das aber was werden, mit laterpay. wenn das dann mal irgendwann funktioniert und zugänglich ist.
die arbeit ist das sinnbild unseres diplomprojekts organic future. ansgar hat dankenswerterweise ein paar filme und ideen von damals dokumentiert. dort sind auch einige unserer damaligen filme eingebettet, die man sich alle ansehen kann, sobald sich die GEMA und google geeinigt haben. es gibt auch ein organic-future-youtube-konto mit den filmen.
diese dokumentationsseiten hat ansgar schon ne weile online (auf die bilder kann man klicken):
jason kottke hat vor ein paar tagen einen kaffee-kult-wutausbruch von khoi vinh verlinkt. ich bin beim lesen immer wieder gedanklich abgedriftet, was mir bei zu kompliziert geschriebenen wutausbrüchen immer wieder passiert. deshalb nehme ich mal das zitat das auch jason kottkes zur zusammenfassung ausgewählt hat:
In the West, and particularly in urban centers of the United States, we've turned coffee into not just a daily habit, but a totem of conspicuous consumption. They are "rituals of self-congratulation" (a choice phrase I believe I read from Sam Sifton, but which I can't seem to source) wherein we continually obsess over certain coffee purveyors or certain methods of brewing coffee - each new one more complex, more Rube Goldbergian and more comically self-involved than the previous brewing fad.
die ritualisierung und die kultische erhöhung von menschlichen tätigkeiten erstreckt sich wirklich auf alle lebensbereiche. von der nahrungsaufnahme zum stuhlgang (schonmal moderne japanische toiletten gesehen?), von der wahl der fortbewegungsmittel zur wahl der körper- und fussbedeckung hin zur frage ob man knoblauch besser quetscht, würfelt, in scheiben oder mit oder ohne keim verarbeitet. über jede, wirklich jede entscheidung können sich menschen ausgiebig streiten, sei es die wahl des richtigen telefons, des richtigen computerbetriebssystems oder der richtigen belichtungszeit und blende bei gänseblümchenfotographie. warum sollte das gerade bei kaffee anders sein?
ich glaube, man nennt die rituale der selbstbeglückwünschung von denen möglicherweise sam sifton oder sonstwer redet, in anderen zusammenhängen auch einfach kultur. wie wir nahrungsmittel zu uns nehmen, drogen, genussmittel, wie wir uns kleiden oder fortbewegen und uns gegenüber anderen verhalten, die sich ebenfalls fortbewegen oder etwas zu sich nehmen oder kleiden, all das kultivieren und regeln wir im laufe von jahren, manchmal dekaden oder jahrhunderten. und nennen es dann kultur, konsum, ausgehen, genuss oder wie auch immer.
es gibt nicht wenige menschen die sich selbst für sehr kultiviert halten und deren regale sich vor lauter gesammelten kulturgütern biegen, die aber die nase über kulturen rümpfen die entweder zu primitiv, zu ausgefeilt, zu fremd, zu spiessig, zu hipp, zu unhipp, zu neu oder einfach zu anders zu dem was in ihren regalen oder schränken steht sind. es gibt menschen die nennen es „spass“, wenn sie mit 200 auf einem zweirad durch die gegend rasen, aber dekadent, wenn man sich kaffee aus alumniniumkapseln zubereitet. dekandent und obsessiv sind immer die anderen. das was wir selbst tun, nennen wir lieber „ein bisschen spass“ oder „genuss“.
man kann sich wirklich über alle möglichen obsessionen lustig machen; über die japaner, wie sie zwanghaft an jedem deko-detail jedes bissens arbeiten, über die deutschen, die mayonaise auf alles kippen, fleisch über stunden hinweg weichkochen und kaffee aus tropfbrühautomaten trinken, über italiener die der meinung sind espresso schmecke besser, wenn er in heisse tassen gefüllt wird und im stehen getrunken wird oder über franzosen, die dünnen kaffee in homöopathischer dosis in zu heisse milch kippen.
ich mach mich heute mal über nichts lustig, sondern versuche mich zu erinnern wie sich mein kaffeekonsum über die jahre hinweg verändert hat.
an meine erste tasse kaffee kann ich mich leider nicht erinnern. ich bin aber sicher, dass es klassischer deutscher filterkaffee war, mit milch und zucker. woran ich mich allerdings in meiner jugend erinnere, war das aufkommen von kaffeeverkaufsstellen bei bäckern und den duft den das kaffeemahlen verströmte. dieser duft macht womöglich abhängiger als das koffein im kaffee. als ich mit 15 oder 16 regelmässiger gast im aachener domkeller wurde, wurde ich auch regelmässiger konsument des dort gereichten „milchkaffee“. der wurde dort mit viel milch und ein bisschen dünnen kaffee aus sowas wie einer siebträger-espressomaschine serviert. schmeckte wie das zeug, was man in frankreich als café au lait serviert bekommt.
hin und wieder, wenn ich mit meinen eltern mal essen ging, gabs zum abschluss einen espresso. diese abendlichen espressi knallten witzigerweise immer genauso so, wie man sich wünscht, dass der morgentliche kaffee knallen würde, aber fast nie tut. bis zu meinem ungefähr siebzehnten lebensjahr habe ich mehr oder weniger nur filterkaffee getrunken, mit gelegentlichen espresso-zwischenfällen. ein einziges mal habe ich in aachen im café van den daele einen kaffee getrunken, der direkt in die tasse gebrüht wurde, mit so einem edelstahlaufsatz, in dem das kaffeepulver war und aus dem unten dann der kaffee in die tasse tropfte. bis auf die apparatur, fand ich den kaffee nicht besonders beeindruckend.
ich kann mich an keinen einzigen kaffee erinnern, den ich in meinem austauschjahr in den USA getrunken habe. gut möglich, dass ich meinen koffeinbedarf ausschliesslich mit softdrinks gestillt habe — oder einfach keinen bedarf hatte. ein paar jahre nach meiner rückkehr hielt bei uns eine dieser auf-den-herd-stell-espresso-kannen einzug. ich fand den kaffee immer ein bisschen bäh, immer entweder zu sauer, zu schwach oder zu stark und oft meinte ich gummidichtungsgeschmack wahrzunehmen.
nach meiner ausbildung fuhr ich erneut für ein paar wochen in die USA, 2 wochen new york und 2 wochen seattle, bzw. washington state. in new york frühstückte ich meist in einem diner an der columbus avenue. dort liess ich mir acht bis 10 tassen kostenlos nachfüllen, bis sich ein bisschen koffein-kribbeln bemerkbar machte. geschmacklich konnte ich der amerikanischen kaffeeplörre durchaus etwas abgewinnen, der deutsche filterkaffee war mir jahrelang zu bitter. der amerikanische kaffee verursachte aber auch einiges mehr an harndrang als ich gewohnt war. aber da es in new york an fast jeder ecke ein mcdonalds gibt, war das auch kein problem.
in den zwei wochen bemerkte ich new york erstmal auch eine neue art café. es gab qualitativ hochwertige backwaren, kekse, kuchen und eben auch cefé latte und son gedöns — in pappbechern. ich habe in der zeit hin und wieder solche läden aufgesucht, allerdings (in meiner erinnerung) weniger wegen des kaffees (den ich lecker fand), sondern wegen der sitzplätze direkt im fenster. ich fand es gab nichts grossartigeres als in new york an einer belebten strasse in einem fenster zu sitzen und auf die strasse zu sehen. und vielleicht zu lesen. später in seattle habe ich auch zum ersten mal die marke starbucks wahrgenommen. das muss alles so gegen 1993/94 gewesen sein.
zurück in deutschland gab es dann durchs studium hindurch fast ausschliesslich filterkaffee. viel filterkaffee. gelegentliche espressi nach dem essen oder bei italien-reisen waren sicherlich dabei, aber filterkaffee war neben leitungswasser und bier eins meiner grundnahrungsmittel. bis ich zum ende des studiums umzog und das herbertz in der immenhofer strasse entdeckte. über mindestens zwei jahre bin ich dort jeden morgen hingegangen und habe eine oder zwei oder drei „melange“ getrunken (was, zumindest aus herbert okolowskis hand, eine art sehr starker café latte war) und ein laugenbrötchen mit salami und käse gegessen. der kaffee-geschmack im herbertz war leider sehr prägend für mich — zumindest für das, was ich als wirklich guten kaffee empfinde. mich hielt und hält diese messlatte nicht davon ab, andere arten kaffee zu trinken und zu schätzen, aber wirklich guter kaffee muss seit dem herbertz wirklich stark sein, ohne bitterstoffe, mit mehreren millimetern crema. beste erinnerungen habe ich auch an das kleine stehcafé im oder am tagblattturm. dort gab es ertklassigen illy-espresso, der mir damals in der kombination mit einem feierabendbier besonders gut schmeckte.
die letzten jahre in stuttgart, aber auch die ersten jahre in berlin hatte ich de-fakto kein zuhause. ich habe in meiner wohnung lediglich übernachtet und geduscht, gegessen, kaffee getrunken, gearbeitet und gebloggt habe ich mehr oder weniger in wechselnden büros und wechselnder gastronomie. in den ersten 5 jahren berlin (mindestens), bin ich jeden morgen ins coffeemamas gegangen und habe dort zwei bis drei kaffee latte getrunken. neben dem überragend leckeren, selbst gerösteten kaffee mochte ich dort insbesondere, wie damals in new york, das im fenster stehen und die menschen beobachten. irgendwann öffnete in berlin auch ein starbucks, in den seltenen fällen in denen ich dort hin ging, trank ich filterkaffee mit milchschaum, der war der günstigste und schmeckte nicht übel. scherzahft nannte ich starbucks damals auch immer wucherpfennig. ebenfalls sehr guten kaffee gabs im caras, da bin ich immer hin, wenn das coffeemamas zu hatte oder noch nicht offen weil die bedienung verschlafen hatte. zum starbucks bin ich allerdings immer gerne aufs klo gegegangen — was ich damals auch ausgiebig im internet dokumentierte. langjährige leser werden sich erinnern.
2007 passierte etwas ungeheuerliches und mir bis dahin unvorstellbares. wir schafften uns eine nespresso-maschine an, obwohl ich solchen überteuerten systemkaffee bis dahin für völlig blödsinnig hielt. nachdem wir den kaffee ein paar mal aus so einer maschine bei meiner schwester probiert hatten, liess ich all meine bedenken fahren. der hauptgrund war in meiner erinnerung, dass wir beide die schnauze voll hatten von den auf-den-herd-stell-espressokännchen. die dinger führten regelmässig zu spritzendem kaffee, verbrannten fingern und scheusslichem kaffeee. für mich war der nespresso-kaffee, wenn ich in hamburg war, eine echte alternative zum café-ausgehen. auch preislich erscheinem einem 30-40 cent im vergleich zu 3-4 euro nicht so doll. die nespresso-maschine hat mich in den letzten jahren auch fast vollkommen vom morgendlichen café-besuchen abgehalten.
2008 bin ich mit der beifahrein und dem kind wieder in und durch die USA gereist. unter anderem, um in las vegas zu heiraten. auf unserer hochzeitsreise durch den westen der USA sind wir leider zu regelmässigen starbucksgästen geworden. einfach weil es dort für amerikanische verhältnisse den besten kaffee gab. zumindest auf dem flachen land. und aus flachem land bestehen die USA nunmal zum grossen teil. bevor die beifahrerin vor ungefähr zwei jahren nach berlin zog, bin ich immer noch regelmässig zum frühstücken in berlin in cafés gegangen. meistens das balzac an der schönhauser allee. spätestens als der laden auf der ekelliste des ordnungsamt pankow auftauchte, trinke ich den kaffee in solchen läden immer im pappbecher. aber wahrscheinlich ist das nur eine USA-angewohnheit die ich mir als tick zugelegt habe.
vor ein paar wochen las ich mal wieder über die aeropress-kaffeemaschine (vorher wiederholt bei cory doctorow) und entschied mich, das ding mal auszuprobieren. [amazon-werbelink] für knapp 25 euro kann man da ja nicht viel falsch machen, dachte ich. zuhause hatten wir noch ein paket dallmayr prodomo mit einer geschenkschleife im schrank stehen. muss irgendwann mal jemand mitgebracht haben. der erste kaffee den ich mit der aeropress aus dem dallmayr prodomo presste, knallte wie ein abendlicher restaurant-espresso. der geschmack war stark, ohne echten espresso-geschmack, aber auch völlig ohne bitterstoffe — allerdings auch ohne crema. zu meinem geburtstag bekam ich von der beifahrerin und dem kind eine elektrische kaffeemühle und ein kilo faire bio-kaffeebohnen aus guatemala geschenkt. wenn ich diese bohnen ganz fein mahle, bilde ich mir ein, dass der kaffee aus der aeropress eine leichte kakao-note bekommt. er ist weiterhin stark und nicht bitter und ohne das typische espresso-röstaroma. aber köstlich. die zubereitung ist etwas komplexer als mit der nespresso-maschine, aber ich trinke ihn ähnlich: eine tasse, die mit ⅔ milch gefüllt ist, erwärme ich 30 sekunden in der mikrowelle und kippe dann die hälfte des kaffeeextrakts, dass aus zweieinhalb grossen kaffeelöffeln kaffeepulver und ca. 100 milliliter wasser besteht, dazu.
bei der aeropress kann man an vielen variablen drehen: der wassertemperatur, dem mahlgrad, der länge des rührvorgangs, des pressvorgangs und der kaffeesorte. auf diese variablen habe ich mit bedacht jahrelang dankend verzichtet und ehrlichgesagt ist das der entscheidende punkt bei nespresso: der kaffee ist nahzu immer gleichbleibend gut (für manche auch gleichbleibend schlecht). die einzige variable die man verstellen kann ist die art der kapsel. da das was aus der aeropress herauskommt bisher auch mit verschiedenen variablen köstlich war, freue ich mich darauf wieder an den stellschrauben drehen zu können oder verschiedene rezepte auszuprobieren. davon scheints reichlich zu geben.
[Werbung]
Ich habe auf Ebay eine Kollektion angelegt, in der ich die Maschinen und Zutaten, mit denen ich in den letzten paar Jahren Zuhause und im Büro Kaffee gemacht habe, aufliste. Mehr oder weniger alles in dieser Kollektion besitze oder nutze ich und kann ich aus vollem Herzen empfehlen.
[Für die Erstellung und Bewerbung von ein paar Ebay-Kollektionen habe ich ein (pauschal) Honorar bekommen. Etwas mehr zu den Ebay-Kollektionen habe ich hier geschrieben.]
die schweizer zeitung der bund, schreibt in einem info-kasten zu diesem artikel unter anderem:
Aufgrund der unklaren Rechtslage ist es in der Medienbranche jedoch Standard, dass Fotografen für ihre Bilder entschädigt werden, unabhängig davon, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt oder nicht.
von der überschrift des artikels, „SVP kämpft mit gestohlenem Bild gegen Chaoten“, könnte man auch darauf schliessen, dass ein teil der redaktion des bundes der meinung ist, dass die unlizensierte nutzung eines bildes diebstahl ist. ich sehe das aus verschiedenen gründen anders und halte begriffe wie diebstahl oder eigentum im zusammenhang mit immateriellen gütern für kampfbegriffe (mehr dazu weiter unten).
trotzdem finde ich, sollte man sich an seinen eigenen worten messen lassen.
diese messung fiel beim bund sehr enttäuschend aus.
vor vier wochen entdeckte die beifahrein auf einer seite des bund ein foto das sie vor 5 jahren aufgenommen und veröffentlicht hatte. das foto war weder mit einem hinweis auf die urheberin, noch mit einem link auf die quelle veröffentlich worden. ausserdem wurde in das bild noch das logo des fussballblogs der zeitung montiert.
weil ich neugierig war, wie der bund diese bildnutzung mit den standards der medienbranche, von denen er seine redakteure schwadronieren lässt, in einklang bringen möchte, schrieb ich einen mittelfreundlichen brief:
ich wollte mal fragen ob das in ihrem haus üblich ist, fotos aus dem internet einfach zu nutzen, ohne den urheber davon in kenntnis zu setzen und das eigene copyright drunter zu flanschen oder ob sie sich an die standards der medienbranche halten, von denen sie in einem ihrer artikel schwadronieren:
Aufgrund der unklaren Rechtslage ist es in der Medienbranche jedoch Standard, dass Fotografen für ihre Bilder entschädigt werden, unabhängig davon, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk vorliegt oder nicht.
im impressum der seite seite meiner frau stehen die nutzungsbedingungen eigentlich unmissverständlich:
Die Fotos sind von verschiedenen Leuten gemacht worden. Von wem steht in den jeweiligen Einträgen. Für die meisten bin ich Inhaberin des Urheberrechts, für diese gilt: bei Namensnennung und Verlinkung meiner Seite dürfen sie die Bilder gerne kopieren und verbreiten. Es darf sich dabei allerdings nicht um einen kommerziellen Zweck handeln und die Bilder dürfen nicht verändert werden. Bilder deren Urheberrecht ich nicht habe sind im Text gekennzeichnet. Die dürfen sie nicht kopieren.
soweit ich erkennen kann, verfolgt ihr verlag durchaus kommerzielle ziele, sie verstossen also eindeutig gegen die eigentlich recht liberalen nutzungsbedingungen die meine frau für ihre bilder vergibt.
wir würden uns sehr darüber freuen, wenn sie uns die frage beantworten würden, ob sie sich an die standards der medienbranche halten wollen, oder ausnahmen davon machen, wenn keine gegenwehr zu erwarten ist.
interessant fand ich, dass in der antwort, die einen tag später ankam, nicht mit einem wort auf das vollmundige versprechen eingegangen wurde, dass fotografen von verlagen die sich an medienstandards halten stets „für ihre Bilder entschädigt“ würden:
Sehr geehrter Herr Schwenzel,
Besten Dank für Ihr Mail. Ich möchte mich bei Ihnen und bei Ihrer Frau für die Urheberrechtsverletzung entschuldigen, die so natürlich nie hätte stattfinden dürfen. Dieses Vorgehen ist in unserem Medienhaus selbstverständlich nicht üblich, und ich werde alles veranlassen, damit dies auch in unseren Blogs, die zum grossen Teil auf freiwilliger Basis geschrieben werden, so gehandhabt wird.
Gerne werde ich die Löschung des Beitragbildes veranlassen, und möchte mich noch einmal nachdrücklich bei Ihnen entschuldigen.
auch heute, knapp vier wochen nach der ankündigung alles mögliche zu veranlassen, ist das bild noch online. mir und der beifahrerin ist das eigentlich ziemlich egal, aber es zeigt doch ziemlich deutlich, was man von den äusserungen, beteuerungen und heren grundsätzen von redaktionen, redakteuren und verlagen halten kann: zum grossen teil sind das leere, bedeutungslose worthülsen, die kläglich am alltag scheitern.
es ist natürlich kompliziert. im internet kann einen nicht nur die nicht lizensierte bildnutzung, sondern theoretisch auch schon das einbetten von youtube-videos, tweets oder anderen inhalten in urheberrechtsfallen tappen lassen. das posten von links auf facebook führt fast immer dazu, dass sich facebook ein vorschaubild von der verlinkten seite holt und mal klein, mal grösser auf der eigenen facebookseite anzeigt. selbst ein so elementarer bestandteil des digitalen lebens wie das verlinken von webseiten, liegt in einem für laien völlig undurchschaubaren rechtsgestrüpp. noch komplizierter wirds wenn man diese vorschaubilder selbst, von apps oder anderen webdiensten auswerten lässt. nur ein beispiel: die aktuelle topmeldung auf spiegel.de zeigt ein bild der DPA. dieses bild wird im quelltext der seite auch als open graph bild angeboten:
damit bietet spiegel.de das bild der DPA explizit für die verwendung in sozialen netzwerken an. dienste wie twitter, pinerest, google-plus und einige andere werten diese information teilweise ebenfalls aus und nutzen diese vorschaubilder. die rechtslage dafür ist völlig ungeklärt, wie man auch beim beispiel spiegel sieht. einerseits sagt spiegel online „nehmt dieses vorschaubild!“, andererseits sagt spiegel online klipp und klar:
SPIEGEL ONLINE arbeitet mit den allgemeinen Bildagenturen zusammen und kauft Bilder nur für das eigene Angebot. Die Rechte der Fotos bleiben bei den Bildagenturen und können nicht an Dritte übertragen werden. Bitte wenden Sie sich an die entsprechende Presse- oder Bildagentur, die unten rechts in der Ecke des Fotos genannt wird.
das internet ist ein urheberrechtliches minenfeld. mein persönlicher weg dadurch ist zumindest zu versuchen fair zu sein. schon klar, das ist ein sehr dehnbarer begriff. einerseits kann jeder meine bilder und texte nutzen und ändern, auch kommerziell, wenn er meinen namen nennt und das neue werk unter der gleichen lizenz veröffentlicht (lizenz ist im fuss der seite verlinkt). andererseits versuche ich bei nutzung fremder werke bildquellen immer zu nennen und, wo nötig, die lizenz anzugeben. bei urhebern (fotografen, zeichnern) versuche ich möglichst immer direkt nachzufragen ob ich das bild nutzen darf (bisher ist diese frage nie mit nein beantwortet worden). wenn ich mir unklar über die lizenz oder den urheber bin, versuche ich einen teaser zu bauen, der nicht das ganze bild zeigt und aufs original verweist.
aber sogar selbst fotografierte bilder bergen urheberrechtliche probleme: ein foto kann kunst enthalten, für deren abbildung man der vg bild-kunst gebühren zahlen müsste. personen abzubilden birgt noch mehr potenzielle probleme.
ja, es ist kompliziert, aber ich glaube (ich wiederhole mich, ich weiss) entscheidend ist immer abzuwägen und zu versuchen sich fair zu verhalten. wie heisst fair eigentlich auf schweizerisch?
[nachtrag 17.03.2014, 15:50 h] die drei seiten mit dem blogbeitrag (eins, zwei, drei) mit dem entsprechenden bild sind jetzt gelöscht, bzw. 404. vom verlag oder dem entschuldigungsredakteur haben wir bis jetzt nichts neues gehört.
Ebay hat vor ein paar Tagen in Deutschland mit einigem Presserummel benutzergenerierte Kollektionen vorgestellt. Wie Ebay sich das dieses Kollektionendings genau vorstellt, sieht man auf der Landingpage die Ebay dafür gebaut hat. Auch die reguläre Ebay-Startseite wurde umgekrempelt und sieht jetzt, zumindest bei mir, aus wie ein mit Zetteln vollgeklebter Kühlschrank.
Auf Ebay kann sich jetzt jeder solche Kollektionen aus Ebay-Artikeln zusammenklicken; Sammlungen mit Artikeln die man anderen empfehlen möchte oder, wie Modeblogger das gerne tun, Artikel die farblich gut zusammen passen.
Zum Start der Kollektionen hat Ebay einen Haufen „Experten und Trendsetter“ [sic] eingeladen um die ersten paar hundert Kollektionen zusammenzustellen. Einer davon bin ich. Weil Ebay mir für die Erstellung von ein paar Kollektionen und dafür, dass ix dieses Kollektionendings hier und anderswo sporadisch erwähne, ein Honorar gezahlt hat, steht über diesem Artikel folgerichtig „Werbung“. Ausserdem schreibe ich zur eindeutigen Kennzeichnung mal mit Großbuchstaben.
Ich habe keine Ahnung nach welchen Algorithmus Ebay die Kollektionsstartseite sortiert. Angeblich funktioniert das nach Aktualität und Beliebtheit. Derzeit taucht erst an hundertachtzehnter Stelle eine Kollektion von mir auf (diese Toilettenschildersammlung). Keine Ahnung ob das funktioniert, aber was René Walter kann, kann ich schon lange: hiermit rufe ich einfach mal dazu auf, diese beiden, bisher unterbeaufmerksamten Kollektionen von mir zu klicken und zu folgen:
markus, oder den pöhler, wie ihn alle nannten, habe ich zuletzt auf neles beerdigung gesehen. das ist jetzt ungefähr zwanzig jahre her. seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen und auch nichts von ihm gehört. im august des letzten jahres ist markus gestorben, seine todesanzeige und eine „gedenkseite“ habe ich heute per google gefunden.
markus war vor 30 jahren mein bester freund. als ich ihn kennenlernte war ich 14 oder 15. wir haben zusammen das getan, was 15 jährige in den 80ern eben so machten: geraucht, getrunken, gekifft, musik gehört, computerspiele gespielt, michael gross mitten in der nacht beim schwimmen in los angeles zugeguckt (bei einem der rennen schlug markus vor aufregung eine scheibe ein). ich glaube wir haben ausser der olympiade in LA nie gemeinsam fernsehen geguckt, dafür sind wir aber mal mit 15 gemeinsam ins pornokino gegangen. als es noch kein internet gab, musste man für so nen scheiss noch mäntel mit hohen kragen anziehen und in die innenstadt fahren. an den wochenenden sind wir in diverse aachener clubs gegangen, die man damals noch diskotheken oder kneipen nannte. erschütternderweise sind mir ausser dem metropol in der blondelstrasse alle namen von diesen damals beinahe magischen orten entfallen. wir fühlten uns damals ziemlich erwachsen — und dachten auch dass wir so aussehen. welch ein irrtum.
nele, pöhler, ix
wir haben in der zeit auch ziemlich oft mädchen aufgesucht und unter anderem auch angefangen stark parfümierte tees zu trinken. und das nicht nur gemeinsam mit den mädchen die wir aufsuchten. bei monika sind wir mal abends über den garten in die erste etage in ihr zimmer geklettert. möglicherweise zum teetrinken. beim einsteigen ins fenster schlug mein fuss gegen die jalousie des wohnzimmers, in dem monikas eltern gerade fernsehen guckten. wir waren eventuell schon ein bisschen angetrunken, weil wir vorher auf dem spielplatz 40prozentigen rum getrunken hatten. wir dachten damals, dass das gegen die bittere kälte helfen würde. bei monika hörten wir, glaube ich, wham! auf einem plattenspieler mit tangetialarm (!), ein teil mit fernbedienung, mit dem man lieder überspringen konnte. eigenartig was man sich so alles merkt und was man vergisst. monikas eltern haben übrigens nicht bemerkt, dass monika herrenbesuch hatte und beim aussteigen waren wir offenbar vorsichtiger.
nie vergessen werde ich den abend an dem ich markus besuchte und gleich bei ihm im zimmer verschwand, ohne seinen eltern, die zwei zimmer weiter fern sahen, hallo zu sagen. bei uns gab es sonntags fast immer lammbraten mit knoblauchsosse (viel jogurt, ein bisschen mayonaise, ketchup, salz, zucker und sehr, sehr viel gequetschter knoblauch). nach 20 minuten riefen markus eltern laut aus dem wohnzimmer rüber: „markus? ist felix da? es riecht nach knoblauch!“
im sommer 1984 oder 85 sind wir zusammen mit dirk mit der mitfahrzentrale nach lacanau ocean in frankreich gefahren. eine erfahrung die wir dort machten hat sich mir sehr eingeprägt: den billigen landwein (zwei liter flasche) aus dem campingplatz-laden konnte man mit 10 würfeln zucker einigermassen geniessbar machen. ich glaube wir waren 2 oder drei wochen dort, eine zeit in der unsere eltern nicht wussten ob es uns gut geht — unter anderem, weil wir gar nicht auf die idee kamen, zuhause anzurufen. als die ferien sich dem ende zuneigten, kamen wir allerdings auf die idee, unsere mitfahrgelegenheit anzurufen, die versprochen hatte uns auch wieder mitzunehmen. der mann war allerdings nicht zu erreichen. wir fuhren mit unserem letzten geld mit dem zug zurück nach aachen. das geld war dann am kaiserplatz alle, so dass wir uns wegen meiner schwarzfahrphobie entschlossen vom kaiserplatz nach kornelimünster zu laufen oder zu trampen.
was mich im nachinein wundert ist, dass wir es über den urlaub hinweg geschafft haben so mit dem geld zu haushalten, dass wir es tatsächlich zurückgeschafft haben und dass unsere eltern nicht vor angst um uns wahnsinnig geworden sind (oder wenn sie es waren, es sich nicht haben anmerken lassen).
der tod schien uns damals sehr zu faszinieren. sowohl tagsüber, als auch abends trafen wir uns oft auf dem friedhof an der bergkirche in kornelimünster. oft auch mit nele. irgendwann hatten wir uns vorgenommen auf dem friedhof mal zu übernachten, eine mutprobe, die wir dann doch nie umgesetzt haben. bei neles trauerfeier, die in der bergkirche stattfand, fragte ich markus, ob er sich erinnern würde, wie wir damals oft mit nele auf der freidhofsmauer gesessen hätten. markus antwortete damals ja, wenn ich mir diese frage heute selbst stelle, fällt mir auf, dass ich mich nur noch daran erinnere dass wir oft dort sassen (und wahrscheinlich wie die schlote rauchten), aber nicht an konkrete situationen mit den beiden dort am friedhof. das einzige bild das mir ins gedächnis kommt ist, wie ich dort alleine in der sonne sitze, auf den vom sonnenlicht gewärmten alten, flechtenübersääten steinen, und von oben auf kornelimünster blicke.
markus und ich haben uns nie gestritten, aber dann doch irgendwann auseinandergelebt. vor allem geographisch, als ich 1986 für ein jahr in die USA ging und danach nicht nach aachen zurückkehrte, sondern nach heinsberg zog. ausser von ein bisschen hörensagen, weiss ich nicht was für ein leben markus seit dem führte und weshalb er gestorben ist. auf seiner gedenkseite erkennt man aber, dass er offenbar ein kind und eine frau hatte. mir tut das sehr leid und ich bin sicher, dass er ein sehr guter vater und mann war.
nach etwas über zwei jahren, ist der bumper meines iphone 4s kaputt gegangen. mein iphone ohne bumper fühlte sich zwar wie ein neues telefon an, aber ohne bumper kam es mir extrem fragil und verletzlich vor. ich traute mich kaum es auf der strasse zu benutzen, aus furcht es könne zerschellen, fiele es mir aus der hand. das telefon ist mir zwar noch nie hingefallen, aber ohne bumper machte mich ungepolsterter boden unter meinen füssen nervös.
die apple original-bumper kosten 29 euro. ein stolzer preis für einen artikel der in der herstellung wahrscheinliuch wenige cent kostet. eigentlich eine unverschämtheit. trotzdem, immerhin hatte das ding fast 30 monate gehalten, entschied ich mich einen neuen zu kaufen. wieder von apple. letzte woche bin ich in den cyberport store in der friedrichstrasse gegangen um vielleicht doch noch alternativen auszuprobieren.
weil der laden erst um 10 uhr aufmacht und ich etwas früher da war, konnte ich mir noch das schaufenster ein bisschen ansehen. erstaunliche sachen verkauft man dort; einen drucker mit integriertem 27 zoll monitor?
interessant. als der laden dann endlich um zehn nach zehn öffnete, war ich ein wenig enttäuscht. auch die iphone-hüllen-auswahl war ein bisschen lieblos. es gab nicht ein einziges cover ohne verpackung, dass man hätte anfassen können. und auch die auswahl war enorm klein. für das iphone 4 gab es gerade mal 5 oder sechs modelle zur auswahl, für das 5er ein bisschen mehr.
aber das beste: für die original apple bumper wollte cyberport nochmal 5 euro mehr als apples 29 euro. das war dann selbst mir zuviel.
bei amazon fand ich dann später eine riesige auswahl, recht aussagekräftige kundenbewertungen, bessere und mehr fotos als im cyberstore auf den verpackungen und vor allem bessere preise. am ende entschied ich mich für ein set mit 6 bumpern für 10 euro, die denen von apple nachgebildet waren und ganz OK bewertet waren. zwei tage später waren sie im briefkasten. die dinger sitzen gut, nur der ein/aus-knopf ist etwas klemmig zu bedienen.
theoretisch habe ich jetzt 194 euro gespart. und praktisch habe ich erfahren, warum der stationäre handel in deutschland vor die hunde gehen wird.
von den offensichtlich von ideologie, aberglauben und tiefen menschenhass getriebenen äusserungen von sibylle lewitscharoff habe ich zuerst bei stefan niggemeier gelesen. danach haben viele kluge menschen etwas dazu geschrieben, georg diez, jo lendle, malte welding, sopran oder journelle, um nur ein paar zu nennen.
der chefdramaturg des schauspielhauses dresden, robert koall, dessen text stefan niggemeier veröffentlichte sagte in seinem offenen brief an sibylle lewitscharoff unter anderem, dass die rede lewitscharoffs gefährlich sei:
Man könnte aber auch sagen, dass man es leid ist, dass immer wieder so getan wird, als würden Worte nichts bedeuten. Es gibt einen Punkt, der die Dresdner Rede vom 2. März gefährlich macht. Das ist das Tendenziöse, die Stimmungsmache, das tropfenweise verabreichte Gift.
ich fand den offenen brief von robert koall wunderbar, differenziert und auf den punkt. trotzdem frage ich mich, ob es stimmt, dass solche reden „gefährlich“ sind. zumindest hat die reaktion auf die rede von sibylle lewitscharoff nicht wenige brilliante, persönliche oder überzeugende texte hervorgebracht, die sonst vielleicht nicht das licht der welt erblickt hätten.
mir, und wahrscheinlich vielen anderen, war nicht klar, dass es noch menschen mit einem IQ von über 40 gibt, die solchem menschenfeindlichen und ideologischem aberglauben religiöser fundamentalisten aus den vergangenen jahrhunderten auch heutzutage noch anhängen. mir war nicht klar, dass man auch heutzutage noch für die unantastbarkeit der menschenwürde und das recht auf selbstbestimmung argumentieren muss.
vielleicht sollten wir sibylle lewitscharoff deshalb auch ein bisschen dankbar sein, dass sie uns daran erinnert hat, dass freiheit, selbstbestimmung und menschenfreundlichkeit keine selbstverständlichkeiten sind, sondern jeden tag neu verteidigt werden müssen. nicht sibylle lewitscharoffs hassrede ist gefährlich, sondern unsere trägheit, unser unwillen für unsere (und anderer) freiheit und selbstbestimmung einzutreten und zu streiten.
reden wie die von sibylle lewitscharoff sind möglicherweise nicht die ursache für ein von manchen wetterfühligen menschen gefühltes reaktionäres klima, sondern nur ein symtom. die ursache ist unsere bequemlichkeit.
oder um ein bild zu benutzen, wir sollten uns nicht über die sarrazins, lewitscharoffs oder matusseks beklagen, die mit brennenden streichhölzern durch den wald laufen, sondern immer dafür sorgen, dass der wald nicht ausdörrt, sondern spriesst, grünt und vor leben dampft. die streichholzträger suchen sich natürlich immer die ausgedörrten stellen, weil das feuer dort schneller zu entfachen ist. aber das sollte um so mehr ein grund sein, uns besonders um die ausgedorrten stellen zu kümmern.
ich lasse mich von arschlöchern nicht beleidigen. das habe ich mir zumindest vorgenommen — und meistens klappt das auch. warum sollte ich bei leuten deren ansichten ich nicht teile, gerade die ansicht die sie mir gegenüber äussern akzeptieren? das sagt sich natürlich leicht, vor allem wenn leute von podien andere leute als einen selbst kränken oder demütigen. aber auch hier ist es wichtig, sich nicht auf die täter, also auf die arschlöcher, zu konzentrieren und sie mit aufmerksamkeit zu adeln, sondern auf die opfer. den opfern sollte man aufmerksamkeit widmen, ihnen solidarität und sympathie zukommen zu lassen und sie entschlossen verteidigen. (verbale) angriffe auf die täter helfen nicht den opfern, sondern den tätern, die sich dann selbst als opfer darstellen können.
wenn man gegen künstliche befruchtung oder gegen onanie ist, ist man dann eigentlich auch gegen pflaster oder blinddarm-operationen? ist es nach den gesetzen der kleriker nicht auch ein eingriff in dinge die nur gott entscheiden soll, wenn man sich dem schicksal entgegenstellt und eine fleischwunde desininfiziert, näht und verbindet — womöglich auch noch mit den eigenen händen? wo ist da der unterschied zur onanie?
wo fängt die „selbstermächtigung“ an, die lewitscharoff im faz interview als katastrophale entwicklung anprangert? beim zahnersatz? beim bypass? bei der krebstherapie? oder bei der insemination? beim hörgerät, der brille oder beim kondom? ist hormontherapie gegen osteoporose oder wechseljahrbeschwerden ok, gegen ungewollte schwangerschaften aber nicht?
ich versteh diese ideologien wahrscheinlich einfach nicht.
Sibylle Lewitscharoff hat also Recht, wenn sie eine „Selbstermächtigung der Frauen“ diagnostiziert. Aber diese Selbstermächtigung bezieht sich nicht darauf, einem technologischen Machbarkeitswahn zu frönen und dabei die Bedingtheit und Begrenztheit der Welt zu missachten (wie Lewitscharoff es ihnen vorwirft). Um es in Lewitscharoffs religiösem Bezugsrahmen auszudrücken, den sie ja ausdrücklich zu ihrer Rechtfertigung ins Feld führt: Frauen setzten sich mit ihrer Selbstermächtigung keineswegs selbst an die Stelle Gottes, sie lassen bloß nicht mehr zu, dass Männer sich (ihnen und ihren Kindern gegenüber) an die Stelle Gottes setzen.
gestern schrieb ich ein paar zeilen über die entstehung von reclaim social media und das aktuelle test-releaseauf github. auch wenn es eigentlich noch nicht allzu viele frequently asked question gibt, beantworte ich im folgenden mal ein paar fragen die möglicherweise demnächst öfter gestellt werden könnten.
was ist reclaim social media?
kurz gesagt kann man damit seine eigenen inhalte, die man auf social-media- oder anderen webseiten hinterlassen hat, in ein selbstgehostetes wordpress-blog ziehen. man kann sich damit also seine eigenen daten in eine datenbank ziehen, die man selbst kontrolliert. profaner formuliert nennt man das kopieren, auf denglisch reclaimen.
das ist alles?
im prinzip ja. reclaim ist eine einbahnstrasse: aus dem silo raus, auf die eigene website. fertig. indieweb-ansätze wie POSSE mit dem man eigene inhalte auf der eigenen seite postet und in die silos reinaggregiert finde ich faszinierend, sind aber nicht das was reclaim kann oder können soll. ich denke, viele inhalte sind in den silos von facebook oder twitter oder instagram oder flickr gut aufgehoben und entwickeln dort mitunter auch ein interessantes eigenleben und eigene dynamik. das ist ja auch der grund, warum es sie gibt und das was sie gut können: das erstellen und verteilen von inhalten einfach und effektiv machen.
was mich immer gestört hat ist, dass es mitunter schwer ist die inhalte dort hinaus zu holen, und sei es nur als überschrift mit link aufs original im silo. so wie ich das seit vielen jahren auf meiner rückseite mache.
wo ich mir noch nicht ganz sicher bin: soll reclaim auch die kommentare unter eigenen inhalten kopieren? für twitter und facebook funktioniert das ansatzweise, wenn der social plugin von alex king installiert und konfiguriert ist. reclaim gauckelt social dann vor, dass (beispielsweise) die von reclaim kopierten facebook-artikel von social zu facebook gepusht seien und synchroniert so die kommentare unter dem artikel. so sieht das dann aus.
von wo kann ich denn jetzt inhalte „reclaimen“?
derzeit gibt es module für
bookmarks (pinboard, delicious, import per RSS)
facebook (alle status-mitteilungen und shares, import per API)
flickr (kopiert alle bilder per API auf den eigenen server, inklusive den meisten metadaten)
foursquare (kopiert checkins per API, inklusive geodaten und eventuell vorhandenem checkin-bild)
goodreads (importiert alle bücher auf der gelesen-liste, derzeit nur per RSS)
google plus (alle status-mitteilungen und shares, import per API)
instagram (kopiert alle bilder per API auf den eigenen server, inklusive den meisten metadaten, optional auch favoriten)
moves (zieht per API die aktivitäten des letzten tages und baut eine zusammenfassung mit visualisierung)
twitter (kopiert alle eigenen tweets per API, optional auch favs, derzeit keine retweets)
vine (kopiert alle eigenen vines, bzw. deren embed code, inklusive revines; wirklich kopiert wird nur das video-titelbild)
youtube (wie bei vine wird hier nicht die eigentliche filmdatei kopiert, sondern nur der embedcode und das video-titelbild.optional auch die favoriten)
geplant habe ich auch ein generisches RSS modul, mit dem man dann zum beispiel eigene blogartikel kopieren kann, wie gastartikel auf fremden blogs, die einen autoren-RSS-feed anbieten. das könnte man jetzt schon mit einem weiteren plugin machen, mit feedwordpress, aber der ist fast noch komplizierter als reclaim zu konfigurieren. ausserdem möchte ich bald ein tumblr-modul, ein vimeo-modul, ein twitlonger-modul, ein eigenes pinboard-modul das die API statt den RSS-feed abfragt und eventuell ein quora- und ein yelp-modul bauen.
yelp? die yelp-API bietet so eine möglichkeit doch gar nicht
ja, hab ich auch gelesen. aus genau diesem grund finde ich die idee von reclaim so spannend. da ist ein dienst, der davon lebt, dass benutzer ihn mit erfahrungen, bewertungen, kritiken, fotos füllen und was gibt der dienst seinen benutzern an die hand um ihre eigenen daten anderswo zu benutzen?
einen mikrigen RSS-feed mit den letzten 10 yelp-empfehlungen, ohne bilder und mit gekürztem text. yelp ist ein egoistisches datensilo par excellence. reclaim soll genau für solche weltabgewandten dienste werkzeuge anbieten. ein yelp-modul würde ich wie folgt bauen:
titel, link, geokoordinaten und erstellungsdatum speichern
IDs der empfehlungen extrahieren und per simple_html_dom den volltext (und wenn möglich auch die eigenen bilder) von der yelp-seite scrapen
artikel bauen
hört sich kompliziert an. apropos kompliziert. warum muss ich für für so viele module API-schlüssel beantragen und eintragen bevor ich reclaim die daten kopieren lassen kann?
technisch wäre es kein problem einen zentrale authentifizierungsserver, beispielsweise auf reclaim.fm aufzusetzen, der als app-proxy funktioniert. dann wäre die authentifizierung eine sache von einem oder zwei klicks. so wie man das von vielen webseiten kennt (anmelden mit twitter, anmelden mit facebook, klick, klick). nur wäre es einerseits für die dienstanbieter wie twitter und facebook ein einfaches so eine zentrale app, bzw. deren schlüssel zu sperren, wenn es ihnen nicht passt, was wir damit machen. andererseits bestünde die (theoretische) möglichkeit, an diesem proxy benutzerdaten, bzw. die zugangsschlüssel zu speichern oder abzugreifen.
ich finde den dezentralen ansatz konzeptionell besser. jeder betreiber eines reclaim blogs meldet eine eigene app bei den jeweiligen silos an und regelt die anmeldung ohne einen dritten mit dem dienstanbieter selbst. wenn beispielsweise twitter fünde, dass dieses reclaim gegen deren nutzungsbedingungen verstösse, müssen sie sich mit jedem einzelnen benutzer der seine eigenen daten kopieren möchte auseinandersetzen. eigene app- und entwickler-schlüssel zu beantragen ist zuerst ein bisschen mühsam, aber so behält man alles in der eigenen, dezentralen hand. und: an diese API-schlüssel zu kommen ist meistens nicht besonders schwer und (einigermassen) gut dokumentiert und googlebar.
kann ich den reclaim-plugin einfach in meinem bestehenden wordpress-blog installieren?
im jetztigen test-stadium würde ich das nicht empfehlen. aber auch wenn wir einen stabilen stand erreicht haben, finde ich eine mischung aus normalen inhalten und kopierten, reclaimten inhalten nicht optimal. man könnte zwar auf wordpressbasis gut filter implementieren und so die inhalte trennen, ich finde aber, dass es aus mehreren gründen sinn macht, die kopierten, aggregierten daten separat zu halten:
aus der eigenen reclaim-instanz lassen sich die daten leicht reaggregieren, auf RSS-basis, per json, in widget-form, etc. die möglichkeiten von wordpress sind hier ziemlich gross.
noch gibt es kein auf reclaim abgestimmtes wordpress theme, aber ich denke die darstellung der kopierten inhalte muss nicht unbedingt den blog-gewohnheiten folgen. ich denke eine angemessene darstellungsform ist die von saschas reclaim-prototypen. reclaim blogs können, müssen aber nicht wie normale wordpress-blogs aussehen.
wann ist reclaim denn fertig?
pfft. ich kann mir vorstellen auf erstes richtiges release mit dem derzeitigen feature-stand hinzuarbeiten. ein weiterer grosser meilenstein wäre das ganze multiuser- und multi-account fähig zu machen. also so, dass man beispielsweise mehr als ein twitter-konto einlesen kann oder eben mehrere benutzer ihre einstellungen separat verwalten können. ein noch grösserer schritt wäre die umsetzung einer vernetzungsfunktion. also dass man andere reclaim-blogs abonnieren kann und deren inhalte friendfeed- oder facebook-mässig in seinem eigenen reclaim-blog an sich vorbeirauschen lassen könnte. prototypisch ist das bereits hier umgesetzt.
weitere fragen beantworte ich gerne, auch wenn sie nicht oft, sondern nur einmal gestellt werden.
vor ein paar monaten (so um die 9) sind sascha lobo und ich am kuhdamm zu besuch bei der digitalen heimat gewesen. vor der republica letzten jahres habe ich mit sacha lobo ein paar php-scripte und proxy-scripte zusammengestöpselt, mit denen man seine inhalte von facebook, twitter, youtube und ein paar anderen diensten in ein wordpress-blog ziehen konnte. wir erzählten christian fenner und remigi illi von unser idee, weil sie interesse und etwas zeit und etwas mehr wordpress-know-how hatten als ich.
zwei monate später hatte remi eine frühe alpha eines wordpress-plugin fertig, der in etwa das gleiche tat wie meine proxy-scripte. der plugin war modular aufgebaut, mit modulen für facebook, google-plus, twitter und youtube. aus verschiedenen gründen, die auch mit mangender zeit und können zu tun hatten, dauerte es nochmal ein paar monate bis ich es endlich schaffte, die vorarbeit von remigi illi auf github zu stellen.
ein bisschen half dabei, dass mein arbeitgeber espresto, bzw. meine chefs und ein paar entwickler auch interesse an reclaim social media hatten und mir erlaubten, auch während meiner arbeitszeit an dem projekt zu arbeiten.
vor versionskontrollsystemen stand ich immer ein bisschen wie der ochs vorm berge. ich glaube einer der gründe war, dass mir das vorstellungsvermögen fehlte diese systeme zu verstehen, die ja fast immer über die kommandozeile bedient werden. github und vor allem der idiotensichere os x client haben es mir aber relativ leicht gemacht das nicht nur zu verstehen, sondern auch intensiv zu nutzen. eigentlich ist das nicht viel komplizierter als FTP, was ich über die kommandozeile allerdings auch nicht nutzen kann — mir fehlt dafür einfach das abstraktionsvermögen.
zusammen mit meinem kollegen sascha kranz habe ich mich dann an die arbeit gemacht. ein bisschen geplant, ein bisschen dokumentiert und ein bisschen den code aufgeräumt und erweitert und angepasst. es ist relativ faszinierend zu sehen, was passiert, wenn man halböffentlich zu mehreren an einer gemeinsamen codebasis arbeit. es spornt an und inspiriert. ich wurde fast ein bisschen manisch. das faszinierende am programmieren ist ja, dass man versucht probleme zu lösen, eins nach dem anderen — und dann oft auch tatsächlich löst. leider bin ich relativ schlecht darin, probleme liegen zu lassen — zumindest probleme die mich interessieren. probleme wie matussek oder sarrazin kann ich relativ gut ignorieren. probleme wie oAuth-authentifizierung oder multidimensionale arrays, kann ich aber sehr schwer ignorieren, unter anderem weil deren lösung (und verständnis) türen öffnet. türen zu beinahe unendlichen möglichkeiten — und weiteren problemen.
irgendwann im dezember fragte sogar die beifahrerin, wann ich denn wieder aufhören würde zu programmieren und zu einen normalen schlaf- und alltagsrhytmus zurückkehren würde. tatsächlich war genau das auch einer der gründe, warum ich die konkrete arbeit an dem projekt im letzten jahr ein bisschen vor mir hergeschoben habe; weil ich wusste, dass es mich schlaf und freizeit kosten würde und vor allem, mich vor faszinierende probleme stellen würde, von denen ich sogar träumen sollte.
mitte januar kamen plötzlich, aus heiterem himmel, pull requests, also neuer code von christian muehlhaeuser (chris.de) in das projekt. um das nochmal zu wiederholden: ich finde das wirklich beeindruckend, dass man an einem projekt halböffentlich arbeitet und plötzlich machen einem vorher unbekannte leute einfach mit. christian muehlhaeusers input hat sehr geholfen, das projekt voranzubringen. er hat die idee vorangetrieben, dass die einzelnen klassen nicht nur die letzten 20 oder 50 oder 100 einträge per API abholen, sondern die ganze timeline, beispielsweise von twitter. er hat den code aufgeräumt und zusammen mit sascha kranz die klassen instanziiert — etwas von dem ich mir noch immer nicht sicher bin wie man es schreibt, aber immerhin ansatzweise erkenne wie nützlich es sein kann.
ein problem haben wir allerdings noch gehabt, denn ein paar tausend tweets oder facebook einträge abzuholen, zu bearbeiten und in wordpress zu speichern dauert ein paar minuten. und nach ein paar minuten, meistens weniger, beenden nullachtfünfzehn server die man als normaler blogger so zum bloggen mietet, die importscripte. man müsste einen weg finden, den import irgendwie aufzuteilen um den server zu schonen.
aus dem blauen löste ein weiterer fremder dieses problem: carsten senf (csenf.de). seine lösung fand ich zuerst total unwahrscheinlich: ajax. der import wird einfach vom browser gesteuert, lässt sich unterbrechen und wiederholen. das funktioniert so gut, dass ich seit kurzem ein grosser ajax-fan bin.
aus dem blauen kam auch daniel nix (nxd4n.nixekinder.be). er hat viele blöde fehler gefunden, gute fragen gestellt und den plugin auf französisch übersetzt.
ich schreibe das alles auf, weil ich heute einen zwischenstand vom projekt veröffentlich habe, von dem ich glaube, dass es fruststrationstolerante und wordpressaffine interessierte testen könnten. das kann man zwar jederzeit, der code ist ja offen (und GPL lizensiert), aber wenn man noch nie etwas vom composer gehört hat (wie ich noch vor ein monaten), ist die installation nicht ganz trivial. mit dem release ist das einfacher: runterladen, auspacken, den ordner in wp-content/plugins werfen, aktivieren, konfigurieren, fertig.
es gibt noch viele offene punkte, aber diese reclaim-version sollte bereits ganz gut funktionieren. viele der offenen punkte sind in form von issues im github-projekt angelegt. wer sich am projekt beteiligen will, sollte sich auf der github-projektseite zurechtfinden. wer den plugin testen möchte, sollte das auf einer frischen wordpress-installation tun — zumindest nicht auf einer installation, auf der wichtige daten liegen.
ich und die anderen am projekt beteiligten freuen uns sehr über feedback oder hilfe. in den nächsten tagen schreibe ich etwas mehr über den plugin selbst, was er kann, was er (noch) nicht kann und wie er funktioniert und funktionieren soll. meine testinstallation läuft auf wirres.net/reclaim.
kalter akquiseanruf von 1und1 um 08:45 uhr. eine 0800er nummer wird angezeigt, die dame stellt sich mit namen vor und mich fragt ob ich meine homepage in eigenen händen hielte oder bei einem dienstleister sei. es ginge um die homepage felix.schwenzel.de. ich bin irritiert weil ich meines wissen nach keinen vertrag bei der marketing- und akquise-firma 1und1 habe.
ich antworte dass ich die homepage felix.schwenzel.de in eigenen hände hielte, was aber natürlich nicht bedeuten würde, dass ich anfragen von browsern selbst beantworten würde, das würde ein apache für mich erledigen.
ob die homepage privat oder gewerblich sei. bin wieder irritiert, weil ich finde, dass man das ganz gut erkennen kann, wenn man die homepage besucht. ich sage die sei privat, ich würde aber auch ne quasi gewerbliche seite betreiben, um was es denn ginge, ob sie mir tolle dienstleistungen anbieten wolle?
das scheint das stichwort zu sein, bei dem sie anfängt ihr script runter zu rattern. 1und1 hätte ein neues angebot, homepeidsch bei expörts, bei dem ich von einem experten beraten würde, um mein system in ein professionelles CMS zu übertragen, ich könne bilder auswählen, würde eingewiesen, alles sei irre professionell und der gesamte service würde nur 79,99 pro monat kosten. ich könne auch jederzeit kündigen, die vertragslaufzeit sei nur ein monat.
ich glaube nach 3 oder 4 minuten habe ich sie dann unterbrochen und gesagt, dass sie mir eine dienstleistung anbietet, die ich selbst auch anbiete und dass sie bei mir leider sehr, sehr falsch sei. ich würde in verschiedenen bereichen durchaus expertise benötigen, aber gerade in diesem nun gar nicht. in welchen bereichen ich denn beratung benötigte? ich antwortete, weil mir gerade nichts besseres einfiel: im juristischen bereich. ich wollte dann aber doch nicht sagen, dass mich interessieren würde wie man mit kaltakquiseanrufen umegehen könnte, sondern sagte wahrheitstreu, dass es mir unmöglich ist vertragstexte oder andere juristische schreiben zu lesen, ohne einzuschlafen. da bräuchte ich immer jemanden, der mir beim übersetzen in für menschen verständliche sprache hülfe.
was mich dann aber doch noch interessierte war, woher sie meine daten hätte. das, sagte sie, wüsste sie wirklich nicht, die daten hätte sie von der marketing-abteilung vorgelegt bekommen. ich habe ihr das dann geglaubt und jetzt freue ich mich auf den anruf, in dem mir eine kollegin von frau s. versucht ein de-mail-konto anzudrehen.
dieser beitrag von stefan niggemeier hat hier asyl bekommen, weil der server von stefan niggemeier gerade offline ist.
nachtrag 13.02.2014: der artikel ist jetzt auch wieder bei stefan niggemeier online.
Gegen Ende ihrer Talkshow wollte Sandra Maischberger demonstrieren, wie hoch die Emotionen auf beiden Seiten der Debatte gehen.
Sie zitierte aus Kritik, die das Publikum gegenüber dem Deutschlandfunk einerseits und ihrer Redaktion andererseits äußerte. »Dem Deutschlandfunk wurde im Prinzip vorgeworfen, zu schwulenfreundlich zu sein«, sagte sie. »Uns wurde im Vorfeld der Sendung vorgeworfen, zu schwulenfeindlich zu sein. Und das Interessante ist dabei« — sie zögerte und schaute betroffen in die Kamera — »die Wahl der Worte.«
Dann zeigte sie Beispiele. Einerseits:
»Homosexualität ist und bleibt pervers. In vielen Ländern ist sie bei Strafe verboten. Sie war es bei uns auch, als es noch keine falsch verstandene Liberalität gab.« »Homosex ist nicht die Norm der Schöpfung.« »Mich würde interessieren, wie eine Gesellschaft, die einheitlich auf die gleichgeschlechtliche Ehe setzt, die späteren Renten finanzieren will.«
Andererseits:
»Keine Plattform für Homo– und Transhasser.« »Von Lesben und Schwulen geht keine Gefahr aus! Hier wird keiner umerzogen! Es droht auch nicht der Niedergang des Abendlandes, nur weil man über sexuelle Vielfalt informiert.« »Beim Thema Homosexualität darf jeder zu Wort kommen, egal welchen Hass er predigt.«
Sie las hinterher noch weitere Beispiele vor, von der »einen Seite« und von der »anderen Seite«, und suggerierte, dass die Extreme auf beiden Seiten natürlich gleichermaßen zu verurteilen seien.
Die Deutschlandfunk-Kritiker verurteilen Menschen für das, was sie sind: homosexuell.
Die »Maischberger«-Kritiker verurteilen Menschen für das, was sie tun: Homosexuelle diskriminieren.
Das ist nicht dasselbe. Das hat nicht dieselbe Qualität. Objektiv nicht.
Wir können darüber streiten, was der richtige Umgang mit Menschen wie Birgit Kelle und Hartmut Steeb ist. Ob ihre Positionen richtig sind oder wenigstens satisfaktionsfähig oder nicht. Wir können darüber streiten, ob die Schmähungen, denen sie ausgesetzt waren, angemessen oder übertrieben waren. Aber Gegenstand der Diskussion ist, welche Positionen sie vertreten.
Wir können auch über darüber streiten, ob die Kritik an Maischberger berechtigt war. Sie entzündete sich vor allem an der Art, wie sich ihre Redaktion im Vorfeld die Thesen der Verfechter einer vermeintlich traditionellen Moral zu eigen machte.
Es sind Angriffe darauf, wie Menschen handeln und welche Positionen sie vertreten. Das ist die eine Seite.
Und die andere Seite sagt: Ihr seid weniger wert, weil ihr lesbisch oder schwul seid. Ihr seid krank. Eure Liebe müsste man verbieten (wie es in vielen Ländern geschieht). Es sind Angriffe auf die Identität von Menschen.
Das ist nicht dasselbe. Das sind nicht zwei gleichartige Extreme, hier die übertriebenen Schwulenhasser, da die übertriebenen Schwulenfreunde. Es sind zwei völlig unterschiedliche Arten von Angriffen.
Nicht für Sandra Maischberger. Sie präsentierte vermeintlich schlimme Zitate von beiden Seiten und war schockiert über die Wahl der Worte, auf beiden Seiten.
(Ich wüsste gern, was an dem zweiten Zitat der Maischberger-Kritiker überhaupt problematisch ist, aber um das zu verstehen, muss man vielleicht in einer Redaktion arbeiten, die es tatsächlich zunächst unproblematisch fand, der Sendung den Titel zu geben: »Homosexualität auf dem Lehrplan: Droht die moralische Umerziehung?« Es gab da in der Sendung selbst nicht den Hauch einer Andeutung von Einsicht, warum das heikel sein könnte, oder gar Selbstkritik.)
Ich halte den »Waldschlösschen-Appell gegen die Verharmlosung homosexualitätsfeindlicher Diffamierungen«, wie gesagt, für problematisch. Weil man ihn so verstehen kann, als sollten bestimmte, missliebige Positionen aus der öffentlichen Debatte ausgeschlossen werden. Aber er hat das Ziel, genau das zu verhindern, was bei Maischberger nicht nur passierte, sondern von der Moderatorin auch noch aktiv gefördert wurde: Dass der Eindruck entsteht, Diskriminierung von Minderheiten und Nicht-Diskriminierung von Minderheiten seien zwei gleichwertige Positionen oder »Meinungen«, die man in einem Duell gegeneinander antreten lassen kann. Als sei »zu schwulenfreundlich« ein natürlicher und sinnvoller Gegensatz zu »zu schwulenfeindlich« und das gesunde Maß irgendwas in der Mitte. Und als sei nicht »schwulenfeindlich« an sich schon eine Haltung, die im öffentlichen Diskurs so inakzeptabel sein sollte wie »ausländerfeindlich«, »frauenfeindlich« oder »schwarzenfeindlich«, ohne dass man sie überhaupt steigern müsste.
Und so bleibt von dieser ARD-Talkshow dank Sandra Maischberger die Botschaft, dass wir es nicht übertreiben sollten: Nicht mit der Akzeptanz von Schwulen und Lesben und nicht mit ihrer Ablehnung.
Und wenn Sie diesen letzten Satz für sinnlos halten, dann haben Sie es schwer in der Redaktion von Sandra Maischberger, die jeden Dienstag im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland eine Talkshow moderiert.
weil ich im radio erwähnt wurde und mehrfach darauf hingewiesen wurde (siehe @stoewhase oder @textundblog), habe ich mir eben die mühe gemacht, die url des aktuellen fluxfm.de spreeblick podcasts mit christian jakubetz zu erraten. denn die sendung wird erst nachdem sie heute abend zum zweiten mal ausgestrahlt wird (22 bis 24 uhr) als podcast-datei auf fluxfm.de veröffentlicht.
tut sie auch. keine ahnung warum man bei flux fm den podcast 2 tage nicht verlinken mag. egal, die wege des managements sind unergründlich.
ab ca. minute 20:45 reden johnny haeusler und christian jakubetz über mich. christian jakubetz outet sich als fan von mir und johnny haeusler sagt, er unterschätze mich nicht. ausserdem nennt er die offenlegung, dass er die republica mitorganisiert, ausversehen haftungsausschluss („disclaimer“). trotzdem, prima sendung, die man sich mit musik heute abend anhören kann und ohne musik jetzt.
eigentlich wollte ich dieses jahr auf der republica nicht über überwachung, snowden oder sascha lobo reden. ich fand das thema wahrheit und wahrnehmung in zeiten der vernetzung eigentlich viel spannender. dafür hätte ich aber ein drittes w-wort finden müssen, um eine einigermassen konsequente titel-alliteration hinzubekommen. andererseits passt das thema auch in den rahmen, den ich mit meinem vorschlag für einen rücktrittsvortrag für die republica 2014 abgesteckt habe. irgendwie.
Wie ich lernte, die Überwachung zu lieben Die fiktionale Figur Andrew (Ender) Wiggins sagt in Orson Scott Cards Buch (und Film) Das große Spiel:
In dem Moment in dem ich meinen Feind verstehe, ihn gut genug verstehe um ihn zu schlagen, in genau diesem Moment liebe ich ihn auch.
Hilft uns diese pop-philosophische Erkenntnis möglicherweise den Überwachungsstaat zu schlagen und zu überwinden und wieder mehr Grundrechte garantiert zu bekommen?
Oder ist die überbordende staatliche Überwachung, die mit Hilfe von Edward Snowden aufgedeckt wurde, nicht einfach nur eine weitere Disruption, die uns die Vernetzung, das Internet gebracht haben? Ist das was Amazon mit dem Buchmarkt, das Internet mit dem stationären Einzelhandel macht, vergleichbar mit dem was die Geheimdienste der Welt mit unserer Privatsphäre anstellen?
Warum heissen wir die Disruption etlicher Wirtschaftszweige durch das Internet willkommen und fordern Veränderung und Anpassung an die neuen Gegebenheiten, weigern uns aber, unser Bild von Privatsphäre an die neuen Gegebenheiten anzupassen?
Anders gefragt, sind wir von glühenden Internet-Fans zu Fortschrittsskeptikern geworden, weil wir uns plötzlich persönlich vom Fortschritt bedroht fühlen — oder ist die Lage wirklich ernst?
dank an kathrin passig, die mir das wort disruption ins ohr gesetzt hat und patrcia cammarata, die mir ihre ideen so geschickt in den kopf gebracht hat, dass ich sie für meine eigenen hielt.
ich glaube das ist, ohne übertreibung, einer der spannensten kurzfilme die ich je (in HD) gedreht habe. inklusive einem kurzen schreckmoment und einem happy end.
anmerkung/nachtrag 04.02.2014: zum aktuellen repository vom reclaim social media plugin gehts hierlang. meine reclaim-testsite ist hier: wirres.net/reclaim/.
vor ein paar tagen hat daniel nix mich auf POSSE hingewisen („POSSE is an acronym/abbreviation for Publish (on your) Own Site, Syndicate Elsewhere“). POSSE bedeutet, man solle auf seiner eigenen website publizieren und diese inhalte dann in die passenden kanäle (twitter, facebook, gemneinschaftsblogs, flickr, …) verteilen.
die indiewebcamp-seite zum thema ist schwerer lesestoff. ich habe daran lange gelesen gekaut und gedacht: WTF? bis ichs einigermassen verstanden hatte.
im prinzip ist POSSE das gegenteil von dem was wir uns für reclaim social media ausgedacht haben. das was reclaim macht, nennen die leute vom indieweb nämlich PESOS („Publish Elsewhere, Syndicate (to your) Own Site“).
der prototyp des neuen reclaim social media-plugins (entwicklung auf github) zieht mittlerweile ganz zuverlässig und einigermassen leicht zu konfigurieren alle eigenen instagram-bilder aus dem silo, ebenso alle eigenen facebook-statusmeldungen, vines, tweets oder google-plus-einträge. das kann man unter anderem hier sehen oder hier. (das ist alles nicht so furchtbar neu, ansätze und plugins gibts dafür bereits einige. ein beispiel weiter unten.)
mir gefällt nach wie vor die reclaim-idee, inhalte mit optimierten apps, webanwendungen, webinterfaces zu erstellen, zu teilen oder ins netz zu laden und diese dann in kopie auf einem eigenen server permanent zu speichern. jeweils mit möglichst vielen metadaten, wie den bildern, geokoordinaten, original-adresse, eventuell nativem embedcode. was dabei unter umständen auf der strecke bleibt ist der kontext. die kommentare, die likes, favs, shares oder re-publizierungen. instagrate pro macht das ähnlich (also auf PESOS-art) und synchronisiert seit der neuesten version auch kommentare und likes auf den eigenen server. da aber alle social-media-silos eine spezielle schneeflocke sind, müsste man diesen mechanismus, der abgesehen davon auch nicht annährend in echtzeit funktioniert, für jedes silo neu programmieren. kann man machen, aber …
POSSE ist wahrscheinlich auch nicht die lösung, aber der ansatz ist eben genau umgekehrt. zum beispiel twitter: statt einen tweet zu schreiben, schreibt ein guter POSSEr eine notiz auf dem eigenen server. so macht das beispielsweise aaron parecki, hier. diese notiz wird dann von p3, pareckis CMS, auf twitter kopiert, hier. so hat man im prinzip eine art twitlonger, lange tweets, die auf dem eigenen server leben (hier zum beispiel twitter und aaronparecki.com).
besonders schön ist aber, dass dieser ansatz es erlaubt, replies oder favoriten oder retweets einzufangen.
das geht mit einem webmention-proxy wie brid.gy, auf den matthias pfefferle hier hinweist. im prinzip basiert das auf einem vereinfachten pingback-, bzw. trackback-protokoll, webmention genannt.
nächstes beispiel: anstatt auf sebastian gregers twitter-frage auf twitter zu antworten, tut aaron parecki es auf seiner eigenen seite. trotzdem taucht die antwort auch (verkürzt) auf twitter auf: