wenn der postmann zweimal nicht klingelt
dienstag sollte bei der beifahrerin zuhause eine DHL-espress-sendung ankommen. dank der sendungsverfolgung kann man genau sehen wo die sendung ist: 15:30 bei amazon raus, 21:26 „HUB Staufenberg DE“ (da zuck ich immer kurz zusammen, wenn ich das lese), dienstag 5:13 hamburg. toll, gleich ist die sendung da, denkt man, wenn man vor dieser elektronischen sendungsverfolgung sitzt. dann, um 13:05 „Zustellversuch“. WTF? ich ruf bei DHL an: „die adresse stimmt, die klingel funktionierte gestern noch, die frau war die ganze zeit hellwach in der wohnung. wie kann das sein, dass die zustellung um 13:05 fehlschlug?“ die antwort: „öhm, äh, weiss ich auch nicht, hier steht die zustellung war nicht möglich. sollen wir die sendung morgen nochmal zustellen?“ der mann an der hotline bietet mir drei „zeitfenster“ an, von acht bis zwölf, von zwölf bis 16 uhr und 16 bis 22 uhr. ich nehm das erste. und denke, toll, die sendung kann er in seinem callcenter beliebig dirigieren, aber den zusteller fragen warum er nicht geklingelt hat, kann er nicht.
heute, gegen mittag, lese ich in der sendungsverfolgung, dass um 09:30 uhr ein erneuter zustellversuch fehlgschlagen ist. ich ruf die beifahrerin an, sie war seit acht uhr wach, niemand hat geklingelt und benachrichtigungen fanden sich weder im briefkasten, noch an der haustür. ich frag den mann an der hotline ob wir was falsch gemacht hätten, ob wir die klingel mit einem roten punkt markieren sollen oder den austräger was zu essen vor die tür stellen sollen damit er klingelt. der man an der hotline weiss auch nicht wie das passieren konnte, suggeriert aber höflich, dass die beifahrerin ja auch durchaus gegen 9:30 mal kacken gewesen sein könnte und fragt nochmal ob ich sicher sei, dass die klingel nicht defekt sei. ich weise den mann an der hotline darauf hin, dass ich wegen der klingel schon mal vor schreck vom klo gefallen bin und ob die sendung zu einer packstation geschickt werden könne. das ginge nicht. ich verkneife mir die frage ob die ganze aktion vielleicht so eine art virale, ultraagressive, below the line marketingaktion für die packstation oder den hermes-versand sei und frage ihn, ob wir die sendung vielleicht in einer postfiliale abholen könnten. ja das ginge, und zwar im expresszentrum am arsch der welt in wandsbek, ca. sechs stunden fussmarsch von der wohnung der beifahrerin entfernt (30 minuten s-bahn-fahrt). ich sage etwas aufgebracht, dass das OK sei und frage mich, ob man diese art der express-zustellung bei DHL intern vielleicht „crowdsourcing“ nennt.
ich frage ihn, ob ich mich auch beschweren könne und er sagt er würde eine reklamation aufnehmen. na toll. noch nicht mal richtig beschweren kann man sich bei DHL. „reklamieren“. der beifahrerin versuch ich die tour nach wandbek schmackhaft zu machen, indem ich ihr sage, dass wir dann ja mittagessen könnten, bei dem sensationell günstigen chinesen in wandsbek. so richtig glücklich schien sie nicht. also rief ich auch nochmal bei amazon an, um dort zu fragen welche optionen es gäbe und ob ich mich wenigstens bei amazon beschwerden könne. die dame an der hotline war so freundlich auch nochmal selbst bei DHL anzurufen und mir musik vorzuspielen. noch freundlicher fand ich, dass sie mir versprach meine beschwerde aufzunehmen und meinen unmut zu dokumentieren.
dann, gegen 14 uhr geschah das wunder. bei der beifahrerin klingelte es an der tür und ein zusteller brachte das paket. ihre fragen, warum er zweimal nicht geklingelt hätte und die zustellung angeblich zweimal fehlgeschlagen wäre beantwortete er in brüchigem deutsch: „kollege, kollege“ und kleinlautem „ja oke“.
ich habe das aus drei gründen so umständlich aufgeschrieben. der eine ist, dass ich zwar glaube, dass dieses zustellchaos der letzten beiden tage sicherlich ein einzelfall ist, wenn auch ein ziemlich häufiger (mir fallen auf anhieb zig ähnliche fälle aus meinem bekanntenkreis mit ähnlichen DHL-problemen ein, einen kann ich sogar fast aus dem kopf verlinken), aber dass hinter diesen einzelfälle system steckt.
lustlose und unfähige zusteller: einzelfälle.
prügelnde polizisten: einzelfälle.
überforderte polizisten, einzelfälle.
zugbegleiter die kinder auf bahnhöfen aussetzen: „extreme einzelfälle“.
das problem mit diesen einzelfällen ist natürlich, dass es immer die einzelnen sind die der den ruf eines unternehmens ruinieren.
das system das hinter all diesen einzelfällen steckt lautet: sparen bis die balken (oder auch: achsen) krachen.
wer am personal spart, an sorgfältiger schulung, anständiger bezahlung und ordentlicher organisation, züchtet sich solche einzelfälle heran. oder noch ne nummer grösser: eine gesellschaft die meint, guter service und gute dienstleistungen dürften nix kosten, wird von frustrierten, lustlosen und unmotivierten menschen bedient oder verprügelt. oder verzweifelt an der bedienung von automaten und packstationen oder bei gesprächen mit callcentern-agenten.
es geht natürlich auch ne nummer kleiner: viele grosse unternehmen scheinen nicht zu verstehen, dass das geld was sie in PR-berater und agenturen stecken, das image das sie durch das sparen am service-personal verlieren, nicht wettmacht. im gegenteil.
witzig bis höhnisch fand ich auch, dass gerade heute, wo der postmann zum zweiten mal nicht klingelte, ein flyer von DHL im briefkasten lag, mit dem DHL „flexible“, „zuverlässige“ und die „deutsche sprache“ beherrschende aushilfen sucht. keine ahnung ob das ne neue DHL-philosophie ist (zuverlässig, flexibel, deutsche sprache beherrschend), ironie oder ein echter hilferuf ist:

palast der republik fassade steht wieder auf
wenn ich das richtig sehe, klebt die fassade des palast der republik demnächst an der kunsthalle. die pixelwolken von gerwald rockenschaub auf der fassade werden derzeit mit der fassade des palastes überklebt. die neue fassdae heisst „echo“ und ist von bettina pousttchi. sieht gut aus. [pressetext mit einer photomontage der neuen fassade.]


print lebt
der himmel über berlin

sehr schönes bild von delphinehauen.de.
in der kürze liegt die würze
benji lanyado, ein journalist des guardian hat das intenet-manifest mal vom ganzen überflüssigen geschwafel erleichtert und es auf den punkt gebracht (via herr kaliban):
1) The internet is different to newspapers. Deal with it.
2) You don’t have to be Billy Big Paper to do journalism any more, anyone can do it.
3) Billy Big Paper should get into Facebook and stuff. The kids love it.
4) Note to Russia and China: Enough blocking the internet already.
5) There is loads of stuff on the internet.
6) On the internet you can change stuff after you’ve written it. Which is great.
7) Link to stuff, it’s really good when you do that.
8) Same as above. And by the way, Google is God.
9) There are lots of people on the internet. Talk to them.
10) See rule 2)
11) Quantity is an excellent thing. Make lots of things and put them on the internet.
12) Your old business model is rubbish. Change it.
13) Don’t charge for content.
14) See rule 12)
15) Don’t delete things.
16) Quality is king. Forget what we said in 11)
17) A good journalist listens as well as talks, despite the fact that no crowdsourcing was involved during the making of this declaration.
18) Dum de dum de daa bla bla antidisestablishmentarianism bla bla and so on and so forth la la la.
[Oops, I added one at the end.]
(quelle)
hab ix doch sehr gelacht.
gysis mund
zensursulamund
leipzig lädt die künstler vom gängeviertel ein
ungefähr 2000 polizeiautos am berliner tor

was is denn da los?
[nachtrag 17:57]
das bild hab ich per email aus der s-bahn an wirres.net geschickt. bei automatischen veröffentlichen ist das datum auf den 1.1.1970 verrutscht. das habe ich eben korrigiert, deshalb taucht der artikel jetzt auch auf der startseite auf.
das riesige polizeiaufgebot steht am berliner tor wegen einer NPD „kundgebung“. die polizei rechnet wohl mit einigen gewaltbereiten gegendemonstranten [via].
→ weiterlesen„I was among them“

bei heise gibt es die regel, dass autoren die an einer veranstaltung aktiv teilnehmen nicht über die veranstaltung berichten dürfen*. sitzt peter glaser beispielsweise bei der republica auf dem podium oder hält er einen vortrag, nimmt heise keinen bericht über die republica von peter glaser an. ist ja auch logisch, wer aufm platz die tore schiesst oder foult, kann darüber nicht ohne distanz berichten. ich halte diesen grundsatz auch für eine geeignete massnahme, sich nicht wegen mangelnder distanz angreifbar zu machen und gefälligkeitsjournalismus-geruch zu unterbinden.
[*, nachtrag 13.09.2009: torsten kleinz meint diese regel gäbe es bei heise nicht. ich meine mich erinnern zu können von ihr gehört zu haben. torsten kleinz besteht trotzdem darauf das es die regel „in der geschilderten form“ nicht gäbe. ich lese daraus, dass man sich bei heise nicht an regeln hält, sondern nur an journalistische oder redaktionelle „selbstverständlichkeiten“. auch gut.]
mercedes bunz und der guardian sehen das mit der distanz nicht so eng. sie berichtet im guardian.co.uk über das internet-manifest, das sie mitinitiert und mitgeschrieben und unterzeichnet hat. ich finde das, für mein geschmäckle, ein bisschen zu undistanziert, zumal sie die offenlegung ihrer beteiligung am manifest sehr gut überlesbar in eine klammer mitten im text plaziert hat.
aber vielleicht ist das ja die neue form des bürgerjournalismus. jeder berichtet über sich selbst, über seine ideen, produkte und erfolge — und der guardian veröffentlicht es. vielleicht werden beim guardian jetzt auch pressemitteilungen den grossen journalistischen durchbruch feiern. ich bin gespannt.
[nachtrag 11.09.2009, 11:19h]
der text von mercedes bunz auf der guardian-website ist ein blogeintrag. stefan niggemeier wies mich darauf hin, dass das erwähnenswert sei. finde ich zwar nicht, die unterscheidung blogartikel, redaktioneller artikel, leitartikel, aufmacher oder print-artikel ist doch eher organisatorischer natur. der text steht auf der guardian-website, der website des journalistisch-orientierten arbeitgebers von mercedes bunz und nicht in einem privaten blog. der text versucht sowohl rhetorisch, als auch von der aufmachung her journalistisch und distanziert zu wirken. das wort „ich“ kommt genau einmal im text vor, ansonsten wird rhetorisch und inhaltlich distanziert in der dritten person über die verfasser des manifests berichtet. wäre der text in der ersten person verfasst („letzte woche haben wir ein manifest veröffentlicht und ganz viele reaktionen darauf bekommen …“), hätte ich null probleme damit. naja. probleme hab ich auch so keine mit dem text, ich finde nur, dass er komisch riecht.
17 behauptungen (teil 2 von 2)

von den 17 behauptungen des internet-manifests, habe ich bisher 6 diskutiert. fehlen noch 11. ich weiss nicht wie sinnvoll es ist auf die restlichen 11 konkret einzugehen, oder ob vielleicht eine allgemeinere betrachtung nützlicher sein könnte. vor allem habe ich keine lust mehr für die restlichen 11 thesen symbolbilder rauszusuchen. ich mach trotzdem mal bei der sieben weiter:
behauptung #7: „Das Netz verlangt Vernetzung.“
das ist rchtig. aber auch ein bisschen mau. die autoren schreiben:
Links sind Verbindungen. Wir kennen uns durch Links. Wer sie nicht nutzt, schließt sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs aus. Das gilt auch für die Online-Auftritte klassischer Medienhäuser.
was mir hier fehlt ist euphorie und begeisterung. euphorie und begeisterung darüber was links auslösen können. wundern über das paradoxon, das alle die im internet publizieren kennen: je mehr man die leute mit links wegschickt, desto mehr zieht man sie an, animiert sie zurück zu kommen. links sind das werkzeug in der aufmerksamkeitsökonomie, als ping, als reverenz, als messbarer trackback, der hilft die dinge zu ordnen, gewichten oder einzuordnen. mir fehlt die begeisterung über die transparenz und bereicherung die links schaffen. statt dessen, fast ideologisches rumbehaupten, und abstraktes gerede von einem gesellschaftlichen „diskurs“. der gesellschaftliche diskurs interessiert doch die, an die der text gerichtet ist, die verleger und medienschaffenden, nicht die bohne. die meinen doch, dass sie den gesellschaftliche diskurs selbst ausmachen und dass er erst durch sie sichtbar wird. ein manifest von fleischfressern, das an vegatarier gerichtet ist wäre auch eher mau, wenn es nur postulieren und rumbehaupten würde:
Der Mensch verlangt nach Fleisch.
Fleisch ist gut. Wir ernähren uns von Fleisch. Wer kein Fleisch isst, wird nie wahr geniessen können. Das gilt auch für Vegetarier.
behauptung #8: „Links lohnen, Zitate zieren.“
alles richtig. aber eine frage: wo sind die links, wo die zitate im manifest?
jaja. ein manifest ist ein manifest und kein besinnungsaufsatz. aber vielleicht ist genau das das problem. ein manifest im netz ist vielleicht die unpassenste form seine thesen zu fomulieren. auf papier gehts nicht anders, aber in einem text in dem man versucht eine ode auf das linken, das zitieren oder das netz allgemein zu singen auf all diese tollen neuen techniken zu verzichten, könnte als angst vor der eigenen courage ausgelegt werden.
mich hat zum beispiel der text von stefan niggemeier über das glück, bildblog zu machen vor ein paar jahren, ungefähr sechs millionen mal mehr euphoriesiert und begeistert, als das manifest. mich begeistern rezensionen über jeff jarvis’ bücher zwei millionen mal mehr als das manifest. jeder persönliche blogeintrag über das potenzial und die kraft des internetzes und der vernetzung haut mich dreissig mal mehr um als das manifest.
zumal: wissen wir wirklich so gut bescheid über das internet? sind wir, die täglich das internet nutzen und uns für neue applikationen, neue dienste, neue features begeistern, nicht genauso ahnungslos und unwissend wie jeder x-beliebige verleger und internet-hasser? wir kennen ein paar ecken und küstenstreifen dieses neuen kontinents, aber wissen wir was hinter den sieben bergen lauert? was sich dahinter auftut? wissen wir, die hin und wieder „onlinecommunitybenutzer“ genannt werden, wirklich wo es lang gehen wird, was das nächste grosse ding sein wird, wie das internet in zehn jahren aussieht?
die spanischen entdecker haben in amerika, unglaublich viel unheil angerichtet. sie haben städte und völker entdeckt, wollten gutes tun („missionieren“) und ihre gier befriedigen (gold finden), haben aber auch millionen menschen durch einfache, eingeschleppte viren getötet. können wir, die wir letztendlich auch nur entdecker eines grossen unbekannten kontinents sind, die folgen unserer taten zur letzten konsequnz einschätzen? können wir sicher sein, dass wir auf unseren entdeckungsreisen durch das netz keine kulturellen werte unwiderbringlich zerstören?
setzen wir mit manifesten, die den eindruck erwecken über jeden zweifel erhaben zu sein, der rückwärtsgewandten hybris der verleger und internetfeinde nicht einfach nur eine anders geartete hybris entgegen? wäre es nicht wichtiger zu fragen, statt zu manifestieren, zu zweifeln, statt rumzubehaupten, neugierde zu entfachen, statt klugzuscheissen?
wo bleibt die demut? ich glaube, klugscheissern die hamburger erklärungen oder heidelberger appelle verfassen, sollte man nicht mit weiterem klugschiss antworten. sondern demut, neugier, vorsichtige und aufmerksame beobachtung der realität und offenheit predigen. überzeugen. argumentieren. begeistern. nicht rumbehaupten.
mehr will ich mich jetzt eigentlich nicht mit dem manifest auseinandersetzen. ich würde mich jetzt lieber wieder für das internet begeistern und an dem was das internet eigentlich ist berauschen: pures, überbordendes potenzial.
→ weiterlesengoogle sei dank
in hamburg herrscht offenbar besonders starke schwerkraft, der beifahrerin fallen öfter einfach sachen aus der hand. auch ich fühle mich in hamburg oft schwerer, obwohl die waage in berlin mehr anzeigt als die in hamburg. vor einer ganzen weile ist der beifahrerin die casio exilim EX-V7 aus der hand gerutscht. seitdem meldete die kamera, dass die bildstabilisierung nicht zur verfügung stünde und schaltete sich daraufhin ab. das war insofern doof, als man die kamera, ausser zum briefbeschweren, nicht mehr benutzen konnte. da hamburg aber nicht erdbebengefährdet ist, dachte ich mir, braucht man die bildstabilisierung doch gar nicht. aber wie kann man der kamera so einen sachverhalt klar machen?
erstaunlicherweise brachte die suchfrage „exilim kamerastabilisierung nicht verfügbar“ gleich als erstes ergebnis diese seite an den tag, auf der zu lesen war, das die exilim EX-V7 den dienst wegen der fehlenden kamerastabilisierung wohl auch öfter bei anderen besitzern verweigert. es scheint sich dabei, so las ix dort, „um einen Serienfehler zu handeln“, der eventuell auch auf ein „Qualitätsproblem“ der verwendeten bauteile oder baugruppen zurückzuführen ist.
sowas ist natürlich ärgerlich, glücklicherweise bietet casio aber ein firmwareupgrade für die EX-V7 an, das die kamera dazu bringt, auch ohne bildstabiliserung zu fotografieren. die neue firmware liess sich auch sehr einfach installieren udn siehe da: plötzlich funktioniert die kamera wieder.
was ich mich aber frage ist: warum ruft casio die kamera nicht zurück, wenn es offenbar häufig probleme mit der stabilisierung gibt, die offenbar auf hardware-probleme oder einen produktionsfehler zurückzuführen ist? warum wird auf der produktseite nicht auf das problem hingewiesen? morgen mal die reparatur-hotline anrufen und fragen.
schön, die schönhauser allee
gesprengtes motorrad vor berliner dom
17 behauptungen (teil 1 von 2)
ein paar journalisten und blogger haben haben über das was sie tun nachgedacht und den kleinsten gemeinsamen nenner auf den sie sich einigen konnten aufgeschrieben und es „internet-manifest“ genannt. dieser kleinste gemeinsame nenner soll zeigen „wie journalismus heute funktioniert“ — oder könnte oder sollte. ich schliesse mich martin recke an, der das ergebnis „enttäuschend“ findet und die behauptungen und beweisführung als „geballte mittelmässigkeit“ sieht.
mir fehlt die prägnanz, die stichhatigkeit und die brilianz die man von einem „manifest“ erwarten könnte. das manifest animiert die, die von den qualitäten des internets eh schon überzeugt sind, zu mildem nicken, wird aber niemanden der das internet scheisse findet, vom gegenteil überzeugen. aber vielleicht ist es ein anfang.
behauptung #1: „Das Internet ist anders.“

ein satz der dazu auffordert sofort das weiterlesen einzustellen. eine platitüde. erdbeermarmelade ist anders als himbeermarmelade. bier ist anders als wein. natürlich müssen die medien „ihre Arbeitsweise der technologischen Realität anpassen, statt sie zu ignorieren oder zu bekämpfen“. aber doch nicht weil das internet anders (als was eigentlich?) ist. sondern weil die mangelnde anerkenung der realität zu realitätsverlust führt. wer in der vergangenheit lebt, wird nichts neues erfinden können und wer zu spät kommt, der versteht das leben nicht mehr. das internet ist realität.
behauptung #2: „Das Internet ist ein Medienimperium in der Jackentasche.“

eine steile these mit wahrheit im kern. nur ist das gegenteil genauso wahr: wer im internet publiziert wird zu 99 prozent nicht wahrgenommen, geht im rauschen unter. das internet ist im gleichen masse ein „Medienimperium in der Jackentasche“, wie das geld auf der strasse liegt. oder anders gesagt, wer im internet publiziert kann genauso scheitern wie auf papier. und es bleibt keinesfalls „nur die journalistische Qualität, die Journalismus von bloßer Veröffentlichung unterscheidet“, sondern journalistische qualität ist nur eine von ungefähr zwanzig millionen arten im internet erfolg zu haben (beziehungsweise ein medienimperium aufzubauen). glaubt wirklich einer der unterzeichner, dass hugh heffner oder larry flynt ihre medienimperien auf „journalistischer qualität“ aufgebaut haben? es bleiben neben journalister qualität ebenso tratsch, voyeurismus und schund. natürlich sind keine hohen investitionen mehr mit „der Veröffentlichung und Verbreitung medialer Inhalte“ verbunden. mit dem erfolg aber schon, wenn auch nicht unbedingt und ausschliesslich finanzieller art. das internet macht einiges einfacher und schneller, aber es verschenkt nichts.
behauptung #3: „Das Internet ist die Gesellschaft ist das Internet.“

WTF? das internet fördert den dialog, klar, nur tritt man plötzlich in den dialog mit menschen denen man zuvor weder „zuhören“ wollte noch auf sie „reagieren“, man hört plötzlich stammtischsprüche, obwohl man noch nie im leben eine kneipe betreten hat. die gesellschaft ist (wie immer) im umbruch. das internet gehört für viele zum alltag. dass heisst aber nicht, dass medienschaffende oder die gesellschaft dem nicht unter umständen etwas entgegen setzen sollten. kritische distanz tut (nicht nur im internet) manchmal mehr gutes, als blindes nachäffen oder hinterlaufen. das internet deckt die vorhandenen dunklen und hellen seiten der gesellschaft gleichermassen auf.
behauptung #4: „Die Freiheit des Internet ist unantastbar.“

steile these, die die provokations-werber-handschrift von sascha lobo trägt. leider eine blödsinnige, indiskutable schwer vermittelbare these. natürlich muss das internet geregelt werden. das „wie“ ist die entscheidende frage. selbstreguliert, staatlich, wilkürlich, hierarchisch? auch das „was“ ist entscheidend: wie wird die technik reguliert, welche gremien oder organe steuern die entwicklung? wohin geht die entwicklung? das internet ist voller (mehr oder weniger) zentral gesteuerter meschnaismen, ohne die es schlecht funktionieren würde. ich bezweifle auch, dass sich „das internet“ seine infrastruktur selbst baut. da ist nach wie vor „der staat“ gefragt, der dann erklärt bekommen möchte, warum er die von ihm finanzierte infrastruktur nciht mehr antasten sollen darf. gewisse anarchische, unkontrolierbare mechanismen im internet, vor allem auch die sogenannte „netzneutralität“ sind entscheidende qualitäten des internets und seines erfolgs, die vehement geschützt werden sollten. nur wie erklär ichs meiner oma, einem politiker oder einem medienfürsten? selbstregulierung und die unkontrolierbarkeit des internets in vielen bereichen sind entscheidende qualitäten des internets.
behauptung #5: „Das Internet ist der Sieg der Information.“

information muss immer be-, ver- und aufgearbeitet werden. ob das durch medienhäuser, journalisten, forscher, blogger, technik, „nachrichtenfilter“ oder sonstwen oder sonstwas geschieht ist nicht entscheidend. entscheidend ist, dass sich ausser der quantität nichts geändert hat. es gibt mehr (frei verfügbare) information, ja. nur ist das kein sieg der information, sondern eine vermehrung der information. dass man diese informationen jetzt technisch besser als jemals zuvor aufarbeiten, ordnen oder finden kann ist ein fortschritt, keine frage, aber analysieren oder bewerten kann sich information immer noch nicht selbst. selbst das beste google-suchergebniss bedarf noch einer interpretation und analyse. oder anders gesagt, die tatsache, dass es auf einmal irre viele statistiken gibt, heisst noch lange nicht, dass es plötzlich mehr richtig interpretierte statistiken gäbe. viel information macht nicht unbedingt klüger, aber definitiv mehr arbeit.
behauptung #6: „Das Internet verändert verbessert den Journalismus.“

wunschdenken. nicht dass ich imun gegen wunschdenken wäre, im gegenteil. aber hier wäre definitiv ein konjunktiv angebracht. thesen oder behauptungen im kunjunktiv machen sich nicht gut, ich weiss. aber hat das bildblog die bild-zeitung verbessert, hat stete blogger-kritik den spiegel-online verbessert? vielleicht, vielleicht aber auch nicht. immerhin hat das internet dem journalismus das durchstreichen geschenkt. aber: auch das internet macht aus scheisse kein gold.
[edit: 08.09.2009: am text zu these #4 ein bisschen rumgedoktert und ein paar formulierungen gestrafft.]
[nachtrag 10.09.209]
zu teil zwei.
starbucks am hackeschen markt hat geschlossen

[nachtrag 08.09.2009]
starbucks renoviert und öffnet wieder, schrieb mir der starbucks-kundenservice per email:
Unser Coffee House am Hackeschen Markt ist nur für eine Woche Geschlossen um diverse renovierungs- und Modernisierungsarbeiten Vorzunehmen.Nächste Woche können Sie dann wieder in einen neuen Starbucks Coffee House am Hackeschen Markt Ihren Kaffee genießen.
wahlomat

irgendwie hatte ich mir das so gedacht. nur die FDP auf platz drei macht mir sorgen. wahlomat bundestagswahl 2009.
waffen verboten!

[grösser]
komfortdusche
bildschirmaufzeichnung von DVDs mit OS X
apple will es sich nicht mit „rechteinhabern“ verscherzen. das ist der grund für viele bedienungsunfreundlichkeiten bei der benutzung von apple-produkten. so wird ipod-nutzern hin und wieder ein schrecken eingejagt, wenn itunes rummäkelt, nachdem man seinen ipod in einen fremden computer gesteckt hat. itunes fragt dann: „soll ich alle inhalte auf dem ipod unwiederbriglich löschen?“ ich meine mich auch erinnern zu können, dass itunes mir einmal beim einstöpseln eines fremden ipod gefängnis oder eine abmahnung androhte. oder auch nicht. so oder so: apple scheint tief im arsch der paranoiden content-industrie zu stecken.

dank der paranoia der „rechteinhaber“ konnte man auf einem apple-rechner, solange im hintergrund eine DVD lief, auch nie screenshots anfertigen. der mac warnte dann, dass das verboten sei.
dass keine screenshots angefertigt werden können, während eine DVD abgespielt wird, ist natürlich gelogen. schaute man sich die DVD mit VLC an, konnte man problemlos bildschirmfotos anfertigen, auch von den DVD-inhalten.
seit der version 10.6 kann man auch bildschirmfotos machen, wenn apples DVD-player läuft. man kann sogar screenshots vom DVD-fenster selbst machen, nur geben diese screenshots dann einen leeren fensterinhalt wieder. das erreicht apple offenbar dadurch, dass man zum zeitpunkt des screenshots ein leeres fenster über das eigentliche DVD-abspielfenster legt.

aber in 10.6 hat apple auch ein weiteres neues features hinzugefügt: quicklook in exposé. quicklook erlaubt es normalerweise im finder eine datei auszuwählen, die leertaste zu drücken, um dann eine grosse voransicht der datei zu sehen. das geht jetzt auch in exposé. wenn man dort eines der fenster auswählt und die leertaste drückt, wird das fenster in originalgrösse angezeigt. das klappt natürlich auch mit laufenden DVD-player-fenstern, nur scheint da das leere fenster, was den DVD-inhalt vor „raubkopierern“ oder „bildschirmschützen“ sichern soll, in exposé etwas aus dem fokus geraten zu sein. schwer zu erklären, deshalb habe ich es aufgezeichnet:
apropos aufzeichnen, die möglichkeit jetzt auf knopfdruck bildschirminhalte in echtzeit aufzeichnen zu können und mit einem weiteren knopfdruck zu youtube zu schicken, ist ziemlich toll. noch praktischer ist die neue autovervollständi.
aus „1/2“ wird automatisch „½“ und aus "udn" wird automatisch „und“. so lassen sich beliebige kürzel definieren.
