ein soziologe und fünf werbe-fuzzis
Werbeleute sind dennoch fasziniert von der Möglichkeit, in ein soziales Netz einzudringen, das auf vertrauen basiert, und dieses Netz für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Dabei vermischen sie das Geschäft mit dem Sozialen.
duncan watts, soziologe, über mundpropaganda, brandeins 07/09, seite 122
wir haben einen start gemacht. und zwar keine social media kampagne, sondern social media als herz der kampagne, als dauerhafte angelegenheit, die auswirkungen auf die gesamte firma haben wird.
nico lumma, sozialarbeiter bei scholz und friends über die vodafone-kampagne, beim surfguard in den kommentaren
Schaut man genau hin, unterscheidet sich die Kommunikation im Internet wenig von denen, die schon immer gegolten haben: Relevant muss es sein. Höflich, transparent, verbindlich muss es sein. Jeder Missbrauch wird dazu führen, dass sich Menschen abwenden.
peter figge, geschäftsführer der agentur tribal DDB hamburg, brandeins 07/09, seite 126
Neu ist der öffentliche Druck, der mich zur Glaubwürdigkeit meiner Aussagen und Produktqualität zwingt und das Tempo, in dem meine Versäumnisse für mich zum Problem werden können. Die neuen Öffentlichkeiten sind nicht naiv. Sie bemerken, was nicht authentisch und was nicht von Dauer ist.
georg kolb, „experte“ für soziale medien von pleon, brandeins 07/09, seite 127
Auch Agenturen müssen sich grundlegend ändern. Noch mehr als früher kommt es darauf an, den richtigen Ton, das richtige Thema und den richtigen Kanalmix zu finden. Wir müssen größere Ohren bekommen und können so letztlich sogar einen Beitrag für die Marktforschung und Produktentwicklung leisten. […] Es reicht nicht mehr aus, punktuelle Kampagnen zu führen und Botschaften zu wiederholen, bis der Arzt kommt. Im asymmetrischen Wettbewerb des Internets müssen sich Marken als intelligente Sozialwesen beweisen, ohne zu nerven.
vincent schmidlin, geschäftsführer bei der werbeagentur scholz und friends, brandeins 07/09, seite 128
Werbung ist mir inzwischen viel zu kommerziell geworden.
sascha lobo, frisuren-vermarkter
missbrauchsopfer text

eine ganz besondere software muss das sein, über die oliver scheiner für meedia hier berichtet eine pressemitteilung umformuliert hat ein bisschen DPA-werbung weiterverbreitet.
diese software kann „Text-Diebe“ aufspüren, behauptet scheiner im titel und im anreisser schreibt er, dass sie „Inhalte“ vor „Missbrauch“ schützen solle.
„Attributor“ spürt für dpa Text-Diebe auf
Die Deutsche Presseagentur macht mobil gegen Online-Piraterie. Ihren Kunden bietet die dpa künftig ein entsprechendes Dienstleistungs-Angebot: die Attributor-Plattform. Mit der weltweit führenden Lösung für die Auswertung von Inhalten im Internet, will die Agentur Inhalte ihrer Partner vor Missbrauch im Web schützen. (original blabla hier)
das weckt jetzt beinahe meinen sportlichen ehrgeiz, einfach mal einen DPA-text „missbrauchen“ und gucken ob die software, wie malte von trotha, vorsitzender der dpa-geschäftsführung behauptet, die texte dann davor „schützt“. als test werde ich diesen DPA-text mal missbrauchen:
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dem text habe ich, wie man sieht, insofern missbraucht, als ich ihm alle buchstaben entzogen habe. ausserdem habe ich den text eben einmal augedruckt und zum abwischen eines kleinen auswurf-maleurs auf meinem schreibtisch benutzt (ich laboriere seit dem wochenende an einer mehr oder weniger schweren erkältung). auf einem weiteren ausdruck habe ich die quellenangabe „DPA“ einfach durchgestrichen und „IX“ drübergemalt und unten „mit freundlichen grüssen, felix schwenzel“ druntergeschrieben. wahrscheinlich haben bei der DPA-textmissbrauchs-task-force im DPA-textschutz-center schon ein paar alarmglocken geläutet.
ich bin gespannt wann ich aufgespürt werde.
→ weiterlesenschleichwerbung!

ix hätte noch tape übrig.
generation kleingedrucktes
bei vodafone hat man sich offenbar nico lummas rat zu herzen genommen und versucht jetzt so viele fehler wie möglich zu machen, um daraus irgendwann mal was zu lernen. oder eben auch nicht. ich bin ehrlichgesagt erschüttert wie verlogen und hochmütig man beispielsweise in den letzten tagen im neuen vodafone-blog auf die reaktionen auf die desaströse pressekonferenz („LivePK“) reagiert. zum beispiel dieser unfassbare basta-darüber-wollen-wir-nicht-diskutieren und zwischen-das-familienministerium-und-vodafone-passt-kein-blatt-artikel von alexander panczuk. [nachtrag] udo vetter hat das, wie ich finde, passend kommentiert.
oder diese reaktion von pressprecher thorsten höpken auf die einwände, dass vodafone für die zielgruppe (hochlader!) keine attraktiven tarife bieten würde. er schreibt:
Unser Daten-Tarife deckt derzeit schon eine breite Masse an Nutzungsszenarien ab.
das ist grammatikalisch fragwürdiges marketingsprech für: unser daten-tarif-angebot ist unübersichtlich, hochpreisig und für die meisten nutzer unattraktiv. zwischen den zeilen kann man aber auch herauslesen, das soll vorerst auch so bleiben:
So kommen aus unserer Erfahrung die meisten Kunden, die unsere Daten-Flatrate verwenden, mit deutlich weniger als 5 GB Datenvolumen pro Monat aus und werden nichts von der Bandbreitenreduzierung spüren. Aber ein geringer Teil unserer Kunden nutzt eine solche Daten-Flat so intensiv, dass er ein vielfach höheres Daten-Volumen verursacht. Ohne Bandbreitenreduzierung würden Sie die Servicequalität in den betroffenen Zellbereichen für alle Teilnehmer verschlechtern. Wir haben uns bewusst nur für eine Bandbreitenreduzierung und nicht für eine Volumen-Beschränkung entschieden, um unseren Kunden die bestmögliche Netzperformance zu einem attraktiven Preis zu ermöglichen.
es hört sich logisch an, dass man kunden, denen man eine daten-„flatrate“ verkauft, diese nach 5GB verbrauch drosselt — zum wohle aller kunden. nur ist die begründung hart an der grenze zur lüge mit integrierter nebelkerze. wie nutzt man denn so eine 5GB datenflatrate? wenn ich per UMTS surfe, kann ich mit voller kraft segeln. sprich, in der zelle in der mein telefon eingeloggt ist, kann ich die volle bandbreite nutzen die mir die zelle zugesteht und die meine hardware ermöglicht. die „servicequalität“ für andere nutzer wird durch meine nutzung tatsächlich eingeschränkt, denn je mehr nutzer in einer UMTS-zelle surfen, desto weniger steht für alle zur verfügung. also findet diese verschlechterung der „servicequalität“ so oder so statt und zwar umso schlimmer, je schlechter das UMTS-netz ausgebaut ist. solange ich die mir zugestandenen 5GB wegsurfe, behindere ich also alle nutzer in meiner zelle.
wenn es also stimmer würde was höpken sagt, dass die drosselung der erhaltung der „servicequalität“ dient, dann müsste am monatsanfang, wo alle „flatrate“-kunden ungehindert surfen können, das vodafone-netz total in den seilen hängen und sobald die drosselung einsetzt, sich langsam wieder erholen.
was mich auch wundert: wenn aber tatsächlich nur „ein geringer teil“ der vodafone-kunden „eine solche Daten-Flat“ überhaupt intensiv nutzt, warum dann die beschränkung auf 5 GB? laut höpken kommen die „meisten Kunden“ doch mit deutlich weniger als 5GB aus?
besonders bezeichnend ist, dass vodafone die verminderung der servicequalität für alle „Teilnehmer“ in „betroffenen Zellbereichen“ in kauf nimmt, wenn ein „störer“ einen bestimmten datentarif wählt oder bei volumentarifen kräftig draufzahlt. klingt zwar unlogisch, dass man andere behindern darf (oder kann), wenn man einen bestimmten tarif wählt, ist aber im prinzip das was thorsten höpken unterm strich sagt: die daten-drosselung dient der maximierung des profits.
ich halte das vodafone-argument mit der aufrechterhaltung der „servicequalität“ für genauso verlogen, wie das von t-mobile (und vodafone), dass eine skype-nutzung (ohne teure sondertarife) die netz- oder servicequalität einschränken würde. es geht dabei nicht um servicequalität, sondern ums geschäftsmodell. andererseits kann es natürlich auch sein, dass das vodafone UMTS-netz so schlecht ausgebaut ist, dass man vielsurfer mit hohen preisen und unattraktiven konditionen fernhalten muss.
Für’s Surfen auf dem Handy bieten wir für 9,95 EUR p.m. eine Daten-Flatrate ohne Bandbreiten-Limitierung an. Vodafone bietet z.B. mit dem Pocket Volume oder MobileConnect L Daten heute schon Daten-Tarife an, die eine VoIP-Nutzung zulassen. Noch in diesem Jahr planen wir die Einführung weiterer Tarifoptionen, die VoIP erlauben.
mit dem tarif für 9 euro 95 scheint thorsten höpken diesen tarif zu meinen: InternetEntertain Flat. tatsächlich steht im kleingedruckten nichts von einer volumenbeschränkung. im kleingedruckten steht aber:
Die Vodafone InternetEntertain Flat gilt nur für das Surfen im deutschen Vodafone-Netz auf http-basierten Internet-Seiten und nur für von Vodafone zertifizierte Clients jeweils über den APN wap.vodafone.de. Sie brauchen ein Internet- und E-Mail-fähiges Handy, um die Tarifoption zu nutzen und dürfen sie nur mit dem Handy ohne angeschlossenen Computer nutzen.
die c’t nannte diese angeblichen „flatrates“ in ihrer letzten ausgabe „mogelpackungen“:
Andere Flatrate-Tarife gelten nur für bestimmte Zugangspunkte (APN, Access Point Name), die ausschliesslich HTML über Port 80 und den Zugang auf das — meist mäßige — Portal des Providers gestatten. So umfassen etwa viele Vodafone-Angebote nur Flatrates über den für viele Internet-Dienste nutzlosen APN „wap.vodafone.de“. Surft man über „web.vodafone.de“, der vollen Internetzugang bietet, wird es mit 20 Cent pro 10KByte-Block extrem teuer. Wer nur mit dem Handy surfen möchte, kann hier zugreifen, doch zeitgemäß sind solche — oft als Internet-Flatrate gepriesenen — Mogelpackungen nicht. (c’t 15.2009 vom 6.7.2009,seite 78)
ich frage mich woher man von vodafone „zertifizierte Clients“ fürs surfen herbekommt. achso. kann man dowloaden. irgendwo. wenn man glück hat auch für sein telefon.
die „MobileConnect L Daten“-tarifoption (warum verlinkt thorsten höpken die nicht?) kostet mit 300MB (pah!) inklusiv-volumen 20 euro im monat oder als 5GB-pseudo-flatrate 35 euro. in der flatrate version darf man die „Karte […] nicht für Voice over IP, Instant Messaging und Peer-to-Peer-Verbindungen nutzen“. das geht nur in der L-version, die pro verbrauchtem megabyte das monatlich über 300 MB hinausgeht ungefähr 50 cent kostet. das heisst, mit dem „MobileConnect L Daten“-tarif kann man tatsächlich 6 oder 10 GB pro monat (oder mehr) verbrauchen und sogar VoIP machen. für knapp 2900 euro (6GB) oder 4870 euro (10GB)*. klasse angebot!
den tarif „Pocket Volume“ schau ich mir in meinem nächsten leben an, das studium des „MobileConnect L Daten“-tarifs hat mich bereits jetzt an die grenzen meiner leistungsfähigkeit gebracht.
Noch ein Hinweis zu unseren Sprachtarifen für “…herkömmliche Kommunikationsmedien…”. Vertragslaufzeiten von 24 Monaten machen es möglich, dass Handys ab 1,- EUR angeboten werden. Wer auf ein neues Handy verzichten kann, sollte sich mal unsere Vodafone SuperFlat im Online-Shop anschauen. Den Laufzeit-Tarif gibt es in den ersten 6 Monaten schon für 14,95 EUR p.m. (24 x 5,- EUR Online-Vorteil mit eingerechnet). Und darin enthalten ist nicht nur die Telefon-Flat in das deutsche Vodafone- und Festnetz, sondern neuerdings auch eine kostenlose Fremdnetz-Flatrate wahlweise ins T-Mobile-, O2- oder e-plus-Netz für 12 Monate.
da auch vodafones vertragstarife ohne handy alle mindestens 24 monate laufen, scheint die vertragslaufzeit nichts mit subventionierten handys zu tun zu haben, sondern damit, die leute möglichst lange im vertrag zu halten. manchmal scheint es, als ob es der job eines pressesprechers ist, die kundschaft möglichst freundlich zu verarschen.
weiter im text, zur „super flat“, die eigentlich „mikrig flat“ heissen sollte: im grossgedruckten der „super flat“ steht, sie koste 14 euro 95 monatlich, im kleingedruckten (hellblau auf dunklem hellblau) kann man lesen, dass die ersten 6 monate 19 euro 95 kosten, die nächsten 18 monate dann 29 euro 95. da man für die ersten 24 monate aber eine fünf-euro-„gutschrift“ bekommt („Online-Vorteil“), kosten also die ersten sechs monate tatsächlich 14,95, die nächsten 18 monate 24,95 und nach ablauf von 24 monaten kostet der tarif dann 29,95 euro. über die vertragslaufzeit von 24 monaten, inklusive „anschlusspreis“ kostet einen dieser angebliche 14,95-vertrag dann also im schnitt 23,49 euro pro monat (plus gesprächskosten, da nur fest- und vodafone-netz dauerhaft „flat“ sind). vergisst man ihn rechtzeitig zu kündigen, beträgt der durchschnitt der monatlichen grundkosten über 48 monate 26,72 euro.
statt generation „upload“ wäre generation „spreadsheat“ oder „fine print“ mal ein passender vodafone-werbespruch.
nicht dass das t-heater auf vodafone beschränkt wäre, volker weber hat „unglaublich bescheuerten“ t-mobile vertragskappes aufgeschrieben. dabei wäre es doch so einfach: „Macht doch einfach gescheite Produkte“, statt zu reden, wie mitglieder „einer kalifornischen Erlösungssekte oder baron münchhausen.
ehrlichgesagt finde ich aber mittlerweile gefallen an diesem „dialog“ mit vodafone. jedesmal, wenn einer der pressesprecher oder „referenten“ flachgeklopftes, auf täuschung ausgelegtes und inhaltleeres marketing- oder polit-gesülze ins blog kippt, einfach mal genauer anzugucken was man in einer konzernzentrale unter „dialog“ versteht und zu prüfen was von dem gesagten überhaupt stimmt und was davon reine glatteisrhetorik ist. macht echt spass. ich glaub ich mach das jetzt regelmässig.
*) (10GB - 300MB) * 0,49€ = (10240MB - 300MB) * 0,49€ = 4870,60€
neuer sprecher beim 2DF
das 2DF konnte afrika als neuen nachrichtensprecher verpflichten.

mehr zum neuen „heute“-studio beim fernsehlexikon.
das literarische kaufhaus

ix lese gerade „american gods“ von neil gaiman. sehr empfehlenswert!
→ weiterlesen„Generation Upload und der Dialog“ (übersetzt: „shit happens“)
gestern hat nico lumma gesagt er fände den vodafone spot „super“ und angekündigt „später“ was dazu zu schreiben. heute hat er was geschrieben, aber leider weder etwas gesagt, noch erklärt warum er den spot „super“ findet. und da vodafone und scholz und friends neuerdings den dialog „richtig entwickeln“ wollen, lass ich mich nicht lumpen und versuche mal nicos artikel zu übersetzen. für den dialog.
die meetings gestern und heute waren ziemlich anstrengend. rivva, die blogs und twitter sind voll mit negativem feedback, deshalb verlinke ich es lieber nichts davon, aber da ich einer der verantwortlichen für dieses desaster war versuche ich mal um ein bisschen verständnis für unser verfahrene situation zu werben.
Aber fangen wir mal von Vorne an. Vor ca. drei Monaten haben wir den Pitch um den Werbe-Etat von Vodafone Deutschland gewonnen. Unser Konzept ist in vielen Meetings, endlosen Gesprächen und aus vielen verworfenen Ideen entstanden, und zwar als eine orchestrierte Kampagne, also unter Zuhilfenahme vieler Instrumente, die eine große Kommunikationsagentur zu bieten hat. Uns war früh klar, dass der Kunde von Vodafone im Mittelpunkt stehen soll und damit ebenfalls klar, daß das Thema Zuhören eine große Rolle spielen muß, bei allem Monolog, der bei einer klassischen Kampagne dazugehört. Wir haben uns entschlossen, Social Media nicht nur als ein Teil der Kampagne zu etablieren, sondern als Taktgeber der Kampagne in den Mittelpunkt zu rücken. Daraus resultiert ein komplexes Kampagnengesamtkonzept, um es mal vorsichtig zu formulieren.
vor drei monaten haben wir mit übergeigten versprechungen und viel marketing-gesülze den irre grossen werbe-etat von vodafone deutschland gewonnen. wir haben irre lange diskutiert und geknobelt wie man die sache aufziehen kann. nach all den meetings, gesprächen mit selbsternannten experten und brainsstormings waren wir zwar genauso ahnungslos wie vorher und haben uns gedacht, dass das eh egal ist, solange wir richtig kräftig auf die scheisse hauen und einfach aus allen rohren schiessen. wichtig war uns, dass vodafone zu jedem zeitpunkt das gefühl hat die volle kontrolle zu haben und dass der kunde der überzeugung ist, dass ein neuer anstrich ihn aus seiner aktuellen misere befreit. um dem kunden den eindruck zu vermitteln dass wir wissen wovon wir reden, haben wir ihn drei monate lang mit web2.0-marketing gesülze eingeseift und daraus ein „konzept“ mit vielen englischen klingenden buzzwords gebastelt.
Kaum ist es Anfang Juli und schon sind wir so weit, dass der klassische Part der Kampagne starten kann. In den vergangen 2 1/2 Monaten haben wir einen extrem umfangreichen Markenauftritt umgesetzt, der einen TV-Spot, verschiedene Ableitungen davon, ebenso etliche Plakat- und Print-Motive umfasst, sowie unzählige Online-Werbemittel, eine Microsite mit Integration vieler Social Media Elemente, Plakate für die 3600 Shops, 5 Brandtrucks für die Schulung der 15.000 Mitarbeiter in den nächsten Monaten, ein umfangreiches Shooting mit tausenden Motiven, den Claim “Es ist Deine Zeit” und und und.
wir haben uns zeitlich total verschätzt und mussten ackern wie die blöden, damit alles anfang juli hübsch aussieht. mit den vielen neuen bunten bildchen konnten wir erfolgreich verhindern, dass der kunde sich mit unserem leider völlig unausgegorenen konzept auseinander setzte. wir haben ohne ende hübsche kulissen gebaut, buzzword-trainings-heftchen für die mitarbeiter geschrieben und und vodafone mit hübschen bildchen, im wahrsten sinne, zugeschissen.
ausserdem haben wir versucht ein paar blogger die wir kannten mit „testgeräten“ milde zu stimmen und auf allen uns zur verfügung stehenden kanälen leute dazu aufgerufen über einen unserer drehs für den neuen spot zu berichten. ausserdem haben wir die pressetante davon überzeugt, ihre pressemitteilungen künftig auch in ein blog, myspace, studivz und facebook zu kippen. um den kunden oder den potenziellen kunden den eindruck zu vermitteln, vodafone sei kein gigantischer bürokratischer moloch, bei dem die rechte hand nicht weiss was die linke hand tut, hatten wir die idee, dass die pressesprecherin carmen hillebrand alle ihre blogeinräge mit ihrem foto verziert. dass, so dachten wir uns, verleihe vodafone vielleicht sowas wie ein menschliches antlitz.
Der TV-Spot, bei Werbern nur knapp “der Film” genannt, ist letztlich eine Hommage an alle die, die etwas machen, die kreativ sind und die aktiv die Möglichkeiten des Netzes für sich nutzen und andere dabei involvieren. Der Film wird ebenso wie die Micrositees-ist-deine-zeit.deam Samstag gestartet und dann kann man auch sehen, wie alle Elemente der Kampagne ineinandergreifen, warum wir die Protagonisten so ausgewählt haben, das es eine gemeinsame Klammer gibt und das der Brand Refresh für Vodafone auf einem soliden Fundament steht.
über den missratenen werbespot möchte ich jetzt nicht reden. meine meinung zu diesem irre teuren und leider total verhunzten anwanzversuch kann ich leider nicht offen sagen, nur soviel: wir wollten den „onlinecommunitybenutzern“ schmeicheln, ihnen den eindruck vermitteln, dass sie irre wichtig sind. das hat mit den geschenkten handys immer gut funktioniert. auch wenn der spot leider scheisse geworden ist, möchte ich doch betonen, dass wir uns echt mühe gegeben haben. nach dem ganzen arschaufreissen, den sizungsmarathons und hin und her fliegen war ich nervlich so durch, dass ich mir irgendwann einbildete, wir hätten tatsächlich ein überzeugendes konzept gefunden. irre was stress so mit einem macht.
Wir haben einen Begriff geprägt, die Generation Upload, um zu beschreiben, was wir online gerade sehen: immer mehr Leute machen mit, erstellen Inhalte, teilen diese Inhalte mit Freunden, verändern ihre Art der Online-Nutzung und haben letztendlich eine Haltung, die deutlich macht, das sie das Netz nutzen, um zu machen. Wir haben als erstes Produkt für die Generation Upload eine Applikation entwickeln lassen für Android und Blackberry, die die einfache Nutzung von Twitter, Facebook und MySpace ermöglicht.
die vorgabe von vodafone lautete: „macht irgendwas damit die kunden nicht mehr alle wegen dem scheiss iphone zu t-mobile laufen.“ als dieser komische spon-journalist sich dieses „generation C64“ ausgedacht hatte, fiel uns auf, dass dass genau die leute waren die vodafone als kunden binden wollte. also war die zielgruppe klar. nur wie sollten wir sie nennen ohne allzu politisch zu werden? „onlinecommunitybenutzer“ hätte ich lustiger gefunden, aber ironie versteht ja niemand, die „generation download“ ging nicht, downloads will vodafone nicht, da geht das netz, wie bei skype, in die knie. „generation upload“ war nichtssagend genug. ausserdem wollte vodafone noch ein programm für android- und blackberry-telefone, wo sie ihr logo fett draufsetzen können.
bei vodafone und bei scholz und friends finden alle das internet scheisse. macht nur ärger. ich laber mir seit monaten nen wolf um wenigstens ansatzweise verständnis für die potenziale des internets zu wecken. leider kamen am ende meiner bemühungen lediglich ein paar lieblos geführte twitter- und facebookaccounts raus. aber ich bin optimistisch, in zwei drei jahren werd ich sicher noch ein paar von den schnarchnasen zu begeisterten internet-benutzern machen.
Der Startschuß für den klassischen Teil der Kampagne war die LivePK vom Mittwoch, die als Novum live im Netz übertragen und via Facebook kommentierbar gemacht wurde. Sicherlich hätte einiges besser sein können, insbesondere was die Dramaturgie und die Ausprägung des Dialogs mit den Usern angeht, aber aus Fehlern lernt man bekanntlich. Der Weg, dies im Netz zu tun, war konsequent richtig und auch hier steht das Zuhören wieder im Vordergrund. In der Spitze nahezu 2000 parallele Abrufe, dazu knapp 2200 Kommentare, viele Fragen und über 300 registrierte Teilnehmer bei Facebook sprechen da eine deutliche Sprache, von der Resonanz auf Twitter und in den Blogs ganz zu schweigen.
das timing und die durchführung für die pressekonferenz war unterirdisch. wir wussten, dass uns das unsere marketing-sprüche, die leeren versprechungen (an denen unsere texter monatelang gearbeitet haben) um die ohren gehauen werden würden. aber was willste machen? der termin stand nunmal fest. allerdings war ich selbst dann doch überrascht wie negativ der spot und die pressekonferenz aufgenommen wurden, ich hatte ehrlichgesagt mit ein bisschen milde der twitterer und blogger gerechnet, wenn man lauter bekannte und sympathische gesichter aus deren reihen auf die bühne stellt. immerhin können wir dem kunden das desaströse feedback als „überwältigende“ resonanz verkaufen. das witzige ist ja, die glauben uns das!
Ist das Aufgreifen von Bloggern in einem klassischen TV-Spot und die Nutzung des Themas Generation Upload jetzt der Ausverkauf der Blogosphäre, das Ende der Unschuld und der Sieg des Kommerzes in jedem Lebensbereich? In keinster Weise. Das wurde auch schon bei den Opel-Bloggern vor vier Jahren geschrieben und ehrlich gesagt habe ich danach nicht festgestellt, dass dadurch ein Ausverkauf der Blogs stattgefunden hat. Im Gegenteil, die Blogs sind mittlerweile ein fester Bestandteil des Online-Mixes geworden, sogar in Deutschland. Der Brand-Refresh von Vodafone baut darauf auf, daß es eine funktionierende Blog-Landschaft in Deutschland gibt, daß Protagonisten vorhanden sind, die Dinge bewegen wollen, daß Unternehmen vom Wisdom of the Crowds lernen können und daß ein Dialog mit Zuhören startet.
wie gesagt. auf unsere konzeptlosigkeit, den altbackenen, unwitzigen und ziemlich peinlichen spot will ich nicht weiter eingehen, zumal ich von anfang an gegen den spacken der vom hochhaus springt war. die grinsebacken aus dem modelkatalog wollte ich auch verhindern, konnte aber niemanden davon überzeugen, wie blöd das am ende wirkt. den lobo wollten wir eigentlich im zug filmen, aber in der ersten klasse war die drehgenehmigung zu teuer. was ich eigentlich sagen will: auch wenn ich es die letzten fünf jahre nicht geschafft habe, aber ich bin der festen überzeugung, blogs sind ein 1A-marketing-instrument und man kann mit blogs richtig gut kohle verdienen. bin ich überzeugt von.
So.
meine meinung.
vodafone rohrkrepierer 2.0
an schlechte werbung haben wir uns alle gewöhnt. sie ist allgegenwärtig. wenn sie besonders schlecht, doof formuliert oder spackig ist fotografiere ich sie und versuche mich darüber lustig zu machen. ansonsten bilde ich mir ein, sie einigermassen gut ausblenden zu können und sie online dank werbe- und flash-blockern gar nicht erst wahrzunehmen. manchmal gewinnt die werbung den kampf um aufmerksamkeit, es gibt leute, die füllen ganze weblogs mit schlechter werbung, ich freue mich manchmal über besonders bescheuerten spam und wenn werbung witzig oder ästhetisch überragend ist, schenke ich ihr sogar gerne meine volle aufmerksamkeit.
manchmal versucht werbung sich direkt an mich zu wenden, indem sie gesichter oder stimmen von personen verwendet die ich kenne oder gut finden könnte. das nennt man dann „testimonial“. das testimonial soll dann von seinem image oder seiner sympathie auf die marke abstrahlen.
wenn also vodafone jetzt mit sascha lobo, frau schnutinger und ihrem baby daherkommt und im hintergrund des werbespots robert basic und kosmar zu erkennen sind und die werbefuzzis von einer „generation upload“ labern fühle ich mich angesprochen. man kann da sicherlich strategisches kalkül vermuten. heute mittag habe ich vodafone dann den gefallen getan und dem neuen spot meine aufmerksamkeit geschenkt. hier isser.
was sieht man da? einen debil grinsenden und schlecht singenden typen der von einem hochhaus springt, eine mutti mit ihrem baby vorsingt, dass es mal königin sein wird, einen dürren, wild hampelnden skandinavier, der mit einem sehr grossen mund, sehr schief singt, einen bärtigen mann mit einer grossen sonnenbrille der sich mit gereckter faust über eine startende rakete freut, einen mann im jacket und einem irokesen der ein telefon in der hand hält und mich ansieht und „we the people“* „We can beat them“ sagt und mich danach aus einem bus ansieht, einen hund der aussieht als müsse er kacken und auf einem skateboard steht, drei sehr junge menschen mit skateboards und kopfbedeckung, ein kind das würfel stapelt und mich danach anstarrt, zwei als astronauten verkleidete menschen die an seilen von der decke hängen, eine ältere dame die so tut als sänge sie und sich rhythmisch vor einem bildschirm bewegt, junge leute die durch berlin mitte laufen und in einem bus sitzen und debil grinsen und telefonieren, einen luftgitarrenspieler, einen typen im anzug der schreit und dem aus einem unerfindlichen grund zugejubelt wird und am ende eine menschenmenge, die die arme in die höhe reisst und sich über irgendetwas lauthals freut.
diese art spot habe ich bereits mehrere tausend mal gesehen. zuerst in den späten achziger jahren, als lagnese eis-werbung. motto; ganz normale menschen wie du und ich, nervige musik, tanzen, fertig. das gleiche folgte in unendlichen variationen, mal mit schöneren, mal mit weniger schönen menschen: werbung für barcadi, becks, campari, coca cola, C und A — immer das gleiche motto: vermeintlich coole leute, die sich im rhytmus der musik bewegen und am ende ein marken-logo.
und jetzt der gleiche müll nach einem mindestens 30 jahre alten rezept mit ein paar bloggern und vermeintlich „normalen“ leuten? das soll vodafone 2.0 sein?
damit soll ich mich identifizieren? mir kommt das vor, als ob mich jemand blöd von der seite anlabert und mir weiszumachen versucht du stehst doch auf sowas, mit sowas kannste dich doch identifizieren?
die blogs, twitter und die kommentarspalten sind voll mit schadenfreude und verwunderung. motto, wtf, was soll der scheiss? ist es das was vodafone mit 200 millionen euro ein zweisteligen millionen-budget(*) erreichen will? aufmerksamkeit, gerne auch negativ, oder hat die werbeagentur scholz and friends vielleicht sogar gedacht so ein emotional überdrehter kram könnte bloggern, twitterern oder den berüchtigten „onlinecommunitybenutzern“ gefallen?
ich kann mir niemanden vorstellen der sich von diesem pseudo-emotionalen, ästhetisch und musikalisch völlig uninspiriertem kreativabfall angesprochen fühlen könnte. teletarif.de nimmt bereits das wort „fiasko“ in den mund und fragt: „Anbiedern bei der Internet-Community – der richtige Weg für Vodafone?“
besonders peinlich finde ich einen bekennenden iphone-fan und t-mobile-kunden wie sascha lobo auf ein vodafone plakat zu kleben, in einem bus (!), obwohl jeder der ihn kennt weiss, dass sascha nur in äussersten notfällen in einen bus oder eine tram steigt und das einzige öffentliche verkehrmittel das er benutzt taxen sind. davon abgesehen, dass das hintergrundbild, das offenbar berlin darstellen soll, auch noch wie von einem praktikanten mit microsoft paint einmontiert aussieht und sascha lobo ein bisschen wie zonen-gabi im glück mit seinem ersten hanuta wirkt, scheint mir diese kampagne doch sehr lieblos zusammengestückelt.

nichts passt zusammen, die vermeintliche zielgruppe lacht sich kaputt und selbst der online-vermarkter fragt sich, wann vodafone jetzt dem vollmundigen versprechen der „generation upload“ etwas bieten zu können, „konkretes“ folgen lässt:
Die «Generation Upload», das steht heute schon fest, könnte man auch «Generation Kein-Blatt-vor-den-Mund» nennen, denn Sie hat aus Sicht von Unternehmen auch die schlechte Eigenschaft, dass sie sich nur ungern verarschen lässt. Daher muss Vodafone jetzt Konkretes folgen lassen, wenn sie es ernst meinen, sonst geht der Schuss nach hinten los. Denn wirklich passende Angebote für die «Generation Upload» fehlen bislang.
- die tarife von vodafone sind völlig unattraktiv für leute die mobil online sein wollen. neue, attraktivere tarife oder produkte sind mit der kampagne nicht vorgestellt oder angkündigt worden.
- die AGBs sind genauso bescheuert wie die aller anderen anbieter und erlauben weder die nutzung von „Voice over IP, Instant Messaging und Peer-to-Peer-Verbindungen“
- vodafone brüstet sich damit ein globales unternehmen zu sein, zockt die benutzer aber nichtsdesto trotz ab, wenn sie sich in ausländische vodafone-netze einwählen.
- vodafone-kunden sind enorm genervt vom handset-branding, bei dem sich vodafone nicht darauf beschränkt logos auf das handy zu kleben, sondern meint die handy-software modifizieren zu müssen, was nervige funktionseinschränkungen und verzögerte firmware-updates zur folge hat.
- vodafone war einer der ersten telekommunikationsanbieter, der sich freiwillig von ursula von der leyen bei der errichtung einer zensurinfrastruktur einspannen liess
ich weiss ja nicht ob es eine gute strategie ist, ein produkt das offensichtlich mängel hat oder zumindest für die anvisierte zielgruppe enorm unattraktiv ist, bunt anzumalen, sich damit bei der zielgruppe lächerlich zu machen und dann auch noch ein testimonial zu nutzen, dass die produkte der konkurrenz vorzieht, statt erstmal, klar und deutlich, das produkt selbst zu verbessern.
oder ist es heutzutage in der aufmerksamkeitsökonomie doch so, je peinlicher desto erfolgreicher?
ausserdem (wird laufend aktualisiert):
- einen klugen kommentar hat ralf schwarz geschrieben.
- die kommentare unter den beiden horizont.de-artikeln sind amüsant zu lesen: eins, zwei.
- hier sind weitere kampagnen-motive zu sehen.
- talkabout ist optimistisch, dass das mit vodafone noch was wird.
- johannes kleske stellt sich vor wie die vodafone pressekonferenz auch hätte laufen können.
- jörg tauss mit ein paar details über die zusammenarbeit von vodafone mit zensursula.
- sixtus: „Anderswo bekommen Andere übrigens durchaus witzige Vodafone-Spots hin: http://bit.ly/11eBjo (via @CemB)“
- eine presseschau zum thema mit vielen weiterführenden links bei opensourcepr.de
[*) nachtrag 11.07.2009]
olaf kolbrück korrigiert seine schätzung des vodafone budgets unten in den kommentaren:
Bei den 200 mio handelt es sich um den geschätzten! globalen Media-Etat. Der Deutschlandetat wird im mittleren bis oberen zweistelligen Millionenbereich liegen.
ich korrigiers es hier nochmal so explizit, weil die FAZ es auch falsch von olaf kolbrück übernommen hat und ich mir nicht nachsagen lassen will genauso schlampig wie die FAZ zu sein.
der schwarzen heintje
wie heisst das gegenteil von misanthropie nochmal? zumindest ist dieser text von svenk das gegenteil von misanthrop. na gut ein bisschen hacken-treten ist schon in den text eingewoben. trotzdem schön — oder genauer: dings.
[schöne eigenwerbungstexte textet er übrigens auch gerade.]
privatdings
heute war ich auf einer veranstaltung die sich „Lebe lieber digital. Was bleibt im Internet privat?“ fragte. die antwort lautete nach andertalb stunden: kommt drauf an, aber eigentlich bleibt alles privat was man nicht veröffentlicht. abgesehen natürlich von den telekommunikations-verbindungsdaten die der staat im grossen stil und auf vorrat sammeln lässt, aber darüber wurde nicht geredet. na gut es wurde doch kurz drüber geredet, als die frage nach einer stunde aus dem publikum kam und peter schaar gehen musste. aber wirklich über vorratsdatenspeicherung reden wollte der moderator kai biermann nicht, weil, wie er sagte, diverse verfassungsgerichtsurteile anhängig seien und es eh niemand da sei, der dazu etwas sagen könne.
es wurde auch nicht darüber geredet, warum die die verschärfung des datenschutzgesetzes durch erfolgreiche lobby-arbeit, unter anderem der zeitungsverleger, abgeschwächt wurde. ein bisschen wurde darüber geredet, dass peter schaar google dazu gebracht habe, IP-adressen nicht mehr auf unbestimmte zeit zusammen mit den suchanfragen zu speichern, sondern nur noch ein paar monate. es wurde darüber geredet, dass man dank peter schaar daten und bilder seines hauses aus google-earth und -streetview löschen lassen könne. oder über studien des hans-bredow-insituts und wie sorgsam parship die privaten daten seiner nutzer schützt und dass stefan niggemeier ärger mit dem berliner datenschutzbeauftragten hatte.
eher langweilig. nach dem abend heute könnte man denken, privatheit wäre ein völlig unkontroverses thema.
das interessanteste heute abend war mein fussweg vom checkpoint charlie zum bahnhof friedrichstrasse:
- am checkpoint charlie halten touristen mitunter mit dem taxi an um das bild des sowjetischen soldaten und die friedrichstrasse zu fotografieren.
- die riesige brache am checkpoint charlie ist nach wie vor unbebaut und der bauzaun verkleidet sich als informations-fläche für touristen.
- die büroflächen an der friedrichstrasse im quartier 205, 206 und 207 sehen immer noch zum grossen teil unvermietet aus.
- an der friedrichstrasse gibt es zwischen checkpoint charlie und bahnhof friedrichstrasse ca. 50 cafés.
- der bugatti veyron mit angeblich 1001 PS steht seit gefühlten 20 jahren bei VW im schaufenster.
- an der ecke unter den linden/friedrichstrasse steht plötzlich ein riesiges gebäude dass wie ein zwitter aus dem empire state building in new york und dem venetian in las vegas aussieht (überdimensionierter protz mit glitzer, messing und zuviel licht).
- der saxophon-spieler vor dem „kulturkaufhaus“ dussmann stand in einer riesigen speichel-pfütze.
- opel stellt im schaufenster ein auto mit wasserstoff-antrieb aus — von GM.
- die friedrichstrasse wimmelt nicht nur von spanischen touristen — auch nachts — sondern auch von spanischen punks.
transparenz
ich mag transparenz. bei der piratenpartei kann man alle möglichen sitzungsprotokolle von ortsverbandssitzungen oder bundesparteitagen in wikis verfolgen, der parteitag wurde live gestreamt, in aller seiner chaotischen und ungeschönten pracht.
nachdem sich nun am piratenpartei-mitglied und funktionär bodo thiesen so eine art „sturm aus scheisse“ entfacht hat, versucht der vorstand ohne scheisse am revers aus dem sturm herauszukommen, indem er sich von bodo thiesen „distanziert“:
Durch die erneut laut gewordene Kritik innerhalb der Partei sowie in der Blog- und Twittersphäre hält der Vorstand eine noch klarere und deutlichere Distanzierung für nötig. Sollte Bodo Thiesen dieser Aufforderung nicht binnen 24 Stunden nachkommen, wird der Bundesvorstand die entsprechenden Maßnahmen ergreifen.
„entsprechenden Maßnahmen“? das ist alles andere als kristallklar. ist es vielleicht eine „entsprechende Maßnahme“ sich erneut deutlich von bodo thiesen zu distanzieren? will der vorstnd ihm vielleicht den erhobenen zeigefinger zeigen? schimpfen? bodo thiesens eltern anrufen?
was ist daran so schwer, klar, einfach und transparent zu sagen, wenn sich bodo thiesen nicht von seinen wirren gefasel distanziert, wird er aus der partei ausgeschlossen?
[mehr dazu und auch ein video von bodo thiesens peinlicher „rechtfertgung“ auf dem #bpt09 bei malte welding.]
dem papst schwebt eine weltregierung vor
da hab ich doch sehr gelacht, politplatschquatsch schreibt:
„Der Papst“,analysiert die Illustrierte „Spiegel“, „hat offensichtlich das Vertrauen in die bestehende Ordnung verloren“. Anstelle des wilden, von Eigeninteressen getriebenen Wirtschaftens auf der Welt stellt sich Benedikt eine zentral gesteuerte Weltwirtschaft vor, über die „eine echte politische Weltautorität“ jenseits von Uno und WTO bestimmt. Infrage käme beispielsweise Gerhard Schürer, der als ehemaliger Planungschef der DDR Erfahrung damit hat, die Herstellung der tausend kleinen Dinge, nach denen es den Menschen immer wieder und häufig ohne wirklichen Grund verlangt, zu organisieren.
bundesparteitag der piratenpartei deutschland
heute vormittag war ich für ein paar stunden auf dem bundesparteitag der piratenpartei deutschland (#bpt09) und bin danach mit einem grossen teil der delegierten zum mittagessen zu mcdonalds gegangen.
der veranstaltungsort, das bürgerhaus wilhelmsburg, liegt malerisch mitten im hamburger hafen in wilhelmsburg, beinahe wie eine burg von einem wassergraben mit seerosen umgeben. direkt am eingang zum saal empfing mich eine freundliche pressefrau, die mir umstandslos eine presseakkreditierung zum umhängen aushändigte und mir viel spass wünschte. das war beinahe so einfach wie beim parteitag der CSU 2005 in nürnberg (dort musste ich noch meinen personalausweis vorzeigen).
der saal war propevoll mit auffällig vielen pferdeschwanz- und irokesenträgern und schwarze klamotten-trägern. es roch ein bisschen nach red bull. viele der anwesenden wirkten sehr jung, einige ältere waren auch anwesend, auf den laptops lief überdurschnittlich viel linux, eine dame vor mir bootete ihr ubuntu alle 10 minuten neu. wenige der anwesenden hatten idealgewicht, einer trug einen schlips und freute sich unablässig, ein paar trugen eine piratenflagge als cape. es liefen eine menge journalisten rum, die man entweder an den fernsehkameras, notizblöcken oder lehrer-outfits erkannte.
vorne auf der bühne sass der vorstand und am rednerpult las jemand die tagesordung aus einem wiki vor. ein haarknäul auf der bühne schien protokoll zu führen. hin und wieder wurde über tagesordnungspunkte abgestimmt, hin und wieder brandete applaus auf, regelmässig gab es wortmeldungen an den im saal aufgestellten mikrofonen. alles ging sehr gesittet und ordentlich von statten, über jede kleinigkeit wurde abgestimmt und diskutiert, sogar über den offiziellen hashtag des #bpt09 wurde kurz diskutiert.
genau so stelle ich mir die jahreshauptversammlung des zentralverbands deutscher kaninchenzüchter vor. ordentlich, diszipliniert und zum umfallen langweilig.

wie viele twitterer, mach ich es mir aber auch einfach, wenn ich sage: „langweilig!“. denn an und für sich ist das was man dort im bürgerzentrum wilhelmsburg sehen konnte alles andere als langweilig: es bildet sich eine partei, die dem grossen unbehagen das sich bei vielen „onlinecommunitybenutzern“ breitmacht, eine stimme und hoffnung auf besserung verleiht. und dass ein solches vorhaben, eine ordentliche politische willensbildung nicht von oben herab verordnen lässt kann oder sich an einem charismatischem heilsverkünder kristalisieren kann ist auch klar. markus merz drückt das in weniger worten als ich aus:
Demokratie ist schon ein mühsames Geschäft so ganz ohne Diktator :) #bpt09
man könnte jetzt seitenlang rumnörgeln und altklug die angeblichen fehler der piraten ausleuchten, sich darüber lustig machen, wie wenig straff der parteitag organisiert ist, wie unproffesionell es wirkt, wenn deligierte von hinten im saal am mikro einfach mitglieder des bundesvorstands kritisieren und zur rechtfertigung zwingen und sich einfach jeder zu allem zu wort melden darf. aber eines ist sicher, es wirkt nicht so abgeklärt und politisch abgefuckt(*) wie in anderen parteien oder echten kaninchenzüchtervereinen. gstolt:
alle die hier einfach nörgeln. wir sind noch jung und die meisten sind nicht erfahren in politischer arbeit. #bpt09
mir ist diese übermotivierte naivität jedenfalls zweitausendmal lieber als die abgeklärtheit und arroganz mit der das politische establishment der piratenpartei zur zeit begegnet.
natürlich steht im parteiprogramm oder den entwürfen dazu viel dummes zeug. nur was wäre das, wenn eine partei aus dem stand ein konsensfähiges, glattgeschliffenes, es allen rechtmachendes und unglaublich professionelles parteipragramm, inklusive zwei drei herausragenden klugen, bedachten politischen köpfen präsentieren könnte? da wäre was faul dran.
es ist wie beim menschen. der wird unschuldig aber ein bisschen nervig und anstrengend geboren, fängt dann irgendwann an sich wie ein flegel zu benehmen und alles althergebrachte abzulehnen, bevor er durch selbstgemachte erfahrungen langsam zu etwas vernünftigem und im alltag zu gebrauchendem wird. bis dahin hat er ein paar mal kräftig auf die fresse bekommen, das leben, die realität, der alltag hat ecken und kanten abgeschliffen.
natürlich wird sich die rechte kampfpresse (und wahrscheinlich auch die linke) weiter die finger wund schreiben und versuchen die partei mit halbwahrheiten, suggestion und einseitiger berichterstattung zu diskreditieren. die vorboten dafür kann man bei joachim huber im tagesspiegel, susanne gascke und bernd ulrich in der zeit oder thomas steinfeld in des SZ bereits erkennen. man hört es fast, wie man sich in den redaktionsstuben der republik die hände reibt und darauf freut, die künftigen politischen fehler und tapsigkeiten der piraten auszuschlachten. man wird immer wieder lesen, dass man die piraten nicht ernstnehmen kann, dass sie kulturfeinde sind, das sie gefährlich sind und das sie einen politker in ihren reihen haben, gegen den wegen des verdachts auf den besitz von kinderpornographischen material ermittelt wird. witzigerweise wird man das auch oft von mitgliedern eines sehr viel grösseren vereins hören, in dem hunderte, wenn nicht sogar tausende, teilweise leitende mitglieder unter dem verdacht des kindesmissbrauchs stehen und auch dafür verurteilt wurden. trotzdem wird keiner der jörg-tauss-kritiker deshalb aus der katholischen kirche austreten.
ich will weder das problem kindesmissbrauch allgemein oder den verdacht gegen jörg tauss speziell bagatellisieren, erwarte aber eine rege und bigotte instrumentalisierung des kinderschutzes im aufbrandenden politischen kampf gegen die piratenpartei. gleichzeitig denke ich, dass das der partei gut tun wird und sie daran reifen wird. und mitglied in der piratenpartei zu sein (bin ix übrigens nicht), heisst ja auch nicht, keine kritik an ihr üben zu können oder zu sollen. der von mir überaus geschätzte bov bjerg ist kürzlich in die piratenpartei eingetreten („Parteine sind doof.“, „Die Piratenpartei ist doof.“, „Und trotzdem.“) und pflückt bereits jetzt mehr oder weniger genüsslich deren programm und zitate der vorstände auseinander. ein kommentator bei bov bjerg mutmasst bereits, dass bov bjerg am „Ende […] noch der Jörg Tauss der Piratenpartei“ wird.
überhaupt parteiprogramme, wozu sonst als zur erstellung des wahlomaten sind die überhaupt gut? sie bieten eine orientierung und hilfe um das geringste übel zu wählen. an die exakte umsetzung eines wahlprogramms glaubt ja noch nicht mal lieschen müller. journalisten lesen wahlprogramme eh nicht, blogger auch nicht. ich habs mal versucht und bin nach zwei sätzen eingeschlafen.
zumal es meiner meinung nach auch extrem naiv ist, zu hoffen, dass nach dem parteitag all die schwierigen fragen zum urheberrecht, den bürgerrechten, dem datenschutz und der zukunft abschliessend und befriedigend beantwortet wären. die diskussion darüber geht doch gerade erst los. jetzt kommt es darauf an eine breite gesellschaftliche diskussion zu diesen fragen auszulösen, lawrence lessigs thesen und ideen aufzugreifen, zu prüfen oder zu verwerfen, lösungen und kompromisse auszuloten.
ich bin da gerne mit dabei, allerdings derzeit nicht als mitglied der piratenpartei. und den spruch „klarmachen zum ändern“ finde ich gar nicht mal so doof.
auch über den parteitag:
- live-stream vom #bpt09
- die welt über den #bpt09
- die SZ über den #bpt09
- der tagesspiegel zum #bpt09
- zeit.de zum #bpt09
- tagesschau.de zum #bpt09
- heute journal zum #bpt09
(*): apropos politische abgeklärtheit. wer einmal auf einem parteitag einer etablierten partei war, weiss wie nervig politische korrektheit in der freien rede sein kann. bei der SPD wird in jeden absatz mindestens ein „liebe genossinnen und genossen“ eingeflochten, was bei grosser aufregung auch oft als „liebe genossen und genossen“ ausgesprochen wird. in der CDU sind es „die lieben freunde und freundinnen“, „wähler und wählerinnen“. bei der piratenpartei hab ich das heute kein einziges mal gehört, wodurch ich mich zu einen blöden gag hinreissen liess: nämlich, dass bei den piraten niemand die politisch korrekte, aber blödsinnige grussformel „liebe piraten und piratinnen“ in seine reden einbaut, weil eh keine frauen anwesend sind.
leider hat mir jörg tauss laut protokoll des bpt09 einen strich durch meinen (ohnehin überflüssigen) gag gemacht: er hat es wirklich gesagt!
[nachtrag 05.07.2009] hier ist ein video vom livestream von tauss rede zu sehen [via]. als tauss von den „lieben piraten und piratinnen“ spricht verhaspelt er sich ganz ordentlich und gibt zu, dass er fast „genossinnen und genossen“ gesagt hätte. ein zwischenrufer wendet ein: „piraten ist geschlechtsneutral.“
blaue fenster, quasi
auf diesem bild kann man mehrere dinge erkennen (oder auch nicht):
- dass der o2-XDA eine lausige kamera hat
- dass ix ein lausiger fotograf bin
- dass die DB-regio-züge nicht nur mit blauen sitze ausgestattet sind, sondern auch mit blauem licht beleuchtet werden
- dass die konkurrenz von metronom die regionalbahnen noch gelb beleuchtet

klopapier, müll, „ballum“, jean-luc und ein schöneres deutschland
andrea schrul: „Bei dem ersten Film, den ich produzierte, handelte es sich um einen 10-minütigen Kurzfilm über das Leben einer Toilettenpapierrolle.“
fonsi: „Aber die Lösung des Mülls ist nicht die bessere Finanzierung des Abfalls, sondern ein besseres, müllfreies Angebot.“
merlix: „Der Sohn hat einen Luftballon geschenkt bekommen, groß, orange und ziemlich großartig, zumindest aus seiner Sicht. Stolz sitzt er im Buggy und hält ihn in der Hand, während ich mit ihm durch die Stadt schiebe. Er hält ihn gelegentlich hoch und erklärt den Menschen, die uns entgegenkommen und die es ja vielleicht nicht wissen: »Ballum!«“ [hab ich schon gesagt, dass merlix langsam zu meinem liebingsblogger wird? achja.]
jean-luc godard interviewt woody allen. [godard! nicht picard! via]
malte welding stellt fest: „Markus Majowski hat in den letzten Jahren also festgestellt, dass während der Regierungszeit von Angela Merkel Deutschland einfach schöner geworden ist.“ [mit videos]
kostenlos-kultur
diese sogenannte „kostenlos-kultur“ nimmt ja langsam überhand. gestern habe ich im gedruckten tagesspiegel gelesen ohne etwas dafür zu bezahlen.

ich fand den artikel „Die Ideen der anderen“ von jens mühling aber trotzdem sehr gut. muss man ja auch mal sagen, bei all dem müll der hin und wieder im tagesspiegel steht.
hubert burda will lieber nehmen als geben
hubert burda hat in seiner eigenschaft als VDZ-präsident eine rede gehalten und meint die zeitschriften- und zeitungsverleger würden „schleichend enteignet“.
detlef borcherts fasst es auf heise.de folgendermassen zusammen: „Verleger fordern Schutz vor und Geld von Suchmaschinen.“
ich würde das was hubert burda sagt eher als höchst bizarre und vor allem bigotte pfründenkeilerei bezeichnen. hubert burda fordert:
Suchmaschinen, aber auch Provider und andere Anbieter profitieren überproportional von unseren teuer erstellten Inhalten. Doch wer die Leistung anderer kommerziell nutzt, muss dafür bezahlen.
da stellt sich natürlich die frage, zahlt focus für eingebettete youtube videos? und an wen? zahlt burda für benutzergenerierte inhalte, kommentare, fotos und videos?
bei live.focus.de kann jedermann fotos und videos hochladen. die fotos und videos werden dann von focus in werbung eingebettet gezeigt. zahlt burda für die kommerzielle nutzung der kreativen leistung der nutzer? in den AGBs von tomorrow-focus steht:
Mit dem Hochladen von Fotos, Videos oder Texten räumt der Nutzer der TOMORROW FOCUS Portal GmbHunentgeltlichdas Recht ein, die Materialien zeitlich unbegrenzt zu speichern, öffentlich zugänglich zu machen, zum Download anzubieten und in Online- und Printmedien zur Bewerbung des Angebots zu nutzen.
[in den AGBs findet man auch ein deppenapostroph: „6.4 Die AGB’s zur Nutzung von SHOPSHOP finden Sie hier.“]
erinnert mich an den guten alten lehrsatz von kommunistischen kadern: „alle sind gleich, aber einige sind gleicher“ (und sollen dafür auch mehr geld und privilegien bekommen). die proleten brauchen kein geld zu bekommen wenn sie so doof sind ihre aufwändig erstellten inhalte kostenlos ins netz stellen, die edlen verleger aber, wenn sie ihre „teuer erstellten“ inhalte nicht anders als kostenlos und mit hilfe von suchmaschinen an den mann bringen können, sollen fürstlich entlohnt werden. ich frage mich ob hubert burda bei seinem vortrag rot geworden ist.
na gut. mal angenommen hubert burda wäre ein anständiger kerl und würde seine journalisten und content-lieferanten anständig entlohnen. was verdient google denn mit der kommerziellen nutzung von zeitungsinhalten? google-news, über das sich verleger immer besonders gerne aufregen ist bisher noch werbefrei. bei der google-suche selbst, verdient google kräftig mit eingebetteten anzeigen. das ist selbstverständlich legitim, denn google bietet eine leistung die von suchenden und gefundenen hoch geschätzt wird. diejenigen die suchen schenken den google-ergebnissen eine hohe aufmerksamkeit, weil google gute suchergebnisse bietet. diese aufmerksamkeit verwandelt google über anzeigen in geld. die verleger und anderen content-produzenten schätzen den traffic den google bringt. wenn ich mich recht erinnere sind das beispielsweise beim focus über 50% aller besucher. das ist bares geld wert, das focus beispielsweise auch mit google-anzeigen monetarisiert. die verleger investieren sogar geld in suchmaschinen-optimierung, um bei google weit oben gefunden zu werden.
wo genau ist das problem? es gibt kein probem, die verleger wollen einfach nur mehr geld.
wie absurd diese forderung ist, erkennt man wenn man google mit einem kiosk vergleicht. in einem kiosk liegen hunderte zeitungen und zeitschriften aus („unsere teuer erstellten Inhalte“). das kiosk macht diese inhalte zugänglich und verkauft die medienerzeugnisse. die verleger gestehen dem kiosk sogar zu, einen teil des erlöses zu behalten. wenn ein kiosk nun ein besonders lukratives geschäftsmodell gefunden hat, zum beispiel indem neben den verlagserzeugnissen auch lotto-scheine, kaffee, belegte brötchen oder selbstgemachtes pesto verkauft werden, sollten die verleger dann auch an diesen erlösen beteiligt werden? schliesslich sind es doch die „teuer erstellten Inhalte“ die die menschenmassen in das kiosk treiben. oder?
Dazu zählen: das Recht, im Netz von den Suchmaschinen nach objektiven, nachvollziehbaren Kriterien gefunden zu werden. Das Recht, an den Erlösen der Suchmaschinen fair und zu überprüfbaren Konditionen zu partizipieren.
warum also eine „partizipation“ an den erlösen der suchmaschinen? warum sollen nur die verleger und nicht die lotto-gesellschaften, bäcker, kaffeeröster oder basilikum-bauern von den suchmaschinen entlohnt werden? jetzt kommt das killer-argument von burda: weil es sich bei zeitungen und zeitschriften um ein „Kulturgut“ handelt, das „bewahrt“ werden müsse. wohlgemerkt, burda meint nicht die kulturschaffenden, die autoren, die künstler, die fotografen, die blogger, die kommentatoren, die musiker, die youtube-video-ersteller die eines bosonderen schutzes und einer vergütung bedürfen, sondern es geht hubert burda um „die Rechte jener“, „die die Werke der Autoren vermitteln.“
interessant ist, dass burda eigentlich ein direkter konkurrent von google ist. 2001 hat burda eine „einzigartige findmaschine“ namens netguide angekündigt, die meines wissens ebenso einzigartig und grandios gescheitert ist. und jochen wegener hat ein projekt in der schublade, dass wie google-news funktionieren soll und google-news „attackieren“ soll. ich habe jochen wegner gefragt, ob bei diesem dienst eine vergütung der news-quellen geplant ist. ich erwarte keine antwort, wohl aber, dass burda hier, ebenso wie google das angeblich tut, keinen pfennig für die kommerzielle ausnutzung von „teuer erstellten“ inhalten anderer zahlen wird.
[nachtrag 23:15]
herr kaliban meint zum geichen thema:
…tja, was fordert [hubert burda]? Staatshilfen? Nein, ein Gesetz. Ein hübsches kleines Gesetz extra für die Verlage, damit die ihren, uh, verantwortungsvollen Journalismus (welches seiner Magazin meint Dr. Burda hier: Focus, Bunte, Frau im Trend? Super-Illu?) weiter wirtschaftlich betreiben können.
[nachtrag 01.07.2009]
nachrichten.de bietet laut jochen wegner „jedem“ an, sich gegen revenue-share, also gegen beteiligung an den umsätzen, an nachrichten.de zu beteiligen. immerhin.
[nachtrag 02.07.2009]
anja seeliger erklärt im im perlentacuher ein bisschen genauer was das „erweiterte leistungsschutzrecht“ das burda fordert eigentlich bedeutet.:
Ein Leistungsschutzrecht für Verlage bedeutet, dass Verlage künftig auch ohne Einverständnis ihrer Autoren - ja sogar gegen den Willen ihrer Autoren - Zitate aus Artikeln in ihren Zeitungen schützen und damit kostenpflichtig machen können. […] Gegründet werden soll eine „Verwertungsgesellschaft der Verlage. Eine Gema für Onlinetexte, die im Netz nach illegaler Nutzung fahndet - und fällige Gebühren eintreibt“. Nicht für die Verbreitung ganzer Texte, das ist heute schon illegal, sondern für Zitate!
das eigentlich erschreckende ist aber die nähe der grossen verlage zum staat:
Hubert Burda behauptet, all diese Maßnahmen seien unumgänglich, um den „Qualitätsjournalismus“ und damit die Demokratie zu schützen. Aber nicht der „Qualitätsjournalismus“ ist wichtig für die Demokratie, sondern die Existenz einer freien Presse. Die Presse ist aber nur frei, wenn sie von staatlichen Einflüssen unabhängig bleibt. Doch genau das lehnen Zeitungsverleger jetzt ab: Sie rufen nach dem Staat.
ist sabine christiansen ein roboter?
und vor allem, ist sat1 ein programmierer? wurde sabine christiansen objektorientiert programmiert? wie wurde sie compiliert? was sind die features?

eines kann ich aus eigener erfahrung sagen: programmieren ist kein zuckerschlecken. ich habe gestern abend versucht es zu lernen und bin grandios gescheitert.
freitagsabmahnungen

david schraven hat am freitag auch eine abmahnung erhalten, auf die er bis montag reagieren soll.
warum er keine unterlassungserklärung abgeben will, bechreibt er sehr detailiert und nachvollziehbar selbst.
das nächste grosse ding im internet sind jetzt wohl nicht mehr hundebilder am freitag, sondern anwaltsschreiben.
valess.de hat ne sicherheitslücke und mahnt einen blogger ab
diesen screenshot habe ich eben von der valess.de-site gemacht:

wenn man auf diesen link [link entfernt] klickt, kann man genau diese seite (bis jetzt, samstag 27. juni 2009) auch im original sehen. das geht, weil der valess-server eine sicherheitslücke hat.
stephan janosch hat diese krasse sicherheitslücke auf dem valess.de-server für einen derben scherz ausgenutzt und der valess-site ein rezept für soylent green-burger untergeschoben [link entfernt, screenshot hinzugefügt].

eine ähnliche sicherheitslücke hat spreeblick vor einer weile bei spiegel-online entdeckt. aus „sicherheitsgründen“ und auf bitten von spiegel-online ist dort der link und die dokumentation der sicherheitslücke entfernt worden. abgemahnt wurde spreeblick deshab nicht.
beim bundesamt für sicherheit in der informationstechnik (BSI) kann man eine studie runterladen [via] die ziemlich detailiert auf das thema „data validation“ eingeht. „data validation“ bedeutet, dass man alle eingaben die eine webapplikation entgegennimmt auf schadcode oder mögliche manipulationsversuche prüfen sollte.
Alle Daten, die von außen in die Anwendung gelangen, sind zu validieren und zu filtern. Neben den offensichtlichen Eingabedaten in Form-Variablen existieren eine Reihe weiterer Quellen. Ebenso sind Ausgaben an den Browser zu filtern, wenn dies nicht bereits durch die Inputfilterung mit abgedeckt ist. [zitat BSI-studie websec.pdf]
„data validation“ ist beispielsweise der grund, warum man in blogkommentaren nur ein kleine menge HTML-tags benutzen darf. die meisten HTML-tags werden ausgefiltert, vor allem alles, was mit javascript zu tun hat. wenn die webapplikation javascript nicht sauber ausfiltert, ist das schadpotenzial sehr hoch, vor allem für besucher der site.
genug des langweiligen technikgebrabbels. stephan janosch hat post von den anwälten von campina, bzw. valess B.V. bekommen. die anwälte meinen, dass der screenshot auf stephan janoschs blog, sowie der manipulierte link „die absoluten Rechte“ ihrer „Mandschaft“ verletzten, „namentlich den guten Ruf des Unternehmens, den eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb, die Namensrechte sowie gegebenenfalls bestehende Geschmacksmusterrechte.“
die weit offen klaffende sicherheitslücke des valess-servers für einen derben scherz auszunutzen, diesen scherz (und die sicherheitslücke) zu dokumentieren sei nicht von der meinungsfreiheit gedeckt, meinen die anwälte.
da ich weiss, dass die veröffentlichung meiner meinung über die technische kompetenz der valess-anwälte und die technischischen fähigkeiten der valess-website-verantwortlichen definitiv nicht von der meinungsfreiheit gedeckt sind, sehe ich an dieser stelle von einer meinungsäusserung ab. klar ist zumindest, dass der gute ruf derjenigen die die site erstellt und technisch zu verantworten haben, unter beschuss geraten könnte.
ich finde es höchst bemerkenswert, dass „valess“, statt zügig die sicherheitslücke zu stopfen (die lücke besteht bei der veröffentlichung dieses artikels nach wie vor), erstmal die anwälte losschickt, die ihr klassisches repertoire auffahren:
- abmahnung zum wochenende verschicken, frist bis montag setzen
- einstweilieg verfügung nach dem ablauf der frist ankündigen
- finanzielle konsequenzen ankündigen, bzw. mögliche „schadensersatz“-forderungen am rande erwähnen
- extra-dicke geschütze auffahren und urheberrechtsverletzung und persönlichkeitsrechtsverletzung geltend machen
erschreckt habe ich eben festgestellt, dass es tatsächlich möglich ist, auf dem valess-server über die URL [http://www.valess.de/rezepte.aspx?Keyword=] javascript-code auszuführen. technisch ist es damit ohne weiteres möglich valess.de-besuchern damit schadcode unterzujubeln oder zur preisgabe von persönlichen daten oder passwörtern zu verleiten.
ich frage mich, ob die valess-anwälte ähnlich reagieren, wenn sie mal ausversehen die türe zu ihre kanzlei offen gelassen haben sollten und sie jemand darauf hinweist und ein foto davon veröffentlicht. erst mal zuschlagen, statt kurz zu reden oder besser: jemanden fragen der sich mit sowas auskennt?
[nachtrag 28.06.2009]
je länger ich darüber nachdenke, desto unverständlicher wird es für mich, dass campina dieses problem juristisch, statt technisch zu lösen versucht. eigentlich ist es erschreckend, dass ein unternehmen, das lebensmittel mit enormen technischem aufwand produziert, bei einem technischen problem so reagiert.
die valess-site ist so programmiert, dass sie es erlaubt beliebige inhalte anzuzeigen und wenn es jemand tut geht man gegen den vor? für mich ist das vergleichbar mit einer hausverwaltung, die feueralarm-melder ohne glasscheiben in einem kindergarten montiert und dann gegen die kinder vorgeht, die die alarm-knöpfe drücken. natürlich könnte man eine palette mit bierkästen offen und ungesichert auf einem volksfest lagern, statt in einem gesicherten lager. aber könnte es nicht sein, dass man sich dann lächerlich macht, wenn man juristisch gegen den scherzbold vorgeht, der eine haftnotiz mit der aufschrift „freibier“ dran klebt? natürlich brauchen kuhweiden nicht unbedingt zäune zu haben, aber ist es dann klug juristisch gegen die weggelaufenen kühe vorzugehen?
der von campina beauftragte jurist hat eines ganz richtig erkannt, es geht um „den guten Ruf des Unternehmens“, denn gerade unternehmen aus dem lebensmittelbereich sind darauf angewiesen, dass die konsumenten ihnen vertrauen. konsumenten vertrauen ihren produktionsabläufen, der qualitätskontrolle und dass die produkte unter optimalen und besten hygienischen bedingungen entstehen und dass bei technischen problemen oder problemen mit den rohwaren kompetent und sachkundig — und nicht juristisch — reagiert wird. fehler und fehleinschätzungen können vorkommen, aber als konsument möchte ich mich, gerade wenn es um lebensmittel geht, darauf verlassen können, dass adequat reagiert wird.
bei campina habe ich derzeit noch nichteinmal das gefühl, dass das problem als ein hausgemachtes erkannt wurde.
[nachtrag 30.06.2009]
stephan janosch hat ein bisschen auf der seite in der er das soylent-green-burger-rezept dokumentierte rumeditiert, bezüge auf die marken gelöscht, den fullquote der unterlassungserklärung gelöscht und offenbar freundlich mit dem anwalt von campina telefoniert:
Seit Montag stehe ich in mehr oder weniger regelmäßigen Kontakt mit den Anwälten von Campina. Zusammenfassend ist deren Wunsch, dass im Originalartikel jeglicher Bezug zu Campina verschwindet und die Sache in einem Vergleich endet. Ich brauch nix unterschreiben und nix zahlen. Eine Dokumentation des Vorgangs hier auf dem Blog muss nicht unterbleiben. Der Umgangston ist freundlich und entspannt.
die sache mit der abmahnung, bzw. unterlassungserklärung scheint sich in einen vergleich aufgelöst zu haben. die sicherheitslücke besteht aber offenbar weiter. was ich jetzt erstaunlicher finden soll, weiss ich noch nicht.
[nachtrag 01.07.2009]
die lücke auf dem valess-server scheint geschlossen worden zu sein.