anbei meine nachlese mit sehenswerten oder empfehlenswerten vorträgen zur republica dieses jahr. noch habe ich nicht alle videos gesehen und vor allem scheinen noch nicht alle videos, die ich gerne sehen würde, online zu sein. möglicherweise serendipitiere ich mich noch an andere vorträge heran, die ich dann hier und in meinen anderen beiträgen zur #rpten (siehe unten) nachtrage und ergänze.
bisher habe ich folgende längeren texte zur republica 2016 geschrieben:
tom hillenbrand gräbt ein bisschen in der vergangenheit und zeigt eine wiederkehrende tendenz von machthabern, andere zu überwachen. wahrscheinlich kann man noch weiter als ludwig den vierzehnten zurückgehen und immer noch ähnliche tendenzen zur totalüberwachung finden. alex matzkeit war nach eigenen worten „völlig begeistert“ von diesem vortrag, ich fand ihn sehr solide.
wie immer, eine sehr schöne runde gespräche von philip banse, diesmal mit „netz-publizisten“, also leuten die im netz was machen und im letzten jahr philip banse aufgefallen sind. zuerst patricia dasnuf cammarata, über das bloggen allgeimein, ihr blog, ihr buch und warum sie sich jetzt auch „muttibloggerin“ nennen lässt. danach nicolas semak über sein projekt viertausendhertz.de. hört sich alles interessant an, nuss man aber alles hören. danach ingrid brodnig über ihr buch und „hass im netz“. das was sie erzählte klang interessant und differenziert, aber besonders bemerkenswert fand ich, wie sehr sich das östereichische deutsch vom deutsch, das üblicherweise in berlin gesprochen wird, unterscheidet. die vokabeln die ingrid brodnig benutzte hatte ich teilweise zuletzt in theo-lingen-filmen vor 30 jahren gehört. zuletzt tilo jung, der erzählte was er in der bundespressekonferenz so macht, dass der regierungssprecher ihn erst auf die idee brachte („kommen sie doch mal vorbei“) auf die bundespressekonferenz zu kommen und das jetzt offenbar bitterlich bereut. als er das so erzählte wurde er mit beinahe wieder sympathisch, weil er in der bundespressekonferenz natürlich angefeindet wird und eine art underdog-status geniesst und vergleichsweise dünn auftrug und bescheidenheit übte.
als philip banse ihm dann auch mal eine „ungenehme frage“ stellen wollte, piekste er in die alte krautreporter und femminismusdebatte von damals™ und unter rechtfertigungsdruck, wirkte tilo jung dann wieder so unsympathisch wie eh und je. später gerät er dann mit patricia cammarata aneinander, was ich ziemlich unterhaltsam fand. die stelle ist im video ab sekunde 3303 zu sehen.
11 minuten habe ich das leider relativ unstringente gerede von gunter dueck ausgehalten, dann musste ich abschalten. ich mochte die art, mit der gunter dueck vorträgt bei den ersten beiden gelegenheiten, bei denen ich ihn sah, ganz gerne. aber jetzt, heute halte ich das nicht mehr so gut aus. man kann auch stringent und wirr reden, aber unstringent, unpräzise und wirr, ist mir dann doch zu viel.
pessimistisches, langes lesestück von hossein derakhshan, die wegen seines blogs für 6 jahre im iran im gefängnis sass und der das alte web, das vor seiner inhaftierung, vermisst. zu grossen teilen gebe ich ihm recht, an manchen stellen seines textes möchte ich widersprechen und finde seine darstellung zu eindimensional.
den teil seiner rede, den ich noch mitbekam, fand ich dann nicht nur eindimensional, sondern so ärgerlich, dass ich twitterte:
mich hat die neil-postmanisierung der gesellschaftsdebatte schon 1985 genervt. jetzt schwappt dieser pessimismus täglich auf der #rpten hoch
tatsächlich zitierte hossein derakhshan explizit neil postman und warnte sinngemäss davor, dass das internet uns langsam verblöde und wir uns „zu tode amüsieren“ würden, weil wir uns „mehr und mehr“ von der schriftsprache hin zur bildsprache wenden würden und unsere informationsaufnahme nur noch häppchenweise funktioniere.
ich möchte dem auf mehreren ebenen widersprechen, aber zum glück stumpfte hossein derakhshan in der anschliessenden fragerunde seine spitzen thesen ausversehen etwas ab. so berichtete er, dass im iran grossteile der nachrichten und berichterstattung auf instagram auslagern würden, weil instagram im iran nicht zensiert würde. so würden bei instagram lange texte unter den bildern erscheinen und instagram damit quasi als textmedium zweckentfremdet. ausserdem würde im iran so gut wie jeder telegram nutzen. das ist ein verschlüsselter nachrichtendienst, der auch eine gruppenfunktion habe, mit der man grosse leserschaften erreichen könne. kann natürlich gut sein, dass er glaubt, dass nur die menschen im iran nicht verblöden, weil dort die bildlastigen dienste zensiert seien, im rest der welt dank youtube und facebook dann aber doch? oder er findet, dass richtiger journalismus nur auf papier und richtiges bloggen nur in blogs funktioniere?
dazu kommt noch eine fehleinschätzung, der, meiner meinung, auch schon postman aufgesessen ist. das informationsbedürfnis grosser bevölkerungsgruppen war schon immer bildlastig. elaborierte schriftkommunikation war, soweit ich das sehe, nie ein massen-phänomen, sondern spielt sich bis heute eher in bildungsnahen schichten ab. auch vor dem fernsehen und dem netz gab es bildlastige illustrierte oder klickbait (beispielsweise in form überzogener schlagzeilen). blogs haben nie ein massenpublikum angezogen, sondern, schon immer, in nischen geblüht. und selbst das fernsehen hat sich mittlerweile so weit ausdifferenziert, dass es in nischen (zum beispiel der nische der „qualitätsserien“) mit anspruchsvollen, komlexen romanen mithalten kann. anders gesagt: wer sich zu tode amüsieren wollte, konnte das auch schon vor 200 jahren tun, wer buchstaben liebt, findet die heute in höherer zahl und vielseitiger kombiniert, als jemals zuvor in der menscheiheitsgeschichte.
bei dem wenigen was ich von hossein derakhshan mitbekommen habe, schien mir das was er sagte eher von verbitterung geprägt, als von sauberer analyse. aber vielleicht sollte ich mich nochmal in gänze durch den vortrag quälen.
[nachtrag 06.05.2016]
etwas differenzierter als ich setzt sich thomas pleil hier mit hossein derakhshans thesen auseinander und zieht auch persönliche konsequenzen, nämlich, unter anderem, mehr ins eigene blog zu schreiben und diese inhalte auf andere plattformen zu syndizieren.
wir sind dann sitzengeblieben und statt des erwarteten, bereits zwei tage vorher gelaufenen programmpunkts art: what is it good for? mit ruth daniel (videoaufzeichnung, noch nicht angesehen), kam dann gabriel lifton-zoline mit what you need to see! – immersive storytelling, das im prinzip ein produktpitch für RYOT war. RYOT ist ein journalistisches format, dass viel mit 360°-videos arbeitet und kürzlich von der huffington-post aufgekauft wurde.
mich interessiert das aus zwei gründen nicht sonderlich: erstens huffington post und zweitens 360°-videos. die technologie sei zwar da, betonte gabriel lifton-zoline mehrfach, aber auf mich wirkt sie weder ausgereift, noch besonders vorteilhaft gegenüber videotechnologien mit geringer gradzahl. bei mir sind weder 360°, noch VR so recht angekommen. mit der RYOT app, kann ich zwar prima 360°-videos auf einem telefon ansehen, aber warum ich mir die videos mit dem handy vor der nase ansehen und mich dabei um die eigene achse drehen sollte, um die richtige perspektive zu finden, habe ich noch nicht verstanden. kommt vielleicht noch, dauert bei mir aber sicher noch ein paar jahre.
wir sind weiter sitzengeblieben und dann kam überraschenderweise thomas fischer mit strafrecht, wahrheit und kommunikation. das sollte eigentlich schon am vortag gezeigt werden, aber da hatte thomas fischer wohl den flug verpasst. sein vortrag war angenehm und sympathisch, und handelte genau von den themen, die in der ankündigung standen:
Wie rekonstruieren wir Wahrheit im Strafprzess? Wie konstruieren wir Wirklichkeit von Sicherheit, Bedrohung, Strafbedürfnis und Schuld?
Wie passen Transparenz, Sicherheitsbedürfnis und Menschenrechte zusammen?
funfact am rande, die aktuelle folge von the good wife handelt (unter anderem) genau von diesem themenkomplex.
kathrin passig schaue ich mir auch an, wenn sie mit mehreren auf der bühne steht und wenn das vortragsthema sich staubtrocken anhört.
sie wies allerdings darauf hin, dass das thema uns alle etwas angehe und dass die auseinandersetzung mit organisationsstrukturen, uns viele schwierigkeiten und tränen ersparen könnte, weil wir uns quasi ständig (implizit oder explizit) organisierten. tatsächlich schaffte kathrin passig in ihrer vorrede, mich für das thema zu interessieren und vor allem ihr hinweis auf diesen, schon etwas älteren, text von jo freeman habe ich ernstgenommen und ihn vor dem schreiben dieser zeilen gelesen. hier ein zitat aus dem text, das gut zeigt um was es geht:
[T]he idea of “structurelessness” does not prevent the formation of informal structures, only formal ones. Similarly “laissez faire” philosophy did not prevent the economically powerful from establishing control over wages, prices, and distribution of goods; it only prevented the government from doing so.
erstaunlich an jo freeman’s text ist vor allem, wie zeitgemäss er ist, und wie exakt er probleme beschreibt, die wir auch in den 2000er jahren sehr gut kennen.
die einzelnen wortbeiträge von volker grassmuck, leonard dobusch und monic meisel waren nicht erkenntnislos, aber ich muss sagen, dass mir die lektüre von jo freeman’s text sehr viel mehr erkenntnisse und aha-effekte verschafft hat, als das panel selbst. soweit ich sehe, hat kathrin passig die runde hier sehr vollständig transkribiert.
nach etwas herumirren und hof-stehen wollten wir uns dann herrn kretzschmar ansehen, der zusammen mit anna lena schillerstifte sprechen lassen wollte. anna lena schiller und beetlebum wurden übrigens dreimal vorgestellt, einmal vom bühnenmoderator, einmal auf einer folie und dann nochmal von anna lena schiller. ich bin da ja eher ein freund der metadaten, die bei veranstaltungen wie der republica sehr zahlreich vorhanden sind. aber auch später, in der youtube-aufzeichnung von solchen vorträgen, kann man den namen der vortragenden eigentlich kaum verpassen. aber was solls? zehnfach hält einfach besser (mein name ist übrigens felix schwenzel).
auch wenn ich nur die einführung der beiden und einen kurzvortrag von johannes kretschmar mitbekommen habe (wir mussten wegen platzangst nach 10 minuten raus), habe ich wieder lust bekommen, mal wieder selbst zu zeichnen kritzeln. eigentlich schon seit randall munroes vortrag.
danach zu journelle, die das internet dick gemacht hat und zu der ich aus gründen nicht viel mehr sagen kann, als dass ich sie grandios, fantastisch und irre witzig finde. das war einer der persönlichsten und aha-igsten vorträge dieser republica.
"Ich habe nie was gegen gesunde Ernährung gesagt. Einige meiner besten Freunde ernähren sich gesund." @journelle auf der #rpTEN
und wenn jemand so auf die bühne kommt, kann eigentlich eh nix mehr schiefgehen.
und dann war die republica — zack! — auch schon wieder (fast) vorbei. johnny haeusler fing das cheesegate sehr würdevoll ab („Ain't no sunshine when cheese gone“) und, obwohl ich das seit mindestens 13 jahren weiss, bin ich immer wieder erstaunt darüber, was für eine rampensau johnny haeusler ist. besonders erfreulich fand ich, dass die besucherzahl in diesem jahr tatsächlich, wie erwartet, nochmal um die 1000 menschen höher lag als letztes jahr, und dass sich das nicht unangenehm bemerkbar machte (ausser beim völlig überfüllten sascha-lobo-vortrag). noch erstaunlicher: die zahl der live-stream-zuschauer, die, wenn ich mich recht erinnere, zu spitzenzeiten um die 20.000 beströmte lag. das heisst aber auch, dass es noch mindestens zwanzigtausend menschen gibt, die noch flash benutzen.
ich fand die republica dieses jahr sehr entspannt (kein vorbereitungsstress). ich freue mich darauf, noch ein paar vorträge auf youtube anzusehen und nochmal in einem separaten artikel die veranstaltungs-highlights zusammenzufassen — und natürlich freue ich mich auf die #rp11 (oder isses dann wieder die #rp17?).
randall munroe’s vortrag gestern abend war, in gewisser weise, der radikalste vortrag den ich auf der republica je gesehen habe. der vortrag war den comics, die randall munroe auf xkcd.com veröffentlicht, nicht ganz unähnlich. diese comics handeln ausschliesslich von dingen, die randall munroe interessieren. sie halten sich an keine konventionen, ausser denen, die er sich selbst ausgedacht hat. das ist an sich nicht wirklich radikal, sondern eine haltung, die ich mir eigentlich von jedem blogger, jeder publizierenden wünsche: dem massengeschmack, trends, nicht nur nicht zu folgen, sondern den massengeschmack und trends gar nicht erst beachten. nicht nur „bloggen als würde niemand zusehen“, sondern publizieren, als wären alle so wie ich. das klingt hermetisch, ist es aber nicht, denn das jeweilige ich ist ja der welt zugewandt, aber eben fokussiert. wird diese haltung leidenschaftlich und konsequent durchgezogen, können wunderbare untrendige, unoptimierte, eigene werke entstehen, die vielleicht nicht jedem gefallen, aber wenigen dann um so mehr.
das ist, so ungefähr, die radikalität von xkcd.com. nicht jeder versteht auf den ersten blick um was es geht, viele interessiert es erst gar nicht, aber wenn man sich doch interessiert und sich mit den dingen beschäftigt, zur not mit hilfe von hilfreichen erklärungen, entdeckt man wunderbare welten, gedanken, leidenschaft und — bei xkcd ganz besonders — sorgfalt.
diese radikalität hat randall munroe in seinem vortrag eins zu eins vom netz auf die stage 1 der republica übertragen. munroe kümmert sich um so gut wie keine regel für erfolgreiches, engagierendes öffentliches reden, er klebt hinter dem pult, die folien fliessen über mit unlesbaren informationen und er widmet sich den details, die ihn faszinieren, bis ins wirklich allerkleinste element. in diesem fall, sogar im wahrsten sinne des wortes.
(gefühlt) eine dreiviertel stunde widmet er sich der frage, was passieren würde, wenn man aus den elementen des periodensystems eine mauer bauen würde. er geht die einzelnen elemente und reihen sorgfältig durch, begeistert sich über einzelheiten und macht keinerlei anstalten irgendetwas zusammenzufassen.
das ist radikal, aber nicht mal ansatzweise elitär oder feindselig. es ist einfach das, was randall munroe begeistert, und wer ihm folgen möchte, bitte schön, kann das tun, und wer ihm nicht folgen möchte, kann das unterlassen.
die zweite (gefühlte) dreiviertelstunde beschäftigt sich munroe mit drei unübersichtlichen zeichnungen, in denen er komplexe zusammenhänge mit den 1000 meistbenutzten wörtern der englischen sprache erklärt. auch hier geht er ausführlich auf jedes noch so kleine detail ein und verzichtet auf jede art von zusammenfassung oder metaebene.
randall munroe kann sich das erlauben, sein publikum mit details zu langweilen, weil seine details eben (für viele, sehr viele) nicht langweilig sind. sie sind geladen mit witz und humor, aber eben randall munroes, ganz eigenem, sehr speziellen, subtilen humor, der sich eben nicht um irgendwelche humor-richtlinien oder -trends kümmert.
dass randall munroe überhaupt so eine grosse folgschaft, so viele fans seiner arbeit gefunden hat, verdankt er (und wir) in erster linie dem netz. er hat seinen eigenen stil und seine folgschaft über etwa ein jahrzehnt aufgebaut, über seine website und sehr, sehr viel detailversessene, kleinteilige, liebevolle und sorgfältige arbeit. kein verlag hätte diese aufbauarbeit leisten können oder wollen, vor allem aber hätte kein verlag munroes talent und leidenschaft erkennen können. so funktioniert das wohl nur im internet, dass winzige ein-personen-echokammern sich über jahrzehnte langsam füllen, bis plötzlich millionen menschen in ihr stehen und sich plötzlich die echo-qualitäten, auch in anderen echokammern, herumsprechen.
randall munroes thematische klammer im vortrag war (neben fluor) das kindlich, naive fragen. mir gefiel die aufforderung sehr gut, darauf hinzuarbeiten sich nicht für dinge zu schämen die man nicht weiss und schamlos danach zu fragen. neugier, naivität sei wichtiger als bildungsprotzerei, das war so ungefähr das fazit von munroe’s vortrag.
mein fazit von munroes vortrag ist: tu das was dich interessiert, publiziere das mit leidenschaft, detailliebe und sorgfalt, entwickle dich immer weiter, arbeite an deinem stil und bleib dir treu.
den talk wollte randall munroe nicht aufgezeichnet sehen, es gibt aber eine aufzeichnung, wo er über die mauer aus elementen aus dem periodensystem redet:
nachdem ich gunter dueck verpasst habe (zu früh), war mein erster programpunkt alina fichter im gespräch mit morgan wandell. wandell ist zuständig für die entwicklung von drama- und fernsehserien auf amazon und macht sein ding bei amazon wohl ganz gut.
leider fand ich morgan wandall sehr unsympathisch und glatt, ein typischer fensehmensch, der sehr viele wohlklingende adjektive benutzt, ohne jemals irgendetwas zu sagen. richtig interessante antworten kann man aber eh nicht von jemandem erwarten, der die meiste zeit im verborgenen arbeitet um in ruhe projekte entwickeln zu können und den rest der zeit mit promotion des fertigen gedöns verbringt. ebenso wenig hat sich die hoffnung bewahrheitet, dass er irgendwelche geheimrezepte oder unerwartete anküdigungen parat hätte — oder die auch noch mit dem publikum teilen würde. kurz: das war eher langweilig, auch wenn die sachen die künftig auf amazon gezeigt werden, durchaus spannend werden könnten.
der käsestand der gestern für käsigen geruch auf dem hinterhof sorgte, ist heute nicht mehr da. das ist schade, weil der käse wirklich lecker war. dafür gibt der burger-food-truck einen lastwagen.
zweiter programpunkt: friedemann karig mit der pubertären gesellschaft und dem netz. weil ich schonmal einen vortrag von friedemann karig gesehen habe, konnte ich einige folien vorhersehen aber trotzdem dem vortrag nicht zu 100 prozent folgen. es ist gut möglich dass das mein fehler war, aber ebenso ist es möglich, dass friedmann karig es nicht geschafft hat, dem vortrag eine sinnvolle struktur zu geben.
was er definitiv nicht geschafft hat: seinem vortrag im 16-zu-9-format zu präsentieren, dafür hat er aber einen schönen neologismus gezeigt.
kathrin passig auf dem weg zum hof getroffen und mich, als sie „hallo“ sagte, wegen ihrer gesichtblinheit, mit meinem namen (felix) vorgestellt. sie meinte das sei nicht nötig und dass sie zufällig gerade über mich nachgedacht hätte und mich für eine vortrags- oder workshop-idee für die nächste republica gerne etwas fragen würde: sie bräuchte für den vortrag (oder workshop) ein paar penisbilder. ob ich ihr helfen könne?
#rpten snapchat penisbild von heiko bielinski
genau wie allen anderen die auf der republica mit mir über snapchat oder penisbilder reden, empfahl ich ihr (natürlich) das snapchat-konto von heiko bielinski (he1b1e). sie meinte aber „ernste“ penisbilder. ich erklärte ihr dass ich für sowas zu genant sei und sowas noch nicht mal für den privaten gebrauch machen würde. aber über meinen tipp mal das post-privacy-gethese von michael seemann auf praktische anwendbarkeit zu prüfen und ihn zu fragen, erfreute sie sehr.
alle anderen programmpunkte die ich heute auf dem plan hatte sind gescheitert. entweder weil ich zu spät kam, der saal überlief, ich im falschen saal sass oder der referent (thomas fischer) den flug verpasst hat. heute nachmittag steht dann noch um 18:45 uhr netz-publizisten im gespräch mit philip banse an und natürlich um 20 uhr randall munroe.
auf dem weg zur republica habe ich am halleschen tor ein päärchen beobachtet: zwei tauben, die im dachgebälk oberhalb des bahnsteigs ein nest bauen. beide scheinen sich die arbeit gleichberechtigt aufzuteilen und fliegen ständig vom nest auf die bahnsteige um dort ästchen oder längere piniennadeln aufzusammeln.
ich war mir zuerst nicht ganz sicher, nach welchen kriterien sie dabei vorgehen. das weibchen konnte ich dabei beobachten, dass es viele kleine stöckchen aufhob und meist wieder fallen liess, bis sie ein passenderes fand. bei ihren erratischen kreisbewegungen über den bahnsteig, flog ihr hin und wieder tatsächlich ein passendes ästchen vor den schnabel, das sie dann hoch zum nest flog. das männchen prüfte die ästchen, die das weibchen verschmähte, immer wieder erneut. ein besonders grosses ästchen hatte es ihm sehr angetan, das männchen schien völlig andere qualitätskriterien an das material oder den nestbau zu haben.
leider schien das männchen, wie bei männchen wohl üblich, ein bisschen viel selbstvertrauen in die eigenen fähigkeiten zu haben. ich konnte beobachten, wie es immer wieder daran scheiterte, das etwas grössere ästchen länger als eine sekunde in der luft im schnabel zu halten.
in den sieben minuten, in denen ich das taubenpäärchen beobachtete, schaffte das weibchen langsam, aber effektiv, ziemlich viel baumaterial zum nest, während das männchen seine energie mit selbstüberschätzung und posertum verschwendete.
taubenweibchen bei der effektiven nestbaumaterialsuche
sascha lobo nahm sich dieses jahr die freiheit, seine grundsatzreden-themen nicht auf der republica-seite anzukündigen, sondern in diversen interviews. ich hab zwar nur das wired-interview dazu gefunden, aber es gibt bestimmt noch andere. in der wired kündigte er an, dieses jahr auf die publikumsbeschimpfung zu verzichten, was er im vortrag aber schnell als lüge bezeichnete. natürlich beschimpfte er sein publikum, und sich selbst gleich mit. er versuchte dieses jahr die ihr-und-ich-dualität aufzulösen, die sich thematisch durch seine vorträge der letzten jahren zog, als er betonte, dass die vorwürfe die er „uns“ in den letzten jahren machte, eigentlich projektionen seiner eigenen unzulänglichkeiten gewesen seien.
andererseits funktionieren die meisten seiner gags eben nur mit einer klaren trennung des lobo-ichs und des publikum-ihrs, weshalb der vorsatz der selbstbeschimpfung im laufe der vierstündigen predigt der andertalbstündigen grundsatzrede (natürlich) versandete. rhetorisch war das alles ziemlich brilliant und geschliffen und ich mag den leicht pastoralen ton, den sacha lobo auf seinen republica-reden anschlägt. mir gefällt es auch von sascha lobo beschimpft zu werden, einerseits weil er meist recht hat und andererseits, weil das (eben) rhetorisch meist brilliant ist und seine analysen (natürlich) das ergebnis langen nachdenkens sind und (leider) meist auf den punkt sind. trotzdem neige ich traditionsgemäss dazu, ihm in seinen schlussfolgerungen zu widersprechen, weil ich im gegenteil zu ihm, nie bereit war meinen internetoptimismus (oder genauer, weltoptimismus) aufzugeben.
das wollte er, mit ankündigung, in diesem jahr ändern, und seinen (unseren?) internetoptimismus wiederfinden. leider gelang ihm das nur so halb, mit dem halbironischen schlagwort TROTZDEM. ganz schlimm gescheitert ist sein versuch „uns“, das publikum beim TROTZDEMen miteinzubeziehen, auch wenn es zu mindestens einer guten überleitung zum thema müdigkeit führte. als rhetorisches werkzeug war das „TROTZDEM“ ziemlich gut geeignet, wenn sascha lobo es alleine von der bühne rief, als kollektiver aufschrei, als publikums- oder gemeindeecho, gings in die hose.
was mir in diesem jahr mehr als sonst auffiel, war das recycling von vorhandenem material. neben etlichen themen aus seinen spiegel-online-kolumnen, kam mir auch sein ausflug zum thema snap cash bekannt vor, den pia kleine wiesenkamp vor ein paar wochen von einer oracle-veranstaltung ins internet geströmt hatte. diese wiederverwendung ist natürlich mehr als legitim, zumal das material von lobo fast ausnahmslos brilliant ist (keine ironie). allein für seinen hinweis darauf, dass fast alle identifizierten islamistischen attentäter bereits polizeibekannt waren oder auf antiterrorlisten standen, verdient sascha lobo einen journalistenpreis (oder mindestens einen kolumnistenpreis). was mir aber, trotz aller mühen, die sich sascha lobo ganz offensichtlich gemacht hat, fehlte, war eine inhaltliche klammer, die aus all den schrecklichen erkenntnissen und hiobsanalysen, die er über die jahre brilliant herausarbeitet, tatsächlichen optimismus oder lösungsansätze aufzeigt.
aber da ist sascha lobo wieder bei uns oder bei seinem „ihr“, und genauso suchend und ratlos wie alle anderen.
natürlich ist sein lösungsansatz, etwas zu unternehmen, wirtschaftlich erfolgreich etwas gutes, hilfreiches, weltverbessererndes zu machen, ein pragmatischer, gangbarer weg (von vielen), aber andererseits hat er das (leicht variiert) bereits vor zwei und vor drei und wahrscheinlich auch vor vier jahren gefordert. das macht nichts von dem was er sagt falsch, aber es macht deutlich, dass sascha lobo’s weg zum optimisten noch sehr weit ist. sein weg zu jemandem, der, trotz all der verkommenheit und niedertracht sigmar gabriels der welt, optimismus verbreiten kann, ist noch viel weiter.
erster programmpunkt heute, marcus richter, „what’s in a game?“. sehr schöne präsentation die sich explizit an nicht-gamer (wie mich) richtete, um ihnen ein paar der genres vorzustellen. neugieriger auf (computer-) spielen war ich nach dem vortrag nicht, aber dafür weiss ich jetzt, dass man eine wii-fernbedienung auch als präsentationsklicker benutzer kann.
zweiter programpunkt: dooce aka heather armstrong mit the courage of compassion: transforming your experience with criticism. leider völlig unterbesucht, aber ich fand es toll heather armstrong mal in echt zu sehen, ihren subtilen, nicht ganz offensichtlichen humor gesprochen zu erleben. stage 1 scheint mir ein bisschen kleiner als letztes jahr zu sein, also sowohl die bühne selbst, als auch der zuschauerraum.
sehr präsent auch die kameramenschen, für die bedienung dieses kamerawagens werden übrigens drei menschen benötigt. einer der die kamera führt, einer der den wagen zieht und drückt und einer der sich um die kabel kümert.
kameramenschen, kabelträger nicht im bild
auffällig auf dem gelände der republica, ist dieses jahr die extreme räumliche entdichtung. in der halle in der früher neben der stage 2 noch zwei andere bühnen untergebracht waren, ist dieses jahr nur eine bühne (und die gaderobe).
stage 2
das kühlhaus neben dem eingang wird bespielt, hinter dem komlex, quasi auf dem hinterhof wurde die freifläche geöffnet und mit essensständen, sonnenstühlen und liegebänken vollgestellt. dank des sandigen untergrunds kommt hier wirklich die viel beschworene festivalstimmung auf. leider ist es dort für meine verhältnisse viel zu hell.
der republica hinterhof
offensichtlich findet dort abends auch das party-gedöns statt und extra für die party gibt es einen separaten zugang zum partygelände.
dritter programmpunkt: moritz metz mit fliegende computer und ihre tollkühnen piloten. das war eine sehr angenehme präsentation zum, auf den ersten blick, eher drögen thema drohnen, aber weil moritz metz sehr vielschichtiges material zeigte, war das in keiner sekunde langweilig. im gegenteil, mit einer etwas aufgeräumteren erzählart hätte moritz metz die präsentation auch locker auf eine stunde ausdehnen können, ohne dass es langweilig geworden wäre.
mir gefiel die parallele die moritz metz vom internet zu drohnen, bzw. zum luftraum zog auch sehr gut. wie das internet vor 10, 15 jahren, ist jetzt auch der luftraum, dank moderner technologien, für jedermann zugänglich und derzeit noch mehr oder weniger unreguliert.
auf der republica gibt es eigene toiletten für DJs.
heute ist mir günther oettinger zweimal über den weg gelaufen. zweimal habe ich ihn versucht zu fotografieren, fotos von oettinger kann man ja immer gut gebrauchen, zweimal bin ich gescheitert, ein brauchbares foto zu schiessen. es sei denn, jemand findet ein foto von günther oettinger, wie er telefonierend in sein auto einsteigt, brauchbar.
günther oettinger steigt in ein auto ein
vierter programmpunkt, julia reda mit ending geoblocking: this content really ought to be available in your country. julia reda ist blitzgescheit, redet geschliffen wie ein wasserfall und ist auf eine ganz bestimmte art sehr nerdig. das meiste was sie in ihrem vortrag besprach, war mir nicht wirklich neu, aber wie sie es besprach und aufarbeitete, fand ich mindestens so interessant wie die sendung mit der maus oder eine stunde rhetoriktraining.
und, sollte es irgendeine gelegenheit dazu geben, julia reda nach dieser legislaturperiode wieder ins europaparlament zu bringen, ich wäre bereit auch wieder (ausnahmsweise) piraten zu wählen. sie ist wirklich eine gute, die man nach kräften unterstützen sollte. auch wenn das nur minimal unterstützend ist, hier ein link zu ihrem blog.
selfies sind, wie gesagt, nach wie vor ein grosses thema.
gold auch.
ach ja: gutes interview mit sascha lobo in der wired, in dem vorankündigt wird, dass er vorankündigen würde, über was er heute abend ab 19:45 uhr reden wird. stimmt vielelicht zum teil sogar.
barack obama war am samstag auf dem jährlichen korrespondenten diner im weissen haus, wie schon im jahr 2014 und 2015 wieder sehr, sehr witzig. das hier ist die aufzeichnung seiner rede.
den einspieler gegen ende der rede, hat das weisse haus auf twitter separat veröffentlicht:
alex matzkeit meint (zu recht), er sei immer wieder erstaunt, was für „ein passabler Schauspieler“ barack obama sei. obamas timing beim witzeln, seine art, die witze nebenbei fallen zu lassen ist wirklich bewunderswert professionell. besonders deutlich wurde das, als ein wirklicher profi nach ihm das mikro ergriff, larry wilmore, der als gastgeber die sendung The Nightly Show with Larry Wilmore auf comedy central moderiert. dessen gags zündeten nicht nur überhaupt nicht, sie wirkten gegen obamas relativ elaborierte witze unfassbar flach und abgelutscht. leider liess er sich von der ablehnung im saal auch ziemlich aus der ruhe bringen und erst als er etwas ernster wurde, und das thema rassismus ohne eingeschobene flache witzchen thematisierte, bekam er ein bisschen traktion. von obama, glaube ich, kann man in sachen humor einiges lernen, das wurde durch den kontrast obama-wilmore deutlich: wer ernst ist und witze macht, wirkt viel, viel witziger, als jemand der witzig zu wirken versucht und witze macht.
nur zur erinnerung, wie grandios ein komiker auf dem correspondents’ diner sein kann, hier nochmal stephen colberts auftritt 2006.
der eigentliche witz war übrigens, wie ezra klein auf vox schreibt, dass obama das meiste was er sagte, wohl tatsächlich ernst meinte.
wenn ich bundeskanzlerin werde, würde ich so ein korrespondenten-abendessen als erste amtshandlung in deutschland einführen.
heute nachmittag bin ich zum eintrittsbändchenabholen und ein kurzes, vorbereitendes auf-dem-hof-stehen, zur station gelaufen. laut moves waren das nur um die 8000 schritte. compass hat knapp 7 kilometer gemessen, zwei kurze pausen haben die durchschnittsgeschwindigkeit von mir auf 4 km/h gedrückt.
über die tegeler- und heidestrasse bin ich aus dem wedding richtung hauptbahnhof gelaufen. der ausbau der heidestrasse wird so langsam, mittlerweile wird die zweite spur geteert und der mittelstreifen ist bereits (weiter unten, zum bahnhof hin) mit bäumen bepflanzt.
heidestrasse, blick auf den hauptbahnhof
als ich die heidestrasse langlief, fand ich es witzig, die querstrassen ins nichts zu fotografieren.
baufortschritte auch am anfang der heidestrasse, die aussenliegende tragkonstruktion von dem gebäude gefällt mir mittlerweile richtig gut.
heidestrasse 2
das gebäude ist von einem architekturbüro aus graz, das sich LOVE architecture and urbanism ZT GmbH nennt und sich auf der projektseite mit einem monstersatz lobt:
Das zukünftige „50Hertz Netzquartier“ präsentiert sich als feingliedriger Baukörper, welcher die stark volumetrische Sprache des Masterplans aufnimmt und als eine Art Überlagerung verschiedener Strukturen, bestehend aus dem außen liegenden Tragsystem (Netz), dem horizontalen Rhythmus der Geschoßebenen und den innen liegenden gelben Kernen und Treppenhäusern widergibt. Diese lenken den Blick in die Tiefe und führen zu einer Entmaterialisierung des Bauwerks.
manchmal sind ecklösungen besonders interessant, in diesem fall doppelt, weil die ecke der intuition zu widersprechen scheint.
ecke an der heidestrasse 2
vom bahhof aus war es dann zur station nur noch ein katzensprung: durch das mit polizei und touristen vollgestopfte regierungsviertel, an einem stau oder einer party vorbei, durch den tiergarten, zum potsdamer platz.
ich wurde schwach und wollte mir beim dortigen häagen-dazs ein eis kaufen. hab ich auch gemacht, werde ich aber ganz sicher nie wieder machen. denn für den irren preis einer kleinen kugel eis für 3 euro, erwirbt man keinesfalls das recht die aussenbestuhlung zu benutzen. dafür muss man noch mehr mehr bezahlen, angeblich wegen des ordnungsamts. ich vermute hier aber eher profitgier und ein absurdes geschäftsmodel.
weiter zur republica, wo man dieses jahr am eingang die taschen auf feuerwerkskörper oder sprengstoff oder waffen untersucht. ich vermute, hier ist auch das ordnungsamt oder die feuerpolizei am werk. das bier, das ich von der tankstelle gegenüber mitgebracht habe (€1,80 für einen halben liter), wurde nicht moniert.
durchgang von der tankstelle zur republica
lobenswert übrigens: der durchgang zur tankstelle gegenüber der station ist jetzt frei, man muss nicht mehr um den block laufen, um trinkbares bier zu erwerben. denn auf dem republica gelände kann man weiterhin nur ungeniessbares berliner bier kaufen, mittlerweile ist dort der preis bei 3 euro für 330 milliliter angekommen.
ansonsten ist alles wie immer, blendendes republica-wetter, alle fühlen sich pudelwohlborder-collie-wohl und der himmel strahlt.
(mit helen mirren, kevin costner, ewan mcgregor, ricky gervais und eric bana, musik von meghan trainor)
man könnte statt die graham norton show zu gucken, auch einfach regelmässig bei nerdcore in die trailerfestkategorie schauen, um einigermassen über neue filme informiert zu sein und zusammenschnitte dieser filme zu sehen. manchmal macht das mehr spass, als sich eine ganze sendung anzusehen, manchmal passieren in solchen sendungen aber unterhaltsame dinge.
die hauptfunktion von chat shows oder trailerschleudern ist natürlich bekanntmachung von filmen, also werbung. in blogs, im netz, in zeitungen wird das manchmal mit kritik kombiniert und damit in journalismus verwandelt. bei graham norton habe ich noch nie ein kritisches wort gegenüber einem (anwesenden) schaupieler oder film den er promotet gehört, dafür wird aber eine andere zutat benutzt um die sendung interessant zu machen: die schauspieler werden unter erheblichen erwartungsdruck gesetzt. ihre aufgabe in der sendung ist, neben der promotion, sympathisch, witzig oder mindestens unterhaltsam und schlagfertig zu wirken.
in der graham norton show werden die journalistischen alibi-elemente durch intensives social media monitoring und bildsuchen erfüllt, so dass man die prominenten promoter dann mit bildern oder tweets aus ihrer vergangenheit konfrontieren kann und sieht, wie sie reagieren.
in dieser sendung hat die redaktion von graham norton die 80er jahre new-wave-musik-vergangenheit von ricky gervais ausgegraben. der sang damals in einer band namens seona dancing.
erwartungsgemäss reagierte ricky gervais witzig und merkte an, dass er schon wisse, was hier laufe. man wolle ihn blossstellen. nur sei ihm das 80er jahre bild überhaupt nicht peinlich, sondern das was er jetzt auf den schultern trage:
auch sonst war ricky gervais erwartungsgemäss wieder der witzigste auf dem sofa. sein humor ist furchbar überzogen und versucht, louis c.k. nicht ganz unähnlich, ständig rote linien zu überschreiten. bei ricky gervais habe ich allerdings immer auch das gefühl, dass er das einen ticken subtiler, oder wenigsten einen ticken sympathischer, macht als louis c.k., weil er sich auch bei den übelsten beleidigungen nie ein grinsen verkneifen kann. im ausschnitt für seinen neuen film (David Brent: Life on the Road) sagt er unter anderem (als david brent):
I’ve been out with all sorts of girls, rich girls, poor girls, white girls, … you know … thin girls, fat girls.
der witz mit der auslassung hat beim saalpublikum sofort gezündet und ich muss zugeben, so einen humor mag ich sehr gerne, auch wenn ich mir den film auf keinen fall ansehen werde.
ricky gervais hat gleich noch promotion für einen zweiten film gemacht, special correspondents (läuft auf netflix). den hat er, genau wie Life on the Road, selbst geschrieben und auch den werde ich mir mit sicherheit nicht angucken.
die nebenrolle aus special correspondents, eric bana, sass auch auf nortons sofa, hinterliess aber, ausser einem sympathischen eindruck, keine erinnerung.
bei ewan mcgregor blieb mir auch nichts anderes in erinnerung als sein blendendes, top-gepflegtes gebiss und dass er werbung für einen film machte, den ich mir bestimmt ansehen werde: our kind of traitor, ein offenbar relativ zeitgemässes spionage-mofa, nach john le carrè. damian lewis spielt da, wie in allen anderen filmen und serien derzeit, auch mit.
helen miren, die immer noch aussieht wie queen elisabeth, brachte einen trailer für ihren neuen film eye in the sky mit. der sieht auch so aus, als würde ich mir den gerne ansehen werde, zumal snape alan rickman und jesse aaron paul mitspielen. wenn ich das richtig verstanden habe, geht es um einen militärischen dronen-anschlag, der über zwei stunden, mehr oder weniger in echtzeit nacherzählt wird.
am ende kam noch kevin costner aufs sofa, der sich überraschender weise als sympathischer, bescheidener laberhannes zeigte. die geschichte über seinen freund, den er erst zur sau gemacht hat, dann, als er hilfe benötigte, bei sich einziehen liess, sich aber weigerte das zu lesen, was er in dieser zeit schrieb, wollte, wie dieser satz, einfach nicht enden, bekam am ende aber eine schöne wende und leicht pathethische moral. und wenn ricky gervais auf dem sofa sitzt, lässt er es sich natürlich nicht entgehen, überschüssigen pathos mit sarkastischem humor zu neutralisieren.
ausserdem ist der film, für den kevin kostner werbung machte, auch einer, der mich reizt; offenbar so ne art sci-fi-cia-fletchers-verschwörungtheorien mischmasch, in dem, wenn man den trailer sieht, das costner-pathos wohl ein bisschen zu dick aufgetragen wurde. guck ich mir trotzdem an, auch weil kevin costner in dem film die haare sehr schön hat.
I am therefore writing with the caution of a lawyer and the deference of a palace flunkey when I say that [Boris] Johnson showed this morning that he is a man without principle or shame. He is a braying charlatan, who lacks the courage even to be an honest bastard, for there is a kind of bastardly integrity in showing the world who you really are, but instead uses the tactics of the coward and the tricks of the fraudster to advance his worthless career.
Die Gegenargumente und Befürchtungen sind immer wieder dieselben: Entweder es heißt, ein „Nein“ sei nicht eindeutig genug, weil Frauen in echt „Ja“ meinen, oder ein bloß gesprochenes „Nein“ sei nicht belegbar, oder es wird erklärt, es sei absurd, „Nein heißt Nein“ juristisch festzuschreiben, weil dann jede Frau nach jedem Sex ihren Sexualpartner anzeigen könne, einfach wenn sie sich im Nachhinein überlegt, dass sie den Sex doch irgendwie nicht wollte.
Eine Sprecherin des Justizministeriums erklärte kürzlich, die Sache mit dem „Nein“ des Opfers sei schwer zu handhaben, weil ein „Nein“ kaum nachzuweisen sei und Falschanzeigen drohten. „Sozialübliche Verhaltensweisen zu Beginn einer Beziehung könnten kriminalisiert werden.“
Wer gegen den Willen des Berechtigten ein Kraftfahrzeug fahre, mache sich strafbar. So einfach kann es sein.
ich glaube dieser text von christoph kappes ist auch brilliant geschrieben, er hat mich allerdings beim wort „Habermas“ verloren. bevor ich die seite schloss, habe ich aber noch dieses „zitat zum teilen“ mitgenommen:
Wenn der Buchdruck ermöglicht hat, dass Kirche und Könige durch Kritik ihre Stellung verloren, kann Social Media weitere Institutionen der Gesellschaft schleifen.
lorenz meyer, unterbezahlte kuratorenlegende im bildblog, outet sich als grosser fan von „Journalistenlegende“ wolf schneider. der nehme in „seinem neuen Artikel“ …
einen Brockhaus-Eintrag auseinander und seziert ein verzwirbeltes Satzmonstrum aus der „Frankfurter Allgemeinen Woche“. Schneider macht Texte verständlicher, indem er sprachlichen Ballast abwirft und die Lesbarkeit verbessert. Das ist nicht nur für Journalisten interessant, sondern für jeden Schreibenden.
ich hab den verlinkten schneider-artikel gelesen und es stimmt: er enthält kaum sprachlichen ballast, aber dafür so viel sarkasmus, selbstverliebtheit und überheblichkeit zwischen den zeilen, dass mein lesevergnügen nach 30 sekunden genau bei null ankam.
absurde posse um christopher lauer und innenstaatssekretär bernd krömer. kommunikation scheint nicht gerade die stärke der berliner stadtregierung zu sein.
was vor einem jahr michael hanfeld in der FAZ passierte, die funktion von facebooks instant articles nicht richtig zu verstehen, passierte jetzt auch john herrman in der new york times:
A new outlet, called Circuit Breaker, will begin publishing on Monday, primarily as a Facebook page, not a separate website, a first for Vox Media.
natürlich hat auch circuit breakereine eigene webseite, denn ohne eigene website, gibt’s auch keine instant articles.
When you visit their page on Facebook in a web browser, you see the normal kind of link. A title, and a short description linking to the Vox website.
But when you visit the item on a mobile device, instead you see a link to a page that's hosted by Facebook, with the Instant Article rendering.
der witz an instant articlesist im prinzip das moderne journalismus-motto, dass unter anderem springer vor ner weile mal ausgerufen hat lautet: mobile first. oder in meinen worten: mobile seiten, die einen nicht ankotzen.
man könnte übrigens auch sagen, dass the verge, bzw. vox media mit seinem ableger circuit breaker facebook als news- oder feedreader zu nutzen versucht. wer auf facebook die circuit breaker seite liked und ab und zu einen ihrer beiträge, bekommt regelmässig ciruit-breaker-artikel in seinen facebook-feed gespült, die sich auf dem handy angenehm lesen lassen.
um die verwirrung komplett zu machen: ich glaube in ein paar monaten wird facebook instant articles auch auf tablets, laptops und schreibtischrechnern darstellen, sei es im browser oder einer app. die technik dafür hat facebook schon länger am laufen, ungefähr so lange wie die instant articles. als die starteten, überarbeitete facebook auch das notizen-feature. mit notizen konnte man schon länger texte in facebook formatieren, mit links ausstatten oder bilder anhängen. mit der überarbeitung vor einem jahr, wurde das nicht nur visuell verbessert, sondern auch technisch perfektioniert. der einzige unterschied zur instant-articles-funktion blieb, dass man notizen nicht über schnittstellen, sondern ausschliesslich manuell einpflegen kann.
ich habe das damals mit diesem artikel über das falkirk wheel in schottland ausprobiert, und ihn als in facebook notiz angelegt. sieht man sich diese notiz mit der facebook app an, erinnert sie stark an einen instant article.
in der bildstrecke oben sind auch streenshots der mobilen ansicht einer medium version, die ich mit dem selben artikel angelegt habe. was auffällt: die mobilen versionen sehen alle sehr ähnlich aus. die gestaltungsmöglichkeiten für einen handy-bildschirm sind relativ eingeschränkt, egal ob ich den artikel im handy-browser ansehen, auf wirres.net, medium.com, facebook.com oder speziell gerendert in einer app. ich mag alle varianten, aber die ansicht in der facebook app ganz besonders, vor allem weil sie eine äusserst angenehme haptik hat; scrollt sich gut, die bilder vergrössern sich angenehm, alles ist gut lesbar und vor allem: alles ist schnell!
gute lesbarkeit ist mittlerweile die grundvorraussetzung für eine website, leser erwarten das als mindestentgegenkommen. geschwindigkeit wird aber bald ebenso erwartet — wer die nicht liefert, wird mobile leser verlieren, wie alle, die keine anständige mobile ansicht ihrer artikel und inhalte anbieten.
das gleiche gilt im prinzip auch für desktop- oder tablet-ansichten. auch hier werden geschwindigkeit, lesbarkeit und angenehme gestaltung immer wichtiger. und auch hier hat facebook mit seinen notizen bereits die technischen vorraussetzungen parat. so sieht der fallkirk-wheel-artikel als notiz auf facebook.com auf einem desktop/laptop-browser aus.
im browser lädt die notiz in etwas über einer sekunde, was nur knapp etwas mehr ist als bei der extrem optimierten AMP-ansicht des artikels. die medium.com-variante benötigt fast drei sekunden um zu laden. ich gehe davon aus, dass facebook insgesamt sehr viel mühe in schnelle auslieferung per browser steckt, aber dieses beispiel zeigt, dass facebook hier eindeutig besser ist, als medium (obwohl facbook die seite als 2,6 MB-brocken ausliefert und medium die seite auf 1,1 MB optimiert hat).
in der bildstrecke oben sind auch noch screenshots der medium.com- und wirres.net-ansicht im desktop-browser. auf dem desktop ist geschwindigkeit noch nicht ganz so wichtig wie mobil, was aber für publizisten mindestens genauso wichtig ist, ist die reichweite. die kann facebook (natürlich) auch im desktop-browser liefern, sogar ohne grossartiges suchmaschinenoptimieren.
deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass facebook das aktionsfeld der instant articles auch bald auf den desktop ausweitet. der bedarf ist auf publisherseite da, wie medium das gerade zeigt. für die publisher springt bei dem deal reichweite raus, für leser komfort und für die plattform-anbieter gesteigerte attraktivität und längere verweildauer in ihremcafégarten auf ihren websites.
(huch, da ist sie wieder, die café-metapher: agieren plattformen wie facebook wie café-betreiber, die zeitungen für ihre gäste auslegen, oder kneipenbesitzer die pay-tv-sender laufen lassen, um ihre gäste zum längeren verweilen einzuladen?)
langfristig werden eigene, separate webseiten dann wohl wirklich an sichtbarkeit und relevanz verlieren und content management systeme mehr und mehr zu erfassungs- und syndikationswerkzeugen werden — die eigene website als fallback, ein notfallersatz, die man dann auch beinahe abschalten könnte.
ich bin noch nicht ganz sicher, wie ich das finde. ich persönlich bleibe wohl bei meiner bekannten haltung: ich schreibe so viel wie möglich auf meiner eigenen website, pushe aber so viel wie möglich, solange es sinnvoll ist oder leser interessiert, in andere netzwerke oder websites.
ich fand das ende der ersten staffel eher schwach, auch wenn das insgesamt eine ziemlich gute folge war, die die stärken der serie gut zeigt. es geht nur am rande um action, ermittliungsarbeit oder gangsterjagd, im grunde ist das zentrale motiv der serie handelt von moralischer integrität und menschlichkeit. brian finch ist der erste superheld, dessen besondere begabung radikale menschlichkeit und freundlichkeit ist.
mit einigen schlenkern hat sich diese serie zu meiner liebsten mittelguten fernsehserie hochgearbeitet, vor allem die zweite häfte der staffel zeigte, dass die autoren nicht nur ehrgeizig, sondern zum teil auch wirklich gut sind.
ich kann die serie wirklich jedem empfehlen, sie schwankt gut zwischen leichter krimi-kost und pseudo-superhelden epos und entwickelt immer wieder erstaunlichen tiefgang, für eine CBS free-tv serie.
in der zweiten staffel peaky blinders spielte tom hardy auch einen gangster und ich fand ihn in seiner rolle sehr grandios, vor allem seine stimme. deshalb fiel es mir nicht schwer, mich dafür zu entscheiden legend zu gucken, hier spielt tom hardy nämlich gleich zwei rollen: ronni und reggie kray, die „kray zwillinge“, die einen eigenen wikipedia-eintrag haben, also in irgendeiner form relevant sein müssen. natürlich sieht tom hardy den echten beiden zwillingen nicht die spur ähnlich (die original zwillinge liessen sich gerne fotografieren und lassen sich gut googlen), aber das macht nichts, weil hardys interpretation der beiden glänzend ist — leider teilweise auch sehr witzig.
tom hardy und tom hardy
ich sage „leider“ witzig, weil ich mich (natürlich) immer dabei beobachte, dass ich über witzige inszenierungen von körperlicher gewalt tatsächlich lache und sie unterhaltsam finde. sonst würde ich gangsterfilme wohl meiden. wobei gewalt ja in verschiedensten formen inszeniert werden kann, bud-spencerig, tarantinoesque oder einfach brutal und abschreckend. legend wählte in den ersten knapp andertalb stunden (der film hat eine überlänge von zwei stunden zwölf minuten) den humorvollen, leicht brutalen bud-spencerigen weg. was mir dann aber doch gefiel, war eine wende, kurz vor ende, in der art wie der film die gewalt inszenierte und mit der wahrnehmung seiner beiden hauptfiguren spielte. wirkte reggie kray im ersten teil, trotz oder wegen seiner brutalität, cool und auf eine gewisse art sympathisch, schlug die wahrnehmung im zweiten teil um. plötzlich hatte die gewalt nichts unterhaltsames, bud-spencer-mässiges mehr an sich und wirkte abstossend und widerlich — obwohl reggie kray nichts anders tat, als den ganzen film lang: schwächere verprügeln.
die gewalt und brutalutät von reggis etwas dumpfen bruder ronald wirkte hingegen den ganzen film über völlig überzogen, auch wenn gerade die entrücktheit von ronald für einige witzge szenen sorgte.
die geschichte die der film über zwei stunden lang erzählt ist nicht besonders aufregend (der trailer oben fasst das geschehen, das der film über zwei stunden ausdehnt, in kompakten zwei minuten zusammen), aber mir gefiel die art wie sie erzählt wurde. schauspielerisch gibt es wirklich nichts auszusetzen, weder in den haupt-, noch den nebenrollen. es gab mehrere szenen, in denen die schauspieler so subtil agierten, dass garantiert jeder deutsche regissseur ihnen zugerufen hätte: „dicker auftragen, das merkt doch sonst keiner.“ und so kann man den film auch in einem satz beschreiben: nicht zu dick aufgetragen, gut ausbalaciert, sehenswert. aber einen zweiten satz füge ich trotzdem noch hinzu: tom hardy ist grossartig.