meine erste demo

felix schwenzel, , in wirres.net    

meine erste demo

ich glaube ich war echt noch nie auf einer demonstration. ich kann mich zumindest gerade nicht daran erinnern. das hat nichts zu bedeuten, ich vergesse auch manchmal meinen eigenen namen. eben war ich am reichstag, dort, auf der anderen strassenseite, in einem kleinen park, war eine bühne aufgebaut, davor standen, als ich kam, so ungefähr 300 leute. vielleicht auch 400 oder 500.

ein typ mit pferdeschwanz machte auf der bühne doofe witze und kündigte dann petra pau an. die sprach enorm langsam und erzählte zuerst ein märchen. über eine regierung die anno 1983 ihre bürger zählen wollte, die aber ihre „zahlen“ nicht herausgeben wollten und vor gericht zogen und die vor diesem gericht, dem bundesverfassungsgericht recht bekamen, dass sie nämlich über ihre „zahlen“ selbst bestimmen sollten und nur sie und nicht die regierung. weil sie so langsam sprach war das ein sehr langes märchen. sie zog auch parallelen zur DDR, in der die bürger auch nicht über ihre „zahlen“ selbst bestimmen konnten. und dass sie und ihre partei mit uns (?) vor das bundesverfassungsgericht ziehen werde.

alles was sie sagte stimmte und irgendwie wirkte sie auch überzeugt von dem was sie sagte, aber mir fällt es irgendwie irre schwer PDS-politikern zu vertrauen. mir riecht das immer alles zu populistisch. nicht dass die westerwellige FDP da weniger verdächtig scheint, aber für politiker wie gerhard baum oder sabine leuthäusser-schnarrenberger mache ich gerne ne ausnahme und schenke denen mein volles vertrauen. leuthäusser-schnarrenberger erwähnte auch noch ein aar frappierende details. die bundesregierung behauptet ja, sie müsse das gesetzt zur vorratsdatenspeicherung aufgrund eines EU-beschlusses umsetzen. pustekuchen, gegen das gesetz sind mehrere klagen (oder zumindest eine von irland) offen. und es sieht ganz danach aus, dass die europäische verfassungsklage erfolgreich sein wird und den beschluss der die mitgliedsstaaten zur umsetzung von vorratsdatenspeicherung-gesetzen anhält kippt. das muss man sich mal vorstellen: die regierung verschanzt sich hinter einem eu-beschluss von dem nicht sicher ist dass er bestand hat und will dieses gesetz mit dem sämtliche kommunikationsdaten aller deutschen für 6 monate gespeichert werden durch den bundestag peitschen.

auch hans-christian ströbele, der ein wenig wirr redete, wies noch darauf hin, dass das gesetz auch die lockerung von weitergehenden überwachungsmassnahmen beinhaltet. zur zeit seine 50tausend überwachungsmassnahmen in deutschland richterlich abgesegnet, dass heisst die kommunikation von 50tausend menschen wird in diesem moment mitgeschnitten. diese zahl sei in den letzten jahren rapide angestiegen und mit dem neuen gesetzt werde es noch schlimmer. meinte ströbele. als ich ströbele so zuhörte wurde mir einerseits sehr kalt, was nicht an der vorratsdatenspeicherung sondrn am wetter lag, aber auch ein bisschen langweilig. am ende seiner rede fing er an ganz fürchterlich zu schwadronieren, zu stammeln und unrund zu formulieren. vielleicht war ihm auch kalt, aber vielleicht sollte er seine reden auch einfach besser vorbereiten und von irgendjemandem straffen lassen. 10 minuten hätte man einfach rausschneiden können. die cutter von watchberlin machen das mit meinen beiträgen auch immer, was den beiträgen meiner meinung nach sehr, sehr gut tut.

insgesamt war das eine sehr traurige veranstaltung. das publikum war zwar anährend so gross wie das auf tim o’reillys keynote, also so um die 1700 menschen, aber mit ein bisschen mehr betroffenen hätte ix schon gerechnet. dieses gesetz ebnet den weg aus deutschland einen präventiven überwachungsstaat zu machen und ist meiner meinung nach völlig absurd. jeder wird davon betroffen sein. wenn ich das richtig verstanden habe, bekommen behörden auch für geringste anlässe zugriff auf die daten. hinz und kunz können mit verleumdungsklagen oder anzeigen ermittlungen in gang setzen die dann das schnüffeln von ermittlungsbehörden in jedermanns privatleben zur folge haben. die verfassungsmässig garantierten rechte zur informationellen selbstbestimmung und auf die unverletzbarkeit der privatsphäre kann man sich dann in den hintern stecken.

[nachtrag]

  • netzpolitik.org: 1500 Berliner demonstrieren bei Regen gegen die Vorratsdatenspeicherung
  • heise.de: Tausende demonstrieren bundesweit gegen die Vorratsdatenspeicherung
  • spreeblick.com: Freiheit statt Angst - Video
  • golem.de: „Wir lassen uns nicht speichern“
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