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  spie­gel.de: Hil­la­ry Clin­ton und Jeb Bush: Die alte Gar­de ist fei­ge

wie­der ein ar­ti­kel auf spie­gel on­line, in dem ber­nie san­ders ge­mein­sam mit do­nald trump in die ra­di­ka­le po­pu­lis­ten-ecke ge­stellt wird:

Welche Ironie, dass sich die Etablierten ausgerechnet von Trump und Sanders die Leviten lesen lassen. Trump hat nicht einmal ansatzweise ein politisches Konzept, nahezu sämtliche Probleme lassen sich aus seiner Sicht mit einem Mauerbau an der Grenze zu Mexiko lösen. Und Sanders ist ein interessanter Mann mit einer Menge Enthusiasmus. Aber dass er sich als Inbegriff der Integrität inszeniert, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Auch er hat das öffentliche System der Wahlkampffinanzierung gemieden, weil er wusste, dass Privatspenden seine Schatulle voller machen.

ich ver­ste­he den letz­ten satz nicht. in­wie­fern hat ber­nie san­ders „das öf­fent­li­che Sys­tem der Wahl­kampf­fi­nan­zie­rung ge­mie­den“? was ist das über­haupt, „das öf­fent­li­che Sys­tem der Wahl­kampf­fi­nan­zie­rung“? meint veit me­dick, dass san­ders sich in sei­ner zeit als se­na­tor nicht da­für ein­ge­setzt hat, die ame­ri­ka­ni­sche wahl­kampf­fi­nan­zie­rung zu ver­staat­li­chen? denn be­kannt­lich gibt es in den USA kei­ne staat­lich ge­re­gel­te fi­nan­zie­rung der par­tei­en oder kan­di­da­ten. sie sind auf spen­den von pri­vat­per­so­nen oder von in­ter­es­sens­grup­pen an­ge­wie­sen, die sich un­ter an­de­rem in „PACs“ or­ga­ni­si­se­ren. tat­säch­lich setzt ber­nie san­ders auf pri­vat- und klein­spen­der und ver­sucht gross­spen­der und ver­bän­de aus sei­ner wahl­kampf­fi­nan­zie­rung raus­zu­hal­ten. wenn ich mich recht er­in­ne­re, hat ba­rack oba­ma das auch recht er­folg­reich ge­tan.

was ber­nie san­ders am ame­ri­ka­ni­schen wahl­kampf­sys­tem kri­ti­siert, fin­de ich auch nicht be­son­ders kom- oder iro­nisch. er kri­ti­siert, dass sich su­per­rei­che und lob­by­ver­bän­de, vor al­lem aus der fi­nanz­in­dus­trie, mit gros­sen spen­den zu sehr in die po­li­tik ein­mi­schen. die kri­tik ist nach­voll­zieh­bar und san­ders ist bei wei­tem nicht der ein­zi­ge, der sie äus­sert. dass er sich von klein­spen­dern fi­nan­zie­ren lässt ist eine ges­te um un­ab­hän­gig­keit zu de­mons­trie­ren und nicht um „scha­tul­len“ zu fül­len.

aber mal im ernst, was meint veit me­dick mit sei­nem letz­ten satz, was ist das „öf­fent­li­che Sys­tem der Wahl­kampf­fi­nan­zie­rung“ und wo ist die iro­nie, bzw. ko­mik, die ich nicht er­ken­ne?

[nach­trag/kor­rek­tur 13.02.2016]

es gibt in den USA staat­li­che wahl­kampf­un­ter­stüt­zung und ber­nie san­ders hat für sei­nen wahl­kampf dar­auf ver­zich­tet (via). gleich­zei­tig ist es aber ein teil von ber­nie san­ders wahl­pro­gramm, die fi­nan­zie­rung von wahl­kämp­fen staat­lich zu re­geln (via).

pe­ter merkt in den kom­men­ta­ren an, dass die staat­li­che un­ter­stüt­zung von wahl­kämp­fen ei­ni­gen be­schrän­k­unegn un­ter­liegt:

Die Beschränkung ist demnach eine der Höhe nach. Wenn man staatliche Unterstützung im Anspruch nimmt, müssen die Gesamtausgaben unter einer Grenze liegen, die man überschreiten kann, wenn man sich nur durch private Spenden finanziert.


  nzz.ch: Ge­schmack und Ner­ven­zu­sam­men­bruch

text der wo­che, von pe­ter gla­ser (der text ge­fällt mir, also bin ich):

Der Versuch, Wege aus der Heillosigkeit der Gegenwart zu finden, führt zu einer ziellosen Entschiedenheit, Motto: Ich weiss zwar nicht, wo ich hinwill, aber dafür bin ich schneller dort.

Das einzige, das wirklich gegen die neue Langeweile, die sich aus einem Rauschen von Kurzweilepartikeln zusammensetzt, ist Veränderung. Nun ist die Veränderung selbst zum Hauptprodukt der Entwicklung geworden. Dies war die letzte Neuigkeit der Welt.


  me­dia­steak.com: Die heu­te Show „in­ter­viewt“ AfD-Spit­zen­kan­di­dat Meu­then

„anne“ von me­dia­steak:

Hier kommt die AFD zu Wort: Hochprofessionell interviewt heute-show Journalist Carsten van Rissen den AfD-Spitzenkandidat Jörg Meuthen.

Besser als alle sonstigen Interviews mit der AFD!

ich mag cars­ten van rys­sen nicht, zu­min­dest nicht als ich ihn zu­letzt hin und wie­der bei po­ly­lux sah, wo er auf dem alex­an­der­platz we­nig in­tel­li­gent aus­se­hen­den leu­ten, we­nig in­tel­li­gen­te sa­chen aus der nase zog. die heu­te show mag ich auch nicht. oli­ver wel­ke mag ich eben­so we­nig und die afd so­wie­so nicht.

was mich aber ver­rückt macht, sind links auf die 2DF-me­dia­thek, die we­gen ei­nes feh­len­den flash-plug­ins auf die start­sei­te der me­dia­thek lan­den, so wie der­zeit bei me­dia­steak.de, wenn man den link be­spiels­wei­se in sa­fa­ri klickt. des­halb hier ein link zu dem be­sag­ten aus­schnitt der auch mit flash­lo­sen brow­sern funk­tio­niert, der aber kei­nes­falls eine an­seh­emp­feh­lung oder gut­fin­dung sein soll: Cars­ten van Rys­sen bei der AfD

und weil das ZDF sei­ne mp4-da­tei­en ex­po­niert, kann man die aus­schnit­te na­tür­lich auch ein­bet­ten:





  spie­gel.de: Re­pu­bli­ka­ni­sche Par­tei im TV-Du­ell: Ohne Do­nald Trump, mit An­spruch

veit me­dick:

Für Donnerstag hatten sich die Moderatoren etwas besonders Unangenehmes einfallen lassen: In Videoeinspielern wurden Cruz und Rubio mit widersprüchlichen Aussagen zur Einwanderung gezeigt. Mal pro Amnestie für illegale Einwanderer, mal contra.

Eine einfache, aber äußerst effektive Idee, die beide erkennbar verunsicherte. […] Schade nur: Man hätte sehr gerne gesehen, wie der Sender auch Donald Trump mit seiner inhaltlichen Flexibilität konfrontiert hätte. Ging aber nicht.

ging schon, al­ler­dings nicht auf fox, son­dern auf CBS:

youtube-video laden, info, direktlink


( hier ge­fun­den )

das ist schon ein ziem­lich gross­ar­ti­ges stück fern­seh­ar­beit, das ste­phen col­bert hier ab­lie­fert. do­nald ge­gen trump mit all sei­nen wi­der­sprü­chen.


  zeit.de: Spra­che: „Neu­sprech“ neu

jo­sef jof­fe:

Dass wir kein „Wahrheitsministerium“ haben, ist nur ein halber Trost, wenn die Demokratie das „Gleichdenk“ auch ohne Geheimpolizei erzwingen kann. Deshalb sollten wir Orwell und Tocqueville lesen, immer wieder.

ich bin mir nicht si­cher, ob ich gu­ten ge­wis­sens sa­gen kann, wir soll­ten „im­mer wie­der“ jof­fe le­sen. er ist zwar sehr krea­tiv dar­in an­ders­den­ken­de als naiv zu dif­fa­mie­ren, aber sei­ne lo­gik scheint mir zu­ver­läs­sig feh­ler­haft zu sein, auch in die­sem text.

das ers­te was auf­fällt ist dass er in die mar­ten­stein-über­gei­gungs­fal­le tappt, wenn er dis­kus­sio­nen über den um­gang mit be­stimm­ten er­eig­nis­sen als „denk-“ und „sprech­ver­bo­te“ dif­fa­miert. das ist ge­nau­so stumpf wie ge­lösch­te kom­men­ta­re in blogs oder un­ter jour­na­lis­ti­schen tex­ten als „zen­sur“ zu be­zeich­nen. den aus­schluss von dis­kus­sio­nen mit staat­li­cher er­zwun­ge­ner pu­bli­ka­ti­ons­kon­trol­le oder pu­bli­ka­ti­on­ver­bo­ten zu ver­glei­chen ist aber nicht nur kurz­sich­tig und dumm, son­dern auch ab­stump­fend. wenn al­les zen­sur ist, wie soll man dann noch ech­te zen­sur dif­fe­ren­zie­ren kön­nen? von „sprech­ver­bo­ten“ zu re­den, ob­wohl es kei­ne ver­bo­te gibt, son­dern spre­chen hier und da le­dig­lich zu kri­tik führt, ver­gif­tet die de­bat­te und lenkt von den the­men auf eine un­heil­vol­le me­ta­ebe­ne ab.

am ende sei­nes tex­tes ver­sucht er dann nicht etwa die ver­wen­dung des wor­tes „sprech­ver­bot“ als irr­tum dars­zu­stel­len, son­dern die dis­kus­si­on über be­richt­erstat­tung als „drei­fa­chen Irr­tum“:

Das Sprechverbot entspringt einem dreifachen Irrtum.

Einmal, weil Benennung („Flüchtlinge haben …“) nicht Bezichtigung ist („So sind die Araber“). Zum Zweiten, weil die Randständigen keine Nachhilfe brauchen; sie haben ihre Vorurteile schon. Das Vor- Urteil schafft sich seine Fakten selber durch selektive Wahrnehmung – wie bei jeglichem „Anti-Ismus“.

wenn an­de­re be­reits vor­ur­tei­le ha­ben, kann es also nicht scha­den, vor­ur­tei­le zu be­feu­ern? oder auf­klä­rung, aus­ge­wo­ge­ne und vor­ur­teils­freie be­richt­erstat­tung brin­gen nie­man­den von sei­nen ab­stru­sen an­sich­ten ab, sind also qua­si müs­sig? ver­mut­lich ist der zi­tier­te ab­satz ein­fach jof­fe-sprech für den dumm­sprech-satz: „ha­ters gon­na hate“.

im nächs­ten ab­satz macht jof­fe dann aber eine 180°-wen­de. plötz­lich sind spra­che, nu­an­cie­rung und sub­ti­le si­gna­le für die bra­ven „rand­stän­di­gen“ dann doch wich­tig:

Zum Dritten, weil der brave Bürger ins Grübeln gerät: Wenn Polizei, Politik und Medien die Tatsachen schönreden, ja mir „Rassisten“ das Maul verbieten, wie kann ich noch den demokratischen Institutionen trauen? Pegida und Co. sind Geschöpfe und Sprachrohre der Entfremdung. Die frisst sich in die Mitte, wenn das verordnete Gutdenk die Realitäten verdrängt und die Wohlmeinenden den Demagogen zutreibt.

wenn „bra­ve Bür­ger“ se­lek­ti­ve wahr­neh­mung be­trei­ben, schril­len in jof­fes kopf dann doch die alarm­glo­cken. was jof­fe hier sagt, muss man sich mal auf der zun­ge zer­ge­hen las­sen: es müs­se mög­lich sein auch ras­sis­tisch und dem­ago­gisch zu be­rich­ten und res­sen­ti­ments zu be­die­nen, da­mit „bra­ve Bür­ger“, die se­lek­tiv wahr­neh­men und de­mo­kra­ti­schen in­sti­tu­tio­nen ge­gen­über skep­tisch sind, nicht den dem­ago­gen zu­ge­trie­ben wer­den.

wenn ich mich nicht irre, ist das die klas­si­sche CSU-stra­te­gie. ras­sis­ten, flach­den­ker, vor­ur­teils-afi­ci­o­na­dos um­ar­men und um­gar­nen, da­mit sie ihre po­si­ti­on hal­ten und rechts-in­nen, statt rechts-aus­sen wäh­len. ich glau­be man könn­te die­se stra­te­gie zur ver­deut­li­chung auch ins ex­trem auf­bla­sen: zum arsch­loch wer­den, um arsch­lö­cher zu wer­ben und da­mit zu ver­hin­dern, dass arsch­lö­cher sich an­de­ren arsch­lö­chern an­schlies­sen.


  sleek-mag.com: Why Are All-Fe­ma­le Ex­hi­bi­ti­ons So Pro­ble­ma­tic?

an paen­huy­sen über eine aus­stel­lung in der saat­chi gal­lery, die 14 frau­en vor­stellt:

[2010] the Brooklyn Museum showed “Seductive Subversion: Women Pop Artists, 1958-1968” and since then many have followed suit. Auction houses have also jumped on the bandwagon and last year Sotheby’s put on the exhibition “Cherchez la femme: Women and Surrealism”.

The droll thing is that it’s never the other way around: “Men and Pop”, “Men and Surrealism”. Why not? Because it’s considered to be norm, no need to emphasise the male gender. If Saatchi Gallery would have mounted an exhibition with 14 male artists, nobody would call it a male exhibition. I remember the shock I got in 2014 at the Hans Richter show in Martin Gropius Bau in Berlin, curated by Timothy Benson of LACMA. In this exhibition they showed Richter together with his colleagues Laszlo Moholy-Nagy (no, not his artist wife Lucia!), Viking Eggeling, Walter Ruttmann, Theo van Doesburg, John Cage, Marcel Duchamp, Fernand Léger, and Max Ernst. There was one woman who made it onto the wall, Irene Bayer-Hecht, for making a portrait of her husband Herbert Bayer. The preface of the exhibition catalogue was written by the five (male) directors of major institutions stating that Hans Richter worked with the “who’s who” of the 20th century avant garde – they were all male artists.

(her­vor­he­bung von mir)

ne­ben der tat­sa­che, dass frau­en sehr oft, sehr un­be­rech­tig­ter­wei­se igno­riert wer­den, sei es bei der aus­stel­lungs­ku­ra­tie­rung, be­set­zung von dis­kus­si­on­s­pa­nels oder der or­ga­ni­sa­ti­on von kon­fe­ren­zen, ist es eben im­mer noch bei vie­len von uns so, dass wir wir ei­nen män­ner­über­schuss bei aus­stel­lun­gen, kon­fe­ren­zen, füh­rungs­po­si­tio­nen, ab­ge­ord­ne­ten­plät­zen oder re­gie­rungs­äm­tern als nor­mal emp­fin­den — weil wir es so ge­wohnt sind. nun ist aber das ar­gu­ment „ha­ben wir schon im­mer so ge­macht“, das schlech­tes­te, denk­ba­re ar­gu­ment um et­was zu tun. ei­gent­lich ist es auch kein ar­gu­ment, son­dern ein hin­weis dar­auf, dass man sehr an sei­nen ge­wohn­hei­ten hängt und in ge­wis­ser wei­se faul und igno­rant ist.

be­quem­lich­keit und igno­ranz sind din­ge, an de­nen wir alle lei­den — und ich neh­me mich da ex­pli­zit nicht aus. ich hän­ge auch sehr an mei­nen ge­wohn­hei­ten — und weil ich das weiss, ver­su­che ich mich hin und wie­der dazu zu brin­gen, be­stimm­te ge­wohn­hei­ten und ver­hal­tens­mus­ter zu än­dern. und ich freue mich über hin­wei­se, die mir die­se mus­ter ge­le­gent­lich vor au­gen hal­ten.

in die­sem sin­ne neh­me ich an paen­huy­sen’s oben ver­link­ten text auch nicht (in ers­ter li­nie) als kri­tik an der saat­chi-ga­le­rie wahr, son­dern als hin­weis, als auf­for­de­rung die al­ten denk­mus­ter und ge­wohn­hei­ten mal zu über­den­ken. und sie tut das auch sehr kon­struk­tiv, wenn sie am ende sagt:

Okay, all good, but what exactly would be a radical thing to do for Saatchi Gallery? Well, it would have been, for instance, much more radical of them to make an exhibition about something as random as eyeglasses in the 20th century that just happened to feature only works by women artists. Would anybody notice? As it is, talking male and female seems to be so 20th century. Aren’t we living in a time that it’s generally acknowledged that there are more than two genders? Putting on an all-women exhibition is as original as making a show about let’s say Belgian artists – it repeats the boundaries in society and it pigeonholes artists. I personally have nothing against quotas and I would have loved it if Saatchi had declared that from now on 50% of every group exhibition will comprise works by female artists. And that would be the moment when we could start talking about a real shift in the art world.

eine quo­te.

ich habe mir in den letz­ten 10 jah­ren, in de­nen (ge­setz­li­che) quo­ten hier dis­ku­tiert wur­den, nie eine ab­schlies­sen­de mei­nung ge­bil­det. al­ler­dings ha­ben mich die ar­gu­men­te pro quo­te stets bes­ser über­zeugt, als die ge­gen­ar­gu­men­te. das schä­bigs­te ar­gu­ment ist be­kannt­lich der spruch, dass es nicht ums ge­schlecht ge­hen sol­le, son­dern stets um die qua­li­fi­ka­ti­on. dem wi­der­spricht eine quo­te mei­ner mei­nung nach über­haupt nicht, na­tür­lich soll es auch mit ei­ner quo­te stets um die qua­li­fi­ka­ti­on ge­hen, aber eben un­ter be­rück­sich­ti­gung (auch) des ge­schlechts. das mag die su­che nach ge­eig­ne­ten kan­di­da­ten und kan­di­da­tin­nen er­schwe­ren oder in die län­ge zie­hen, aber man­gel an Ge­eig­ne­ten* heisst ja nicht, dass es kei­ne gäbe, son­dern dass es schwe­rer, auf­wän­di­ger oder teu­rer ist, wel­che zu fin­den die den vor­ga­ben, er­war­tun­gen, qua­li­fi­ka­tio­nen und der quo­te ent­spre­chen.

aber ge­nau das, die ein­schrän­kung von op­tio­nen, das ver­bot von ein­fa­chen, be­que­men oder ge­wohn­ten lö­sun­gen, ist ge­nau das, was krea­ti­vi­tät frei­setzt und um­den­ken, neu­den­ken an­regt. das funk­ti­ons­prin­zip von sol­chen ein­schrän­kun­gen kann man bei twit­ter be­ob­ach­ten, wo das täg­li­che ab­kämp­fen am 140-zei­chen-li­mit teil­wei­se zu krea­ti­ven höchst­leis­tun­gen führt. ge­nau­so führt das ab­kämp­fen an phy­si­ka­li­schen ge­ge­ben­hei­ten (sie­he auch →gra­vi­ta­ti­on) oder ge­setz­li­chen vor­ga­ben bei der ar­chi­tek­tur im­mer wie­der zu lö­sun­gen, auf die man sonst nie und nim­mer ge­kom­men wäre (sie­he auch →frac­tion­al hor­se­power).

sich an vor­schrif­ten oder ein­schrän­kun­gen ab­zu­kämp­fen ist ei­ner­seits dün­ger für ide­ereich­tum, aber an­de­rer­seits all­tag, in je­dem be­reich, in der wirt­schaft, in der kul­tur, in der frei­zeit. in der wirt­schaft hat der­je­ni­ge am meis­ten er­folg, der sich durch den dschun­gel an vor­schrif­ten und ein­schrän­kun­gen bes­ser durch­wu­selt, als die kon­ku­renz. ohne rah­men, ohne ein­schrän­kun­gen und vor­schrif­ten oder spiel­re­geln, gibt es kei­ne ex­zel­lenz.

eine (frau­en) quo­te wäre, aus mei­ner sicht, in sehr vie­len be­rei­chen ein her­vor­ra­gen­des hilfs­mit­tel um un­se­ren blick zu schär­fen und eine auf­for­de­rung, uns von ver­meint­li­chen nor­men zu lö­sen und bes­ser hin­zu­schau­en, an­ders hin­zu­schau­en und am ende ge­rech­ter und fai­rer zu han­deln.


im klei­nen kann man mei­ner mei­nung nach aber auch viel tun, näm­lich je­des mal laut dar­auf hin­zu­wei­sen, wenn ver­an­stal­tun­gen es ver­ges­sen auf ein aus­ge­gli­che­nes teil­neh­men­feld zu ach­ten, oder di­ver­si­tät als un­wichtg, nied­rig prio­ri­siert er­ach­ten. das pas­siert der­zeit recht laut­stark bei der os­car-ver­lei­hung, das pas­siert hin und wie­der bei kon­fe­ren­zen, die ihre män­ner-only-teil­neh­mer­lis­te stolz vor­stel­len, um dann spä­ter hin­ter­her­zu­schie­ben, dass die lis­te na­tür­lich nur vor­läu­fig ge­we­sen sei und dann nach und ein paar ali­bi-frau­en nach­schie­ben.

ich wer­de es mir je­den­falls zur ge­wohn­heit ma­chen, je­des mal wenn ver­an­stal­ter (oder pro­du­zen­ten oder ku­ra­to­ren) das mit der aus­ge­gli­chen­heit oder di­ver­si­tät ver­ges­sen, et­was zu sa­gen und es da­nach un­ter „pim­melfech­ten“ zu ka­te­go­ri­sie­ren.

(via ka­tia’s face­book)


*) gross­buch­sta­be fürs ver­ständ­nis ein­ge­fügt


  an­mut­und­de­mut.de: Wo­hin mit dem Sau­ri­er?

es ist ja nicht so als würde Open-Source nicht funktionieren und sogar bestehen. Wenn Joha den aktuellen Produkt-Chef von Mozilla zitiert „[Mozilla] sei der Test, ob eine gemeinnützige Organisation zum Wohl der Öffentlichkeit bessere Produkte bauen kann als die bestgeführten Firmen der Welt“, dann kann ich nur sagen: Der Test ist nicht mehr nötig. WordPress und Drupal haben das längst bewiesen.

sehr gu­ter kom­men­tar zu die­sem ar­ti­kel von jo­han­nes kuhn über die mo­zil­la stif­tung.


  sla­te.com: Are GMOs safe? Yes. The case against them is full of fraud, lies, and er­rors.

pe­ter skro­do­lies in mei­nen kom­men­ta­ren:

Dieser Artikel von William Saletan hat mich dazu geführt, für GMO zu sein. Saletan's Twitter Bio ist "When people say 'don't go there.' I go there" - das finde ich ganz entzückend.

der ar­ti­kel von wil­liam @sa­le­tan (vom juli 2015) ist sehr lang, aber auch sehr über­zeu­gend. ich blei­be grund­sätz­lich (na­tür­lich) skep­tisch, eben­so, wie ich grund­sätz­lich nichts ge­gen gen­ma­ni­pu­la­tio­nen habe, auch wenn sie vom men­schen durch­ge­führt wer­den. ei­ner­seits weil das erb­gut von or­ga­nis­men so­wie­so seit jahr­mil­lio­nen durch um­welt­ein­flüs­se, gif­te, strah­len und ge­schlechts­ver­kehr bru­tal ma­ni­pu­liert und mu­tiert wird und an­de­rer­seits, weil gen­a­ma­ni­pu­la­ti­on eine der äl­tes­ten kul­tur­tech­ni­ken der mensch­heit ist. und man­che men­schen es­sen die pro­duk­te die­ser jahr­tau­sen­de­al­ten gen­ma­ni­pu­la­ti­on an­geb­lich so­gar; zu­min­dest habe ich da­von ge­hört, dass chi­ne­sen hin und wie­der hun­de­fleisch es­sen.

mei­ne skep­sis be­zieht sich eben nicht auf die gen­ma­ni­pu­la­ti­on selbst, son­dern vor al­lem auf be­stimm­te ef­fek­te die die in­dus­tria­li­sie­rung des es­sens (eben­so wie im tech­no­lo­gie­sek­tor) mit sich bringt: pa­tent­miss­brauch, kom­mer­zia­li­sie­rung und pri­va­ti­sie­rung von na­tür­li­chen re­sour­cen oder öf­fent­li­chen gü­tern — oder die ge­ring­schät­zung von ar­ten­reich­tum (sie­he zum be­spiel dw.com: „Den Kar­tof­fel­reich­tum in die Zu­kunft ret­ten“).

aber selbst die in­dus­tria­li­sie­rung der nah­rungs­mit­tel­pro­duk­ti­on mag ich seit die­sem ar­ti­kel (erst­mals ver­linkt vor ei­nem mo­nat) nicht mehr so skep­tisch se­hen: in­dus­tri­ell er­zeug­te le­bens­mit­tel sind un­term strich re­sour­cen­scho­nen­der und zu­kunfts­fä­hi­ger als obst und ge­mü­se aus tra­di­tio­nel­lem, re­gio­na­lem an­bau. und schme­cken nicht un­be­dingt schlech­ter, im ge­gen­teil.

oder an­ders ge­sagt: was in der gen­tech­nik­de­bat­te vor al­lem fehlt, ist dif­fe­ren­zie­rung und das un­ter­las­sen von pa­nik­ma­che („fe­ar­mon­ge­ring“) und FUD-tech­ni­ken — auf al­len sei­ten.

(die ge­gen­re­de zu sa­le­tans ar­ti­kel lässt sich leicht goo­geln, hier ein bei­spiel.)


  an­mut­und­de­mut.de: Das Netz wie­der ent­wer­ten

Fefe beendet seinen Artikel mit einer Schlussfolgerung: „Und dann fiel mir auf, dass zu jedem mir bekannten Thema Twitter aus den Leuten die schlechtesten Seiten herauskehrt. […] Wer einen Twitter-Account betreibt, ist Teil des Problems.“

Muss man hier vielleicht noch weiter gehen? Müssen wir das Netz, und gesellschaftliche Teilhabe hier vielleicht wieder abwerten? Oder ist es dafür schon zu spät, die Hass-Büchse des Pandora-Facebook-Stammtisch-Faschismus längst geöffnet und wir bekommen sie nicht mehr zu?

ben_ zi­tiert fefe und wi­der­spricht ihm nicht. ich igno­rie­re den pau­scha­li­sie­ren­den und dum­men scheiss den fefe ins netz kotzt meis­tens. bei­de re­ak­tio­nen, ei­ner­seits fefe (mehr oder we­ni­ger) wi­der­spruchs­los zu zi­tie­ren und an­de­rer­seits pau­scha­li­sie­ren­de, dum­me sprü­che un­kom­men­tiert ste­hen zu las­sen, sind wohl un­zu­rei­chend, aber ich möch­te mir zu­min­dest die mühe ma­chen, ben_ zu wi­der­spre­chen, bzw. die aus­sa­gen und fra­gen in sei­nem ar­ti­kel zu kom­men­tie­ren.

das was ben_, et­was ne­bu­lös, „ab­we­rung des net­zes“ nennt, bzw. als pro­blem­lö­sung für ra­di­ka­lis­mus, me­schen­feind­lich­keit und all­ge­me­ei­ne arsch­lochig­keit im netz vor­schlägt, scheint mir die schlech­tes­mög­li­che lö­sungs­stra­te­gie zu sein; emi­gra­ti­on als pro­blem­lö­sung. sich von arsch­lö­chern di­stan­zie­ren, in­dem man weg­läuft oder sich ent­fernt. oder den ort, an dem sich arsch­lö­cher auf­hal­ten, ein­fach als spiel­platz, als un­wich­tig um­zu­deu­ten.

an­de­ren mög­lich­kei­ten, den ort zu sta­bi­li­sie­ren, zu zi­vi­li­sie­ren, auf­zu­bau­en, (mit) zu ge­stal­ten, weicht man so ele­gant aus. an­ders ge­sagt: wenn in bus­sen und bah­nen stän­dig ge­pö­belt und rum­ge­droht wird, soll­te man dann sa­gen, bus­se und bah­nen sind für pack, ich fah­re ab jetzt lie­ber auto? oder soll­te man ver­su­chen bus­se und bah­nen mit ge­nau den men­schen zu fül­len, die sonst lie­ber auto fah­ren? soll­te man ver­su­chen die dep­pen mit ver­nünf­ti­gen men­schen zum schwei­gen zu brin­gen, bus­se und bah­nen mit al­ler kraft und phan­ta­sie zu zi­vi­li­sie­ren, statt sich aus ih­nen her­aus­drän­gen zu las­sen?

der (klei­ne) schloss­platz in stutt­gart war vor der jahr­tau­send­wen­de ein un­er­freu­li­cher, stin­ken­der, ver­nach­läs­sig­ter, dunk­ler ort an dem sich abends nur un­er­quick­li­che men­schen auf­hiel­ten. statt die­sen un­rühm­li­chen ort ab­zu­wer­ten oder zu be­haup­ten, er sei ge­schei­tert, wur­de er in pri­vat­in­itia­ti­ve auf­ge­wer­tet: dort öff­ne­te eine knei­pe (pauls bou­tique). das brach­te so viel le­ben, so viel en­er­gie auf den schloss­platz, dass er sich rasch zu ei­nem der at­trak­tivs­ten orte in stutt­gart ent­wi­ckel­te. wenn ein ort nicht funk­tio­niert oder sei­ne nach­tei­le die vor­tei­le zu über­wie­gen schei­nen, heisst das nicht un­be­dingt dass der ort ge­schei­tert oder ka­putt ist. es kann auch be­deu­ten, dass die bis­he­ri­ge nut­zung falsch war, dass ideen fehl­ten, dass die rich­ti­gen men­schen fehl­ten.

der klei­ne schloss­platz wur­de 2005 in sei­ner ur­sprüng­li­chen form ab­ge­ris­sen, bzw. neu­ge­stal­tet. das grund­prin­zip der nut­zung, gas­tro­no­mie, lä­den und aben­d­at­trak­tio­nen, wur­de aber aus der blü­te­zeit von pauls bou­tique über­nom­men — und funk­tio­niert nach wie vor. jetzt eben nicht mehr auf grund von pri­vat­in­itia­ti­ve, son­dern in­sti­tu­tio­na­li­siert, von der stadt­ver­wal­tung ge­plant und aus­ge­führt.

ich glau­be so müs­sen wir auch mit dem netz um­ge­hen. wie in der fleischwelt gibt es dort un­an­ge­neh­me orte, es wer­den orte von leu­ten über­nom­men die het­zen, pö­beln und sich in ih­rer arsch­lochig­keit ge­fal­len. aber mit den rich­ti­gen stra­te­gien (die wir im­mer wei­ter ent­wi­ckeln müs­sen) las­sen sich die­se plät­ze zu­rück­er­obern oder zi­vi­li­sie­ren. nicht ab­wer­ten, auf­wer­ten.


  thai-koch­schu­le-ber­lin.de: Be­triebs­fei­er in Meo’s Thai-Koch­schu­le

hier ha­ben wir ges­tern un­se­re weih­nachts­fei­er ge­fei­ert. „koch­schu­le“ ist et­was über­trie­ben, wir ha­ben zu­ta­ten zer­schnip­selt und meo bei der zu­be­rei­tung zu­ge­se­hen, ein biss­chen fri­tiert und ge­rührt. aber das es­sen war sen­sa­tio­nell le­cker. alle zu­ta­ten wa­ren bes­ter qua­li­tät, al­les, auch die cur­ries und sos­sen, wur­de frisch zu­be­rei­tet und das er­geb­nis war be­ein­dru­ckend und aus­ser­dem äus­serst fleisch­reich (von al­len gän­gen wur­den aber auch ve­ge­ta­ri­sche va­ri­an­ten für un­se­re drei ve­ge­ta­ri­er zu­be­rei­tet). die re­zep­te durf­ten wir nach dem es­sen auch alle aus­ge­druckt mit nach hau­se neh­men.

wenn’s im an­ge­schlos­se­nen re­stau­rant ähn­lich gut schmeckt, wo­von ich aus­ge­he, wür­de ich das re­stau­rant gleich mit­emp­feh­len. auf der web­sei­te hört sich das je­den­falls viel­ver­spre­chend an:

Neben Original Thai Home-Style Kitchen wie sie die Thais lieben, servieren wir ihnen thailändische Köstlichkeiten. Selbstverständlich ohne Glutamat, sondern mit viel frischen Kräutern und Gewürzen zubereitet.

meo’s kochschulenküche
ein paar der zutaten, aus dem rindfleisch wurde salat (!)
es gab zur weihnachtsfeier keine verletzungen

@das­nuf hat auch ein paar fo­tos von un­se­rer weih­nachts­fei­er gein­sta­grammt.


  spie­gel.de: So­zia­le-Me­di­en-De­mo­kra­tie: Knall­ef­fekt er­setzt Er­kennt­nis

sa­scha lobo:

Das Netz ist nach gesellschaftlichen Maßstäben gemessen noch sehr jung, und es gibt berechtigte Hoffnung, dass sich irgendwann ein digitaler Diskurs durchsetzt, der differenziert. Aber der Neuaufbau einer funktionierenden Netzzivilisation braucht sehr viel mehr Zeit als erhofft und erwartet.

ich glau­be die­ser auf­bau ei­ner „funk­tio­nie­ren­den Netz­zi­vi­li­sa­ti­on“ oder die wie­der­her­stel­lung von zi­vi­li­sa­to­ri­schen stan­dards die auch un­ter den be­din­gun­gen des net­zes funk­tio­nie­ren, ist eine der wich­tigs­ten auf­ga­ben in den nächs­ten jah­ren. wie kön­nen wir un­ser rechts­sys­tem so ge­stal­ten, dass mei­nungs­frei­heit, rechts­si­cher­heit, or­dent­li­che ver­fah­ren, si­cher­heit, pri­vat­sphä­re auch in ei­ner ver­netz­ten ge­sell­schaft funk­tio­nie­ren?

wie sa­scha lobo in sei­nem ar­ti­kel bei­na­he ein biss­chen kul­tur­pes­si­mis­tisch sagt, die di­gi­ta­li­sie­rung un­se­res le­bens, die di­gi­ta­li­sie­rung un­se­rer kom­mu­ni­ka­ti­on hat vie­le neue chan­cen, aber auch neue ge­fah­ren (oder alte ge­fah­ren, in neu­em ge­wand) her­vor­ge­bracht. die­se ge­fah­ren, wü­ten­de, emo­tio­na­li­sier­te mobs, miss­ach­tung, ab­bau oder ne­gie­rung von grund­rech­ten, po­pu­lis­mus, ras­sis­mus oder an­ti­se­mi­tis­mus sind nicht neu, aber sie kom­men in neu­em ge­wand. aber auch die lö­sungs­an­sät­ze kom­men in neu­em ge­wand, oder sind schon da, aber wir er­ken­nen sie noch nicht als lö­sungs­an­sät­ze.

ei­ner die­ser an­sät­ze für mehr si­cher­heit, pri­vat­s­hä­re und frei­heit, die kry­to­gra­phie ist un­ter schwe­ren (po­li­ti­schen) at­ta­cken. phil­lip ro­ga­way hat dar­über ei­nen auf­satz ge­schrie­ben, The Mo­ral Cha­rac­ter of Cryp­to­gra­phic Work (PDF-link) und cory doc­to­row hat es zu­sam­men­ge­fasst und dar­aus zi­tiert:

Cryptography rearranges power: it configures who can do what, from what. This makes cryptography an inherently political tool, and it confers on the field an intrinsically moral dimension. The Snowden revelations motivate a reassessment of the political and moral positioning of cryptography. They lead one to ask if our inability to effectively address mass surveillance constitutes a failure of our field. I believe that it does. I call for a community-wide effort to develop more effective means to resist mass surveillance. I plea for a reinvention of our disciplinary culture to attend not only to puzzles and math, but, also, to the societal implications of our work.

kein recht­sys­tem ist per­fekt und je­des recht­sys­tem muss stän­dig ver­bes­sert und ge­gen an­grif­fe ver­tei­digt wer­den. ein ziem­lich al­tes und ei­nes der bes­ten recht­sys­te­me der welt ist das ame­ri­ka­ni­sche recht­sys­tem, zu­min­dest in sei­nen grund­sät­zen. die grund­sät­ze von fai­ren ver­hand­lun­gen, un­schulds­ver­mu­tung, due pro­cess gel­ten dort seit ein paar hun­dert jah­ren. die USA sind eine star­ke de­mo­kra­tie, mit ei­nem sta­bi­len rechts­sys­tem — aber für vie­le jah­re galt das vor al­lem für kau­ka­si­sche män­ner; für frau­en, schwar­ze, arme oder zu­wan­de­rer funk­tio­nier­te das vie­le jahr­hun­der­te we­ni­ger gut.

was ich sa­gen will: ge­rech­tug­keit, fair­ness, an­stand und frei­heit schenkt ei­nem nie­mand. man muss für sie kämp­fen, sie sich er­strei­ten und sie ver­tei­di­gen. ich glau­be wir ha­ben die­sen aspekt bei der „Netz­zi­vi­li­sa­ti­on“ viel zu lan­ge aus­ser acht ge­las­sen, bzw. ihn viel zu we­nig po­pu­la­ri­siert.


  vox.com: I work­ed in a vi­deo store for 25 ye­ars. Here’s what I lear­ned as my in­dus­try died.

den­nis per­kins hat 25 jah­re in ei­ner vi­deo­thek ge­ar­bei­tet und meint dort et­was ge­lernt zu ha­ben:

An algorithm is no substitute for human interaction
Over the years, we’d come to know our customers’ tastes, their pet peeves, and their soft spots. Our experience and movie expertise helped us make informed, intuitive leaps to find and fulfill entertainment needs they didn’t even always know they had. I’ve had parents hug me for introducing their kids to Miyazaki and The Iron Giant. Nice old ladies have baked me cookies for starting them off on The Wire.

ich war frü­her sehr re­gel­mäs­si­ger vi­deo­thek-, spä­ter dann DVDhek­be­su­cher. ich habe mich in all den jah­ren nicht ein­mal „be­ra­ten“ oder mir sa­chen per­sön­lich emp­feh­len las­sen. ich will nicht aus­schlies­sen dass die per­sön­li­che be­ra­tung für man­che gut funk­tio­niert. emp­feh­lun­gen ha­ben et­was mit ver­trau­en (und ver­traut­heit) zu tun, und mit an­ge­stell­ten in ei­ner vi­deo­thek möch­te ich nicht erst ver­traut­heit und ver­trau­en auf­bau­en, be­vor ich et­was aus­lei­he. das war mir schon vor 10 oder 20 jah­ren zu müh­sam.

was in mei­ner lieb­lings­vi­deo­thek im­mer gut funk­tio­nier­te war das her­vor­he­ben von ein­zel­nen ti­teln auf den re­ga­len. gute „ku­ra­ti­on“ ist im über­tra­ge­nen sin­ne na­tür­lich auch be­ra­tung. so habe ich habe brea­king bad und the good wife durch ge­schick­te plat­zie­rung in mei­ner vi­deo­thek „ent­deckt“. ob­wohl, ge­nau­ge­nom­men lag es wohl dar­an, dass sie da­mals neu­zu­gän­ge wa­ren und dem­entspre­chend im ori­gi­nal­ver­sio­nen-re­gal stan­den. the wire habe ich üb­ri­gens aus der FAZ oder FAS emp­foh­len be­kom­men.

With online streaming, we don’t decide — we settle. And when we aren’t grabbed immediately, we move on. That means folks are less likely to engage with a film on a deep level; worse, it means people stop taking chances on challenging films. Unlike that DVD they paid for and brought home, a movie on Netflix will be watched only so long as it falls within the viewer’s comfort zone. As that comfort zone expands, the desire to look outside of it contracts.

hal­te ich eben­so für quatsch. ich habe mir schon die ab­stru­ses­ten fil­me auf net­flix an­ge­se­hen, für die ich in der DVDhek nie­mals geld aus­ge­ge­ben hät­te. wenn mir je­mand sagt: „schau das!“ schau ich mir das an und ver­traue dem ur­teil auch, wenn ich nicht so­fort in den film oder die sen­dung ge­saugt wer­de. aus­nah­me: /w Bob and Da­vid auf net­flix, das nilz bo­kel­berg ge­ra­de auf wired.de emp­fahl. hab ich nach 10 mi­nu­ten ab­schal­ten müs­sen weil ich mich in der tat nicht auf ei­ner tie­fe­ren ebe­ne da­mit aus­ein­an­der­set­zen woll­te.

mir kommt das, was den­nis per­kins hier sagt, ziem­lich ar­ro­gant vor. na­tür­lich gibt es men­schen die kei­ne lust ha­ben film­kri­ti­ken an­zu­se­hen oder un­si­cher bei der aus­wahl ih­rer abend­un­ter­hal­tung sind. na­tür­lich gibt es leu­te, die froh sind, wenn sich je­mand auf sie ein­lässt und sich mühe gibt, sie zu be­ra­ten oder pas­sen­de oder gran­dio­se fil­me zu emp­feh­len. aber zu glau­ben an­ge­stell­te in vi­deo­the­ken sei­en für emp­feh­lun­gen, das per­len­tau­chen oder qua­li­täts­se­hen un­er­läss­lich ist rei­ne ar­ro­ganz. es gab schon im­mer und gibt nach wie vor me­di­en, freun­de, kol­le­gen, be­kann­te — ja auch mar­ke­ting­mass­nah­men — die ge­nau da­für sor­gen, dass wir un­se­re lahm­ar­schig­keit (com­fort zo­nes) ver­las­sen und uns auf die su­che nach auf­re­gen­dem, neu­en oder über­ra­schen­den in­put ma­chen. das hat im­mer schon auch gut ohne per­sön­li­che be­ra­tung funk­tio­niert.

A good video store curates culture. Subjective? Certainly. But who do you want shepherding the legacy of TV and movies — a corporation or a store filled with passionate, knowledgeable movie geeks?

dank des in­ter­nets ha­ben wir alle zu­griff auf pas­sio­nier­te und fast all­wis­sen­de film­freun­de. wir kön­nen uns vor­treff­lich über main­stream­kul­tur aus­tau­schen, aber eben auch in be­lie­bi­ge sub­kul­tu­rel­le fil­ter­bla­sen her­ab­stei­gen. wir kön­nen uns im netz über­all und stän­dig fin­ger­zei­ge ge­ben las­sen, wo wir be­stimm­te fil­me oder se­ri­en fin­den. wenn mir je­mand sa­chen emp­fiehlt, die ich ger­ne an­ge­se­hen habe, wer­de ich das nächs­te mal auch wie­der auf ihn oder sie hö­ren. und ja, zum teil funk­tio­niert das auch auf den web­sei­ten der gros­sen platt­for­men. dort fin­den wir in den be­wer­tungs­sek­tio­nen die glei­chen pas­sio­nier­ten und wis­sen­den „mo­vie ge­eks“, die sonst in vi­deo­the­ken rum­hin­gen.

A great video store’s library of films is like a little bubble outside the march of technology or economics, preserving the fringes, the forgotten, the noncommercial, or the straight-up weird.

aber auch die al­go­rith­men, zum bei­spiel von net­flix, leis­ten gute ar­beit. ich habe mir noch nie so vie­le skan­di­na­wi­sche fil­me (im ori­gi­nal) an­ge­se­hen, wie in den letz­ten jah­ren. letz­te wo­che emp­fahl mir der net­flix al­go­rith­mus ei­nen pol­ni­schen film, der gar nicht mal schlecht war.

wich­ti­ger noch, erst durch strea­ming diens­te wie net­flix oder ama­zon prime habe ich über­haupt zu­griff auf be­stimm­te fil­me. was den­nis per­kins „the frin­ges“ nennt, nennt man im in­ter­net auch den „long tail“, dass ab­sei­ti­ge, un­kom­mer­zi­el­le lebt im in­ter­net und auf strea­ming-platt­for­men ge­nau­so gut, wie in ei­nem lie­be­voll ge­führ­ten film­la­den an der ecke.

(bei nerd­core ge­fun­den)


  ti­leo.word­press.com: Kon­zen­tra­ti­ons­test

ti_leo kann sich bes­ser kon­zen­trie­ren, ist schnel­ler und sorg­fäl­ti­ger als ich. da­für habe ich mei­ne ar­beits­leis­tung über die zeit ver­bes­sert, sie hat nach­ge­las­sen.

oder an­ders ge­sagt: in dem was ich ma­che bin ich un­ter­durch­schnitt­lich gut, habe aber nen lan­gen atem und stei­ge­re mich lang­sam in rich­tung durch­schnitt.

das sind mei­ne kon­zen­tra­ti­ons­test-er­geb­nis­se:

Das bedeuten Ihre Ergebnisse im Einzelnen
Insgesamt wurden 95 von 196 Aufgaben bearbeitet, wobei 83% richtig gelöst wurden.

Sorgfalt und Fehlerfreiheit liegen im befriedigenden bis guten Bereich. Eine weitere Steigerung würde das Ergebnis verbessern.

Wiederholen Sie den Konzentrationstest regelmäßig im Abstand von 6 Wochen um Ihr Konzentrationsvermögen zu steigern.

Konzentration und Ausdauer
Die Arbeitsleistung (Anzahl der richtig gelösten Aufgaben) ist im Vergleich mit anderen leicht unterdurchschnittlich. Und auch die Arbeitsgeschwindigkeit ist im Vergleich mit anderen leicht unterdurchschnittlich. Versuchen Sie, Ihr Arbeitstempo zu erhöhen, um bessere Leistungen zu erzielen.

Konzentriertes Arbeiten erfordert Ausdauer. Ihre Arbeitsleistung blieb über die Zeit konstant bzw. verbesserte sich deutlich. Auch das Arbeitstempo konnten Sie deutlich steigern.

Insgesamt betrachtet, ist das Konzentrationsvermögen durchschnittlich und könnte durch spezielle Trainings deutlich gesteigert werden.


  netz­po­li­tik.org: Bar­geld­lo­se Zu­kunft

jan gir­lich über die po­ten­zi­el­len ge­fah­ren ei­ner bar­geld­lo­sen zu­kunft. mir ist der text et­was zu FUD, auch wenn er ein paar nach­voll­zieh­ba­re und wich­ti­ge ar­gu­men­te auf­zählt. aber völ­lig un­ver­ständ­lich ist mir, war­um ein au­tor auf netz­po­li­tik auf eine pres­se­mit­tei­lung ei­nes her­stel­lers von „si­cher­heits­soft­ware“ linkt, um da­mit nach­zu­wei­sen dass bei bar­geld­lo­sen be­zahl­me­tho­den „der Be­trug ra­sant“ wach­se.

ich gebe zu: ich goog­le manch­mal auch die the­sen über die ich schre­ben möch­te um dann ei­nen pas­sen­den ar­ti­kel zu ver­lin­ken, aber von pres­se­mit­tei­lun­gen mit ein­deu­ti­gem hin­ter­grund, neh­me ich dann schon ab­stand. und bei netz­po­li­tik oder ei­nem CCC-mit­glied er­war­te ich schon ein biss­chen bes­se­re ex­per­ti­se und quel­len­kent­nis.

[nach­trag 17.11.2015]
auf netz­po­li­tik ist der link auf die pres­se­mit­tei­lung jetzt mit ei­nem link auf eine „un­ab­hän­gi­ge­re Quel­le für Be­trug mit bar­geld­lo­sen Zah­lungs­mit­teln“ er­setzt, ei­nen ar­ti­kel auf busi­ness­wire, des­sen zen­tra­le aus­sa­ge ist, dass man dem be­trug mit bar­geld­lo­sen zah­lungs­mit­teln vor al­lem durch den ein­satz von EMV-kon­for­men zah­lungs­kar­ten ent­ge­gen­tre­ten kann. der ar­ti­kel plä­diert also für chips statt ma­gnet­kar­ten für den bar­geld­lo­sen zah­lungs­ver­kehr. auch nicht er­wähnt wird, dass die ver­lus­te durch be­trug vor al­lem von den ban­ken, bzw. zah­lungs­dienst­leis­tern ge­tra­gen wer­den:

Of the total $16.31 billion lost to fraud last year, card issuers worldwide absorbed 62%. Merchants accounted for the other 38%. In the U.S., card issuers lost $4.91 billion and merchants lost $2.95 billion. Those losses do not include related costs issuers and merchants incur.

das wi­der­spricht na­tür­lich der the­se im netz­po­li­tik-ar­ti­kel, dass die bar­geld­lo­sen zah­lungs­ver­fah­ren von ban­ken vor al­lem aus pro­fit­gier, bzw. aus kos­ten­grün­den in den markt ge­drückt wür­den. un­er­wähnt bleibt folg­lich auch der hin­weis bei netz­po­li­tik, dass ver­lus­te durch be­trü­ge­ri­sche ak­ti­vi­tä­ten fast im­mer durch die kar­ten­aus­ge­ber ge­tra­gen wer­den und nicht beim kon­su­men­ten lan­den, eine si­cher­heit die bar­geld in den we­nigs­ten fäl­len bie­tet.


  me­dia­steak.com: Die Schön­hau­ser Al­lee | rbb

sehr schö­ner film über die schön­hau­ser al­lee vom rbb, et­was wirr ge­schnit­ten, streift aber da­für alle wich­ti­gen aspek­te des le­bens in den letz­ten 100 jah­ren um die schön­hau­ser.


  jazz­blog.de: kei­ne fal­schen fra­gen

sehr gut, nicht nur we­gen der klein­schrei­bung. ein gast­bei­trag bei jo­han­nes kor­ten:

ich erhalte einen anruf in meiner arbeit. eine frau, die einen unbegleiteten minderjährigen flüchtling aufgenommen hat, druckst herum ja es sei ihr jetzt sehr unangenehm und sie wolle auf gar keinen fall irgendwie rechtsradikal wirken, aber der junge mann würde die toilette bei ihnen im haushalt nicht benutzen. oder vielmehr so benutzen, wie er es kennt, wie sie es aber nicht möchte. aus gründen. sie traue sich jetzt aber nicht, das anzusprechen, weil sie sorge habe, dass er sich dann nicht willkommen fühlt und wir denken, sie sei ein nazi. eine frau mit einer 15 jährigen tochter meldet sich bei mir. sie lebt neben einer erstaufnahmeeinrichtung. sie sagt sie möchte wirklich nicht schlechtes sagen, sie hilft dort selber mit und sie weiss auch nicht, wie sie es ausdrücken soll, ohne dass ich denken müssen sie sei irgendwie rechts. aber ihre tochter hätte angst an dieser einrichtung vorbei zu laufen, sie sei bereits mehrfach angesprochen worden, was ihr unangenehm sei und jetzt wollten sie mal nachfragen, was wir denn meinen wie sie und ihre tochter mit dem thema umgehen solle „man will ja nicht, dass alle gleich denken, man sei gegen flüchtlinge, das sind wir nicht, aber das ist so neu und wir wissen nicht weiter“.


  an­dre­as­von­gun­ten.com: Die bard­geld­lo­se Ge­sell­schaft und ihr to­ta­li­tä­res Po­ten­zi­al

ich glau­be auch, wie an­dre­as von gun­ten, dass es kei­ne gute idee ist, das bar­geld ab­zu­schaf­fen.

aber … an­dre­as von gun­ten sagt:

In einer bargeldlosen Gesellschaft mit staatlicher digitaler Währung wäre es jederzeit möglich – per Knopfdruck quasi – einem Bürger oder einer Bürgerin das Bezahlen zu verunmöglichen, oder die Geldmittel zu konfiszieren.

so wie ich das ver­ste­he, ist das jetzt schon sehr ein­fach mög­lich je­dem per knopf­druck das be­zah­len zu „ver­un­mög­li­chen“. aus­ser man hat ein paar tau­send euro bar­geld ir­gend­wo un­auf­find­bar ver­steckt, ist man mit der pfän­dung sei­nes kon­tos im prin­zip zah­lungs­un­fä­hig. oder an­ders­rum, je­dem dem in deutsch­land die teil­nah­me an bar­geld­lo­sen zah­lungs­ver­fah­ren ver­wei­gert wird, je­dem dem ein gi­ro­kon­to ver­wei­gert wird, ist ein nor­ma­les le­ben so gut wie un­mög­lich. ge­häl­ter wer­den in deutsch­land schon lan­ge nur noch in ab­so­lu­ten aus­nah­me­fäl­len in bar aus­ge­zahlt, mie­ten nimmt kaum noch ein ver­mie­ter in bar an. im netz, in das sich un­ser le­ben mehr und mehr ver­la­gert, funk­tio­niert bar­geld auch eher schlecht.

ich glau­be, wir ha­ben uns in der west­li­chen welt schon sehr, sehr weit vom bar­geld ent­fernt — wei­ter als an­dre­as von gun­ten es of­fen­sicht­lich wahr ha­ben will. ich weiss zwar, dass es auch an­de­re mög­lich­kei­ten gibt an bar­geld zu kom­men, aus­ser es am geld­au­to­ma­ten zu kau­fen, aber so­weit ich das ver­ste­he ist es zum bei­spiel be­reits heu­te (in deutsch­land) so, dass man grös­se­re men­gen bar­geld kaum un­be­merkt durch die ge­gend schlep­pen kann, ge­schwei­ge denn über lan­des­gren­zen brin­gen kann. es ist be­reits heu­te so, dass jede ver­si­che­rung, jede bank, aber auch recht­an­wäl­te, no­ta­re oder wirt­schaft­prü­fer die hohe bar­geld­ein­zah­lun­gen ent­ge­gen­neh­men, eine ver­dachts­an­zei­ge we­gen geld­wä­sche auf­ge­ben müs­sen.

[W]enn finanzielle Transaktionen nur noch innerhalb eines digitalen und überwachten Systems stattfinden können, ist eine elementare Grundlage für eine totalitäre Gesellschaft gelegt.

so ar­gu­men­tie­ren üb­ri­gens auch die be­für­wor­ter des zwei­ten zu­satz zur US-ver­fas­sung. wenn den bür­ger das recht ge­nom­men wird waf­fen zu tra­gen, wie sol­len sie sich dann ge­gen eine to­ta­li­tä­re re­gie­rung weh­ren?

un­ser wohl­erge­hen ist, ob wir das wol­len oder nicht, sehr eng mit staat­li­chem han­deln ver­knüpft. im lau­fe der letz­ten jahr­hun­der­te ha­ben wir un­zäh­li­ge frei­heits­rech­te an den staat ab­ge­tre­ten, in der (be­rech­tig­ten) hoff­nung, dass sie dort bes­ser auf­ge­ho­ben sind und zu mehr ge­rech­tig­keit füh­ren. strei­tig­kei­ten kön­nen wir nicht mehr mit ge­walt oder nach stär­ke oder gut­dünk­ten be­en­den, wir kön­nen nicht ein­fach ent­schei­den un­se­re kin­der nicht zur schu­le zu schi­cken, wir müs­sen un­ser ge­sam­tes ein­kom­men dem staat of­fen­le­gen und ei­nen er­heb­li­chen teil da­von abe­ge­ben. wir kön­nen noch nicht­mal ein­fach so ein haus bau­en oder ei­nen baum pfla­zen ohne die ent­spre­chen­den ge­neh­mi­gun­gen da­für ein­zu­ho­len. selbst die hei­zung muss je­des jahr ein­mal von ei­nem staat­lich ge­prüf­ten schorn­stein­fe­ger ge­prüft wer­den, der für die­sen zweck, staat­lich le­gi­ti­miert, un­se­re woh­nung be­tre­ten darf.

an­dre­as von gun­ten macht wiki­leaks, bzw. die wiki­leaks „ban­king-blo­cka­de“, zum kron­zeu­gen für sei­ne the­se, dass ohne bar­geld alle frei­heit den bach run­ter­geht:

Die US-Behörden haben sofort mit massivem Druck reagiert und haben innert weniger Tage erreicht, dass die Geldflüsse von und zu Wikileaks unterbrochen wurden. Paypal, Visa, Mastercard und in der Schweiz die Postfinance haben damals kurzerhand entschieden, keine Zahlungen mehr an Wikileaks anzunehmen oder haben zum Teil sogar die Vermögenswerte eingefroren, ohne dass eine Verurteilung durch ein Gericht, ja nicht einmal eine formale Anklage vorhanden war. Diese Banking-Blockade, wie Wikileaks sie nennt, gibt uns einen Vorgeschmack darauf, was uns blüht, sollte das Bargeld dereinst wirklich abgeschafft bzw. verboten werden.

der witz ist al­ler­dings, dass wiki­leaks auf sei­ner spen­den­sei­te kei­ne bar­geld­zah­lun­gen vor­sieht. dort sind le­dig­lich bar­geld­lo­se zah­lungs­ver­fah­ren vor­ge­se­hen.

ich bin ger­ne da­bei, beim frei­heits­kampf kampf ge­gen die bar­geld­ab­schaf­fung, wich­ti­ger ist es mei­ner mei­nung nach aber sich für den due pro­cess, für die recht­staat­lich­keit beim ein­frie­ren von ver­mö­gens­wer­ten ein­zu­set­zen. dass wir uns da­für ein­set­zen, dass bei der ver­bre­chens­be­kämp­fung nicht alle recht­staat­li­chen grund­sät­ze über bord ge­wor­fen wer­den, nur weil es „or­ga­ni­sier­tes ver­bre­chen“ oder „ter­ro­ris­mus“ gibt. auch wenn es kaum noch je­mand glaubt, der staat sind nicht „die da oben“, son­dern wir alle. wir müs­sen und kön­nen der angst­ma­che der rech­ten law-und-or­der-frak­tio­nen et­was ent­ge­gen­set­zen, aber bit­te kei­ne angst­ma­che, auch wenn sie dem gu­ten zweck dient.


ich habe vor ei­ner wei­le ge­schrie­ben, dass bar­geld nervt, wo­mit ich mich mög­li­cher­wei­se in­di­rekt als bar­geld-ab­schaf­fungs-„Be­für­wor­ter aus der Tech-Sze­ne“ qua­li­fi­zie­re. ich wür­de mir die hose in die­ser form al­ler­dings nicht an­zie­hen wol­len.

(bild­quel­le: fried­rich.krom­berg po­to­gra­po: w.j.pil­sak [GFDL, CC-BY-SA-3.0])


hier geht’s wei­ter …


  face­book.com: Ma­thi­as Ri­chel - Wenn du 78% dei­nes Ge­samttraf­fics über So­cial...

ma­thi­as ri­chel:

Wenn du 78% deines Gesamttraffics über Social hast, davon 96% über Facebook, bei nur ca.15% Direktzugriff, wofür hast du noch 'ne Webseite?

der ein­trag von ma­thi­as ri­chel ist of­fen­sicht­lich ein et­was kryp­ti­schi­sches nach­den­ken über die stra­te­gie für eine on­line-pu­bli­ka­ti­on. da­mit steht er in ei­ner gu­ten tra­di­ti­on, denn das ma­chen der­zeit un­ge­fähr alle die pu­bli­zie­rend tä­tig sind. john­ny haeus­ler riet vor ein paar mo­na­ten be­reits den ver­la­gen ihre web­sites zu schlies­sen. dar­aus ent­spon­nen sich durch­aus in­ter­es­san­te dis­kus­sio­nen und im an­ge­sicht von ap­ple news, fac­book in­stant ar­tic­les und dem gan­zen so­cial me­dia-ge­döns ist die fra­ge nach dem auf­tritt in der welt, also im in­ter­net, bren­nen­der denn je: wie er­rei­che ich mei­ne ziel­grup­pe?

mir fiel beim nach­den­ken über ma­thi­as ri­chels kryp­tik eine wei­te­re ana­lo­gie ein: der fa­brik­ver­kauf.

auch ver­la­ge pro­du­zie­ren in ih­ren häu­sern pro­duk­te, die sie ver­trei­ben. so wie je­des an­de­re pro­du­zie­ren­de un­ter­neh­men das auch tut. sind die pro­duk­te für (pri­va­te) end­kun­den be­stimmt, sind pro­du­zen­ten dar­auf an­ge­wie­sen, hil­fe beim ver­trieb an­zu­neh­men, sei es durch gross­händ­ler, han­del­ket­ten oder ein­zel­händ­ler. der di­rekt­ver­trieb funk­tio­niert auch oft, bei ap­ple zum bei­spiel, oder bei vor­werk, tup­per oder ein paar tief­kühl­kost­häd­lern.

die ge­gen­sei­ti­gen ab­hän­gig­kei­ten füh­ren nicht sel­ten zu streit oder un­si­cher­hei­ten, aber ge­ra­de gros­se han­dels­ket­ten funk­tio­nie­ren im le­bens­mit­tel­han­del ganz ähn­lich wie die so­zia­len netz­wer­ke in der ver­lags­bran­che: als durch­lauf­er­hit­zer und mas­sen­er­reich­nungs­spe­zia­lis­ten.

aber: jede bes­se­re fa­brik hat auch ei­nen fa­brik­ver­kauf oder bie­tet so­gar fa­brik­füh­run­gen an. das funk­tio­niert zur kun­den­bin­dung ganz her­vor­ra­gend, wie ich kürz­lich am bei­spiel schot­ti­scher whis­ky-di­stil­le­rien fest­stel­len konn­te.

wor­auf ich hin­aus will: auch wenn ei­ge­ne, selbst­ge­pfleg­te und vor al­lem selbst kon­trol­lier­te web­sei­ten im ver­gleich zu an­de­ren ver­triebs­quel­len kei­nen gros­sen durch­satz oder hohe be­su­cher­zah­len ha­ben, so ist ihr wert für die image-bil­dung oder le­ser­bin­dung nicht zu un­ter­schät­zen.

so wie der di­rekt­ver­trieb oder der fa­brik­ver­kauf bei pro­du­zie­ren­den un­ter­neh­men nicht zu un­ter­schät­zen ist, auch wenn man da­für mit­un­ter sehr viel ex­per­ti­se und auf­wand be­trei­ben muss.

mit an­de­ren wor­ten: egal wel­che stra­te­gie man für den ver­trieb sei­ner pro­duk­te wählt, über han­dels­ket­ten, gross­händ­ler, so­zia­le netz­wer­ke, die mas­se wird über fremd­kon­trol­lier­te ka­nä­le ab­ge­setzt oder er­reicht. aber die iden­ti­tät wird zu­hau­se, in der fa­brik, im ei­ge­nen schau­fens­ter, auf der ei­ge­nen web­site ge­prägt. das vor­schnell auf­zu­ge­ben, nur weil der ver­trieb über drit­te mehr mas­se ab­setzt, wäre dumm. aber al­lein auf di­rekt­ver­trieb zu set­zen, eben­so.


  hei­se.de/ct: Er­folg­reich blog­gen [€]

viel­sei­ti­ge, sehr aus­führ­li­che ein­füh­rung ins blog­gen von da­ni­el ber­ger in der ak­tu­el­len c’t. für leu­te die schon län­ger blog­gen gibt’s dort we­nig neu­es, für an­fän­ger oder in­ter­es­sier­te kann der text aber hilf­reich sein.

ich schreibs auch bloss auf, weil ich dort er­wähnt wur­de:

Bei einem Blog über „alles und nichts“ weiß niemand so recht, was er erwarten kann. Das heißt aber nicht automatisch, dass ein persönliches Blog ohne Fokus keine Leser findet; Spreeblick.com und Wirres.net beweisen das Gegenteil. Die Berliner Blogs befassen sich mit der Banalität des Alltags, mit Politik, mit der Blogosphäre und der Gesellschaft — und zwischendurch handeln sie vom Urlaub. In jedem Eintrag aber spielen die Autoren und ihre persönlichen Ansichten eine wichtige Rolle und das macht den Reiz aus.

jetzt weiss ich, dass mein blog ohne „fo­kus“ ist und was sei­nen reiz aus­macht …


  eco­no­mist.com: Na­ked ca­pi­ta­lism

her­vor­ra­gen­de zu­sam­men­fas­sung zum stand der por­no­gra­fie im netz und in der, haha, fleischwelt:

In America the number of porn studios is now down from over 200 to 20, says Alec Helmy, the founder of XBiz, a trade publication. Performers who used to make $1,500 an hour now get $500—even as increased competition means they are asked to produce more extreme content. Revenues are well below their peak; how far below is hard to say, as most porn producers are private. Just before the tubes took off, plausible estimates put worldwide industry revenues at $40 billion-50 billion. Mr Thylmann thinks they have fallen by at least three-quarters since then.

der ar­ti­kel zeich­net auch sehr nach­voll­zieh­bar pa­ralel­len zum me­di­en­ge­schäft:

All this will sound painfully familiar to other media firms. Echoing the aggregation deals struck by the tubes with commercial porn producers, social-media sites are starting not just to link to content, but to host it. Snapchat, a messaging app that lets users send each other photos and videos that vanish after a few seconds, allows news outlets to publish articles on its service in return for a share of advertising revenue. Facebook is doing something similar with its Instant Articles service. Indeed, Facebook, Twitter and their like have essentially evolved into traffic-brokers. Many of the clicks they pass on come from links posted by users. But the number of ads, promoted posts and suchlike is growing.

face­book und twit­ter als durch­lauf­er­hit­zer nach dem vor­bild der porn-tu­bes, bzw. den frü­hen por­no­link­lis­ten. dem­nach ist mas­sen-er­re­gung und -mo­bi­li­sie­rung ist ist der mo­tor der por­no- und me­di­en­bran­che. was soll­te da schief ge­hen?

[bei blend­le [€] ge­fun­den, via mi­ri­am me­ckel im blend­le-ka­nal wirt­schaft.]


es gibt auch noch ei­nen zwei­ten ar­ti­kel in der eco­no­mist-the­men­rei­he por­no­gra­fie, den ich noch nicht ge­le­sen habe und des­halb auch nichts dazu sa­gen kann: Por­no­gra­phy: A user’s ma­nu­al

(mi­ri­am me­ckel sagt dazu auf blend­le [€]: „A gre­at over­view on the eco­no­mic and cul­tu­ral im­pact of por­no­gra­phy as a dri­ver for di­gi­tal de­ve­lo­p­ment and busi­ness.“)


  wired.com: 8 Ci­ties That Show You What the Fu­ture Will Look Like

tol­ler spe­zi­al­ar­ti­kel auf wired.com zur zu­kunft der städ­te. der ein­sei­ti­ge ar­ti­kel hat bei mir un­ge­fähr 100 MB ge­la­den, fühlt sich aber nicht über­mäs­sig schwer beim le­sen an. im ge­gen­teil, zu je­der stadt, los an­ge­les, shang­ha, me­del­lín, eind­ho­ven, mek­ka, nai­ro­bi, san fran­cis­co und du­bai gibt’s klei­ne, gut les­ba­re häpp­chen, ma­che zu ziem­lich über­ra­schen­den pro­jek­ten, zum bei­spiel den seil­bah­nen und öf­fent­li­chen bi­blio­the­ken mit parks in me­del­lín, die vor al­lem den är­me­ren be­völ­ke­rungs­schich­ten zu gute kom­men. sehr schön und sehr le­sens­wert.