liked > 10
präsentieren
für mich ist bei präsentationen oft der weg interessanter als das präsentierte. so schaue ich die sendung mit der maus mit der intention an, gegebenenfalls etwas neues zu lernen oder zu erfahren, aber genau so interessant finde ich die didaktik dahinter. das gleiche gilt auch für veranstaltungen, auf denen neue produkte vorgestellt werden. das eigentlich interessante sind die methoden, mit denen begehrlichkeiten oder neugier geweckt werden.
steve jobs marketing-didaktik zu sehen, war ein grosses vergnügen. bestes beispiel: seine iphone-vorstellung. er kündigte damals drei „revolutionäre“ neue produkte an: einen ipod mit touchscreen, ein neues mobil-telefon und ein neuartiges Internet-Kommunikationsgerät.

in echt seien das aber keine drei geräte, erzählte er dann, sondern eins. und apple würde es „iphone“ nennen. und so sähe es aus.

steve jobs baute seine präsentationen eben nicht nur didaktisch, erzählerisch klug und humorvoll auf, sondern vor allem unlangweilig und unvorhersehbar.
jedenfalls haben steve jobs’ präsentation dazu geführt, dass ich mir diese veranstaltungen regelmässig (wie die sendung it der maus) anschaue. mal in der hoffnung neues zu erfahren, mal um unterhalten zu werden, mal in der hoffnung etwas über das handwerkszeug zu lernen, wie man begehrlichkeiten weckt, wie man ein publikum fesselt (im wahrsten sinne des wortes), wie man erinnerungen produziert. seit gestern habe ich die lust daran verloren, mir diese veranstaltungen anzusehen. apples produktvorstellungen haben sich seit jobs tod immer wieder gewandelt, die präsentationslasten wurden auf mehrere schultern verteilt, die erzählstrukturen wurden gestrafft und zur pandemie wechselte man von einem live-format auf ein durchchoreograpfiertes vor-aufgezeichntes format. das war teilweise immer noch faszinierend anzusehen, vor allem wegen der immer ausgefeilteren technischen perfektion, dem offensichtlichen willen auch humor einzustreuen und der nach wie vor (gelegentlich) vorhandenen überraschungsmomenten.
gestern hab ich ich wohl eine überdosis bekommen. die präsentation war so steif, so vorhersehbar, humorbefreit und vollgestopft mit superlativen und adjektiven, dass ich mich zu tode langweilte und beinahe ekelte, als hätte ich mich überfressen.
am vortag der apple präsentation verlinkte john gruber ein produktvorstellungsvideo von dyson. das video ist vor alem im kontrast zur apple veranstaltung bemerkenswert. obwohl ich noch nie in meinem leben ein dyson produkt gekauft habe und das wohl auch nie tun werde, hat die präsentation einen völlig anderen vibe und doch den gleichen effekt wie die apple produktvorstellungen. der schwerpunkt der präsentation ist die funktion, superlatve und adjektive werden durch dysons vermeintliche zerstreutheit und euphorie aufgelockert. am ende erreicht dyson das gleiche ziel wie die apple-präsentationen: man denkt danach, die produkte die man eben gesehen hat scheinen etwas ganz besonderes zu sein, man merkt sich und macht sich die eben gehörten talking-points zu eigen und trägt sie im besten fall weiter.
neben all den nervigen, steif vorgetragenen adjektiv-lawinen und superlativen, war das erschütternste an der apple präsentation wohl, dass die steife marketing-sprache aus allen präsentierenden das leben, die individualität eliminierte. die auftretenden figuren wurden austauschbar und robotoesque. ich dachte apple hatte sich mal der diversität und andersartigkeit verschrieben? jetzt scheint im apple-marketing nur noch glätte und perfektion zu zählen. höchste zeit, dass apple mal wieder richtig scheisse baut — oder präsentiert.
F für fällig
dampfen im goethpark
morgenspaziergang, blut, tagebuch 04.09.2025
frida trägt jetzt seit fast zwei wochen verband. der wurde zwar regelmässig gewechselt, aber gestern humpelte sie mit dem verband ein bisschen. wir vermuteten das der verband zu eng war oder sich irgendwas unangenehm verschoben hatte und wechselten den verband selbst, statt es eine tierärztin machen zu lassen (was 50 € kostet). danach lief sie wieder wie eine eins. sie erträgt den verband heldinnenhaft, obwohl sie ihn scheisse findet.

über dem verband trägt frida einen selbstgemachtn „gummistiefel“ aus zwei einweg-handschuhen.
dieser mast der uns beim morgenspziergang begegnete, erinnerte mich, zumindest seine reflektion, an diese aufgeblasenen wackelmännnchen (skydancer).
nachdem wir mit frida drei (oder viermal) in der gleichen tierarztpraxis waren, entschied sich die beifahrerin am nachmittag spontan doch zu unserem „alten“ tierarzt wiesner zu gehen. wir sind uns noch nicht sicher ob die granne jetzt nach fast zwei wochen so weit an den wundausgang gewandert ist oder ob der wiesner einfach besser ist als die ärztinnen der vorherigen praxis, jedenfalls zog der assistent vom wiesner die granne nach 10 sekunden aus fridas wunde am handgelenk raus. weils blutig ist, gibt’s das bild, von dem blutigen fremdkörper, der zwei wochen in fridas rechtem handgelenk steckte, erst nach diesem klick.

nachdem ich eine woche mein gewicht gehalten habe (der graph täuscht ein bisschen weil ich mich eine woche lang nur tagsüber wiegen konnte, nicht wie sonst morgens nach dem aufstehen/spaziergang), fällt es jetzt wieder. heute zum ersten mal eine 102 auf der waage gesehen, auch wenn die noch nah an der 103 ist.
ich erzähle nicht nur hier ungefragt von meinen semaglutid- und ernährungs-experimenten, auch wenn freundinnen mit mir small talk machen wollen. anne rief mich eigentlich an, weil ich mich ja angeblich in diesem internet auskenne und ob ich vielleicht tipps hätte, wo sich ein bekannter von ihr als „brand strategist“ bewerben könne. da weiss ich nu wirklich nichts zu (viellieicht der eine leser oder die andere leserin?), also hingen wir an ihre frage noch etwas smalltalk. als ich von meinen semaglutid/ozempic erfahrungen erzählte, sagte sie dass sie selbst gerade muskelaufbau bereibe und sie mit calisthenics ganz erfolgreich wäre und innerhalb weniger wochen statt der angepeilten 700 gramm fast ein kilo an muskelmasse im oberkörper aufgebaut habe. sie würde die app better me benutzen.
die hab ich mir dann im anschluss auch angesehen und war erschüttert über die dark pattern, mit der mich die app unentwegt zum (kostenpflichtigen) abo bewegen wollte. ganz am anfang, das erste angebot war schon hinterhältig, ohne probewoche und ohne abo-erinnerungen war das abo 10 € teurer. das habe ich dann trotzdem gewählt. der trainingplan, den mir die app dann erstellte, war mit viel zu alarmistisch und paternalistisch, die übungsvideos zu euphorisch und der umgangston der app zu militärisch, diziplin-fokussiert. also hab ich das probeabo gleich wieder vorsorglich gekündigt, um dann beim nächsten besuch der app gleich das nächste angebot präsentiert zu bekommen: nur 22 statt 130 euro für das jahresabo. das angebot sei nur noch 30, 29, 28 … sekunden gültig. da war es mir endgültig zu dumm und verwarf das angebot. bis ende des monats schau ich mir jetzt noch ein paar übungen an — und nehme mir vor sie auch täglich zu machen, aber empfehlen möchte ich better me wirklich nicht.

spinnennetze beim morgenspaziergang
nachdem frida in der nacht ein bisschen unleidig war und in der folge auch ich, ging es ihr heute früh wieder blendend. sie trägt immer noch einen verband, über den wir heute wegen der feuchtigkeit einen selbstgemachten gummistiefel ziehen mussten. das behindert sie nur leicht, zum beispiel als sie heute fangen mit einem anderen hund spielen wollte und bemerkte, dass sie an der linken hand keinen grip hat (keine krallen).
die rehberge enthüllten mit dem morgentau heute früh sehr viele spinnennetze, was ich sehr romantisch fand.



schuhlager

so sieht es bei uns an der wohnungstüre aus. die beifahrerin entscheidet sich immer kurz vor dem verlassen der wohnung welche schuhe die richtigen sind. deshalb muss stets eine grosse auswahl schuhe parat stehen.
ich benutze jeden tag die gleichen schuhe. die gelben croqs sind theoretisch auch von mir, aber sie werden meistens von der beifahrerin aus dem schrank befreit, wenn sie glaubt ich benötige sie (tue ich nicht, ich trag keine hausschuhe) oder wenn das kind zu besuch ist, in der annahme das kind benötige sie.
das sehr kleine paar schuhe links neben meinen sehr grossen wanderschuhen ist von der freundin des kindes. wegen diesem paar hab ich das foto eigentlich gemacht, weil ich gar nicht glauben kann, dass man mit so kleinen füssen laufen kann, ohne umzukippen.
was mir auch erst jetzt auffällt: am meinem rechten fuss ist ein socken mit der aufschrift L, links einer mit der aufschrift R. meine mutter sagt, das sei angeboren, bzw. dass ich das schon als kleines kind alles umgekehrt gemacht habe.
feedback loops
ich habe über jahre likes, retweets/reposts oder shares von beiträgen hier auf wirres.net gesammelt und lokal in json-dateien gespeichert. vor einer weile hatte ich die auch reaktiviert, bzw. deren anzeige unter den alten artikeln aktiviert. obwohl diese signale sozusagen einen historischen wert haben, hatte ich das gefühl dass sie nicht mehr nachvollziehbar oder angemessen sind. früher kamen diese signale vor allem von zwei plattformen, die ich schon länger nicht mehr nutze: twitter und facebook. ich fand die artikelranglisten, die ich mit diesen historischen signalen erstellte, auch nicht wirklich hilfreich und verzerrend. also hab ich diese historischen social media signale wieder deaktiviert.
die signale die ich noch einsammle sind die likes von instagram, sowie die likes, reposts und kommentare von mastodon und bluesky. das funktioniert natürlich nur, wenn ich die beiträge jeweils dort veröffentlicht oder angeteasert habe. ausserdem gibt’s (auf der artikel-beilage) eine kommentarfunktion und seit ein paar wochen auch einen shit vote („i like that shit“) deren idee ich mir von den toast votes der bear blogs abgeschaut habe.
über die nützlichkeit oder gar relevanz solcher signale kann man natürlich streiten. man könnte argumentieren, dass solche feedback loops dazu animieren gefälliger zu schreiben. dieses argument meine ich auch schon öfter in bezug auf page-counter oder besucher-statistiken gehört zu haben, halte es aber für quatsch. die entscheidung so zu schreiben, dass es möglichst vielen leuten gefällt, möglichst viele klicks oder likes generiert ist ja eher konzeptionell.
man entscheidet sich entweder etwas mit einer breiten zielgruppe zu machen, sich an ein massenpublikum zu richten oder eben gerade nicht.
statt ein logo mit einem kackenden hund zu benutzen, statt kleinschreibung und schlampiger orthographie und zeichensetzung, könnte ich meine webseite auch „das könnte dir nicht gefallen“ untertiteln. in diesem sinne habe ich diese seite auch lange zeit „fachblog für irrelevanz“ genannt. die abschreckung von lesern auf den ersten blick ist teil des konzepts dieser webseite. das ändert nichts daran, dass ich mich trotzdem dafür interessiere wie und gegebenenfalls warum das was ich hier schreibe und zeige rezipiert wird.
umgekehrt würde ich mich freuen, wenn ein reibungsfreier, barrierearmer toast, like oder whatever button überall in blogs vorhanden wäre, wo man einfach per klick, ohne anmeldung, ohne komplikationen ein „gefällt mir“ oder eine applaus-geste hinterlassen kann. ok, ich gebe zu, eine hürde hat auch meine shit/like-button implementierung: javascript muss aktiviert sein, damit es funktioniert.
die auswertung dieser signale ist aber höchstwahrscheinlich nicht nur für mich interessant, ich kann mir auch vorstellen das es für andere hilfreich sein kann zu sehen, was in den text- und bildwüsten die ich hier (wieder) täglich produziere von interessanz sein könnte.
deshalb habe ich meine /top seite gebaut, die alle beiträge listet die mehr als 10 likes bekommen haben.
wenn man die schwelle höher legt und nach beträgen mit > 25 likes filtert, bekommt man 11 seiten oder ungefährt 250 beiträge, die bis 2012 zurückreichen. 2025 habe ich 7 beiträge verfasst die diese aufmerksamkeitsschwelle überschritten haben. für die nach > 10 likes gefilterte version dieser webseite gibt’s natürlich auch einen rss feed, der beiträge dann zeitversetzt und gefiltert liefert. (mehr beitrags-statistiken findet man übrigens auf der rückseite)
ich bin mittlerweile in einem flow, in dem ich auch ohne jedes feedback oder besucherstatistik weitermachen würde und meine gedanken, bilder oder erlebnisse hier festhalten würde, so wie ich auch ohne frida weiter durch die stadt spazieren würde. aber mit hund, mit ein wenig applaus, macht es mehr spass und inspiriert und öffnet neue perspektiven.
in character
wäre ich ein schauspieler, wäre ich sicherlich ein miserabler schauspieler. mir fällt es wahnsinnig schwer mich gehen zu lassen, nicht ich zu sein. das macht mich auch zu einem miserablen drogenkonsumenten, weil alle drogen die auch nur im ansatz meine selbstwahrnehmung verändern mir unangenehm sind. ausnahmen sind drogen die ich gelernt habe zu dosieren, vor allem alkohol. die schwelle an der ich das heft aus der hand gebe kann ich, nach über 40 jahren dosierübung, gut kommen sehen und vermeiden.
andererseits, vielleicht bin ich ja doch ein ganz guter schauspieler, aber eben einer, der nur eine rolle drauf hat: den felix. den spiele ich mit all den charakterzügen die mir durch erziehung, erbgut, erfahrungen und reflektion ins drehbuch geschrieben wurden. die rolle die mir zugeschrieben wird und die ich mir selbst auf den leib geschneidert habe, in der fällt es mir leicht zu bleiben. die rolle zu wechseln eher nicht.
ich bin mir auch nicht ganz sicher, was ich von menschen halten soll, die in andere rollen schlüpfen können und das gegebenenfalls auch durchziehen. ich schwanke da zwischen bewunderung, irritation und unverständnis. mir fällt da immer der auftritt von joaquin phoenix 2009 bei david letterman ein. da spielte er eine durchgeknallte version von sich selbst, in der er seine schauspielkarriere aufgeben und hip-hopper werden wollte. er zog die rolle bis zum bitteren ende durch. 16 jahre später sagte joaquin phoenix bei stephen colbert immerhin, dass ihm dieser auftritt wahnsinnig schwer gefallen sei („it was horrible, it was so uncomfortable, i regret it“).
meine irritation und mein unverständnis kommen wahrscheinlich genau daher, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, wie man solche unangenehmen situationen als mensch überhaupt ertragen kann, bzw. sie trotz des „horrors“, der scham, die solche situationen potenziell erzeugen, durchzieht.
das gleiche frage ich mich bei leuten wie kim jong-un oder donald trump, die bei öffentlichen auftritten die rolle eines (vermeintlich) grossen staatsführers spielen. wie ertragen die das? reden sie nach feierabend oder am sterbebett ähnlich wie joaquin phoenix bei colbert darüber? wie unangenehm es ist eine solche aufgeblasene, karikaturhafte, aller menschlichkeit und empathie beraubter rolle „in character“ durchzuziehen? oder vollbringen sie das kunststück ihre rolle 24/7 durchzuziehen? selbst hitler legte seine rolle (offenbar) gelegentlich ab und sprach wie ein normaler mensch.
ich bin auf irgendeine art unfähig zu glauben, dass leute wie donald trump, kim jong-un die absurden rollen die sie spielen ernst meinen und warte immer darauf, dass sie vielleicht bei interviews oder auftritten plötzlich losprusten und sagen: „ha, ha, reingefallen!“ auf eine andere art, weiss ich natürlich, dass diese hoffnung quatsch ist.
während meines zivildiestes lernte ich einen erwachsenen behinderten kennen der nicht sprach und grosse teile des tages mit dem ausführen von zwangshandlungen verbrachte. eine dieser zwangshandlungen war lichtschalter mehrfach zu betägigen. ansonsten erschien er wie ein ganz normaler, freundlicher, mittelalter mann. er sprach zwar nicht, aber man konnte mit ihm reden und er verstand auch alles. man erzählte mir, dass er, wenn er zuhause bei seiner familie zu besuch sei, ganz normal reden würde und angeblich sogar ein bisschen redselig sei.
ich glaube diese geschichte tat mir nicht gut und pflanzte eine idee in mein hirn, dass man menschen, die sich konsequent abweichend von der norm verhalten, nur ein eine besondere situation bringen muss, damit sie wieder „normal“ werden. daran scheiterte david letterman 2009 allerdings in aller öffenlichkeit und donald trump wird seine rolle wahrscheinlich auch an seinem sterbebett durchziehen — in der hoffnung, vielleicht doch noch einen nobelpreis zu bekommen. oder erstazweise den stay-in-character-oscar.
tagebuch 27.08.2025
wie ichs mir vor drei tagen vorgenommen hatte, habe ich mein gewicht jetzt erstmal um die 104 kilo gehalten. geholfen hat, dass das kind mit seiner freundin da ist und wir die guten sachen kochen. gestern gabs zum abendessen, vom kind zubereitet, reisnudel-salat auf vietnamesische art mit fleischklopsen, heute fufu mit erdnusssosse und huhn (von mir und der beifahrerin zubereitet). mein appetit hat gegebenenfalls auch einen ticken zugenommen, weil ich mir die spritze jetzt alle 8, statt alle 7 tage setze und ich jetzt mit der wochendosis auf tag 7 bin.
weitere nebenwirkung des semaglutids (und/oder des gewichtsverlustes): mein blutdruck, der sonst immer leicht erhöht war ist plötzlich im sehr grünen bereich. früher konnte ich den blutdruck durch aktivität in den grünen bereich drücken. meine hausärtzin sagte das sei grundsätzlich in ordnung, den blutdruck nach aktivität zu messen und wenn er dann besser als sonst ist. jetzt isser auch vor dem spazieren gehen im grünen bereich.
fridas fuss ist nach dem dritten tierarztbesuch auch wieder im grünen bereich — und sie noch auf antibiotika und schmerzmitteln (gegen die entzündung). die arztbesuche waren in erster linie diagnistik, die dann allerdings auch keine eindeutigen befund gebracht haben. wahrscheinlich wars doch keine granne in fridas knöchel, sondern eben irgendwas, was ich entzündet hat. sie erträgt die behandlungen und die verbände am fuss heldenhaft, mittlerweile trägt sie aber auch nur noch einen kleinen verband.
wir haben zwar jahrelang daran gearbeitet und viel energie und geduld da rein gesteckt, dass frida uns zutraut probleme zu lösen und zu entscheiden was richtig ist, aber es ist immer wieder herzzerreissend, dass sie auch akzeptiert, dass dazu unangenehme dinge wie tierarztbesuche und verbände gehören. wenn sie schmerzen hat, wendet sie sich fragend an uns und sucht nähe. auch wenn sie angst hat, wie kürzlich noch zum jahreswechsel, als es wochenlang überall knallte, lief sie nicht in panik weg von der geräuschquelle, sondern suchte nähe zu uns.
heute beim morgenspaziergang sind wir einem border collie begegnet, an dem wir zunächst vorbeigehen konnten, der sich dann aber gegen den willen seines besitzers dazu entschied frida zu hüten oder zu treiben. der collie war sensibel genug auf mein abschirmen von frida zu reagieren, aber weil er es mehrfach versuchte an mir vorbei zu kommen, führten wir einen kleinen tanz an der catcherwiese in den rehbergen auf, während der besitzer den rhythmus dazu schrie: „nein! — nein — nein …“. das schöne an der unangenehmen situation: frida überliess mir den border collie und mischte sich nicht ein, sondern hielt sich hinter mir und ich hatte noch nicht mal puls, weil ich mir einbildete die situation richtig, als nicht allzu brenzlig, einzuschätzen. wäre der hund ein deutscher schäferhund gewesen, hätte ich wahrscheinlich ordentlich puls bekomen. als der besitzer nach unserem tanz sagte, dass es ihm leid täte, meinte ich es sogar ernst, als ich sagte: „keine problem“. obwohl ich dann auf dem weiteren weg mit frida dachte, dass er ja auch die verkackte schleppleine, die an seinem hund hing, hätte benutzen können.
weil das kind gerade zu besuch ist, musste ich heute im schlafzimmer arbeiten. während ich da so sass und mich sammelte und diese figur der beifahrerin (← instagram-link, stattdessen bild hier betrachten → klick) die dort steht, betrachtete, bemerkte ich zwei dinge: einerseits fiel mir auf wie grossartig die figur getöpfert ist und andererseits wie wichtig es ist es kunst, kreative arbeiten nicht nur aus verschiedenen perspektiven zu betrachten, sondern auch mit verschiedenen stimmungen und in verschiedenen situationen. mit kunst im haus zu leben, mit kunst quasi durchs leben zu gehen (statt sie nur einmalig in einer ausstellung zu betrachten), ist schon ein privileg — oder besser gesagt: das macht kunst auf so viel mehr ebenen erfahrbar. man entdeckt ständig neue deteils, neue aspekte, neue (be) deutungen. mit kunst zusammen zu leben erweckt sie quasi zum leben.
gefreut habe ich mich heute sehr über eine kleinigkeit hier im blog. gerade mal 30 minuten nachdem ich diesen artikel veröffentlicht habe, hatten schon zwei menschen auf den 💩 geklickt, obwohl ich den artikel, die bilder, noch nicht einmal aufmerksamkeitserweiternd auf mastodon oder bluesky syndiziert hatte.
erschütternd wie leicht es ist, mir eine freude zu machen.
morgenspaziergang 27.08.2025
ich habe keine ahnung ob ausser mir irgendwer die fotos des morgenhimmels, der kanäle und die subtilen bewegungen mancher „live“ fotos interessant findet. aber weil das hier mein blogdings ist, ist die frage ja ohnehin wenig relevant.



früher war das internet ziemlich scheisse. ich weiss das, weil ich früher als boris becker drin war. eigentlich sogar vor netscape 1.0. das internet war damals enorm unpraktisch und fand nur am schreibtisch statt. man musste sich einen tcp/ip stack installieren, sich umständlich einwählen und die einwahl war teuer weil sie über die telefonleitung ging und telefon war früher teuer. das internet war langsam und und die leitung brach oft zusammen. man erreichte niemanden weil niemand im internet war und alle freunde die man fragte, ob sie nicht auch ins internet wollten, nur mit dem kopf schüttelten und fragten: „warum?“
das internet war um die mitte der neunziger noch nicht mal sowas wie ein exklusiver club, von dem man nur durch geheimtipps erfuhr. es war eher wie der feuchte keller einer abgelegene gartenlaube in hintertupfingen. was es im internet schon damals gab waren „admins“ die ihren gartenlaubenkeller als ihren regierungsbezirk sahen, in dem sie schalten und walten konnten wie sie wollten. ein falsches wort in einem irc-chat und man wurde rausgekickt („You have been kicked by xy (bye.)“). als ich auf meiner ersten webseite um 1995 oder 1996 das gedicht lichtung von ernst jandl zitierte und darüber reflektierte, wurde ich vom server gekickt, weil die admins dachten ich sei ein nazi. das gedicht von jandl geht so:
lechts und rinks
kann man nicht
velwechsern.
werch ein illtum!
auch wenn das internet früher scheisse war, ich fand es natürlich toll. wie alles was potenzial hat, wie alles was man mitformen, mitgestalten kann, dem man beim wachsen zuschauen kann. wie alles, das freiräume bietet, offen, undefiniert, chaotisch, blinkend, bunt, schmutzig ist.
der kommerz kam auch schon in den 90ern ins internet, als hotwired 1994 die erste bannerwerbung schaltete, ging ein aufschrei durchs netz. pornoseiten waren genau so früh im internet (oder früher), wie die ersten browser. die erste suchmaschine, altavista war scheisse, aber immer noch besser als keine suchmaschine. das internet war von anfang an scheisse und ist es bis heute, genau wie die welt schon immer scheisse war.
viele menschen haben mit der welt die gleichen probleme wie andere menschen probleme mit dem internet haben. es gibt nicht wenige menschen, die glauben das früher „alles“ besser war oder sehnen sich nostalgisch verklärt und mit selektiver wahrnehmung längst vergangenes zurück. nostalgie ist schlimmer als eine sonnenbrille, sie verfärbt den blick in die vergangenheit ins rosa-spektrum und erschwert den blick in die gegenwart und die zukunft durch dunkle schleier. mit einer nostalgiebrille auf der nase sieht man gar nichts mehr klar.
meine erfahrung ist, dass das internet heute genauso scheisse und genauso toll und voller potenziale ist, wie es das früher war. genau wie in einer stadt oder in der welt lassen sich orte und gemeinschaften finden, in denen man sich wohlfühlt und genau so gibt es ecken die man lieber meidet. es gibt orte mit denen man nichts anfangen kann und sich wundert dass davor warteschlangen stehen und es gibt orte nach denen man sich sehnt.
ich schreib das alles auf, weil ich gerade ein paar leute mit nostalgiebrillen beobachtet habe.
oder auch blog.cgx13.de: Ich Vermisse Das Alte Internet.
der witz ist natürlich, dass diese nostalgie nach dem alten internet genau so alt ist wie das internet. auch um 1994, als „neueinsteiger“ in dieses internet, hörte ich leute die sich beklagten, dass das alte internet doch irgendwie viel besser gewesen sei. heute wie damals fällt mir dazu nur diese antwort ein: leute macht doch mal die augen auf — und geht auf entdeckungsreise. das internet heute ist das internet, nach dem sich in 30 jahren auch wieder alle möglichen nostalgiker sehnen, die es nicht schaffen ihre augen in das blendende und oft irritierende licht der gegenwart und zukunft zu richten.
nachtrag 27.08.2025, via konstantin:
Wenn man nur in Blankenese (Social Media) rumhängt, darf man sich halt nicht wundern, wenn man nur Pfeffersäcke trifft und keine netten Bürgerzenteren findet. Es ist alles noch da: Foren, crazy Homepages, Webseiten ohne Cookiebanner und Paywall. Man muss sich halt schon die Mühe machen und hingehen.
zwei kuckucksuhren
dieser kuckucksuhr habe ich vor über zwei jahren für die beifahrerin gebaut.
fertig, auch wenn die funkuhr noch falsch geht.
die beifahrerin war über zwei jahre noch nicht so weit einen geeigneten platz in ihren räumlichkeiten für die uhr zu finden. vor ein paar tagen war es so weit und die uhr zog zu ihr. weil ich auch eine kuckucksuhr haben wollte habe ich mir diese hier „uhr“, auch schon mindestens ein oder zwei jahre her, gebaut.
so lange die uhren bei mir hingen, liess ich home assistant per zufall auswählen welche uhr den kuckuck macht. jetzt wo sie in verschiedenen räumen hängen, hat mich der ehrgeiz gepackt sie auf die sekunde gleich losplärren zu lassen.
der vorteil einer heimautomatisierungssoftware wie home assistant oder esphome (die beide „uhren“ antreiben) ist ja die hundertstel-sekunden genaue uhrzeit. eine präzision, die eine mechanische uhr niemals hinbekommen würde. man muss halt nur einmal kalibrieren, dann passt es. ein weiterer vorteil: um 23 uhr hören die uhren auf zu plärren. bei mir im zimmer bis sechs uhr, bei der beifahrerin im zimmer bis neun uhr.
die mechanik der „echten“ uhr ist übrigens sehr filigran und leicht schrottig. hier hab ich die mal gezeigt. der fisch plärrt ganz klassisch per lautsprecher. eine weitere erkenntnis: eine kuckucksuhr die so oft plärrt wie die stunde geschlagen hat ist quatsch. es reicht vollkommen einmal zu schreien. mehr als einmal nervt extrem. ich hoffe das spricht sich alles auch irgendwann im schwarzwald rum.
tagebuch 24.08.2025, 4 wochen semaglutid, morgenspaziergang

fridas verdauung hat sich schnell wieder erholt nach dem kurzen sodbrenn-intermezzo, aber wir waren gestern trotzdem wieder beim tierarzt. seit dienstag schnüffelte sie immer wieder an ihrer linken hand, an einer bestimmten stelle und deutete dort schmerzen an. weil sie nicht lahmte, sondern nur etwas vorsichtiger agierten, gingen wir weiterhin von muskelkater, verstauchung am handgelenk oder einer zerrung aus.
gestern beim mittagsschlaf wachte sie auf und wunderte sich darüber, dass ihre linke hand blutete. ich auch. bei näherer untersuchung sah mal eine kleine blase/entzündung die aufgeplatz war. wahrscheinlichste diagnose: eine granne, also ein samen der sich in den fuss gebiohrt hat. das kommt bei hunden leider relativ oft vor, wir mussten frida schon zweimal grannen aus dem ohr holen lassen. am samstag liess sich die granne nicht ohne weiteres aus fridas fleisch holen, die tierärztin empfahl uns am montag nochmal zu kommen, dann könne man mit ultraschall versuchen den fremdkörper näher zu lokalisieren.
die prozedur liess frida bravörös über sich ergehen, abwohl die tierärztin nur mit spray-anästhesie im fleisch rumprökelte. auch an den verband gewöhnte sie sich relativ schnell und läuft wie eine eins darauf, obwohl sie es hasst, gedöns am fuss zu haben.
sie muss auch keinen schamkegel tragen, weil sie den verband in ruhe lässt, bzw. weil sie unser verbot daran rumzunagen respektiert.
der versuch eines klimmzugs war heute ein paar zentimeter besser als beim ersten versuch vor ein paar tagen und auch mit liegestützen komm ich in einem rutsch nicht über 10 stück. bei den liegestützen spüre ich jeden muskel im körper. aber insgesamt habe ich das gefühl, dass mein körper dankbar ist für den gewichtsverlust. hinhocken konnte ich mich auch mit 10 kilo mehr, aber ich merke eindeutig, dass der stress auf den bändern mit weniger gewicht deutlich nachlässt. es ist fast bequem zu hocken.
ich denke jetzt drüber nach den gewichtsverlust ein bisschen zu bremsen. gestern auf dem rückweg vom tierarzt haben wir kuchen gekauft und je ein halbes stück pina-colada- und blaubeer-käsekuchen gegessen. abends hab ich meinem appetit nachgegeben und cashew nüsse zu fernsehen geknabbert. trotzdem heute wieder weniger gewogen als am vortag: 103,5. hier die ungeglättete kurve meiner wäägungen.

mein eindruck der letzten tage ist, dass ich gelegentlich, trotz semaglutid kleine appetitattacken habe, die ich aber relativ leicht unterdrücken kann, oder schnell mit winzigen portionen umami-haltger lebensmittel befriedigen kann. hunger kommt auch gelegentlich auf, der sich allerdings auch leicht nach hinten schieben lässt und dann schnell, mit kleinen portionen, befriedigen lässt. meine vorstellung ist, wenn ich diesen bedürfnisse weniger unterdrücke, aber bei kleinen portionen bleibe, dass sich das gewicht dann auf einem niveau halten lässt. das will ich zumindest in der kommenden woche ausprobieren.
gelesen habe ich thomas schmid (stoff zum nachdenken) und stefan niggemeier (empörung über die bild ist schon länger von erstaunen darüber abgelöst worden, wie schmerzbefreit und schamlos der springerladen mittlerweile ist), gesehen habe ich steve mould (wie immer toll, wie er einen in seinen videos auf seine entdeckungsreise, mit allen irrungen und wirrungen mitnimmt), rusty shades (hands tv), polymatt (laptop-gehäuse neubau) und veritasium (über gummi und warum uns potenziell eine weitere globale katastrophe ins haus steht).
tagebuch 21.08.2025
verschlafen und erst um 7 uhr aufgewacht, obwohl ich schon um 23 uhr ins bett gegangen bin. allerdings sass ich auch zwischen vier und halb vier am schreibtisch. ich mach das seit ungefähr 10 jahren so, dass ich, wenn ich nachts aufwache, am computer prüfe ob in der welt alles in ordnung ist, was aufschreibe, optimiere, repariere. so wie tagsüber der mittagsschlaf ein luxus ist, den ich seit homeoffice-zeiten sehr zu schätzen weiss, ist das nachts-wach-sein ein luxus. beides sind phasen in denen ich ganz für mich bin und das rauschen der welt ausblenden kann.
in zeiten wenn frida kränkelt und nachts öfter raus muss freue ich mich beinahe einen grund zu haben auch mal nachts raus zu gehen. die nacht ist deshalb besonders und magisch, weil alle anderen nicht da sind. wären nachts alle wach, wäre das einzig besondere an der nacht, dass es dunkel ist.
vorgestern hab ich mich bei morgenspaziergang an klimzügen versucht. die knapp 10 kilo weniger auf den rippen haben nicht geholfen, ich habe gerade mal einen 16tel klimzug geschafft. ungefähr 6,2 cm. ich vermute ich muss noch 90 kilo abnehmen, bis ich einen klimmzug schaffe. den witz (mit den 90 kilo) hab ich mir auf demselben morgenspaziergang ausgedacht, als mein geist ins blog abshwiff. insgesamt nimmt mich dieses blogdings sehr in beschlag, aber das ist auch gut so. weil ich hier machen kann was ich will und ohne hochtrabend klingen zu wollen und obwohl ich mit jazz nichts anfangen kann, ist das schreiben ins internet für mich wohl tatsächlich genau das: jazz.
ich sag das natürlich auch, weil ich die helge schneider doku heute abend zuende geschaut habe. in der doku trifft helge schneider unter anderem viele alte weggefährten vor der kamera, aber fast jede dieser begegnungen endet im absurden oder wurde kurz und klein geschnitten. was teilweise sehr lustig und sehr irritierend ist. als helge schneider schneider alexander kluge trifft, „einer der letzten philosophen … äh … mit denen … äh … ich noch spreche …“, ist das folgende das gesamte gespräch:
schneider: du hast dir die fragen vorher ja eigentlich gar nicht ausgedacht?
kluge: nein, das geht auch bei dir gar nicht. fragen die man sozusagen absichtlich stellt, das merkst du und dann antworteste nicht.
[schnitt]
kluge: die vögel waren ja mal saurier. die vögel sind saurier.
schneider: ja, jaja.
kluge: und vielleicht haben die schon töne von sich gegeben.
schneider: ja, natürlich
kluge: … schwingung, ja, nich. und insofernn ist sozusagen …
[schnitt]
kluge: haferflocke mit saxofon. ja, und man … wer mal rollen
[schnitt]
kluge: also komm, so …
schneider: sehr schöne grüsse!
kluge: machs gut!
eins der wenigen zitate, das helge schneider nicht ridikülisiert, zerfleddert oder zerschneidet kommt kurz vor dem ende aus dem off und lautet so:
Jazz verkörpert für Helge Schneider nicht nur ein Stück unverzichtbarer Freiheit, die gelebt wird, sondern verkörpert zugleich Dissidenz, Abweichung, Außenseitertum. Aber man darf nicht den Fehler machen Jazz und Pop gegeneinander auszuspielen, denn Jazz ist für ihn eigentlich die Methode, permanente Überraschungen zu erzeugen, die dann natürlich auch populär sein können. Von daher ist Jazz und Pop und Popularität bei Helge Schneider kein Gegensatz.
das zitat stammt von peter kemper, aber das erfährt man im film nicht, das muss man sich schon zusammengooglen.
und das ist das ins internet schreiben für mich eben auch, ein stück unverzichtbarer freiheit, das zu schreiben und zu machen was ich möchte, was ich interessant finde, dinge ausprobieren, dinge obsessiv zu verfolgen bis sie mich langweilen, gelegentlich den geschmack anderer zu trefffen und gelegentlich das gegenteil. alles in der öffentlichkeit, aber eigentlich nicht für die öffentlichkeit.
man muss sich sisyphos als einen chinesischen bauern vorstellen
in den letzten tagen ist mir mehrfach ein klassiker (vermute ich zumindest) über die aufmerksamkeitsschwelle gespült worden: die geschichte vom chinesischen bauern, erzählt vom religionsphilosophen alan watts im rahmen einer seiner vorlesungen zum taoismus. zuerst hab ichs bei kottke.org und dann bei konstantin gesehen. bei kottke ist das audio als youtube-video mit albernen illustrationen eingebettet, konstantin hat den text eingebettet.
im video weist alan watts darauf hin, dass alles im universum immens komplex ist und dass es eigentlich unmöglich sei zu bestimmen ob dinge die in der natur passieren „gut“ oder „schlecht“ seien. weil man eben nie alle konsequenzen eines ereignisse kennt.
der bauer in watts geschichte bewertet deshalb dinge die ihm zustossen nicht in den kategorien „gut“ oder „schlecht“, er beobachtet, bzw. wartet lieber die konsequenzen ab, als sich auf eine bewertung festzulegen. er erträgt die unsicherheit oder potenzielle ambiguität der situation.
eigentlich ist die geschichte vom chinesischen bauern eine variante des satz: „ich weiss, dass ich nichts weiss“ der sokrates zugeschrieben wird. nur eben nicht rein philosophisch angewandt, sondern auch emotional. der bauer verzichtet auf trauer oder freude als reaktion auf ereignisse die ihm zustossen, weil er weiss, dass er nichts weiss.
ambiguitätstoleranz ist laut wikipedia „die Fähigkeit, mehrdeutige Situationen und widersprüchliche Handlungsweisen zu ertragen“. gemini oder googles KI fasst es einen ticken verständlicher zusammen: „die Fähigkeit, mit Unsicherheit, widersprüchlichen Informationen und komplexen Situationen umzugehen, ohne in Panik zu geraten oder voreilige Schlüsse zu ziehen. Es ist die Fähigkeit, Mehrdeutigkeit zu akzeptieren und handlungsfähig zu bleiben, auch wenn nicht alle Informationen klar sind.“
noch weiter gedreht, ist es vom bauern, über die ambiguitätstoleranz auch nicht mehr weit zum deutschen „ruhe bewahren“ und britischen „keep calm and carry on“.
und um das nochmal ein stückchen weiter zu drehen, während ich darüber nachdachte was ich über die geschichte des chinesischen bauern schreiben könnte, stolperte ich über dieses zitat:
It can be hard to bear, how the cosmos went from hydrogen to the double helix by its own insentient laws, forged from the iron rib of dying stars creatures capable of the Benedictus and the atomic bomb, hurled ice ages and earthquakes at the rocky body of a world we now walk in skins and nervous systems over which have had no say, born into families and eras we have not chosen. Somehow we must hold all this choicelessness — hold the knowledge that any synch of chance could unseam a life — and still do laundry, still make art, still love.
weil der kontext des popova-zitats eher aberglaube als taoismus ist und sie in diesem zusammenhang auch carl sagan zitiert, der wiederum theophrastus mit „Superstition [is] cowardice in the presence of the Divine“ zitiert, kam mir der gedanke, ob unser bedürfnis ereignisse die uns zustossen zu bewerten, nicht auch eine art des aberglaubens ist? aberlaube als hilfe das unverständliche, das göttliche, das universum zu ertragen.
so wie hunde sich stress wortwörtlich abschütteln, schütteln wir mit aberglauben die unverständlichkeit, die absurdität der welt ab.
der chinesische bauer, aus der parabel von alan watts, ist nicht abergläubisch, genau deshalb glaubt er nicht, dass die ereignisse, die ihm zustossen, gut oder schlecht sind. er hat sich auf den fluss der dinge eingelassen, er ist fähig los zu lassen.
konstantin schrieb unter die parabel: „Ich wünschte ich würde mehr von dieser Haltung an den Tag legen.“
das gute an haltungen ist ja, dass man an ihnen feilen kann — oder wie man neuerdings gerne sagt: nudgen, selbst sanft lenken — wenn man weiss in welche richtung man lenken oder welche form man feilen möchte. ein gutes beispiel aus der philosophie- oder literaturgeschichte für das erfolgreiche feilen an der haltung ist natürlich sisyphos. albert camus kann sich sisyphos als glücklichen menschen vorstellen, weil sisyphos die absurdität seines schicksals annimmt. er verleugnet die absurdität seines schicksals nicht (zum beispiel durch aberglauben), sondern schaut der absurdität ins gesicht, macht einfach weiter und erweitert damit seinen handlungsspielraum. sisyphos entzieht den göttern die macht über sein schickaal (erlangt deutungshoheit), indem er seine haltung verändert: glück liegt nicht im erreichten sondern im tun.
wenn aberglaube nach theophrastus feigheit in gegenwart des göttlichen ist, dann ist wäsche waschen, kunst machen oder zu lieben, in einem feindlichen, absurden universum, eine heldentat.
schlachtensee
heute mit dem auto an den schlachtensee gefahren und einmal um den see gelaufen. laut apple watch waren das fünfeinhalb kilometer. ich habe etwas länger geschlafen als üblich (bis acht), deshalb waren wir später als sonst unterwegs. erstaunlich wie viele menschen bereits am schlachtensee waren. jogger und fahrradfahrer sind da ja immer viele, aber sehr, sehr viele menschen gingen auch ins wasser oder lagen am ufer. voll war es nicht, weil der see ja wirklich gross ist und fast überall gut zugänglich ist.
am anfang war frida sehr aufgeregt wegen all der reize und ich hatte mühe ihre aufmerksamkeit von den reizen auf mich zu lenken, weil die runde um den schlachtensee wegen des „verkehrs“ nur mit kurzer leine funktioniert. wenn weniger los ist kann ich sie vorlaufen und stöbern lassen und bei joggenden, spaziergehenden oder fahräddern zu mir rufen. nach der hälfte des sees hatte sie sich aber soweit aklimatisiert, dass sie auch ohne leine neben mir blieb.
das wasser fand sie nur so mittelinteressant — was ich gut fand, weil sie sonst am und im wasser einen eher gestressten eindruck macht. das einzige spiel was wir im wasser gespielt haben war käsestückchen fangen und die käsestückchen die sie nicht fing aus dem wasser zu fischen. das fiel ihr am anfang schwer, weil sie die brechung des lichts nicht auf dem schirm hat, griff die schnauze unter wasser immer 10 zentimter daneben. wir haben das dann im flachen wasser etwas geübt und zumindest im flachen wasser bekam sie den unterwasserkäse dann auch gegriffen (geschnauzt?). witzig: wenn sie ihre schnauze unter wasser hält, atmet sie aus und blubbert.


„fliesse, als würdest du es ernst meinen.“ und „die zukunft liegt in deiner hand“. ich weiß schon warum ich den prenzlauer berg nicht vermisse.
ente und kücken in bemaltem wasser. #morgenspaziergang
lernen
Wie trainierst du deinen Geist? Erzähl mir davon in dieser Umfrage (die Ergebnisse werden Ende des Monats in meinem Newsletter verschickt)
natürlich schreibe ich nicht in sein (google) umfragetool, sondern hier. denn so trainiere ich unter anderem meinen „geist“, indem ich hier rein schreibe. es hätte wahrscheinlich auch meinen geist trainiert in die google-umfrage zu schreiben, aber hier isses schöner, ich kann meine gedanken ergänzen und überarbeiten.
da ich dirks frage ja zum teil schon mit „schreiben“ beantwortet habe, kann ich auch gleich mit dem rummäkeln und widersprechen anfangen, von dem ich glaube, dass es auch den geist trainiert. dirk zitiert (unter anderem) david perell, „der einen Trainingsplan für Denker:innen formuliert hat“:
Athletes train. Musicians train. Performers train. But knowledge workers don’t.
das stimmt natürlich nicht. alle denk-arbeitenden schreiben und trainieren damit. wer nicht schreibt, würde sich wohl auch nicht als knowledge worker bezeichnen. solche überspitzungen machen sich vielleicht gut in intros oder als überschriften, aber führen auch unweigerlich zu überhöhten erwartungen an den iinhalt. als ich auf den link geklickt habe und dachte, „dann lass mal jucken david perell“, war ich eher enttäuscht als erhellt. weil er eigentlich gar nicht meint das „knowledge workers don’t train“, sondern dass sie nicht strukturiert, mit einem traininsplan trainieren. wenn ich dann banalitäten lese wie: „Learn in three-month sprints and commit to a new learning project every quarter“ denke ich unweigerlich: das kannst du dir auch in den hintern stecken, da hat wohl jemand seine shaka- und marketing muskeln mehr trainiert, als seine denk- und schreibmuskeln.
jetzt wo ich das losgeworden bin, immerhin hat david perell auch eine saite in mir zum klingen gebracht (hervorhebung von mir):
I encourage you to share your learnings. Publish an essay, a book review, an art project, or open source your code. Sharing your ideas will help you digest them, and if your posts are interesting, you may attract experts in your field of curiosity.
meine worte, seit jahren. ins internet schreiben hilft mir meine gedanken, ideen, erlebnisse zu verdauen, zu verarbeiten — und hat zusätzlich viele andere, auch positive, nebenwirkungen.
etwas zu teilen, öffentlich zu tun, hat zum beispiel die nebenwirkung, zu mehr sorgfalt, tiefe und selbstkritik zu motivieren. so wie man sagt, dass man etwas erst dann verstanden hat, wenn man es jemand anders erklären kann, hat man etwas erst dann durchdacht, wenn man es anderen verständlich machen kann. aber viel entscheidender als die denk-werkzeuge oder endprodukte des denkens, ist die motivation zum denken. und da steht an erster stelle neugier — kein trainingsplan oder ein werkzeugkasten.
neugier führt zu lernen, zum denken und zu mehr neugier. ein positiver, sich selbst verstärkender kreislauf. natürlich erfordert das stillen von neugier gelegentlich auch struktur oder einen plan, aber mein ansatz ist meistens: einfach mal ausprobieren wie weit ich komme. als junger teenager war ich fasziniert von roulette, kartenspielen, lotto und wollte mehr über den zufall und wie man ihn gegebenenfalls manipulieren könnte lernen. also lieh ich mir bücher über wahrscheinlichkeitsrechnung aus und biss mich da durch.
wenn meine neugier gross genug ist oder ich ein ziel als erstrebenswert genug befinde, verbeisse ich mich gerne in probleme, bzw. ihre lösung. manchmal sitze ich stundenlang daran heimautomatisierungsprobleme zu lösen oder „features“ in wirres.net einzubauen. von aussen sieht die kosten-nutzen-rechnung eher schlecht aus: ich „verschwende“ nicht nur aus sicht der beifahrerin zeit, sondern auch objektiv. aber subjektiv ist das wie kreuzworträtsel lösen. es hat keinen oder kaum nutzen, aber es hält das denkorgan auf trab oder trainiert eben den geist. der umweg als ziel.
ich möchte auch nicht in den vielstimmigen chor einstimmen, den man in den letzen monaten immer öfter vernimmt, dass LLMs oder chatGPT uns das denken abnehmen. das gegenteil ist der fall, zumindest in meiner erfahrung. bildlich gesprochen: statt mich mit handwerklichen problemen herumzuschlagen, kann ich mich mit architektonischen problemen beschäftigen. ich kann mich mit hilfe von LLMs auf anderen ebenen des denkens, des problemlösens bewegen.
ich kann zu diesem thema sehr die zitatsammlung von john o’nolan empfehlen, die er aus david epsteins buch „Range: Why Generalists Triumph in a Specialized World“ extrahiert hat. dieses zitat bezieht sich auf schach, dürfte aber auch genauso unseren umgang mit KI in zukunft prägen:
A duo of amateur players with three normal computers not only destroyed Hydra, the best chess supercomputer, they also crushed teams of grandmasters using computers. Kasparov concluded that the humans on the winning team were the best at "coaching" multiple computers on what to examine, and then synthesizing that information for an overall strategy. Human/Computer combo teams— known as "centaurs" —were playing the highest level of chess ever seen.
wenn wir uns auf unsere (geistigen) stärken besinnen und diese stärken mit computern und künstlichen intelligenzen kombinieren, können wir uns plötzlich auf ganz anderen ebenen bewegen. wichtig dürfte dabei sein, dass wir geistige fähigkeiten nicht zu eng definieren. intelligenz ist eben mehr als das was üblicherweise in IQ tests oder klausuren abgefragt wird, dazu gehören eben auch vermeintliche soft skills wie geduld, vermittlungsfähigkeit, empathie, neugier, resilienz, urteilsvermögen oder weitblick. tellerränder überwinden kann jeder, aber nicht jeder findet es lohnens- oder erstrebenswert.
so absurd es klingen mag, meine beste denkhilfe oder denk-trainingseinheit ist das denken abzustellen. zum beispiel durch spazieren gehen oder bewusste prokrastination. wir haben ja viele denkapparate von denen uns viele gar nicht zugänglich sind. früher nannte man die bauchgefühl, unterbewusstsein oder intuition (heute auch). wirklich trainieren lassen sich diese denkapparate (glaube ich) nicht, aber füttern. wenn man sich in probleme, bzw. problemlösungen vertieft, füttert man sie. dann ist es hilfreich zeitweise für stille im kopf zu sorgen, damit man die aufsteigenden blasen hört, in denen gelegentlich lösungen verborgen sind.
die kurze antwort auf dirks frage, oder das tl;dr, lautet also: ich trainiere meinen geist indem ich mit selbstgebauten werkzeugen ins internet schreibe, meine wohnung automatisiere und versuche ein freundlicher, geduldiger und neugieriger mensch zu sein.
spreeblick.*
auf spreeblick.com/de passiert seit > 5 jahren nicht mehr viel, was sehr schade ist. aber johnny nutzt seit 2023 (?) spreeblick.substack.com zum veröffentlichen von newslettern, die man dann auch im web lesen kann, wie zum beispiel seinen letzten newsletter vom 5. august.
der beitrag („wut gegen die maschine“) ist klassisches blog-material und wäre wunderbar auf spreeblick.de aufgehoben gewesen. statt ins eigene blog, schreibt johnny in das silo eines amerikanischen konzerns, der auch kein problem damit hat nazi-inhalte zu dulden und gelegentlich zu promoten (in ←diesem fall angeblich ausversehen; mehr zu substack und deren nazi-problem bei ingrid broding).
johnny ist sich dessen natürlich bewusst und schreibt in seinem oben verlinkten beitrag:
[…] noch bevor ich mit diesem Newsletter endlich wie seit langer Zeit geplant von Substack zu Ghost / Magic Pages wechsle […]
über ghost bin ich in den letzten wochen gelegentlich gestolpert und bin positiv angetan. gerade wurde wohl version 6 veröffentlicht, die tolle, neidisch machende features beinhaltet.
im blog — oder ghost? — des gründers john o’nolan habe ich mich in den letzten tagen ein bisschen festgelesen und lust bekommen ghost auch mal auszuprobieren. so kann eine ghost instanz auch gleichzeitig eine mastodon-instanz sein, so wie john.onolan.org es ist. ghost selbst kann man sich selbst installieren oder eine gehostete instanz mieten. das finanzierungsmodel hinter ghost ist vernünftig und vertrauensbildend, ghost instanzen benötigen nicht unbedingt ein cookie banner und können tracker-frei betrieben werden. alles was an substack scheisse ist, ist bei ghost toll.
je länger ich ins internet schreibe, desto deutlicher ist mir geworden wie wichtig es ist entweder auf selbst kontrolleirten plattformen zu schreiben oder mindestens einen fluchtweg vorzubereiten, wenn drittanbieter plattformen der enshittification erliegen (verkacken). das gilt selbst für das fediverse; seitdem ich meine eigene gotosocial-instanz betreibe fühle ich mich noch einen tacken mehr in kontrolle. dabei geht es natürlich nicht in erster linie um kontrolle, die ja bekanntermassen meist eine illusion ist, sondern eben um abwesenheit oder reduzierung von abhängigkeiten.
ich werde mich jedenfalls hüten johnny ghost oder andere vermeintliche, halbgare weisheiten aufs auge zu drücken, er wird da schon selbst seine abwägungen gemacht haben. aber auf den ersten und zweiten blick hat mich das teil so neugierig gemacht, dass ich mir das sicher mal anschauen werde. vielleicht lässt sich da ja was integrieren, zwischen kirby und ghost. oder einfach das eine oder andere lernen.
so richtig überzeugt davon wirres.net auch per push (newsletter) zu verteilen bin ich nach wie vor nicht. aber die wurzeln dieses blogs sind eigentlich ein newsletter. damals (2001 / 2002) gab es bei yahoogroups die möglichkeit sowas einfach einzurichten: abonnenten eintragen, email schreiben, an wirres@yahoogroups.com schicken, fertig. so habe ich damals familie und freunde über meine aktivitäten informiert, bis in mir die erkenntnis reifte, dass pull besser als push ist, dass ich mich also lieber auf eine webseite mit neuigkeiten konzentrieren sollte, statt neuigkeiten in briefkästen zu werfen. ich bin mir heute nicht mehr sicher, ob ich solche botschaften, wie hier im märz 2002 auch an meine eltern geschickt habe. obwohl diese rundmail vom august 2002 eltern-safe gewesen wäre. komischerweise habe ich mir damals nie die mühe gemacht die vöslauer mail in einen richtigen artikel umzuwandeln, nur das follow-up hat einen artikel bekommen.
ich ziehe es nicht ernsthaft in erwägung, aber fragen ob irgendwer interesse am vertrieb von wirres.net als newsletter habe kann ich ja mal.
morgenspaziergang 07.08.2025
wieder mal den weg an der spree gegenüber der siemensstadt langgelaufen (von der s-bahn jungfernheide bis zur u-bahn ruhleben). frida war äusserst entspannt, auf halber strecke haben wir uns ein halbes borek geteilt und von einer joggerin guten appetit gewünscht bekommen. jeff wäre von so viel spontaner berliner freundlichkeit begeistert gewesen.

am flughafen um meinen freund jeff abzuholen, den ich zuletzt 1987 in der steilacoom highschool gesehen habe.