lawrence weschler über oliver sacks. anlässlich der in kürze veröffentlichten autobiografie von oliver sacks, veröffentlicht lawrence weschler auch ein paar notizen seiner frühen gespräche mit ihm:
He respects facts, he tells me, and he has a scientist’s passion for precision. But facts, he insists, must be embedded in stories. Stories—people’s stories—are what really have him hooked.
Sacks has no romantic love of the irrational, nor does he worship the rational. He speaks of their inter-penetration, as of a garden—delirium, bounded and tamed back just enough to allow for humane living. The irrational needs to be mastered into personality. But at the same time, those who have been visited by these irrational firestorms, and surmounted them, are somehow deeper human beings, more profound persons, for the experience.
“Part of this time I spent in California, doing my residency at U.C.L.A. I lived on Venice Beach, disguised to myself as a muscle builder at the open-air jungle gym. I was quite suicidal: I took every drug, my only principle being 'Every dose an overdose.’ I used to race motorcycles in the Santa Monica Mountains. Apparently I created something of a ruckus at the U.C.L.A. hospital: I would take some of the patients, the M.S. victims and the paraplegics who hadn’t moved in years—they’d ask me and I’d take them out, strapped to my back, motorcycling in the mountains.
Olga, who has Parkinson’s, gets wheeled in. Oliver asks her to stand up, and she has a terrible time, struggling to rise up from her wheelchair—but then Oliver has her sit down, and he holds out two hands, a single extended finger protruding from each, and she clutches the fingers and gets up effortlessly. “See: you share your action with them,” he comments to me.
als ich sacks bücher zum ersten mal las, waren sie eine offenbarung. eine offenbarung wie man menschen betrachten und verstehen kann und was man alles über menschen verstehen kann, wenn man empathie, verständnis und zuneigung zu ihnen hat.
dieser artikel von lawrence weschler ist wie alles von und über oliver sacks sehr lesenswert.
ich teile die einschätzungen die sandro gaycken in diesem artikel formuliert nicht, finde es aber unendlich wichtig, genau solche meinungsbeiträge zu lesen und zu erkennen, dass es eben auch andere mehr oder weniger sinnvoll begründete sichtweisen zur spionage gibt. und natürlich soll man solche beiträge nicht nur lesen und zur kenntnis nehmen, sondern sich ernsthaft und unpolemisch mit ihnen auseinandersetzen.
was ich wirklich sehr in deutschland vermisse ist die amerikanische denksportart der formalen debatte. in solchen debatten argumentieren die teilnehmer nicht unbedingt für ihre überzeugungen, sondern für eine position, die eben nicht ihren überzeugungen entsprechen muss. insofern ist sandro gayckens beitrag bei der faz sehr wichtig, bzw. mindestens anregend. und so sollte man auch drauf reagieren, nicht empört sondern angeregt dagegen (oder dafür) argumentierend (was ich mir heute jedoch erspare).
The best menus account for the psychological theory known as the “paradox of choice,” which says that the more options we have, the more anxiety we feel. The golden number? Seven options per food category, tops (seven appetizers, seven entrees, etc.). “When we include over seven items, a guest will be overwhelmed and confused, and when they get confused they'll typically default to an item they’ve had before,” says menu engineer Gregg Rapp. No shame in sticking with what you know, but a well-designed menu might entice you to try something a bit different (and a bit more expensive).
gunnar sohn polemisiert gegen die konfuse digitalstrategie der deutschen politik. zu recht. dabei sind ein paar interessante informationsbröckchen:
Amazon taucht in den deutschen Handelsstatistiken gar nicht auf. Der Online-Händler entzieht sich der Branchen-Segmentierung:
„Das hängt damit zusammen, dass es eben ein ganz anderes System ist. Amazon geht nicht über Branchen, sondern es geht über die individuell massenhafte Beziehung zu Kunden“, betont Wippermann.
das 250 jahre alte design einer pendeluhr geht tatsächlich, wie john harrison vor 250 jahren behauptete, auch nach 100 tagen auf die sekunde genau.
ich frage mich ja, ob man das vor 250 jahren überhaupt hätte messen können — und wenn ja, wie?
konrad lischka hat alain de booton im urlaub gelesen und glaubt darin neue ideen für einen besseren anderen journalismus entdeckt zu haben. ich persönlich glaube ja … — ach egal. das würde jetzt zu lang werden.
x-ray delta one ist einer der wenigen flickr-benutzer die ich per RSS abonniert habe. heute bin ich dort über einen stapel 60er-jahre architekturbilder gestolpert, die unter anderem zeigen wie glänzend die zukunft früher ausgesehen hat.
hier gibt's ganz gute sushi-rezepte. vor allem das hier würde ich gerne mal ausprobieren. das hier war so lala (aber ich habe auch bresso statt frischkäse verwendet).
diesen artikel habe ich meinem vater per email geschickt, weil der sich für pyramiden interessiert. ich fand das aber auch faszinierend. es gibt noch so viele geheimnisse in der welt. und quecksilber unter pyramiden.
heather „dooce“ armstrong hört auf professionell zu bloggen. kottke schreibt sie wolle nur noch „zum spass“ schreiben, sie selbst drückt das ne spur differenzierter aus:
I'd like to get back to the reason I started “living online” in the first place: writing for the love of it, writing when the story inside is begging to be told.
beunruhigenderweise deutet auch kottke selbst eine gewisse blog-müdigkeit an:
I thought I would do my site professionally for the rest of my life, or at least a good long while. The way things are going, in another year or two, I'm not sure that's even going to be an option.
ich bin mir relativ sicher, dass ich bis zu meinem lebensende hier ins internet schreiben werde. das ins internet-schreiben war und ist nach wie vor ein teil meiner verdauung — und warum sollte ich aufhören meine verdauung einzustellen? etwas apetitlicher ausgedrückt, wäre
bloggenins-internet-schreiben wie kochen, würde ich als profi-koch wahrscheinlich auch nach ein paar jahren ansätze von müdigkeit spüren. da ich aber vor allem für mich (und meine familie) koche, gehe ich davon aus, das bis an mein lebensende zu tun. von gelegentlichen restaurantbesuchen oder essenseinladungen natürlich abgesehen.
ich habe heute früh für ronnie grob6vor9 gefüllt und darin zwei ungeheuerlichkeiten begangen: ein <blockquote> verwendet und ein generisches maskulinum mit einem generischen femininum ersetzt. hier ein repost, hier das original:
anlässlich des 10-jährigen youtube-jubiläums erinnert ron amadeo daran, dass youtube es beinahe nicht geschafft hat:
Survival for the site was a near-constant battle in the early days. The company not only fought the bandwidth monster, but it faced an army of lawyers from various media companies that all wanted to shut the video service down. But thanks to cash backing from Google, the site was able to fend off the lawyers. And by staying at the forefront of Web and server technology, YouTube managed to serve videos to the entire Internet without being bankrupted by bandwidth bills.
At that point, many didn't expect the company to survive. Early Net entrepreneur Jason Calacanis wrote “YouTube is not a real business” and compared it to Kazaa and Napster. Dot-com billionaire Mark Cuban expected the site would be “sued into oblivion” and said that “only a moron would buy YouTube.”
christoph kappes hat nach längerer zeit mal wieder ein gedrucktes magazin in der hand und stellt fest:
Ich habe also verlernt, Magazine zu lesen. Und noch mehr: das Teilen (sharen) ist mir eine so selbstverständliche Handlung geworden, dass ich gar nicht weiß, warum ich Print lesen soll, kann ich doch diese wichtige Funktion damit gar nicht vornehmen. Warum soll ich lesen, was ich nicht teilen kann? Warum soll ich lesen, was ich nicht kopieren kann, was ich nicht kommentieren kann [...].
georg seeßlen beobachtet eine boulevardisierung der seriösen „bürgerlichen presse“:
Die Nachricht wird an drei emotionale Zentren gebunden. Das Private (die Geschichte eines tragischen Menschen vielleicht, die Vorführung der Opfer und ihrer Angehörigen), das Allgemeine (was machen „wir“ jetzt mit unserer Flugangst?, die Rückkopplung zu anderen Katastrophen im kollektiven Gedächtnis, „unsere“ Sicherheit) und schließlich, besonders perfid, das Nationale. Das furchtbare Unglück der Germanwings „rührt am Selbstverständnis des Konzerns - und der Nation“. So die Zeit. Das Eindringen in die Privatsphären möglichst vieler Menschen und das Aufblähen zum „Selbstverständnis einer Nation“ sind offensichtlich die beiden emotionalen Pole, zwischen denen nahezu alles möglich ist, was aus dem Wörterbuch des unmenschlichen Journalismus denkbar ist.
Dabei werden die Tricks der Nachrichtenerzeugung aus mehr oder weniger nichts immer selbstzerstörerischer. Nur ein Beispiel: Die Boulevard-Zeitung mutmaßt etwas. Das Internet-Portal eines „seriösen“ Nachrichtenmagazins zitiert diese Mutmaßung. In der dritten Runde werden aus der Mutmaßung und deren Zitierung, „Informationen“, die diesen beiden Medien zugeschrieben werden, in der vierten Runde ist daraus schon eine „Erkenntnis“ geworden. So wie der Mensch, der von den Medien befragt wird, nur das widergeben kann, was er aus den Medien weiß, und das, was er nach seiner Erfahrung glaubt, dass die Medien von ihm erwarten, reichen die Medien unter dem Motto („nach Informationen von“, wie ... erfahren haben will, in einem Gespräch mit... sagte“) beständig Nachrichten-Joker im Kreis herum.
rené martens über teilweise unübersichtliche und intransparente kooperation von öffentlich-rechtlichen medien und privaten verlagen:
Beim Thema IS arbeitete das Politmagazin [Report] aus München bisher nicht nur mit der Zeit zusammen, sondern mehrmals mit der FAZ, die gern gegen den NDR/WDR/SZ-Verbund wettert. FAZ und Report waren Anfang 2014 die Ersten, die über Islamisten berichteten, die aus Deutschland in den Krieg nach Syrien zogen. Der IS-Terror scheint zu Kooperationen zu motivieren.
alvar freude meint, dass die spiegel-redakteurin im falle seibert media weniger die firma falsch darstellen wollte, als auf eine informantin (m/w) reingefallen sei, die sauer auf das unternehmen sei.
15000-zeichen hymne von ji-hun kim auf den neuen avengers-film, unter berücksichtigung des gigantischen, neuen disney-, marvel-, pixar- und star-wars-imperiums.
Seit ein bisschen mehr als zwei Jahren also gehören die großen Helden der Kindheit Disney (eine vor zehn Jahren unvorstellbare und absurde Situation). Und vor allem beim Marvel-Franchise bemüht man sich seit 2009 um eine besonders komplexe Verquickung aller Superhelden-Charaktere und ihrer Geschichten. Referenzen hier, Anspielungen dort. Kurz: Wer im Thema drin bleiben will, sollte alle Filme gesehen haben. Auch wenn man vielleicht gar kein Fan von Captain America ist - wer etwas über die Geschichte des Geheimdiensts S.H.I.E.L.D erfahren will, muss sich auch transusig-patriotischen Militär-Doping-Quatsch geben können. Bindung verpflichtet.
dasnuf über ein geschenktes halstuch mit einem QR-code.
QR-Codes spielen in meinem Leben kaum eine Rolle. Ich hab einmal einen gescannt, damit ich das auch gemacht habe. Der QR-Code klebte in einem Schaufenster eines Friseurladens neben den Öffnungszeiten und führte auf eine mobil kaum lesbare Website, welche die Öffnungszeiten des Friseursalons zeigten.
schon der zweite schlachtlink innerhalb einer woche. diese home-slaughter-story von manfred klimek und janine stengel ist ohne pathos aber sehr plastisch geschrieben. gut zu lesen, auch wenn es vor allem ums töten und fressen geht.
Auf dem Bauernhof ist es nur in Kinderbüchern schön. Auf dem Bauernhof treiben es Hühner und Enten zwischen Traktoren und gestapelten Reifen, auf dem Bauernhof schlingt die Katze eine Maus hinunter und starrt dabei unverwandt in dein Gesicht, auf dem Bauernhof frisst die Schweinemutter eines ihrer Ferkel auf, das sie irrtümlich erdrückte. [...] Auf dem Bauernhof ist nichts lustig; Bauernhof und Bauer sind mit unserer von sichtbarem Leid und Tod weitgehend befreiten Welt inkompatibel. Auf dem Bauernhof wird öffentlich gestorben. Und es riecht streng.
Zur Stunde werden in Bielefeld die Big Brother Awards verliehen. Neben deutschen Ministerien und Geheimdiensten sind diesmal auch Preisträger US-amerikanischer Prägung dabei, für die das Wort Datenschutz ein Fremdwort ist.
schade dass die redaktion diesen lokalzeitungs-anreisser über den ansonsten guten detlef-borchers-artikel gesetzt hat. zumal es eben nicht nur eine doofe formulierung ist bei kulturellen unterschieden von „fremdspache“ zu reden, sondern vor allem eine binse: natürlich ist in den USA das wort „datenschutz“ ein fremdwort. so wie „dumbfuck“ bei uns ein fremdwort ist.
karin steinberger über die 25jährige maria langstroff:
Den Vater hat einmal ein Arbeitskollege gefragt, ob das seine Tochter sei, so eine Große, Hübsche, mit einem Frauenpower-Schild am Rolli. Die sei immer so fröhlich. Der Vater sagt: „Ich weiß nicht, wie man mit so einer Krankheit so fröhlich sein kann. Aber sie konnte es. Da hatte sie noch nicht so viele Erfahrungen mit ihren Mitmenschen gemacht.“ Andererseits. „Seit wir zu ihr hinfahren, haben wir noch nie gehört: Mir geht's gut. Wäre ja auch gelogen.“
toller text. ich hätte ihn allerdings mit diesem zitat von maria langstroff überschrieben:
faszinierendes konzept, mit dem politico in europa antreten möchte. leider springer.
Politico wagt das größte Experiment in der europäischen Medienszene seit Gründung der Gemeinschaft. Bisher sind die Medien national ausgerichtet: Deutsche Reporter berichten für deutsche Leser aus Brüssel. Genauso machen es Franzosen, Spanier, Italiener. Die US-Amerikaner von Politico wollen den europäischen Markt mit dem gegenteiligen Konzept erobern. „Wir machen Nachrichten für alle, die großes Interesse an Entscheidungen haben, die in der EU fallen und dabei nicht die nationale Perspektive lesen wollen“, sagt Florian Eder, Mitglied der Politico-Chefredaktion, früher EU-Korrespondent der Welt. Brüssel soll als europäische Hauptstadt im Zentrum der politischen Nachrichten stehen so wie Washington als US-Hauptstadt.
ein mann, der offensichtlich ein metzger ist, zerlegt ein rind. einige mögen das eklig finden oder nicht ansehen wollen, aber so werden steaks und das hackfleisch für burger nunmal gemacht. und dafür dass man hier einen metzger bei der arbeit zusehen kann, ist das alles erstaunlich unblutig und beinahe appetitlich. aber vor allem unfassbar effizient.
wunderbar ironisch, eine liste der BBC warum wir listen gut finden. ich habe das mal zusammengefasst und eingedeutscht, lohnt sich trotzdem das original zu lesen.
vorhersehbarkeit: wir wissen was uns erwartet
unwiderstehlichkeit: wenn es schon diese liste gibt, dann will ich die auch nicht verpassen
verdaulichkeit: das lesen von listen strengt nicht besonders an
effizienz: wir erwarten und wissen, dass listen schnell zu konsumieren sind und können meist direkt nutzen daraus ziehen
erfassbarkeit: listen lassen sich mit wenigen blicken erfassen
orientierung: wir wissen wo wir stehen (wenn wir listen lesen)
spieltrieb: listen machen (manchmal) lust zum mitdenken: was könnte der nächste punkt der liste sein?
selektive wahrnehmung: wir mögen es recht zu haben und listen erleichtern uns das überlesen von dingen die uns nicht interessieren
endgültigkeit: listen wirken definitiv
schreibfreundlichkeit: journalisten lieben es listen zu schreiben: statt einen artikel sorgfältig zu strukturieren, die absätze aufeinander zu beziehen und an übergängen zu feilen, geben listen bereits die grundstruktur vor. und über den schlusssatz muss man auch nicht nachdenken, listen hören irgendwann einfach auf.
arbeitstitel der sendung ist das familienmagazin. damit ist die sendung zwar noch namenslos, aber eigentlich finde ich den titel schon nicht schlecht. die familiensendung wäre noch einen tacken doppeldeutiger und zum sendernamen passend.
das thema familie (und kinder) ist zwar nicht so mein (blog) thema und blogs die das zum thema haben, werden oft als muttiblogs abgetan. warum das thema aber durchaus interessant sein kann, zeigt dasnuf, finde ich, immer wieder sehr beeindruckend in ihrem blog. zum beispiel mit ihrem letzten blogeintrag …
… wo das nuf über unsere imperfekten körper und deren wahrnehmung schreibt:
Kind 2.0 ist offenbar in die Phase gewachsen, in der Körper keine Werkzeuge mehr sind, sondern irgendwie bewertet werden müssen. Ich finde das erschütternd. Mein Kind ist die Sportskanone der Familie. Total drahtig und besteht quasi nur aus Muskeln. Isst wie ein Vögelchen und klettert den ganzen Tag auf Bäume und plötzlich fragt es mich beim Abendessen: „Findest du mich dick?“
neil gaiman beantwortet die frage, wie man als „furchtbare“ person liebenswürdiger werden kann:
So how to be kinder if it doesn’t come naturally?
Fake it.
Fake it a little bit at a time. [...]
Think “What would an actually kind person do now?” - and do that. Don’t beat yourself up when you fail. Just be as kind to yourself as you will be to others - even if you have to fake that.
auf den ersten blick ist das die idee der ziemlich weitverbreiteten und bei USA-besuchen für deutsche ziemlich irritierenden amerikanischen überschwänglichen, freundlichen höflichkeit. alles nice and wonderful. auf den zweiten blick ist das aber ziemlich gut gedacht. denn dieser tipp ist ein praktikabler wahrnehmungsfilter und erkenntnisfärber.
wir finden nämlich (erkenntnistheoretisch) meisten das wonach wir suchen. wenn ich davon ausgehe, dass menschen gemein (zu mir) sind, kann ich dafür täglich hunderte von hinweisen finden, die meine erwartung bestätigen. mache ich mir jedoch klar, dass die von mir wahrgenommenen gemeinheiten meist ein ergebnis von irrtümern, kurzsichtigkeit, nachlässigkeit oder dummheit sind — und nicht von bosheit — sieht die welt schon ganz anders aus und ich finde plötzlich hinweise darauf, dass menschen eigentlich ganz OK sind.
gegen misanthropie kann man sich entscheiden; und handle und sehe ich nicht mehr misanthropisch, fühle ich mich (möglicherweise) nicht mehr misanthrop und werde auch nicht mehr als misanthrop wahrgenommen.
nach längerer zeit mal wieder eine ausgabe des neo magazin royale angeguckt. da war jetzt nicht jede sekunde der sendung prall unterhaltsam und nicht jeder witz besonders witzig, aber die sendung hatte einen guten fluss und keine längen. im gegenteil, sie war so prall gefüllt, dass man das gefühl hatte, dass es böhmermann ständig vorwärts drängte. das interview mit helene hegemann, das kurz nach der kurzen standup-routine und dem do-it-yourself nekrolog von böhmermann kam, floss nach ein paar sätzen und einem kurzen, abgebrochenen spiel in den auftritt von chilly gonzales über und dann zum sendungsende.
erstaunlich auch, dass das hegemann-interview relativ frei von gemeinheiten und peinlichkeiten blieb — eigentlich war die einladung hegemanns wohl eh nur ein vorwand mal ein kurz-portrait von ihr für den schirm zusammenzuschneiden und ihr kinderbilder abzuluchsen.
böhmermann hat es sich wirklich gut eingerichtet in seiner metaebene sendung.
gefällt mir, die deprimierte rede von von richard gutjahr auf den journalismustagen in wien. ich frage mich aber, warum er sich nicht als robert smith verkleidet hat.
Machen wir uns nichts vor. Allzu gut ist es um den Journalismus nicht bestellt. Und wir haben selbst dazu beigetragen. Wir haben uns nicht im gleichen Maße weiterentwickelt, wie unser Publikum das getan hat. Wir googeln und nennen das Recherche. Die harte Wahrheit: Googlen können unsere Leser auch! Ich gehe sogar soweit zu behaupten: Viele unserer Leser, Hörer und Zuschauer googlen sogar besser als wir das oft tun - stoßen im Netz auf Quellen und Originaldokumente, die uns in der Eile entgangen waren, halten uns unsere eigene Unzulänglichkeit vor Augen.
angemessene würdigung der neuen sehr guten mittelguten serie daredevil (deutsch auch der dävil). vor allem kann man die darstellung des superschurken wilson fisk von vincent d'onofrio gar nicht genug loben („D'Onofrio's performance is the one truly great thing about a generally pretty-good show.“), aber wer das sehen will, muss erstmal durch 3 oder 4 folgen die zwar gut geschrieben und gefilmt sind, aber eben auch (im besten sinne) fernsehstandardkost sind.
das problem mit fernsehkritiken wie dieser von alex pappademas ist allerdings, dass man sie nicht vorher lesen kann und wenn man dann alle folgen gesehen hat — ihm nur noch zustimmen kann. deshalb: daredevil ist solides superhelden-fernsehen — aber eben auch nicht für jeden.
Wie unangemessen und aufgebauscht die Berichterstattung über den Trainer-Rücktritt war, führte die taz-Redaktion am Donnerstag den Berufskollegen in Deutschlands Leitmedien vor: Über die gesamte Titelseite der Tageszeitung erschien eine Todesanzeige [...].
das problem mit uhren ganz allgemein ist meiner unbedeutenden meinung nach, dass sie um den arm geschnallt einfach doof aussehen. auch bei karl lagerfeld. ich weiss nicht ob ich meine uhr-am-arm-aversion mit der apple watch überwinden kann. vielleicht schnall ich sie mir — wenns so weit ist — ums bein?
das beste am neuen fotos für os x ist, dass die fotos.app nicht extra startet, wenn man bilder hinzufügen möchte. auch wenn das nicht im verlinkten artikel steht, gibt's dort viele andere gute hinweise zu fotos.app.
peter glaser mit ein „paar Anmerkungen zum Kulturpessimismus“:
KULTURPESSIMISMUS IST Revolution für Faule. Das Ende vom Lied möchte der Kulturpessimist gern geliefert bekommen, am liebsten von einer ultimativen Übermacht. Der Deutsche etwa liebt den pompösen Untergang, das Wagnerianische, auch wenn es furchtbar eitel ist („Die Welt geht unter und ICH bin dabei“), während der Amerikaner die Apokalypse nach Art der Erweckungstheologie bevorzugt, die Hilfe gegen die maßlose Überschätzung der Vernunft verspricht.
wie immer eine brilliante variation des themas: eigentlich hat sich in den letzten paar tausend jahren in sachen zukunftsangst und kulturpessimismus nicht das geringste verändert — ausser der farbe.
mein kulturpessimismus lautet übrigens: ich fürchte wir sind unfähig aus der vergangenheit zu lernen und kultivieren immer wieder die gleichen zukunftsängste wie unsere vorfahren. nur dass wir heute nicht mehr blitze und gewitter fürchten, sondern algorithmen.
seth godin mit einem faszinierendem gedanken: unsere firmware ist fehlerhaft:
One reason we easily dismiss the astonishing things computers can do is that we know that they don't carry around a narrative, a play by play, the noise in their head that's actually (in our view) 'intelligence.'
It turns out, though, that the narrative is a bug, not a feature.
wobei es natürlich gerade die fehlerhaftigkeit unsererer denkapparate, unserere biologisch determinierten emotions- und belohnungssysteme und die damit verbundenen verschrobenen vorstellungen von intelligenz, realität und gefahr sind, die uns so liebenswert machen.
schönes portrait von christoph amend zu lena meyer-landrut.
Mitten in dieser Phase des Nachdenkens, im Laufe des Jahres 2011, setzt das ein, was ihr von erfahrenen Kollegen vorausgesagt worden ist: der Gegenwind, der immer irgendwann kommt, wenn man sehr lange in der Öffentlichkeit steht. Er bläst heftig.
boris rosenkranz erklärt nochmal, warum die krise des journalismus kein vermittlungsproblem ist, sondern ein henne-ei-problem: halten (zu) viele journalisten ihre leser für blöd oder sind (zu) viele journalisten einfach blöd?
meine erfahrung mit fast allen studien zu ernährung und studien zu ernährungs-gesundheits-und-kranheits-korrelationen sagt, dass die maximale lebensdauer ihrer schlussfolgerungen so um die 10 jahre liegt. dann kommt eine andere studie, die das gegenteil behauptet.
bis wir die komplexen zusammenhänge unsereres verdauungstrakts verstanden haben, dürften noch so um die 200 jahre vergehen. bis dahin gilt analog zum guten alten grundsatz die dosis macht das gift („Dosis sola venenum facit“): es ist egal was man isst, entscheidend ist das mass und dass man den verdauungsapparat ausreichend bewegt.
sean raymond beantwortet seine selbst gestellte frage, ob leben auf planeten ohne sonne existieren kann, sehr gut lesbar, verständlich und analogie-reich.
The Sun gets a lot of good press. Nearly everyone likes sunny days and rainbows. Solar panels are virtuous. Sunlight drives photosynthesis, which produces the oxygen we breathe. Our bodies make such mood-improving substances as vitamin D from sun exposure. Sun worship and solar deities appear throughout recorded history. We love our Sun.
nik afanasjew über drei kreuzberger jugendliche mit migrationshintergrund. sehr lang (druckversion auf einer seite), sehr nah und persönlich und absolut unprätentiös geschrieben.
tim teeman fifferenziert und angemessen sympathisierend über den dermatologen fredric brandt, der von martin short in unbreakable kimmy schmidt parodiert wurde. auch wenn im vorhergehenden satz zwei witzige namen vorkommen, bleibt einem beim lesen des artikels das lachen ein bisschen im halse stecken.
ich habe mit meinem ersten iphone bis zum iphone 4S gewartet. erst dann fand ich den preis und den funktionsumfang attraktiv genug. 2008 hatte ich nichts als spott für das macbook air übrig; bis ich das macbook air gut fand musste apple vier oder fünf jahre entwicklungsarbeit reinstecken. aber ich habe bereits vor einer weile erkannt, dass apple’s neue produkte immer ein paar jahre brauchen, bis sie in die zeit passen. oder wie nick heer es ausdrückt:
Apple's unique skill is in understanding the roadmap for several years into the future, and building according to that.
das ist übrigens auch einer meiner indikatoren für gutes design: wenn es einem sofort, auf den ersten blick gefällt, wenn es zu gefällig ist, ist es meistens müll, den man nach ein paar tagen oder monaten nicht mehr sehen mag. gutes, langwährendes design ist gewöhnungsbedürftig. es nimmt die zukunft vorweg (und formt sie gleichzeitig mit).
der teaser-trailer für die neue staffel true detective sieht leider nach gequirlter pathos-scheisse aus. aber man soll ja weder ein buch nach seinem cover, noch eine fernsehserie nach ihrem teaser-trailer beurteilen.
ich habe ja kürzlich darüber geschrieben, dass die zeitgenössische architekturkritik es sich teilweise zu einfach macht und für meinen geschmack oft zu oberflächlich oder geschmäcklerisch urteilt. dieser artikel, der daran erinnert dass die franzosen den eiffelturm anfangs abgrundtief gehasst und rundheraus abgelehnt haben, ist ein untrügliches zeichen dafür, dass architekturkritiker aus der geschichte nicht lernen. sie schaffen es oft nicht die wahren qualitäten zu erkennen und machen ihr urteil von ihrem ersten blick und (ästhetischen) erwartungen abhängig, statt weiter, über den tellerrand hinaus zu denken.
marco arment ist auch zu duckduckgo als standard-suchmaschine gewechselt. ihm gefallen, wie mir, vor allem die !bangs, mit denen man im zweifel auch schnell wieder aus duckduckgo rauskommt und zum beispiel zu google (!g), google deutschland (!gde) oder zur imdb (!imdb) oder rotten tomatoes (!rt) kommt.
überhaupt scheint mir die grundvoraussetzung für eine standard-seite zu sein, dass man dort wieder gut wegkommt. das hat google früh erkannt; (das alte) google ist das paradebeispiel für eine seite zu der man gerne wiederkommt, weil man sie im besten fall nach wenigen sekunden wieder verlässt. duckduckgo verlasse ich meist noch schneller, weil ich mein ziel mit !bangs bereits in der browser-adresszeile angeben kann. oder anders gesagt: nichts ist nerviger als eine webseite die versucht ihre besucher am weggehen zu hindern. oder nochmal anders gesagt: google nervt (auch) deshalb, weil es immer mehr versucht, seine besucher auf google oder google-diensten zu halten, statt sie schnell wieder wegzuschicken.
bei meinem nächsten besuch im rheinland steht diese kapelle von peter zumthor auf meiner besuchsliste. eine google-bildersuche erklärt warum das ding sehenswert ist.
markus kompa hat das leistungsschutzrecht durchgespielt. und er wertet das leistungsschutzrechts-gesetz mit null von fünf sternen:
Wäre das Gesetz von Juristen und nicht von Koksnasen geschrieben worden, hätte man den beschränkten Anwendungsbereich bereits von vorne herein definiert.