ingo zamperoni und ich in portland

bei mediasteak diesen hinweis auf eine reportage von ingo zamperoni über portland gefunden. der titel, „Nackt und nachhaltig – Portland ist anders“, ist mir ein bisschen zu klickbaitig, aber die reportage ist OK und klassisch. erinnert mich an die achtziger jahre, in denen ich in meinem vorstadtjugendzimmer staunend vorm fernseher sass und mir im nacktprogramm nachtprogramm staunend die welt von reportern aus aller welt zeigen liess.
die reportage soll bis zum nächsten jahr in der ARD-mediathek liegen. die sendung hat eine eigene sendungsinfoseite und irgendwer war so freundlich, die sendung zur leichteren einbettbarkeit auf youtube zu kopieren:
(scheint trotz der enthaltenen nacktheit unzensiert auf youtube zu liegen)
ich war schon ein paarmal in portland und mag die stadt sehr. als ich mir die halbe stunde von ingo zamperoni in portland ansah, war ich gespannt, ob das sensationelle voodoo doughnut auch drin vorkommen würde und tatsächlich wurde der laden auch entsprechend gewürdigt, vor allem der sensationelle bacon maple bar doughnut wurde eigens erwähnt. allerdings nicht der cock-n-balls doughnut , der aussieht wie ein penis und mit weisser bayerischer creme gefüllt ist — obwohl der doch gut zum sendungsmotto gepasst hätte.
jedenfalls ist das ne gute gelegenheit hier ein paar bilder vom juli 2014 aus portland abzuladen.



zootopia

die erste stunde habe ich mehrfach herzlich lachen müssen. sehr schön animiert, gute figuren, tolle schauspieler hinter den figuren. idris elba gleich an der stimme des gnus chief bogo erkannt. in der zweiten hälfte wird dann ein bisschen doll auf die tränendrüse und die moralvenen gedrückt, trotzdem immer noch sehr schön und eigentlich, wie das meistens so mit fabeln ist, auch gar nicht mal so doof. ich fand die handlung am ende dann aber nicht mehr so flüssig oder rund wie am anfang, sondern so’n bisschen hingebogen.
man glaubt ja kaum, dass der film von disney ist, isser aber und eben nicht von pixar. och, dass ist doch dasselbe mittlerweile, gehört doch alles zu disney, sagte die beifahrerin. ich habe aber im internet gelesen, dass die sich nur die (technischen) resourcen teilen, die filme aber getrennt und eigenständig entwickeln.
eigentlich verdient der film fünf punkte, nicht nur weil es der erste disney-film mit nackten darstellern ist, sonder auch, weil er klar stellung bezieht und angesichts trump und seinem angst-schür-wahlkampf top-aktuell ist. aber irgendwie haben die erzählstränge im zweiten teil nicht mehr so richtig zusammenngepasst.

die behörden-faultiere verdienen eine separate erwähnung, die waren nämlich wirklich toll und auch noch für einen schlussgag gut. der „official sloth trailer“ (youtube) zeigt den hauptauftritt der verwaltungs-faultiere beinahe komplett.
aber, wie gesagt, auch die anderen figuren waren teilweise sensationell. sehr schöner anthromorphismus. apropos anthromorphismus, das wort kommt auch im ersten teaser-trailer für den film vor.
der „official US trailer #2“ (youtube) verrät wieder einiges an handlung und guten szenen.
wissen macht ah! — urinstinkt

donnerstag abend war ich bei meiner freundin gita zum essen und zur computerpflege. sie fragte mich, ob ich die aktuelle ausgabe von wissen macht ah! gesehen hätte, weil da alles voll mit kacka und pipi geschichten war. dann fiel mir auf, dass ich ziemlich selten wissen macht ah! gucke und das ich das ja mal ändern könnte.
die aktuelle sendung heisst urinstinkt und hat hier eine dauerhafte archivseite. die mp4-datei liegt hier.
die themen der sendung sind:
die sendung trifft meinen nerv nur so halb, hat aber ein paar qualitäten, die mir gut gefallen. die eine qualität ist: alles selbstgemacht. in der sendung gibt’s kein fremdproduziertes materal, wirklich jede sekunde der 1484 sendungssekunden ist selbstproduziert. die sendung ist auch schön rhytmisch aufgebaut: vorspann, anmoderation, geschichte eins, anmoderation 2 und so weiter, bis zum abmoderation gibt’s 4 geschichten. die geschichten sind eine mischung aus off-kommentar, einfachen animationen und schauspielern, die vor einfachen kulissen oder green-screens, meist stumm zum off-kommentar grimassieren oder gestikulieren. das ist nicht so mein ding, ich mag’s gerne wenn’s durchillustriert ist, oder etwas aufwändiger produziert.
aber auch wenns nicht so mein ding ist, in dieser sendung habe ich mich gut amüsiert, weil mein humor, wenns um pups- und kackgeräusche geht leider sehr einfach gestrickt ist. und tatsächlich war die sendung voll mit pups- und kackgeräuschen. überhaupt ist die nachvertonung sehr liebevoll gemacht — und teilweise sogar sehr subtil. so machte die sonnenbrille des arg stereotypen zuhältertypen, als der sie etwas nach vorne zog, ein subtiles quietschgeräusch.
sehr schön die zwischenmoderation, in der ralph caspers und shary reeves die bristol stuhlformen erklärten.

das war ein bisschen eklig, aber sehr interessant. mit den stuhlformen 3 und 4 ist jedenfalls alles im grünen bereich. sehr schön auch die idee, die bristol stuhlformen auch als ausmal-PDF zum download anzubieten.
→ weiterlesen
ex hafenbar.
siehe auch tagesspiegel vom 29.05.2015: Hölle, Hölle, Hölle! Schlagerdisko „Hafenbar“ muss schließen
10000

seit diesem artikel ist die artikel-id meiner ez-publish installation auf 10.000 geklettert. das heisst nicht, dass ich 10.000 artikel auf wirres.net geschrieben habe, genaugenommen sinds 9429 veröffentlichte artikel. dazu kommen noch ein paar artikel von gastautoren. die fehlenden 513 artikel sind entweder gelöschte artikel, nie veröffentlichte entwürfe oder fehler.
seitdem ich für jedes instagram eine kopie als artikel aus der kategorie bilder anlege, ebenso für swarm-checkins, instagram-, twitter- oder youtube-favoriten — und tweets (meist) zuerst hier schreibe, bevor ich sie zu twitter oder facebook kopiere, ist die zahl der auf wirres.net veröffentlichten artikel stark gestiegen. deshalb ist auch die artikel-id im letzten jahr relativ schnell (nach 14 jahren) auf zehntausend gestiegen.

sans serif fassade. #aufdemwegzurarbeit
das video ist von der thames valley police und ist wirklich gut. auf facebook haben viele leute dieses video geteilt, mit den worten: „das ich mal ein polizeivideo teile, hätte ich nicht gedacht.“ hätte ich auch nicht gedacht, aber es ist wirklich gut. nur die kontextualisierung am ende (sex, consent is everything) hätte ich weggelassen, dann wäre es meiner meinung nach noch stärker gewesen.
moskau 4/5 — metro

das angenehme an unserer moskau-reise war, dass wir einen reiseführer dabei hatten, der sich in moskau auskannte und sich die mühe gemacht hat, uns in der kurzen zeit unseres aufenthalts möglichst viele highlights der stadt zu zeigen. eins der grossen hightlights der stadt ist die moskauer u-bahn, umgangssprachlich auch metro (метро) genannt. den grossteil eines tages haben wir tatsächlich damit verbracht, möglichst viele der beeindruckenden ubahnhöfe abzufahren.
was mir als erstes auffiel, waren die teilweise irre langen rolltreppen. der wikipedia entnehme ich, dass die moskauer metro „zu den U-Bahn-Systemen mit den tiefsten Tunneln und Bahnhöfen der Welt“ gehöre. auch bemerkenswert, am fuss jeder rolltreppe sitzt eine uniformierte aufsichtsperson, die recht und ordnung im auge behalten soll und wahrscheinlich für ein sicherheitsgefühl sorgen soll. was in moskau, wie in allen grossstädten der welt — ausser deutschen — klappt: alle stehen rechts und halten die linke seite frei, für eilige mitmenschen. warum das überall auf der welt klappt, nur in deutschland nicht, ist eine frage, die wahrscheinlich immer unbeantwortet bleiben wird.
an den rolltreppendecken hing früher massenhaft werbung, als wir in moskau waren, war die moskauer metro zu 100% werbefrei. weder in den bahnhöfen, noch den zügen hing auch nur der hauch von werbung, mit einer ausnahme: werbung für das metro-eigene wlan. loggte man sich in das wlan ein, konnte man hingegen werbung ansehen. man musste das sogar. ansonsten: nichts.
der kiyevskaya-bahnhof hat die „völkerfreundschaft“ zwischen der ukarine und russland zum thema. die decken sind voll mit farbenprächtigen, offensichtlich kürzlich restaurierten bildern.
am ende der halle zwischen den bahnsteigen, ist ei sehr grosses mosaik angebracht, das (laut wikipedia) das 300 jährige jubiläum der wiedervereinigung der ukraine und russland feiert.
sehr schön auch die bronze-figuren von matvey manizer auf dem ploshchad revolyutsii-bahnhof. laut wikipedia ist das einer berühmtesten moskauer u-bahnhöfe und wurde 1953 eröffnet. die skulpturen zeigen „sowjetbürger“ in heldenhaften posen, ingenieure, bergleute, soldaten mit hunden, soldaten ohne hunde und männer die aussehen wie partisanen. besonders auffällig ist jedoch die beliebtheit der hunde bei den moskauern. deren schnauzen sind abgewetzt blank, weil viele moskauer offensichtlich glauben, dass die berührung der hunde-skulpturen glück bringe. tatsächlich kann man die moskauer in diesem bahnhof dabei beobachten, wie sie geschäftig und eilig an den skulpturen vorbeigehen, die hunde im vorbeigehen aber geistesabwesend berühren.
die glasmalereien im novoslobodskaya-bahnhof sind auch ganz wunderbar und sollen „sowjetbürger“ verherrlichen.
- das russland-journal hat einen informativen artikel zur moskauer metro
- sehr viele bilder und informationen zu den „schönsten Stationen Moskauer Metro“ auf metro-in-moscow.com

dass claudia pechstein einen ziemlich verblendeten eindruck macht, kann man kaum bestreiten. aber egal wie verpeilt und frustriert man ist, nach unten, gegen schwächere zu treten und zu hetzen ist und bleibt das allerletzte. ich finde mely kiyak hat das wunderbar zusammengefasst und herausgearbeitet.

the big short

ich habe mich bei diesem film sehr gelangweilt, auch wenn einige der spezial-effekte ganz OK waren. einige der protagonisten sprachen, zum beispiel, hin und wieder frank-underwood-mässig in die kamera und es gibt szenen, in denen prominente bestimmte sachverhalte erklären. das hatte ich so noch nicht gesehen, ausser bei house of cards und der sendung mit der maus. wirklich neu ist lediglich die metaebene, die diese art dialog mit dem publikum in mindestens einer szene hinzufügt, wenn einer der charaktere den zuschauer darauf hinweist, dass die szene die sie eben gesehen haben „nicht ganz akkurat“ wiedergegeben sei und in echt anders passiert sei.
tatsächlich habe ich kaum etwas verstanden. ich konnte weder der handlung folgen, noch wurden mir die wahren ereignisse und deren hintergründe, um die der film ging, dadurch auch nur einen funken klarer. was der film immerhin geschafft hat: er hat mich auf ein paar personen aufmerksam gemacht, die ich vorher nicht kannte und die interessant wirkten. irgendwann, habe ich mir vorgenommen, versuche ich mir die hintergründe zu diesen personen im netz anzulesen.
so richtig unterhaltsam war der film auch nicht. das kann natürlich daran liegen, dass ich zu doof bin, oder das der film überambitioniert an das komplizierte thema rangegangen ist. gegen das hochkarätige ensemble lässt sich nichts sagen. christian bale scheint wie immer etwas zu dick aufzutragen und brad pitt beweist erneut, dass er in filmen nicht unbedingt wie brad pitt aussehen muss und wahnsinnig wandlungsfähig ist. steve carell trägt auch dick auf, aber es gibt hinweise in der wikipedia, dass er den menschen, auf dem seine rolle basiert, akkurat darstellt, ebenso wie christian bale.
was mir gefiel, war das der film zum ende hin politische haltung zeigte und geradezu wütend wurde. eine wut die das potenzial hatte, anzustecken.
was mich durchgehend störte, war, dass ich weder die motivation der charaktere verstand, noch nachvollziehen konnte, was sie eigentlich treibt — ausser die aussicht auf erfolg und geld. ich verstand nicht warum die figuren mal wütend, mal frustriert waren, ich verstand noch nicht einmal ob die figuren zu bestimmten zeitpunkten zu scheitern drohten oder im geld zu ersticken. vor allem aber verstand ich nicht, warum alle diesen film so hoch gelobt haben.
zum weiterlesen bietet sich alex von tunzelmann im guardian an, der auch ein paar wikipedia-artikel verlinkt hat, zur weiteren vertiefung: „How historically accurate is The Big Short?“
eben kurz im asia-laden überlegt tellerchen für sojasosse zu kaufen. einen angehoben und dann:

hmm. (bei vinh-loi)
late night with jimmy fallon (vom 9. juni 2016)

auf facebook habe ich dieses video von barack obamas musikalischem promo-auftritt zigmal geteilt gesehen, meist enthielten die kommentare zum geteilten video die worte „cool“, „unfassbar super“, „hammer“, „coole socke“, „wow“, „lässig“ oder ähnliche lobpreisungen. und natürlich zu recht; obamas auftritt ist witzig, nicht die spur selbstverliebt und lässig. vor allem nicht peinlich.
aber natürlich ist es (politische) werbung, für TTIP TPP etwas arg platt, etwas geschickter für hillary clinton und gegen donald trump.
dieses slow-jam-the-news-dings hat jimmy fallon natürlich nicht zum ersten mal gemacht. vor ein paar monaten hat er das mit jeb bush gemacht, als der sich noch um das amt des präsidenten bemüht hat. ausserdem mit brian williams oder mit mitt romney.
ich habe mir dann noch den rest der sendung angesehen, das slow-jam-the-news-dings war am anfang der sendung, danach unterhielten sich obama und fallon noch auf dem sofa und später trat madonna auf.
ich fand das gespräch der beiden auf der couch dann (natürlich) sehr viel aufschlussreicher, als das slow-jam-the-news-dings. obama zeigte auf der couch dann nämlich seine eigentliche superkraft. die ist eben nicht (nur) lässigkeit oder coolness, sondern dass er es tatsächlich versteht, spontane witzigkeit und lässigkeit, mit dem ernst seines amtes zu verbinden. als fallon obama fragte, ob er glaube, dass die republikaner glücklich mit ihrem künftigen präsidentschaftskandidaten trump seien, antwortete er zuerst „well, we are“ und erntete eine runde lacher — um gleich danach hinterherzuschieben: „that was too easy“ und die sache etwas ernsthafter zu differenzieren.
fallon hat seinen job als witziger stichwortgeber ziemlich gut gemacht. weil er weiss, dass er obama nicht journalistisch oder thematisch konfrontieren kann, konfrontierte er ihn mit witzvorlagen. aber fallon war auch gut vorbereitet und kramte ein zitat von obama raus, das der bei einer abschlussrede auf der howard university gesagt hatte:
Democracy requires compromise, even when you are 100 percent right.
das zitat gefällt mir sehr und es fasst auch ganz gut die politische linie zusammen, die obama in letzter zeit verstärkt nach aussen kommuniziert: in einer demokratie müssen wir miteinander reden und uns verständigen, politische überzeugungen, seien sie (vermeintlich) noch so richtig, lassen sich nicht übers knie brechen, erfordern langwieriges aushandeln und abwägen und kompromisse:
And finally, change requires more than just speaking out -- it requires listening, as well. In particular, it requires listening to those with whom you disagree, and being prepared to compromise.
was ich unterm strich ein bisschen witzig fand: obama kritisierte donald trump indirekt (und natürlich zu recht) als unseriösen reality-tv honk, dem die ernsthaftigkeit und fähigkeiten präsident zu sein fehlten — in einer zotenreissenden, grösstenteils gescripteten unterhaltungsshow. obama:
the main role i’m going to be playing in [the process of the presidential election], is to remind the american people, that this is a serious job. this is not reality-tv, i have seen the decisions that have to be made and the work that has to be done.

am ende von obamas auftritt, schrieben er und jimmy fallon gemeinsam thank-you-notes. das ist einer meiner lieblingsteile der sendung und auch diesmal ganz witzig. am ende trug fallon für meinen geschmack aber einen ticken zu dick auf, als er obama, ganz unironisch, in den himmel lobte:
thank you, president obama, for serving our nation with dignity, class, patience, eloquence, optimism and integrity. thus marking the first time, anyone has sincerly said, thanks obama.
aber OK. jimmy fallon darf das.
nach obama trat madonna auf und sang, von den roots begleitet, borderline. ich fands schrecklich und mir fiel auf, dass madonna auf mich wirkt, wie eine weibliche version von karl lagerfeld. witzig fand ich, dass madonna sich am ende ihres auftritts auf den boden fallen liess.
gewölbe aus unbewehrtem kalkstein

die „block research group“ der ETH-zürich hat in venedig, auf der architekturbiennale, ein gewölbe gebaut, das aus sandsteinblöcken besteht, die einfach aneinander gefügt sind — ohne kleber, mörtel oder irgendwelche befestigungsmechanismen oder bewehrung. ich habe das projekt zuerst in der wired gesehen, aber es gibt bei der ETH auch eine deutschsprachige pressemitteilung und einen englischen factsheet zum projekt.
ich habe oft probleme mit moderner, computergestützter architektur, weil sie sich oft vom baumaterial entfernt und materie in (eigentlich) unmögliche formen zwängt. computergestützt können sich architekten jede beliebige form aus dem hintern ziehen und dann computergestützt umsetzen. das sieht dann oft beeindruckend aus, wenn die schwerkraft und die physik (scheinbar) ausser kraft gesetzt sind. ich mag frank gehrys bauten, die er sich scheinbar oft mit computerhilfe aus dem hintern zieht meist nicht. das guggenheim-museum in bilbao von gehry, mag ich zum beispiel nur so halb. um die vermeintlich leichten aussenformen des museums hinzubekommen, musste gehry komplizierte stahlkonstruktionen bauen, die das ganze zusammenhalten. wenn ich solche blder sehe, habe ich das gefühl, dass gehry hier gebogen und gedrückt hat, bis es passt. leicht, natürlich oder materialgerecht ist da nichts — es soll nur so wirken. im grund ist das eine mogelpakung.
das ETH-gewölbe aus unbewehrtem kalkstein hingegen fühlt sich materialgerecht an. zwar wurden die kalksteine gewaltsam aus der erde geschnitten und anschliessend mit brutalen maschinen zersägt, aber die konstruktion fügt sich der physik, ohne sich ihr zu ergeben. die konstruktion wehrt sich nicht gegen die schwerkraft, wie viele von gehrys bauten, sie spielt mit der schwerkraft, so wie wir es bei jedem schritt tun, den wir gehen. gehen, habe ich mal gelesen und danach auch beobachtet, ist eigentlich kontrolliertes, rhytmisches fallen. wir ergeben uns kurz der schwerkraft, fangen uns dann und kommen so voran. ein spiel mit der schwerkraft, wie das ballspielen.
wie kompliziert die konstruktion ist, sieht man ansatzweise in diesem promotionsvideo der ETH-projektgruppe.
auch wenn die konstruktion an sich kompliziert ist, das ergebnis wirkt leicht, auch wenn es 16 tonnen wiegt. ich bin jedenfalls sehr beindruckt von dem ding und der ausführung.

„werkstatt für porzellan“ in der lüderitzstrasse im #wedding

„werkstatt für porzellan“ in der lüderitzstrasse im #wedding
moskau 3/5 — grosser moskauer staatszirkus
am zweiten oder dritten tag unseres moskau aufenthaltes haben uns freunde meines schwagers in den moskauer staatszirkus eingeladen. da die moskauer freunde meines schwagers mit kindern unterwegs waren, war das folgerichtig. ich mag zirkus aber auch sehr gerne. mein erster berufswunsch war — natürlich — clown, auch wenn die clowns mich bei meinem meiner ersten zirkusbesuche zum weinen gebracht haben.
nach einem picknick im freien sind wir hin zum riesigen betonzelt. die wikipedia sagt, dass betonzelt sei anfang der siebziger jahre erbaut worden. das kommt definitiv hin, die eingangsbereiche und die fassade sehen eindeutig nach siebziger-jahre aus.


insgesamt scheint das gebäude in gutem schuss zu sein und vor allem der eigentliche theater-/vorstellungsraum scheint vor zehn oder zwanzig jahren kräftig modernisiert worden zu sein. oben, über den rängen ist eine durchgehende LED-wand angebracht, die zwar niedrig-auflösend ist, aber während der vorstellung für video-einspielungen oder stimmungslicht benutzt wird. die sitze auf den rängen sind relativ eng, zumindets da wo wir sassen, aber insgesamt ist die sitzsituation ziemlich geschickt gemacht. die zuschauer sitzen im prinzip im kreis, lediglich unterbrochen von publikums- und artisteneingängen

im klassischen zirkuszelt ist die sitzsituation ja eher U-förmig, der manegeneingang, und das orchester darüber, nehmen da ziemlich viel platz weg und machen die plätze neben dem manegeneingang eher billig. im moskauer staatszirkus wirkte das geschickter aufgeteilt, zumal die eingangsfluchten mehrere etagen hatten, oben fürs publikum, unten für künstler und techniker und tiere.

die magie vom theater, ebenso wie vom zirkus, wird ja meist durch geschickt gesetztes licht erzeugt. das funktionierte hier zunächst ganz hervorragend. zu beginn der vorstellung (zumindets in meiner erinnerung) wurde es stockdunkel, bis ein spot eine kleine, minimalistische szene in der manege beleuchtete: ein kinderbett. ein starkes, minimalistisch inszeniertes bild, das aber nach kurzer zeit von einer alt-männer-phantasie zerstört wurde, denn herein kam ein kind und eine frau, wie sich der regisseur oder produzent der aktuellen schau, wohl mütter nach ein paar wodka vorstellen: schlank, jung, adrett, perfekt frisiert und in ein leichtes kleidchen gehüllt. als die mutter das kind ins bett gebracht hat ging erneut das licht aus — und dann wieder an. der kuschelbär war zwischenzeitlich zum leben erwacht, von der decke seilte sich ein weissgekleideter hiphop-engel ab, dann fiel eine weisse feder von der decke und es zeigte sich, dass der russische staatszirkus keine berührungsängste mit kitsch und pathos hat. es wurde hemmungslos in jede klischeeschublade gegriffen, die gerade offenstand. immerhin technisch perfekt.
zirkus ist ja immer (ein bisschen) pathetisch, und das ist auch völlig OK und gehört dazu, aber wie immer, macht hier die dosis das vergnügen. für mich war die pathos- und kitschdosis eine spur zu hoch.
wie das ungefähr aussieht, zeigt dieser trailer zu der schow die wir gesehen haben (messenger, altersfreigabe 0 jahre).
was man im trailer auch sieht: in der show treten auch wilde tiere auf (aber auch ein paar domestizierte). wildkatzen, krokodile, schlangen und seeelefanten. mein erster gedanke war dann nicht mal unbedingt: „das ist aber nicht besonders tiergerecht“ sondern: „hm, das ist ganz schön langweilig und sinnbefreit“. bei den schlangen und den krokodilen war das besonders auffällig: erst wurden die krokodile in die manege geschaufelt, ein paar tänzer tänzelten um sie rum und riefen wahrscheinlich auf russisch: „guckt mal, wir haben krokodile!“ — und dann wurden sie wieder aus der manege geschauffelt. gleiches spiel mit ein paar schlangen: schlanke frauen trugen sie in die manege, tänzelten ein bisschen — und dann wieder raus. der leopard an der leine: rein, in einem körbchen durch die mange geschwenkt, wieder raus. bei den löwen war das ein bisschen aufwändiger, kam aber aufs gleiche raus: rein, hoppedihopp, wieder raus.

die einzige tiernummer die unterhaltsam war, war die mit den seeelefanten. dort sah ich zwar das, was ich schon unzählige male vorher gesehen hatte, aber es war unterhaltsam, lustig und gut inszeniert. allerdings blieb mir schön während der seelenaten-nummer das lachen im halse stecken, weil ich mir krassen anthropomorphismus diagnostizierte und mich plötzlich unsympathisch und naiv fand. muss ich wirklich lachen, wenn abgerichtete, eingesperrte tiere sachen machen, und durch geschickte narative menschliche eigenschaften auf sich projizieren lassen? ja, musste ich wohl, ich war ja im zirkus.

wirklich gut waren sämtliche artisten, auch wenn sie im rahmen der inszenierung in teilweise enorm peinliche kostüme gezwängt wurden. auch hier war die technische umsetzung einwandfrei; die seile der seiltänzer wurden unbemerkt gespannt und umgespannt, die artisten zogen ihre nummern fehlerfrei durch und brachten ihre teils beachtlichen kraft- und geschicklichkeitsübungen mit scheinbarer leichtigkeit rüber. aber bei all der professionalität und perfektion, spürte ich — oder bildete mir ein — dass die arbeit in der manage den darstellern nicht besonders viel freude bereitet. unter all dem kitsch, dem perfekt gesetzten licht, trotz des grandiosen live-orchesters, lag ein dicker schleier traurigkeit und zwang.
kann natürlich auch sein, dass ich traurigkeit nicht mehr von effekt-nebel unterscheiden kann, aber irgendwie war ich froh, als das alles vorbei war, auch wenn am ende nochmal kräftig auf die kitschtube gedrückt wurde.

es gibt neben der messenger-show, die wir sahen, wohl noch andere aufführungen im russischen staatszirkus, aber die promotionbilder suggerieren alle eine sehr grosse affinität zum kitsch.
immerhin erfreulich, dass die werbung gegen zirkusse, wie den russischen staatszirkus, in deutschland auch kaum einen deut besser ist.

ich hoffe mein eindruck vom russischen staatszirkus klang jetzt nicht zu negativ. ich fürchte ein bisschen, dass ich aus dem zirkus-alter vielleicht einfach ein raus bin — und das muss gar nicht mal mit meinem alter zusammenhängen. ich glaube mein geschmack hat sich einfach gewandelt. als ich jünger war, dachte ich die affektierte, theatralische art kunststücke im zirkus zu präsentieren, sei eben die art, wie man kunstücke präsentiert. mittlerweile halte ich genau dieses theatralische moment nicht mehr so gut aus. ich probiere es trotzdem immer wieder gerne aus, zuletzt vor drei oder vier jahren imn berlin, im roncalli winterzirkus, auch im betonzelt, im tempodrom. den winterzirkus fand ich unterm strich eher enttäuschend, obwohl der zirkus roncalli vor 25 jahren eine offenbarung für mich war. in den letzten jahren habe ich einfach das gefühl, im zirkus einfach nichts neues mehr zu sehen und das alte kann ich noch nicht wieder schätzen. obwohl, wenn ich recht nachdenke, bin ich auch vom neuen teilweise genervt. vor 20 jahren war der cirque du soleil ja auch noch neu und als ich die show damals in den USA sah, war ich auch eher underwhelmed und overkitsched.
aber das betonzelt ist wirklich schön und enorm funktional.
