instant articles = gepimptes RSS zu facebook-bedingungen

zu facebooks neuen instant articles ist in den letzten tagen ja viel gesagt worden. vor allem auf turi2 (eins, zwei, drei, vier, fünf, etc.). substanzieller äussert sich john gruber, den vor allem die geschwindigkeit der instant artikel auf facebook fasziniert:
I’m intrigued by the emphasis on speed. Not only is native mobile code winning for app development, but with things like Instant Articles, native is making the browser-based web look like a relic even just for publishing articles.
tatsächlich ist geschwindigkeit und bequemlichkeit („convenience“) auch eins der hauptverkaufsargumente der instant-artikel von facebook. und das aus gutem grund. nicht nur diese webseite lädt mit suboptimaler geschwindigkeit, auch die von grossen verlagen tun das mitunter. und viele grossen verlage haben auch nichts aus den letzten 20 jahren www gelernt und nerven ihre leser mit popupwerbung die den ganzen bildschirm einnimmt und mit schlecht erreichbaren schliess-knöpfchen fehlklicks provozieren und benutzer nerven. statt werbung auf eine angenheme art nerven zu lassen, haben sich viele verlage entschieden auf konfrontationskurs zu ihren benutzern zu gehen und ihre mobilenwebseiten unlesbar und unbenutzbar zu machen.
(ein positivbeispiel für aufmerksamkeitsgenerierende mobile werbung kann man auf der mobilen variante der wired.de sehen. dort haben die seiten manchmal ein seitengrosses loch, das die dahinterliegende werbung beim scrollen zeigt.)
jedenfalls wollte ich john gruber und vielen anderen zustimmen: geschwindigkeit und gute benutzbarkeit zählen. ob facebook das versprechen einlösen kann wird sich zeigen, die ersten beispiele die bereits zu sehen sind finde ich teilweise zu verspielt und man hat den eindruck, facebook hat 200 entwickler drangesetzt den berühmten html-<blink>-tag neu zu erfinden. aber schnell sind diese instant-artikel in der tat — und gut benutzbar auch — wenn man sich an ein paar gesten gewöhnt hat.
nur: so richtig neu ist die idee nicht. es gibt eine gut etablierte technologie, die die verlage allerdings nach leibeskräften vermeiden: volltext RSS. auf dem weg zur arbeit kann ich trotz funkloch 30 bis 60 artikel überfliegen oder durchlesen. jeder artikel ist innerhalb von microsekunden da, mit bildern und angenehmen, konsistenten bedienelementen. auf meinen iphone benutze ich dafür die reeder-app, die wiederrum ein paar hundert RSS-feeds für mich aus meiner fever-installation einliest und die texte und bilder auf meinem iphone zwischenspeichert. das macht reeder dankenswerterweise im hintergrund, so dass ich auch fast immer im ubahn-funkloch auf dem letzten stand der dinge bin, weil sich der reeder vor dem eintritt selbst aktualiisert hat
der witz ist jedenfalls, dass verlage und magazine dieses RSS fast noch mehr fürchten als google, facebook oder die NSA. volltexte einfach weggeben, so dass der leser die lesen kann wo und wie er will? niemals! und offenbar haben die anzugträger in den verlagen sich auch mit ihrer (falschen) ansicht durchgesetzt, dass man in RSS-feeds keine werbung unterbringen kann. statt für eine offene technologie, haben sich jetzt einige verlage dafür entschieden sich in die obhut von facebook und seiner geschlossenen, opaken technologie zu begeben um benutzerfreundlichkeit und -nähe zu üben.
ich verknüpfe damit die hoffnung, dass sich jetzt vielleicht doch irgendwann die ansicht durchsetzt, dass man seinen lesern zur abwechselung mal entgegen kommen könnte, statt immer nur auf die vertriebler zu hören. aber, ganz ehrlich, viel hoffnung mache ich mir nicht.
nick heer verweist auf diesen artikel von peter-paul koch, in dem er darauf hinweist, dass das was facebook macht, vor allem das weglassen von überflüssigem programmiermüll (cruft) ist: keine tonnenschweren javascript frameworks, keine tracker, weiterführende artikel:
Remove the tools, and we’ll recover speed.
The web’s answer to the native challenge should be radical simplification, not even more tools.
das ist im übrigen auch das, was RSS macht, bzw. was ein guter RSS-reader macht: kein javascript, kein gedöns, kein oder wenig tracking.
siehe auch: könige, kaiser und lakaien, wo ich weiter ausholend über facebooks instant-article-dings schreibe.
kartoffelschalen und kartoffelfrikadellen

man sagt ja, mit käse überbacken schmecke alles besser.
"Heute gibt es ROSENKOHL!"
"Du weißt, ich HASSE ROSENKOHL!"
"Mit KÄSE überbacken."
Sie weiß, wie man mich rumkriegt...
was aber fast noch besser als mit käse überbacken ist, ist frittieren. diese blumenkohlsuppe wird zum beispiel mit hauchdünn geschnittenen, frittierten rote-beete-scheiben croutoniert. dünn geschnittene, fritierte rote-beete-scheiben sind unfassbar lecker, so lecker, dass sogar das kind um sie kämpft. um rote beete!
frittieren ist so toll, dass man damit sogar kartoffelschalen zu delikatessen machen kann. von diesen drei kartoffel-rezepten die yotam ottolenghi in den guardian geschrieben hat, hatte ich vor ein paar tagen das kartoffelgratin nachgebaut und jetzt den kartoffelschalensalat — oder wie ottolenghi es nennt: geröstete kartoffelhaut mit eisbergsalat.
das rezept ist eigentlich ganz einfach, kartoffeln waschen (ich hatte ungefähr ein kilo) und andertalb stunden im ofen bei 200° garen. kartoffeln leerkratzen und die schalen mit ein bisschen öl (1-2 esslöffel), harissa-pulver und salz vermischen und auf einem backblech verteilen. das fühlt sich an wie feuchte hühnerhaut, aber nach sieben minuten im ofen, wenn man sie einmal wendet und dann nochmal 7 minuten röstet, fühlt es sich an wie kartoffelchips.

kartoffelschalen
für das salatderessing habe ich einen esslöffel (schnell) eingelegte zitronen zerkleinert, eine zitrone ausgepresst und 1-2 esslöffel olivenöl, und die haut von einer bio-zitrone abgerieben. die schnell eingelegte zitrone hatte ich vorbereitet, nach diesem rezept:
1 bio-zitrone teilen und in sher dünne scheiben schneiden, etwas zucker, etwas salz, etwas paprikapulver (scharf oder süss — egal), etwas gemahlenen kreuzkümmel, etwas gemahlenes kurkuma, chilipulver, zitronensaft und viel knoblauch mischen und durchziehen lassen.

so haben die beifahrerin und ich einen eisbergsalatkopf mit kartoffelschalen sehr schnell weggeatmet.
aus dem kartoffelinhalt schlägt ottolenghi vor kartoffelfrikadellen zu machen. dadrin sind frühlingszwiebeln, basilikum, thymian und irgendwelche exotischen würstchen, die ich nicht da hatte und stattdessen schinken genommen habe. dass alles wird — siehe oben — mit gruyère überbacken und sieht dann am ende so aus:

“You’ve read your last complimentary article this month. Please switch browsers”
umami kartoffelgratin

manchmal schickt mir die beifahrein einfach links zu rezepten und sagt: „koch das mal“. das „hasselbacken hotel and restaurant“ in stockholm hat wohl diese art kartoffeln als „trademark dish“, sagt jotam ottolenghi. der hat das rezept jedenfalls aufgeschrieben und ich habs nachgekocht. ist nicht ganz unaufwändig, schmeckt aber überraschend … interessant.
die kartoffeln werden wie beim klassichen kartoffelgratin in scheiben geschnitten, aber nur zu ⅔ln, so dass sie noch zusammenhalten. so werden sie 15 bis 20 minuten in butter (!) frittiert. die butter die nach 15 minuten schwenken und schütteln nicht in die kartoffeln eingesogen ist, wird wieder weggekippt, aber dafür kommt sahne (ich hatte zu wenig) und viel geschmack in form von knoblauch, etwas brühe, sardellen, zitronenschale, rosmarin, parmesan und thymian dazu. mit dem geschmack werden die kartoffeln 5-10 minuten im topf gegart und dann wird das ganze mit parmesan bestreut im ofen geröstet.

wenn das zeug aus dem ofen kommt lächeln einen die kartoffeln freundlich an. schmeckt alles sehr umami, dank des parmesan, der sardellen und der eingekochten sahne. die sardellen schmecken nicht unangenehm raus, obwohl ich sie nicht vorher abgewaschen habe. waren aber laut rezept auch nur 3 stück, fein gehackt. dazu hab ich (offensichtlich) einen halb-warmen bohnensalat mit tomaten gemacht, das rezpt dafür hab ich vor ein paar wochen mal auf chefkoch.de gefunden. das hasselback-kartoffel-rezept stand im guardian. der link zeigt eigentlich auf drei kartoffel-rezepte, eins davon ist ein rezept für geröstete kartoffelschalen.
(erinnerung daran, dass man bei facebook „notizen“ verfassen kann: richard gutjahr.)
das zuhause hosten lassen
heute früh stand wirres.net (oder meine reclaim-installaton, die hab ich vorerst mal deaktiviert) offenbar unter einer leichten floodingattacke aus griechenland und der ukraine. der provider (canhost.de) hat die website zuerst dichtgemacht, dann gedrosselt. die „flooding-angriffe“ (ausdrucksweise des providers) kamen offenbar trotz cloudflare durch, als ich cloudflare dann aber auf den „angriffsmodus“ („under attack mode“) umgeschaltet hab, hat das wohl das gröbste abgehalten. „leichte“ floodingattacke schreibe ich, weil ich keine besonders krassen spitzen bei den zugriffen sehen konnte. cloudflare ist da ja eigentlich sehr akkurat. jetzt frage ich mich natürlich, inwieweit ich mich auf meinen hoster verlassen kann, wenn der schon bei nem milden lüftchen den saft abdreht und auf panikmodus umschaltet oder ob die attacke wirklich schwerwiegend war. oder ob mein altertümliches CMS doch viel resourcenfressender ist, als ich mir das denke.
den ganzen tag über lief wirres.net dann unrund, weil der provider die website „gedrosselt“ hatte. ab einer bestimmten anzahl anfragen antwortete der webserver mit einem 503-fehler, statt dateien auszuliefern. so luden gelegentlich die CSS-dateien nicht oder bilder oder scripte fehlten. sowas verursacht bei mir wirklich schlechte laune, zumal ich mein handy heute auch noch für 20 stunden im apple-store lassen musste, um die das kameramodul austauschen zu lassen.
jetzt läuft wirres.net jedenfalls wieder rund, weil eben die „drosselung“ deaktiviert wurde.
ich hab eigentlich überhaupt keine lust den provider zu wechseln (sehr viel arbeit), schliesslich läuft wirres.net jetzt schon seit über 13 jahren bei candan/canhost.de auf einem regulären shared hosting account. aber seit nem ganztägigen stromausfall vor ein paar monaten, dem umzug in ein neues rechenzentrum und eine umstellung auf 64bit-architektur hakelt es immer wieder. langfristig bin ich glaube ich bald so weit alternativen in betracht zu ziehen.
als budget will ich eigentlich nicht mehr als 10 bis 15 euro pro monat ausgeben. bei all-inklusive das premium-paket sieht ja ganz gut aus. wie sind denn eure erfahrungen mit grösseren hostern? all-inkl.com scheint ja nen ganz guten ruf zu haben. zu strato will ich nie wieder. bei hetzner irritiert mich der name.
wirklich toll hört sich ja in jeder hinsicht uberspace an. ich habe nur ein bisschen bedenken, ob ich dort auch noch in 20 jahren mein zuhause hosten lassen kann. für mich hört sich das alles fast zu gut und toll an um wahr zu sein, obwohl es sich offenbar ganz gut trägt. wer hat sonst noch erfahrungen mit uberspace.de gemacht?
real,-life präsentationsprofis
katiakelm.de/blog: cowboys und netzwerke #
die beifahrererin über den zweiten teil eines textes von holm friebe, über dessen ersten teil ich mich gestern bereits gewundert habe. holm friebe hat den text auf facebook übrigens so angeteasert:
über Alternativlosigkeit, Reagan, Thatcher, Merkel, Schäuble und Yanis Varoufakis Greek, über Ulf Poschardt, Stephen Greenblatt und die Renaissance, eigentlich aber über das Gallery Weekend Berlin mit einer „Strong buy“-Empfehlung für die Opposition (artistweekend.com). Vermutlich der beste und richtungsweisendste Text, den ich jemals geschrieben habe, auch wenn Thomas Venker das naturgemäß anders sieht. („Sorry, aber ich kann das kaum lesen. Du versucht mich doch zu verarschen oder?“)
ich finde holm friebe sehr, sehr witzig.
links vom 12.05.2015
krautreporter.de: Der Herr Bürgermeister und ich #
friedemann karig über den langjärigen bürgermeister seiner heimatstadt. lang und toll.
vox.com: The Problems With Seymour Hersh’s Osama bin Laden Story #
max fisher dekonstruiert seymour hershs „verschwörungstheorie“ über osama bin ladens tod.
operation-harakiri.de: Das fliehende Klassenzimmer #
ralf heimann über die republica.
friedemannkarig.de: re:publica 15 #
friedemann karig über die republica, die erwartungen an die republica und vorträge halten:
Ich glaube ja fest daran, dass man, wenn man eine Bühne betritt, vor der Leute ein paar Minuten ihrer Zeit verbringen, verdammt noch mal unterhalten muss. Also: Unterhalten MUSS!
Das geht durch Inhalt, durch mehr oder weniger gelungene Gags oder durch Haltung, an der man sich reiben kann. Wenn ich alles drei ein bisschen verbinde und dabei nicht zu peinlich auf der Bühne rumgeister, bin ich’s zufrieden.
youtube.com: Frank Rieger: Warum wir aufhören müssen, zu versuchen, Technologien als solche zu reguieren #
frank rieger mit dem längsten vortragstitel der republica und einem ziemlich guten blick auf den technologiewandel. unter anderem verrät er, warum uns lieferunternehmen oft sagen, dass der paketbote uns nicht angetroffen habe, obwohl wir den ganzen tag zu hause waren.
aber die entscheidende these von frank rieger ist, dass wir uns fragen sollten wie wir eigentlich leben wollen und nicht wie wir technologie regulieren könnten.
youtube.com: James Bridle: Living in the Electromagnetic Spectrum #
james bridle macht dinge sichtbar, die bereits sichtbar sind, sich aber in „plain sight“ verstecken. kunst als wahrnehmungsschulung und hilfestellung beim verstehen der abläufe und funktionen der welt. hab ich mir sehr gerne angesehen.
stefan-niggemeier.de: Die „Huffington Post” zieht’s nach Kassel, Germany #
hab ich sehr drüber lachen müssen, über diesen artikel von boris rosenkranz.
time.com: Apple Pay Is Creaming Walmart in the Mobile Payment Wars #
sieht nicht gut aus für den apple-pay-killer von walmart und freunden.
vorbereitung
wired.de: Was Johnny Haeusler auf der re:publica gelernt hat #
johnny haeusler über die rp15 und was er dort gelernt hat (in praktischer listenform):
#3 Eine gute 30-Minuten-Show braucht 120 Stunden Vorbereitung
allerdings. bei mir war es ein bisschen weniger, von einem weiss ich, dass es mehr aufwand war. der hat aber auch fast ne stunde geredet. wenn man andererseits die vorbereitungszeit mitrechnet, die man gemeinhin erfahrung oder bildung nennt, dann dürfte sich die summe der aufwände die in die vorbereitung eines vortrags oder einer bühnen-präsentation fliessen nochmal massiv erhöhen.
die essenz eines guten vortrags ist eigentlich die gleiche wie die eines guten textes: komprimierte zeit hat constantin seibt das mal genannt (quelle):
Das Konzept von komprimierter Zeit ist auch das der Grund, warum Leute gern lesen: Sie machen ein blendendes Geschäft. In einer Minute haben sie eine Stunde fremde Denkarbeit oder mehr gewonnen.
beim schreiben, vor allem hier auf wirres.net, rotze ich meine texte ja auch gerne mal einfach so hin. das ist auch grösstenteils OK. wenn ich für texte bezahlt werde, geb ich mir meist mehr mühe und überarbeite das hingerotzte. bei vorträgen funktioniert das hinrotzen meiner erfahrung nach nicht. man muss schon sehr brilliante rhetorische fähigkeiten haben, um spontan so dicht und auf den punkt zu reden, dass man die zuhörer nicht langweilt oder nervt. oder man muss sehr, sehr schnell und präzise im kopf sein. bin ich beides nicht, im gegenteil, ich neige auf bühnen zum geistigen blackout, zu geistiger leere, wenn ich nichts habe, an dem ich mich festhalten kann oder was ich vorbereitet habe.
von kathrin passig hab ich aufgeschnappt (ich hoffe ich gebe es akkurat wieder), dass die qualität eines vortrags äquivalent zur vorbereitungszeit ist. und ich muss sagen: stimmt leider. /via
tomatensalat
tomatensalat ist ja ganz einfach: ein paar tomaten würfeln, eine zwiebel würfeln, etwas essig, etwas öl, salz, pfeffer — fertig.
wenn man dann noch ein paar schwarze oliven (kerne vorher raus!), kapern (grob gehackt), etwas gemahlenen piment, feta, brotstücke und petersilie dazutut schmeckts noch besser und ausserdem hat man dann auch gleich nach ottolenghi gekocht.


schlonziger apfelkuchen nach ottolenghi #latergram #earlierbake
„keine angst vor der wahrheit“
klaus brinkbäumer, chefredakteur des spiegel im neuen image-video des spiegel:
der spiegel hat die wahrheit nicht für sich gepachtet, aber er sucht danach.
das image-video des spiegel in dem er das sagt, endet dann mit dieser einstellung:

mir ist natürlich klar, dass das brinkbäumer-zitat als claim zu lang ist, aber ich finde den unterschied zwischen „wir suchen nach wahrheit“ und „wir haben keine angst vor der wahrheit“ schon, nunja, auffällig.
natürlich bemüht sich der spiegel, wie kaum ein anderes blatt darum, journalistisch einwandfrei zu arbeiten. aber ich habe grundsätzlich ein problem mit dem wort wahrheit. ich habe da kürzlich eine halbe stunde öffentlich drüber nachgedacht (youtube-link) und gegen ende gesagt:
wer im politischen, im gesellschaftlichen kontext von „der wahrheit“ spricht, sollte prinzipiell mit skepsis betrachtet werden.
und ich glaube tatsächlich, dass in weltanschaulichen, politischen fragen an dieser aussage was dran ist.

(im zusammenhang meines vortrags auf youtube ergibt das mehr sinn, als auf der schlussfolie die hier zu sehen ist.)
etwas differenzierter und tiefergehend hat das friedmann karig kürzlich im gespräch mit philip banse besprochen. teilweise plädiert er für einen pragmatischen und kämpferischen umgang mit dem begriff der wahrheit, teilweise mahnt er auch vorsicht an:
ich glaube wir haben verlernt zu sagen: „ich weiss nicht“. wir sollten versuchen unsicherheit zu umarmen und öfter sagen: „ich weiss es einfach nicht.“
[…]
vorsicht wenn jemand sagt: ich hab die absolute wahrheit und alle anderen lügen. da kann man eigentlich sicher sein, dass er nicht so ganz richtig liegt.
unbedingte anguck-empfehlung, das gespräch ist sehr viel differenzierter und klüger als mein herausgerissenes zitat suggeriert:
und überhaupt, friedemann karigs vortrag über „digitale lügen und die abschaffung der wahrheit“ sollte man sich dann auch gleich angucken, wenn man ungefähr ne stunde zeit hat:
friedemann, ich will noch ganz viele vorträge von dir.
[inspiration, bzw. anstupser via turi2.]
links vom 10.05.2015
heise.de: re:publica 15: Pandas in Europa #
detlef borchers mit einem ziemlich guten überblick der relevanten themen und vorträge der #rp15.
carta.info: Reclaiming Art #
knallharte, grandiose verarschung von intellektuellen und „trendforschern“ aus holm friebes feder apple-schreibmaschine. holm friebe überspitzt die sehnsucht von schreibenden profilneurotikern, fremdwörter, promi- und intellektuellennamen in ihre texte zu stopfen bis sie bersten, so gekonnt, dass man einen absatz lang glauben könnte, der text sei ernst gemeint. gekonnt ist eben gekonnt.
auch gut möglich, dass holm friebe ein paar ausgaben des kunstforums und ausgedruckte matthias-horx-kolumnen gefrühstückt zerstückelt und neu zusammengesetzt hat, um seine fotos und kurzen anmerkungen vom NGORONGORO artist weekend in berlin mit text zu füllen illustrieren.
youtube.com: #butterbeidiefische #
johnny und tanja haeusler machen was neues, eine tincon, eine internetkonferenz für teenager. finde ich super und ich bin wie immer beeindruckt vom pragmatismus und unternehmungsgeist der beiden.
zeit.de: Netflix: Da! Schau! Her! #
alina fichter über netflix und reed hastings. schon was älter (november 2014) und redundant, wenn man die hastings-show auf der republica gesehen hat (auf der fichter hastings auf der bühne interviewte), trotzdem hab ichs gern gelesen.
hackr.de: 596681851009380353 Revisited #
markus spath erklärt einen tweet in dem er erfolglos versucht mir épistémologie zu erklären.
schlonziger apfelkuchen mit olivenöl und frischkäsecreme


aus ottolenghis das kochbuch. kirsten haake hat das rezept dankenswerterweise wort für wort für die zeit abgeschrieben: rezept für apfelkuchen mit olivenöl.
erstaunlich ist, dass an dem kuchen weder das olivenöl stört, noch die sultaninen. den zuckergehalt werde ich beim nächsten mal zurückschrauben: trotzdem köstlich. das kind meint, das sei der zweitbeste apfelkuchen der welt. der beste sei immer noch die apfeltarte nach sebastian hermann.
von mir aus kann die republica gar nicht beliebig genug sein.
flickr.com/sebaso: Menschen aus dem Internet #
sebastian sooth’s bilder von menschen auf der republica. sehr schön. mich hat er auch fotografiert, einmal alleine und (ausserhalb der serie) mit meiner mutter und der beifahrerin.


„digital-hipster“
sebastian baumer schrob am freitag:
Mein Aha-Moment auf der re:publica (#rp15) war der Talk von Christine Corbett Moran. Falls euch der Name grade nichts sagt: Das war die Astrophysikerin, die zwei Sessions nach dem Astronauten auf der Hauptbühne gesprochen hat, der seine Weltraumbilder und -selfies gezeigt hat.
Bei Alexander Gerst war die Halle zum Brechen voll, bei Christine Corbett Moran, die sehr gut und ernsthaft den Weltraum erklärt hat, herrschte gähnende Leere. In dem Moment habe ich endgültig gemerkt, dass das Publikum der Konferenz 2015 für meinen Geschmack zu sehr (i.e. gefühlt komplett) aus Digital-Hipstern besteht.
(links und hervorhebungen von mir hinzugefügt)
die schlussfolgerung ist natürlich totaler quatsch. gunter dueck würde diese schlussfolgerung wahrscheinlich dumm nennen („mache niemals aus einer korrelation eine kausalität“), ich würde sagen, sie ergibt, auch mit gutem willen, weniger als gar keinen sinn.
das interesse an alexander gerst hatte ganz sicher nichts damit zu tun, dass er „Weltraumselfies“ gezeigt hat, oder dass er aus dem all hat twittern lassen. alexander gerst stiess auf riesiges interesse, weil er einer von sehr wenigen menschen ist, der die erde auf 300 tonnen kontrolliert explodierendem flüssigen treibstoff verlassen hat und ein halbes jahr im weltraum gelebt hat. alexander gerst hat ein abenteuer erlebt, von dem viele von kindheitsbeinen an träumen, er hat etwas getan, was wir sonst nur aus dem fersehen oder kino kennen, er hat sich in lebensgefahr begeben und sein abenteuer wurde von einer erstklassigen pressearbeit begleitet. ich habe alexander gerst übrigens nicht zuerst auf twitter wahrgenommen, sondern in der digital-hippster-sendung mit der maus.
wer sich also eher für einen prominenten astronauten interessiert, statt für eine unbekannte theoretische physikerin, die über furchtbar komplizierte dinge wie „concordance cosmology“ (leitet bei der wikipedia auf „Lambda-CDM model“ weiter), die allgemeine relativitätstherie, den urknall, die expansion des weltalls, dunkle materie und die kosmologische konstante redet, outte sich als „digital-hipster“?
ich weiss noch nicht mal genau was ein „digital-hipster“ ausser einer beleidigung sein soll. waren die vielen kinder für die die ersten reihen in der halle reserviert waren auch digital-hipster? meine mutter, die sich alexander gerst mit begeisterung angesehen an (nicht aber christine corbett moran) würde das label digital-hipster wahrscheinlich freudig als kompliment annehmen, als geste, dass sie auch dazu gehöre. und das ist wahrscheinlich auch die klügere reaktion, als sich über so einen stumpfen, verallgemeinernden vergleich in einem eigenen blogartikel zu beschäftigen.
aber wo ich gerade dabei bin, kann ich auch gleich weitermachen. denn witzigerweise macht sebastian baumer zwei absätze später genau das, was er vorher den „digital-hipstern“ vorgeworfen hat: stolz die eigene ignoranz rausposaunen:
So wie sie ist, ist die re:publica nur noch ein Zirkus aus oberflächlichen Anrissen verschiedenster Themen, die vor allem für die Was-mit-Medien-Leute interessant ist. Ich geh dann wohl nächstes Jahr lieber zum CCC.
vielleicht hat sebastian baumer am eingang kein programm mehr bekommen, aber mein eindruck vom programm der republica war dieses jahr genau das gegenteil von „oberflächlichkeit“ oder „was-mit-medien“-gedöns. es gab ungewöhnlich viele architekten und städtebauer auf den bühnen, wieder viele künstler die ihre arbeiten oder projekte zeigten, gunter dueck hat sich über BWLer und business-kasper lustig gemacht, sexualität, saufen und bildung waren mehrfach thema auf den bühnen. (nur ich hab über den gleichen scheiss wie in den letzten jahren geredet.)
ich finde, dass die republica weder den vergleich mit fachkongressen, noch mit anderen mischmasch-kongressen wie dem chaos communication congress oder (zum beispiel) der ars electronica scheuen muss. und auch wenn ich finde, dass die organisation und diversität des programms (natürlich) verbesserungsfähig ist, hat die republica auch dieses jahr wieder meine erwartungen voll erfüllt: ein programm bei dem mich nicht alles interessiert, aber einiges überrascht, begeistert oder euphorisiert. und das alles in einem extrem angenehmen und entspannten rahmen.
reed hastings hat zu einer kritik am programm von netflix gesagt (wenn ich ihn richtig verstanden habe):
we should celebrate variety.
the internet is about diversity and taste.
mit anderen worten: jeder findet im internet sein plaisir. irgendwo. nicht alles muss allen gefallen. es gibt angebote für den massengeschmack, aber eben auch genau das gegenteil. und wer nichts findet was ihm oder ihr gefällt, der macht einfach selber was. insofern bildet das programm der republica das internet — bzw. die gesellschaft — schon ganz gut ab.
ich fände es nicht schlimm, wenn sebastian baumer veranstaltungen besucht, die seinen bedürfnissen besser entsprechen. aber besser fände ich, wenn sebastian baumer das was ihm an der republica fehlt vielleicht selbst ergänzt und zum beispiel einen vortrag hält mit dem „man tiefer in einen Komplex einsteigen kann und dann am Ende auch etwas mit nach Hause nehmen kann“. ich würde mir das angucken und mich danach wieder liebend gern mit ihm streiten. ein paar vorschläge für themen gebe ich ihm auch gerne gleich mit: „notizen aus der verallgemeinerungpraxis“, „warum hippster so ne seuche sind“ oder „wie ich es schaffte, meine schlechte laune los zu werden“.
Bin zu offizieller Veranstaltung eingeladen. „Um Abendgarderobe wird gebeten.“ Na, meinetwegen, dann eben Jogginghose statt Jeans.
gefunden in der monats-sammlung vom nuf.
sehenswerte republica vortragskonserven
die liste ist noch unvollständig und wird sicherlich noch mit ein paar weiteren listen von mir ergänzt. das sind aber ein paar der republica-vorträge, die ich gesehen habe und die mir gefallen haben.
youtube.com: Eric Jarosinski: Losing Hope. Finding Europe #
die beste twitterlesung ever.
eric „ nein “ jarosinski war einer der wenigen sprecher auf der #rp15, der das thema der #rp15 erst genommen — und darüber intensiv nachgedacht und gewitzelt hat.
ich habe mich sehr amüsiert, sehr gute witzdichte, abgerundet mit viel hintergründigkeit und abwechslung. sehr sympathisch auch, wie eric jarosinski immer wieder über seine eigenen witze lacht.
zuschauerfragen anhören ist ja eigentlich immer ein bisschen wie kommentare lesen. in diesem fall aber nicht, die sehr guten fragen aus dem publikum (zum besipiel: „was wollten sie eigentlich sagen?“) haben eric jarosinski zu noch besseren antworten inspiriert.
youtube.com: Justin Hall: Self Exploitation on Today's Internet #
justin hall erzählt wie er seit über 20 jahren ins internet schreibt und dort lebt. habe ich gerne gesehen, nicht nur weil ich ihn schon vor über 20 jahren gelesen (oder besser: verfolgt) habe, sondern weil er auch ein wunderbares fazit aus seinen erfahrungen zieht:
let's use the internet to learn in public.
youtube.com: wie alex matzkeit ganz alleine die deutsche film-blogosphäre erschuf #
alex matzkeit ( ab ungefähr minute 10 ) über die film-blogosphäre, die stärke schwacher verbindungen und das zusammenfügen von blasen. sehr schöne, sympathische und kurze aufhellungsrede, die man auch gut von der film-blogosphäre weggeneralisieren kann.
youtube.com: Journelle: Fremd gehen immer nur die anderen #
sehr tolle präsentation über’s fremdgehen der anderen, sich vor stereotypen zu hüten und die grossartigkeit des internets.
youtube.com: Talk with Netflix CEO Reed Hastings #
reed hastings erzählt seine und die geschichte von netflix. ich bin von seiner erzählung so geblendet, dass ich jede vorsicht und skepsis fahren lasse und ihm bei seiner version des amerikanischen traums jedes wort abnehme — obwohl seine geschichte fast alle stereotypen enthält, die so eine geschichte enthalten kann.
ich bin auch leider voreingenommen, weil ich von netflix so begeistert bin. alina fichter interviewt reed hastings nach seiner rede und stellt trotz offensichtlicher nervosität und merklicher bewunderung für netflix und hastings genau die richtigen fragen und hakt an genau den richtigen stellen nach.
obwohl hastings seinen auftritt als verkaufs- und werbeshow nutzt, ist das an keiner stelle unangenehm, wie er antwortet, erklärt und begründet zeigt an jeder stelle, dass er den wandel, sein geschäft und die fernsehkultur verstanden hat. sehr schön fand ich wie er auf alina fichter anmerkung antwortet, dass sie better call saul langweilig gefunden habe (ich finde das gegenteil trifft zu):
we should celebrate variety.
the internet is about diversity and taste.
ich fand das sehr sehenswert und nicht nur die fragen von alina fichter waren gut, auch die aus dem publikum.