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USA schüleraustausch, woche 4

felix schwenzel

seit das kind in ame­ri­ka ist, sind die bei­fah­re­rin und ich zu früh­auf­ste­hern ge­wor­den um zu se­hen ob das kind et­was neu­es auf face­book ge­pos­tet hat. das kind pos­tet tat­säch­lich re­la­tiv oft auf face­book, fasst sich al­ler­dings ex­trem kurz: ein bild und ein kur­zes, ma­xi­mal zwei wor­te lan­ges state­ment. aber es er­laubt uns ei­nen klei­nen ein­blick in das le­ben des kin­des — vor al­lem die ver­schie­de­nen ar­ten von junk food die es kon­su­miert.

das kind neigt eben eher zur post­kar­ten-kom­mu­ni­ka­ti­on. im­mer­hin zwei län­ge­re emails hat es schon ge­schrie­ben, wir wis­sen jetzt das es ihm gut geht und das es mit dem foot­ball-trai­ning be­gon­nen hat. das trai­ning wird mit dem schö­nen eu­phe­mis­mus „dai­ly dou­bles“ be­schrie­ben, was be­deu­tet zwei­mal täg­lich zwei stun­den zu trai­nie­ren. der tro­cke­ne kom­men­tar des kin­des: das sei sehr an­stren­gend.

das foot­ball-trai­ning habe ich da­mals ver­passt. mein schul­jahr in ame­ri­ka fing zwei wo­chen ver­spä­tet an und ich hat­te ver­passt mich be­reits in den schul­fe­ri­en dar­um zu küm­mern. so kam ich erst 5 wo­chen nach traings­be­ginn dazu den lei­ten­den trai­ner zu fra­gen, ob ich mit­ma­chen kön­ne. da war es be­reits ein biss­chen zu spät. ich ent­schied mich nach ei­ner pro­be­trai­nings­ses­si­on in der an ei­ner ta­fel stra­te­gie be­spro­chen wur­de und ich we­ni­ger als bahn­hof ver­stand, das mit dem foot­ball zu las­sen.

kla­rer punkt­vor­teil beim kind: er es in die foot­ball-mann­schaft ge­schafft.

der sport wird an ame­ri­ka­ni­schen schu­len sehr ernst ge­nom­men. es gibt zwar auch re­gu­lä­ren sport­un­tericht, die mu­sik spielt aber in den sport-teams aus­ser­halb des un­terichts. das trai­ning ist hart, wer sich nicht dem re­gi­ment des trai­ners un­ter­wirft fliegt raus. da­für wird man be­lohnt mit an­er­ken­nung und team­geist. und zu­min­dest bei den po­pu­lä­ren sport­ar­ten wird man bei wett­kämp­fen von cheer­lea­dern und meis­tens der ge­sam­ten schu­le an­ge­feu­ert.

ich war in mei­nem USA-schul­jahr nur rin­ger (habe ich vor sie­ben jah­ren mal auf­ge­schrie­ben) und habe nicht ein­mal ei­nen cheer­lea­der bei un­se­ren wett­kämp­fen ge­se­hen. dass nur we­ni­ge mit­schü­ler bei un­se­ren kämp­fen an­we­send wa­ren war mir auch recht, nicht zu­letzt we­gen der al­ber­nen lätz­chen die man als rin­ger tra­gen muss. aufs mann­schafts­fo­tos im ye­ar­book habe ich es aus un­er­find­li­chen grün­den nicht ge­schafft.

ich war kein be­son­ders gu­ter rin­ger, nach ei­nem in 12 se­kun­den ge­won­nen kampf habe ich nur noch ver­lo­ren, fand mich aber im team­geist un­se­rer mann­schaft bes­tens auf­ge­ho­ben. ich hof­fe das kind emp­fin­det das ähn­lich. er­folg oder ge­win­nen ist toll, aber auch das ver­lie­ren und schei­tern ist teil des gan­zen.

so wie im ame­ri­ka­ni­schen schul­sport bin ich nie wie­der an mei­ne kör­per­li­chen gren­zen her­an­ge­führt wor­den. beim leicht­ath­le­tik-team, in das mich coach han­by nach der ring-sai­son ein­lud, kam ich dann aber doch an gren­zen die ich nicht über­schrei­ten woll­te. of­fen­bar hat­te ich mein lauf­trai­ning ein biss­chen über­trie­ben und be­kam star­ke schmer­zen in den schie­nen­bei­nen. der trai­ner mein­te das sei nor­mal und dass es da­ge­gen pil­len gäbe. die wa­ren wahr­schein­lich harm­los, ich hat­te aber kei­ne li­ust für den sport pil­len zu schlu­cken und ver­liess die leicht­ath­le­tik-mann­schaft.

ich schrei­be das ei­gent­lich auch nur auf und las­se mei­ne er­in­ne­run­gen um die­ses sport­the­ma krei­sen, weil mir bei all die­sen de­tails wie­der auf­fällt, wie wich­tig für mich da­mals in ame­ri­ka eine ent­schei­den­de klei­nig­keit war: in all mei­nen ent­schei­dun­gen war ich au­to­nom. na­tür­lich gab es hier oder da druck, er­war­tungs­druck von den leh­rern, den trai­nern oder mit­schü­lern. aber der druck aus der hei­mat reich­te nicht mehr aus um mich in mei­ner au­to­no­mie oder de­tail­ent­schei­dun­gen ent­schei­dend zu be­ein­flus­sen. das er­war­tungs­kor­sett aus der hei­mat wur­de durch ein viel be­que­me­res, we­ni­ger re­gi­des, brand­neu­es ame­ri­ka­ni­sches er­war­tungs­kor­sett er­setzt.

das rin­gen habe ich trotz schmer­zen, schweiss und blut durch­ge­zo­gen, weil ich spass dar­an hat­te und das trai­ning er­staun­li­che din­ge mit mei­nem kör­per an­stell­te. die leicht­ath­le­tik habe ich auf­ge­ge­ben weil die nach­tei­le aus mei­ner sicht die vor­tei­le über­wo­gen. mei­ne ent­schei­dun­gen, mei­ne kon­se­quen­zen — in die­ser deut­lich­keit das ers­te mal in mei­nem le­ben.

viel­leicht bil­de ich mir das al­les auch nur ein und die er­klä­rung für mei­ne ge­fühl­te au­to­no­mie lässt sich da­durch be­grün­den, dass die ame­ri­ka­ner ein­fach ef­fek­ti­ve­re und kom­le­xe­re mo­ti­va­ti­ons­me­cha­nis­men ha­ben. un­term strich glau­be ich aber, dass ich das was ich heu­te an ehr­geiz habe in ame­ri­ka wäh­rend mei­nes high­schoo­l­auf­ent­hal­tes ent­wi­ckelt habe.


dar­an, dass ich aus ame­ri­ka ziem­lich vie­le brie­fe schrob kann ich mich gut er­in­nern. dass mein brie­fe­schrei­ben auch zwang­haf­te kom­po­nen­ten hat­te, fiel mir erst in den letz­ten wo­chen auf, auch weil jetzt vie­le der ol­len dis­kus­sio­nen wie­der auf­bran­den, ob das in­ter­net dumm oder ab­hän­gig ma­che, ob es die men­schen in schein­wel­ten oder oder ver­ein­sa­mung trei­be. vor al­lem aber die sor­ge der bei­fah­re­rin, das kind kön­ne zu viel auf face­book rum­dad­deln und des­ah­lb zu­we­nig mit dem kopf in den USA sein, rief mir in er­in­ne­rung, wie ob­ses­siv ich da­mals brie­fe schrob. ich schrob an mei­ne el­tern, mei­ne gross­el­tern, mei­ne freun­de in deutsch­land, mei­ne freun­din nele die auch in den USA war. ta­ge­buch schrob ich — glau­be ich — auch. ich schrieb stän­dig, zu­hau­se, auf klei­nen fahr­rad­tou­ren, in ca­fés, auf park­bän­ken. ich hat­te gros­ses in­ter­es­se dar­an mei­ne be­find­lich­kei­ten auf­zu­schrei­ben, aber auch mich in ei­nem gu­ten licht dar­zu­stel­len. wenn ich die brie­fe von da­mals lese, kom­men sie mir oft un­an­ge­nehm prah­le­risch vor.

wich­tig scheint mir aber in der rück­schau, dass ich beim schrei­ben mei­ne si­tua­ti­on re­flek­tier­te, dass ich also, ob­wohl ich mit dem geis­te bei mei­nen deut­schen ver­wand­ten und freun­den war, vor al­lem das von mir er­leb­te ver­ar­bei­te­te.

an­sät­ze von ein­sam­keit, das ge­fühl des al­lein­seins kann man auf vie­le ar­ten ver­su­chen zu zer­streu­en. ich ent­scheid mich wohl, auch aus man­gel an al­ter­na­ti­ven, für das schrei­ben (und fern­se­hen, zeit­schrif­ten, eine ge­le­gent­li­che aus­ga­be des spie­gels, der sich da­mals dick wie ein buch an­fühl­te). face­book kann al­les zu­sam­men sein, fern­se­hen, ein in­ter­na­tio­na­les ki­osk, brief­kas­ten, eine art te­le­fon oder ta­ge­buch.

ich mag den ge­dan­ken, dass sich auch mit der ver­netz­ten welt aus­ser ein paar pa­ra­me­tern wie ge­schwin­dig­keit, zu­gäng­lich­keit und wahl­mög­lich­kei­ten, nichts ent­schei­den­des an un­se­rer grund­si­tua­ti­on ge­än­dert hat. wir wa­ren schon im­mer so­zia­le we­sen. heu­te sind wir so­zia­le we­sen auf speed und mit un­gleich mehr op­tio­nen als frü­her. aber das be­dürf­nis, sich mit gleich­ge­sinn­ten zu­sam­men­zu­schlies­sen, aus­zu­tau­schen und zu kom­mu­ni­zie­ren ist nicht neu.


letz­te wo­che hat das kind of­fen­bar sei­nen stun­den­plan be­kom­men. das bes­te: er ist se­ni­or, er geht also nach der ab­ge­schlos­se­nen neun­ten klas­se in deutsch­land, in den USA in die 12te klas­se. so kann er am wich­tigs­ten event des schul­jah­res teil­neh­men, der gra­dua­ti­on-fei­er. ne­ben ir­gend­was mit an­ge­wand­tem com­pu­ter-ir­gend­was hat das kind je­den tag us-ame­ri­ka­ni­sche ge­schich­te, cal­cu­lus, ame­ri­ka­ni­sche li­te­ra­tur und eine dop­pel­stun­de forst­wirt­schaft. forst­wirt­schaft! wie ab­ge­fah­ren ist das denn bit­te?

mein stun­den­plan war da­mals ähn­lich. ich hat­te auch ma­the­ma­tik, us-ame­ri­ka­ni­sche ge­schich­te. als eng­lisch­kurs habe ich mich da­mals für speech and de­ba­te ent­schie­den, ein fach das alle vier aus­tausch­schü­ler der schu­le ge­wählt hat­ten und ei­gen­ar­ti­ger­wei­se auch die klas­sen­bes­ten wa­ren. dar­über habe ich auch schon­mal ge­schrie­ben, vor zwei jah­ren. aus­ser, dass ich noch ei­nen kurs psy­cho­lo­gie (in dem ich ei­nen für mei­ne da­ma­li­gen ver­hält­nis­se auf­wän­dig re­cher­chier­ten und wie ich im­mer noch fin­de, erst­klas­si­gen 20-sei­ti­gen auf­satz schrieb) und eine stun­de il­lus­tra­ti­on be­legt hat­te, er­in­ne­re ich mich an kei­ne an­de­ren kur­se. ei­gen­ar­tig.


1984 apple store

felix schwenzel

beim be­trach­ten die­ses bil­des (aus die­sem ar­ti­kel) fiel mir ein, ich könn­te ja noch­mal den mac­in­tosh-wer­be­spot von 1984 an­se­hen. das hier war mir bis­her gar nicht auf­ge­fal­len:


dOCUMENTA (13), tag 2

felix schwenzel

zwei tage re­gen wa­ren an­ge­sagt, aber am ers­ten tag reg­ne­te es über­haupt nicht und am zwei­ten nur ge­gen 16 oder 17 uhr mal kurz. um das fri­de­ri­cia­num her­um türm­ten sich zwar die wol­ken auf, aber pas­siert ist das bis auf zwei klei­ne schau­er nix.

bild von um 14:30 uhr

ich fuhr mit mit fes­ten wil­len nach kas­sel, die dies­jäh­ri­ge do­cu­men­ta doof zu fin­den. nach dem was ich vom bal­ken­hol-thea­ter mit­be­kom­men hat­te, er­war­te­te ich ei­ni­ges an lang­wei­li­gem „theo­re­ti­sche Trei­ben“ (ni­klas maak), eine ähn­lich ver­kopf­te do­cu­men­ta wie un­ter ca­the­ri­ne da­vid. mei­ne vor­stel­lung von ei­ner op­ti­ma­len do­cu­men­ta war im­mer noch ge­prägt von der bun­ten wu­sel-do­cu­men­ta IX von jan hout. die hat­te da­mals kunst so prä­sen­tiert wie ich es am liebs­ten habe, le­ben­dig, mit ei­ner scham­lo­sen por­ti­on kom­merz, über­bor­dend und un­prä­ten­ti­ös bis zum an­schlag.

aber die­se do­cu­men­ta hat mich dann doch po­si­tiv über­rascht. aus zwei grün­den: we­gen der karl­saue und wie die aus­stel­lung wild in der stadt wu­cher­te. bis­her ha­ben zwar alle do­cu­men­tas die ich mir an­sah et­was in der karl­saue ver­an­stal­tet, meis­tens aber in­dem dort grös­se­re tem­po­rä­re und zen­tra­le aus­stel­lungs­struk­tu­ren auf­ge­baut wur­den. die­ses jahr wur­den in der ge­sam­ten karl­saue 50 oder 60 künst­ler ver­teilt. man­che künst­ler brach­ten ihre ar­bei­ten in gros­sen, man­che in klei­nen holz­hüt­ten un­ter, man­che ar­bei­ten wa­ren un­ter frei­em him­mel, man­che be­gnüg­ten sich mit dem pflan­zen ei­nes ap­fel­bau­mes.

korbiniansapfelbaum

die haupt­ver­an­stal­tungs­or­te wie das fri­de­ri­cia­num oder die neue ga­le­rie wa­ren für mei­nen ge­schmack zu über­lau­fen oder zu klein­tei­lig, zu eng auf­ge­baut. in man­chen räu­me gab es ein­lass­be­schrän­kun­gen in­dem man zur glei­chen zeit nur eine be­stimm­te an­zahl be­su­cher her­ein­liess. das ist gut für die kunst­re­zep­ti­on, aber ät­zend wenn man stän­dig in flu­ren oder trep­pen­häu­sern war­ten muss. wenn man mal an den or­ten in der karl­saue war­ten muss­te, fand ich das viel we­ni­ger schlimm; man war­te­te draus­sen an der fri­schen luft und die schlan­gen wa­ren meist über­schau­bar.

ganz gran­di­os fand ich vie­le der in der stadt ver­teil­ten orte. ganz gross­ar­tig, das kas­ka­de-kino in dem am frei­tag fil­me mit tan­zen­den men­schen mit down-syn­drom ge­zeigt wur­den. oder die hal­le an der un­te­ren karls­stras­se, die wa­lid raad mit gross­ar­ti­gen ar­bei­ten be­spiel­te.

walid raad

oder die un­auf­fäl­li­gen in­ter­ven­tio­nen von re­na­ta lu­cas, die im fri­de­ri­cia­num auf dem weg zum klo gut sicht­bar ver­steckt wa­ren und im un­ter­ge­schoss des kauf­hof auch ir­gend­wie nicht auf­fie­len.

renata lucas
renata lucas
renata lucas

von der ar­beit her we­ni­ger be­ein­dru­ckend, aber räum­lich und (qua­si) auch städ­te­bau­lich ver­blüf­fend, war der leer­ste­hen­de trakt im C&A-ge­bäu­de, der von cev­det erek als raum der rhyth­men ge­stal­tet wur­de. der gan­ze nack­te be­ton-trakt wum­mer­te und tschirrp­te und bums­te mit bäs­sen und echos und an­de­ren un­an­ge­neh­men ge­räu­schen. zwi­schen­drinn ein paar mini-in­stal­la­tio­nen mit ge­fun­den ob­jek­ten, li­nea­len und schall­schutz­wän­den — aber auch vier ge­öff­ne­ten tü­ren zu zwei bal­ko­nen, die den blick frei­ga­ben auf kas­se­ler hin­ter­hö­fe.

cevdet erek, raum der rhythmen
cevdet erek

mei­nes wis­sen völ­lig neu für die do­cu­men­ta war die nut­zung es nord­flü­gels des haupt­bahn­hofs. al­lein die räu­me des nord­flü­gels fand ich be­reits eu­pho­ri­sier- und in­spi­rie­rend.

tor, unbekannter vandale

nach­dem ich am zwei­ten tag do­cu­men­ta dar­auf kon­di­tio­niert war beim be­tre­ten von ver­dun­kel­ten räu­men mit ir­gend­wel­chen vi­deo­in­stal­la­tio­nen oder fil­men kon­fron­tiert zu wer­den, war das be­tre­ten des völ­lig ver­dun­kel­ten nord­flü­gels am haupt­bahn­hof umso be­ein­dru­cken­der. als sich mei­ne au­gen an die dun­kel­heit ge­wöhnt hat­ten, sah ich in ei­ni­ger ent­fer­nung ei­nen schum­rig be­leuch­te­ten, rie­si­gen erd­hü­gel von mi­cha­el port­noy. flickr-be­nut­zer zwei­en­gelund­ein­bach­mann hat das ding ganz schön fo­to­gra­fiert. auch ganz wun­der­bar in die räu­me in­te­griert fand ich die kie­fern­höl­zi­ge schnei­de­rei von ist­ván csá­ká­ny und die be­weg­li­chen ja­lou­sien von hae­gue yang.

istván csákány
haegue yang

ich kann mich nur an we­ni­ge ar­bei­ten in den ei­gent­li­chen aus­stel­lungs­ge­bäu­den wie dem fri­de­ri­cia­num oder der do­cu­men­ta-hal­le er­in­nern, die mich nach­hal­tig be­ein­druckt ha­ben. an white-cube-aus­stel­lungsäu­men ge­fällt mir meis­ten das white-cube-kon­zept selbst am bes­ten, nicht die kunst da­drin:

documenta halle

das kon­zept des im park, wald oder der stadt her­um­ir­rens und über kunst zu stol­pern ge­fällt mir um ein viel­fa­ches bes­ser. zu­mal da­mit auch ein wit­zi­ges wech­sel­spiel mit den be­su­chern ein­her­geht: „ist das jetzt kunst, oder nicht?“

Bitte um mithilfe !!!
mini
herz
kein documenta kunstwerk

es gab durch­aus auch be­ein­dru­cken­de in­sze­nie­run­gen in ge­schlos­se­nen räu­men. die ar­beit von jean­no gaus­si, die mit den ar­bei­ten ei­ni­ger af­gha­ni­scher künst­ler im ehe­mai­li­gen eli­sa­beth kran­ken­haus un­ter­ge­bracht war, zeig­te dass ich wahr­schein­lich eher auf black-cube, als white-cube räu­me ste­he. jean­no gaus­si zeig­te bil­der von ei­nem ka­bu­ler ma­ler von schil­dern und wer­be­ta­feln, dem sie die dreis­sig fa­mi­li­en-bil­der gab die ihr blie­ben, nach­dem sie af­gha­ni­stan ver­liess. der auf­trags­ma­ler er­zählt in vi­de­os was er aus den bil­dern her­aus­las. ich fand die bil­der, die er­zäh­lun­gen, vi­de­os und mes­sing­ta­feln un­ter den bil­dern sehr ein­drucks­voll und auch ein biss­chen ver­stö­rend in­sze­niert.

jeanno gaussi

mich er­in­nert das do­cu­men­ta-kon­zept in der karl­saue auch an mei­ne ers­ten po­si­ti­ven er­fah­run­gen mit kunst über­haupt. in aa­chen hat­ten mei­ne el­tern be­kann­te die für die lud­wig-scho­ko­la­den-fa­brik ar­bei­te­ten und ein wohn­haus di­rekt am pri­vat­park von pe­ter und ire­ne lud­wig hat­ten. als kin­der spiel­ten wir in die­sem rie­si­gen park, in dem ge­le­gent­lich stahl oder fi­ber­glas-plas­ti­ken rum­stan­den auf de­nen wir rum­klet­ter­ten oder tob­ten. kunst oder künst­le­ri­sche in­ter­ven­tio­nen über die man im all­tag stol­pert fin­de ich um ein viel­fa­ches span­nen­der als kunst in über­füll­ten räu­men. und das hat die do­cu­men­ta in die­sem jahr meis­ter­lich hin­be­kom­men.


am süd­flü­gel des kas­se­ler haupt­bahn­hofs, wahr­schein­lich bei der ein­zig wirk­lich be­ein­dru­cken­den vi­deo-in­stal­la­ti­on der do­cu­men­ta von bani abidi, ver­lor die bei­fah­re­rin ihre zwei-ta­ges-ein­tritts­kar­te. an der nach­rich­ten­meis­te­rei be­merk­te sie ihr ma­leur und nach­dem wir alle ihre ta­schen zwei bis drei­mal durch­sucht hat­ten, folg­ten wir dem tipp der auf­sicht beim ein­gang des süd­flü­gels zu fra­gen, ob je­mand die kar­te ge­fun­den hät­te. tat­säch­lich hat­te je­mand die kar­te ge­fun­den. als wir zu­rück bei der nach­rich­ten­meis­te­rei wa­ren, er­zähl­te uns der auf­se­her dort, dass das päär­chen, das die kar­te der bei­fah­re­rin ge­fun­den hat­te, nun sei­ner­seits sei­ne kar­ten ver­lo­ren hat­te. auf dem rück­weg zum süd­flü­gel fan­den wir dann die kar­ten der bei­den und ga­ben sie bei der freu­de­strah­len­den auf­sicht am süd­flü­gel ab. ob das al­les eine in­sze­nie­rung oder ein zu­fall war, möch­te ich nicht be­ur­tei­len.


sehr pro­mi­nent auf dem fried­richs­platz hat­te sich das oc­cu­py-camp ein­ge­nis­tet. auch hier wuss­te man nicht, ob das zelt­la­ger nun kunst sei oder rei­ner pro­test. die über­gän­ge wa­ren flies­send, was mir aus­ser­or­dent­lich ge­fiel.

occupy

oc­cu­p­ied wur­de auch eine ar­beit von pe­dro reyes. sei­ne ar­beit war ein kon­zep­tio­nell et­was über­frach­te­tes „sa­na­to­ri­um“, eine „uto­pi­sche »pro­vi­so­ri­sche Kli­nik«, die ty­pi­sche Krank­hei­ten von Städ­tern wie Stress, Ein­sam­keit oder Angst­ge­füh­le be­han­deln soll. Um das Pro­jekt […] zu er­le­ben, muss man sich als Pa­ti­en­ten ein­wei­sen las­sen.“ nach ei­nem kur­zen ge­spräch mit ei­nem „the­ra­peu­ten“ er­hiel­te man eine dia­gno­se und be­kä­me drei von sech­zehn mög­li­chen „The­ra­pien“ ver­schrie­ben. die „The­ra­peu­ten“, of­fen­bar schlecht oder gar nicht be­zahl­te stu­den­ten, hat­ten nach der ab­rei­se des künst­lers aber wohl kei­ne lust mehr auf die the­ra­pie und streik­ten kur­zer­hand. sie be­kleb­ten die hüt­te mit pro­test­pla­ka­ten und fin­gen statt um 10 zu the­ra­pie­ren, um 12 an zu strei­ken in­dem sie reyes ar­beit be­setz­ten.

expen$iv $hit

karte von zwei tagen documenta


dOCUMENTA (13), tag 1

felix schwenzel

kassel wilhelmhöhe
zwei tageskarte
ida applebroog
goshka macuga
guiseppe penone (133)
susan hiller
geoffrey farmer
fiona hall (76)
blumenherz
an der kunstakademie
gabriel lester (99)
gabriel lester (99)
janet cardiff & georges bures miller (37)
piere huyghe (83)
piere huyghe (83)
hängender baum
„bitte keine fotos, das kunstwerk befindet sich auf der anderen seite“
marcos lutyens und raimundas malasauskas / sissel tolass
vorbeuger
documenta-9-schwan auf der dOCUMENTA (13)

mein zwei­ter tag auf der do­cu­men­ta .


ein paar tausend links

felix schwenzel

do­mains auf die ich seit dem 21.06.2011 ge­linkt habe (plät­ze 1 bis 20) (vor drei mo­na­ten ver­spro­chen) (es sind ei­gent­lich 660 do­mains, bei ca. 480 hört die lis­te aber auf, hier die kom­plet­te lis­te):

spie­gel.de: 66

zeit.de: 56

bo­ing­bo­ing.net: 47

faz.net: 38

kott­ke.org: 32

ste­fan-nig­ge­mei­er.de: 27

wired.com: 27

neu­netz.com: 23

crack­a­jack.de: 21

blogs.taz.de: 20

das­nuf.de: 20

netz­po­li­tik.org: 20

hei­se.de: 19

law­blog.de: 19

tech­dirt.com: 19

ta­ges­spie­gel.de: 18

taz.de: 18

spree­blick.com: 17

dar­ing­fi­re­ball.net: 16

faz-com­mu­ni­ty.faz.net: 16

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„Oh noes!“

felix schwenzel


kooperationsanfrage

felix schwenzel

wenn ich das recht ver­ste­he, sucht grou­pon blog­ger, die kei­ne ah­nung ha­ben. aber viel­leicht ver­steh ich das auch nicht. von un­ten nach oben le­sen.


penis riot

felix schwenzel


kurzkritik „the fades“

felix schwenzel

die sechs fol­gen der ers­ten staf­fel the fa­des habe ich ziem­lich schnell weg­ge­guckt. emp­foh­len hat­te man mir die se­rie als „hor­ror“ mit fleisch­fres­sen­den zom­bie-en­geln was nur so halb stimmt. blut­rüns­ti­ger oder ek­li­ger als true-blood oder brea­king bad ist die BBC-pro­duk­ti­on je­den­falls nicht.

was mich aber po­si­tiv an brea­king bad er­in­ner­te war die de­tail­lie­be mit der die cha­rak­te­re in ih­rer nor­ma­li­tät dar­ge­stellt wer­den. nerdi­ge, lang­wei­li­ge men­schen wie du und ich, in de­ren 08/15 le­ben plötz­lich mord und tot­schlag und ab­sur­de si­tua­tio­nen ein­schla­gen sind im fern­se­hen sehr viel fes­seln­der als mus­kel­ge­stähl­te und zahn­kro­nen­be­wehr­te hol­ly­wood schau­spiel­ma­schi­nen.

die hand­lung ist ein biss­chen vor­her­seh­bar, spielt aber tap­fer ge­gen die gen­re­re­geln an und er­schafft sich ei­ge­ne hand­lungs­spiel­räu­me, die eben nicht nach sche­ma-f ab­lau­fen. sehr schön wird auch ei­ner mei­ner lieb­lings­ge­dan­ken be­leuch­tet, dass es sich loh­nen könn­te beim kampf für die die an­geb­lich gute sa­che auch auf mensch­lich­keit und mit­ge­fühl zu set­zen — und wie scheis­se es sein kann, wenn man für die gute sa­che kämp­fend al­len an­stand und mensch­lich­keit fal­len lässt.

im zuge von spar­mass­nah­men hat die BBC kei­ne zwei­te staf­fel in auf­trag ge­ge­ben, was am ende zu ei­nem klei­nen cliff­han­ger führt der un­auf­ge­löst bleibt, was scha­de, aber nicht wei­ter schlimm ist.

die the fa­des DVD kann man bei ama­zon.co.uk un­ge­fähr 15 euro bil­li­ger er­wer­ben, als bei ama­zon.de.

wenn ix stern­chen ver­ge­ben könn­te wür­de ich 5 von 5 stern­chen ver­ge­ben.


hamburg cruise days

felix schwenzel

seit ges­tern abend lau­fen am ham­bur­ger ha­fen die ham­burg crui­se days. das soll eine ele­gan­te ver­an­stal­tung sein, sag­te ka­tia de­row in ei­nem in­ter­view mit dem fern­seh­sen­der ham­burg1. für die crui­se days habe man all das vom kreuz­fahrt­schiff an land ge­holt was man dort er­le­be: es­sen und trin­ken, kunst und kul­tur, en­ter­tain­ment, show und kin­der­welt. in der pra­xis und vom pr-sprech be­freit be­deu­tet das na­tür­lich sau­fen, sau­fen, sau­fen, fres­sen und viel krach. und feu­er­werk. und san­ti­a­no. san­ti­a­no steht nach ei­ge­ner aus­kunft für „Songs bers­tend vor Le­bens­lust und See­manns Ge­fühl, vol­ler Träu­me und Sehn­sucht“, für mein da­für­hal­ten eher für schreck­li­che qua­len. denn san­ti­a­no spielt auf den ham­burg crui­se days je­den tag un­ge­fähr acht­mal die bei­den songs ih­res re­per­toires. sehr laut, mehr oder we­ni­ger di­rekt vor un­se­rer tür. der eine song heisst „san­ta­nio“, der an­de­re „frei wie der wind“. im­mer wie­der.

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ich bin mir re­la­tiv si­cher san­ti­a­no wäre auch für die fol­ter von gu­an­ta­na­mo-ge­fan­ge­nen.


als kat­ja de­row im fern­se­hen von the­men­in­seln und „kunst und kul­tur“ sprach habe ich mal nach­ge­se­hen was das be­deu­tet: „the­men­in­seln“. da gibts also das „Crui­se Vil­la­ge“, „Spa & Sports“, eine „Wein-Lounge“, „Tü­del un Tam­pen“, „Käpt’n Knopfs Kin­der­welt“, „Shop­ping an der Flut­schutz­mau­er“, „Show auf der NDR Büh­ne am Ha­fen­tor“ („Hier gibt’s was auf die Oh­ren“), „Cap­tain’s Din­ner auf dem Lan­dungs­brü­cken­vor­platz“, „Fern­weh am vor­ge­la­ger­ten Fisch­markt“ („Hier prä­sen­tie­ren sich ver­schie­de­ne Län­der und Na­tio­nen ku­li­na­risch und künst­le­risch, mu­si­ka­lisch und un­ter­halt­sam“), „Glo­be­trot­ter Kreuz­fahr­ten Mes­se“ und dann tat­säch­lich: „Kunst & Kul­tur im Holz­ha­fen Al­to­na“. kunst und kul­tur be­deu­te­ten für die ver­an­stal­ter fol­gen­des:

Holz – das wird auch ein Thema im Holzhafen, der Themeninsel Kunst & Kultur zwischen Fährterminal und Fischmarkt. An allen drei Tagen können Sie hier Holzkunstausstellungen und eine Installation der Hochschule für bildende Künste Hamburg erleben, hochwertiges Design und Kunsthandwerk erwerben oder das Tanzbein schwingen: Die Hamburger Tanzschulen und -clubs „Universo Tango“, „SwingSpirit“ und das „Flamenco Tanzstudio Iris Caracol“ bieten Tango, Swing und Flamenco zum Zuschauen und Mitmachen an.

Gastgeber am Holzhafen ist unser offizieller Partner für Kunst & Kultur, die B&L Gruppe – einer der renommiertesten deutschen Projektentwickler für Büro- und Shoppingimmobilien.

eine in­stal­la­ti­on der kunst­hoch­schu­le und kunst­hand­werk und übels­te lo­kal­jour­na­lis­ti­sche phra­sen­dre­sche­rei („das tanz­bein schwin­gen“ — OMG). kunst und kul­tur in der hand von ei­nem der re­nom­mier­tes­ten deut­schen pro­jekt­ent­wick­ler für büro und shop­ping­im­mo­bi­li­en.

das ist mal eine kul­tur­po­li­tik.

oder wie der ge­schäfts­füh­rer der ham­burg mar­ke­ting gmbh das in bull­shit­bin­go aus­drückt:

Heu­te Abend VIP-Emp­fang zu #Ham­burg #Crui­se #Days mit TOP-Ent­schei­dern der #Kreuz­fahrt. Stand­ort pro­fi­liert sich mit In­sze­nie­rung von Events

about 1 hour ago via Twit­ter for iPho­ne Re­p­ly Ret­weet Fa­vo­ri­te 

@Thors­tenK­ausch Thors­ten Kausch

heu­te und mor­gen gibts dann wie­der feu­er­werk — wie üb­ri­gens am ha­fen alle 1-2 wo­chen, wenn ein schiff ein­fährt und der stand­ort sich pro­fi­liert.


nachrichten sind flüsse, keine seen

felix schwenzel

ich bil­de mir ge­ra­de ein, ei­nen bau­plan der zu­kunft des pu­bli­zie­rens vor au­gen zu ha­ben. an ers­ter stel­le steht die er­kenn­ti­nis, dass das pu­bli­zie­ren — oder ge­nau­er das le­sen — sich be­reits jetzt zum gros­sen teil in strö­men, flüs­sen oder streams ab­spielt. ri­chard mac­ma­nus schreibt:

2. The Web Is Moving From Pages to Streams

[…] Web pages and blog posts are still being published, but this new wave of tools is looking for ways to deliver content in a more flexible way.

er ver­weist auf anil dash, der schrob „Stop Pu­bli­shing Web Pa­ges“:

Most users on the web spend most of their time in apps. The most popular of those apps, like Facebook, Twitter, Gmail, Tumblr and others, are primarily focused on a single, simple stream that offers a river of news which users can easily scroll through, skim over, and click on to read in more depth.

Most media companies on the web spend all of their effort putting content into content management systems which publish pages. These pages work essentially the same way that pages have worked since the beginning of the web, with a single article or post living at a particular address, and then tons of navigation and cruft (and, usually, advertisements) surrounding that article.

Users have decided they want streams, but most media companies are insisting on publishing more and more pages. And the systems which publish the web are designed to keep making pages, not to make customized streams.

It's time to stop publishing web pages.

da ist was dran, ich kon­su­mie­re mein me­di­en­me­nü in der tat vor­nehm­lich in strö­men: im goog­le rea­der rau­schen hun­der­te ar­ti­kel aus der­zeit 1069 abon­ne­ments an mir vor­bei, die ich an­ders auch gar nicht ver­ar­bei­ten könn­te als in ei­nem lan­gen end­lo­sen strom, des­sen in­halt ich mit j/k-tas­ten­na­vi­ga­ti­on lese, oder über­sprin­ge. ar­ti­kel die ich nicht gleich le­sen möch­te pa­cke ich in mei­nen in­sta­pa­per-strom, ar­ti­kel die ich ver­ar­bei­ten oder ver­lin­ken möch­te in mei­nen pin­board-strom. manch­mal lese ich in mei­nem quo­te.fm-strom, auf dem han­dy lau­fen mei­ne twit­ter-, face­book- und goog­le-rea­der-strö­me in flip­board, wo ich sie eben­falls in flies­sen­der form kon­su­mie­re: bei­na­he alle in­hal­te die ich wahr­neh­me, kon­su­mie­re ich in ir­gend­wel­chen an­wen­dun­gen die als un­end­li­cher strom or­ga­ni­siert sind.

und ich glau­be das ist die form, in der die meis­ten men­schen on­line ar­ti­kel oder neu­ig­kei­ten kon­su­mie­ren wer­den — auch weil es dem alt­her­ge­brach­ten me­di­en­ko­sum gar nicht so un­ähn­lich ist; ist eine zeit­schrift nicht auch ein lan­ger fluss von ar­ti­keln, den wir am stück oder mit pau­sen oder mit sprün­gen ver­ar­bei­ten?

al­ler­dings stim­me ich anil da­shs schluss­fol­ge­rung, kei­ne web­sei­ten mehr zu pu­bli­zie­ren, nicht zu. was man nicht mehr tun soll­te, ist web­sei­ten zu ver­öf­fent­li­chen, die nicht mit mo­der­nen nach­rich­ten­strom­an­wen­dun­gen kom­pa­ti­bel sind. und das fängt da­mit an, dass web­sites die kei­nen voll­text-RSS-feed an­bie­ten und da­mit mehr oder we­ni­ger in­kom­pa­ti­bel zu den mo­der­nen le­se­ge­wohn­hei­ten sind, ein­fach kei­ne auf­merk­sam­keit mehr be­kom­men — oder mit ge­walt in die le­ser­strö­me ge­quetscht wer­den, bei­spiels­wei­se mit an­wen­dun­gen wie in­sta­pa­per, po­cket, read it la­ter oder an­de­ren scra­pern, die die in­hal­te ein­fach von den web­sei­ten ab­zie­hen.

so könn­te man statt „It's time to stop pu­bli­shing web pa­ges“ viel­leicht bes­ser sa­gen „stop fight­ing the streams“. war­um die neu­en nach­rich­ten­kon­sum­for­men be­kämp­fen, wenn man sie zu sei­nem eig­nen vor­teil nut­zen kann?

„ja aber!“ höre ich aus den rei­hen der ver­le­ger und RSS-feed-kür­zer ru­fen. ja aber was ist mit un­se­rer wer­bung? wir brau­chen pa­ge­views! wir wol­len dass un­se­re in­hal­te nach un­se­ren re­geln, nicht nach den be­nut­zer­wün­schen kon­su­miert wer­den!

das mit den ei­ge­nen re­geln soll­te man auf dau­er ler­nen zu ver­ges­sen und das mit den pa­ge­views auch. und zur wer­bung: was spricht denn da­ge­gen wer­bung in den in­hal­ten ein­zu­bet­ten? ein bild, ein biss­chen text, ei­nen link — je­der VHS-HTML-kurs-ab­sol­vent kann das in ei­nen RSS-ar­ti­kel ein­bet­ten. wahr­schein­lich so­gar mei­ne oma.


ein RSS-voll­text-feed bie­tet be­reits alle tech­ni­schen mög­lich­kei­ten die für die zu­kunft des pu­bli­zie­rens nö­tig ist. ich ken­ne auch je­man­den der das seit jah­ren ziem­lich er­folg­reich macht: pe­ter turi2.

sei­ne news-häpp­chen kom­men bei mir im RSS-strom mit ein­ge­bet­te­ter wer­bung an. so ein RSS-ele­ment be­inhal­tet al­les wich­ti­ge: den au­tor, das ver­öf­fent­li­chungs­da­tum, ei­nen link zur ori­gi­nal­quel­le, das ge­sam­te HTML des ar­ti­kels — le­dig­lich das nutz­lo­se drum­her­um wie die sei­ten­na­vi­ga­ti­on, der sei­ten­leis­ten­tand und das wid­get-ge­döns fehlt. theo­re­tisch könn­te der ar­ti­kel auch noch mit ei­nem ivw- oder vg-wort-pi­xel aus­ge­stat­tet wer­den um die page-views ar­ti­kel-an­sich­ten zu er­fas­sen und den scheiss zu ver­mark­ten.

mei­ne pra­xis sieht seit vie­len jah­ren so aus: ich lese auf ir­gend­ei­nem ge­rät in ir­gend­wel­chen streams, be­vor­zugt und meis­ten goog­le-rea­der-ba­siert, und wenn ich et­was über den kon­text des ar­ti­kels er­fah­ren möch­te, be­su­che ich die ori­gi­nal­sei­te: dort fin­de ich kom­men­ta­re, im bes­ten fal­le back­links oder re­ak­tio­nen ähn­lich wie bei riv­va.

mir ist tat­säch­lich egal ob mein ar­ti­kel im goog­le rea­der, auf flip­board oder sonst­wo ge­le­sen wird. ich hät­te auch nichts da­ge­gen, wenn mei­ne ar­ti­kel im voll­text auf face­book oder twit­ter oder eben da ein­ge­bet­tet wür­den, wo sie sich op­ti­mal le­sen las­sen und zum le­ser kom­men, statt vom le­ser zu ver­lan­gen, dass er zu ei­nem kommt. so­lan­ge alle ba­sis­in­for­ma­tio­nen wie mein name, ein link zum ori­gi­nal, das ver­öf­fent­li­chungs­da­tum be­stehen blei­ben und der voll­text und die an­hän­ge kor­rekt dar­ge­stellt wer­den. gut wäre auch, wenn sich än­de­ru­negn am ori­gi­nal auch am ein­ge­bet­te­ten text aus­wir­ken wür­den. mit RSS funk­tio­niert das ja seit jah­ren pri­ma. aber viel­leicht kann das auch noch bes­ser funk­tio­nie­ren?


dave wi­ner geht das na­tür­lich wie­der mal aus der tech­ni­schen per­spek­ti­ve an und plä­diert für die in­ter­ope­ra­bi­li­tät von con­tent ma­nage­ment sys­te­men:

Let me enter the URL of something I write in my own space, and have it appear here as a first class citizen. Indistinguishable to readers from something written here.

And of course vice versa. Let me take this piece, published here, and turn it into a URL that returns the source code for the document. No formatting. Just text with a little structure and metadata.

wenn wir al­les was wir schrei­ben mit ein paar API-auf­ru­fen oder ei­nem knopf­druck oder voll­au­to­ma­tisch mit au­to­dis­co­very mit al­len we­sent­li­chen me­ta­da­ten ein­bett­bar ma­chen kön­nen, wür­de ein traum von mir wahr. meins bleibt meins, aber es ist be­weg­lich. tech­nisch wäre das am ehes­ten mit RSS auf ar­ti­kel- oder ob­jekt-ba­sis ver­gleich­bar. das for­mat, ob RSS, XML, JSON oder OPML hin­ter die­sem me­cha­nis­mus steckt, ist egal; haupt­sa­che das pro­to­koll ist of­fen und idio­ten­si­cher. so­weit ich sehe, gibts im prin­zip auch schon ein for­mat da­für: oEm­bed.

tech­nisch wür­de ich eine lö­sung be­vor­zu­gen, mit der ich wei­ter­hin auf mei­ner web­site, die ich un­ter kon­trol­le habe, schrei­be aber de­ren in­hal­te be­lie­big in die in­for­ma­ti­ons­flüs­se drit­ter ein­zu­bet­ten sind. so wie bis­her mit RSS — und dar­über hin­aus. der an­reiz die quel­le, mei­ne sei­te, zu be­su­chen, ist der kon­text der mel­dung. op­ti­ma­ler­wei­se zie­he ich per API die links, die er­wäh­nun­gen, tweets, ret­weets, em­beds oder dis­kus­sio­nen über­sicht­lich an ei­ner stel­le zu­sam­men, ein klei­nes ar­ti­kel-riv­va. an­satz­wei­se pro­bie­re ich das be­reits jetzt, in­dem ich un­ter ei­nem ar­ti­kel alle tweets und blog­ar­ti­kel mit links auf den ar­ti­kel ein­bet­te, die an­zahl der li­kes, plus­se oder quo­tes an­zei­ge, eben­so, wenn vor­han­den, ei­nen link zur riv­va-sei­te des ar­ti­kels. den ar­ti­kel und die op­ti­ma­ler­wei­se ein­ge­bet­te­te (und zu­rück­hal­ten­de) wer­bung gibts über­all, den kon­text und agg­re­gier­ten re­ak­tio­nen nur an der quel­le.


jeff jar­vis hat noch ei­nen punkt der auch nicht un­wich­tig für die idee der in­for­ma­ti­ons­flüs­se:

Creators don’t need protection from copying. That’s futile. Copying can’t be stopped. Thus copying is no longer a way to exploit the value of creation.

So what do creators need protected? What are their interests?

I’m thinking they need credit for their creations so they can build reputation or relationships they can exploit through many means: speaking for money, for example, or gaining social credit.

(Copyright or creators’ rights?)

wir möch­ten, dass un­se­re ge­dan­ken, un­se­re ideen un­se­re wor­te mög­lichst weit ge­tra­gen wer­den, emp­foh­len, kom­men­tiert, ge­lik­ed oder kri­ti­siert wer­den. aber wir möch­ten auch, dass un­se­re ideen zu uns zu­rück­ver­folg­bar blei­ben — un­se­ren na­men und ei­nen link auf die quel­le mit sich tra­gen auf ih­rem weg durch die welt. das ist nicht nur eine fra­ge der tech­nik, son­dern vor al­lem auch eine fra­ge des an­stands, der kon­ven­ti­on. die zu­schrei­bung, die au­toren­zei­le, der back­link ist ne­ben dem ap­plaus das brot des au­toren. und das ho­no­rar? jar­vis meint das gin­ge, wenn man sich ei­nen ruf er­schrie­ben hat mit ver­an­stal­tun­gen, di­rek­ten ver­käu­fen (kind­le sin­gle, ebooks), spen­den (kick­star­ter, flattr) und eben ein­ge­bet­te­ten an­zei­gen, die auch durch­aus mit ein­bett­ba­ren in­hal­ten funk­tio­nier­ten (sie­he turi2 oder re­post.us, die ge­nau das ma­chen: ar­ti­kel mit den re­fen­ren­zen zum ori­gi­nal und ein­ge­la­ger­ter wer­bung per nach­rich­ten­strom ver­tei­len).

jar­vis fasst das noch­mal so zu­sam­men:

Under creditright [as opposed to copyright], piracy is also redefined. The crime is not copying and sharing someone’s work, the crime is violating the means that creators provide — a la Creative Commons or Repost.US — for its use. This also infers that creators who do not provide those means — who do not make their content spreadable and embeddable — are just plain fools.


neu ist das al­les frei­lich nicht. schon 2007 schrieb doc searls:

News is a river, not a lake.


ar­ti­kel­links und quel­len:

nach­trä­ge:


das internet geht nicht mehr weg

felix schwenzel

ich mag es ger­ne, wenn ben_ laut über das in­ter­net nach­denkt, zu­mal er ja, wie ix, ein gu­ter in­ter­net­kri­ti­ker wer­den woll­te. aus sei­nem text vom 6. au­gust scheint je­doch, fin­de ix, mehr pes­si­mis­mus als kri­tik durch:

Das Netz ist Geld. Mehr Geld als sich das Fernsehen auch nur erträumen konnte. Denn wir selber sind das Netz. Und nichts ist mehr Wert als die Menschen. Google, Amazon, Facebook, Ebay, Microsoft und Twitter haben uns bereits eingekapselt und verdrahtet zu ziehen einen Strom von Geld aus uns heraus. Der Rest ist die Matrix: Ein Illusion von Freiheit und ein Traum von einer digitalen ‘Revolution’, weil es sich davon so schön träumt.

er for­mu­liert eine in­ter­es­san­te, leicht ver­dreh­te, in­ter­pre­ta­ti­on mei­nes re­pu­bli­ca-2012-vor­trags:

Ich glaube langsam aber sicher wird immer deutlicher, was da eigentlich passiert und Felix hatte das auf der Republika schon mal schön gesagt: Soylent Green is People: Das Produkt sind die Kunden, die Waren. Wir sind die Rohstoffe dieser neuen Konzerne. Ich muss dabei immer öfter an das Bild aus dem ersten Teil Matrix denken, wo man die riesigen Türme sieht, in denen die Menschen gehalten werden, um aus Strom zu machen.

so habe ich das frei­lich nicht ge­meint und auch nicht über­ti­telt. mein vor­trags­the­ma lau­te­te: „soy­lent green, äh, the in­ter­net is peo­p­le!“ ich habe die­se of­fen­sicht­li­che selbst­ver­ständ­lich­keit das im po­si­ti­ven sin­ne ge­meint, weil sie näm­lich kei­nes­falls selbst­ver­ständ­lich ist. so schrieb ro­bert ba­sic kürz­lich:

Es gibt nur einen Weg: Das Internet von heute muss so schnell wie nur möglich verschrottet und auf der Müllhalde der Geschichte entsorgt werden. Wir sind weder HTML-Wesen noch in Dosen gepresste, geladene Elektronenfragmente, die auf einem simplen Bildschirm wieder zusammengesetzt werden. […]

Wir können uns nicht mit dieser archaischen “Verbrennungsmaschine namens Internet, die Feuer im Hohlraum erzeugt, um ein Metallgestänge in Bewegung zu versetzen” zufrieden geben. Wir dürfen es nicht als die Krone der menschlichen Erfindungsgabe betrachten. Es ist nur ein kleinster Anfang, der uns in 100 Jahren wie die Erfindung des Feuers mittels kohlenstoffhaltigen Rohstoffen (“Holz und Kohle”) lächerlich erscheinen wird.

Es muss durch eine Version ersetzt werden, die den Menschen in ungeahnter Komplettheit übertragen, vermitteln und verstehen lassen kann. Ohne elektronischen Verkürzungen und Modulationen, die wir populär Timeline, Blogposting und YouTube-Videos nennen.

Wenn wir das nicht tun, werden wir uns den Maschinen und ihren schrecklichen Vereinfachungen anpassen.

ro­bert ba­sic über­sieht vor lau­ter HTML, tech­nik, ma­schi­nen und in­ter­net­feu­er, dass das in­ter­net eben nicht aus HTML, tech­nik und ma­schi­nen be­steht, son­dern aus dem was men­schen da­mit ma­chen — und das geht über die tech­nik da­hin­ter weit hin­aus. das was ro­bert ba­sic da in sei­ner rha­bar­ber­spra­che sagt, ist als wenn man kunst und li­te­ra­tur ab­leh­nen wür­de, weil wir men­schen nun­mal nicht kei­ne mar­mor-, öl­far­ben- oder gram­ma­tik- und buch­sta­ben-we­sen sei­en. ma­le­rei, bild­haue­rei, spra­che, tanz, mi­mik, ges­tik, blog­gen, twit­tern, face­boo­ken (und so wei­ter) sind (un­voll­kom­me­ne) werk­zeu­ge, die wir be­nut­zen um un­se­re per­sön­lich­keit und mensch­lich­keut aus­zu­drü­cken. aber wir soll­ten uns da­vor hü­ten uns und un­ser „we­sen“ mit den werk­zeu­gen die wir be­nut­zen gleich­zu­set­zen.

dazu kommt: wel­cher ver­nunft­be­gab­te mensch be­trach­tet das in­ter­net als die „Kro­ne der mensch­li­chen Er­fin­dungs­ga­be“? oder wem er­scheint die nutz­bar­ma­chung des feu­ers durch die men­schen als „lä­cher­lich“? das ge­gen­teil ist der fall, das feu­er wird all­ge­mein als der an­fang der mensch­li­chen zi­vi­li­sa­ti­on ge­se­hen, das strei­ten noch nicht mal die krea­tio­nis­ten ab. und die letz­te fra­ge die ich mir nach der lek­tü­re von ba­sics aus­wurf stel­le: wann und wo und wie kann man men­schen in ih­rer „un­ge­ahn­ten Kom­plett­heit“ er­fah­ren, „ver­mit­teln und ver­ste­hen“? als ich ro­bert ba­sic mal auf der re­pu­bli­ca ge­trof­fen habe, habe ich ei­ni­ge frag­men­te sei­ner per­sön­lich­keit er­fah­ren und er ein paar von mir, selbst mei­ne bes­ten freun­de die ich re­gel­mäs­sig tref­fe, ken­ne ich nur frag­men­ta­risch. mei­ne frau und mich selbst kann ich nicht­mal an­satz­wei­se kom­plett er­fas­sen — ich (und mei­ne frau) über­ra­schen mich im­mer wie­der mit neu­en per­sön­lich­keits­aspek­ten und -ei­gen­schaf­ten.

men­schen sind zu viel­schich­tig um sie kom­plett zu er­fas­sen, egal auf wel­chem weg, egal mit wel­cher (kul­tur-) tech­nik.

zu­ge­ge­ben, viel zeit mit je­man­dem in kör­per­li­cher nähe zu ver­brin­gen, er­leich­tert die er­fas­sung der per­sön­lich­keit un­ge­mein. aber ge­nau hier hilft auch das in­ter­net, als werk­zeug: es hilft mir per­sön­lich­keits­frag­men­te von frem­den und weit ent­fern­ten men­schen zu er­fas­sen, et­was das ohne in­ter­net und schrift eher schwie­rig war.

aber zu­rück zum pes­si­mis­mus von ben_. selbst wenn das in­ter­net, wie ben_ pos­tu­liert, be­reits vom kom­merz und der ver­gol­dung von mensch­li­chen ak­ti­vi­tä­ten be­herrscht sein soll­te („das Netz ist Geld“), heisst das noch lan­ge nicht, dass frei­heit, an­ar­chie, sub­ver­si­vi­tät oder hem­mungs­lo­se krea­ti­vi­tät im netz nicht mehr mög­lich sei­en. auch das um­wäl­zungs­po­ten­zi­al und die kraft der dis­rup­ti­on von alt­her­ge­brach­tem wer­den da­durch nicht ge­bro­chen. auch das liegt, ver­kürzt ge­sagt, dar­an, dass das in­ter­net aus men­schen be­steht. der frei­heits­drang, die krea­ti­vi­tät von men­schen lässt sich zeit­wei­lig viel­leicht un­ter­drü­cken, aber nie auf dau­er. das zei­gen der ara­bi­sche früh­ling, das auf­bre­chen des ei­ser­nen vor­hangs und mei­net­we­gen auch die fran­zö­si­sche und ame­ri­ka­ni­sche re­vo­lu­ti­on. und star trek.

stel­len wir uns das in­ter­net als eine stadt oder vie­le städ­te vor. ge­ra­de in durch­kom­mer­zia­li­sier­ten und -kor­rum­pier­ten städ­ten wie new york oder mos­kau bil­den sich zwangs­läu­fig ni­schen und ge­gen­be­we­gun­gen — im schat­ten des kom­mer­zes. zwangs­läu­fig auch des­halb, weil jede ak­ti­on eine ge­gen­re­ak­ti­on aus­löst, nicht nur in der phy­sik, son­dern vor al­lem in der mensch­li­chen psy­che. al­lein das re­vo­lu­tio­nä­re po­ten­zi­al von mu­sik! wie der al­ge­ri­sche rap­per ha­ma­da ben amor sag­te:

die musik, die stimme schlägt immer die waffen. das habe ich schon oft gesagt. selbst wenn die regierung über waffen und militär verfügt, die stimme und der wille siegen immer. die revolutionäre kann man töten, die revolution kaum.

soy­lent green mag es im sin­ne von ben_ wie­der ge­ben („Wir sind die Roh­stof­fe die­ser neu­en Kon­zer­ne.“), aber es ist un­ge­fähr­lich, weil wir es wis­sen. weil wir ver­netzt sind und das in­ter­net und un­se­re stim­men zur kom­mu­ni­ka­ti­on nut­zen kön­nen. des­halb ist es rich­tig und gut soy­lent green die durch­kom­mer­zia­li­sie­rung und aus­beu­tung der men­schen poin­tiert zu kri­ti­sie­ren, aber es gibt mei­ner an­sicht nach kei­nen grund pes­si­mis­tisch zu wer­den. mehr noch, das netz, gibt in all sei­ner un­voll­kom­men­heit eben nicht nur den geld­strot­zen­den gi­gan­ten werk­zeu­ge an die hand, son­dern auch dir und mir. und mich zu­min­dest stimmt das op­ti­mis­tisch.


wir stehen alle auf irgendwelchen schultern

felix schwenzel

kir­by fer­gu­son, der die gross­ar­ti­ge vier­tei­li­ge se­rie ever­y­thing is a re­mix ge­macht hat, hat jetzt auch ei­nen ted-vor­trag über das glei­che the­ma ge­hal­ten. die vier fil­me qua­si auf neun mi­nu­ten ein­ge­dampft.

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im ted-blog hat liz ja­cobs noch 14 zi­ta­te zum the­ma re­mi­xing ge­sam­melt und die­sen wun­der­ba­ren vor­trag („ste­al like an ar­tist“) von aus­tin kleon ein­ge­bet­tet:

mein lieb­lings­zi­tat aus dem vor­trag von aus­tin kleon:

you are a mashup of what you let into your life.


„rebel yell“

felix schwenzel

arte hat mir zwei fol­gen der doku „re­bel yell“ auf DVD ge­schickt und ich habe sie mir ges­tern abend an­ge­se­hen. die bei­den sen­dun­gen sol­len die „ak­tu­el­le pro­test­kul­tur“ do­ku­men­tie­ren und las­sen zwi­schen an­ony­mous, oc­cu­py, wiki­leaks, pus­sy riot, lon­don ri­ots, ara­bi­schem früh­ling, rage against the ma­chi­ne, na­di­ne lan­tzsch und haus­be­set­zern wirk­lich nichts aus — aus­ser ge­gen­stim­men.

je­der der schon­mal ge­gen et­was pro­tes­tiert hat darf ein paar o-töne ab­ge­ben und die pro­test­form an der er oder sie ge­ra­de teil­nimmt in ei­nem po­si­ti­ven licht dar­stel­len. das ist al­les so wohl­wol­lend und, wie der ta­ges­spie­gel schreibt, „hip“ ab­ge­filmt, dass man die sen­dun­gen statt do­ku­men­ta­ti­on auch ge­trost pro­test-selbst­por­traits hät­te nen­nen kön­nen. ich hab nie­man­den ge­se­hen der die pro­tes­te aus eine neu­tra­len, aus­sen­ste­hen­den oder di­stan­zier­ten per­spek­ti­ve kom­men­tiert hat. es fiel in den 2wei mal 52 mi­nu­ten pro­test-doku kein ein­zi­ges kri­ti­sches wort, kei­ne aus­sa­ge wur­de hin­ter­fragt, kei­ne selbst­dar­stel­lung wur­de mit ta­ges­licht be­leuch­tet.

die feh­len­de di­stanz der sen­dun­gen oder die ab­we­sen­heit von ge­gen- oder neu­tral­stim­men ist nichts über das man sich echauf­fie­ren müss­te — aber es macht die sen­dun­gen ziem­lich lang­wei­lig und un­in­spi­rie­rend. in­ter­es­sier­te sich mei­ne oma für die „ak­tu­el­le pro­test­kul­tur“, re­bel yell wür­de ihr ei­nen pri­ma über­blick ver­schaf­fen, wel­ches selbst­bild die ver­schie­de­nen pro­test­kul­tu­ren ha­ben.

am ende der zwei­ten fol­ge sagt tom mo­rel­lo von rage against the ma­chi­ne:

mit der richtigen kombination aus rhytmus, melodie und bedeutung kann man wahrheit in einer einzigartigen form wiedergeben. das kann nur musik.

do­ku­men­ta­tio­nen und jour­na­lis­mus kön­nen das lei­der nicht. da ist das mit der wahr­heit et­was kom­pli­zier­ter.

so ver­sucht re­bel yell dem zu­schau­er im­mer wie­der den ein­druck zu ver­mit­teln, dass die oc­cu­py-be­we­gung blü­he. ein­mal sagt die off-stim­me:

die bewegung breitet sich aus. überall kehrt der protest zurück in die öffentlichkeit.

oc­cu­py­tan­ten er­zäh­len, der off-kom­men­tar schwärmt und der zu­schau­er er­in­nert sich, dass das oc­cu­py frank­furt camp ge­ra­de ge­schlos­sen wur­de (und 30 me­ter wei­ter zog) und das oc­cu­py lon­don camp am 14. juni ge­schlos­sen wur­de.


ich habe mir bei der ers­ten fol­ge nach ca. 30 mi­nu­ten sehn­lich ge­wünscht, dass die sen­dung sich lang­sam dem ende zu­nei­gen wür­de. tat sie aber erst nach 50 mi­nu­ten. trotz­dem fand ich die dop­pel­fol­ge nicht schlecht.

denn wenn man hin­ter dem mond lebt, be­kommt man ei­nen ganz gu­ten ein­druck wer wo und wie ge­gen was ist und wie die ver­schie­de­nen mo­der­nen pro­test­for­men aus­se­hen. wenn man nicht hin­ter dem mond lebt, be­kommt man eine men­ge o-töne und bil­der und mu­sik­schnip­sel mit, die sich in die­ser kon­zen­tra­ti­on nicht ein­fach auf zei­tungs- oder web­sei­ten klem­men las­sen. ei­ni­ge pro­test-prot­ago­nis­ten, die in mei­ner wahr­neh­mungs­bla­se bis­her nicht vor­ka­men habe ich jetzt auch mal ken­nen­ge­lernt.

ha­ma­da ben amor aka el gé­né­ral, zum bei­spiel, der in al­ge­ri­en mit sei­ner mu­sik die re­vo­lu­ti­on mit­an­ge­facht hat. lei­der kann ich mit die­ser form yo-ma­cho-hip-hop nicht viel an­fan­gen, aber kraft­voll, wü­tend und au­then­tisch wirk­te das schon. ha­ma­da ben amor sag­te dann auch sehr schön:

die musik, die stimme schlägt immer die waffen. das habe ich schon oft gesagt. selbst wenn die regierung über waffen und militär verfügt, die stimme und der wille siegen immer. die revolutionäre kann man töten, die revolution kaum.

mir fiel auf, dass mu­sik auf eine an­ge­neh­me, bei­na­he sub­ti­le, we­nig ag­gres­si­ve art wü­tend ma­chen kann. sehr schön zeig­te das auch ein klei­nes seg­ment, in dem rage against the ma­chi­ne in der wall street ih­ren song sehr laut spiel­ten und sich da­bei von mi­cha­el moo­re fil­men lies­sen (vi­deo). die idee: rage against the ma­chi­ne spie­len, die po­li­zei kommt, nimmt sie fest, die ka­me­ra hält drauf, fer­tig ist das wut-vi­deo. was aber auch pas­sier­te: nicht nur die po­li­zei kam, son­dern auch ei­ni­ge an­zug­trä­ger aus den ban­ken, bzw. der bör­se. die wipp­ten sich dann auch in wut und skan­dier­ten: „suits for rage“.

die ver­bin­dung von wut und mu­sik zeigt die doku ein­drück­lich. in mir kam beim zu­se­hen der wunsch nach mehr wut all­ge­mein und mehr wut von künst­lern auf. nicht die re­ge­ner art von ich-ich-ich- und busi­ness-wut, son­dern wut we­gen un­ge­rech­tig­keit, dis­kri­mi­nie­rung, gier, ab­bau von bür­ger­rech­ten und man­geln­dem ge­mein­sinn. wie das ge­hen kann und wer so­was macht, zeigt re­bel yell ganz gut.


die ers­te fol­ge re­bel yell läuft heu­te abend um 22:30 uhr auf arte, die zwei­te fol­ge läuft am 18. au­gust. (viel­leicht läuft die ers­te fol­ge aber auch heu­te um 21:50 und die zwei­te am 18. au­gust um 21:30. die arte web­sei­te ist sich da nicht ganz si­cher.)


[nach­trag 12.08.2012]
die ers­te fol­ge von „re­bel yell“ ist jetzt in der arte me­dia­thek.


bei der mäd­chen­man­schaft gibts eine mit­tel­mäs­sig in­ter­es­san­te dis­kus­si­on zwi­schen dem pro­du­zen­ten des films chris­ti­an bett­ges, na­di­de lan­tzsch und ei­ni­ges an­de­ren kom­men­ta­to­ren.


reden vs. schreiben vs. linken

felix schwenzel

am diens­tag war ich bei ms­pro und max zum re­den. wir ha­ben un­ge­fähr drei stun­den ge­re­det, da­von wur­den zwei­ein­halb stun­den au­gezeich­net und zum aus der kon­ser­ve an­hö­ren ins netz ge­stellt (mp3). das war sehr nett, wo­bei ich mich stän­dig ge­fragt habe, wer hört sich das ge­plau­der von drei ty­pen so lan­ge an?

nach der auf­zeich­nung ha­ben wir noch ein biss­chen in den live­stream ge­plau­dert und ms­pro frag­te mich, war­um ich ei­gent­lich nicht pod­cas­te­te. ich glau­be ich ant­wor­te­te, dass ich mich schon ger­ne zu pod­casts ein­la­den las­sen wür­de und auch durch­aus eine ge­wis­se fas­zi­na­ti­on am pod­cas­ten nach­voll­zie­hen kann, aber sel­ber we­der pod­casts höre, noch auf die idee käme, sel­ber wel­che zu ma­chen.

auch wenn man das nicht im­mer merkt, ich mag es ganz ger­ne, eine idee die ich habe so gut wie mög­lich auf den punkt zu brin­gen. das auf den punkt brin­gen ist au­dio- oder vi­su­ell, fin­de ich, viel an­stren­gen­der als in schrift­form. ich hab ja mal für ne wei­le re­gel­mäs­sig vi­deo­pod­casts ge­macht, was ei­ner­seits spass ge­macht hat, an­de­rer­seits irre viel ar­beit war — ob­wohl ich hil­fe hat­te (auf­zeich­nung, schnitt, en­co­ding). und ich fand das was hin­ten raus­kam auch nicht im­mer so be­frie­di­gend, wor­aus ix schlies­sen könn­te, dass ich ent­we­der mehr ar­beit rein­ste­cken soll­te oder es eben zu las­sen. in den letz­ten jah­ren liess ich es ein­fach. dazu kommt, dass ich mit dem ins in­ter­net schrei­ben ei­gent­lich ganz gut be­dient bin.


apro­pos ge­schrie­be­nes wort. ich glau­be ms­pro sag­te in #wmr47, dass ich in letz­ter zeit ja kaum noch blog­gen wür­de. wor­auf ich fast ein biss­chen em­pört re­agier­te und mein­te, dass ich im ge­gen­teil nicht nur ziem­lich re­gel­mäs­sig und be­reits über ein jahr kom­men­tier­te links auf wir­res.net pos­ten wür­de, son­dern auch gar nicht so sel­ten ar­ti­kel schrö­be.

fin­det ms­pro, dass links-pos­ten kein blog­gen sei? wenn ich drü­ber nach­den­ke, ist da na­tür­lich was dran. denn auch wenn das lin­ken ar­beit macht und mühe kos­tet, bei näh­rem hin­se­hen, be­stehen mei­ne links zu 80 pro­zent aus zi­ta­ten oder zu­sam­men­fas­sun­gen und manch­mal, tat­säch­lich eher sel­ten, ei­ner ein­schät­zung oder ei­nem kom­men­tar von mir.

das was ix mit den links ma­che, ist am ehes­ten mit dem ver­gleich­bar, was ich frü­her mit dem sha­ring-fea­ture im goog­le rea­der ge­tan habe: die leu­te in mei­ner bla­se auf aus mei­ner sicht le­sens­wer­te ar­ti­kel hin­wei­sen und manch­mal zu er­klä­ren war­um ich das tue — und manch­mal eben nicht. da­bei scheint ge­wis­ser­mas­sen auch ein biss­chen faul­heit vor dem poin­tier­ten kom­men­tie­ren und be­wer­ten durch.

mar­ce­lo so­mers nann­te link­blog­gen vor­ges­tern „The Link­blog Can­cer“:

Our job as independent writers isn’t to be first or even to get the most pageviews. It’s to answer the question of “so what?”. Taken as a whole, our sites should tell a unique story that no one else can, with storylines that develop over time that help bring order to the chaos of what we cover.

ei­ner­seits ist das völ­lig über­trie­ben, an­de­rer­seits stimmt es na­tür­lich schon, dass die ei­ge­ne stim­me und in­ter­es­sen im ei­ge­nen blog klar und deut­lich durch­schei­nen soll­ten. aber ich fin­de das muss nicht im­mer in der glei­chen stär­ke sein. und zum ord­nung schaf­fen bin ich eh nicht da. ich stos­se lie­ber an, als (ein) zu ord­nen.


mir fiel dann noch ein, ich könn­te ja noch­mal nach­den­ken und -su­chen, bei wem ich schon so al­les ge­pod­cas­tet habe. ent­ge­gen der oft ge­äus­ser­ten schwach­sinns-the­se, dass das in­ter­net nie ver­ges­se, sind ein paar die­ser spu­ren in den letz­ten 6 jah­ren be­reits wie­der ver­schwun­den oder funk­tio­nie­ren nicht mehr rich­tig. das ist die lis­te der pod­casts bei de­nen ich mal zu gast war, die mir noch ein­fie­len oder goo­g­le­bar¹ wa­ren:

2006 mit john­ny in ir­gend­ei­ner eck­knei­pe, 2006 mit john­ny bei ra­dio-fritz track­back (aus dem netz ver­schwun­den), auch 2006 bei 4 na­sen tan­ken su­per auf dem me­di­en­fo­rum NRW (ver­schwun­den), 2007 4 na­sen auf der re­pu­bli­ca, auf der re­pu­bli­ca 2010 mit fré­dé­ric va­lin, 2010 beim me­di­en­ra­dio mit phil­ip ban­se und jana wut­t­ke, 2010 beim wort zum sonn­tag mit bosch und ma­thi­as ri­chel und jetzt bei wir müs­sen re­den.


1) ich goog­le mit duck­duck­go .


USA schüleraustausch

felix schwenzel

ich weiss gar nicht mehr, wie ich vor 26 oder 27 jah­ren dar­auf ge­kom­men bin ein jahr als aus­tausch­schü­ler nach ame­ri­ka zu fah­ren. ich glau­be es war nele, die sich ir­gend­wann ent­schloss das aus­tausch­jahr zu ma­chen und sich bei YFU da­für be­warb. als ich mich ent­schied, war die be­wer­bungs­frist bei YFU be­reits ab­ge­lau­fen. bei iST konn­te ich mich aber noch be­wer­ben. an wei­te­re or­ga­ni­sa­to­ri­schen de­tails kann ich mich nicht mehr er­inn­nern. wor­an ich mich aber noch er­in­nern kann, war mei­ne vor­freu­de. deutsch­land, aa­chen, die schu­le, mein all­tag lang­weil­ten mich. ich fand deutsch­land nach 17 jah­ren auf­ent­halt furcht­bar. hel­mut kohl war bun­des­kanz­ler, al­les war so klein und pro­vin­zi­ell. aa­chen war OK zum auf­wach­sen, aber den rest mei­nes le­bens woll­te ich dort nicht ver­brin­gen. ich scherz­te schon da­mals, dass aa­chen ein su­per al­ters­wohn­sitz sei, aber nix zum le­ben.

ich hat­te das ge­fühl, dass mein le­ben sich in ei­ner trü­ben bla­se ab­spiel­te, ich fürch­te­te in aa­chen zu ver­wel­ken oder im dom­kel­ler zum al­ko­ho­li­ker zu wer­den. ich woll­te an der welt schnup­pern.

ein paar mo­na­te vor mei­ner ab­rei­se hat­te ich mich zwar ge­ra­de über­win­den kön­nen gita, in die ich schon ewig ver­knallt war, zu küs­sen. wir wa­ren abends mit ein paar freun­den im „haupt­quar­tier“, ei­ner aa­che­ner knei­pe in der pro­me­na­den­stras­se die es tat­säch­lich noch gibt. da­mals war das aber de­fi­ni­tiv nicht „aa­chens schrägs­te knei­pe“, son­dern ein dunk­les punk­schmud­del­loch. ich glau­be die mu­sik war dort aus prin­zip scheis­se, das war an dem abend aber auch egal, ich war ja am knut­schen. plötz­lich wa­ren mei­ne lieb­lings­freun­din und ich ein paar. wit­zi­ger­wei­se lang­weil­te uns das paar-sein nach ein paar wo­chen bei­de so sehr, dass wir uns ent­schie­den zum ur­sprüng­li­chen zu­stand zu­rück­zu­keh­ren: bes­te freun­de. zwei wo­chen vor mei­ner ab­rei­se mach­ten wir auf der trep­pe vorm dom­kel­ler ein­ver­nehm­lich und er­leich­tert schluss.

in der schu­le hat­te ich mein ers­tes ei­ni­ger­mas­sen er­folg­rei­ches jahr hin­ter mir. die ers­ten jah­re im gym­na­si­um war ich ein so sch­ech­ter schü­ler, dass mein deutsch­leh­rer mir emp­fahl doch ein hand­werk zu er­ler­nen und den haupt­schul­ab­schluss zu ma­chen. dar­auf folg­ten drei jah­re in de­nen ich die be­fürch­tun­gen mei­nes deutsch­leh­rers be­stä­tig­te und drei­mal in fol­ge sit­zen­blieb. zwei­mal schaff­te ich in fran­zö­sisch die nach­prü­fung, bei der ver­set­zung in die zehn­te klas­se hat­te ich dann zu­vie­le sech­sen für eine nach­prü­fung. in der zehn­ten klas­se mach­te mir die schu­le plötz­lich so­gar spass. am meis­ten spass be­rei­te­te mir das le­sen; ich ver­schlang ho­imar von dit­furts bü­cher, las dou­glas adams im ori­gi­nal, erich fromms „die kunst des lie­bens“ und fast alle bü­cher von her­mann hes­se.

schrei­ben konn­te ich al­ler­dings nicht. mei­ne be­wer­bung, bzw. selbst­be­schrei­bung für die gast­el­tern­su­che schrob ich in kra­ke­li­ger pseu­do-schreib­schrift, die sät­ze wa­ren un­be­hol­fen for­mu­liert. auf den fo­tos mit de­nen ich mei­ne fa­mi­lie vor­stell­te, sah man mei­nen va­ter mit ei­nem glas fei­er­abend­wein, ich lä­chel­te auf kei­nem der fo­tos, auf dem fa­mi­li­en­por­trait sah nie­mand in die ka­me­ra; die fa­mi­lie sass am früh­stücks­tisch, mein va­ter ver­deckt von blu­men, mei­ne mut­ter war le­dig­lich als blau­er blop mit ro­ten haa­ren zu er­ken­nen.

er­war­tun­gen an mei­nen auf­ent­halt in ame­ri­ka hat­te ich kei­ne, nur vor­freu­de auf das neue und auf das weit-weg-sein. ich fühl­te mich wie ein pil­ger­va­ter. ich hat­te die chan­ce kom­plett zu ver­schwin­den und al­les neu an­zu­fan­gen, alle zwän­ge de­nen ich mich aus­ge­lie­fert fühl­te könn­te ich hin­ter mir las­sen. was für eine gross­ar­ti­ge er­fin­dung die­ses ame­ri­ka war.


in zwei wo­chen reist das kind für ein jahr nach ame­ri­ka, in eine klein­stadt in der nähe von port­land, in ore­gon — kaum 200 ki­lo­me­ter ent­fernt von ta­co­ma, wo ich mein jahr ver­bracht habe. die gast­el­tern sind seit ein paar wo­chen auf face­book mit uns, den gross­el­tern und dem kind be­freun­det. das kind ist be­reits mit der hal­ben stadt und fast al­len künf­ti­gen gast­schü­lern dort be­freun­det und hat schon ein paar­mal mit sei­nen gast­el­tern vi­deo­te­le­fo­niert. al­les scheint so nah, viel nä­her als da­mals bei mir. statt luft­post­brie­fen auf ex­tra dün­nem pa­pier schreibt man face­book-nach­rich­ten, man kann kos­ten­los dort an­ru­fen, der lehr­plan der schu­le und pro­fi­le von al­len leh­rern ste­hen im in­ter­net. wir und das kind ha­ben be­reits die hal­be stadt mit street­view und goog­le maps er­kun­det, wir ha­ben hun­der­te fo­tos der stadt, der gast­el­tern und der gast­el­ternen­kel­kin­der ge­se­hen.

die bei­fah­re­rin ist de­fi­ni­tiv auf­ge­reg­ter als das kind. ich glau­be das kind wäre nur auf­ge­regt, wenn es in ame­ri­ka kein face­book, kein you­tube oder ein play­sta­ti­on­ver­bot gäbe. das äus­sers­te an auf­re­gung brach letz­te wo­che kurz aus dem kind her­aus, als es sag­te: „oh, nur noch zwei wo­chen, dann flie­ge ich.“

ich glau­be, dem kind ein aus­tausch­jahr in ame­ri­ka schmack­haft zu ma­chen und die fi­nan­zie­rung mit tat­kräf­ti­ger un­ter­stüt­zung von fast al­len fa­mi­li­en­zwei­gen zu or­ga­ni­sie­ren, war die bes­te ent­schei­dung, zu der uns das kind je ge­drängt hat.


ich habe in den letz­ten 26 jah­ren ziem­lich viel von mei­nem ame­ri­ka-auf­ent­halt ver­ges­sen. vie­le er­in­ne­run­gen kom­men jetzt wie­der hoch. er­staun­lich fin­de ich aber vor al­lem, wie sich die um­stän­de so ei­ner rei­se in den letz­ten jah­ren ge­än­dert ha­ben. die di­stanz nach ame­ri­ka ist dank des in­ter­nets enorm ge­schrumpft, wir kön­nen dem kind dank face­book, di­gi­tal­pho­to­gra­phie und dem di­rek­ten draht zu den gast­el­tern wie bis­her auf die pel­le rü­cken.

muss­te man frü­her mehr oder we­ni­ger alle ver­bin­dun­gen in die alte hei­mat kap­pen, nimmt man sie heu­te mit dem netz in echt­zeit mit bis in die letz­te ecke der welt. an­de­rer­seits könn­te man sich der neu­gier der el­tern und an­de­ren zu­rück­ge­blie­be­nen auch ei­ni­ger­mas­sen mit netz-abs­ti­nenz und -igno­ranz ent­zie­hen. ich habe das da­mals nach ein paar mo­na­ten ge­macht, in­dem ich an­kün­dig­te, dass ich jetzt auf­hö­re brie­fe zu schrei­ben. erst als ich geld brauch­te, fing ich wie­der an zu schrei­ben.


wie sich so ein schü­ler­aus­tausch aus deutsch­land an­fühlt, was wir vom kind so al­les mit­be­kom­men und ob der aus­tausch bei mir die eine oder an­de­re er­in­ne­rung wach­ruft, schrei­be ich hier in den nächs­ten 10 mo­na­ten un­reg­mäs­sig auf.


nike werbung

felix schwenzel


ich mag den spot, trotz oder ge­ra­de we­gen des pa­thos. aber auf je­den fall we­gen des mi­ni­ma­lis­mus. / via bo­ing­bo­ing.net , wo xeni jar­din aus ei­nem busi­ness­in­si­der-ar­ti­kel über den 12 jäh­ri­gen dar­stel­ler zi­tiert, dass er wäh­rend der dreh­ar­bei­ten in ei­nen gra­ben ge­kotzt hät­te. er hät­te eine stun­de vor den dreh­ar­bei­ten mit­tag ge­ges­sen. das ist die gute nach­richt. die schlech­te nach­richt: der jun­ge will dem­nächst mit sei­ner mut­ter den jojo-ef­fekt durch­spie­len:

Nike has further plans for Sorrell. He and his mom, Monica, are now trying to lose weight. If they make it, Nike will return to shoot another spot.


bitte warten

felix schwenzel


/ NCOTB


flausch am sonntag (1)

felix schwenzel

youtube-video laden, info, direktlink


(ich gebe zu, ste­fan nig­ge­mei­ers flausch­con­tent ist flau­schi­ger) ( via )


klugscheissen

felix schwenzel

klug­scheis­se­rei reizt mich. aber be­son­ders reizt sie mich, wenn sie vom spie­gel kommt. in der print-aus­ga­be von mon­tag, schrob der spie­gel in ei­ner no­tiz un­ter an­de­rem:

Die Informatikerin [Marissa Mayer] ist im achten Monat schwanger. Vor ihrem überraschenden Wechsel an die Spitze der Internetfirma Yahoo war Mayer als Managerin beim direkten Konkurrenten Google tätig. Das Baby, dessen Geburt für Oktober ausgerechnet ist, sollte die Karriere der US-Amerikanerin kaum beeinträchtigen.

so weit, so egal. ei­ni­ge le­ser mein­ten an die­sem sät­zen aber un­ge­reimt­hei­ten fest­zu­stel­len. so schreibt der spie­gel heu­te auf sei­ner face­book­sei­te:

Viele Spiegel-LeserInnen stutzten - und fragten sich und später auch uns über unsere Leserbrief-Redaktion: Könnt ihr beim SPIEGEL nicht rechnen? Einige empfahlen den vermeintlichen Patzer für eine andere beliebte SPIEGEL-Rubrik, den "Hohlspiegel". Auf diese Idee kamen auch unsere KollegInnen von der "taz". Sie verzichteten gleich ganz auf das Fragezeichen und verliehen dem SPIEGEL gestern ihre "Gurke des Tages". Zehn bis elf Monate Schwangerschaft, das sei dann ja "fast schon wie bei Elefanten".

Sie alle sind mit ihrer Fehler-Diagnose nicht allein. Am Montag war schon Chefredakteur Georg Mascolo über die Passage gestolpert, bei der internen Heftkritik der Redaktion.

in den fol­gen­den 10 ab­sät­zen er­klärt der spie­gel dann, dass die rech­nung durch­aus kor­rekt sei:

„Un­se­re Mel­dung er­schien in der 30. Schwan­ger­schafts­wo­che, also im 8. Mo­nat“, so der spie­gel. me­di­zi­ner zäh­len 40 schwan­ger­schafts­wo­chen, so­mit sind es also vom 23. juli, an dem der spie­gel er­schien, bis zum 4. ok­to­ber, dem pro­gnos­ti­zier­ten ge­burts­ter­min, 10 wo­chen. kann man nach­rech­nen, stimmt al­les. dann hat der spie­gel also recht und al­les ist gut. al­les klar­ge­stellt, bzw. wie der spie­gel es aus­drückt: „So­viel zur me­di­zi­ni­schen Auf­klä­rung.“

der satz mit der „me­di­zi­ni­schen Auf­klä­rung“ ist si­cher harm­los ge­meint, stösst mir aber den­noch auf, weil ich mei­ne, hier eine ty­pi­sche spie­gel-hal­tung durch­schei­nen zu se­hen: auf der ei­nen sei­te der spie­gel, mit sei­ner do­ku­men­ta­ti­on, die alle feh­ler aus­fil­tert, auf der an­de­ren sei­te die le­ser, die auf­ge­klärt wer­den müs­sen, weil sie die kor­rek­te („prä­zi­se“) dar­stel­lung nicht auf an­hieb ver­ste­hen.

ge­nau die­se hal­tung, die­se po­lier­te ar­ro­ganz, ist es, die mich am spie­gel seit jah­ren stört. statt ein­fach klar und deut­lich ein­zu­räu­men, dass die mel­dung un­ge­schickt oder miss­ver­ständ­lich for­mu­liert war, ein lan­ger ser­mon, der den schwar­zen pe­ter dem le­ser und der feind­se­li­gen kon­ku­renz zu­schiebt. in die­sem fall wis­sen spie­gel-le­ser erst mehr, wenn sie die nach­be­spre­chung der heft­kri­tik auf der face­book­sei­te des spie­gels le­sen. neu­es mot­to: face­book­sei­ten­le­ser des spie­gels wis­sen mehr.


wie hät­te der spie­gel die mel­dung denn un­miss­ver­ständ­lich schrei­ben sol­len, könn­ten spie­gel­re­dak­ti­ons­ver­tei­di­ger jetzt fra­gen. ganz ein­fach:

Die Informatikerin ist in der 30. Woche schwanger. […] Der prognostizierte Geburtstermin, der für den 4. Oktober ausgerechnet ist, sollte die Karriere der US-Amerikanerin kaum beeinträchtigen.

so ma­chen ärtzte das auch. sie re­den nicht von schwan­ger­schaftsmo­na­ten, son­dern von schwan­ger­schaftswo­chen (SSW). ei­ner­seits weil ein ka­len­der­mo­nat bis zu drei tage län­ger ist als ein vier­wö­chi­ger schwan­ger­schafts­mo­nat, an­de­rer­seits, weil so von vor­ne­her­ein klar ist, dass man von der me­di­zi­ni­schen zähl­wei­se spricht, die 40 SSW zählt.

„ver­nünf­ti­ge gy­nä­ko­lo­gen“ re­den von schwan­ger­schafts­wo­chen, so drückt es mein va­ter aus, der gy­nä­ko­lo­ge mit dem ich un­ge­fähr 20 jah­re mei­nes le­bens ver­bracht habe (um­ge­rech­net ca. 1000 wo­chen, in de­nen er als gy­nä­ko­lo­ge un­ge­fähr 6 schril­lio­nen ba­bys zur welt ge­bracht hat und mich eben­so oft kor­ri­giert hat, wenn ich von „schwan­ger­schafts­mo­na­ten“ ge­spro­chen habe). ich ver­mu­te — ohne wei­te­re rück­spra­che mit mei­nem va­ter — „ver­nünf­ti­ge gy­nä­ko­lo­gen“ ge­hen da­mit vor al­lem miss­ver­ständ­nis­sen bei der kom­mu­ni­ka­ti­on aus dem weg.

statt kom­pli­ziert zwi­schen me­di­zi­ni­schen und all­tags­sprach­li­chen mo­nats­kon­ven­tio­nen hin und her zu rech­nen, wäre eine for­mu­lie­rung mit schwan­ger­schafts­wo­chen klar wie frucht­was­ser ge­we­sen. so klar, dass auch der „Chef­re­dak­teur Ge­org Ma­s­co­lo“, trotz ih­rer hun­tert­pro­zen­ti­gen und do­ku­men­tier­ten kor­rekt­heit, nicht über die pas­sa­ge hät­te stol­pern müs­sen.


hät­te der face­book­ein­trag zur may­er-mel­dung klar und deut­lich ein­ge­räumt, dass dem spie­gel hier eine miss­ver­ständ­li­che for­mu­lie­rung raus­ge­schlüpft ist, könn­te der spie­gel von mir aus die nächs­ten 10 jah­re auf der kor­rekt­heit des „im ach­ten Mo­nat schwan­ger“ rum­rei­ten. ich hät­te das face­book zu­ge­klappt und ge­sagt: gute idee, auf face­book ein­zel­ne ar­ti­kel, fak­ten und hin­ter­grün­de aus der re­dak­ti­on oder der do­ku­men­ta­ti­on zu be­spre­chen. das soll­te der spie­gel re­gel­mäs­sig ma­chen!

aber so ist der spie­gel nicht ge­strickt. feh­ler oder un­ge­schick­te for­mu­lie­run­gen macht der spie­gel nicht. der spie­gel, dass sturm­ge­schütz der do­ku­men­ta­ti­on und kor­rekt­heit.

blöd ist al­ler­dings, dass der face­book­ein­trag nicht durch die do­ku­men­ta­ti­on oder den ge­sun­den men­schen­ver­stand ge­lau­fen zu sein scheint. denn der ver­fas­ser oder die ver­fas­se­rin des face­book­ein­trags spricht zwei­mal von ei­ner „hoch­schwan­ge­ren“ ma­ris­sa may­er:

Hätten wir vermeiden können, dass so viele Leser über die Stelle stolpern? Klar, ganz einfach, zum Beispiel indem wir einfach nur "hochschwanger" geschrieben hätten, statt einer präzisen Monatsangabe.

hochsch­an­ger in der 30. schwan­ger­schafts­wo­che? mit 10 wo­chen rest­schwan­ger­schaft? wie nennt man dann eine schwan­ge­re in der 38. SSW? ul­tra­hoch­schwan­ger? in der 39. SSW ex­trem ul­tra­hoch­schwan­ger? höchst­schwan­ger? ich habe heu­te mei­nen va­ter auch dazu ge­fragt: er meint der be­griff „hoch­schwan­ger“ sei ei­ner­seits „nicht klar fest­ge­legt“ und wer­de an­de­rer­seits von me­di­zi­nern kaum noch be­nutzt. sei­ner auf­fas­sung nach sei eine frau aber ab der 36. SSW „hoch­schwan­ger“. dem­nach wäre ma­ris­sa may­er also un­ge­fähr ab an­fang sep­tem­ber „hoch­schwan­ger“.

was ist ei­gent­lich am wort „schwan­ger“ so falsch. wozu die rhe­to­ri­sche dra­ma­tik?


klar bin ich mit mei­nerm vor­wurf an den spie­gel recht­ha­be­risch und ar­ro­gant zu sein, selbst recht­ha­be­risch. und ich weiss auch, dass ich dazu nei­ge mich miss­ver­ständ­lich aus­zu­drü­cken und feh­ler zu ma­chen. aber vor al­lem weiss ich, eben­falls aus ei­ge­ner er­fah­rung, wie lä­cher­lich man sich macht, wenn man miss­ver­ständ­nis­se, für die man selbst ver­ant­wort­lich ist, ohne ei­nen hauch von de­mut oder „uups“ auf­zu­klä­ren ver­sucht oder dem le­ser (oder der frau) die schuld am miss­ver­ständ­nis gibt.

das mit der au­gen­hö­he, wird der spie­gel nie hin­be­kom­men. die fas­sa­de des neu­en spie­gel­ge­bäu­des in ham­burg be­steht üb­ri­gens aus glas und el­fen­bei­ni­mi­tat.


der ur­sprüng­li­che face­book­ein­trag wur­de vom spie­gel ge­löscht, da­mit auch min­des­tens 10 kom­men­ta­re und 24 li­kes. ge­gen 19 uhr wur­de der ein­trag neu ge­pos­tet. ein hin­weis dazu fin­det sich un­ter dem ein­trag nicht. ein­zi­ger un­ter­schied zum vor­he­ri­gen text in der neu­en ver­si­on: hau­ke jans­sen, der chef der spie­gel-do­ku­men­ta­ti­on, schreibt sich jetzt kor­rekt mit zwei s (vor­her nur mit ei­nem). aus­ge­rech­net!


sascha lobo

felix schwenzel

ich habe of­fen­bar eine be­son­de­re be­ga­bung: ich kann wil­lent­lich sa­scha lobo zu­fäl­lig tref­fen. das hat jetzt schon zwei­mal ge­klappt, auf mei­nem nach­hau­se­weg von der ar­beit. das funk­tio­niert üb­ri­gens ganz ohne in­ter­net, nur mit ana­lo­gen mit­teln. zu­min­dest hat das heu­te so funk­tio­niert und vor ein paar wo­chen auch schon­mal.

aus­ser­dem ist mir auf­ge­fal­len, dass mir sa­scha lo­bos ko­lum­nen auf spie­gel on­line dann be­son­ders gut ge­fal­len, wenn er sie hin­rotzt, auf sub­jek­ti­ve er­fah­run­gen stützt und jede tie­fe­re, ge­zielt in­tel­lek­tu­el­le ana­ly­se weg­lässt. so hat er das heu­te in ei­ner sehr okay­en ko­lum­ne ge­macht: Lob der Okay­heit.

wie je­der weiss, ha­ben er und kath­rin pas­sig ges­tern ihr buch ab­ge­ge­ben, also kann er nicht son­der­lich viel zeit für das schrei­ben der heu­ti­gen ko­lum­ne ge­habt ha­ben (auf vor­rat kann sacha sei­ne ko­lum­ne nicht pro­du­zie­ren).

der ko­lum­ne liegt ein ein­fa­cher ge­dan­ke zu­grun­de: was pas­siert, wenn wir zu­gang zu gros­sen tei­len des pri­vat­le­bens und den pri­vat­an­sich­ten von im­mens vie­len men­schen ha­ben?

Die sozialen Medien bringen in die Öffentlichkeit, was zuvor als höchst privat galt, sie erlauben daher dem Einzelnen, völlig unbekannten Menschen sehr nah zu kommen. Zwei, drei, vier Klicks auf Facebook oder Twitter, und man lauscht privaten Gesprächen, die man ohne das Netz niemals hätte wahrnehmen können. Geführt, als gäbe es kein Publikum. Ein digitaler Blick in die Köpfe, wo die eben noch gefährliche Bedenkenlosigkeit jetzt schon eine unerhörte, ungefilterte Nähe erlaubt. Jeder, der soziale Netzwerke benutzt und ein bisschen umherstromert, aus welchen Motiven auch immer, betreibt digitale Echtzeitethnografie. […]

Was passiert langfristig, wenn es mit sozialen Medien nun möglich ist, in die Köpfe und Gespräche hineinzusehen? Wird es völlig egal sein, weil kaum jemand die Möglichkeit nutzt? Oder setzt sich mit dieser digitalen Nähe die Toleranz der Andersartigkeit flächendeckend durch? Sind die sozialen Medien durch ihre Vernetzung der Verschiedenheiten sogar eine Art Konfrontationstherapie für Intolerante?

Wenn man annimmt, dass beide Extreme nicht zutreffen werden, sondern irgendetwas in der Mitte herauskommt, dann entsteht ein neues Gesellschaftsbild, das hier den Namen Okayheit bekommen soll: "Andersartigkeit ist okay". Okayheit verbindet eine Reihe von sehr unterschiedlichen Haltungen wie Resignation, Toleranz, Desinteresse, Empathie und Gleichgültigkeit zu einem leicht widersprüchlichen Amalgam, das aber am Ende in allen Varianten die gleiche Wirkung hat: es einfach okay sein zu lassen.

ein­fach eine sub­jek­ti­ve be­ob­ach­tung zu ei­ner klei­nen, stei­len the­se an­spit­zen und in die welt set­zen. dann an­de­re drü­ber nach­den­ken las­sen, ohne zu ver­su­chen es selbst zu­en­de zu den­ken. ein­fach mit ei­nem „lob der okay­heit“ die ko­lum­ne be­en­den, ohne über die wei­te­ren ge­sell­schaf­li­chen kon­se­quen­zen nach­zu­den­ken, ohne die ko­lum­ne ar­gu­men­ta­tiv ge­gen po­ten­zi­ell an­de­res­den­ken­de zu wapp­nen, die ko­lum­ne ver­öf­fent­li­chen und dann in ur­laub fah­ren.

mög­li­cher­wei­se mag ich die­se art zu pu­bli­zie­ren des­halb so ger­ne, weil ich auch dazu nei­ge das so zu ma­chen. man soll­te aber da­bei be­den­ken, dass nur weil eine ko­lum­ne, ein blog­ein­trag oder ein vor­trag nicht al­les zu­en­de denkt und durch­ge­kocht ser­viert, der au­tor nicht be­reits wei­ter­ge­dacht hat oder di­rekt nach dem ver­öf­fent­li­chen wei­ter­denkt. aber die­se un­be­stän­dig­keit, die­se tem­po­rä­re qua­li­tät, ist mei­ner mei­nung nach ei­ner der ganz gros­sen rei­ze des net­zes; man setzt ein paar klei­ne, un­fer­ti­ge, nicht zu­en­de ge­dach­te ideen in die welt und an­de­re zie­hen sie gross oder mo­di­fi­zie­ren sie — oder auch nicht.

tl;dr: die­se ko­lum­ne von sa­scha lobo be­weist: er ist, ent­ge­gen al­ler un­ken­ru­fe, ein ech­ter blog­ger.