das neue macbook pro mit besonders hochauflösendem bildschirm hat lüfter mit asymmetrisch angeordneten flügelrädern um den geräuschpegel der lüfter zu senken. oder wie apple das in seinem schlecht übersetzten marketingsprech ausdrückt:
Asymmetrisch platzierte Flügelräder und rück- und seitwärtige Öffnungen für den Luftstrom bewegen besonders viel Luft und reduzieren dabei auch die akustische Beeinträchtigung.
akustische beeinträchtigung. mein lieber scholli. nicht weniger aufgeblasen, aber kürzer auf englisch:
The asymmetrically spaced impeller blades with back and side airflow vents work together to move the maximum amount of air while reducing tonal impact.
davon gehört habe ich zu allererst im macbook-promo-video, in dem jonathan ive das design des neuen laptops als „genuinely new“ bezeichnete.
laufgeräuschfrequenz bei symetrischen ventilator-schaufeln
laufgeräuschfrequenz bei asymetrischen ventilator-schaufeln
wobei die technik um die geräusche des lüfters leiser erscheinen zu lassen alles andere als neu ist. zuschauer der sendung mit der maus wissen das. in diesem maus-clip wird erklärt (ab ca. minute 2:50), warum die profile von autoreifen asymmetrisch angeordnet sind: symetrische, also gleich grosse profile, würden ein unangenehmes pfeifen auslösen, asymmetrisch angeordnete profile verteilen sich über ein breiteres frequenzspektrum.
khoi vinh findet die apple prudukt-promo-videos übrigens etwas aus der zeit gefallen:
Apple’s product videos remain trapped in time, following the same format that their videos from the last decade followed: talking head shots of Apple executives as they wax effusively about whatever new product they’re introducing.
find ich auch. aber wahrscheinlich könnte man aus den promo-videos einen wunderbaren und irre witzigen mashup schneiden.
das halbe blogdings lacht über blogger oder selbsternannte qualitätsjournalisten die pressemitteilungen einspeicheln, etwas zerkauen und dann veröffentlichen — oft ohne vorher die adjektive zu streichen. aber wenn apple entwickler- und pressemitteilungen auf einer bühne verlautbaren lässt, spitzen alle die bleistifte und schreiben mit und ab. hundertfach liest man dann, dass apple jetzt einen neuen laptop mit einem besonders hochauflösenden bildschirm hat. „hochauflösender bildschirm“ schreibt aber keiner, sondern man zitiert den marketing-bullshit der marketingfuzzis und nennt das ding, wie alle anderen, „retina-display“.
ein erstaunliches schauspiel, bei dem blogger und journalisten sich zu unreflektierten marketingmultiplikatoren machen lassen und die info-häppchen die ihnen von den apple-marketing-fuzzis hingeworfen werden mit einem merkwürdigen stolz wie trophäen oder exklusive neuigkeiten hochhalten. journalisten haben ja noch nie hemmungen gehabt, das was andere bereits tausendfach aufschroben erneut aufzuschreiben. dass sich dieses papierjournalistenverhalten in diesem ausmass ins hyperlink-zeitalter retten würde, ist dann schon ein bisschen überraschend.
was ich mich übrigens frage: kann siri mir demnächst auch endlich in deutschland sagen, wo das nächste kaffee oder bestattungsinstitut ist? das schreibt natürlich keiner von diesen apple-köppen.
keese würde das natürlich mit redaktioneller freiheit erklären. aber fairness ist bei springer ja auch keine journalistische kategorie. im gegenteil.
[nachtrag 13.06.2012]
christoph keese hat die reaktionen auf die montage die er auf verschiedenen kanälen geäussert hat, nochmal bei sich im blog zusammengefasst.
irre wie schnell sich diese links sammeln, viele hab ich noch nicht mal (zuende) gelesen. und jetzt vier tage lang auch nicht hier veröffentlicht. eigenartig was das mit mir macht: schlechtes gewissen.
bei instapaper sammeln sich auch immer mehr ungelesene artikel, trotzdem habe ich am wochenende lieber geo epoche gelesen. wenn ich im bett liege und in papier lese schlafe ich ein sehr leicht ein, was ich herrlich finde. wenn ich im telefon lese, schlafe ich fast nie ein. das trägermedium spielt manchmal eben doch eine rolle.
per email von rené einen hinweis auf diese tollen lampen bekommen, die kackende hunde darstellen und eine gewisse ähnlichkeit mit dem logo dieser seite haben. witzig, aber meiner bescheidenen meinung nach sehen die hunde zu entspannt aus. echt kackende hunde haben viel mehr körperspannung und wirken verschämter. trotzdem gut .
wie immer, bin ich nachhaltig irrititiert, wenn ich die-antwoord-videos sehe. sehr.
die entstehung von etwas zu unterstützen ist schon ein bisschen toller als etwas einfach nur zu kaufen. auch wenns eigentlich das gleiche ist.
zuletzt habe ich das mit gerrit van aakens buch getan. ich finde diese projekte und diese art büchern beim entstehen zu helfen sehr befriedigend, auch um mir selbst zu beweisen, kein reines opfer der grassierenden „sofortkultur“ zu sein, deren opfer ich eigentlich gerne bin. aber eben nicht nur.
apropos sofort-kultur. die aktuellen staffeln von game of thrones, mad men, continuum sind toll. was ich momentan ein bisschen schleifen lasse ist die aktuelle staffel der tagesschau.
was ich gerade kräftig nachhole ist bones (staffel eins mithilfe der DVDhek durchgearbeitet). extrem befriedigendes fernsehen, weil jede folge mit einem gelösten fall zuende geht und manchmal noch ein paar lebensweisheiten drauf gesetzt werden, die meist nicht allzu pathetisch rüberkommen und mich manchmal sogar ein bisschen zu tränen rühren. besonders toll: alle beteiligten hauptpersonen sind irre intelligent, sympathisch, ehrlich, aufrichtig und trotzdem ein bisschen gebrochen. so rundum positiv stimmendes fernsehen habe ich zuletzt in den ersten paar staffeln entourage erlebt. nach jeder folge fühle ich mich ein bisschen beschwingt. fernsehen wie opium.
das kind fährt mitte august für 10 oder 11 monate nach amerika. seit dem wochenende wissen wir wohin es kommt. in einen ort mit 2500 einwohnern in oregon. die highschool hat ungefähr 250 schüler. vor 25 jahren war ich als austauschschüler in washington state, nicht mehr als 200 kilometer entfernt von dort wo das kind das nächste jahr verbringen wird. kleine welt.
erstaunlich auch, welche erinnerungen bei mir an die zeit damals wieder wach werden. die erinnerungen schwappen immer höher, obwohl das wirklich alles sehr lange her ist. meine zeit in washington state empfand ich als sehr aufregend und prägend. so wie es aussieht hat das kind auch eine sehr prägende zeit vor sich und eine sehr, sehr herzliche familie und gemeinschaft die ihn dort erwartet. besonders spannend zu beobachten ist, wie klein die welt durch das netz, facebook, facetime und diese ganze gedöns geworden ist. über facebook hat er sich bereits mit seiner gastfamilie, etlichen austauschschülern dort und der halben stadt befreundet. telefoniert hat er auch schon ausführlich mit der familie.
aber auch erstaunlich: wie gross und differenziert diese welt nach wie vor ist, trotz all dieser irre tollen kommunikationsmöglichkeiten.
demut statt grosskotzigkeit. gelieferte qualität, statt behaupteter relevanz. das gras wachsen hören, statt sich grunzend auf die brust zu klopfen.
kurz: eine frau als chefredakteurin.
obwohl. vielelicht isses auch einfach zu spät für den spiegel.
[nachtrag 29.05.2012]
ich hätte zwei vorschläge zur verbesserung der spiegel-markenkampagne.
noch nicht gesehen habe ich marcel-andré casasola merkle, wie er erklärt wie man menschen dazu bringt freiwillig regeln anzunehmen. aber ich glaube der vortrag ist sehr gut.
auch die next-people haben angefangen videos der next online zu stellen. rené obermanns keynote habe ich angefangen zu sehen und mich trotz akzeptablen englishs von minute zu minute gefragt warum oberman nur drei slides vorbereitet hat. souverän wirkt er ja schon, aber rhetorisch oder überzeugend ist obermann leider überhaupt nicht. unbedingt sehen will ich george dysons vortrag. auf der next selbst hab ich den aus irgendwelchen gründen verpasst. apropos verpasst. wer die next verpasst hat, kann sie sich hier in 96 sekunden ansehen, inklusive auf- und abbau.
bei plazes war ich von anfang an (möglicherweise sogar vor kosmar). seit 2005 oder so. anfang mai hat plazes zugemacht.
bei aka-aki war ich auch von anfang an am anfang dabei (wahrscheinlich ein paar wochen nach kosmar). zum ende des monats macht aka-aki auch zu.
das hat mich dazu inspiriert, heute mein drei jahre altes foursquare-konto zu löschen. ich muss zwar fast jeden scheiss mitmachen, finde aber, dass ich ja auch mal selbst den stecker ziehen könnte, statt zu warten bis der laden das selbst macht. besonders schön bei foursquare: es geht.
vor allem habe ich mich heute gefragt: cui bono? mir nicht.
ich kann die frage tatsächlich nicht beantworten: hat irgendeiner dieser dienste etwas zum postiven in meinem leben verändert (ausser meinen spieltrieb auszunutzen und zu reizen)? die bereicherung hielt sich in grenzen. ich habe niemanden kennengelernt, den ich nicht auch so kennen gelernt hätte, ich habe keine orte entdeckt, die ich nicht auch mit google maps oder meinem orientierungssinn entdeckt hätte.
hier sind ein paar kleinigkeiten, die mir kürzlich auffielen. eher unbedeutende sachen, nichts über das man sich aufregen müsste, aber für ein „hmm?“ reichts allemal.
ich finde dieses partnergedöns auf das sich manche veranstaltungen wie zeitungen oder fernsehanstalten manchmal einlassen eher so naja. ich glaube die ARD war mal partner der tour de france, was es aus meiner sicht irgendwie schwierig macht mit der nötigen distanz über das ja bekanntlich nicht ganz unumstrittene ereignis zu berichten.
genauso fand ich es vor nicht allzulanger zeit dubios wie spiegel-online mit parship „kooperierte“ und damit einerseits SEO betrieb, andererseits statt „anzeige“ „kooperation“ drüberschrieb. natürlich kann man „kooperation“ als euphemismus für „bezahlt-werden“ benutzen, ich würde mich aber dagegen verwahren, dass mein bäcker mit „in kooperation mit felix schwenzel“ wirbt, nur weil ich ihm geld für seine brötchen gebe.
allerdings parshipt spiegel-online jetzt nicht mehr, sondern nennt partnersuche.spiegel.de jetzt korrekt „anzeige“. die anzeige ist von neu.de. spiegel-online hat sogar die links auf neu.de mit „no-follow“ gekennzeichnet, die inhalte sind per iframe eingebettet. das spiegel-online an dieser stelle die suchmaschinenverarschung unterlässt, finde ich ziemlich lobenswert.
weniger lobenswert, dass der tagesspiegel das SEO-spiel von parship jetzt mitspielt und eine seiner subdomains dafür zur verfügung stellt. leider fehlen parship aber offenbar die finanziellen oder logistischen mittel ein SSL-zertifikat für partnersuche.tagesspiegel.de zu besorgen, so dass der anmeldeprozess bei parship, wenn er über die tagesspiegel-subdomain gemacht wird, leider völlig ungesichert stattfindet. sowohl die initiale passwortübergabe, als auch der „wissenschaftliche PARSHIP-Persönlichkeitstest“ laufen also wenig vertraulich ab, auch wenn parship und der tagesspiegel anderes behaupten:
„Ihre Angaben werden streng vertraulich behandelt.“ — ohne https?
technisch spielt sich die kooperation zwischen dem tagesspiegel und parship übrigens auf DNS-level ab: die subdomain partnersuche.tagesspiegel.de löst zu einer parship IP auf. kurz gesagt: tagesspiegel.parship.de ist identisch mit partnersuche.tagesspiegel.de. würde parship auf das SEO-gedöns verzichten und die domain tagesspiegel.parship.de benutzen, könnte parship tatsächlich die versprochene vertraulichkeit sicherstellen. aber die tagesspiegel.de-toplevel-domain scheint parship wichtiger zu sein, als der schutz der kundendaten.
die partnerschaft des tagesspiegel und parship erstreckt sich auch auf andere bereiche.
tagesspiegel vom 14.05.2012
wahrscheinlich hätte ich die kooperations-anzeigeansage gleich wieder vergessen, wenn im wirtschaftsteil des tagesspiegel vom letzten montag nicht dieser artikel über online-dating-portale gestanden hätte. weder in der druck-version, noch online gibts einen hinweis auf das geschäftsverhältnis des tagesspiegels mit parship.
sauber ist das nicht.
in der aktuellen c’t gibts ein interview mit den zwei ärzten bela b und rodrigo gonzález zum urheberechtsgedöns. das interview zeigt ein deutliches bildungsgefälle innerhalb der band. zu ACTA meint bela b zum beispiel:
Bela: […] Bei ACTA, da heißt es dann „ihr wollt uns das Internet wegnehmen“. Die Leute wussten zum Teil gar nicht, worum es geht, demonstrieren aber dagegen.
c’t: ACTA fändet ihr also im Prinzip gut?
Bela: Ich habe das nicht komplett gelesen, aber ich finde es nicht schlecht. ACTA sollte die Durchsetzung des durchaus sinnvollen Urheberrechts etwas erleichtern, aber nicht das Internet einschränken.
Rod: Das Problem bei ACTA ist ja gewesen, dass es unter Ausschluss der Öffentlichkeit gemacht wurde. Deswegen gab es diese Empörung.
ich würde mal sagen doppelter punktabzug für bela b, einerseits für ahnungslosigkeit, andererseits für ahnungslosigkeit gepaart mit zeigefinger-hybris. wäre ich so schlagfertig wie meine frau, würde ich bela b hinterherufen: „bela b weiss zum teil gar nicht, worum es geht, findet es aber »nicht schlecht«.“ ein punkt geht an rodrigo fürs der debatte folgen und einen weiteren extrapunkt hätte es für rodrigo für weiteres differenzieren gegeben.
ohne jetzt allzusehr auf der sachebene rumzuhüpfen, aber bela b hat natürlich den knackpunkt getroffen. leider versehentlich. wie weit wollen wir gehen, um sinnvolle dinge durchzusetzen? wenn aber leute wie heribert prantl, die nicht unbedingt dafür bekannt sind, sachen nicht zuende zu lesen oder über dinge zu sprechen von denen sie nur so vom hörensagen gehört haben, vor ACTA warnen, weil vor allem „bemerkenswert“ sei, was in Acta fehle, nämlich „angemessene Rechtsschutzmöglichkeiten für die Beklagten“ … [hmm. satzanfang vergessen.]
wenn also nicht nur prantl, wikipedia und ein paar tausend andere seiten und menschen (dieses plakat mag ich sehr) warnen und sich zu drastischen massnahmen entschliessen, bin ich persönlich — auch wenn ich kein fan von massenbewegungen bin — immer ein bisschen vorsichtig damit, zu behaupten die hätten alle keine ahnung.
aber das peinliche balancieren zwischen möchtegern-coolness und bequem gesetzter arriviertheit von bela b wollte ich eigentlich gar nicht weiter kommetieren. was ich faszinierend fand, war etwas was ich in meinen 15 jahren als c’t-abonnent bis jetzt noch nie in der c’t gesehen hatte: eine anzeige der ärzte.
die ärzte in der c’t 12/2012
auch wenn hier der eindruck einer gefälligkeit entstehen könnte, jürgen kuri von der c’t redaktion sagte mir, redaktion und anzeigen seien und blieben bei der c’t streng getrennt. einen deal anzeige gegen artikel gebe es bei der c’t „never“. also haben die ärzte neuerdings in computer-fuzzis IT-entscheidern eine neue zielgruppe entdeckt, die zu erreichen ihnen 7390 euro anzeigenpreis wert ist.
IT-entscheider als zielgruppe für den veganen ärzte-anti-alkoholiker-pop. ich finde das ziemlich „hmm“.
ich muss mir immer bildlich, vor meinem inneren auge vorstellen, wie mcwinkel für solche blogeinträge zuerst auf den dachboden geht und dort seine sammlung alter vintage-magazine durchblättert und den ganzen kram dann mit seinem iscanner einscannt und sich danach in den whirlpool legt, um sich einen passenden text auszudenken. denn so stell ich mir mcwinkel nach wie vor in meinem inneren auge vor: ein witziger, fleissiger und fairer typ, der zudem seine feedleser unter jedem blogeintrag dazu auffordert, nett zu den leuten zu sein („Please be nice to people.“ — früher stand da „Please "like" WHUDAT on facebook!“).
nur soo nett ist mcwinkel dann doch nicht zu den leuten. wer die alten (in der tat grandiosen) alkoholmissbrauchsakzeptanz-anzeigen eingescannt hat, lässt sich wirklich schwer zurückverfolgen: die gescannten anzeigen scheinen seit mindestens drei jahren durchs netz zu fleuchen. aber wäre es nicht nett, das „via“ statt es in <small> gesetzt unter alle bilder zu klemmen etwas auffälliger zu plazieren? wäre es nicht nett, den autor des text-abschnitts den mcwinkel kopiert und in mcwinklisch übersetzt hat zu verlinken? kann natürlich sein dass mcwinkel in seinen alten tagen vergesslich geworden ist, aber selbst als versehen ist das eher not nice und ziemlich hmm.
ich habe 1987 meinen highschool-abschluss auf der steilacoom highschool in der nähe von tacoma in washington state gemacht. der highschool-schulabschluss wird in amerika auf zwei arten gefeiert. einmal indem man eine klassenkameradin um ein date fragt, sie zum essen ausführt und danach zur abschlusstanzveranstaltung (prom) fährt, wo auch alle anderen klassenkameraden sind, die ein date gefunden haben.
umgekehrt, dass eine klassenkameradin einen klassenkamerad um ein date fragt, war das zumindest 1987 in steilacoom übrigens verpönt. die männer hatten zu fragen, das blumengesteck, die anfahrt und das essen zu bezahlen. ich wünschte mir damals sehr, dass es umgekehrt gewesen wäre*.
das erste was man auf der abschlusstanzveranstaltung macht ist natürlich ein foto.
in amerika gibt es für niedergelassene fotografen sehr gute förderprogramme. in jeder schule gibt es jährlich mehrere möglichkeiten sich semi-offiziell professionell fotografieren zu lassen. am anfang des schuljahres, gruppenfotos des sportteams oder der clubs in denen man mitglied ist und eben graduation- (abschluss-) und prom-fotos.
neben dem abschlusstanz gibt es auch noch eine abschlussfeier zu der sowohl die lehrer, als auch die eltern eingeladen werden und bei der sich die abschlussschüler billige synthetik-umhänge anziehen und ein quadrat mit bommel auf den kopf setzen. bei der abschlussfeier werden dann die abschlusszeugnisse in einer länglichen zeremonie übergeben, irgendwann die quadrate mit bommel vom kopf genommen und in die luft geworfen und irgendein prominenter hält eine sogenannte commencement speech.
an die commencement speech bei meiner abschlussfeier kann ich mich leider kaum noch erinnern. das kann daran liegen, dass die feier bereits 25 jahre her ist oder dass ich die ganze zeit abgelenkt war. die commencement speech sprecherin war eine nachrichtensprecherin eines lokalen fernsehsenders und ich wunderte mich die ganze zeit darüber, wie nachrichtensprecher es schaffen, sich jederzeit wie nachrichtensprecher anzuhören wenn sie sprechen.
ich habe noch ein VHS-tape von der veranstaltung. im NTSC-format. ich glaube vor 10 jahren hatte ich in während des studiums mal die möglichkeit den film zu sehen. ich kann mich aber an nichts erinnern.
commencement speeches sind im netz auch viel besser aufgehoben als auf VHS-bändern. ein klassiker ist natürlich steve jobs commencement speech in stanford, die er 2005 hielt und die seitdem mindestens sechs schrillionen mal angesehen wurde. warum commencement speeches so grandios sind, wird bei steve jobs rede ziemlich deutlich:
jemand redet ausschliesslich von sich und seinem leben — und dann eben doch nicht, sondern vom künftigen leben und den potenzialen die in den zuschauern stecken.
ein oft prominenter und zumindest in irgendeiner form irre erfolgreicher mensch redet von seinen erfolgen und den grossartigen dingen die er erreicht hat — und dann eben doch nicht, sondern von seinem scheitern und seinen zweifeln und schwächen.
viele commencement speeches lassen sich wahrscheinlich in einem satz zusammenfassen: folgt eurem eigenen weg, hört nicht auf das was euch andere sagen, aber tut etwas sinnvolles.
weshalb ich überhaupt auf dieses commencement-speeches-ding gekommen bin, ist dass ich in den letzten tagen auf zwei reden gestossen bin die mir beide ziemlich gut gefallen haben und deren kontrast zueinander ich ziemlich beeindruckend fand. einerseits habe ich aaron sorkins „commencement address“ vor der diesjährigen abschlussklasse der syracuse universität gesehen, andererseits neil gaimans commencement speech vor der abschlussklasse der „university of the arts“ in philadelphia.
beide reden sind brilliant und ich kann sehr empfehlen, sie anzusehen. und obwohl ich aaron sorkin für einen der besten drehbuchschreiber jemals halte, fand ich es bemerkenswert, wie viel kälter, unsympathischer oder fast misanthropisch sorkin im kontrast zu gaiman wirkt. nein. ich formuliere das nochmal um: obwohl ich sorkin für ziemlich sympathisch und brilliant halte, war ich erstaunt, um wieviel offener, sympathischer und vielleicht auch ehrlicher gaiman wirkte. und während ich das schreibe, fällt mir auch auf warum. sorkin sagt an einer stelle:
You'll meet a lot of people who, to put it simply, don't know what they're talking about. In 1970 a CBS executive famously said that there were four things that we would never, ever see on television: a divorced person, a Jewish person, a person living in New York City and a man with a moustache. By 1980, every show on television was about a divorced Jew who lives in New York City and goes on a blind date with Tom Selleck.
I wish you the quality of friends I have and the quality of colleagues I work with. Baseball players say they don't have to look to see if they hit a home run, they can feel it.
obwohl sorkin vor leuten warnt die keine ahnung haben, macht er in seiner rede deutlich, dass er voll die ahnung hat. gaiman sagt wiederholt (implizit und ich glaube auch explizit), dass er keine ahnung habe wie das mit dem erfolg funktioniere, ausser dass er beobachtet habe, dass es manchmal funktioniert wenn man echt bock auf das hat was man tut. sorkin has it all figured out.
commencement speeches die ich vor einer weile mal gesehen habe und die mir sehr gefallen haben:
tim pritlove hat kürzlich auf der republica darüber geredet, warum podcasts seiner meinung nach erfolgreich sind. abgesehen davon, dass man sich tim pritloves auftritt auch gut ohne bewegtbild, also nur als podcast anhören kann, hat er glaube ich in fast allem was er sagt sehr recht. vor allem, wenn er erklärt warum wir natürlich lieber hören wie jemand redet (eine rede hält), als das transskript zu lesen. wobei tim allerdings auch ein bisschen verkennt, das gut geschriebene texte durchaus auch ihre qualitäten haben, die mitunter das gesprochene wort meilenweit schlagen können.
so oder so, meine lange-wochenend-erkältung hat mir gelegenheit gegeben fast ebensovielen leuten zuzuhören, wie ich gelesen habe — und ich fand es gut.
*) ich wurde tatsächlich von einer austauschschülerin an einer anderen schule in seattle zum prom-date gefragt. keine ahnung ob das gegen die amerikanischen sitten anno 1987 verstiess. es hat sich auf jeden fall gelohnt zuzusagen, da die prom-feier der schule in seattle in der space needle stattfand und weil ich so noch an ein zweites prom-foto kam.
beinahe 1000 links habe ich jetzt mit der „neuen“ pinboardtechnik beinahe täglich veröffentlicht. zum ersten mal im juni letzten jahres. so sehen die 993-favicons der verlinkten sites auf einen blick aus:
das hafenfest in hamburg ist ein grosser spass. mal veranstaltet die stadt hamburg zur feier des hafens kriegsspiele über dem hafen und lässt kampfjets über die stadt fliegen und mich leise „rammstein“ von rammstein summen. die bratwurst, der schweinebauch und das bier das die stände am hafenfest verkaufen, werden uns frei-haus an die tür geliefert.
auch die umliegenden supermärkte dürften während des hafenfestes ihren alkohol-absatz um ein vielfaches steigern. leider gibts für gebrauchte bratwurst und verdautes bier noch keine pfandregelung.
fressen, saufen, grölen, pissen, kotzen. das nennt man in hamburg „kulturförderung“ und wahrscheinlich auch „wohnumfeldverbesserung“.
"100 Künstler warnen vor Abschaffung des Urheberrechts" ist genauso wie "100 Polizisten warnen vor Aufhebung des Einreiseverbots für Aliens"
Ob ihr es glaubt oder nicht: Das war alles. Ihr habt jetzt (na gut, beinahe) das komplette Manifest der Urheber gelesen. Das war's. Das ist der Aufschrei aus dem Kern der Seele von über hundert prominenten Künstlern. Das ist das Beste und Überzeugendste, was Leute, die von sich selbst sagen “Wir sind die Urheber" zustande bringen zu einem Thema, von dem sie selbst behaupten, dass es uns nicht nur vor der Willkür unserer Feudalherren schützt, sondern auch ihr eigenes Überleben sichert.
Der Ausgangspunkt der Debatte ist nicht die Forderung nach einer Abschaffung des Urheberrechts. Der Ausgangspunkt ist vielmehr der vehement und auf zahlreichen Wegen immer wieder vorgetragene Wunsch der Branchenverbände, Bürgerrechte einzuschränken, um die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu erleichtern.
Tatsache ist: Weder die bestehenden Bezahlsysteme (Gema, Urheberrecht, Pauschalabgaben) noch die vorgeschlagenen (Kulturflatrate) sorgen dafür, dass die Künstler von ihrer Arbeit leben können. Während Dieter Bohlen oder Hansi Hinterseer immer reicher werden und der Gema-Vorstandsvorsitzende ein Jahresgehalt von 380.000 Euro erhält, beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen von Musikern in Deutschland laut Künstlersozialkasse 11.521 Euro, das der unter 30-jährigen Musiker sogar nur 9.525 Euro. Es hat alles zwei Seiten, es gibt auch in der Kulturindustrie ein Oben und ein Unten, es gibt auch hier die 99 Prozent und den Rest.
Wer angesichts solcher Zahlen behauptet, das bestehende Urheberrecht schütze und finanziere „die Kreativen“, ist ein Scharlatan.
michael stepper meint, dass die „aufbegehrenden Blogger-Neobohème“ auf dem absteigenden ast sei. frank westphal von rivva widerspricht:
Laut meiner Datenbasis entstehen mindestens genauso viele neue Blogs wie alte wegsterben. Tatsächlich abgenommen hat die Linkliebe untereinander und die Publikationszahl pro Tag. Den Blogs geht es gut. Wirklich.
aber frank westphal sagt auch:
Ich arbeite an einem für meine Verhältnisse riesig großen Update, dass Rivva komplett auf den Kopf stellen wird, die erwähnte Balance [zwischen partizipativen und noch nicht so partizipativen Medien] herstellen und die Schätze heben soll, die in Blogs noch schlummern. Tut mir leid, dass es nicht schneller geht/ging, doch so langsam habe ich alle Bausteine dafür zusammen.
das ist wirklich sehr erfreulich und ich bin sehr, sehr gespannt.
zurück zu michael stepper. der meint nämlich auch:
Lobo ist – das darf man ruhig neidlos anerkennen – ein gnadenlos guter Selbstvermarkter, der den Sprung vom Blogger zum allseits gefragten Social-Media-Experten geschafft hat. Er selbst steht aber seit einiger Zeit in Lohn und Brot von SPIEGEL Online und verhilft durch seine wöchentliche Kolumne „Die Mensch-Maschine“ dem gefühlt stetig an Relevanz einbüßenden SPON zu einer Image-Politur im Social Web.
Und Lobo ist dabei nur das populärste Beispiel einer immer größer werdenden Zahl von Autoren, die ihre Web-Reputation gegen Geld und eine noch größere Reichweite eintauschen.
das ist zum teil leider knapp daneben formuliert. der lohn und brot von spiegel online lässt sich, wie bei den meisten online-medien, eher mit hohn und brotlos beschreiben. das was man als freier journalist bei deutschen online-portalen verdient würde wahrscheinlich nicht nur hilmar kopper als „peanuts“ bezeichnen. es ist meiner meinung nach ausschliesslich die reichweite, wegen der sascha lobo bei spiegel-online schreibt. sein arsch lässt sich sascha lobo anderswo vergolden. seine reputation und reichweite lässt er sich bei spiegel-online vergolden.
deshalb hat auch nicht sascha lobo (oder eine „immer größer werdenden Zahl von Autoren“) seine „webreputation“ gegen irgendwas eingetauscht, sondern jeder nährt ein bisschen etwas vom anderen: win-win wie die marketing-fuzzis sagen oder wie ich sage: gute idee.
aus genau diesem grund halten leute wie sascha lobo, kathrin passig (oder ix) übrigens auch honorarfrei vorträge auf der republica: man kann damit mehr menschen anders, teilweise besser und direkter ansprechen und im optimalfall bewegen als in schriftform. reichweite führt zu reputation.
andererseits ist genau diese reichweite natürlich auch der grund, warum so viele menschen plattformen wie facebook, twitter, flickr oder instagram nutzen. so gesehen geht sascha lobo nicht mit dem besten beispiel voran, wenn er die konzentration aufs bloggen und den verzicht auf die geliehene reichweite kommerzieller netzwerke fordert. ich unterstelle sascha lobo allerdings, dass es ihm nicht ums prinzip geht, sondern um das problembewusstsein geht. solange man facebook, twitter oder spiegel-online als nützliche werkzeuge zur reichenweitensteigerung begreift und sich der notwendigkeit eines eigenen standbeins, ist man auf der sicheren seite.
aber selbst wenn bekannte blogger in „Lohn und Brot“ von etablierten medien stehen, heisst das noch lange nicht, dass ihre blogaktivitäten darunter leiden würden. im gegenteil. seitdem stefan niggemeier für den spiegel arbeitet nutzt er sein blog weiterhin um themen bekannt zu machen, die er im spiegel nicht unterbringen kann oder will. das war auch nicht anders als er noch geFAZt hat. jens weinreich betreibt beides parallel, ebenso thomas wiegold, dirk von gehlen, michalis pantelouris, …
und das ist tatsächlich auch der grundgedanke an sascha lobos plädoyer mehr in selbstverwalteten blogs zu schreiben: autonomie, unabhängigkeit von redaktionellen prozessen. diese freiheit ist übrigens auch der grund warum immer mehr journalisten neben ihrem brotjob bloggen. dass es nicht schaden würde, wenn auch nicht-journalisten und nicht-PRler mehr bloggen würden ist auch klar — aber ein ganz anderes thema.
ich glaube auch nicht, dass sich spiegel-online um seine relevanz oder wahrnehmung in der öffentlichkeit sorgen machen muss. spiegel online ist laut ivw nach bild.de mit fünzig schrillionen monatlichen zugriffen nach wie vor das reichweitenstärkste nachrichtenportal in deutschland. oder habe ich (ausser dem gejammer um die boulevardisierung von spiegel-online) irgendeinen grossen trend verpasst?
mein zweiter next-tag fing heute etwas später an, weil ich am vormittag gründe hatte woanders zu sein. ich kam zum ende eines panels mit edial dekker, caroline drucker und felix petersen zurück in den keynote-track. dem gespräch zu folgen war mir unmöglich, einerseits, weil ich zu spät kam und nicht wusste um was es geht, andererseits weil mich felix petersens aussehen nachhaltig irritiert. ich vermute der dachdecker-schnurrbart und die 70er-jahre kassenbrille sind eine art selbstmarketing-massnahme (wie bei sascha lobo), fürchte aber gleichzeitig, dass das aussehen ernstgemeint ist, weshalb ich mich hier am ende des satzes für den anfang diese satzes entschuldigen möchte.
das folgende panel trieb mich wieder aus dem saal zum buffet, das bereits um knapp 12:00 uhr (statt 12:30 uhr) öffnete und so das schlange stehen vermeiden liess. ich bin immer wieder beeindruckt, wie das catering der next es am zweiten tag schafft die reste vom vortag in die vorspeisen einzuarbeiten: auf einem teelöffelchen spargel- und einem weiteren teelöffelchen kartoffelsalat vom vortag thronte heute eine garnele. dazu eine mini bullete und etwas vom caesar’s-salad vom abend. dazu gabs in verschiedenen sossen die reste der 4000 puten die eigens für die next-konferenz geschlachtet wurden. wie immer sehr lecker und lehrreich.
um 13:30 uhr sass ich dann mit ungefähr 40 oder 50 anderen zuschauern wieder im keynote-track, wartete bis mein handy aufgeladen war und entscheid mich dann zum track-hopping. im mobile-track sah und hörte ich dann reimund schmald vom spracherkennungsspezialisten nuance, bei dem meine persönliche spracherkennung leider nicht 100% funktionierte. rheinisches englisch. (ich übertreibe natürlich des witzes wegen, ausser dass er mit einem starken akzent sprach, kann sich reimund schmald ganz prima englisch ausdrücken.) pflichtgemäss prognostizierte er am ende seines vortrags, dass im jahr 2015 alles mit der stimme gesteuert werden würde, fernseher, telefone, auto-zündungen und -bordcomputer, menschen, tiere und powerpointpräsentationen. (ich habe gerade wieder übertrieben und mir sachen ausgedacht, die reimund schmald gar nicht sagte.)
sehr beeindruckend, auch wieder wegen seiner präsentationstechnik, war dann michael breidenbruecker von RjDj. er präsentierte mit einem iphone das direkt an den projektor angeschlossen war. er zeigte eine musik-app die auf die umgebung und die von den sensoren erfassbaren tätigkeiten des benutzers reagierte und entsprechend kontextsensitive playlisten zusammenstellte. eine andere app baute einen den sensordaten entsprechenden soundtrack gleich selbst zusammen. ich finde sowas theoretisch total toll und interessant, privat bin ich da aber ein oller technologie-pessimist und frage mich, wer will denn sowas? ständig, egal was man macht, von kontextsensitiver musik beschallt werden, nachdem man die app wochen oder tagelang trainiert hat? alle ausser mir wahrscheinlich.
danach ging ich wieder in den keynote-track um mir mit den anderen 40 verbliebenen keynote-track-interessierten aram bartholl anzusehen. der war viel angenehmer und interessanter als seine programmankündigung erwarten liess: „Aram Bartholl, Artist“. künstler auf der next tragen ja meistens einen ich-bin-ein-künstler-erkennungsschal, bartholl war einfach nur sympathisch und unprätentiös und zeigte und erklärte seine wunderbaren projekte, von denen das bekannteste die dead drops und seine beteiligung am fuck-google-projekt sein dürften. er hatte auch wunderbare bilder in seiner präsentation, wie die beiden t-shirts mit der aufschrift „i am currently away from my computer“ und „don’t tag me in theis photo“ oder das foto in dem eine kleine menschenmasse in einen media markt drängt an den ein schild angeflanscht war mit der aufschrift „grosse online-shop eröffnung“.
der 15:30-track („The Future of Media“) war dann wieder durchgehend interessant. nate elliots fazit „if you make your technology invisible, you’re going to have success.“ blieb mir im sinn und tom ewings ausführungen über unsere beiden menschlichen entscheidungs-systeme, das unbewusste (system 1) und das bewusste (system 2), und wie manipulierbar sie sind. nachdem ewing über die entscheidungssysteme sprach, führte david weinberger seine ansichten zu wissenssystemen aus. das war alles irre einleuchtend („knowledge is a network“, „education should make the public smarter“), wenn auch nicht wirklich viel neues dabei war, so war es doch gut zum argumente-aufladen. die wichtigste botschaft: das internet ist im prinzip kein medium, sondern besteht aus menschen (!), die botschaften aus ihrer ganz individuellen motivation heraus weitertragen. das internet sei deshalb ein medium mit eigenen motiven: „it’s only the people who are moving your message along, doing you a favour.“ wir, die menschen, seien das medium des internets. platitüden kann weinberger auf jeden fall weitaus auf- und anregegender rüberbringen, als ich.
mein rp12-vortrag auf spiegel-online mit einer sehr liebevollen text-anmoderation von judith horchert:
Sein Publikum lacht nicht nur über die flachen Thesen, sondern auch über seine dilettantisch zusammengehauenen Folien - manche von ihnen scheint er selbst zum ersten Mal zu sehen. Ab und an verliert er den Faden oder schiebt eine unprofessionelle Bemerkung ein, wie "jetzt habe ich die Überleitung vergessen" oder "ich hoffe, ich rülpse jetzt nicht". Dabei ist sein Vortrag nicht nur urkomisch, sondern die gelungene Karikatur eines Menschen, der sich öffentlich zu Internetthemen äußert - und es vielleicht besser ließe.
Zwischen der Einstiegs- und Schlussplattitüde liegt eine gute halbe Stunde Vortrag, in dem kaum ein Klischee unbedient bleibt. Schwenzel wirft fast ohne Zusammenhang ein paar abgedroschene Internet-Floskeln in den Raum, von "Kostenloskultur" ist da die Rede, vom "virtuellen öffentlichen Raum", von "Shitstorms" und "Kontrollverlust."
die station, der vorplatz, alles leer. zumindest auf den ersten und zweiten blick.
der „affenfelsen“ wurde nach der rp12 gegen einen affenkäfig ausgetauscht.
auch wenn es nicht so voll war wie auf der republica, relativ voll wars insgesamt auch.
der „keynote“-track, also der netx12-hauptsaal, war allerdings von 11 bis 12:30 sehr spärlich mit publikum besetzt. thema war „the networked world“ oder genauer das internet der dinge und 3D-drucken. der ganze track war eine eigentümliche mischung aus grunzlangweilig, achnaja und ganz interessant. klar, dieses 3D-drucken von digitalen objekten ist das nächste grosse ding und aus dem rapid prototyping dass ich vor 13 jahren während des architektur-studiums kennen gelernt habe, ist mittlerweile rapid-manufacturing geworden, die technik ist weiter verbreitet, besser, günstiger als damals und teilweise kann man (mit HP-druckern) bereits auf dem schreibtisch 3D-drucken. auch die materialien in die gedruckt werden kann sind vielfältiger und interessanter geworden.
aber angesichts des irren potenzials das in der technologie steckt, konnten mich die vorträge irgendwie nicht angemessen euphorisieren. was schade ist, denn die möglichkeiten sind faszinierend: alles was am computer kontruiert werden kann, kann kostengünstig gebaut und individuell angepasst werden. die urheberrechtsfragen, die gestaltungsfragen, die weitere verschränkung von digital und analog — die vielen möglichkeiten des 3D-druckens haben gänsehaut- und konflikt-potenzial. davon kam, wie oft auch auf der republica, zu wenig rüber.
obwohl die technologie des 3D-druckens alles andere als neu ist, zeigte die „demonstration“ am ende des „networked world“-tracks, wie sehr wir paralysiert vor dem potenzial der technologie rumsitzen und nicht so recht wissen, was wir damit anfangen sollen: die demo bestand aus einem ständchen auf einer 3D-gedruckten geige, das von einem sehr haarigen geiger vorgespielt wurde und mich fragend zurückliess:
warum muss eine geige die mit einer technologie hergestellt wurde, die es erlaubt das ding beliebig zu gestalten und klangoptimieren, in der gleichen form hergestellt werden wie die holz-geigen der letzten 500 jahre? und warum hörte sich das so schrecklich an?
beim auftritt von christopher von deylen war dann meine toleranzschwelle für schreckliche töne überschritten und ich verliess den saal um mir auf der toilette angenehmere klänge anzuhören.
ich weiss nach wie vor nicht, ob die entscheidung auf englisch als next-konferenz-sprache zu setzen eine kluge entscheidung war. denn es ist nicht nur eine qual vielen deutschen beim englisch-stolpern reden zuzuhören, sondern offenbar auch für die sprecher selbst. möglicherweise hängt das unvermögen der meisten deutschen sprecher einigermassen schmerzfrei englisch zu sprechen auch tatsächlich mit der unsitte der filmsynchronisierung in deutschland zusammen. denn der schwede alexander bard, der den track „robots and humans“ mit einer betrachtung des internets als „revolution“ abschloss (ohne über roboter zu sprechen), sprach tadelloses und sehr aufweckendes englisch. er hatte allerdings auch kurze hosen an und benutzte statt powerpoint eine schultafel. johannes kleske fand seinen vortrag mittreissend (bzw. „mind-blowing“), ich fand ihn immerhin wachhaltend, aber für meinen geschmack etwas zu steil rummeinend. einerseits ritt bard im galopp auf allgemeinplätzen rum (der meister der „Gemeinplatzveredelung“ bin schliesslich ix!), andererseits fand ich viele seiner als fakten vorgetragenen meinungen etwas arg krude.
bis hierhin fand ich die #next12 ziemlich langweilig. das essen war tatsächlich mal wieder das next-highlight: vorspeisen-tellerchen mit rohem lachs, huhn, salätchen und köstlichen gebratenen spargelscheibchen, irgendeinen fisch auf einem perfektem spargelrisotto, pesto-gnochi-gemüse und köstliches, weichgequältes rindfleisch. bis 15:30 fasste dieser tweet meine meinung zur next ganz gut zusammen:
bis jetzt ist die #next12 etwas für kämpfer. kämpfen am buffet und gegen den schlaf.
gegen halb vier riss dann aber kyle mcdonald das ruder herum.
nach einer bereits sehr sympathisch und interessanten einführung von jeremy abbett über das machen, das bauen von dingen (jeremy abbet baut und hält wirklich schöne presentationen), sprach kyle mcdonald über ein paar seiner projekte und warum man irre viel zurückbekommt, wenn man ideen und werkzeuge kostenlos weitergibt quelloffen veröffentlicht.
bemerkenswert fand ich vor allem seine art der präsentation. während er ruhig und angenehm lauter kluge und sympathische sachen aussprach, hatte er ein finder-fenster offen und zeigte bilder, aber vor allem filme in kleinen quickview-fenstern, die mal grösser, mal fullscreen zeigte, manchmal vor und zurücksprang, aber offenbar nie den überblick verlor. ich fand das sehr beeindruckend, was aber auch daran lag, dass er wirklich schöne sachen gemacht hat. wichtiger noch, er zeigte sachen, die alle möglichen leute mit seinen sachen, seinen werkzeugen gemacht haben. beispielsweise hat er eine open source gesichterkennungssoftware geschrieben die offenbar einfach zu installieren, zu benutzen und zu erweitern ist.
einige demos sind auf dieser vimeo-seite verlinkt. kyle mcdonald zeigte dann eine unzahl an projekten die andere leute mit seiner software angestellt haben, aber auch einige dinge die er ausprobiert hat und die etwas unheimlich scheinen — aber auch live auf der bühne funktionierten.
ein bemerkenswertes zitat (von ursula k. le guin) hat er mir auch ins hirn gebrannt:
The creative adult is the child who has survived.
meine leicht euphorisierte und inspirierte stimmung versaute dann kate hartman mit einer ein bisschen ichigen und leierigen präsentation darüber, was sie so macht, was ihre vorlieben sind. das wäre total unerträgich gewesen, wenn sie nicht auch ein paar ihrer projekte und lehrveranstaltungen vorgestellt hätte die tatsächlich ganz interessant waren. von der twitterden topfpflanze hatte ich zum beispiel vor ein paar jahren (oder monaten?) schon mal gehört. ihre etwas, äh, grenzpeinliche und -anstrengende art wird bereits in den ersten 2 minuten dieses TED-auftritts deutlich. der talk auf der next enthielt übrigens (mehr oder weniger) den kompletten TED-talk plus 20 minuten technik-gedöns.
ganz unerträglich und mit viel heisser luft präsentiert war dann franziska von lewinskis gemeinplatz-präsentation darüber, wie digitale technologien unsere fernsehgewohnheiten verändern. meine lieblingszitate (wortstellungsfehler (möglicherweise) von franziska von lewinski übernommen):
how can actually advertisers use the internet to deepen the brand-experience?
i like the old spice guy, but don’t tell my husband.
i brought one wish. please all creatives. please all advertisers. [hier habe ich aufgehört mitzuschreiben, sie sagte dann aber, dass bitte alle kampagnen wie die old-spice-kampagne machen sollen, die sich über verschiedene medienkanäle erstrecken.]
dankenswerter weise zeigte sie am ende noch einen film, der die heisse luft die sie auf der bühne abliess nochmal mit bunten bildern und buzzwords anreicherte (auch hier zu sehen).
das sound-design ist ziemlich bombastisch. aber nicht im guten sinne, sondern im sinne von angeberisch. aber vielleicht bin ich auch noch vom rp12-sounddesign verironisiert.
das wlan funktioniert, man muss sich allerdings mit einem QR-code (auf der umhänge-namenskarte) anmelden. auch wenn man kabelnetz benutzt.
schöne eröffnung von matthias schrader in der faz (gefunden bei turi2):
Wenn Sie sich heute föhnen, sagen Sie ja auch nicht: Liebling, ich verbinde mich jetzt mit dem weltweiten Stromnetz.
viele startupgründer scheint neben dem geld vor allem eins zu treiben: es dem vater zeigen. deshalb sind schwanzvergleiche bei jungen unternehmern noch beliebter als bei bloggern. vermute ich mal.
mir haben auf der republica die vorträge und menschen gefallen, die sich unprätentiös gaben und im besten falle auch sind. neben dem wort „flausch“ oder flauschigkeit, war das wort unprätentiös für mein empfinden der entscheidende begriff für die republica dieses jahr.
ja, es war irre flauschig, kontroverses, was es dem hörensagen nach durchaus gegeben haben soll, habe ich nicht mitbekommen. ich habe von einem BR-fernsehteam gehört die verzweifelt nach sascha-lobo-hassern gesucht haben — und zumindest auf der republica niemanden fanden.
auf den bühnen kamen die unprätentiösen menschen am besten an. neben philip banse, raul krauthausen, sascha lobo, johnny haeusler und vielen anderen, fiel das besonders beim regierungssprecher steffen seibert auf. es gab leute die sich über die positive resonanz die der @regierungssprecher auf der rp12-bühne provozierte wunderten und sowas wie schmeichelei oder kritikunfähigkeit der anwesenden vernetzten menschen witterten.
ich glaube es ist ganz anders, bzw. viel einfacher: seibert schmeichelte sich nicht ein, sondern war, ganz im wortsinn, unprätentiös: er war ehrlich, versuchte sich nicht klüger, grösser oder toller zu machen als er ist, stand zu seinen erfahrungs- und wissenlücken und versuchte seine unsicherheit nicht zu kaschieren. dass er zudem medienprofi ist, der seine worte wohl zu wählen weiss und mit einer ordentlichen portion humor und schlagfertigkeit gesegnet ist hilft, entscheidend und entwaffnend ist aber, glaube ich, das steffen seibert bereit war zu seinen schwächen und fehlern zu stehen und bescheiden auftrat. bescheiden in dem sinne, dass ihm klar war, dass er das publikum nicht durch seine herausgehobene postion als sprecher der regierung oder ex-nachrichtensprecher (oder gar einem akademischen titel) zu gewinnen versuchte, sondern auf der bühne, hier und jetzt, mit dem was er sagte.
ich glaube wenn ich politiker werden würde, wäre das mit dem eingestehen von schwächen und fehlern, dem verzicht auf die darstellung von bescheidwissertum und dem verzicht auf das einfordern von respekt qua amt der weg den ich auf der öffentlichen bühne wählen würde. ich glaube eine solche politische bewegung gibts noch nicht. (hinweis: der letzte satz war ironisch.)