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ka­ba­ret­tis­ti­scher jah­res­rück­blick 2015

felix schwenzel in gesehen

seit 1997 tre­ten bov bjerg, horst evers, man­fred mau­ren­bre­cher, chris­toph jung­mann und han­nes heesch wo­chen­lang auf, um 2 stun­den vor pu­bli­kum auf das ver­gan­ge­ne jahr zu­rück­zu­bli­cken. seit sechs oder sie­ben jah­ren schau­en wir uns das im ja­nu­ar an. nor­ma­ler­wei­se, bzw. das jahr über, habe ich we­nig in­ter­es­se an ka­ba­rett oder ver­an­stal­tun­gen auf de­nen men­schen sin­gen und tan­zen, aber die­se ver­an­stal­tung schaue ich mir je­des jahr aufs neue ger­ne an. auch weil der ab­lauf je­des jahr gleich ist:

chris­toph jung­mann und han­nes heesch plau­dern als an­ge­la mer­kel und franz mün­te­fe­rig, peer stein­brück oder (die­ses jahr) als wolf­gang schäub­le ein biss­chen über das ver­gan­ge­ne jahr, dann gibt es ein­zel­auf­trit­te von bov bjerg und horst evers in de­nen sie meis­tens re­la­tiv wit­zi­ge tex­te vor­tra­gen, ein oder zwei ein­zel­auf­trit­te von man­fred mau­ren­bre­cher, in de­nen er meis­tens re­la­tiv emo­tio­na­le tex­te am kla­vier vor­trägt, min­des­tens ei­nen auf­tritt von han­nes heesch in dem er ei­nen po­li­ti­ker par­odiert und re­la­tiv wit­zig aufs jahr zu­rück­bli­cken lässt und ein, zwei oder gar drei ge­mein­sa­me auf­trit­te, in de­nen ge­sun­gen wird.

wür­de man mich un­ter auf­zäh­lung die­ser ver­an­stal­tungs­vek­to­ren fra­gen, ob ich mir eine sol­che ver­an­stal­tung an­se­hen woll­te, wür­de ich spon­tan im­mer ein­deu­tig nein sa­gen. weil bov bjerg uns aber je­des jahr un­ver­dros­sen und freund­lich zu die­ser ver­an­stal­tung ein­lädt, gehe ich je­des jahr aufs neue mit der bei­fah­re­rin hin, ein paar jah­re lang so­gar in ham­burg. ich habe es nie be­reut und war je­des mal hoch amü­siert und bes­tens un­ter­hal­ten — et­was das ich mir in der theo­rie nie vor­stel­len häte kön­nen.

an­ge­nehm ist ne­ben den rei­zen­den (und lus­ti­gen) dar­stel­lern, vor al­lem die be­re­chen­bar­keit des for­mats. mau­ren­bre­cher er­zählt je­des jahr (am kla­vier) ein wei­te­res ka­pi­tel sei­ner ge­schich­te, bov bjerg trägt je­des jahr eine gut ge­drech­sel­te, an­gen­hem di­stan­zier­te und nie zu kon­kre­te ti­ra­de vor, die auch in sei­nem blog ste­hen könn­te und horst evers plau­dert, ge­nau­so wit­zig wie in sei­nen bü­chern, über sei­nen all­tag und wie er die welt sieht. da­bei tut er im­mer ein biss­chen naiv, nicht nur weil es sei­ne ma­sche ist, son­dern weil es so dop­pel­bö­dig wit­zig und sub­til hin­ter­fot­zig wirkt. die­ses jahr hat er an­ge­nehm ab­surd abs­tra­hie­rend über den ber­li­ner flug­ha­fen ge­plau­dert und, dass er das pu­bli­kum, trotz der ab­ge­nu­delt­heit des the­mas, zu lach­ti­ra­den in­spi­rier­te, ist ein klei­nes kunst­stück.

bovs auf­tritt als ya­nis va­rou­fa­kis war eben­so gran­di­os, vor al­lem we­gen sei­nes phan­ta­sie­grie­chisch und sei­ner per­fek­ten va­rou­fa­kis­fri­sur. die ers­ten paar se­kun­den war ich be­ein­druck von der per­fek­ten mas­ke — ich brauch­te ein paar mi­nu­ten um zu mer­ken, dass bov die haa­re jetzt auch sonst so trägt.

man­fred mau­ren­bre­cher wich die­ses jahr ein biss­chen von sei­ner rou­ti­ne ab und er­zähl­te sei­ne ge­schich­te (qua­si) im du­ett mit hel­mut schmidt. ich mag mau­ren­bre­chers lie­der sehr ger­ne, ob­wohl (auch) das in der theo­rie eher un­wahr­schein­lich ist. aber je­des jahr be­rührt mich mau­ren­bre­cher er­neut auf ir­gend­ei­ner un­ge­schütz­ten emo­tio­na­len ebe­ne — die­ses jahr wa­ren mir sei­ne lie­der aber, glau­be ich, zu kon­kret, um mich emo­tio­nal zu be­rüh­ren. nächs­tes jahr dann wie­der.

wie je­des jahr, war ich von der wand­lungs­fä­hig­keit von han­nes heesch be­ein­druckt, der die­ses jahr, glau­be ich, gleich zwei neue, per­fek­te par­odien spiel­te. ich kann mich bis­her je­den­falls nicht an ihn als schäub­le oder see­ho­fer er­in­nern, die er bei­de auf den punkt imi­tier­te, bzw. auf ihre kern­merk­ma­le run­ter­koch­te. chris­toph jung­manns dar­stel­lung von an­ge­la mer­kel ist üb­ri­gens je­des jahr er­neut tief be­ein­dru­ckend, vor al­lem weil er nichts, wirk­lich nichts tut um sie zu imi­tie­ren. er ist wahr­schein­lich nur er selbst, mit ei­ner pe­rü­cke und ei­nem bun­ten kos­tüm. das meis­te was er dann als an­ge­la mer­kel sagt, wirkt im­pro­vi­siert und vor al­lem, als ob ihm das al­ler­gröss­tes ver­gnü­gen be­rei­ten wür­de. wie die ech­te mer­kel, ist er in die­ser rol­le un­greif­bar, über den din­gen schwe­bend. eine ei­gen­schaft die of­fen­bar op­ti­mal zur mo­de­ra­ti­on oder kanz­ler­schaft qua­li­fi­ziert.

horst evers als xavier naidoo beim kabarettistischen jahresrückblick

horst evers als xa­vier na­idoo beim jah­res­rück­blick.

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 16.01.2016 00:00)

apro­pos im­pro­vi­sa­ti­on. in der pau­se konn­te das pu­bli­kum wunsch­the­men für ein lied ein­rei­chen, was dazu führ­te, dass es zu ei­ner ur­auf­füh­rung ei­nes lieds über WLAN in der bahn kam, in dem auch die ein­kom­mens­si­tua­ti­on von psy­cho­ana­ly­ti­kern the­ma­ti­siert wur­de. auch das hört sich in der theo­rie al­les an­de­re als un­ter­halt­sam an, war in der pra­xis aber gran­di­os.

ich glau­be so kann man den ka­ba­ret­tis­ti­schen jah­res­rück­blick auch gut zu­sam­men­fas­sen: in der theo­rie eher un­wahr­schein­lich, in der pra­xis aber höchst un­ter­halt­sam und an­ge­nehm. nächs­tes jahr ger­ne wie­der.

(ti­tel­fo­to von da­vid balt­zer, agen­tur ze­nit, rück­bli­cke noch bis zum 17. ja­nu­ar in der ko­mö­die am kur­fürs­ten­damm)


schulz und böh­mer­mann s01e01

felix schwenzel in gesehen

gleich am an­fang es­ka­liert die sen­dung. pam­pi­ge, ag­gres­si­ve ant­wor­ten von gert pos­tel, der sich über doo­fe fra­gen und in­si­nu­ie­run­gen är­gert, die tech­nik streikt bei den ein­spie­lern von si­byl­le bergs bild­los ge­spro­che­nen kurz­por­traits (die er­staun­li­cher­wei­se gar nicht schlecht sind und ein gu­tes mass an be­lei­di­gun­gen und kom­pli­men­ten ent­hal­ten) und jan böh­mer­mann fällt mehr­fach bei­na­he hin­ten vom stuhl, als er sich fallon-mäs­sig über doo­fe witz­chen eu­pho­ri­siert. wenn die sen­dung aus­ser kon­trol­le ge­rät, macht sie am meis­ten spass. und aus­ser kon­trol­le (der bei­den mo­de­ra­to­ren) schien sie durch­ge­hend zu sein. und das ist auch gut so.

al­les was ich an ro­che und böh­mer­mann moch­te ist auch im neu­en schulz und böh­mer­mann vor­han­den. al­les was ich we­ni­ger moch­te fehlt. ich mag das licht, die mu­sik, das büh­nen­bild (so­gar die ka­me­ra­lin­sen­käs­ten sind schwarz fur­niert und stän­dig ab­sicht­lich im ka­me­ra­bild), ich mag die rauch­schwa­den, den whis­ky auf dem tisch, aber vor al­lem mag ich die be­reit­schaft der mo­de­ra­to­ren auch das ei­ge­ne schei­tern zu­zu­las­sen und im fern­se­hen zu zei­gen.

die che­mie zw­si­chen schulz und böh­mer­mann und ih­ren gäs­ten stimm­te vor­ne und hin­ten nicht. im prin­zip gab es nur ein ein­zi­ges ge­spräch auf au­gen­hö­he, zwi­schen fe­lix „kol­le­gah“ blu­me und oli­ver schulz. alle an­de­ren ge­sprächs­part­ner wa­ren ent­we­der ge­ra­de in an­de­ren sphä­ren (gert pos­tel, jörg ka­chelm­ann) oder in­ter­es­sier­ten die mo­de­ra­to­ren kaum (anika de­cker, die vor al­lem nach til schwei­ger ge­fragt wur­de). aber auch das war ok, weil die wort­wech­sel im­mer noch als stich­wort­ge­ber für witz­chen und spon­ta­ne wort­spiel­chen die­nen konn­te.

war­um jörg ka­chelm­ann in der sen­dung ei­nen schal trug ist ge­nau un­er­klär­lich, wie sein hang al­les min­des­tens sechs­mal zu wie­der­ho­len.
war­um gert pos­tel in eine talk­sen­dung geht, ob­wohl er gar kei­ne lust hat fra­gen zu be­ant­wor­ten ist we­ni­ger ein rät­sel: er er­hofft sich of­fen­bar an­er­ken­nung für sei­ne hoch­stap­ler­leis­tun­gen, die er ge­schickt hin­ter sei­ner ali­bi­mo­ti­va­ti­on ver­steckt, an­geb­lich mit sei­nem hoch­sta­peln die schwach­sin­nig­keit der psych­ia­trie zu ent­lar­ven.
kol­le­gah blu­me hat ma­gi­sche fä­hig­kei­ten, er kann näm­lich sym­pa­thisch und smart wir­ken und zur glei­chen zeit un­sym­pa­thisch und doof. das ist eine sel­te­ne be­ga­bung. kann aber auch sein, dass es sich hier nicht um zau­be­rei han­delt, son­dern um mein pri­va­tes pro­blem mit asi-rap­pern wie ihm. die will ich un­ter kei­nen um­stän­den sym­pa­thisch fin­den, aber im lau­fe ei­ner sol­chen sen­dung, kriecht dann doch plötz­lich sym­pa­thie in mir hoch, die ich gar nicht ha­ben will.

mei­ne lieb­lings­ru­brik bei ro­che und böh­mer­mann hat es auch zu schulz und böh­mer­mann ge­schafft: die gäs­te ge­hen, das pu­bli­kum geht und die bei­den mo­de­ra­to­ren blei­ben und spre­chen noch 2, 3 mi­nu­ten über die sen­dung, kom­men­tie­ren sich selbst kri­tisch oder lei­se lo­bend. das wirk­te schon bei ro­che und böh­mer­mann ei­gen­tüm­lich echt und auf­rich­tig — und jetzt auch zwi­schen schulz und böh­mer­mann.

guck ich mir ger­ne wie­der an.




(zdf-me­dia­thek)


ber­li­ner fisch­markt

felix schwenzel in artikel

heu­te Abend wol­len wir, wie zu je­dem jah­res­wech­sel, ent­spannt zu­hau­se sit­zen und früh ins bett. und su­shi soll ich heu­te abend ma­chen. auch wenn der fri­sche lachs von aldi be­reits ein paar mal in un­ser selbst­ge­mach­tes su­shi ge­wan­dert ist und wir den gut ver­tra­gen ha­ben, woll­ten wir den dies­mal et­was fri­scher kau­fen. die bei­fah­re­rin hat re­cher­chiert wo es in ber­lin gu­ten fisch gibt und ist auf den ber­li­ner fisch­markt ge­kom­men. da sind wir heu­te hin­ge­fah­ren und ha­ben nicht be­son­ders güns­ti­gen fisch ge­kauft und eine ziem­lich güns­ti­ge und gute fisch­sup­pe im bis­tro ge­ges­sen. al­lein we­gen der fisch­sup­pe lohnt sich die fahrt zum ber­li­ner fisch­markt.

fisch­sup­pe im ber­li­ner fisch­markt — ich hat­te schon da­von ge­ges­sen, be­vor ich das foto schoss.

aber auch aus ei­nem an­de­ren grund lohnt die fahrt: we­gen der klo­bu­de des fisch­markts. die ist of­fen­bar noch aus der zeit von vor 1989, also wasch­echt DDR — und riecht auch so. also nicht nur nach fä­ka­li­en, son­dern vor al­lem nach DDR lö­sungs­mit­teln oder plas­te-weich­ma­chern. ein ge­ruch wie ich ihn zu­letzt im kino in­ter­na­tio­nal vor 10 jah­ren ge­ro­chen habe.


the ri­di­cu­lous 6

felix schwenzel in artikel

das ist glau­be ich der schlech­tes­te film, den ich seit 20 jah­ren zu ende ge­se­hen habe. der film wird zu­sam­men­ge­hal­ten von über­dehn­ten ka­cka-, pipi- und pim­mel­wit­zen. ich bin ja ein gros­ser fan von ab­sur­den ge­schich­ten und von fä­kal­hu­mor. aber ge­ra­de fä­kal­hu­mor soll­te ein biss­chen halt ha­ben, oder ein paar ge­gen­ge­wich­te. in the ri­di­cu­lous 6 hän­gen die wit­ze meis­ten ein­fach in der luft oder kom­men aus dem nichts.

der film ist auch nur auf den ers­ten blick ab­surd. in wahr­heit ha­ben die dreh­buch­au­to­ren tim her­li­hy und adam sand­ler ein­fach nur ein paar gen­re­re­geln, wes­tern-ste­reo­ty­pen, ka­cka-, pipi- und anal­hu­mor in eine kis­te ge­wor­fen, wild ge­schüt­telt und die bruch­stü­cke in der kis­te dann ver­filmt.

er­staun­lich ist die teil­wei­se hoch­ka­rä­ti­ge be­set­zung in den ne­ben­rol­len: ein er­staun­lich fri­scher har­vey kei­tel, ein auf­ge­dun­se­ner, zun­gen­ge­lähm­ter nick nol­te und ein lust­los ass-to-mouth-gags run­ter­spie­len­der ste­ve bus­ce­mi.

die ein­zi­ge ver­tei­di­gungs­li­nie die mir für den film ein­fällt wäre iro­nie-trash. das funk­tio­niert aber nicht, weil gags, iro­nie und trash nicht mit faul hin­ge­wor­fe­nen bruch­stü­cken funk­tio­nie­ren, son­dern müh­sam zu­sam­men­ge­puz­zelt und in ei­nen kon­text ge­hängt wer­den müs­sen. der ein­zi­ge kon­text in the ri­di­cu­lous 6 wa­ren blöd­sin­ni­ge wes­tern-kli­schees.

um in die eh­ren­vol­le ka­te­go­rie des trashs ge­ho­ben zu wer­den, fehlt dem film die sorg­falt und ernst­haf­tig­keit, die gu­ten trash aus­macht.

aber im­mer­hin ein gu­tes hat der film. man er­kennt, dass die be­teue­run­gen von net­flix, ih­ren künst­lern, pro­du­zen­ten oder dreh­buch­au­to­ren nicht in ihre ar­beit zu pfu­schen, wahr sind. ein­mal un­ter ver­trag, schei­nen fil­me­ma­cher in der tat ma­chen zu kön­nen, was sie wol­len.

bei rot­ten to­ma­toes hat der film von den kri­ti­ker nur ver­ris­se ge­ern­tet, un­ver­ständ­li­che 33% der zu­schau­er moch­ten den film. zu se­hen ist der film bei net­flix. ich wür­de das aber nie­man­dem emp­feh­len.


war­um ich the lef­to­vers so ger­ne moch­te

felix schwenzel in artikel

da­mon linde­l­of hat zwar das ende von lost ver­kackt, aber mit the lef­to­vers hat er sein meis­ter­stück ab­ge­lie­fert. mir ha­ben die bei­den ers­ten staf­feln sehr, sehr gut ge­fal­len. das lag glau­be ich vor al­lem dar­an, dass die se­rie vor am­bi­gui­tät nur so tropft.

vor­der­grün­dig geht es um ein mys­te­riö­ses er­eig­nis, das zwei pro­zent der welt­be­völ­ke­rung spur­los ver­schwin­den lässt. die ers­te staf­fel spielt drei jah­re nach die­ser „sud­den de­par­tu­re“, die zwei­te im dar­auf fol­gen­den jahr und zeigt, wie die üb­rig­ge­blie­be­nen men­schen (die lef­to­vers), mit ver­lust und der trau­er um­ge­hen. das wür­de an sich schon für ein paar staf­feln gute fern­seh­un­ter­hal­tung rei­chen.

durch die er­zäh­le­ri­sche di­stanz, also die be­schrei­bung ei­nes er­eig­nis­ses, das wir in der rea­li­tät und den me­di­en so noch nicht er­lebt ha­ben, kann die dar­stel­lung der trau­er, der ängs­te und dem um­gang da­mit, viel frei­er und zu­gäng­li­cher er­zählt wer­den, als wenn es sich um eine kon­kre­te, be­kann­te ka­ta­stro­phe han­deln wür­de. so ähn­lich funk­tio­nier­te ja auch star trek (oder von mir aus auch star wars): men­schen in ei­nem völ­lig an­de­ren kon­text dar­stel­len, um ei­nen di­stan­zier­ten, abs­tra­hier­ten blick auf de­ren und un­se­re ge­sell­schaft­li­che si­tua­ti­on zu wer­fen. star trek spielt in der zu­kunft, aber im kern geht es um ras­sis­mus, frem­den­hass, ethik und die su­che nach dem we­sen der mensch­lich­keit.

so ähn­lich funk­tio­nier­te für mich auch the lef­to­vers: eine re­flek­ti­on über das, was uns men­schen aus­macht, wie men­schen mit trau­er um­ge­hen und was mit ei­ner ge­sell­schaft pas­siert, die es nicht schafft mit ver­lus­ten, ängs­ten und trau­er um­zu­ge­hen.

zu­sätz­lich wen­det the lef­to­vers noch ei­nen er­zäh­le­ri­schen trick an, in­dem es mys­tery-ele­men­te in die ge­schich­ten ein­baut und sug­ge­riert, das al­les kön­ne ei­nen grund oder ei­nen sinn ha­ben. die zu­wen­dung zum über­na­tür­li­chen, die­se flucht ins spi­ri­tu­el­le wird in der se­rie mit kon­se­quen­ter am­bi­gui­tät oder am­bi­va­lenz dar­ge­stellt. man weiss nie, sind die men­schen die sich ins spi­ri­tu­el­le flüch­ten nun to­ta­le dep­pen oder wei­se hell­se­her? sind die weis­sa­ger und hei­ler, die an al­len ecken und kan­ten der se­ri­en­ge­sell­schaft auf­tau­chen, schwind­ler oder tat­säch­lich be­gabt? auch wenn die am­bi­gui­tät im lau­fe der zwei­ten staf­fel im­mer we­ni­ger wird und die se­rie zum staf­fel­en­de hin an­deu­tet, dass es in der se­ri­en­rea­li­tät tat­säch­lich das eine oder an­de­re über­na­tür­li­che phä­no­men gibt, kann man die er­eig­nis­se die die se­rie dar­stellt im­mer noch als psy­cho­lo­gi­sche oder phi­lo­so­phi­sche ana­lo­gien ver­ste­hen. man kann the lef­to­vers, wenn man so will, als pro­fa­ni­sier­te, fürs fern­seh­pu­bli­kum auf­be­rei­te­te c.-g.-jung-lehr­stun­de ver­ste­hen.

oder man kann eine ein­fa­che leh­re aus der se­rie zie­hen. in ei­ner der schlüs­sel­sze­ne am staf­fel­en­de un­ter­hal­ten sich zwei der haupt­fi­gu­ren über die jüngs­ten er­eig­nis­se:

john mur­phy: „i don’t un­der­stand what’s hap­pe­ning.“
ke­vin gar­vey: „me neither. [lan­ge pau­se] it’s ok.“

los­las­sen, die er­eig­nis­se ak­zep­tie­ren, wi­der­sprü­che aus­hal­ten, am­bi­gui­täts­to­le­rant le­ben. die wi­der­sprü­che die sich nicht auf­lö­sen las­sen wi­der­sprü­che sein las­sen, das un­er­klär­li­che ak­zep­tie­ren, then it’s ok.


die ganz be­son­de­re stär­ke von the lef­to­vers lag mei­ner mei­nung nach in der in­sze­nie­rung und er­zähl­wei­se. jede fol­ge hat­te mehr oder we­ni­ger das le­ben ei­ner der haupt­per­so­nen im fo­kus, er­zähl­te hin­ter­grün­de und er­eig­nis­se aus der ver­gan­gen­heit. die ein­zel­nen fol­gen wur­den auch nur grob chro­no­lo­gisch er­zählt, die meis­ten fol­gen wa­ren zeit­lich leicht ver­scho­ben und in­ein­an­der ver­keilt, vie­le er­eig­nis­se wur­den im­mer wie­der aus ver­schie­de­nen per­spek­ti­ven er­zählt und be­trach­tet. das führ­te am ende zu ei­nem et­was kla­re­ren bild, aber nie zu ei­nem ab­schluss oder zu ei­ner er­klä­rung der er­eig­nis­se.

wie das al­les über zehn fol­gen in der zwei­ten staf­fel zu­sam­men­ge­baut wur­de, fand ich ex­trem be­ein­dru­ckend. zu­sam­men­ge­hal­ten wur­de al­les von der im­mer wie­der­keh­ren­den me­lo­die von „whe­re is my mind“ von den pi­xies (you­tube-vi­deo).

ich blei­be da­bei, die zwei­te staf­fel lef­to­vers war mit das bes­te, was ich je im fern­se­hen ge­se­hen habe, auch wenn das staf­fel­en­de viel­leicht et­was pa­the­tisch war. aber ge­ra­de die et­was pa­the­ti­sche schluss­sze­ne soll­te na­tür­lich zei­gen: wenn du los­lässt und dei­ne in­ne­ren kon­flik­te löst, pas­sie­ren wun­der­ba­re din­ge.


oem­bed, word­press 4.4 und mein ei­ge­ner end­punkt

felix schwenzel in artikel

ich mag ein­bet­tun­gen ei­gent­lich nicht. auch wenn der ein­bett­code, den zum bei­spiel twit­ter vor­schlägt, gar ncht mal so schlecht ist:

der code ren­dert ein zi­tat (<block­quo­te>) mit ei­ner ur­he­ber­an­ga­be und ei­nem link zum ori­gi­nal. da­mit ist er auch in RSS-feeds les­bar, bzw. ohne ja­va­script. das ja­va­script das an den code un­ten ge­hängt ist, rei­chert das zi­tat mit CSS-sti­len und dem bild an, so dass aus dem hier

Ich be­nut­ze das alte und das neue Twit­ter noch par­al­lel. pic.twit­ter.com/jAKxoZ2x7S

— Ahoi Pol­loi (@ahoi_pol­loi) No­vem­ber 3, 2015

das hier wird:

zwei din­ge ge­fal­len mir an dem of­fi­zi­el­len em­bedcode von twit­ter nicht: die links sind nicht im klar­text, son­dern per t.co-ge­kürzt und even­tu­ell an den tweet ge­häng­te bil­der feh­len. des­halb habe ich mir mei­nen ei­ge­nen ein­bett­code ge­baut, der die­se bei­den nach­tei­le aus­bü­gelt. so sieht eine sol­che ein­bet­tung dann aus:

Ich be­nut­ze das alte und das neue Twit­ter noch par­al­lel. pic.twit­ter.com/jAKxoZ2x7S

Ahoi Pol­loi (@ahoi_pol­loi03.11.2015 18:02

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 01.12.2015 09:25)


der vor­teil des off­zi­el­len twit­ter-em­bedcodes ist na­tür­lich sei­ne ein­fach­heit. das HTML-ge­raf­fel oben muss man in mo­der­nen CMS gar nicht ko­pie­ren und ein­set­zen, in der re­gel reicht es aus, die tweet-URL zu ko­pie­ren und in den CMS-edi­tor ein­zu­set­zen. das CMS holt sich dann bei twit­ter den ein­bett­code und wan­delt die URL selbst um. das funk­tio­niert mit den meis­ten platt­for­men so, in­sta­gram, you­tube, tumb­lr und, seit word­press 4.4, auch mit x-be­lie­bi­gen word­press-blogs.

wenn ich bei­spiels­wei­se die­se url (http://no­tiz­blog.org/2015/12/07/10-jah­re-no­tiz­blog/) in den word­press-4.4-edi­tor ko­pie­re, macht word­press das hier draus:

tech­nisch ist das al­les das glei­che, näm­lich oem­bed. das CMS schaut in ei­ner lis­te oder auf der sei­te selbst nach, ob die site ei­nen oem­bed-end­punkt hat und fragt den dann nach dem ein­bett­code.

me­di­um.com hat sich hier üb­ri­gens eine ex­tra­wurst ge­bra­ten, sie bie­ten ech­te, na­ti­ve em­beds nur für twit­ter an, bzw. be­nutzt für you­tube ei­nen et­was mo­di­fi­zier­ten play­er, der bei ak­ti­vier­ter do-not-track-an­wei­sung im brow­ser erst ei­nen OK-klick be­nö­tigt, be­vor er na­tiv ge­la­den wird.

für alle an­de­ren em­beds be­nutzt me­di­um.com ei­nen ei­ge­nen ein­bett­me­cha­nis­mus, der sich ti­tel, ar­ti­kel­bild und die kurz­be­schrei­bung di­rekt bei der ein­ge­bet­te­ten URL holt. da­mit funk­tio­niert die ein­bet­tung im prin­zip von je­der be­lie­bi­gen web­sei­te.


wie ge­sagt, ich be­nut­ze auf wir­res.net, so gut es geht, ei­ge­ne ein­bett­codes, die man zum bei­spiel auf mei­ner fa­vo­ri­ten­sei­te se­hen kann. das html er­zeu­ge ich mir au­to­ma­tisch oder semi-au­to­ma­tisch, vor al­lem, da­mit ein­bet­tun­gen auch ohne ja­va­script und ohne das la­den von tra­ckern oder scrip­ten der ori­gi­nal­sei­ten funk­tio­nie­ren — und vor al­lem auch im RSS-rea­der an­stän­dig an­ge­zeigt wird. das gilt auch für alle you­tube-vi­de­os, die ich hier ein­bet­te (ähn­lich wie bei me­di­um.com, sie­he oben) und funk­tio­niert ana­log zu oem­bed: ich fra­ge, wie oem­bed, alle mög­li­chen APIs ab, nut­ze aber eben de­ren vor­ge­schla­ge­nen, tra­cker- und script-in­fi­zier­ten ein­ebtt­codes nicht, son­dern selbst­ge­bau­te.

trotz­dem möch­te ich aber beim ein­bett­spiel mit­spie­len, vor al­lem jetzt, wo word­press mit der 4.4-ver­si­on das so ein­fach ge­macht hat ei­ge­ne in­hal­te ein­bett­bar zu ma­chen und be­lie­bi­ge an­de­re in­hal­te (von word­press 4.4-nut­ze­rin­nen) ein­zu­bet­ten.

also hab ich mir ges­tern ei­nen oem­bed-end­punkt selbst ge­schrie­ben (code hier auf git­hub) — auf wir­res.net läuft ja be­kannt­lich kein word­press.

das script funk­tio­niert mit al­len vie­len sites, die mf2-mi­cro­for­ma­te be­nut­zen, in­dem es die sei­te nach mi­cro­for­ma­ten ab­sucht und aus den da­ten eine oem­bed-ant­wort, bzw. ei­nen em­bedcode baut. bei­spie­le:

weil im kopf al­ler wir­res.net-ar­ti­kel die­se zei­le steht, kön­nen oem­bed-fä­hi­ge cli­ents (CMS) den oem­bed-end­punkt selbst fin­den:

da­mit klappt dann im prin­zip auch das ein­bet­ten von wir­res.net-ar­ti­keln in word­press ≥ 4.4





word­press traut x-be­lie­bi­gen blogs al­ler­dings nicht über den weg. nur oem­bed-an­bie­ter die in der word­press-ei­ge­nen weis­sen-lis­te ste­hen, dür­fen if­rames nut­zen die auch links aus­ser­halb ih­rer selbst öff­nen dür­fen. word­press sand­bo­xed aus si­cher­heits­grün­den if­rames von al­len oem­bed-an­bie­tern, die nicht in der lis­te sind. da­mit, wuss­te ich vor­her auch nicht, sind vie­le fea­tures wie po­pups oder ein­fa­che links ins ak­tu­el­le, obe­re fens­ter („_top“) nicht mehr mög­lich. word­press um­geht das, in­dem es if­rames mit ei­nem „se­cret“, also pass­wort ver­sieht und wenn der if­rame die­ses se­cret aus­le­sen kann, kön­nen sich der if­rame und die ein­bet­ten­de sei­te nach­rich­ten schi­cken. so kann dann via ja­va­script wie­der auf links in den ein­ge­bet­te­ten if­rames ge­klickt wer­den. al­ler­dings mit der ein­schrän­kung, dass nur auf die do­main auf der der if­rame liegt ge­linkt wer­den darf. des­halb habe ich in mei­nen if­rame ja­va­script-code aus dem word­press-core ko­piert, der die­se kom­mu­ni­ka­ti­on mit der ein­bet­ten­den sei­te über­nimmt und den ge­san­box­ten em­bed erst klick­bar macht.

hört sich kom­pli­ziert an und is­ses auch. im prin­zip könn­te jede web­site (mit mi­cro­for­ma­ten) mei­nen oem­bed-end­punkt be­nut­zen und sich von ihm em­beds und if­rames mit ei­nem teaser er­zeu­gen las­sen, aber die­se wä­ren dann (in word­press) nicht klick­bar, weil der word­press-code dar­auf be­steht, dass if­rame-quel­le und link-ziel auf der glei­chen do­main lie­gen. wer also kein word­press hat und mei­nen oem­bed-end­punkt be­nut­zen will, muss ihn sich also auf der ei­ge­nen site in­stal­lie­ren.

das aus­es­hen der em­beds ori­en­tiert sich (of­fen­sicht­lich) an den twit­ter-cards, die twit­ter ge­le­gent­lich un­ter tweets an­zeigt, um eine vor­schau auf ei­nen link zu vi­sua­li­sie­ren. das HTML und CSS ist gröss­ten­teils von twit­ter aus­ge­lie­hen, bis mir eine bes­se­re lö­sung ein­fällt.

der code ist al­les an­de­re als ele­gant und ist stark ver­bes­se­rungs­wür­dig. es soll aber auch nicht mehr als ein ers­ter ver­such, eine klei­ne stu­die sein.


grif­fel­kunst

felix schwenzel in artikel

heu­te muss­ten konn­ten wir wie­der zur grif­fel­kunst-ab­ho­lung und aus­su­chung. ich ent­scheid mich wie­der dort­hin zu lau­fen, die bei­fah­rein woll­te per bahn nach­kom­men. ich bin dann vom na­tur­kun­de­mu­se­um durch mit­te zur s-bahn frank­fur­ter al­lee ge­lau­fen. das wet­ter war eher trü­be, aber fast früh­lings­haft warm. aus­ser am alex, da zogs ein biss­chen.

ge­gen­über des es­ca­dos am alex­an­der­platz wur­de ein platte­bau so gräss­lich re­no­viert, dass die plat­te jetzt aus­sieht wie ein mehr­fa­mi­li­en­haus in ei­nem vor­ort von ober­ur­sel. ich konn­te das nicht fo­to­gra­fie­ren. mich rei­zen da eher die re­al­so­zia­lis­ti­schen bau­sün­den von da­mals™.

alex­an­der­platz

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:09)

eins der ge­bäu­de dort steht kurz vor dem ab­riss. die fens­ter sind schon fast alle raus, bald kommt da si­cher­lich der bag­ger mit den kräf­ti­gen zan­gen.

alex­an­der­platz

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:01)

ein biss­chen wei­ter wird man qua­si auf­ge­for­dert dö­ner zu es­sen. wenn man die öff­nungs­zei­ten ken­nen wür­de.

iss dö­ner!

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:11)

das kino in­ter­na­tio­nal be­schäf­tigt tat­säch­lich noch ei­nen pla­kat­ma­ler. auf der front­fas­sa­de durf­te der ein film­pla­kat gross auf­zie­hen. ich mag den bau ja sehr ger­ne, auch weil man ihm von aus­sen an­sieht, wel­chem zweck er dient. als ich vor vie­len jah­ren ein­mal dort ei­nen film sah, war ich sehr be­zau­bert vom al­ten DDR-kleb­stoff-ge­ruch, den ich aufs in­nigs­te mit mei­ner kind­heit ver­bin­de, in der wir öf­ter un­se­re ost-ver­wandt­schaft be­sucht ha­ben. in de­ren haus roch es auch im­mer nach die­sem wahr­schein­lich nicht be­son­ders ge­sun­den che­mie-cock­tail. ich gehe aber da­von aus, dass der ge­ruch mitt­ler­wei­le weg­sa­niert wur­de.

kino in­ter­na­tio­nal

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:30)

was mir auch auf­fällt: die spu­ren die po­li­tik über­all in der stadt hin­ter­lässt.

spu­ren der macht: ka­bel­bin­der

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:50)

fürs ab­knip­sen der ka­bel­bin­der reicht nach dem wahl­kampf wahr­schein­lich das geld nicht mehr.

ir­gend­wann bin ich an ei­nem la­den vor­bei­ge­kom­men, in des­sen schau­fens­ter ein fern­se­her hoch­kant stand, auf dem ein bild der gol­den gate bridge zu se­hen war.

gol­den gate bridge

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:54)

ich war dann ziem­lich pünkt­lich, wie ver­ab­re­det ge­gen 14 uhr an der frank­fur­ter al­lee. da ich bei ap­ple mit der bei­fah­re­rin be­freun­det bin, kann ich mit mei­nem ipho­ne und der freun­de-app ih­ren auf­ent­halts­ort nach­ver­fol­gen. ich war ziem­lich ver­wirrt, als sie mit der sbahn an mir vor­bei­fuhr. also rief ich sie an und bat sie wie­der zu­rück­zu­fah­ren. um vier­tel nach zwei war sie dann auch da.


bei der grif­fel­kunst stan­den heu­te, un­ter an­de­rem, ein paar ar­bei­ten von pe­ter pil­ler zur aus­wahl. wir ha­ben uns ein bild aus der se­rie be­reit­schaft­grad aus­ge­sucht. in der bil­der­ga­le­rie hier bei ca­pi­tan pet­zel kann man es se­hen, das das letz­te bild mit fall­schirm­jä­gern und ei­ner pus­te­blu­men­pio­nie­rin. eine gute wahl, wie wir bei­de fin­den.

zu­rück sind wir dann mit der sbahn ge­fah­ren und im­mer recht­zei­tig um- und aus­ge­stie­gen.


Home, sweet Of­fice (t3n 42)

felix schwenzel in t3n

Prä­senz ist re­la­tiv. Ich glau­be, es ist nicht über­trie­ben zu sa­gen, dass sich Prä­senz, wie fast al­les heut­zu­ta­ge, frag­men­ta­ri­siert. Als ich mit 16 Jah­ren mit zwei Freun­den per Mit­fahr­zen­tra­le nach Frank­reich zu ei­nem zwei­wö­chi­gen Cam­ping­ur­laub auf­brach, war mei­ne Prä­senz in Frank­reich na­he­zu un­frag­men­tiert: Ich war für mei­ne El­tern nicht ohne Wei­te­res er­reich­bar. Es gab kei­ne Mo­bil­te­le­fo­ne und ei­gent­lich konn­te nur die schne­cken­lang­sa­me Brief­post oder der eine oder an­de­re Münz­fern­spre­cher mei­ne to­ta­le Frank­reich­prä­senz an­satz­wei­se aus­he­beln.

Wenn man frü­her ver­reis­te, war man wirk­lich weg. Wenn man heu­te mit sei­nem Mo­bil­te­le­fon ver­reist, sind nicht nur die Post­kar­ten via In­sta­gram et al. in­ner­halb von Se­kun­den in der Hei­mat, man ist auch per SMS oder Mes­sen­ger so gut er­reich­bar, dass man ohne Wei­te­res von Mul­ti­prä­senz re­den könn­te; wir kön­nen dank Tech­no­lo­gie gleich­zei­tig an vie­len Or­ten sein.

Man­che se­hen das, was mo­der­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien uns heu­te er­mög­li­chen, als den Hor­ror der stän­di­gen Er­reich­bar­keit an. Mich ent­spannt es, weil mir die Tech­no­lo­gie – zu­min­dest theo­re­tisch – die Wahl lässt. Ich kann mein Mo­bil­te­le­fon oder mei­nen Lap­top schließ­lich im­mer noch ab­schal­ten.

Schon in den 90ern emp­fand ich mei­ne Nicht­er­reich­bar­keit bei Ab­we­sen­heit von mei­nem Fest­netz­an­schluss als um­ständ­li­ches Grau­en. Ich hat­te zwar, um mei­ne Prä­senz am Fest­netz zu­min­dest an­satz­wei­se zu si­mu­lie­ren, eine Rei­he Work­arounds in­stal­liert, zum Bei­spiel durch den An­schluss ei­nes An­ruf­be­ant­wor­ters mit Fern­ab­fra­ge­funk­ti­on. Ich hät­te da­mals al­les ge­ge­ben (mein La­chen, mei­ne Auf­merk­sam­keit oder un­ge­teil­te Prä­senz), um bes­ser und ent­spann­ter er­reich­bar zu sein und auf den Fern­ab­fra­ge­quatsch in Te­le­fon­zel­len ver­zich­ten zu kön­nen.

Jetzt, fast 30 Jah­re spä­ter, bin ich stän­dig er­reich­bar und freue mich je­den Tag dar­über – auch, weil ich mir si­cher bin, mit den heu­ti­gen Tech­no­lo­gien mei­ne Prä­senz bes­ser und fle­xi­bler ge­stal­ten und kon­trol­lie­ren zu kön­nen als je­mals zu­vor.

Der Witz ist na­tür­lich, dass die­se Prä­senz­tech­no­lo­gien es mir nicht nur er­lau­ben, viel fle­xi­bler und zu­frie­de­ner zu le­ben und zu ar­bei­ten. Sie ha­ben auch ei­nen Preis. Wenn ich an meh­re­ren Or­ten zu­gleich sein kann, muss ich auch mei­ne Auf­merk­sam­keit und mei­ne Kon­zen­tra­ti­on ver­tei­len. Mei­ne Ar­beits­leis­tun­gen sind nicht mehr nur an ei­nem Ort, im Büro, über­wach­bar, son­dern über­all und fast im­mer. Ich fle­xi­bi­li­sie­re nicht nur mei­nen All­tag, ich hal­se mir auch Ver­ant­wor­tung und ver­meint­li­che Pflich­ten für mei­ne Ar­beit auf, die ich frü­her™ be­quem im Büro hät­te zu­rück­las­sen kön­nen. Ich ver­tei­le mei­ne Auf­ga­ben nicht mehr auf eine Acht­-Stun­den-­Pe­ri­ode, son­dern auf mei­nen ge­sam­ten All­tag. Plötz­lich ar­bei­te ich auch am Wo­chen­en­de – weil es geht.

Tech­no­lo­gie bringt uns un­ge­ahn­te Fä­hig­kei­ten, Be­quem­lich­keit und Fle­xi­bi­li­tät – aber ne­ben die­sen Se­gen auch jede Men­ge Flü­che, die mehr oder we­ni­ger un­be­merkt in un­se­ren All­tag krie­chen.

Die ent­schei­den­de Fra­ge ist des­halb nicht Home­ oder Prä­senz­of­fice, Fle­xi­bi­li­sie­rung oder Kon­so­li­die­rung, son­dern wie wir die Vor­ und Nach­tei­le aus­ba­lan­cie­ren, wie wir un­se­re Ar­beits-­ und Le­bens­be­din­gun­gen so ge­stal­ten und ver­han­deln, dass am Ende alle et­was ge­win­nen und am Ende doch die Vor­tei­le über­wie­gen.

Ich ver­su­che in letz­ter Zeit üb­ri­gens wie­der, re­gel­mä­ßig ins Büro zu ge­hen. Das hilft zwar kaum da­bei, mei­ne Prä­senz zu de­frag­men­ta­ri­sie­ren, aber es er­leich­tert mir, zwi­schen Ar­beit und Frei­zeit zu tren­nen. Mor­gens, nach ei­nem sehr frü­hen Früh­stück, ver­su­che ich ein paar Stun­den lang das In­ter­net leer zu le­sen und ins In­ter­net zu schrei­ben, um dann, mit ei­nem frü­hen Mit­tag­essen, mein Ar­beits-­Ar­beits­pen­sum zu er­le­di­gen.

Ge­ra­de weil ich weiß, dass ich ins Ho­me­of­fice könn­te, gehe ich be­son­ders ger­ne ins Büro, erst recht, wenn ich die Fle­xi­bi­li­tät, die mir mein Ar­beit­ge­ber ge­währt, ge­ra­de gar nicht be­nö­ti­ge. Mir reicht (der­zeit) die Fle­xi­bi­li­tät als Po­ten­zi­al. Zu­mal im Büro sehr fleis­si­ge und freund­li­che Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen und ein ge­nau­so freund­li­cher Bü­ro­hund rum­lau­fen.

Was ich al­ler­dings im Büro sehr ver­mis­se: die Mög­lich­keit zu ei­nem kur­zen Mit­tags­schlaf.


emp­feh­lungs­ge­döns

felix schwenzel in artikel

im prin­zip fing al­les mit ya­hoo an. 1994, sagt die wi­ki­pe­dia, stell­ten die ya­hoo-grün­der da­vid filo und jer­ry yang eine sei­te mit links ins netz, die sie „Jer­ry and Da­vid’s Gui­de to the World Wide Web“ nann­ten. auf der lis­te wa­ren tipps für web­sei­ten auf­ge­zählt, die man sich an­se­hen konn­te. 1995 fing ich eben­falls mit sol­chen lis­ten an. auf mei­ner „home­page“, aber auch mit an­de­ren, zum bei­spiel mei­nem kom­mi­li­to­nen tho­mas kem­mer, der eine lis­te mit in­ter­es­san­ten ar­chi­tek­tur-links er­stell­te und die ich mit­pfleg­te: die gel­be sei­te.

frü­her nann­te man das gui­de, weg­wei­ser, home­page, spä­ter dann web­log und heu­te heisst der vor­gang le­se­emp­feh­lun­gen aus­zu­spre­chen ku­ra­tie­rung. die ku­ra­tie­rung war je­doch für ei­ni­ge jah­re auf dem ab­stei­gen­den ast, weil ein paar in­ge­nieu­re ei­nen kos­ten- und zeit­güns­ti­ge­ren an­satz ge­fun­den hat­ten, um das wis­sen der welt zu er­schlies­sen: al­go­rith­men, also such­ma­schi­nen die das web wie ku­ra­to­ren durch­fors­te­ten, ihre re­le­vanz­wer­tung al­ler­dings nicht nach ge­fühl oder ex­per­ti­se durch­führ­ten, son­dern durch das zu­sam­men­rech­nen von ver­schie­de­nen mess­ba­ren si­gna­len. da­mit über­hol­te goog­le ya­hoo ir­gend­wann mehr oder we­ni­ger un­ein­hol­bar.

aber das ku­ra­tie­ren, also die ma­nu­el­le re­le­vanz­be­wer­tung von sa­chen im in­ter­net, hat in den letz­ten jah­ren eine ge­wis­se re­ha­bi­li­tie­rung er­fah­ren. so­wohl in den so­zia­len netz­wer­ken, als auch in blogs wird zum gros­sen teil auf zeug im netz ver­linkt. es gibt un­zäh­li­ge news­let­ter, die ei­nem mor­gens die nach­rich­ten­la­ge und links dort­hin an­bie­ten. und es gibt eine wach­sen­de zahl kom­er­zi­el­ler und pro­fes­sio­nel­ler — oder soll­te ich sa­gen haupt­be­ruf­li­cher — an­bie­ter die­ser dienst­leis­tung: ni­uws in form ei­ner app mit „hand­ku­ra­tier­ten“ in­hal­ten in the­men­bo­xen (ich mach da mit), blend­le mit emp­feh­lungs­men­schen und res­sorts wie in­ter­views, me­di­en oder po­li­tik (ich mach da mit) oder jetzt, ganz neu, mit piqd.de (ich hab da nen „pre­mi­um“-zu­gang zum tes­ten, mach da aber nicht mit).

ku­ra­ti­on, emp­feh­lun­gen, link­lis­ten, hin­weist­weets, ge­teil­te ar­ti­kel über­all. mitt­ler­wei­le kann man den ein­druck be­kom­men, dass es bald mehr emp­feh­lungs­web­sei­ten gibt, als sei­ten die ori­gi­nä­re in­hal­te pro­du­zie­ren. oder dass es bald meta-ku­ra­to­ren gibt, die nicht aus­ge­wähl­te, re­le­van­te in­hal­te emp­feh­len, son­dern ku­ra­to­ren, also die emp­feh­ler selbst emp­feh­len.

aber nicht nur die un­über­sicht­lich­keit der me­di­en­land­schaft ist ein pro­blem, ein viel grös­se­res ist die be­grenz­te auf­merk­sam­keit und zeit die man als kon­su­ment hat. oder an­ders ge­fragt: wie gut kön­nen sich ag­gre­ga­to­ren im me­di­en­mix be­haup­ten? wie schaf­fen sie es, sich in un­se­ren all­tag zu drän­gen?

ich hol mal kurz aus:

blend­le fühlt sich für mich wie eine gi­gan­ti­sche sonn­tags­zei­tung an. wenn ich frü­her™ mein­te nicht viel zu tun zu ha­ben, also zeit hat­te, habe ich mir oft eine sonn­tags­zei­tung ge­kauft in der er­war­tung da­mit eine an­ge­neh­me zeit ver­brin­gen zu kön­nen und in­ter­es­san­te sa­chen zu le­sen zu be­kom­men. so ist das bei blend­le im mo­ment auch: ich gehe zu blend­le, im wis­sen, dass ich dort wohl ei­ni­ge zeit ver­brin­gen wer­de und mich fest­le­sen wer­de. um­ge­kehrt, gehe ich eben nicht „mal eben“ zu blend­le, vor al­lem nicht, wenn mei­ne todo-lis­te mich an­schreit: tu was! eben­so we­nig öff­ne ich mei­ne ni­uws-app oder piqd.de um in ei­ner ar­beits­pau­se mal kurz auf an­de­re ge­dan­ken zu kom­men oder kurz zu pro­kras­ti­nie­ren. das ma­che ich meist mit spie­gel.de um ei­nen kur­zen über­blick über die vor­ge­fil­ter­te welt­la­ge zu be­kom­men — oder wer­fe ei­nen kur­zen blick auf mei­ne twit­ter- oder face­book-time­lines.

all die emp­feh­lungs­ma­schi­nen, ni­uws, piqd, blend­le und mei­net­we­gen auch die link­sek­ti­on auf die­ser web­site ha­ben ei­gent­lich kei­nen platz im all­tag, son­dern sind so­et­was wie sofa-an­ge­bo­te. oder bahn­fahr­an­ge­bo­te — aber da sitzt man ja auch im sofa, qua­si. ich er­wi­sche mich im­mer wie­der da­bei, wie ich mich ge­gen ei­nen be­such die­ser web­sei­ten ent­schei­de oder den be­such auf ei­nen spä­te­ren zeit­punkt ver­schie­ben möch­te, weil ich weiss, dort ver­lie­re ich jetzt zu viel zeit, die ich ge­ra­de nicht ver­lie­ren möch­te. mir fiel das auf, als ich ges­tern in ei­nem war­te­zim­mer sass und dort eine alte aus­ga­be des stern auf­schlug. da­drin­nen wa­ren tat­säch­lich ei­ni­ge le­sens­wer­te ar­ti­kel, bzw. in­ter­views. zum bei­spiel die­ses mit max mos­ley [blend­le-be­zahl­link, 0,65€]. das in­ter­view er­schien in der aus­ga­be vom 1. ok­to­ber und wur­de auf blend­le ei­ni­ge male hef­tigst emp­foh­len. wür­de ich mehr zeit auf blend­le ver­brin­gen, wäre es mir viel­leicht schon vor­her auf­ge­fal­len. is­ses aber nicht. und ei­ner der grün­de da­für dürf­te sein, dass mei­ne/un­se­re zeit eben nicht be­lie­big ver­füg­bar ist.

die kon­ku­renz um un­se­re auf­merk­sam­keit oder um un­se­re „sofa-zeit“ tobt ge­ra­de mit be­son­de­rer in­ten­si­tät. es pras­seln so vie­le güns­ti­ge und hoch­qua­li­ta­ti­ve an­ge­bo­te auf mich ein, dass ich mich stän­dig fra­gen muss: soll ich mich jetzt vom fern­se­her be­rie­seln las­sen? mei­ne lieb­lings­se­ri­en wei­ter­gu­cken? das an­ge­fan­ge­ne buch wei­ter­le­sen? oder soll­te ich mich gar mit an­de­ren tref­fen und ein biss­chen zeit mit an­de­ren men­schen auf so­fas oder bar­ho­ckern ver­brin­gen? oder doch lie­ber mei­ne feeds weg­le­sen? twit­ter und face­book durch­le­sen? mal bei blend­le, ni­uws oder jetzt piqd vor­bei­schau­en?


weil mich fre­de­rik fi­scher ein­ge­la­den hat mir piqd.de an­zu­se­hen, habe ich mich ges­tern ent­schie­den mal ein we­nig zeit dort zu ver­brin­gen. al­les sehr schön auf­ge­räumt und über­sicht­lich dort! aha:

piqd ist ein Ag­gre­ga­tor.
Wir re­spek­tie­ren un­se­re Quel­len und fei­ern un­se­re Fund­stü­cke.

Je­des un­se­rer Schwer­punkt­the­men wird von ei­ner klei­nen Re­dak­ti­on aus Fach­jour­na­lis­ten, Wis­sen­schaft­lern und Po­li­ti­kern be­treut. Je­der Ex­per­te kann pro Tag ma­xi­mal ei­nen Link pos­ten.

gut, nur ein link pro tag, eine dan­kens­wer­te ein­schrän­kung, die es viel­leicht leich­ter macht sich durch den in­for­ma­ti­ons­über­fluss durch­zu­kämp­fen. an­de­rer­seits sind 66 „ex­per­ten“ dann auch wie­der ne men­ge.

was ich sehr mag ist die mög­lich­keit der ex­per­ten ei­nen link wort­reich zu emp­feh­len. auf twit­ter oder ni­uws ist die zei­chen­zahl des emp­feh­lungs­tex­tes ein­ge­schränkt (ni­uws hat das li­mit für die emp­feh­lungs­text­län­ge ge­ra­de kräf­tig nach oben kor­ri­giert), auf face­book und in blogs geht das schon lan­ge so. wo­bei sich lei­der we­ni­ge die mühe ma­chen, län­ge­re er­klä­rungs­tex­te, ein­schät­zun­gen oder grün­de den text zu le­sen an den link zu hef­ten. bei piqd.de sind die „ex­per­ten“ of­fen­bar dazu an­ge­hal­ten.

die emp­feh­lungs­tex­te sind teil­wei­se so gut, dass ich den link gar nicht mehr kli­cke (zum bei­spiel).

im ka­nal „li­te­ra­ri­scher jour­na­lis­mus“ habe ich auch schon eine per­le ge­bor­gen, die­ses in­ter­view mit bo­ris be­cker. das ist zwar 5 jah­re alt und steht in der würg welt, aber ist (na­tür­lich) ein tol­les le­se­stück. beim punkt da­tum habe ich auch die ein­zi­ge kri­tik an piqd.de; die emp­feh­lungs­tex­te der „pi­qer“ ha­ben kein da­tum, die „ori­gi­nal-ar­ti­kel“ nur ge­le­gent­lich. im­mer­hin sind die kom­men­ta­re un­ter den ar­ti­kel ver­dat­umt.

an­sons­ten gibt es an piqd.de nix zu me­ckern: die ge­stal­tung ist an­mu­tig, die site funk­tio­niert auf al­len ge­rä­ten, die ich aus­pro­biert habe, ein­wand­frei, die ka­nal- und the­men­aus­wahl ist so zeit­geis­tig dass ei­nem beim piqd.de-be­such bei­na­he ein dutt auf dem kopf wächst. sehr ge­schickt auch nicht von „netz­po­li­tik“ zu re­den, son­dern von po­li­tik und netz.

aus­ser dem un­ter­strei­chungs-de­sign (zu eng an den buch­sta­ben nach mei­nem ge­fühl) hab ich tat­säch­lich nichts an piqd.de aus­zu­set­zen. na gut, es ist et­was ir­ri­tie­rend sich von ak­ti­ven po­li­ti­kern tex­te emp­feh­len zu las­sen, ich be­ob­ach­te mal, wie das auf dau­er auf mich wirkt, aber an­sons­ten ist piqd.de eine will­kom­me­ne be­rei­che­rung in mei­nem oh­ne­hin schon völ­lig über­la­de­nen me­di­en-menü.

p.s.: mei­ne lieb­lings­emp­feh­lungs­quel­le ist üb­ri­gens der digg-RSS feed. ich habe schon­mal vor ein mo­na­ten auf­ge­schrie­ben war­um. na­tür­lich ist das aus­schliess­lich eng­lisch­spra­chig, aber mir ge­fällt, wie der feed in mein me­di­en­me­nü passt: die emp­feh­lun­gen schwim­men in mei­ner in­for­ma­ti­ons­quel­le num­mer eins, mei­nem RSS-rea­der. kei­ne se­pa­ra­te app, kein se­pa­ra­tes ansur­fen ei­ner web­sei­te, kein tra­ra (das glei­che gilt üb­ri­gens für riv­va und sei­nen RSS feed). und in al­ler be­schei­den­heit, ich glau­be ge­nau das ist auch der grund, war­um es nicht we­ni­ge leu­te gibt, die mei­ne (fast) täg­li­chen links schät­zen. eine über­sicht an din­gen die mög­li­cher­wei­se in­ter­es­sant sein könn­ten, ein kom­men­tar dazu, der bei der ein­schät­zung der re­le­vanz hilft (oft auch nicht) und sonst nichts.


pa­pier­lieb­ha­be­rei

felix schwenzel in artikel

ich ken­ne vie­le leu­te die on­line-ban­king für teu­fels­zeug hal­ten. weil das ja so un­si­cher sein soll. so stand es ja auch in den acht­zi­ger und neun­zi­ger jah­ren in den zei­tun­gen. ähn­li­che vor­be­hal­te gibt es bei sehr vie­len men­schen die ich ken­ne ge­gen­über kre­dit­kar­ten oder an­de­ren bar­geld­lo­sen zah­lungs­ver­fah­ren. weil es im­mer wie­der be­trugs­fäl­le bei die­sen zah­lungs­mit­teln gibt, sind die­se me­tho­den folg­lich zu mei­den.

wenn in­ter­net­skep­ti­ker da­vor war­nen pri­va­tes ins in­ter­net zu schrei­ben (die ju­gend!), fo­tos im in­ter­net zu ver­öf­fent­li­chen (iden­ti­täts­dieb­stahl!) oder un­dif­fe­ren­ziert vor dem gros­sen, bö­sen goog­le war­nen, la­chen wir (die „in­ter­net­ge­mein­de“) in der re­gel laut auf. über­zo­ge­ne ängs­te von po­li­ti­kern vor of­fe­nen wlans ri­di­küli­siert netz­po­li­tik seit vie­len jah­ren. netz­po­li­tik und gros­se tei­le die­ser „in­ter­net­ge­mein­de“ ver­su­chen seit jah­ren die chan­cen der di­gi­ta­li­sie­rung her­vor­zu­he­ben und über­zo­ge­ner angst­ma­che und si­cher­heits­be­den­ken aus po­li­tik und ge­sell­schaft ent­ge­gen zu wir­ken.

nur beim zah­lungs­ver­kehr ist das alu­hut-tra­gen nach wie vor schick. netz­po­li­tisch bes­tens ge­bil­de­te ak­ti­vis­ten, wie zu­letzt an­dre­as von gun­ten, war­nen mit me­tho­den vor ei­ner bar­geld­lo­sen ge­sell­schaft, die nor­ma­ler­wei­se von in­nen­po­li­ti­kern oder gross­ver­la­gen ge­nutzt wer­den: in­dem vor to­ta­li­tä­ren po­ten­zia­len ge­warnt wird und krea­ti­ver lo­gik aru­men­tiert wird.

oder jetzt auf netz­po­li­tik, von jan gir­lich. mit jan gir­lich stim­me ich über­ein, dass es un­be­dingt zah­lungs­me­tho­den ge­ben muss, die zah­lun­gen er­mög­li­chen, die nicht ohne wei­te­res nach­ver­folg­bar sind. bar­geld funk­tio­niert für sol­che fäl­le nach wie vor bes­tens. al­ler­dings gibt und gab und gibt es durch­aus auch bar­geld­lo­se zah­lungs­mit­tel, die das er­mög­li­chen. die geld­kar­te bei­spiels­wei­se er­laubt (un­ter be­stimm­ten um­stän­den) an­ony­me zah­lungs­vor­gän­ge, ge­nau­so wie vor­aus­be­zahl­te kre­dit­kar­ten (pre­paid-kar­ten). die­se wer­den „ohne Bo­ni­täts­prü­fung auch an nicht kre­dit­wür­di­ge Per­so­nen aus­ge­ge­ben, die bei­spiels­wei­se noch nicht voll­jäh­rig sind oder für die ein Ne­ga­tiv­ein­trag in der Schufa vor­liegt.“ (zi­tat wi­ki­pe­dia)

die­se mög­lich­kei­ten er­wähnt jan gir­lich in sei­nem netz­po­li­tik-ar­ti­kel, in dem er vor ei­ner bar­geld­lo­sen zu­kunft warnt, nicht. im ge­gen­teil:

Fest­ge­hal­ten wer­den kann, dass wir ohne Bar­geld un­se­rer Mög­lich­keit an­onym und spur­los zu zah­len be­raubt wer­den.

bit­co­ins sind ganz si­cher noch nicht im main­stream an­ge­kom­men, aber als ich zu­letzt dar­über ge­le­sen habe, blieb bei mir hän­gen, dass man mit bit­co­ins an­onym und spur­los zah­len kön­ne (sie­he an­mer­kung un­ten). und was hin­dert uns wei­te­re tech­ni­sche al­ter­na­ti­ven zu ent­wi­ckeln (oder zu for­dern), die uns er­mög­li­chen an­onym und spur­los zu zah­len?

mich er­in­nert die­se ar­gu­men­ta­ti­on an die dis­kus­si­on, dass gu­ter jour­na­lis­mus nur auf dem trä­ger­me­di­um pa­pier mög­lich sei. in die­ser dis­kus­si­on wur­de ver­kannt, dass nicht das trä­ger­me­di­um ent­schei­dend für qua­li­tät ist, son­dern die ideen hin­ter der jour­na­lis­ti­schen ar­beit. so wie die idee des jour­na­lis­mus nicht un­trenn­bar mit pa­pier ver­bun­den ist, ist auch die idee der an­ony­men und spur­lo­sen be­zah­lung nicht un­trenn­bar mit pa­pier oder bar­geld ver­bun­den.

aber jan gir­lich meint fest­hal­ten zu kön­nen, dass „die Ar­gu­men­te der Be­für­wor­ter“ von bar­geld­lo­sen zah­lungs­mit­teln sich leicht ent­kräf­ten lies­sen:

Das Ende der Kri­mi­na­li­tät wird die Ab­schaf­fung des Bar­gelds ganz ge­wiss nicht, denn ge­ra­de bei bar­geld­lo­sen Be­zahl­me­tho­den wächst der Be­trug ra­sant z.B. mit ge­stoh­le­nen Log­ins durch Tro­ja­ner.

um die­se the­se zu be­le­gen, ver­link­te jan gir­lich vor ein paar ta­gen auf die FUD-pres­se­mit­tei­lung ei­nes si­cher­heits­dienst­leis­ters, ich habe das vor ein paar ta­gen hier kurz no­tiert. den link hat jan gir­lich nach mei­nem hin­weis mitt­ler­wei­le aus­ge­tauscht, mit ei­nem link auf ei­nen text, der für die flä­chen­de­cken­de ein­füh­rung von EMV-ver­fah­ren (chip statt ma­gnet­strei­fen) plä­diert. das habe ich eben­falls kurz no­tiert.

na­tür­lich ist es un­be­strit­ten, dass der be­trug „bei bar­geld­lo­sen Be­zahl­me­tho­den“ zu­nimmt, mo­men­tan so­gar stär­ker als sich bar­geld­lo­se be­zahl­ver­fah­ren durch­set­zen. den ent­schei­den­den punkt lässt gir­lich aber aus: die ver­lus­te wer­den zum al­ler­gröss­ten teil von den kre­dit­in­sti­tu­ten ge­tra­gen.

sonst liest man auf netz­po­li­tik von et­was prag­ma­ti­sche­ren her­an­ge­hens­wei­sen an pro­ble­me, die die di­gi­ta­li­sie­rung mit­bringt: statt auf emails zu ver­zich­ten oder emails als ge­fahr dar­zu­stel­len, wird star­ke ver­schlüs­se­lung emp­foh­len. bei si­cher­heits­pro­ble­men oder da­ten­schutz­pro­ble­men for­dert netz­po­li­tik in den we­nigs­ten fäl­len die be­trof­fe­nen diens­te ab­zu­stel­len, son­dern tech­ni­sche und or­ga­ni­sa­to­ri­sche ver­bes­se­run­gen; zwei-fak­tor-au­then­ti­fi­zie­rung und star­ke pass­wör­ter, statt abs­ti­nenz von der di­gi­ta­len teil­ha­be.

das meis­te von dem was jan gir­lich in sei­nem kur­zen ar­ti­kel zu­sam­men­ge­tra­gen hat, deu­tet auf erns­te pro­ble­me. wir sol­len uns sorg­fäl­tig mit die­sen pro­ble­men aus­ein­an­der­set­zen: wie kön­nen wir si­cher­stel­len dass die teil­ha­be al­ler men­schen in der di­gi­ta­len welt ge­si­chert ist, wie kön­nen wir in der di­gi­ta­len welt pri­vat­s­hä­re si­cher­stel­len, wie kön­nen wir be­trug, dieb­stahl und kri­mi­na­li­tät ver­hin­dern? was mir über­haupt nicht ge­fällt ist stim­mungs­ma­che und das streu­en von angst und un­si­cher­heit durch un­red­li­che oder ein­sei­ti­ge ar­gu­men­ta­ti­on.


an­mer­kung/nach­trag:
bit­co­ins sind nicht an­onym und spur­los mei­nen vie­le, am bes­ten be­grün­det von tors­ten kleinz hier und fol­gen­den kom­men­ta­ren. nichts­des­to­trotz sind bit­co­ins (noch) schwer mit per­so­nen in ver­bin­dung zu brin­gen, wie es un­ter an­de­rem in die­sem ars tech­ni­ca ar­ti­kel steht:

Bit­co­in, a no­vel di­gi­tal cur­ren­cy ba­sed on cryp­to­gra­phy, pro­vi­ded a si­mi­lar­ly hard-to-trace me­thod of hand­ling pay­ments. Though an­yo­ne in the world could watch pay­ments flowing th­rough the Bit­co­in sys­tem, ty­ing par­ti­cu­lar ac­counts to in­di­vi­du­als could pro­ve ex­tre­me­ly chal­len­ging.


spree­tun­nel

felix schwenzel in artikel

heu­te nach­mit­tag sind wir kurz an den müg­gel­see ge­fah­ren, der mit dem auto ge­schla­ge­ne 40 mi­nu­ten ent­fernt ist. mit der bahn wä­ren wir über eine stun­de un­ter­wegs ge­we­sen. und weil wir noch den miet­wa­gen hat­ten, sind wir na­tür­lich auto ge­fah­ren.

der orts­teil wo man kurz vor dem müg­gel­see un­ter der spree durch­lau­fen kann, heisst glau­be ich ei­sen­grund fried­richs­ha­gen. dort wur­de bis 2010 auch das ber­li­ner bür­ger­bräu ge­braut, in ei­ner ziem­lich gros­sen und mitt­ler­wei­le ziem­lich ver­fal­le­nen brau­er­rei, die jetzt laut wi­ki­pe­dia nur noch als braue­rei­mu­se­um ge­nutzt wird.

ne­ben der ex-braue­rei liegt der spree­tun­nel.

dem­nächst soll es dort rich­tig schön wer­den.

im mo­ment wird die eine hälf­te des spree­tun­nels schön ge­macht.

auf der an­de­ren sei­te ist es bei schö­nem wet­ter be­stimmt sehr schön.

wir sind dann an der spree run­ter­ge­lau­fen, und frag­ten uns ein paar hun­dert me­ter wei­ter, ob das eine kunst-in­stal­la­ti­on oder not­wen­dig­keit ist.

noch ein paar hun­dert me­ter wei­ter ein sehr in­ter­es­san­tes gas­tro­no­mie-kon­zept: ein­fach das re­stau­rant schlecht er­reich­bar ma­chen und dann auf kund­schaft hof­fen, die sich durch nichts ab­schre­cken las­sen.

auf den un­ge­fähr 4 ki­lo­me­tern an der spree ent­lang war sehr we­nig los, wahr­schein­lich lags auch am be­schis­se­nen wet­ter. ein biss­chen fühl­te sich der weg wie in schott­land an. den rück­weg sind wir dann mit der stras­sen­bahn ge­fah­ren.


fil­ter­rea­li­tät und fil­ter­sou­ve­rä­ni­tät

felix schwenzel in artikel

das nuf fragt (ohne fra­ge­zei­chen):

Darf ich mich wei­gern be­stimm­te Din­ge se­hen zu wol­len

und stellt da­bei ein paar gute fra­gen. ich kann die fra­gen auch nicht alle be­ant­wor­ten, aus­ser der all­ge­mei­nen fest­stel­lung, dass rea­li­tät na­tür­lich im­mer sub­jek­tiv ist. nie­mand kann die rea­li­tät voll er­fas­sen, wenn das so wäre, gäbe es be­reits eine hei­lung für krebs oder ein mit­tel ge­gen schnup­fen. weil die zel­lu­lä­re rea­li­tät der mensch­li­chen wahr­neh­mung aber ver­schlos­sen ist und wir uns ihr nur mit pri­mi­ti­ven werk­zeu­gen nä­he­ren kön­nen sind uns un­end­lich vie­le aspek­te der rea­li­tät noch im­mer ver­schlos­sen, trotz ras­terlek­tro­nen­mi­kro­sko­pen oder enor­men fort­schrit­ten der mo­le­ku­lar­bio­lo­gie, der vi­ro­lo­gie und an­de­ren wis­sen­schafts­zwei­gen.

aber auch die rea­li­tät die wir mit den au­gen und dem ver­stand er­fas­sen kön­nen ist nur nur ein win­zi­ger aus­schnitt aus dem ge­samt­bild. ab­hän­gig von un­se­rem auf­ent­halts­ort, un­se­rer er­zie­hung, aus­bil­dung oder ge­sell­schafts­form in der wir le­ben, ab­hän­gig von un­se­rem al­ter, un­se­rem fa­mi­li­en­stand oder freun­den — aber na­tür­lich auch ab­hän­gig von un­se­rem me­di­en­kon­sum — neh­men wir die „rea­li­tät“ un­ter­schied­lich wahr. und dann kommt noch das gan­ze ge­raf­fel mit der er­kennt­nis­theo­rie oder gar der quan­ten­phy­sik dazu.

der witz ist: wir soll­ten uns stets vor au­gen hal­ten, dass nicht nur jon snow nichts weiss, son­dern dass wir alle nichts wis­sen. oder in die­sem zu­sam­men­hang, dass wir uns die welt be­wusst oder un­be­wusst oder aus man­gel an wahr­neh­mungs­ka­pa­zi­tät so oder so zu­recht­fil­tern. ge­hirn­for­scher und psy­cho­lo­gen wis­sen eben­falls, dass wir un­se­re wahr­neh­mung mas­siv fil­tern. vie­le men­schen neh­men ger­ne dro­gen um mit den gren­zen die­ser wahr­neh­mungs­fil­ter zu ex­pe­ri­men­tie­ren, aber rich­tig im all­tag funk­tio­nie­ren, ich glau­be das ist kon­sens, kön­nen wir nur mit in­tak­ten fil­ter­me­cha­nis­men.

vor drei jah­ren schrob ich zum the­ma fil­ter­bla­sen das fol­gen­de:

wäh­rend mei­nes zi­vil­diens­tes und mei­ner aus­bil­dung emp­fand ich es als aus­ge­spro­chen über­ra­schend zu er­fah­ren wel­che le­bens­wei­sen, an­sich­ten und pro­ble­me aus­ser­halb ei­nes gym­na­si­ums und ei­nes mit­tel­klas­se­haus­halts exis­tie­ren. ich er­kann­te in mei­ner zi­vil­dienst- und aus­bil­dungs­fil­ter­bla­se, dass ich die letz­ten 18 jah­re in ei­ner gym­na­si­ums- und mit­tel­klas­se­fa­mi­li­en­bla­se leb­te.

ich er­kann­te aber auch, dass der be­vor­zug­te le­bens­raum der men­schen bla­sen sind. und der ein­zi­ge weg aus ei­ner bla­se be­steht dar­in, in an­de­re bla­sen zu stei­gen. die werk­zeu­ge, um mög­lichst vie­le bla­sen zu be­tre­ten lie­gen auf der hand: rei­sen, le­sen, neu­gier­de, ex­pe­ri­men­tier­freu­de, ler­nen, kom­mu­ni­zie­ren und le­sen, le­sen und le­sen.

aber das wich­tigs­te werk­zeug ist und bleibt das stän­dig auf­ge­frisch­te be­wusst­sein, dass wir nun­mal in bla­sen le­ben und dass es werk­zeu­ge da­ge­gen gibt, die wir im­mer wie­der ak­tiv nut­zen müs­sen.

ich weiss gar nicht, war­um der be­griff der fil­ter-bubble im zu­sam­men­hang mit den „neu­en“ me­di­en so ne­ga­tiv ko­no­tiert ist. ich habe es in den let­zen 40 jah­ren im­mer ver­mie­den die bild-zei­tung oder an­de­re pu­bli­ka­tio­nen zu le­sen, die mei­nem welt­bild zu wi­der lau­fen. ge­nau­so wie ich nicht auf de­ath me­tal kon­zer­te gehe (ei­gent­lich auf gar kei­ne kon­zer­te), schlies­se ich (schon im­mer) ei­nen gross­teil der auf der welt exis­tie­ren­den pu­bli­ka­tio­nen und men­schen aus mei­ner wahr­neh­mung aus. war­um soll­te ich das im in­ter­net an­ders hand­ha­ben?

mein me­di­en­kon­sum ist trotz­dem re­la­tiv di­vers und zeit­in­ten­siv, erst recht durchs in­ter­net, aber ne­ben den na­tür­li­chen fil­tern, fil­te­re ich selbst­ver­ständ­lich auch be­wusst. ich ver­mei­de echt­zeit­nach­rich­ten und zie­he ab­ge­han­ge­ne be­richt­erstat­tung vor, selbst der alte tan­ker ta­ges­schau ist mir an den meis­ten ta­gen viel zu hek­tisch und auf­ge­regt. ich bin froh über die vor­fil­te­rung die face­book in mei­ner time­line vor­nimmt und bin im­mer wie­der er­staunt dar­über, dass es leu­te gibt die ih­rer twit­ter-time­line akri­bisch fol­gen. mir reicht es bei twit­ter alle paar tage mal kurz die lage zu son­die­ren und un­ter um­stän­den auf ein paar vor­ge­wor­fe­ne in­fo­häpp­chen zu re­agie­ren.

vor zwan­zig jah­ren habe ich mei­ne in­for­ma­tio­nen über die aus­sen­welt (mehr oder we­ni­ger) aus­schliess­lich über wo­chen­zei­tun­gen be­zo­gen. da­durch ver­liert die welt kei­nes­falls ih­ren schre­cken und die grau­sam­kei­ten die in der welt pas­sier­ten zo­gen da­durch kei­nes­falls an mir vor­bei, aber die er­eig­nis­se lies­sen sich durch die zeit­li­che di­stanz sehr viel bes­ser ein­ord­nen und ver­dau­en. als nach­rich­ten­jun­kie am live­stream der welt zu sit­zen ist ein biss­chen wie aus­schliess­li­che roh­kost­er­näh­rung. nicht ge­gen ge­le­gent­li­che roh­kost, aber ge­kocht und ge­würzt schmeckt es­sen meis­tens bes­ser und lässt sich sehr viel leich­ter ver­dau­en.

so wie ich mich ent­schie­den habe mir kei­ne kaum hor­ror­fil­me oder schnul­zi­ge ro­man­zen an­zu­se­hen, habe ich mich auch ent­schie­den nur be­stimm­te pu­bli­ka­tio­nen zu le­sen, bzw. in­for­man­ten aus­zu­fil­tern, die mich zu sehr auf­re­gen oder rat­los wer­den las­sen. um die fra­ge vom nuf oben also kurz zu be­ant­wor­ten: du darfst. du sollst. du kannst.


frei­er tag heu­te

felix schwenzel in artikel

auf dem weg zum flug­ha­fen te­gel, um sie­ben uhr mor­gens am kurt-schu­ma­cher-platz

heu­te sehr früh zum flug­ha­fen ge­fah­ren um dort nen miet­wa­gen zu ho­len. bis jetzt hab ich am flug­ha­fen te­gel im­mer grös­se­re au­tos be­kom­men als ich be­stellt und be­zahlt habe und vor al­lem hat nie ei­ner der au­to­ver­mie­tungs­schal­ter­an­ge­stell­ten ver­sucht sein ver­kaufs­script auf mich an­zu­wen­den. na gut, den voll­kass­ko­schutz mit null euro selbst­be­tei­li­gung ver­su­chen mir im­mer alle an­zu­dre­hen. heu­te kam ich dann doch wie­der in den ge­nuss ei­ner sa­les-script-auf­füh­rung: „ih­nen kann ich heu­te et­was be­son­de­res an­bie­ten, für nur 16 euro ein up­grade auf ne e-klas­se …“

das ist ei­gent­lich schon der to­des­stoss für ein ver­kaufs­ge­spräch, weil der herr mit 16 euro ei­gent­lich 48 euro mein­te: 16 euro pro tag. aufs glatt­eis ge­führt zu wer­den mag ich nur un­ter be­stimm­ten um­stän­den. heu­te je­den­falls war ich nicht in die­sen um­stän­den und sag­te „nö dan­ke“.

„mit dem voll­kas­ko­schutz mit null euro selbst­be­tei­li­gung be­kom­men sie die e-klas­se kos­ten­los.“

na­tür­lich kos­tet das voll­kas­ko-up­grade mehr als 16 euro pro tag. die­se sa­les-tricks funk­tio­nie­ren bei mir sehr gut, wenn ich nach 17 stun­den flug aus ei­nem flug­zeug stei­ge, heu­te um sie­ben war ich aus­ge­schla­fen. ich lehn­te er­neut dan­kend ab.

„ok, ich ma­che ih­nen ein an­ge­bot und gebe ih­nen das up­grade für 7 euro.“

weil die e-klas­se ein die­sel mit harn­stoff-tech­no­lo­gie war, die ja so um­welt­freund­lich sein soll, aber auch um end­lich ins auto stei­gen zu kön­nen, sag­te ich dann ja.


um neun sind wir los­ge­fah­ren, pünkt­lich um zwölf, wie vom na­vi­ga­ti­ons­sys­tem vor­aus­ge­sagt ka­men wir im „ho­tel frei­geist“ in nort­heim an. wir wa­ren hier mit mei­ner mut­ter, mei­nem va­ter und mei­ner schwes­ter ver­ab­re­det, um mei­nen opa, der vor zwan­zig jah­ren ge­stor­ben war, um­zu­bet­ten, da­mit er ne­ben sei­ner frau, die letz­tes jahr ge­stor­ben war, lie­gen konn­te.

vor­her gabs na­tür­lich noch mit­tag­essen. auf der spei­se­kar­te wird no­va­lis zi­tiert:

Wer Schmet­ter­lin­ge la­chen hört,
der weiß, wie Wol­ken schme­cken.

mei­ne mut­ter moch­te den spruch.

ich nahm als vor­spei­se ein rin­der-tar­ta­re, von re­gio­na­len rin­dern glau­be ich, dass mir et­was zu pom­pös or­na­men­tiert war, aber sehr, sehr le­cker schmeck­te.

tar­ta­re im ho­tel frei­geist

als haupt­gang hab ich mir ein pilz­ri­sot­to kom­men las­sen. das war auch sehr le­cker und es kam viel be­schei­de­ner auf den tisch.

ru­he­wald bür­ger­holz in nort­heim

mei­ne oma ha­ben wir letz­tes jahr im „ru­he­wald bür­ger­holz“ be­stat­ten las­sen. sie sprach nicht ger­ne über ih­ren tod, vor al­lem weil sie ihn auch mit 92 für sehr un­wahr­schein­lich hielt. ihr ein­zi­ger aus­ge­spro­che­ner wunsch war, ne­ben ih­rem mann be­stat­tet zu wer­den. letz­te jahr liess sich die­ser wunsch aus ir­gend­wel­chen bü­ro­kra­ti­schen oder or­ga­ni­sa­to­ri­schen grün­den noch nicht um­set­zen, die­ses jahr konn­ten wir ihr den wunsch er­fül­len.

blick vom ru­he­wald bür­ger­holz in nort­heim auf ei­nen an­de­ren wald

das grab im wald zu fin­den war gar nicht so ein­fach. die be­stat­ter war­te­ten ei­gent­lich am „an­dachts­platz“ auf uns, ka­men dann aber zu uns rü­ber, als sie merk­ten, dass wir eher dar­an dach­ten, am grab selbst ein biss­chen an­däch­tig zu sein. ei­ner der her­ren brach­te dann die urne, in die mein opa um­ge­bet­tet wur­de, sehr an­däch­tig, zu uns rü­ber. ich kam mir vor wie im film:

die urne war sehr schön (und kom­pos­tiert sich in den nächs­ten jah­ren selbst), auch die klei­ne an­dacht war stil­voll, aber vor al­lem la­gen die bei­den jetzt wie­der zu­sam­men. dar­über freu­ten sich auch die bei­den be­stat­ter.

auf dem rück­weg sa­hen wir die vor­be­rei­tun­gen für ei­nen schul­klas­sen­aus­flug in den wald, für den (of­fen­sicht­lich) eine falk­ne­rin aus dem kreis nort­heim en­ga­giert wor­den war, die den kin­dern ei­nen rot­schwanz­bus­sard, eine schlei­er­eu­le und ei­nen uhu mit­ge­bracht hat­te.

schlei­er­eu­le
uhu

mein va­ter, der sich mit vö­geln ei­gent­lich sehr gut aus­kennt [sic!] er­kann­te den rot­schwanz­bus­sard nicht, was aber dar­an liegt, dass er nicht hei­misch ist, son­dern aus nord­ame­ri­ka kommt. die schlei­er­eu­le war re­la­tiv jung, der uhu hin­ge­gen um die 36 jah­re alt. in der wi­ki­pe­dia steht, dass uhus in ge­fan­gen­schaft bis zu 68 jah­re alt wer­den kön­nen. in frei­heit wer­den sie bei wei­tem nicht so alt. eine häu­fi­ge to­des­ur­sa­che von eu­len in deutsch­land ist hun­ger. es gibt im­mer we­ni­ger mög­lich­kei­ten für eu­len im win­ter mäu­se zu ja­gen, ei­ner­seits weil die schäd­lichs­be­kämp­fung die zahl der mäu­se kräf­tig re­du­ziert (und die nah­rung ver­gif­tet), an­de­rer­seits weil eu­len kaum noch zu­gang zu scheu­nen ha­ben, um dort auch im win­ter zu ja­gen. weg­flie­gen woll­ten die schlei­er­eu­le und der uhu, als wir so um sie rum­stan­den, trotz­dem stän­dig.


nach dem abend­essen habe ich die spei­se­kar­te nach whis­ky ab­ge­sucht. im „frei­geist“ gabs nur ei­nen schot­ti­schen sin­gle malt, bun­na­hab­hain. der kommt wie mein lieb­lings­whis­ky laphroiag auch aus is­lay und in der tat hat er mir auch sehr gut ge­schmeckt: viel we­ni­ger tor­fig als der laphroiag, aber ähn­lich äthe­risch-leicht. im whis­ky-store wird er als „leicht mit Früch­ten, ei­nem Hauch Va­nil­le“ be­schrie­ben und ich muss sa­gen das stimmt. vor al­lem schmeckt er sehr viel kom­ple­xer, bei­na­he wür­de ich sa­gen kom­pli­zier­ter, als der laphroiag. ger­ne wie­der.


vom pots­da­mer platz zum teu­fels­berg

felix schwenzel in artikel

weil die bei­fah­re­rin in der bo­ti­cel­li-aus­stel­lung ver­ab­re­det war und es ei­lig hat­te, hab ich sie heu­te zur ge­mäl­de­ga­le­rie ge­fah­ren, den miet­wa­gen dort ab­ge­stellt und mich zu fuss auf den weg zum teu­fels­berg ge­macht. auf dem teu­fels­berg ist die­se ehe­ma­li­ge ab­hör­sta­ti­on mit den ku­geln, die man aus film und fern­se­hen und netz­po­li­ti­schen in­ter­views kennt. aus­ser­dem ist der teu­fels­berg qua­si ex-ber­lin. laut wi­ki­pe­dia lie­gen un­ter der ex-ab­hör­sta­ti­on „26 Mil­lio­nen Ku­bik­me­ter Trüm­mer­schutt“. das ent­spre­che „grob ei­nem Drit­tel der Trüm­mer zer­bomb­ter Ber­li­ner Häu­ser“. tat­säch­lich sah ich bei mei­nem auf­stieg auf den teu­fels­berg im­mer wie­der schutt und bau­ma­te­ri­al zwi­schen den pflan­zen lie­gen.

zu­erst kam ich auf mei­nem weg an dem ge­bäu­de vor­bei, in dem holtz­brinck vor sie­ben jah­ren mit ei­nem nach­rich­ten­por­tal für jun­ge men­schen (zoo­mer.de) ge­schei­tert ist. ge­nau, aus­ge­wach­se­ne jour­na­lis­ten, die ihre le­ser du­zen und ih­nen bun­te tex­te vor­wer­fen, in der hoff­nung, dass sie von der ziel­grup­pe ge­teilt wer­den, gibt’s nicht erst seit ze.tt oder ben­to.de. zoo­mer ist le­dig­lich sie­ben jah­re frü­her ge­schei­tert als ze.tt und ben­to.

da­mals er­klär­te man mir bei zom­mer.de, dass das ge­du­ze so sein müs­se:

das rum­ge­du­ze will die ziel­grup­pe üb­ri­gens so ha­ben, liess ich mir er­klä­ren. 21 bis 35 jäh­ri­ge sind so. sie wol­len auf nach­rich­ten­por­ta­len ge­duzt wer­den. markt­for­schung, doo!

der witz ist, dass ben­to.de und ze.tt den glei­chen quark wie zom­mer.de da­mals ma­chen: in ar­ti­keln und über­schrif­ten wild du­zen, aber im im­pres­sum und der da­ten­schutz­er­klä­rung — why so se­rious? — wird plötz­lich steif ge­siezt.

ben­to:

Der An­bie­ter ver­wen­det Coo­kies, um Ih­nen eine mög­lichst kom­for­ta­ble Nut­zung des An­ge­bo­tes zu er­mög­li­chen.

ze.tt:

ze.tt ver­si­chert Ih­nen, dass Ihre Da­ten ge­mäß den gel­ten­den Da­ten­schutz­be­stim­mun­gen, ge­mäß dem Te­le­me­di­en­ge­setz des Rund­funk­staats­ver­tra­ges, dem Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz so­wie wei­te­ren da­ten­schutz­recht­li­cher Be­stim­mun­gen ge­nutzt wer­den.

ein paar häu­ser wei­ter gabs das glei­che fas­sa­den-mo­tiv an ei­nem neu ge­bau­ten wohn­haus.

un­ten in dem haus streif­ten ein paar sehr jun­ge si­cher­heits-/wach­män­ner rum, ei­ner von ih­nen sass an ei­nem klei­nen tisch und schau­te auf ei­nem por­ta­blen DVD-spie­ler fil­me an. hät­te der arme mann nen lap­top ge­habt, hät­te er ein biss­chen ze.tt oder ben­to le­sen kön­nen.

ein paar blö­cke wei­ter, ich glau­be nach dem ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um, war noch ein jun­ger mann zu se­hen, auf ein ex-mau­er­stück ge­malt:




weil ich kurz da­nach pink­len muss­te, bin ich ins in­ter­con­ti­nen­tal aufs klo ge­gan­gen. in gros­sen ho­tels kann man pri­ma aufs klo ge­hen. ei­gent­lich soll­te das in je­dem rei­se­füh­rer ste­hen. die toi­let­ten gros­ser ho­tels sind im­mer top ge­pflegt, bie­ten gute pri­vat­s­hä­re — wo be­kommt man die heut­zu­ta­ge sonst noch? — und fast im­mer or­dent­li­che hand­tü­cher. und blu­men.

selbst in den USA, wo man auf toi­let­ten we­gen der gros­sen spalt­mas­se der tü­ren qua­si im frei­en sitzt, ha­ben die gros­sen ho­tels meist sehr an­ge­nehm ge­schlos­se­ne WC-ka­bi­nen.

an der har­den­berg-/kant­stras­se spries­sen der­zeit die hoch­häu­ser. dort wird so viel ge­baut, dass man sich fast in den os­ten ver­setzt fühlt. lei­der muss ich sa­gen, fin­de ich das so­gar re­la­tiv schick.

auch das bi­ki­ni-ein­kaufs­zen­trum hat dem vier­tel gut ge­tan, selbst das zoo-pa­last-kino sieht wie­der vor­zeig­bar aus. ne­ben dem zoo-pa­last hat kürz­lich ein jim-block-re­stau­rant auf­ge­macht, wie in ham­burg, di­rekt un­ter dem va­ter-re­stau­rant, dem block haus. weil ich jim block mag und aus­ser­dem hun­ger hat­te, hab ich mir dort ei­nen bur­ger ge­kauft. zum bur­ger gabs ei­nen win­zi­gen gur­ken­sa­lat aus gur­ken-wür­feln, was ich scha­de fand, den das co­les­law im jim block war frü­her über­ra­gend gut.

lei­der konn­te ich die klei­ne scha­le gur­ken­sa­lat nicht auf­es­sen, da sie mir nach dem ers­ten bis­sen aus der hand glitt. of­fen­bar ist der sa­lat mit viel glit­schi­ger sah­ne an­ge­macht. der bur­ger (bbq) war lei­der auch scheis­se. roch ko­misch, schmeck­te ko­misch und die bröt­chen­hälf­ten wa­ren eis­kalt. die pom­mes und die ma­yo­nai­se wa­ren al­ler­dings su­per. was mir auch auf­fiel: das licht dort hat das po­ten­zi­al ei­nen in den wahn­sinn zu trei­ben; als ich mir das be­rühmt-be­rüch­tig­te block-steak-pfef­fer-salz auf die pom­mes streu­te, gab es ei­nen op­ti­schen ef­fekt wie bei dis­ko stro­bo­skop­licht. man sah die pfef­fer­kör­ner beim fal­len im­mer nur kurz auf­blit­zen, dann wur­den sie un­sicht­bar. das müs­sen ir­gend­wel­che in­ter­fe­renz-ef­fek­te der LED oder neon-be­leuch­tung dort ge­we­sen sein.

der steak-pfef­fer ist üb­ri­gens das ein­zi­ge was bei jim block um­sonst ist, bzw. was es ohne zu fra­gen gibt. auch nach ser­vi­et­ten muss man fra­gen, von ket­chup und mayo gar nicht erst zu spre­chen.


ver­lässt man den ku­damm über die joa­chim­s­ta­ler stras­se, bzw. bun­des­al­lee wird’s wie­der ty­pisch west­ber­li­ne­risch schrot­tig und ab­ge­nutzt. er­staun­lich wie ein paar hun­dert me­ter fuss­weg den cha­rak­ter ei­nes quar­tiers ver­än­dern kön­nen. tra­shig kann man die mö­bel­ge­schäf­te an der bun­des­al­lee üb­ri­gens un­ge­straft nen­nen:

an den wohn­blocks in der ge­gend kann man aber im­mer­hin im­mer wie­der hüb­sche schat­ten- und licht­spie­le be­ob­ach­ten:

am ho­hen­zol­lern­damm dann das sym­bol­bild für west-ber­lin schlecht­hin:

wei­ter nach (ich glau­be) zehlen­dorf. ich glau­be dort gibt es vie­le an­tro­po­so­phi­sche ein­rich­tun­gen, die ar­chi­tek­tur be­müht sich dort je­den­falls sehr um die ver­mei­dung von rech­ten win­keln:

auch die adams fa­mi­ly hat hier of­fen­bar eine ber­lin-re­si­denz:

zu­cker­süs­se, far­ben­pral­le herbst­bil­der sind heu­te wahr­schein­lich zehn­tau­sen­de ent­stan­den, ich habe auch ei­ni­ge ge­macht. sie­he auch oben. hier noch zwei:




am s-bahn­hof gru­ne­wald habe ich mir eine fla­sche frisch­ge­press­ten oran­gen­saft ge­kauft und mir vor­ge­nom­men den auf dem teu­fels­berg zu trin­ken. der bahn­hofs­vor­platz fühl­te sich an wie in der düs­sel­dor­fer city. alt­ge­wor­de­ne, ar­ri­vier­te pop­per in se­gel­schu­hen, sau­be­ren lu­xus-SUVs, die mal eben draus­sen ein sekt­chen schlür­fen ge­hen, wenn das wet­ter so prall ist. auf dem bahn­hofs­vor­platz! ich staun­te sehr. den bah­hofs­vor­platz habe ich nicht fo­to­gra­fiert, da­für aber die un­ter­füh­rung.

hin­ter dem bahn­hof geht’s di­rekt in den gru­ne­wald. al­les sehr un­spek­ta­ku­lär, wald eben. den teu­fels­berg lie­fen ne­ben mir auch sehr vie­le an­de­re spa­zier­gän­ger hoch. oben an­ge­kom­men sah ich, dass die an­la­ge mit den ku­geln sehr ge­wis­sen­haft um­zäunt ist. ich war zu er­schöpft um eine run­de um die an­la­ge zu dre­hen, um zu se­hen ob es da ir­gend­wo ei­nen ein­lass gab.

also setz­te ich mich auf eine bank in die pral­le son­ne, fo­to­gra­fier­te die son­ne, trank mei­nen oran­gen­saft und in­sta­gramm­te ein paar bil­der. gre­gor klar kün­dig­te an, dort wo ich sass, auch bald vor­bei­zu­kom­men, ich war dann aber schon lan­ge wie­der auf dem weg zur s-bahn, als er dann da war.

ins­ge­samt war ich heu­te 16 ki­lo­me­ter und 5 stun­den zu fuss un­ter­wegs.


pho­to­chro­me

felix schwenzel in artikel

schö­ne fo­tos von „um 1900“ auf ei­nes ta­ges: Als Deutsch­land Far­be be­kam

die fo­tos sind aus aus der pri­vat­samm­lung des gra­fi­kers marc wal­ter, der laut ta­schen-wer­bung „eine der größ­ten Samm­lun­gen [von] Rei­se­fo­to­gra­fien, vor al­lem Pho­to­chro­me“ be­sitzt. of­fen­bar sind vie­le der bil­der post­kar­ten von „um 1900“, die da­mals mil­lio­nen­fach ge­druckt wur­den.

da das 19te jahr­hun­dert jetzt schon ein paar jah­re her ist, ist auf den meis­ten (al­len?) die­ser bil­der auch der ur­he­ber­schutz ab­ge­lau­fen. auf­ge­fal­len ist mit das vor ein paar wo­chen, als phil­ipp jah­ner ei­ni­ge ge­nau der bil­der die auch bei ei­nes ta­ges zu se­hen sind für buzzfeed auf­ar­bei­te­te. als li­zenz-/quel­len­an­ga­be hat phil­ipp jah­ner bei den meis­ten bil­dern ein flickr-ac­count an­ge­ge­ben, dass die bil­der aus der wi­ki­pe­dia zu flickr im­por­tiert hat. lei­der ist die such­funk­ti­on von flickr to­tal ka­putt, so dass ein klick auf ein­zel­ne schlag­wor­te, zum bei­spiel die­ses bil­des, ins lee­re führt (nach­trag: funk­tio­niert jetzt).

goog­le fin­det ei­ni­ge der bil­der, aber in die­sem fall scheint mir die wi­ki­pe­dia am bes­ten sor­tiert: die ka­te­go­rie „19th cen­tu­ry pho­to­chro­me prints of Ger­ma­ny“ ist prall ge­füllt mit über 2000 da­tei­en (von de­nen al­ler­dings vie­le ge­dop­pelt sind). dort zu blät­tern macht be­stimmt auch spass und man spart sich die 150 euro für das buch. und die bil­der aus der wi­ki­pe­dia kann man im ge­gen­teil zu de­nen aus dem buch leicht tei­len, ver­lin­ken oder ko­pie­ren.

die wis­sower klin­ken auf rü­gen

der köl­ner haupt­bahn­hof

der köl­ner dom

der aa­che­ner dom

schif­fe im ham­bur­ger ha­fen

noch mehr schif­fe im ham­bur­ger ha­fen

blick auf aa­chen

eli­sen­brun­nen in aa­chen


ers­te er­fah­run­gen mit ap­ple news

felix schwenzel

in ei­nem wort: örgs.

vor etwa ei­nem mo­nat habe ich mich über den news pu­blisher auf icloud.com für die teil­nah­me be­wor­ben. ich habe da­für ei­nen eng­li­schen ka­nal an­ge­mel­det und ein logo nach den stren­gen ap­ple-richt­li­ni­en ge­baut. am mon­tag, also nach ca. 30 ta­gen, wur­de mein ka­nal frei­ge­schal­tet.

nach der frei­schal­tung war mein ka­nal (link funk­tio­niert nur auf ios und ap­ple news lässt sich nur be­nut­zen, wenn man die re­gi­on auf dem ios-ge­rät auf USA ein­ge­stellt hat) erst­mal leer, ob­wohl der RSS feed für die eng­li­schen news-items be­reits mit ein paar ar­ti­keln ge­füllt war.

nach ein oder zwei stun­den wur­de dann der RSS-feed ab­ge­ru­fen und der ka­nal füll­te sich. was mir auf­fiel:

  • die ar­ti­kel wa­ren nicht um­ge­kehrt chro­no­lo­gisch nach dem ver­öf­fent­li­chungs­da­tum sor­tiert, son­dern nach of­fen­bar nach gut­dün­ken.
  • ein ein­ge­bet­te­tes vi­deo (in die­sem ar­ti­kel) lässt die news-app ab­stür­zen
  • der RSS-feed wird nicht be­son­ders oft ak­tua­li­isiert, das letz­te up­date brauch­te an­der­t­alb stun­den bis es in der app auf­tauch­te.
  • die ar­ti­kel wer­den nicht ak­tua­li­siert. vor zwei ta­gen ha­ben ich die­sen ar­ti­kel leicht ver­än­dert, die än­de­run­gen sind in der ap­ple-news-app noch im­mer nicht sicht­bar.
  • der letz­te ar­ti­kel wird in der ap­ple-news-app an­ge­zeigt, aber ohne bild. das scheint er­ra­tisch, da es mit die­sem bild kein pro­blem gab.
  • ei­nen zu­gang zur ap­ple-news-api habe ich noch nicht be­kom­men, kann also auch noch nicht aber mit mei­ner chan­nel-id und der news-pre­view-app kann ich be­reits mit dem ap­ple-news-for­mat ex­pe­ri­men­tie­ren.
  • der vor­han­de­ne word­press-plug­in für ap­ple news funk­tio­niert im mo­ment, mit ver­laub, mi­se­ra­bel.
  • für das ap­ple-news-for­mat hat sich ap­ple et­was ganz be­son­de­res ein­fal­len las­sen. kein html, alle sty­ling-in­for­ma­tio­nen und in­hal­te möch­te ap­ple per json ge­lie­fert be­kom­men, die in­hal­te kön­nen aber mit mark­down for­ma­tiert wer­den. ins­ge­samt kommt mir das al­les furcht­bar kom­pli­ziert vor.
  • die su­che in ap­ple-news funk­tio­niert der­zeit nicht, we­der auf dem te­le­fon, noch im ios-si­mu­la­tor.

tech­nisch fin­de ich die an­sät­ze der face­book-in­stant-ar­tic­les und amp sehr viel in­ter­es­san­ter, al­ler­dings schei­nen alle drei an­sät­ze ei­nes ge­mein­sam zu ha­ben: sie schei­nen alle noch sehr beta, wenn nicht so­gar al­pha zu sein. was wohl auch der grund da­für ist, dass der zu­gang zu ih­nen noch so ein­ge­schränkt ge­währt wird. um da­mit zu ex­pe­ri­men­tie­ren, muss man sehr, sehr ge­dul­dig und gleich­mü­tig sein. im­mer­hin wur­de mein bug re­port sehr freund­lich von ei­nem men­schen be­ant­wor­tet: „We app­re­cia­te your pa­ti­ence.“


man­gel als ge­schäfts­idee

felix schwenzel in artikel

ti­mo­theus hött­ges, vor­stands­vor­sit­zen­der deut­sche te­le­kom, in ei­ner pres­se­mit­tei­lung zur netz­neu­tra­li­tät (via):

Geg­ner von Spe­zi­al­diens­ten be­haup­ten, klei­ne An­bie­ter könn­ten sich die­se nicht leis­ten. Das Ge­gen­teil ist rich­tig: Ge­ra­de Start-Ups brau­chen Spe­zi­al­diens­te, um mit den gro­ßen In­ter­net­an­bie­tern über­haupt mit­hal­ten zu kön­nen. Goog­le und Co. kön­nen sich welt­wei­te Ser­ver­parks leis­ten, da­mit die In­hal­te nä­her zu den Kun­den brin­gen und die Qua­li­tät ih­rer Diens­te so ver­bes­sern. Das kön­nen sich Klei­ne nicht leis­ten. Wol­len sie Diens­te auf den Markt brin­gen, bei de­nen eine gute Über­tra­gungs­qua­li­tät ga­ran­tiert sein muss, brau­chen ge­ra­de sie Spe­zi­al­diens­te. Nach un­se­ren Vor­stel­lun­gen be­zah­len sie da­für im Rah­men ei­ner Um­satz­be­tei­li­gung von ein paar Pro­zent. Das wäre ein fai­rer Bei­trag für die Nut­zung der In­fra­struk­tur. Und es sorgt für mehr Wett­be­werb im Netz.

till fai­da, ge­schäfts­füh­rer der eyeo gmbh, in ei­nem in­ter­view über die zie­le sei­nes pro­dukts ad­block plus:

Wir ha­ben sehr gute und er­folg­rei­che Ideen, wie On­line-Wer­bung bes­ser und nach­hal­ti­ger wer­den kann. Das kön­nen wir al­ler­dings nicht al­lei­ne um­set­zen, weil wir selbst kei­ne Wer­bung ge­stal­ten, su­chen da­her nach Part­nern, um mit ih­nen an der Zu­kunft der On­line-Wer­bung zu ar­bei­ten. Dazu zählt je­der Ver­mark­ter, je­des Wer­be­netz­werk, gro­ße Pu­blisher und je­der Markt­teil­neh­mer, der die Mög­lich­keit hat, Wer­be­for­men zu be­stim­men und an neu­en und al­te­na­ti­ven Pro­duk­ten zu ar­bei­ten.

er­staun­lich wie ähn­lich bei­de aus­sa­gen klin­gen. man könn­te den ein­druck ge­win­nen, fai­da und hött­ges ar­bei­te­ten für hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen oder be­ra­tungs­un­ter­neh­men, der eine für ver­la­ge, der an­de­re für „start­ups“.

über die aus­sa­gen von fai­da sagt ur­su­la scheer in der faz:

Ma­fia­me­tho­den? We­ge­la­ge­rei? […] Wie an­ders soll man das Ge­schäfts­mo­dell sei­ner Fir­ma Eyeo be­schrei­ben?

Fai­da wür­de nie­mals von Er­pres­sung spre­chen. Er nennt es „Zu­sam­men­ar­beit mit Part­nern“ und for­mu­liert Sät­ze wie: „Wir schaf­fen Lö­sun­gen für Pu­blisher.“ Lö­sun­gen für ein Pro­blem al­ler­dings, das Eyeo selbst mit sei­nem Pro­dukt al­lein zu dem Zweck schafft, um es für zah­len­de Kun­den wie­der aus der Welt zu räu­men.

über die such­funk­ti­on der faz fin­det man die wor­te „ma­fia­me­tho­den“, „we­ge­la­ge­rei“ oder „er­pres­sung“ im zu­sam­men­hang mit der te­le­kom in der faz nicht. da­bei liegt die as­so­zia­ti­on nicht weit ent­fernt:

„Schö­nes Start-up ha­ben Sie da. Wäre doch scha­de, wenn da mal eine Ver­bin­dung wa­ckeln oder ab­bre­chen wür­de“ twit­ter.com/ovoss/sta­tus/6…

Ma­thi­as Schind­ler (@pres­roi29.10.2015 9:48

EU-Par­la­ment stimmt ge­gen Netz­neu­tra­li­tät bit.ly/1ND3r87 via @netz­po­li­tik pic.twit­ter.com/mfIsb4AiMk

Sven (@in­sel­b­log29.10.2015 19:15

die grund­sätz­li­che ge­schäfts­idee hin­ter ad­blo­cker-ge­schäft von eyeo und dem in­ter­net-zu­gangs­ge­schäft der te­le­kom äh­nelt sich er­staun­lich. ei­gent­lich steckt da­hin­ter eine ur­alte idee: ak­tiv die ver­knap­pung von re­sour­cen vor­an­trei­ben und die knapp ge­wor­de­nen re­sour­cen für gu­tes geld an re­sour­cen-ab­hän­gi­ge ver­kau­fen.

eyeo li­mi­tiert die aus­lie­fe­rung von an­zei­gen sehr er­folg­reich, so er­folg­reich, dass es sich für die durch­lei­tung von „ak­zep­ta­blen“ an­zei­gen sehr gut be­zah­len las­sen kann.

die te­le­kom (und mehr oder we­ni­ger alle deut­schen te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­bie­ter) li­mi­tie­ren und ver­teu­ern den in­ter­net­zu­gang seit jah­ren so er­folg­reich, dass deutsch­land ne­ben un­garn of­fi­zi­ell das teu­ers­te mo­bi­le in­ter­net in eu­ro­pa hat und man sich jetzt, mit ge­setz­li­cher flan­kie­rung, für die „un­ge­stör­te“ durch­lei­tung von in­hal­ten be­zah­len las­sen kann.

wo­bei die te­le­kom die­ses prin­zip nicht nur ge­gen­über kun­den prak­ti­ziert, son­dern das auch schon län­ger ge­gen­über ih­ren „part­nern“ aus der wirt­schaft durch­zu­set­zen pro­biert. so teaser­te go­lem vor über zwei jah­ren:

Wenn Un­ter­neh­men wie Goo­gles You­tube an die Deut­sche Te­le­kom zah­len, wür­de ihr An­ge­bot „nicht das Da­ten­vo­lu­men der Nut­zer ver­brau­chen“ und sei nicht von der Dros­se­lung be­trof­fen, sagt die Te­le­kom.

fürs in­ter­net sol­len alle zah­len, die kun­den an den end­ge­rä­ten, die gros­sen platt­for­men, klei­ne start­ups und na­tür­lich sol­len auch steu­er­gel­der in den breit­band­aus­bau flies­sen.

ma­gel schaf­fen und dann kas­sie­ren, das scheint das grund­prin­zip er­folg­rei­chen wirt­schaf­tens im in­no­va­ti­ons­mü­den deutsch­land zu sein.


wo­bei der be­griff der er­pres­sung mitt­ler­wei­le in der wirt­schafts­be­richt­erstattng in­fla­tio­när be­nutzt wird. ver­la­ge be­kla­gen sich, dass ama­zon sie er­pres­se, ge­werk­schaf­ten, bzw. jour­na­li­sen­ver­bän­de be­kla­gen sich, dass ver­la­ge ihre frei­en au­toren er­pres­sen, die ver­le­ger füh­len sich von goog­le er­presst, wirt­schaft­lich stär­ke­re län­der er­pres­sen schwä­che­re län­der ge­wohn­heits­mäs­sig (oder um­ge­kehrt), mit TTIP an­geb­lich bald noch ef­fek­ti­ver. über­all er­pres­sung? oder be­deu­tet der be­griff ein­fach nur „har­te ver­hand­lun­gen“? oder rück­sichts­lo­sig­keit?


mf2 geotag­ging mas­hup

felix schwenzel in artikel

seit ei­ni­ger zeit geotag­ge ich ei­ni­ge der fo­tos die hier auf wir­res.net er­schei­nen. an­fangs habe ich die geo­da­ten, also den ort an dem das bild auf­ge­nom­men wur­de, nur aus­ge­le­sen und ge­spei­chert, wenn ich das foto per email ver­öf­fent­licht habe („mo­blog“), seit ei­ni­ger zeit, wenn ich bil­der über in­sta­gramm, bzw. own­y­our­gram ver­öf­fent­li­che, sind sie auch geo­ge­tag­ged. hier die lis­te von ar­ti­keln und bil­dern mit an­ge­häng­ten orts­da­ten. die­ser ar­ti­kel ist auch mit orts­da­ten ver­se­hen, wo­bei das na­tür­lich nur so mit­tel-sinn­voll ist.

aus­ser­dem habe ich, seit ich das in­die­web an­satz­wei­se ver­stan­den habe, mei­ne über­sichts- und ar­ti­kel­sei­ten mit mi­cro­for­ma­ten for­ma­tiert, dass heisst sie sind ma­schi­nen­les­bar, bzw. las­sen sich mit ei­nem mi­cro­for­mat-par­ser le­sen. zum bei­spiel mei­ne start­sei­te, so sieht sie aus sicht ei­nes mf2-par­sers aus.

in den aus­les­ba­ren da­ten ste­cken (na­tür­lich) auch die geo­da­ten. also hab ich mir ge­dacht, wenn mein HTML mei­ne API ist (frei nach aa­ron pare­cki), kann ich doch auch mal ei­nen mas­hup ma­chen. also hab ich mir an zwei aben­den die­ses script pro­gram­miert zu­sam­men­ge­sucht: mf2-to-gmap.php es hat kei­ne ab­hän­gig­kei­ten, aus­ser ei­ner ja­va­script-er­wei­te­rung für goog­le maps, „Over­lap­ping Mar­ker Spi­der­fier for Goog­le Maps“ von ge­or­ge ma­cker­ron.

das script funk­tio­niert in etwa so:

  • zu­erst wer­den die mi­cro­for­ma­te der ziel­sei­te aus­ge­le­sen und
  • die re­le­van­ten da­ten in ei­nen ar­ray ge­schrie­ben,
  • der als json-da­tei zwi­schen­ge­spei­chert wird.
  • die json-da­ten wer­den von ei­nem ja­va­script ein­ge­le­sen und
  • mit der stan­dard-goog­le-maps-API als mar­kie­run­gen auf ei­ner kar­te dar­ge­stellt.

das ist al­les sehr un­spek­ta­ku­lär und ei­gent­lich die grund­übung für die goog­le-maps-API be­nut­zung. al­ler­dings über­la­gern sich na­tür­lich vie­le mar­ker. in der über­sicht sieht man ein rie­si­ges clus­ter in ber­lin, wo ich na­tür­lich die meis­ten bil­der und ar­ti­kel er­stel­le, aber auch ein rie­si­ges clus­ter in schott­land, wo wir in die­sem som­mer eine fo­to­sa­fa­ri ge­macht ha­ben.

aber selbst wenn man die kar­te ganz nah ran zoomt, gibt es orte, an de­nen be­son­ders vie­le mar­kie­run­gen lie­gen, teil­wei­se auf ex­akt dem glei­chen punkt. goog­le bie­tet für sei­ne maps zwar di­ver­se clus­ter-funk­tio­nen an, aber die räu­men das bild le­dig­lich ein biss­chen auf und lö­sen das pro­blem der über­ein­an­der­lie­gen­den mar­kie­run­gen nicht. mit dem „Over­lap­ping Mar­ker Spi­der­fier“ lässt sich das pro­blem aber lö­sen:

das vor­läu­fi­ge er­geb­nis sieht so aus: eine kar­te al­ler geo­ge­tagg­ten bil­der seit ca. 24 mo­na­ten oder eine kar­te al­ler geo­ge­tagg­ten ar­ti­kel die auf der start­sei­te ge­lis­tet sind.

be­son­ders prak­tisch ist aber, dass die mi­cro­for­ma­te nicht nur die geo-da­ten leicht aus­les­bar ma­chen, son­dern auch die in­hal­te. so kann ich di­rekt auf der kar­te auch gleich die bil­der, mit­samt den an­mer­kun­gen an­zei­gen:

na­tür­lich funk­tio­niert das gan­ze auch bei an­de­ren sei­ten die ihre da­ten mit mi­cro­for­ma­ten mar­kie­ren und aus­les­bar ma­chen, zum bei­spiel mit ei­ner kar­te von aa­ron pare­ckis rei­se-sei­te.

aus­ser mei­ner sei­te und der von aa­ron pare­cki habe ich al­ler­dings kei­ne sei­te mit ein­ge­bet­te­ten mf2 geo­da­ten ge­fun­den. falls es noch an­de­re gibt, über http://wir­res.net/wid­gets/geo/?url=[hier url ein­ge­ben] könn­te man die da­ten dann vi­sua­li­sie­ren.


sind ad­block-be­nut­zer „pack“?

felix schwenzel in artikel

ich fin­de es völ­lig OK be­nut­zer von ad­blo­ckern auf wer­be­fi­nan­zier­ten sei­ten aus­zu­schlies­sen. zu­min­dest ist das blo­ckie­ren von ad­blo­ckern fol­ge­rich­tig, wenn man sich als au­tor oder in­hal­te-pro­du­zent von ad­block-nut­zern „be­klaut“ fühlt. so wie ste­phan gold­mann:

Das Mie­se an Ad­blo­ckern ist aus mei­ner Sicht, dass sie dem Le­ser er­lau­ben, dass er mei­ne Diens­te (In­hal­te) in An­spruch nimmt, ohne mir da­bei eine Fi­nan­zie­rung die­ser In­hal­te zu er­mög­li­chen.

Kurz: Al­les neh­men, nichts da las­sen – eine sol­che Hal­tung be­zeich­ne­te Kol­le­ge Jan Gleits­mann wie­der­holt als aso­zi­al.

ich fin­de es eine fai­re lö­sung tech­ni­sche mass­nah­men zu tref­fen um in­halts­be­trach­tung nur ge­gen das an­neh­men von tra­ckern und wer­bung zu er­mög­li­chen.

die fol­ge da­von ist dann ge­nau die, die sich die sei­ten­be­trei­ber wün­schen: leu­te die kei­ne wer­bung se­hen möch­ten, be­su­chen die sei­te dann nicht mehr. laut ei­ner un­ter­su­chung von gold­me­dia ver­lässt die mehr­heit der ad­block-nut­zer ab­block-ge­block­te sei­ten wie­der (via).

jetzt könn­ten ei­gent­lich alle zu­frie­den sein. aus­ser ste­phan gold­mann viel­leicht, der es dann viel­leicht auch wie­der „mies“ fin­det, dass plötz­lich we­ni­ger leu­te sei­ne diens­te in an­spruch neh­men und es ihm da­mit schwer ma­chen, sei­ne in­hal­te zu fi­nan­zie­ren.

noch­mal ste­phan gold­mann:

Fin­den Sie es rich­tig, eine Leis­tung in An­spruch zu neh­men, ohne dem Dienst­leis­ter et­was da­zu­las­sen?

kei­ne scherz­fra­ge: hat schon­mal je­mand dar­über nach­ge­dacht, für auf­merk­sam­keit zu be­zah­len? die wer­be­trei­ben­den ma­chen das. sie zah­len viel geld da­für, um an auf­merk­sam­keit zu kom­men, sie ken­nen den wert von auf­merk­sam­keit. bis­her zah­len sie eher auf­merk­sam­keits­er­re­ger, als auf­merk­sam­keits­ge­ber. aber auf­merk­sam­keit zu ge­ben, sich zeit und kon­zen­tra­ti­on aus dem all­tag ab­zu­zwa­cken, um sie je­man­dem zu ge­ben, ist doch auch eine leis­tung die me­di­en­schaf­fen­de in an­spruch neh­men. ok, ok, sie ge­ben da­für et­was: un­ter­hal­tung, oder, wie con­stan­tin seibt das nennt: kom­pri­mier­te zeit:

Das Kon­zept von kom­pri­mier­ter Zeit ist auch das der Grund, war­um Leu­te gern le­sen: Sie ma­chen ein blen­den­des Ge­schäft. In ei­ner Mi­nu­te ha­ben sie eine Stun­de frem­de Denk­ar­beit oder mehr ge­won­nen.

zu­ge­ge­ben: die auf­merk­sam­keit der le­ser/nut­zer wird also in ei­ni­gen fäl­len gross­zü­gig kom­pen­siert, durch kom­pri­mier­te zeit oder un­ter­hal­tung, für de­ren er­stel­lung der her­stel­ler ent­lohnt wer­den möch­ten, zum bei­spiel per auf­merk­sam­keits­ab­zwa­ckung durch wer­bung.

also ein fai­rer deal?

ja­mes wil­liams fin­det das nicht. er warnt in ei­nem et­was aben­teu­er­li­chen ar­ti­kel da­vor, die sys­te­ma­ti­sche aus­rich­tung von vie­len web­sei­ten auf wer­bung und auf­merk­sam­keits­er­re­gung als ge­ge­ben hin­zu­neh­men.

Think about the web­sites, apps, or com­mu­ni­ca­ti­ons plat­forms you use most. What be­ha­vi­oral me­tric do you think they’re try­ing to ma­xi­mi­ze in their de­sign of your at­ten­tio­nal en­vi­ron­ment? I mean, what do you think is ac­tual­ly on the da­sh­boards in their weekly pro­duct de­sign mee­tings?

Wha­te­ver me­tric you think they’re nud­ging you toward—how do you know? Wouldn’t you like to know? Why shouldn’t you know? Isn’t the­re an en­ti­re re­alm of trans­pa­ren­cy and cor­po­ra­te re­spon­si­bi­li­ty go­ing un­de­man­ded here?

I’ll give you a hint, though: it’s pro­ba­b­ly not any of the goals you have for yours­elf. Your goals are things like “spend more time with the kids,” “learn to play the zi­ther,” “lose twen­ty pounds by sum­mer,” “fi­nish my de­gree,” etc. Your time is sc­ar­ce, and you know it.

Your tech­no­lo­gies, on the other hand, are try­ing to ma­xi­mi­ze goals like “Time on Site,” “Num­ber of Vi­deo Views,” “Num­ber of Pa­ge­views,” and so on. Hence click­bait, hence auto-play­ing vi­de­os, hence ava­lan­ches of no­ti­fi­ca­ti­ons. Your time is sc­ar­ce, and your tech­no­lo­gies know it.

But the­se de­sign goals are pet­ty and per­ver­se. They don’t re­co­gni­ze our hu­ma­ni­ty be­cau­se they don’t bo­ther to ask about it in the first place. In fact, the­se goals of­ten clash with the mis­si­on state­ments and mar­ke­ting claims that tech­no­lo­gy com­pa­nies craft for them­sel­ves.

ge­ra­de die zie­le der gros­sen web­sei­ten und platt­for­men rich­ten sich im kern nicht nach mensch­li­chen be­dürf­nis­sen, son­dern nach der lo­gik der auf­merk­sam­keits­ver­mark­tung. ja­mes wil­liams sieht wer­bung nicht als or­na­ment oder über­ge­stülp­te mo­ne­ta­ri­sie­rungs­form, son­dern als trei­ben­de und ma­ni­pu­la­ti­ve kraft hin­ter den in­hal­ten. aben­teu­er­lich bis ge­wöh­nungs­be­dürf­tig ist sein be­griff der auf­merk­sam­keits­frei­heit (free­dom of at­ten­ti­on), den man si­cher­lich noch be­klopp­ter als at­ten­tio­na­le selbst­be­stim­mung über­set­zen könn­te. sei­ne schluss­fol­ge­rung lau­tet, dass man sich nicht nur fra­gen soll­te, ob es in ord­nung sei wer­bung zu blo­ckie­ren, son­dern ob es nicht auch eine mo­ra­li­sche pflicht sei.

Gi­ven all this, the ques­ti­on should not be whe­ther ad blo­cking is ethi­cal, but whe­ther it is a mo­ral ob­li­ga­ti­on. The bur­den of pro­of falls squa­re­ly on ad­ver­ti­sing to ju­s­ti­fy its in­tru­si­ons into users’ at­ten­tio­nal spaces—not on users to ju­s­ti­fy exer­cis­ing their free­dom of at­ten­ti­on.

ganz so ab­surd wie sich ja­mes wil­liams the­se denkauf­for­de­rung auf den ers­ten blick an­hört, ist sie aber viel­leicht doch nicht. ge­ra­de die gros­sen platt­for­men tun wirk­lich al­les um ihre be­nut­zer so­lan­ge wie mög­lich auf der platt­form zu hal­ten. vor­der­grün­dig, in­dem sie mensch­li­che be­dürf­nis­se, vor al­lem das nach kom­mu­ni­ka­ti­on und aus­tausch mit freun­den und be­kann­ten er­mög­li­chen. im hin­ter­grund und als ge­stal­tungs-ma­xi­me der platt­for­men gilt aber die steue­rung, ma­xi­mie­rung und aus­beu­tung der auf­merk­sam­keit.

aber auch die gros­sen platt­for­men bie­ten, wie klei­ne­re wer­be­fi­nan­zier­te in­hal­te­pro­du­zen­ten, ei­nen deal an: un­ter­hal­tung, op­ti­mier­te kom­mu­ni­ka­ti­on über die gan­ze welt, be­weg­te bil­der, emo­tio­nen und emo­ti­cons oder „kom­pri­mier­te zeit“ ge­gen auf­merk­sam­keit.

ob der deal wirk­lich so gut ist, ob wir ei­nen an­ge­mes­se­nen preis für un­se­re auf­merk­sam­keit zu­rück­be­kom­men, dar­über soll­ten wir alle mal nach­den­ken. ich glau­be ja, aber ich irre mich ger­ne.


noch­mal zu­rück zu ste­phan gold­mann, der be­haup­tet, ad­block-be­nut­zer wür­den „Al­les neh­men, nichts da las­sen“. ist das wirk­lich so? erst­mal las­sen gold­manns le­ser, egal ob mit oder ohne ad­blo­cker, zeit zu­rück. viel zeit. man­che hin­ter­las­sen auch kom­men­ta­re, an­re­gun­gen, fra­gen, wo­für sie nicht be­zahlt wer­den, aber gold­mann als sei­ten­be­schrei­ber und -be­trei­ber sich auch nichts kau­fen kann. aber was ist, wenn ein ad­block-be­nut­zer eine sei­te von ste­phan gold­mann sei­nen freun­den und be­kann­ten emp­fiehlt? per email oder auf ei­ner (so­cial me­dia) platt­form? oder per link in ei­nem blog, wie hier. was ist mit goog­le, das die web­sei­te in­de­xiert und in sei­nen such­ergeb­nis­sen auf­lis­tet ohne den sei­ten­be­trei­ber da­für zur kas­se zu bit­ten? was ist mit den le­sern, die zwar an­zei­gen und tra­cker blo­cken, aber gold­manns vg-wort-pi­xel durch­las­sen? nicht nur sei­nen vg-wort-zäh­ler in­kre­men­tie­ren ad­block-nut­zer, sie tau­chen auch in der be­nut­zer­zäh­lung auf, mit der es un­ter um­stän­den ein­fa­cher wird, neue wer­be­kun­den zu ak­qui­rie­ren. selbst „aso­zia­le“ ad­block-nut­zer hin­ter­las­sen also durch­aus et­was.

es ist üb­ri­gens auch bei jour­na­lis­ten gang und gäbe, zu neh­men ohne da­für eine ge­gen­leis­tung zu ge­ben. in in­ter­views mit fach­leu­ten wird de­ren wis­sen und ex­per­ti­se ab­ge­saugt, ein biss­chen auf­be­rei­tet und dann mo­ne­ta­ri­siert. jour­na­lis­ten neh­men al­les, las­sen dem in­ter­view­part­ner aber nie et­was da, aus­ser ein paar krü­mel­chen auf­merk­sam­keit, von dem sich ein in­ter­view­ter aber eben­falls nichts kau­fen kann.

ich will hier na­tür­lich nicht vor­schla­gen, dass in­ter­views be­zahlt wer­den müss­ten, es ist nur fas­zi­nie­rend zu be­ob­ach­ten, wie jour­na­lis­ten pam­pig wer­den, wenn sie sich mit auf­merk­sam­keit ab­spei­sen las­sen sol­len und ihre an­zei­gen ge­blockt wer­den, bei an­de­ren aber dar­auf be­stehen, sich doch bit­te aus grün­den™ mit ein biss­chen auf­merk­sam­keit zu­frie­den zu ge­ben. ich will auch nicht be­haup­ten, dass an­zei­gen-blo­ckie­rung eine mo­ra­li­sche ver­pflich­tung sei, aber ge­nau­so we­nig kann ich eine mo­ra­li­sche ver­pflich­tung se­hen, sich den scheiss an­zu­gu­cken.

wenn man sei­ne tex­te und bil­der schützt, kann man in­ter­es­sier­ten re­geln vor­schrei­ben: ei­nen kauf­preis, abo­ge­büh­ren, wer­bung, eine be­stimm­te kör­per­hal­tung beim le­sen, wha­te­ver. wenn man sein werk aber frei zu­gäng­lich und ma­schi­nen­les­bar in die öf­fent­lich­keit stellt, soll­te man da­mit le­ben kön­nen, dass die leu­te es igno­rie­ren, blo­ckie­ren, le­sen wie und wo sie es le­sen möch­ten, es tei­len, kom­men­tie­ren, es nach be­lie­ben um­for­ma­tie­ren, in­de­xie­ren, durch­such­bar ma­chen, ver­lin­ken oder es gar aus­dru­cken und ab­hef­ten.

wal­dorf und stat­ler tho­mas stad­ler weist üb­ri­gens noch­mal dar­auf hin, dass die dis­kus­si­on für oder ge­gen wer­be­aus­blen­dung recht­lich völ­lig un­er­he­bich ist. nie­mand kann per ge­setz dazu ge­zwun­gen wer­den sich frei zu­gäng­li­che web­sei­ten nur mit ei­ner be­stimm­ten tech­ni­schen kon­fi­gu­ra­ti­on an­zu­se­hen. wem das nicht passt, kann eben­falls nicht dar­an ge­hin­dert wer­den tech­ni­sche (oder ab­sur­de ju­ris­ti­sche) ge­gen­mass­nah­men ein­zu­lei­ten, wenn er das für rich­tig hält.

wor­auf ich aber un­be­dingt noch hin­wei­sen woll­te: das ge­ben und neh­men im netz, wie in der welt, ist et­was kom­ple­xer als „et­was da las­sen“, in­dem man sich wer­bung an­sieht. das er­zeu­gen und len­ken von auf­merk­sam­keit ist tief in un­se­rer ge­sell­schaft ver­an­kert und wer­bung rei­tet da le­dig­lich pa­ra­si­tär mit. wie weit wir die­sem auf­merk­sam­keits­pa­ra­si­ten ge­stal­tungs­ho­heit über die welt ge­ben wol­len, soll­ten wir uns even­tu­ell öf­ter fra­gen.

und: wer den cha­rak­ter von men­schen da­nach be­ur­teilt, ob sie be­reit sind sich wer­bung an­zu­se­hen, dürf­te noch ganz an­de­re pro­ble­me als die fi­nan­zie­rung sei­ner web­sei­te ha­ben.


ich be­nut­ze kei­nen ad­blo­cker. bis vor ein paar mo­na­ten habe ich ghos­tery be­nutzt (ar­ti­kel dazu von vor zwei jah­ren), das tra­cker de­ak­ti­viert und da­mit auch di­ver­se wer­be­for­ma­te aus­blen­det, vor al­lem die, die von drit­ten aus­ge­lie­fert wer­den. für re­cher­che­zwe­cke und aus neu­gier, habe ich den blo­cker seit ein paar wo­chen de­ak­ti­viert — und sehe nun mehr von al­lem — und bin gleich­zei­tig bes­ser sicht­bar. hier auf wir­res.net blen­de ich ge­le­gent­lich auch wer­bung ein, die ich als we­nig stö­rend emp­fin­de, aber de­ren blo­ckie­rung mir auch ziem­lich egal ist. ich bie­te mei­nen le­sern be­reits seit 10 jah­ren die mög­lich­keit, die­se ge­le­gent­lich ein­ge­blen­de­te wer­bung dau­er­haft aus­zu­blen­den. ich fin­de das aus­blen­den auch nicht „aso­zi­al“, son­dern freue mich über je­den der mir oder mei­nen tex­ten auf­merk­sam­keit schenkt.


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  an­dre­as­von­gun­ten.com: Die bard­geld­lo­se Ge­sell­schaft und ihr to­ta­li­tä­res Po­ten­zi­al

ich glau­be auch, wie an­dre­as von gun­ten, dass es kei­ne gute idee ist, das bar­geld ab­zu­schaf­fen.

aber … an­dre­as von gun­ten sagt:

In ei­ner bar­geld­lo­sen Ge­sell­schaft mit staat­li­cher di­gi­ta­ler Wäh­rung wäre es je­der­zeit mög­lich – per Knopf­druck qua­si – ei­nem Bür­ger oder ei­ner Bür­ge­rin das Be­zah­len zu ver­un­mög­li­chen, oder die Geld­mit­tel zu kon­fis­zie­ren.

so wie ich das ver­ste­he, ist das jetzt schon sehr ein­fach mög­lich je­dem per knopf­druck das be­zah­len zu „ver­un­mög­li­chen“. aus­ser man hat ein paar tau­send euro bar­geld ir­gend­wo un­auf­find­bar ver­steckt, ist man mit der pfän­dung sei­nes kon­tos im prin­zip zah­lungs­un­fä­hig. oder an­ders­rum, je­dem dem in deutsch­land die teil­nah­me an bar­geld­lo­sen zah­lungs­ver­fah­ren ver­wei­gert wird, je­dem dem ein gi­ro­kon­to ver­wei­gert wird, ist ein nor­ma­les le­ben so gut wie un­mög­lich. ge­häl­ter wer­den in deutsch­land schon lan­ge nur noch in ab­so­lu­ten aus­nah­me­fäl­len in bar aus­ge­zahlt, mie­ten nimmt kaum noch ein ver­mie­ter in bar an. im netz, in das sich un­ser le­ben mehr und mehr ver­la­gert, funk­tio­niert bar­geld auch eher schlecht.

ich glau­be, wir ha­ben uns in der west­li­chen welt schon sehr, sehr weit vom bar­geld ent­fernt — wei­ter als an­dre­as von gun­ten es of­fen­sicht­lich wahr ha­ben will. ich weiss zwar, dass es auch an­de­re mög­lich­kei­ten gibt an bar­geld zu kom­men, aus­ser es am geld­au­to­ma­ten zu kau­fen, aber so­weit ich das ver­ste­he ist es zum bei­spiel be­reits heu­te (in deutsch­land) so, dass man grös­se­re men­gen bar­geld kaum un­be­merkt durch die ge­gend schlep­pen kann, ge­schwei­ge denn über lan­des­gren­zen brin­gen kann. es ist be­reits heu­te so, dass jede ver­si­che­rung, jede bank, aber auch recht­an­wäl­te, no­ta­re oder wirt­schaft­prü­fer die hohe bar­geld­ein­zah­lun­gen ent­ge­gen­neh­men, eine ver­dachts­an­zei­ge we­gen geld­wä­sche auf­ge­ben müs­sen.

[W]enn fi­nan­zi­el­le Trans­ak­tio­nen nur noch in­ner­halb ei­nes di­gi­ta­len und über­wach­ten Sys­tems statt­fin­den kön­nen, ist eine ele­men­ta­re Grund­la­ge für eine to­ta­li­tä­re Ge­sell­schaft ge­legt.

so ar­gu­men­tie­ren üb­ri­gens auch die be­für­wor­ter des zwei­ten zu­satz zur US-ver­fas­sung. wenn den bür­ger das recht ge­nom­men wird waf­fen zu tra­gen, wie sol­len sie sich dann ge­gen eine to­ta­li­tä­re re­gie­rung weh­ren?

un­ser wohl­erge­hen ist, ob wir das wol­len oder nicht, sehr eng mit staat­li­chem han­deln ver­knüpft. im lau­fe der letz­ten jahr­hun­der­te ha­ben wir un­zäh­li­ge frei­heits­rech­te an den staat ab­ge­tre­ten, in der (be­rech­tig­ten) hoff­nung, dass sie dort bes­ser auf­ge­ho­ben sind und zu mehr ge­rech­tig­keit füh­ren. strei­tig­kei­ten kön­nen wir nicht mehr mit ge­walt oder nach stär­ke oder gut­dünk­ten be­en­den, wir kön­nen nicht ein­fach ent­schei­den un­se­re kin­der nicht zur schu­le zu schi­cken, wir müs­sen un­ser ge­sam­tes ein­kom­men dem staat of­fen­le­gen und ei­nen er­heb­li­chen teil da­von abe­ge­ben. wir kön­nen noch nicht­mal ein­fach so ein haus bau­en oder ei­nen baum pfla­zen ohne die ent­spre­chen­den ge­neh­mi­gun­gen da­für ein­zu­ho­len. selbst die hei­zung muss je­des jahr ein­mal von ei­nem staat­lich ge­prüf­ten schorn­stein­fe­ger ge­prüft wer­den, der für die­sen zweck, staat­lich le­gi­ti­miert, un­se­re woh­nung be­tre­ten darf.

an­dre­as von gun­ten macht wiki­leaks, bzw. die wiki­leaks „ban­king-blo­cka­de“, zum kron­zeu­gen für sei­ne the­se, dass ohne bar­geld alle frei­heit den bach run­ter­geht:

Die US-Be­hör­den ha­ben so­fort mit mas­si­vem Druck re­agiert und ha­ben in­nert we­ni­ger Tage er­reicht, dass die Geld­flüs­se von und zu Wiki­leaks un­ter­bro­chen wur­den. Pay­pal, Visa, Mas­ter­card und in der Schweiz die Post­fi­nan­ce ha­ben da­mals kur­zer­hand ent­schie­den, kei­ne Zah­lun­gen mehr an Wiki­leaks an­zu­neh­men oder ha­ben zum Teil so­gar die Ver­mö­gens­wer­te ein­ge­fro­ren, ohne dass eine Ver­ur­tei­lung durch ein Ge­richt, ja nicht ein­mal eine for­ma­le An­kla­ge vor­han­den war. Die­se Ban­king-Blo­cka­de, wie Wiki­leaks sie nennt, gibt uns ei­nen Vor­ge­schmack dar­auf, was uns blüht, soll­te das Bar­geld der­einst wirk­lich ab­ge­schafft bzw. ver­bo­ten wer­den.

der witz ist al­ler­dings, dass wiki­leaks auf sei­ner spen­den­sei­te kei­ne bar­geld­zah­lun­gen vor­sieht. dort sind le­dig­lich bar­geld­lo­se zah­lungs­ver­fah­ren vor­ge­se­hen.

ich bin ger­ne da­bei, beim frei­heits­kampf kampf ge­gen die bar­geld­ab­schaf­fung, wich­ti­ger ist es mei­ner mei­nung nach aber sich für den due pro­cess, für die recht­staat­lich­keit beim ein­frie­ren von ver­mö­gens­wer­ten ein­zu­set­zen. dass wir uns da­für ein­set­zen, dass bei der ver­bre­chens­be­kämp­fung nicht alle recht­staat­li­chen grund­sät­ze über bord ge­wor­fen wer­den, nur weil es „or­ga­ni­sier­tes ver­bre­chen“ oder „ter­ro­ris­mus“ gibt. auch wenn es kaum noch je­mand glaubt, der staat sind nicht „die da oben“, son­dern wir alle. wir müs­sen und kön­nen der angst­ma­che der rech­ten law-und-or­der-frak­tio­nen et­was ent­ge­gen­set­zen, aber bit­te kei­ne angst­ma­che, auch wenn sie dem gu­ten zweck dient.


ich habe vor ei­ner wei­le ge­schrie­ben, dass bar­geld nervt, wo­mit ich mich mög­li­cher­wei­se in­di­rekt als bar­geld-ab­schaf­fungs-„Be­für­wor­ter aus der Tech-Sze­ne“ qua­li­fi­zie­re. ich wür­de mir die hose in die­ser form al­ler­dings nicht an­zie­hen wol­len.

(bild­quel­le: fried­rich.krom­berg po­to­gra­po: w.j.pil­sak [GFDL, CC-BY-SA-3.0])


hier geht’s wei­ter …


to go or to stay?

felix schwenzel in artikel

sit­zen ein paar leu­te im café und un­ter­hal­ten sich. ir­gend­wann kom­men ein paar wer­ber, jour­na­lis­ten und ver­le­ger rein und fra­gen, ob sie sich mit an den tisch set­zen kön­nen. kön­nen sie. die ge­sprä­che am tisch ge­hen wei­ter, die ver­le­ger, wer­ber und die jour­na­lis­ten be­tei­li­gen sich an den ge­sprä­chen, ko­mi­scher­wei­se stö­ren sie gar nicht, das kann aber auch dar­an lie­gen, dass sie sich mühe ge­ben eher in­ter­es­san­te ge­schich­ten und wit­ze zu er­zäh­len und sich ein biss­chen zu­rück­neh­men und mühe ge­ben, den pas­sen­den ton zu tref­fen.

man könn­te den­ken: das ist doch per­fekt. ein café, ein ort an dem sich leu­te mit freun­den tref­fen und aus­tau­schen kön­nen und frem­den auf glei­cher auf­gen­hö­he und mit neu­gier be­ge­net wird, wenn sie in­ter­es­san­tes bei­zu­tra­gen ha­ben. der la­den könn­te für alle zum stamm­la­den wer­den.

die wer­ber, die ver­le­ger und ein paar jour­na­lis­ten be­trei­ben aber auch selbst ca­fés oder sind dort an­ge­stellt. die­se ca­fés sind nicht so gross und nicht so gut zu er­rei­chen. und alle wis­sen: dort läuft ko­mi­sche mu­sik und der der kaf­fee schmeckt nicht ganz so le­cker. vor al­lem kann man sich dort nicht so gut mit vie­len un­ter­schied­li­chen leu­ten un­ter­hal­ten. man lernt dort auch meis­tens kei­ne neu­en leu­te ken­nen und die be­die­nun­gen sind auch oft ko­misch.

ir­gend­wann fan­gen die wer­ber und die jour­na­lis­ten am tisch zu drän­geln an. hier im café sei es zwar ganz schön, aber, fra­gen sie, „wollt ihr nicht mal mit­kom­men in un­se­ren la­den?“ der sei auch ge­ra­de um­ge­baut wor­den und auch voll schick. ist nur ein paar schrit­te ent­fernt. „hört mal auf zu quat­schen hier und kommt ein­fach mal mit!“

jetzt fragt man sich na­tür­lich, war­um soll­ten café-be­trei­ber zu­erst in an­de­ren lä­den lau­fen und dort die gäs­te un­ter­hal­ten, mit ih­nen re­den, ih­nen ge­schich­ten er­zäh­len und sich ge­schich­ten von ih­nen er­zäh­len las­sen, wenn sie ei­gent­lich nur wer­bung für ihre ei­ge­nen lä­den ma­chen wol­len? klar sie müs­sen auch geld ver­die­nen und ihre mie­te be­zah­len. sie wol­len vor al­lem auch be­stim­men, wel­che mu­sik ge­spielt wird und ihr selbst­ge­brau­tes ver­kau­fen. aber wenn der la­den, wo sich ge­ra­de alle mit ih­ren freun­den und be­kann­ten tref­fen, ge­ra­de bes­ser läuft, soll­te man das dann nicht ein­fach als chan­ce be­grei­fen net­te, in­ter­es­san­te leu­te ken­nen­zu­ler­nen, statt zu ver­su­chen sie aus dem la­den zu lo­cken? soll­te man sich nicht dar­über freu­en, hier von leu­ten auf au­gen­hö­he an­ge­nom­men zu wer­den und auf­merk­sam­keit ge­schenkt zu be­kom­men?

soll­te man sei­nen ei­ge­nen la­den nicht ein­fach schlies­sen, wenn er nicht läuft? oder soll­te man in­ves­tie­ren und den ei­ge­nen la­den re­no­vie­ren und bes­ser als den der­zei­gi­ten in-la­den auf­zie­hen? oder soll­te man das ord­nungs­amt an­ru­fen und dar­auf hin­wei­sen, dass der la­den, in den alle ren­nen, schmut­zi­ge toi­let­ten und dunk­le ecken hat?


das ist kei­ne ant­wort auf die­sen face­book-ein­trag von ma­thi­as ri­chel, son­dern der ver­such die glei­chen ge­dan­ken wie er, an­ders zu for­mu­lie­ren. ich fin­de café-me­ta­phern funk­tio­nie­ren fast im­mer su­per, bzw. ich habe im­mer die hoff­nung, dass man aus sol­chen me­ta­phern viel­leicht et­was ler­nen könn­te. kei­ne ah­nung ob das hier funk­tio­niert, aber ich fin­de es un­ge­heu­er wich­tig, ins­be­son­de­re für leu­te die von auf­merk­sam­keit le­ben, sich zu fra­gen ob es sinn­voll ist dort hin zu ge­hen wo die men­schen sind, oder was ei­ge­nes zu ma­chen. vor al­lem: wie kann das funk­tio­nie­ren? was funk­tio­niert nicht?