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schlüpf­ri­ger bou­le­vard

felix schwenzel

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  spie­gel.de: 80-jäh­ri­ge Judi Dench: Reif fürs ers­te Tat­too   #

spie­gel-on­line dich­tet sich hier eine nicht nur blöd­sin­ni­ge, son­dern auch fal­sche über­schrift zu­sam­men. judi dench hat sich be­reits den hin­tern tä­to­wie­ren las­sen, das er­zähl­te zu­min­dest der film­pro­du­zent har­vey weins­stein vor ein paar wo­chen in der gra­ham nor­ton show. den aus­schnitt kann man sich bei time.com (oder you­tube) an­se­hen. laut wi­ki­pe­dia, bzw. dem bou­le­vard­blatt new york post hat sie das auf ei­nem emp­fang auch mal selbst er­zählt:

“[He] said, 'Mrs. Brown' should be a film," Dench said of the 1997 pro­ject that laun­ched her Hol­ly­wood care­er af­ter Wein­stein took it from the BBC to US ci­ne­mas. “It was thanks to Har­vey, who­se name I have had tat­to­oed on my bum ever sin­ce," Dench jo­ked while ac­cep­ting a Bri­tish Film In­sti­tu­te award in Lon­don.

in der dpa-mel­dung steht auch nichts von ei­nem ers­ten tat­too, son­dern, dass dench „Lust auf eine Tä­to­wie­rung“ habe.

ganz ab­ge­se­hen da­von ist die aus­ga­be von mit­te ja­nu­ar der gra­ham nor­ton show sehr se­hens­wert.


per­son of in­te­rest: die haupt­sta­tis­tin

felix schwenzel

heu­te abend (auf net­flix) wie­der ein paar fol­gen per­son of in­te­rest (imdb) ge­guckt. eine mei­ner mei­nung nach ganz gute mit­tel­gu­te se­rie. die epi­so­den sind im­mer schön in sich ab­ge­schlos­sen, aber durch die staf­feln zie­hen sich ein paar rote fä­den, die die auf­merk­sam­keit und neu­gier ganz gut hal­ten kön­nen — trotz der vie­len un­ge­reimt­hei­ten, de­ren zeu­ge man jede fol­ge wird. jj abrams fun­gier­te zu­min­dest bei der fol­ge 22 der ers­ten staf­fel, ich ver­mu­te auch bei an­de­ren, als aus­füh­ren­der pro­du­zent; was wie­der­um das stück­chen­wei­se auf­lö­sen der ge­heim­nis­se der prot­ago­nis­ten er­klä­ren dürf­te.

was mir in die­ser s01-e22-fol­ge auf­fiel war eine ver­däch­ti­ge per­son, die den bei­den haupt­fi­gu­ren, finch und ree­se, stän­dig folg­te. da die bei­den die gan­ze fol­ge über kei­ne no­tiz von ihr nah­men, ver­mu­te ich sie war die haupt­sta­tis­tin in die­ser fol­ge. ich habe sie mal rot mar­kiert. die nächs­ten fol­gen schaue ich mir auch auf­merk­sam an, um zu se­hen ob es da ein mus­ter gibt.


ty­pi­scher tag ei­nes man­nes
😀😏😏😏😏😏😏😏😏😏😏😏
😏😏😏😏😏😏😏😏😏😏😏😴

ty­pi­scher tag ei­ner frau
😀😒😣😱😖😑😠😡😶😇😘😨
😞😊😳😕😬😜😂😶😩😓😤😴


0800 2602601

felix schwenzel

ges­tern und heu­te meh­re­re an­ru­fe auf mei­nem (o₂-han­dy) von der 0800 2602601. je­des mal wenn ich ran­ge­he be­en­det sich die ver­bin­dung. die num­mer ist von o₂ deutsch­land, fin­de ich im in­ter­net herraus. das passt. o₂ ist nicht in der lage mit­tels sei­nes ei­ge­nen kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zes eine ver­bin­dung zu sei­nen kun­den auf­zu­bau­en.

weil ich mir sor­gen ma­che, dass es um die um­schal­tung un­se­res DSL-an­schlus­ses ge­hen könn­te, die sich nun schon seit et­was mehr als 5 mo­na­ten hin­zieht, rufe ich o₂ zu­rück.

die dame in der DSL-ab­tei­lung liest mir die ein­trä­ge aus dem CRM vor, „um­ge­hend schal­ten …“, „tech­ni­sche pro­ble­me …“, „kun­den be­nach­rich­ti­gen so­bald …“

… ja, da gäbe es noch ein paar tech­ni­sche pro­ble­me bei der schal­tung. nor­ma­ler­wei­se wür­de die schal­tung selbst so un­ge­fähr zwei bis drei wo­chen dau­ern. da wo ich woh­ne, gäbe es aber wohl ge­ra­de tech­ni­sche pro­ble­me (ich ver­mu­te: vie­le DSL-kun­den), wes­halb es in mei­nem fall noch so um die 3 mo­na­te dau­ern wür­de bis der an­schluss ge­schal­tet wür­de. in­ter­net hät­te ich aber noch, fragt die dame be­sorgt nach. ja, ja, der 16k DSL-an­schluss, den ich ger­ne, seit über 5 mo­na­ten, zu ei­nem schnel­le­ren DSL-an­schluss um­wan­deln wür­de, funk­tio­niert ein­wand­frei.

die dame ist sich re­la­tiv si­cher, dass es zum DSL-an­schluss kei­ne rück­fra­gen an mich ge­ge­ben habe, wenn sie, die DSL-ab­tei­lung an­ru­fen wür­de, käme das mit ei­ner mün­che­ner ab­sen­der­num­mer bei mir an. wahr­schein­lich woll­te sich je­mand aus dem mar­ke­ting bei mir er­kun­di­gen, ob ich zu­frie­den mit mei­nen te­le­komu­ni­ka­ti­ons­dienst­leis­ter sei.


das oben habe ich mir heu­te früh no­tiert. eben, so ge­gen 13 uhr, klin­gel­te mein te­le­fon wie­der mit der 0800 2602601 und dies­mal klapp­te es mit der ver­bin­dung als ich den an­ruf an­nahm. wie­der eine sehr freund­li­che mit­ar­bei­te­rin, die sich „mal mel­den“ woll­te und be­scheid sa­gen woll­te, war­um es zu ver­zö­ge­run­gen bei mei­ner be­stel­lung ge­kom­men sei. es hät­te tech­ni­sche pro­ble­me bei der te­le­kom ge­ge­ben, die jetzt aber be­ho­ben sei­en und die auf­trä­ge wür­den jetzt wie­der nor­mal be­ar­bei­tet. die drei mo­na­te war­te­zeit die mir ihre kol­le­gin heu­te früh in aus­sicht ge­stellt habe, sei­en wohl eine sehr vor­sich­ti­ge schät­zung ge­we­sen, sie wol­le sich zwar nicht zu weit aus dem fens­ter leh­nen, glau­be aber, dass das sehr viel schnel­ler gehe. aus­ser­dem wür­de sie mir für „die ent­stan­de­nen un­an­nehm­lich­kei­ten“ eine gut­schrift von 30 euro an­bie­ten.

das habe ich ger­ne an­ge­nom­men und bin jetzt — wie seit un­ge­fähr fünf mo­na­ten — ge­spannt was als nächs­tes kommt. bei so ei­ner ark­tis-ex­pe­di­ti­on DSL-um­schal­tung kann ja ei­ni­ges schief­ge­hen.


„Rie­sen-Scheiss-Plei­te“

felix schwenzel

in der dank­sa­gung am ende sei­nes neu­en bu­ches be­schreibt an­drew keen, wie ihn der at­lan­tic-books-chef toby mun­dy über­re­de­te ein buch zu schrei­ben, in dem er sei­ne „Über­le­gun­gen zum In­ter­net“ zu­sam­men­fas­sen sol­le:

»Es ist ganz ein­fach«, ver­sprach er mir. »Schreib ein­fach al­les auf, was du über das In­ter­net denkst.«

keen hat das tat­säch­lich ge­macht und man kann das auch re­la­tiv kurz zu­sam­men­fas­sen: er denkt über das in­ter­net nicht viel gu­tes. das in­ter­net, schreibt er ein­mal in ei­nem ne­ben­satz, habe zwar ein paar gute sei­ten, sei un­term strich aber eine „Rie­sen-Scheiss-Plei­te“. die „Rie­sen-Scheiss-Plei­te“ ist ei­gent­lich ein zi­tat, das er in ka­pi­tel 8 ei­nem „un­ge­kämm­ten und un­ra­sier­ten Jun­gen“, der auf ei­ner kon­fer­nez ne­ben ihm sass, in den mund legt. im ori­gi­nal lau­te­te das zi­tat wahr­schein­lich „epic fuck­ing fail“. keen greift die­ses zi­tat auf den fol­gen­den sei­ten (oder im buch-pro­mo-ma­te­ri­al) wie­der auf, um zu be­schrei­ben was er über das in­ter­net denkt.

keen woll­te das buch ur­sprüng­lich auch „epic fail“ nen­nen, nann­te es dann im ori­gi­nal dann aber „the in­ter­net is not the ans­wer“. auf deutsch ent­schied sich die deut­sche ver­lags-an­stalt dann für den epi­schen ti­tel: „Das di­gi­ta­le De­ba­kel: War­um das In­ter­net ge­schei­tert ist - und wie wir es ret­ten kön­nen“.

der deut­sche ti­tel ist ver­ständ­li­cher­wei­se et­was auf ran­da­le ge­bürs­tet. nach der ver­lei­hung des frie­dens­prei­ses des deut­schen buch­han­dels an ja­ron la­nier er­war­tet der ver­lag of­fen­bar zu recht, dass die in­ter­net-kri­ti­schen deut­schen in­tel­lek­tu­el­len und feuil­le­tons neue nah­rung brau­chen. um ganz si­cher zu ge­hen, dass die ziel­grup­pe das buch auch als in­ter­net­kri­tisch er­kennt, hat man das buch dann gleich auf dem co­ver in 14 wor­ten zu­sam­men­ge­fasst.

auch beim um­schlag­text über­trieb man zur si­cher­heit gleich ein biss­chen und sagt über keen:

Er lehr­te an meh­re­ren US-ame­ri­ka­ni­schen Uni­ver­si­tä­ten und grün­de­te 1995 ein er­folg­rei­ches In­ter­net­un­ter­neh­men im Si­li­con Val­ley.

im buch schreibt keen auf sei­te 226 das ge­gen­teil:

Wäh­rend Ka­l­a­nick in den Neun­zi­gern mit Scour schei­ter­te, schei­ter­te ich mit mei­nem ei­ge­nen Mu­sik-Start-Up Au­dio­Ca­fe.


um die ein­lei­tung von keens buch zu le­sen, habe ich meh­re­re an­läu­fe ge­braucht. tex­te in de­nen mehr rum­be­haup­tet als ar­gu­men­tiert wird, ver­lie­ren ganz schnell mein in­ter­es­se. nach­dem er 5 sei­ten auf mi­cha­el und xochi birch und de­ren bat­tery-club rum­hackt, füllt er die rest­li­chen 7 ein­lei­tungs­sei­ten mit all­ge­mei­nem in­ter­net-ge­mä­kel, das der ver­lag im pro­mo­ti­on-ma­te­ri­al auf die­sen ab­satz zu­sam­men­ge­dampft hat:

Nicht die Ge­sell­schaft pro­fi­tiert von ei­ner „hy­per­ver­netz­ten“ Welt, son­dern eine eli­tä­re Grup­pe jun­ger wei­ßer Män­ner. Was ih­nen im­mer mehr Reich­tum be­schert, macht uns in vie­ler­lei Hin­sicht är­mer. Das In­ter­net ver­nich­tet Ar­beits­plät­ze, un­ter­bin­det den Wett­be­werb und be­för­dert In­to­le­ranz und Voy­eu­ris­mus. Es ist kein Ort der Frei­heit, son­dern ein Über­wa­chungs­ap­pa­rat, dem wir kos­ten- und be­den­ken­los zu­ar­bei­ten. Kurz­um: Das In­ter­net ist ein wirt­schaft­li­ches, kul­tu­rel­les und ge­sell­schaft­li­ches De­ba­kel.

ganz ein­fach: schreib ein­fach auf was du über das in­ter­net denkst — zack, ist die ein­lei­tung fer­tig!

ich habe keen ein paar mal live er­lebt und ge­se­hen und fand ihn mit sei­ner schnei­den­den stim­me und bril­li­an­ten rhe­to­rik im­mer sehr über­zeu­gend. ei­ner sei­ner vor­trä­ge auf der next-kon­fe­renz im jahr 2009 hat mich mass­geb­lich zu mei­nem vor­trag war­um das in­ter­net scheis­se ist in­spi­riert. aber ge­ra­de weil ich keen schät­ze, hat mich die feh­len­de tie­fe der ar­gu­men­ta­ti­on in der ein­lei­tung be­son­ders ge­nervt.

die fol­gen­den ka­pi­tel kom­men ei­ner ana­ly­se dann schon et­was nä­her. keen zeich­net die ent­ste­hung des in­ter­nets und des world wide webs nach und hält sich mit dem, was er über das in­ter­net denkt, ein biss­chen zu­rück. er zi­tiert freund und feind und ir­gend­wann beim le­sen wird ei­nem klar, dass keen ei­gent­lich gar nicht das in­ter­net scheis­se fin­det, son­dern den ka­pi­ta­lis­mus.

Die Spiel­re­geln der New Eco­no­my sind da­her die­sel­ben wie die der Old Eco­no­my — nur mit Auf­putsch­mit­teln.

Si­mon Head vom In­sti­tu­te for Pu­plic Know­ledge an der New York Uni­ver­si­ty er­klärt, da­mit sei Ama­zon zu­sam­men mit Wal-Mart »das un­ver­schämt rück­sichts­lo­ses­te Un­ter­neh­men der Ver­ei­nig­ten Staa­ten«.

im prin­zip er­füllt keen also sa­scha lo­bos for­de­rung, kei­nen quark zu er­zäh­len:

Be­schleu­ni­gungs­kri­tik ohne Ka­pi­ta­lis­mus­kri­tik ist Quark.

tat­säch­lich dif­fe­ren­ziert an­drew keen in sei­nen ana­ly­se-ka­pi­teln auch ge­le­gent­lich und räumt ein, dass die pro­ble­me die das in­ter­net ver­ur­sacht auch schon in der welt ohne in­ter­net exis­tier­ten. aber lei­der ver­ein­facht er mit­un­ter auch so sehr, dass das bild, das er zeich­net, mir stel­len­wei­se sehr ver­zerrt er­scheint.

in keens welt­bild ist das in­ter­net am nie­der­gang der kul­tur schuld. sei­ne lieb­lings­bei­spie­le sind der buch­han­del und die mu­sik­bran­che. er be­klagt sich so­gar dar­über, dass es kaum noch vi­nyl-plat­ten gebe und sieht die schuld im nie­der­gang der mu­sik­in­dus­trie nicht nur in pi­ra­te­rie, der „Mo­no­po­li­sie­rung des On­line-Mu­sik­markts durch An­bie­ter wie iTu­nes und Ama­zon“ (und spo­ti­fy und you­tube und sound­cloud [sic!]), son­dern auch in ei­ner von ihm per­sön­lich aus­ge­dach­ten neu­en ge­fahr, der „Ty­ran­nei der über­gros­sen Aus­wahl“. stö­ren­de fak­ten lässt keen ein­fach weg. bei ihm liest sich der nie­der­gang der buch­bran­che wie eine lo­gi­sche fol­ge von ama­zon:

Im Jahr 2014 gab es rund 3440 im Bör­sen­ver­ein des Deut­schen Buch­han­dels or­ga­ni­sier­te Buch­lä­den und da­mit fast ein Drit­tel we­ni­ger als noch 1999.

keen ver­liert kein wort dar­über, dass ende der neun­zi­ger jah­re ein bru­ta­ler kon­zen­tra­ti­ons­pro­zess im buch­han­del be­gann, bei dem fi­lia­lis­ten wie tha­lia oder hu­gen­du­bel ag­gres­siv ex­pan­dier­ten. tors­ten mei­ni­cke, ein buch­häd­ler aus ham­burg, er­in­ner­te im deutsch­land­funk dar­an, wel­che pro­ble­me in den neun­zi­ger jah­ren auch er­kenn­bar wa­ren:

Es sind zu vie­le Bü­cher, wir müs­sen we­ni­ger pro­du­zie­ren. Mit dem Er­geb­nis, dass bei der nächs­ten Herbst­vor­schau die Ti­tel­zahl der Neu­erschei­nun­gen noch ein­mal er­höht wor­den ist. Das hat sehr lan­ge ge­dau­ert, bis ein paar Sa­chen erst­mals zu­rück­ge­fah­ren wur­den.

ganz ohne die hil­fe des in­ter­nets kre­ierte die buch­bran­che eine „Ty­ran­nei der über­gros­sen Aus­wahl“; 1969 lag die an­zahl der neu­erschei­nun­gen und neu­auf­la­gen bei 35.577, um 40 jah­re spä­ter, 2007 und 2011, auf re­kord­wer­te von über 96.000 zu stei­gen. kon­zen­tra­ti­ons­pro­zes­se, „eine Fo­kus­sie­rung des Ge­schäfts auf im­mer we­ni­ger und schnell­le­bi­ge­re Ti­tel“ (noch­mal deutsch­land­funk) und vie­le an­de­re fak­to­ren, sor­gen da­für, dass sich die buch­bran­che seit jahr­zehn­ten in un­ru­hi­gen ge­wäs­sern be­fin­det — aber für keen ist die ant­wort ganz ein­fach: ama­zon, in­ter­net — die sind schuld.

„Mir per­sön­lich ge­fällt das, was ich da sehe, nicht.“ an­drew keen über in­sta­gram, aber ei­gent­lich über das in­ter­net.

keen schreckt auch vor un­sin­ni­gen be­haup­tun­gen nicht zu­rück. ba­sie­rend auf sei­ner un­be­grün­de­ten, ein­fach in den raum ge­stell­ten the­se, dass „das pu­bli­kum“ schlech­ter in­for­miert denn je sei, ver­steigt er sich zu der ge­wag­ten the­se, dass frü­her™, als es noch me­di­en gab die „un­ein­ge­schränkt ver­trau­ens­wür­dig“ wa­ren, so­gar über krie­ge wahr­heits­ge­mäss, ob­jek­tiv und ohne jede pro­pa­gan­da be­rich­tet wur­de. das sei jetzt „an­ge­sichts der Macht und Po­pu­la­ri­tät der so­zia­len Me­di­en“ vor­bei. plötz­lich, we­gen des in­ter­nets, blei­be die wahr­heit bei der kriegs­be­richt­erstat­tung auf der stre­cke.

die­se ver­ein­fa­chun­gen, zu­spit­zun­gen, ein­sei­tig­kei­ten und blöd­sin­nig­kei­ten, die sich durch das gan­ze buch zie­hen, rau­ben keens ana­ly­se ei­ni­ges an glaub­wür­dig­keit und durch­schlag­kraft. das ist scha­de, denn vie­les an sei­ner ana­ly­se ist na­tür­lich rich­tig und dis­kus­si­ons­wür­dig.

die feh­len­de tie­fe der ana­ly­se und die teil­wei­se ge­ra­de­zu schlam­pi­ge an­ein­an­der­rei­hung von be­ge­ben­hei­ten, zi­ta­ten, be­schimp­fun­gen und stei­len the­sen ist die gröss­te ent­täu­chung an keens buch. viel­leicht hat sich keen aber auch ein­fach nicht ge­traut, das gros­se fass auf­zu­ma­chen, näm­lich statt in­ter­net­kri­tik ge­sell­schafts­kri­tik zu üben. so­gar sei­ne hin und wie­der durch­schei­nen­de ka­pi­ta­lis­mus­kri­tik re­la­ti­viert er mehr­fach, of­fen­bar um das fass ge­schlos­sen zu hal­ten. er kon­zen­triert sich lie­ber dar­auf, „jun­ge wei­ße“ in­ter­net­fuz­zis wie mark zu­cker­berg, tra­vis ka­l­a­nick, eric schmidt oder ste­ve jobs [sic!] (zu recht) an­zu­pran­gern — aber ver­zich­tet dar­auf, die sel­ben struk­tu­rel­len miss­stän­de im fi­nanz­sek­tor, jus­tiz­sys­tem oder glo­ba­len han­del auf­zu­zei­gen. flap­sig und ver­ein­fa­chend aus­ge­drückt, für an­drew keen ist das in­ter­net nicht scheis­se, weil die welt scheis­se ist, son­dern das in­ter­net ist für ihn scheis­se, weil das in­ter­net scheis­se ist und al­les zer­stört.

teil­wei­se sind keens aus­las­sun­gen auch frap­pie­rend. über mi­cro­soft oder den ehe­mals eli­tä­ren „jun­gen wei­ßen Mann“ bill gates ver­liert keen nicht ein ein­zi­ges ne­ga­ti­ves wort. wenn es um das böse geht, schreibt er im­mer von der drei­er­kom­bi­na­ti­on goog­le, ap­ple, face­book — manch­mal er­gänzt von uber, in­sta­gram und twit­ter. und wäh­rend er sei­ten­wei­se über jun­ge, weis­se, gross­kot­zi­ge män­ner wie zu­cker­berg, ke­vin systrom, lar­ry page, tra­vis ka­l­a­nick schimpft, die sich ihre je­weils un­ge­fähr 30 mil­li­ar­den dol­lar pri­vat­ver­mö­gen aus „un­se­rer Ar­beit, un­se­rer Pro­duk­ti­vi­tät“ zu­sam­men­ge­klaubt hät­ten, er­wähnt er men­schen wie craig new­mark gar nicht. der hat zwar auch, wie die vor­her ge­nann­ten, eine gan­ze bran­che zer­stört, aber sich dar­an nicht „gross­kot­zig“ be­rei­chert. das passt keen dann ein­fach nicht ins nar­ra­tiv von der „ei­nen eli­tä­re Grup­pe jun­ger wei­ßer Män­ner“ und so lässt er es ein­fach aus.

keen re­det auch un­ab­läs­sig vom nie­der­gang der kul­tur, vor al­lem we­gen des von ihm fest­ge­stell­ten ab­sur­den kult um ama­teu­re, der „Ty­ran­nei der über­gros­sen Aus­wahl“, der pi­ra­te­rie und kos­ten­lo­s­kul­tur, ver­gisst aber zu er­wäh­nen, dass der­zeit alle welt zeu­ge ei­ner re­nais­sance des qua­li­täts-fern­se­hens wird, die nicht un­we­sent­lich durch die ver­net­zung und das in­ter­net be­feu­ert wird. keen bie­tet aman­da pal­mer als zeu­gin ge­gen die schlech­te be­zah­lung von künst­lern durch spo­ti­fy auf, er­wähnt aber nicht, dass sie eine gros­se ver­fech­te­rin der „kos­ten­los-“ und „sha­ring-kul­tur“ ist, die keen so sehr ver­ach­tet und als eu­phe­mis­men für pi­ra­te­rie ver­steht.

aman­da pal­mer:

Free Di­gi­tal Con­tent (and Tits) for Ever­y­bo­dy.

an­drew keen:

»Kos­ten­lo­se« In­hal­te ha­ben in Wirk­lich­keit ei­nen un­be­zahl­ba­ren Preis. Und der Er­folg des In­ter­nets ist in Wirk­lich­keit eine rie­si­ge Plei­te. Eine Rie­sen-Scheiß-Plei­te.

noch­mal zum pro­mo-ma­te­ri­al des ver­lags. dort heisst es:

An­drew Keen lie­fert eine schar­fe, poin­tier­te Ana­ly­se un­se­rer ver­netz­ten Welt und zeigt, was sich än­dern muss, um ein end­gül­ti­ges Schei­tern des In­ter­nets zu ver­hin­dern.

tat­säch­lich ver­sucht keen nach 248 sei­ten die ant­wort (auf 22 ½ sei­ten) dar­auf zu ge­ben, wie man das schei­tern des in­ter­nets ver­hin­dern könn­te. auch das kann man flott zu­sam­men­fas­sen: re­gu­lie­rung, glo­ba­le steu­ern für olig­ar­chen und ei­nen neu­en ge­sell­schafts­ver­trag an den sich alle hal­ten:

Die Ant­wort ist, das In­ter­net mit Ge­set­zen und Ver­ord­nun­gen aus sei­ner Dau­er­pu­ber­tät zu ho­len.

»Was für eine Ge­sell­schaft schaf­fen wir hier ei­gent­lich?«, fragt Jeff Jar­vis. Die­se Fra­ge soll­te am An­fang je­des Ge­sprächs über das In­ter­net ste­hen.

das ist nicht falsch, aber auch irre un­kon­kret. im­mer­hin ha­ben wir das jahr 2015 und nicht nur das in­ter­net soll­te aus sei­ner „Dau­er­pu­ber­tät“, in der es sich zwei­fel­los be­fin­det, ge­holt wer­den, auch die in­ter­net­kri­tik soll­te mitt­ler­wei­le et­was wei­ter sein, als le­dig­lich „re­gu­lie­rung“ zu ru­fen oder auf re­gie­run­gen zu hof­fen, die „Goog­le die Stirn bie­ten“. die­se for­de­run­gen er­hob an­drew keen schon, als ich ihn 2009 erst­mals sah. dass es auch kon­kre­ter und klü­ger geht, zeigt üb­ri­gens ein an­de­res jüngst er­schie­nes buch: mi­cha­el see­manns „das neue spiel“. sei­ne ana­ly­se ist der von keen sehr ähn­lich (al­ler­dings im ge­gen­teil zu keen, ohne häme, ge­spött und ad-ho­mi­nem-an­grif­fe auf­ge­schrie­ben), aber sei­ne „10 re­geln für das neue spiel“ sind kon­kre­ter, klü­ger und dif­fe­ren­zier­ter als keens gan­zes buch. aber das, und stra­te­gien für den um­gang mit dem in­ter­net, sind das the­ma ei­nes ei­ge­nen texts, der wahr­schein­lich an­fang fe­bru­ar im in­ter­net er­scheint.


nach­dem ich das buch ge­le­sen habe, fiel mir ein bes­se­rer, pas­sen­de­rer um­schlag­text für an­drew keens buch ein als das ori­gi­nal:

Das In­ter­net hat ver­sagt. Trotz sei­ner of­fe­nen, de­zen­tra­len Struk­tur hat es uns nicht mehr Chan­cen­gleich­heit und Viel­falt ge­bracht, im Ge­gen­teil: Es ver­grö­ßert die wirt­schaft­li­che und kul­tu­rel­le Un­gleich­heit. Der Gra­ben zwi­schen zwi­schen ei­ner Hand­voll jun­ger wei­ßer Män­ner, die an Reich­tum und Ein­fluss ge­win­nen, und dem Rest der Ge­sell­schaft wird im­mer grö­ßer. Bis­sig und poin­tiert rech­net Si­li­con-Val­ley-In­si­der An­drew keen mit un­se­rer ver­netz­ten Ge­sell­schaft ab und for­dert uns auf, staat­li­cher Un­tä­tig­keit und In­ter­net­mo­no­po­lis­ten wie Goog­le und Ama­zon den Kampf an­zu­sa­gen.

das ist mein vor­schlag:

Das In­ter­net ist nicht ge­schei­tert, wir ha­ben nur noch nicht die rich­ti­gen Stra­te­gien ent­wi­ckelt da­mit um­zu­ge­hen. An­drew Keen hat­te sich fest vor­ge­nom­men sich ein paar Stra­te­gien aus­zu­den­ken, es aber in der kür­ze der Zeit bis zur Druck­le­gung nicht ge­schafft sie aus­zu­for­mu­lie­ren. Da­für hat er bis­sig und poin­tiert auf­ge­schrie­ben, wie das In­ter­net ent­stan­den ist und was er über das In­ter­net denkt.


an­de­re über das buch:

YouTube Video Vorschaubild
youtube-video laden, info, direktlink

ich habe das buch vom ver­lag als re­zen­si­ons­exem­plar (als ge­bun­de­ne aus­ga­be) zur ver­fü­gung ge­stellt be­kom­men.


Aus­zeit? Nö. (t3n 38)

felix schwenzel in t3n

Als Mo­bil­te­le­fo­ne noch schwer und klo­big wa­ren und Un­men­gen von Geld ge­kos­tet ha­ben, habe ich vie­le Leu­te sa­gen hö­ren, dass der Be­sitz so ei­nes mo­bi­len Te­le­fons gräss­lich sein müs­se: „da ist man ja im­mer er­reich­bar.“ Die Pra­xis im lau­fe der letz­ten 30 Jah­re hat aber ge­zeigt, dass kaum je­mand hört wenn sein Han­dy klin­gelt und die Leu­te ge­nau­so gut oder schlecht zu er­rei­chen sind, wie zu Zei­ten der Deut­schen Bun­des­post.

Die Zu­kunft hat ge­gen­über Zu­kunfts­pes­si­mis­ten ei­nen ent­schei­den­den Vor­teil: sie ist nicht vor­her­seh­bar. Sie nimmt oft Wen­dun­gen, die nie­mand vor­her­ge­se­hen hat. Funk­lö­cher, lee­re Ak­kus, Whats­App-Ser­ver­aus­fäl­le sind In­no­va­tio­nen des 21. Jahr­hun­derts, die man in den acht­zi­ger Jah­ren un­mög­lich er­ah­nen konn­te.

Die Be­fürch­tun­gen von Fort­schritts­skep­ti­kern sind über die Jahr­hun­der­te hin­weg bei­na­he im­mer gleich­lau­tend: das Neue, fürch­ten sie, sei schlecht für das freie oder krea­ti­ve Den­ken, len­ke ab, schä­di­ge ir­gend­wie die Ge­sund­heit oder das Wohl­be­fin­den und man müs­se sich und an­de­re da­vor schüt­zen. Ja­ron La­nierr Karl G. Bau­er stell­te 1787 fest, dass die „er­zwun­ge­ne Lage und der Man­gel al­ler kör­per­li­chen Be­we­gung beim Le­sen, in Ver­bin­dung mit der so ge­walt­sa­men Ab­wechs­lung von Vor­stel­lun­gen und Emp­fin­dun­gen […] Schlaff­heit, Ver­schlei­mung, Blä­hun­gen und Ver­stop­fung in den Ein­ge­wei­den, […] Siech­heit und Weich­lich­keit im gan­zen Kör­per“ er­zeu­ge.

Mal war es das Le­sen, mal der Man­gel an Fröm­mig­keit, der Rock’n’Roll, das Fern­se­hen oder die Mo­bil­te­le­fo­ne, die den Men­schen scha­de­ten und Un­heil brach­ten, heu­te ist es das Netz, die E-Mail, das Smart­phone oder das Chat­ten, die die Pro­duk­ti­vi­tät oder gar das Aus­kos­ten des „wah­ren Le­bens“ hem­men. Das Netz zum Ver­gnü­gen zu be­nut­zen oder zum ziel­lo­sen Brow­sen scheint als ein Hoch­ver­rat am Ge­bot zur Pro­duk­ti­vi­tät und Dis­zi­plin an­ge­se­hen zu wer­den.

Wo­bei die An­nah­me, dass Din­ge, die Men­schen mit Ver­gnü­gen tun, nutz­los oder gar schäd­lich sein müss­ten, wahr­schein­lich min­des­tens so alt wie die Mensch­heit ist.

Frü­her war es der Kle­rus, der sich Vor­schrif­ten er­sann, wie man ein from­mes und Gott­ge­fäl­li­ges Le­ben zu füh­ren habe. Heu­te sind es Herr­scha­ren von Be­ra­tern, Trai­nern oder Selbst­op­ti­mie­rungs­gu­rus die sich Tipps und An­lei­tun­gen aus­den­ken, wie man ein ge­sun­des, glück­li­ches und pro­duk­ti­ves Le­ben füh­ren kann. Ge­bo­te und Dog­men wur­den ab­ge­schwächt zu Tipps oder Op­ti­mie­rungs­an­lei­tun­gen, aber die Ziel­rich­tung ist im­mer noch die Glei­che: das Ge­wis­sen. Auf das Ge­wis­sen wird aus al­len Roh­ren ge­feu­ert, in der Hoff­nung dar­über kon­for­mes Ver­hal­ten zu for­men. Men­schen die pro­duk­ti­ver, leis­tungs­fä­hi­ger und ge­sün­der sind. Men­schen, die sich an vor­ge­ge­be­ne Re­geln hal­ten.

Was wir statt­des­sen för­dern soll­ten, sei es in der Schu­le, der Aus­bil­dung, im Be­ruf, ist ech­tes Selbst­be­wusst­sein. Selbst­be­wusst­sein im Sin­ne von rea­lis­ti­scher Ei­gen­wahr­neh­mung, In­tui­ti­on und der Fä­hig­keit die Si­gna­le des ei­ge­nen Kör­pers und Geis­tes rich­tig zu deu­ten. Men­schen, die ihre Acht­sam­keit und ihre Selbst­wahr­neh­mung trai­nie­ren, ach­ten meis­tens ganz gut auf Ihre Ge­sund­heit und be­mer­ken auch ohne Re­gel­kor­sett, wenn sie sich ver­aus­ga­ben oder in all­zu viel Ab­len­kung ver­lie­ren¹. Wer sich selbst und sei­nen ver­meint­lich ver­steck­ten Si­gna­len zu­hört, muss kei­ne Aus­zeit vom Netz neh­men, um zu sich selbst zu fin­den oder zum ge­fühl­ten Pro­duk­ti­vi­täts­ni­veu­au der Acht­zi­ger Jah­re zu­rück zu keh­ren.

Zu­mal Fla­nie­ren, schein­bar ziel­lo­ses Um­her­strei­fen oder Rum­dad­deln im Netz, den glei­chen Sinn hat, wie kind­li­ches Spie­len; wäh­rend wir uns spie­le­risch in ihr be­we­gen, ler­nen wir die (di­gi­ta­le) Welt zu be­grei­fen, zu ver­ste­hen und schliess­lich auch zu for­men. Ohne eine ge­wis­se Miss­ach­tung von Re­geln, ent­ste­hen kei­ne neu­en Din­ge, gibt es kei­ne Krea­ti­vi­tät. In­no­va­ti­on ent­steht nicht, in­dem man mal eine Aus­zeit nimmt, son­dern in­dem man das Selbst­be­wusst­sein der Men­schen för­dert und sie er­mun­tert auf ihre In­tui­ti­on zu hö­ren — statt auf Bes­ser­wis­ser, die Ent­halt­sam­keit pre­di­gen.

Die Furcht vor Tech­no­lo­gie, bzw. Fort­schritt­ängs­te sind eng ver­knüpft mit der Furcht vor selbst­be­stimm­ten, eman­zi­pier­ten Men­schen. Das passt auch gut zu­sam­men, weil bei­des ei­gent­lich Furcht vor dem Un­be­kann­ten und Un­be­re­chen­ba­ren ist. So­wohl Men­schen, die tun was sie für rich­tig hal­ten, als auch Tech­no­lo­gie, die sich im­mer wei­ter ent­wi­ckelt, wer­den nicht ein­fach ver­schwin­den. Dar­auf soll­ten wir uns ein­stel­len.


1) Sie­he auch Pa­trick Brei­ten­bach: „[Es] scheint sich ein ganz wich­ti­ges neu­es Bil­dungs- und Kom­pe­tenz­ziel zu kris­tal­li­sie­ren: Wir be­nö­ti­gen in Zu­kunft Men­schen mit ei­ner ge­üb­ten und ent­wi­ckel­ten Selbst­wahr­neh­mung und Selbst­ach­tung.“


an­mer­kung: das ist der text mei­ner ers­ten ko­lum­ne im (ge­druck­ten) t3n-ma­ga­zin. die ko­lum­ne ist im ak­tu­el­len heft num­mer 38. in ein paar wo­chen kommt die neue aus­ga­be, mit ei­ner neu­en ko­lum­ne von mir. die taucht dann in ca. drei mo­na­ten hier auf.

weil ich für die ko­lum­ne be­zahlt wer­de, ent­hält es auch gross und klein­schrei­bung. zwei links habe ich hin­zu­ge­fügt. ei­ni­ges an in­spi­ra­ti­on stammt (of­fen­sicht­lich) aus kat­rin pas­sigs stan­dard­si­tu­al­tio­nen der tech­no­lo­gie­kri­tik und tech­no­lo­gie­be­geis­te­rung.


9.1.2015

felix schwenzel

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  tech­nik­ta­ge­buch.tumb­lr.com: 9.1.2015   #

ich habe heu­te mit dem han­dy bei star­bucks ei­nen mit­tel­gros­sen café-lat­te be­zahlt. seit dem 20.12.2014 geht das theo­re­tisch auch in deutsch­land. das wuss­te ich aber nicht heu­te noch nicht. ich hat­te mir vor ein paar wo­chen, nach dem le­sen die­ses ar­ti­kels die ame­ri­ka­ni­sche star­bucks-app ge­la­den, dort mein deut­sches star­bucks-kon­to an­ge­ge­ben in dem mei­ne deut­sche gut­ha­ben­kar­te re­gis­triert ist und ei­nen screen­shot des be­zah­len­bild­schirms an­ge­fer­tigt. die­sen screen­shot, der ei­gent­lich nichts an­de­res als ei­nen bar­code und die kar­ten­num­mer an­zeigt, zeig­te ich heu­te bei star­bucks vor.

zum be­zah­len hielt ich den bar­code ein­fach vor ein le­se­ge­rät. eine si­cher­heits­ab­fra­ge gab es nicht. wenn der screen­shot — oder mei­ne star­bucks-gut­ha­ben­kar­te — in frem­de hän­de fällt, kann der fin­der da­mit so­lan­ge bei star­bucks be­zah­len wie gut­ha­ben auf der kar­te ist. (in ham­burg, im haupt­bahn­hof kann man mit der star­bucks­kar­te oder dem bar­code nicht be­zah­len, weil der star­bucks dort nicht von star­bucks ist, son­dern von ei­nem fran­chise­neh­mer, der sich of­fen­bar wei­gert die stan­dard-kas­sen­tech­nik von star­bucks zu in­stal­lie­ren.)

mit der star­bucks-app selbst (statt ei­nem screen­shot) zu zah­len ist mir bis­lang nicht ge­lun­gen. die ame­ri­ka­ni­sche app will sich mei­ne kon­to­da­ten nicht mer­ken und im star­bucks vor dem be­zah­len mei­nen be­nut­zer­na­men und mein pass­wort in die app ein­zu­ge­ben, fin­de ich eher kon­tra­pro­duk­tiv. die deut­sche star­bucks-app stürzt zu­ver­läs­sig ab. nach dem ers­ten ab­sturz liess sie sich nicht mehr öff­nen. das ist zum be­zah­len auch nicht be­son­ders be­quem.

weil we­der das app-star­ten, noch das screen­shot-in-der-foto-app raus­su­chen be­son­ders be­quem ist, hat star­bucks in ame­ri­ka auf dem ipho­ne auch eine pass­book an­bin­dung. da­mit taucht die be­zahl­kar­te, bzw. der bar­code au­to­ma­tisch (per geo­fen­cing) im sperr­bild­schirm des ipho­ne auf, wenn ich mich in ei­nem von 10 von mir aus­ge­wähl­ten star­bucks be­fin­de. das funk­tio­nier­te bei mir aber auch nicht, die pass­book-ein­rich­tung aus der app her­aus führ­te je­des Mal zum ab­sturz der ame­ri­ka­ni­schen star­bucks-app. die deut­sche star­bucks-app um­geht die­sen feh­ler, in­dem sie eine pass­book-an­bin­dung gar nicht erst an­bie­tet.

al­les was die deut­sche star­bucks-app kann, ist den be­zahl-bar­code und mei­nen bo­nus-sta­tus zu zei­gen, star­bucks-nie­der­las­sun­gen in der nähe zu fin­den und die be­zahl­kar­te wie­der auf­zu­la­den (wenn ich auf star­bucks.de mei­ne kre­dit­kar­ten­in­for­ma­tio­nen an­ge­ge­ben habe).

für mei­nen nächs­ten star­bucks­be­such in wahr­schein­lich drei bis vier mo­na­ten (ich lege je­den mo­nat ei­nen euro zu­rück), habe ich mir jetzt selbst ei­nen pass­book­ein­trag ge­baut. das habe ich bei pass­sour­ce.com ge­macht: dort gab ich mei­ne star­bucks­kar­ten­num­mer an, pass­sour­ce.com ge­ne­rier­te dar­aus ei­nen bar­code, den ich dann auf die pass­book-app mei­nes ipho­ne la­den konn­te. auf der rück­sei­te der von pass­sour­ce.com ge­bau­ten pass­book­kar­te konn­te ich auch mei­ne po­si­ti­on ak­tua­li­sie­ren, was zur fol­ge hat, dass dort jetzt 10 ber­li­ner star­bucks in die geo­fence-da­ten­bank mei­ner star­bucks-pass­book­kar­te ein­ge­tra­gen wur­den. gehe ich zu ei­nem die­ser star­bucks, soll dann der bar­code im sperr­bild­schirm auf­tau­chen.


ge­hei­me­so­te­rik

felix schwenzel

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  tech­dirt.com: UK In­tel­li­gence Boss: We Had All This Info And To­tal­ly Fai­led To Pre­vent Char­lie Heb­do At­tack... So Give Us More Info   #

so funk­tio­niert eso­te­rik auch. wenn das hand­auf­le­gen ge­gen den krebs nicht half, dann lag es dar­an, dass der pa­ti­ent nicht aus­rei­chend an die hei­len­den kräf­te des hand­auf­le­gens ge­glaubt hat. wenn es an­geb­lich funk­tio­niert, er­fahrt man nie­mals de­tails um die be­haup­tun­gen zu ve­ri­fi­zie­ren. und wenn dann mal eine che­mo­the­ra­pie funk­tio­niert hat, wird be­haup­tet, dass die che­mo­the­ra­pie si­cher­lich von hand­auf­le­gen be­glei­tet wur­de.

eso­te­rik funk­tio­niert nur mit mas­si­ver ge­heim­nis­tue­rei, kon­se­quen­tem lü­gen, auf­ge­peitsch­ten emo­tio­nen und dem we­cken von (un­rea­lis­ti­schen) hoff­nun­gen und heils­ver­spre­chen. ganz wich­tig sind auch schuld­zu­wei­sun­gen: nicht die fal­schen me­tho­den oder der aus­ge­dach­te ho­kus­po­kus ist schuld, wenn pa­ti­en­ten ster­ben, son­dern die un­gläu­bi­gen, die schlech­te en­er­gie und skep­sis ver­brei­ten und die eso­te­ri­ker bei der ar­beit be­hin­dern.


ju­li­an rei­chelts ur­ver­trau­en in den krieg

felix schwenzel

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  email.bild.de: News­let­ter von Ju­li­an Rei­chelt vom 9.1.2015   #

die ra­di­ka­li­sie­rung und mi­li­ta­ri­sie­rung der bild-re­dak­ti­on nimmt in ei­nem er­schre­cken­den mas­se zu. ju­li­an rei­chelt meint, dass die ent­hül­lun­gen von ed­ward snow­den am an­schlag in pa­ris mit­schuld sei­en, die ent­hül­lun­gen hät­ten die US-ge­heim­diens­te „er­blin­den las­sen“:

Vie­le Zei­tun­gen, die jetzt Ka­ri­ka­tu­ren dru­cken, um un­se­re Frei­heit zu ver­tei­di­gen, ha­ben in schar­fen Kom­men­ta­ren ver­ur­teilt, dass Te­le­fo­na­te und E-Mails über­wacht wur­den, um un­se­re Frei­heit zu ver­tei­di­gen. Wenn Bun­des­wehr und BND Da­ten an die USA lie­fern, um Ter­ro­ris­ten ge­zielt zu tö­ten, müs­sen sie sich von Mit­glie­dern des Bun­des­tags als Mör­der be­schimp­fen las­sen. Kein deut­scher Po­li­ti­ker wagt aus­zu­spre­chen, was über ein Jahr­zehnt nach 9/11 doch of­fen­kun­dig ist: Der Wes­ten be­fin­det sich im Krieg ge­gen den is­la­mis­ti­schen Ter­ro­ris­mus. Und im Krieg geht es dar­um, den Feind so ge­zielt wie mög­lich zu tö­ten.

in ei­ner der nächs­ten mails for­dert ju­li­an rei­chelt wahr­schein­lich stand­ge­rich­te und die in­ter­nie­rung von da­ten­schüt­zern und netz­ak­ti­vis­ten — un­se­rer al­ler si­cher­heit we­gen.

frei­heit, meint rei­chelt, lässt sich nur durch krieg und freie, ent­hül­lungs­lo­se fahrt für das mi­li­tär und mi­li­tär­ge­heim­diens­te ver­tei­di­gen:

Wir soll­ten dar­an den­ken, dass man Frei­heit lei­der nicht ein­fach ver­tei­di­gen kann, in­dem man auf die Stra­ße geht und „Frei­heit, Frei­heit!“ ruft. Die Me­tho­den in die­sem lan­gen Krieg ge­gen den Ter­ro­ris­mus sind nicht schön, aber not­wen­dig – und ge­bo­ten.

nur mal zur er­in­ne­rung, leip­zip 1989:

25. Sep­tem­ber 1989: Nach dem Mon­tags­ge­bet wer­den Po­li­zei­ket­ten durch­bro­chen, rund 8000 Men­schen de­mons­trie­ren un­be­hel­ligt vom Ni­ko­lai­kirch­hof bis zum Haupt­bahn­hof. Sie ru­fen "Frei­heit, Gleich­heit, Brü­der­lich­keit" so­wie "Neu­es Fo­rum zu­las­sen!" Die ers­te, in sich ge­schlos­se­ne Mon­tags­de­mons­tra­ti­on löst sich weit vor der Sta­si­zen­tra­le am Ring fried­lich auf

(nach­trag: der wen­de-ver­gleich be­zieht sich auf die mei­nung von rei­chelt, man kön­ne auf der stras­se „frei­heit“-ru­fend nicht für frei­heit kämp­fen)

/@jour­nel­le, @turi2


dum­me ge­rä­te

felix schwenzel

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  mo­bi­le­ge­eks.de: Au­to­jahr 2015 - Kampf in der Mit­tel­klas­se   #

don dah­l­mann:

Doch was den Kun­den der Mit­tel­klas­se ver­mut­lich mehr in­ter­es­sie­ren wird, ist das The­ma „Con­nec­ted Cars“. Und hier ha­ben alle Her­stel­ler so ihre Pro­ble­me. Die kom­ple­xen En­ter­tain­ment­sys­te­me in den Fahr­zeu­gen über­for­dern im­mer noch mit ei­ner ver­wir­ren­den Be­die­nung, bie­ten we­nig und sind zu­dem zu teu­er. Je­des Smart­phone kann mitt­ler­wei­le mehr, als das, was da für fünf­stel­li­ge Sum­men im Zu­be­hör­ka­ta­log an­ge­bo­ten wird.

das glei­che gilt üb­ri­gens für fern­se­her. ich habe letz­tes jahr mei­nen el­tern ei­nen fern­se­her, der an­geb­lich ein smart-tv sei, ge­kauft. das sam­sung-smart-tv wur­de in den be­wer­tun­gen auf ama­zon hoch­ge­lobt. die rea­li­tät ist lei­der ganz an­ders: der an­geb­lich smar­te-teil des fern­se­hers ist schrott (der fern­seh­teil ist su­per): lang­sa­me re­ak­ti­ons­zei­ten, gräss­li­che be­nut­zer­ober­flä­che, un­in­tui­ti­ve be­die­nung. im prin­zip ist das un­be­nutz­bar und wird wahr­schein­lich in 2 jah­ren auch nicht mehr ak­tua­li­siert und funk­tio­niert dann eh nur noch ein­ge­schränkt.

wir ha­ben uns im letz­ten jahr auch noch ei­nen fern­se­her ge­kauft — ohne smart-tv-ge­döns. der fern­se­her macht das mit dem fern­se­hen sehr gut, hat drei tu­ner für alle er­denk­li­chen emp­fangs­ar­ten, ein funk­tio­nie­ren­des pro­gramm­dings, das auf wunsch an­zeigt wel­che sen­dung da ge­ra­de läuft und wel­che da­nach. die „smar­te“ kom­po­nen­te ha­ben wir per HDMI hin­zu­ge­fügt; ein ama­zon fire-tv das ich im herbst für 50 euro ge­schos­sen habe.

das fire-tv ist zwar auch kein usa­bi­li­ty-traum (der ein­rich­tungs­as­sis­tent war das ner­vigs­te was ich im IT-be­reich seit lan­gem er­lebt habe), aber das ding hat ein paar ent­schei­den­de vor­tei­le: es ist schnell, re­agiert auf ein­ga­ben prä­zi­se und es hat eine fern­be­die­nung die per blue­tooth funk­tio­niert und kaum tas­ten auf­weist. und man kann apps in­stal­lie­ren. zum bei­spiel net­flix und plex. und di­ver­se me­dia­the­ken.

der­zeit be­nut­zen wir zwar nur net­flix und plex (und manch­mal die ta­ges­schau-app) — aber das kann und wird sich in den nächs­ten jah­ren ga­ran­tiert än­dern. das fire-tv wird si­cher­lich noch eine wei­le von ama­zon ge­pflegt und hat ge­nug feu­er­power um auch in zwei bis vier jah­ren gut zu funk­tio­nie­ren. und falls nicht, ist es ein­fach und kos­ten­güns­tig aus­zu­tau­schen.

kei­ne ah­nung ob das auch ein an­satz für au­tos ist, aber, auch wenn ich nicht wei­ter drü­ber nach­ge­dacht habe, mir kommt es wie eine gar nicht so doo­fe idee vor, die auto-info- und en­ter­tain­ment-sys­te­me auf ein mi­ni­mum zu re­du­zie­ren und da­für eine (ge­norm­te) und mäch­ti­ge API zu den auto-funk­tio­nen an­zu­bie­ten. in die API kann sich dann ein smart­fo­ne oder ta­blet ein­klink­ten und die funk­tio­nen des au­tos an­steu­ern. so­bald es bes­se­re, leis­tungs­fä­hi­ge­re, be­nut­zer­freund­li­che­re be­dien­kon­zep­te gibt die neue hard­ware oder soft­ware be­nö­ti­gen, tauscht man das smart­fo­ne oder pad aus. mit an­de­ren wor­ten: statt en­ter­tain­ment­sys­te­me, ei­ge­ner steu­er­soft­ware und selbst ge­wurs­tel­ten be­dien­kon­zep­ten, soll­ten au­to­her­stel­ler so­li­de han­dy- oder ta­blet-hal­te­run­gen in ih­ren au­tos an­bie­ten — und eine mäch­ti­ge, gut, mit stan­dard­tech­no­lo­gie ge­si­cher­te API an­bie­ten.


seit 20 jah­ren ins in­ter­net lin­ken

felix schwenzel

ich fin­de es doof ju­bi­lä­en zu fei­ern. von mir aus muss ich zum bei­spiel mei­nen ge­burts­tag nicht fei­ern. ich feie­re auch ger­ne mal so mit freun­den bei gu­tem es­sen und be­kömm­li­chen ge­trän­ken. ich freue mich das gan­ze jahr über ge­schen­ke — und be­kom­me auch über das gan­ze jahr ver­teilt ge­schen­ke, vor al­lem von mir selbst. die­ses sil­ves­ter habe ich ver­bracht wie je­des an­de­re wo­chen­en­de, bzw. je­den an­de­ren abend: ko­chen, es­sen, et­was bier trin­ken, ir­gend­wel­che sa­chen ma­chen (die­ses jahr sil­ves­ter: plex ein­rich­ten und über plex stau­nen). die­ses jahr habe ich es so­gar ge­schafft die bei­fah­re­rin vom öff­nen ei­ner fla­sche sekt und blei­gies­sen ab­zu­hal­ten.

weil ich ju­bi­lä­en grund­sätz­lich doof fin­de, kann ich es mir be­reits jetzt er­lau­ben dar­auf hin­zu­wei­sen, dass ix jetzt (knapp) 20 jah­re lin­ke (in html). selbst wäre ich da nicht drauf­ge­kom­men, er­in­nert hat mich tim co­les text, in dem er dar­auf hin­weist, dass er jetzt seit 20 jah­ren ins in­ter­net schrei­be: „Wie ich das Blog­gen er­fand

mei­ne ers­ten geh­ver­su­che mit html müs­sen auch so um 1994/95 ge­we­sen sein, also vor (un­ge­fähr) 20 jah­ren. aber re­gel­mäs­sig zu lin­ken habe ich wohl erst 1995 an­ge­fan­gen. laut die­ser sei­te, die ich in mei­nem pri­vat­ar­chiv ge­fun­den habe, ver­öf­fent­li­che ich seit min­des­tens dem 11. ok­to­ber 1995 re­gel­mäs­sig links im in­ter­net (ich glau­be es war et­was frü­her, kann aber kei­ne kon­kre­ten spu­ren in mei­nem dam­li­gen cha­os fin­den).

1996 und 1997 hat sich das for­mat ein biss­chen ge­än­dert, un­ge­fähr seit dem zeit­punkt, an dem ich html-ta­bel­len ver­stan­den habe:

das blog­gen und lin­ken habe ich na­tür­lich nicht er­fun­den, aber ich kann wohl mit pad­ding und right (sagt man fug und recht so in HTML?) be­haup­ten, dass ich nun fast die hälf­te mei­nes le­bens lin­ke.


  • die sei­ten oben la­gen auf ser­vern der uni-stutt­gart. wir­res.net läuft erst seit (un­ge­fähr) 13 jah­ren auf die­ser do­main und (nach wie vor) auf ei­ner al­ten ez-pu­blish ver­si­on von 2003. das was ja­son kott­ke über sein mo­va­ble type sagt, gilt üb­ri­gens auch für „mein“ ez pu­blish 2.3:
    Mo­va­ble Type is of­ten mad­de­ning and frus­t­ra­ting, but it's fa­mi­li­ar, be­ha­ves con­sis­t­ent­ly, and I know it bet­ter than any other pie­ce of soft­ware. In other words, MT is like a mem­ber of my fa­mi­ly.
  • re­gel­mäs­si­ge, fast täg­li­che link­samm­lun­gen in fes­tem for­mat ver­öf­fent­li­che ich jetzt seit knapp drei jah­ren (das könn­te der ers­te ar­ti­kel in die­sem for­mat sein, hier eine lis­te al­ler link-ar­ti­kel)
  • die da­ten­bank sagt, dass ich in den letz­ten 3 jah­ren um die 6000 links in den link­sam­mel­ar­ti­keln ver­bra­ten habe.
  • als ich an­ge­fan­gen habe im in­ter­net zu lin­ken, war dave wi­ner schon ein al­ter link-hase. fefe war auch schon da.
  • mei­nen erst­mals 1995 ver­öf­fent­lich­ten PGP-key habe ich ein­mal be­nutz­ten kön­nen. zum tes­ten.

was ich ei­gent­lich sa­gen woll­te: dan­ke fürs le­sen.


ich bin mir nicht si­cher ob ich das schaf­fe, aber ich über­le­ge 2015 et­was we­ni­ger zu lin­ken, da­für mehr zu schrei­ben. tex­te die sich nicht nur auf an­de­re tex­te be­zie­hen, son­dern auch mal für sich ste­hen kön­nen. also tex­te auf die (hof­fent­lich) ver­linkt wird, statt nur selbst zu lin­ken. wenn nicht all­zu vie­le gute fern­seh­se­ri­en da­zwi­schen kom­men, klappt das viel­leicht auch. ich pla­ne dem­nächst kon­kre­te plä­ne zu pla­nen.


der barm­her­zi­ge sa­ma­ri­ter und der ka­cken­de hund

felix schwenzel

schön. rem­brands ra­die­rung „der barm­her­zi­ge sa­ma­ri­ter“ von 1633 mit ei­nem ka­cken­den hund in der bild­mit­te. ge­fun­den im per­len­tau­cher efeu, wo auf chris­ti­an tho­mas text zu ei­ner rem­brand-aus­stel­lung im goe­the­haus frank­furt hin­ge­wei­sen wird. dort schreibt chris­ti­an tho­mas:

Goe­thes faus­ti­scher Na­tur war be­stimmt nichts fremd. In der in­ten­si­ven, ja mi­nu­ziö­sen Be­schrei­bung der Ra­die­rung vom Hl. Sa­ma­ri­ter igno­rier­te er den in der Bild­mit­te ka­cken­den Hund. Rem­brandts krea­tür­li­cher Na­tur war auf an­de­re Wei­se nichts fremd.

bild­quel­le


war­um $na­me sich nicht $be­zeich­nung nen­nen will

felix schwenzel

das schreibt an­nett mei­ritz heu­te (un­ter an­de­rem) un­ter der über­schrift¹ „War­um ich kei­ne Fe­mi­nis­tin sein will“ auf spie­gel-on­line :

Trotz­dem will ich nicht das Eti­kett "Fe­mi­nis­tin" tra­gen. War­um, fra­gen Freun­din­nen und Be­kann­te.

Lei­der wirkt der mo­der­ne Fe­mi­nis­mus zu­neh­mend wie eine Be­we­gung, die nicht über­zeu­gen, son­dern mit dem Vor­schlag­ham­mer be­keh­ren will. Klu­ge und wich­ti­ge Ar­gu­men­te wer­den über­la­gert von ag­gres­si­ven Tö­nen, ob im Netz oder im Café. Klu­ge und wich­ti­ge Wort­füh­re­rin­nen, die be­tont be­hut­sam auf­tre­ten, wer­den gleich mit über­tönt. […]

Wie­der mehr zu­hö­ren

Durch die­ses Prin­zip macht sich der mo­der­ne Fe­mi­nis­mus an­greif­bar. Er macht dicht, er grenzt sich ab, er grollt und schlägt um sich. Da­bei soll­te er wie­der mehr zu­hö­ren, auch wenn es schwer­fällt, nach Grün­den fra­gen, nach Mo­ti­ven. […]

Es wird für all das Ar­gu­men­te ge­ben. In­dem man sie igno­riert oder mit Ver­ach­tung über­zieht, ver­schwin­den sie nicht. Ganz im Ge­gen­teil. […]

Wer es tut, wird so­fort zum geis­ti­gen Feind de­kla­riert. Es gibt dann rich­tig und falsch, und viel zu we­nig Raum für al­les, was da­zwi­schen liegt. Im Ei­fer der Aus­ein­an­der­set­zung zie­hen dann nicht nur Pöb­ler (zu Recht!) Zorn auf sich, son­dern mit­un­ter auch Men­schen, die ein­fach ihre Sicht der Din­ge be­schrei­ben wol­len. Fe­mi­nis­tin­nen, die stän­dig und über­all den "Kampf ge­gen die Mas­kus" aus­ru­fen - dazu möch­te ich nicht ge­hö­ren.

Ich glau­be nicht, dass der Fe­mi­nis­mus eine neue Füh­rungs­fi­gur braucht, wie die "Zeit" kürz­lich for­der­te. Was er braucht, ist eine neue Will­kom­mens­kul­tur. Eine kla­re Hal­tung mit kla­ren Bot­schaf­ten kann auch mal laut und wü­tend ar­ti­ku­liert wer­den. Aber dann bit­te klug do­siert, nicht re­flex­haft.

ich habe (auf twit­ter) mal test­wei­se die wor­te fe­mi­nis­mus ge­gen jour­na­lis­mus ge­tauscht (und „Kampf ge­gen die Mas­kus“ mit „Kampf ge­gen ir­gend­was“ ge­tauscht). das kommt dann da­bei raus:

Trotz­dem will ich nicht das Eti­kett "Jour­na­lis­tin" tra­gen. War­um, fra­gen Freun­din­nen und Be­kann­te.

Lei­der wirkt der mo­der­ne Jour­na­lis­mus zu­neh­mend wie eine Be­we­gung, die nicht über­zeu­gen, son­dern mit dem Vor­schlag­ham­mer be­keh­ren will. Klu­ge und wich­ti­ge Ar­gu­men­te wer­den über­la­gert von ag­gres­si­ven Tö­nen, ob im Netz oder im Café. Klu­ge und wich­ti­ge Jour­na­lis­ten, die be­tont be­hut­sam auf­tre­ten, wer­den gleich mit über­tönt. […]

Wie­der mehr zu­hö­ren

Durch die­ses Prin­zip macht sich der mo­der­ne Jour­na­lis­mus an­greif­bar. Er macht dicht, er grenzt sich ab, er grollt und schlägt um sich. Da­bei soll­te er wie­der mehr zu­hö­ren, auch wenn es schwer­fällt, nach Grün­den fra­gen, nach Mo­ti­ven. […]

Es wird für all das Ar­gu­men­te ge­ben. In­dem man sie igno­riert oder mit Ver­ach­tung über­zieht, ver­schwin­den sie nicht. Ganz im Ge­gen­teil. […]

Wer es tut, wird so­fort zum geis­ti­gen Feind de­kla­riert. Es gibt dann rich­tig und falsch, und viel zu we­nig Raum für al­les, was da­zwi­schen liegt. Im Ei­fer der Aus­ein­an­der­set­zung zie­hen dann nicht nur Pöb­ler (zu Recht!) Zorn auf sich, son­dern mit­un­ter auch Men­schen, die ein­fach ihre Sicht der Din­ge be­schrei­ben wol­len. Jour­na­lis­ten, die stän­dig und über­all den "Kampf ge­gen Ir­gend­was" aus­ru­fen - dazu möch­te ich nicht ge­hö­ren.

Ich glau­be nicht, dass der Jour­na­lis­mus eine neue Füh­rungs­fi­gur braucht, wie die "Zeit" kürz­lich for­der­te. Was er braucht, ist eine neue Will­kom­mens­kul­tur. Eine kla­re Hal­tung mit kla­ren Bot­schaf­ten kann auch mal laut und wü­tend ar­ti­ku­liert wer­den. Aber dann bit­te klug do­siert, nicht re­flex­haft.


1) laut url lau­te­te die über­schrift vor­her: „Fe­mi­nis­mus — war­um Ag­gres­si­vi­taet nicht funk­tio­niert“


eil­mel­dung: han­nah lüh­mann fin­det an­ne wiz­o­rek doof

felix schwenzel

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  zeit.de: Fe­mi­nis­mus: Mens­trua­ti­ons­co­mics, nein dan­ke   #

han­nah lüh­mann nör­gelt auf zeit.de an anne wiz­o­rek rum und for­dert gleich­zei­tig mehr ernst und mehr hu­mor für „den neu­en fe­mi­nis­mus“ (und we­ni­ger nör­ge­lei). der ta­ges­spie­gel hat den ar­ti­kel „War­um der neue Fe­mi­nis­mus so hu­mor­los ist“ über­ti­telt, was lei­der zu viel ver­spro­chen ist, denn han­nah lüh­mann klärt nicht war­um der „neue fe­mi­nisms“ hu­mor­los sei, son­dern nur das sie ihn hu­mor­los fin­det. an­de­rer­seits ist der ar­ti­kel im ta­ges­spie­gel ehr­li­cher über­schrie­ben, weil man gleich er­kennt um was es han­nah lüh­mann geht: pro­vo­ka­ti­on und eine klick­rei­che em­pö­rungs­wel­le. das wird si­cher­lich auch ganz funk­tio­nie­ren, oder funk­tio­niert schon. ich re­agie­re ja auch auf den ar­ti­kel, ob­wohl er vol­ler wi­der­sprü­che, ver­all­ge­mei­ne­run­gen und ohne je­den hu­mor ist. ob­wohl eine art hu­mor ent­hält der ar­ti­kel schon, den hu­mor von mar­kus lanz; lanz-hu­mor ist hu­mor von dem der emit­tent glaubt er sei wit­zig, bei dem die re­zi­pi­en­ten aber le­dig­lich pein­lich be­rührt lä­cheln:

Na­he­zu je­der Mann, den ich ken­ne (und ja, ich bin weiß, jung, habe kei­nen so­ge­nann­ten Mi­gra­ti­ons­hin­ter­grund und eine aka­de­mi­sche Bil­dung ge­nos­sen, auch lebe ich nicht in Ma­se­ru oder Rio de Ja­nei­ro oder Ker­zen­dorf, son­dern in Ber­lin, wo an­geb­lich je­der ma­chen darf, was er will) ist durch und durch durch­ge­gen­dert, malt brav sei­ne An­füh­rungs­stri­che in die Luft, wenn er „Mann“ oder „Frau“ oder „bio­lo­gi­sches Ge­schlecht“ sagt. Die Re­flek­ti­ons­be­reit­schaft ist prin­zi­pi­ell to­tal gut und rich­tig. Die An­füh­rungs­stri­che sind es nicht.

Aber nie­mand von die­sen Men­schen wür­de sa­gen, dass er Fe­mi­nist ist.

naja, ich ken­ne han­nah lüh­mann nicht, aber ich wür­de mich na­tür­lich fe­mi­nist nen­nen. oder, weil ich das wit­zi­ger fin­de: fe­mi­nis­tin oder eman­ze. ich ken­ne üb­ri­gens auch frau­en, die sich selbst eman­zen nen­nen und die to­tal wit­zig sind. ich be­zeich­ne mich auch, wo wir ge­ra­de beim nen­nen sind, im aus­land als deut­scher. ich tue das, ob­wohl ich nicht mit al­lem und je­dem de­tail ein­ver­stan­den bin was an­de­re deut­sche so sa­gen oder tun.

was ich aber nicht sa­gen wür­de, vor al­lem weil es to­tal dumm wäre: „War­um Deutsch­land so hu­mor­los ist“ oder „ich fin­de deutsch sein ist to­tal un­ver­ständ­lich für vie­le, das muss mal je­mand bes­ser (an­ders, hu­mor­vol­ler, erns­ter) er­klä­ren, sonst bringt das nix“. sol­che gro­ben ver­all­ge­mei­ne­run­gen eig­nen sich na­tür­lich pri­ma zum pro­vo­zie­ren, brin­gen aber kaum er­kennt­nis­ge­winn.

das ei­gent­li­che pro­blem mit han­nah lüh­manns ar­ti­kel ist aber: man merkt ihm an, dass han­nah lüh­mann un­be­dingt mal der welt sa­gen woll­te, dass sie anne wiz­o­rek doof fin­det, sie aber gleich­zei­tig weiss, dass man so eine aus­sa­ge we­nigs­tens ein biss­chen be­grün­den muss, da­mit sie auf zeit-on­line er­schei­nen kann. da­bei ist es sehr vor­teil­haft für han­nah lüh­mann (oder, zum bei­spiel, ha­rald mar­ten­stein), dass die strin­genz, lo­gik oder nach­voll­zieh­bar­keit der be­grün­dung, bei der zeit oder bei zeit-on­line egal sind. auch des­halb ist die ein­zi­ge klu­ge ant­wort auf die­sen ar­ti­kel ei­gent­lich ein kat­zen­gif, bzw. sym­bol­gif für ih­ren ar­ti­kel. das fiel mir al­ler­dings erst zu spät ein. hof­fent­lich fällt es an­de­ren frü­her ein.


[nach­trag 11:28]
im ar­ti­kel fehl­te zwi­schen­zeit­lich der link zum ar­ti­kel auf zeit.de. mein feh­ler. den ti­tel habe ich von „all­ge­mei­ne ver­all­ge­mei­ne­rung“ zu „eil­mel­dung: han­nah lüh­mann fin­det anne wiz­o­rek doof“ ge­än­dert


es­sen­ti­al dol­ly par­ton

felix schwenzel

eben per ama­zon ge­schenkt be­kom­men: the es­sen­ti­al dol­ly par­ton. hört sich gut an und um die­se twit­ter-un­ter­hal­tung mit ga­bri­el yoran wie­der­auf­zu­neh­men: ich habs ge­ra­de mit ein paar lie­dern von der ers­ten CD aus­pro­biert: die mu­sik von dol­ly par­ton rührt mich sehr. vie­len dank mi­chae­la c.!


nach­dem ich wohl schon ein paar jah­re kei­ne CD mehr in den hän­den hielt, fiel mir wie­der auf, wie ana­chro­nis­tisch die­se tech­no­lo­gie ist: mu­sik erst auf eine schei­be la­sern, in eine plas­tik­hül­le klem­men und ein­schweis­sen, zum ama­zon-zen­tral­la­ger fah­ren, von dort zu mei­nem nach­barn brin­gen, die CD beim nach­barn ab­ho­len, eine papp­ver­pa­ckung auf­reis­sen, ei­nen ge­schenk­um­schlag auf­reis­sen, beim wei­te­ren auf­reis­sen an der fo­lie ver­zwei­feln, fest­stel­len, dass das plas­tik beim trans­port zer­bro­chen ist, CD-lauf­werk aus dem schrank ho­len, an den rech­ner an­schlies­sen und wäh­rend ich das hier schrei­be die CD wie­der in ein be­nutz­ba­res for­mat kon­ver­tie­ren. was für ein auf­wand! an die­sem bei­spiel sehe ich mal wie­der plas­tisch, was kom­pri­mie­rung so be­wir­ken kann.


mehr dif­fe­ren­zie­ren!

felix schwenzel

heu­te habe ich ein neu­es wort ge­lernt („framing“) und wie wich­tig es ist auf twit­ter zu dif­fe­ren­zie­ren („It's not that simp­le“). framing muss­te ich nach­schla­gen, das mit dem dif­fe­ren­zie­ren war mir be­kannt, aber ich wuss­te nicht, dass es auf twit­ter ge­for­dert ist. ich dach­te im­mer auf twit­ter soll man vor al­lem wit­zig und un­ter­halt­sam sein.

aber der rei­he nach. heu­te früh ist mir ein — wie ich fin­de — klei­nes, to­tal pfif­fi­ges wort­spiel ein­ge­fal­len. ich habe es na­tür­lich gleich get­wit­tert und ge­bloggt.

auf das wort­spiel kam ich, nach­dem mir heu­te früh auf­fiel, wie sehr sich oba­ma (zu recht und sehr ge­konnt) be­müht, für sei­ne ge­sund­heits­re­form öf­fent­lich­keits­wirk­sa­me wer­bung zu ma­chen: ges­tern bei col­bert, wo er sich der ge­sund­heits­re­form zu lie­be kräf­tig über sich selbst lus­tig mach­te, und vor ein paar mo­na­ten, im märz, bei zach ga­li­fia­na­kis zwi­schen zwei far­nen. auch dort liess er es sich nicht neh­men, wit­ze über sich selbst zu ma­chen.

den CIA-fol­ter-be­richt hin­ge­gen hielt oba­ma mo­na­te­lang zu­rück und ver­wei­ger­te die her­aus­ga­be von un­ge­fähr 9400 do­ku­men­ten an den CIA-fol­ter-un­ter­su­chungs­aus­schuss. beim wer­ben für den von der de­mo­kra­tin di­an­ne fein­stein ge­führ­ten CIA un­ter­su­chungs­aus­schuss habe ich ba­rack oba­ma in den letz­ten mo­na­ten je­den­falls nicht be­ob­ach­ten kön­nen.

luci @au­to­fo­cus wies mich un­ter dem bild kor­rekt dar­auf hin, dass die fol­ter un­ter der bush-re­gie­rung statt­fand — und nicht in oba­mas amts­zeit¹. lei­der ver­wech­sel­te sie dann ba­rack oba­ma mit der se­na­to­rin di­an­ne fein­stein, bzw. den se­nats un­ter­su­chungs­aus­schuss un­ter fein­stein, mit dem weis­sen haus un­ter oba­ma:

@di­plix war die Fol­ter nicht un­ter der Bush Ad­mi­nis­tra­ti­on? Wäh­rend Oba­ma sie öf­fent­lich macht?

— Lu­cie (@Au­to­fo­cus) 10.12.2014 8:05

auf mei­ne er­klä­rung hin (fein­stein ≠ oba­ma), ver­glich mich luci @au­to­fo­cus mit rech­ten arsch­lö­chern und nann­te mein wort­spiel „framing“:

@di­plix er ist na­tür­lich kein Un­schulds­lamm. Aber das jetzt in der Art mit sei­nem Na­men zu framen ist schon eher Te­a­par­ty-Style.

— Lu­cie (@Au­to­fo­cus) 10.12.2014 9:53

ich hab dann auf die be­lei­di­gung mit sar­kas­mus re­agiert, luci @au­to­fo­cus auch und spä­ter hab ix framing nach­ge­schla­gen. es be­deu­tet „käst­chen­den­ken“ und soll wohl auf die klein­ka­riert­heit mei­ner witz­chen hin­wei­sen.

ob sich die­ser tweet von @au­to­fo­cus dann noch auf mich be­zog oder auf alle die oba­ma kri­ti­sie­ren oder nur auf re­pu­blik­aer oder leu­te mit tea-par­ty-stil be­zog, weiss ich nicht:

@Mer­edi­th­Haaf Die­ses "schieb al­les auf Oba­ma" ist halt auch ast­rei­ner Re­pu­bli­ka­ner-Stil.

— Lu­cie (@Au­to­fo­cus) 10.12.2014 10:16

is aber auch egal und mei­ne nach­fra­ge und mein zu­rück­be­lei­di­gungs­ver­such ver­hall­ten er­war­tungs­ge­mäss auch un­be­ant­wor­tet.

aber ich wur­de dann doch kurz nach­denk­lich.

was, wenn in mei­nem „be­knack­ten Ban­ner“ tat­säch­lich schuld­zu­wei­sun­gen, tea-par­ty- oder re­pu­blik­aer-stil zwi­schen den zei­len steck­ten?

also schau­te ich mal nach:

hm. da scheint tat­säch­lich was zwi­schen den zei­len zu ste­hen — in co­mic sans?

ach je. ich muss echt ins dif­fe­ren­zie­rungs­boot­camp.


1) ist na­tür­lich auch nicht so „simp­le“: zwangs­er­näh­rung und miss­hand­lun­gen gab es auch un­ter oba­ma, bei­spiels­wei­se in gu­an­ta­na­mo, das ent­ge­gen oba­mas wahl­ver­spre­chen üb­ri­gens auch noch nicht auf­ge­löst wur­de.


o2-te­le­fó­ni­ca: ein sich selbst blo­ckie­ren­der, bü­ro­kra­ti­scher mo­loch

felix schwenzel

bei vo­da­fones klei­nem kon­gress am don­ners­tag habe ich ge­lernt, wel­che chan­cen schnel­le kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­ze uns jetzt und in zu­kunft bie­ten. ger­hard fett­weis zeig­te, wel­che zu­kunfts­chan­cen in echt­zeit­kom­mu­ni­ka­ti­ons­sys­te­men mit nied­ri­gen la­tenz­zei­ten lie­gen, je­der zwei­te vor­tra­gen­de schien sich be­reits heu­te auf die nächs­te ge­ne­ra­ti­on mo­bi­ler netz­werk­ar­chi­tek­tu­ren zu freu­en. nied­ri­ge la­tenz­zei­ten, gros­se da­ten­vo­lu­men, all­ge­gen­wär­tig­keit und zu­gäng­lich­keit — das ist die grund­la­ge der ver­netz­ten ge­sell­schaft.

un­ser in­ter­net­zu­gang zu­hau­se lahmt ein biss­chen. auf dem pa­pier hat er 16 mbit/s, prak­tisch kommt bei uns etwa die hälf­te an, raus geht’s mit 750 kbit/s. da über die lei­tung mitt­ler­wei­le nicht nur das te­le­fon geht, son­dern auch die ta­ges­schau, hd-fil­me, net­flix, you­tube, vpn-tun­nel zur ar­beit — also gros­se tei­le un­se­res le­bens — dach­te ich an­fang 2014: das könn­te ru­hig ein biss­chen schnel­ler sein.

also habe ich bei o2 an­ge­ru­fen: ja, das geht, tech­nisch kön­ne ich 50 mbit/s ha­ben. na­tür­lich gehe das mit dem der­zei­ti­gen ver­trag nicht, ich müs­se ei­nen neu­en ver­trag ab­schlies­sen. ob ich denn alle vier te­le­fon­num­mern be­hal­ten wol­le? das gehe dann lei­der nicht, die dsl-rou­ter könn­ten das [aus ir­gend­wel­chen grün­den] noch nicht. urks. dann eben nicht, sag­te ich der o2-stim­me.

im som­mer prüf­te ich das an­ge­bot von o2 er­neut, weil ich plötz­lich ein LTE-fä­hi­ges han­dy be­sass und sah: 50 mbit/s und meh­re­re te­le­fon­num­mern funk­tio­nie­ren jetzt. man kann das DSL so­gar mit ner fritz­box be­kom­men. also habe ich mit­te au­gust te­le­fo­nisch ei­nen neu­en DSL-ver­trag be­auf­tragt. ein paar tage spä­ter be­kam ich ei­nen rück­ruf für den „da­ten­ab­gleich“. die freund­li­che dame er­klär­te mir, dass ich dem­nächst ein paar for­mu­la­re zu­ge­schickt be­kä­me die ich zu­rück­fa­xen müss­te (ich muss im­mer über das wort „fa­xen“ la­chen) und in 6 wo­chen wür­de ich wahr­schein­lich mei­ne neue fritz­box zu­ge­schickt be­kom­men und die um­stel­lung wür­de dann in den fol­gen­den ta­gen er­fol­gen.

jetzt, 4 mo­na­te spä­ter, zeigt mir die fritz­box im­mer noch 6,0 mbit/s down­stream-ge­schwin­dig­keit an. mei­ne ver­trags­um­stel­lung ist seit 4 mo­na­ten bei o2 in be­ar­bei­tung. mich stört das im prin­zip nur mi­ni­mal, was mich aber ernst­haft scho­ckiert ist die un­fä­hig­keit von o2 zu kom­mu­ni­zie­ren. seit dem an­ruf zum „da­ten­ab­gleich“ hat o2 kei­nen kon­takt mehr mit mir auf­ge­nom­men. eine auf­tragsbstä­ti­gung be­kam ich erst auf nach­fra­ge.

ich rufe un­ge­fähr alle 4 wo­chen bei der hot­line an, stel­le eine ein­fa­che fra­ge („kön­nen sie mir et­was zum sta­tus mei­ner be­stel­lung sa­gen?“) und wer­de in der re­gel drei bis vier­mal zu ver­schie­de­nen an­sprech­part­nern mit un­ter­schied­li­chen kom­pe­tenz­ni­veaus und be­rech­ti­gungs­stu­fen durch­ge­stellt; von der hot­line zur DSL-ab­tei­lung, da die ers­te DSL-ab­tei­lung die ver­trags­de­tails nicht ein­se­hen kann, wer­de ich dann noch in eine an­de­re DSL-ab­tei­lung ver­bun­den, die die ver­trags­de­tails ein­se­hen kann, aber auch nichts sa­gen kann. vor zwei mo­na­ten sag­te mir eine mit­ar­bei­te­rin der DSL-ab­tei­lung, die auch ver­trags­de­tails ein­se­hen kann, dass das pro­blem eine an­de­re ab­tei­lung sei, die lei­der mit ei­nem an­de­ren sys­tem ar­bei­te und der­zeit die in­ter­ne por­tie­rung blo­ckie­re.

das war, wie ge­sagt, im ok­to­ber; zwei mo­na­te nach der be­stel­lung hing mein ver­trag im sys­tem- und ab­tei­lungs­cha­os bei o2 fest.

hihi; die @o2de hot­line so: mei­ne DSL-um­stel­lung ver­zö­gert sich, weil o2 auf den ei­ge­nen, in­ter­nen por­tie­rungs­auf­trag nicht ant­wor­tet.

— fe­lix schwen­zel (@di­plix) 16.10.2014 8:35

@o2de ver­sprach mit­te ok­to­ber nach die­sen tweet per DM:

Vie­len Dank, wir schi­cken das noch mal in die Fach­ab­tei­lung und ma­chen da et­was Druck.

mit­te no­vem­ber liess ich mir bei mei­nem mo­nat­li­chen an­ruf von der DSL-ab­tei­lung sa­gen, dass man das jetzt mal or­dent­lich es­ka­lie­re. mei­nen wunsch et­was über den sta­tus oder die na­tur der pro­ble­me zu er­fah­ren, konn­te der mensch am te­le­fon nicht nach­kom­men. er kön­ne nichts an­de­res tun, als den fall zu „es­ka­lie­ren“. auch @o2de ver­sprach er­neut:

Dass Du mitt­ler­wei­le wirk­lich ver­är­gert und ge­nervt bist, kann ich bei dem Aus­maß an Schwie­rig­kei­ten ver­ste­hen. Die Kol­le­gen ha­ben Dei­nen …

Fall an die Fach­ab­tei­lung wei­ter­ge­lei­tet und ver­su­chen so schnell es geht eine Lö­sung zu schaf­fen.

seit­dem ist wie­der bei­na­he ein mo­nat ver­gan­gen, ohne dass ich ein ster­bens­wört­chen von o2 ge­hört habe.

im im­pres­sum von o2.de steht

Die Te­le­fó­ni­ca Grup­pe zählt mit ei­ner Prä­senz in 24 Län­dern welt­weit und ei­ner Kun­den­ba­sis von mehr als 313 Mil­lio­nen An­schlüs­sen zu den größ­ten Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­sell­schaf­ten der Welt.

ich bin mir mitt­ler­wei­le nicht mehr si­cher, ob grös­se et­was gu­tes ist oder et­was mit dem man sich brüs­ten soll­te. des­halb habe ich bei ei­nen klei­nen, be­schei­de­nen vor­schlag für eine er­gän­zung der FAQs oder der fir­men­selbst­be­schrei­bung:

Bei un­se­rer eu­ro­päi­schen Ex­pan­si­on ha­ben wir uns lei­der to­tal über­nom­men und die Schwie­rig­kei­ten bei der Zu­sam­men­füh­rung ver­schie­de­ner EDV-ba­sier­ter Ver­wal­tungs­sys­te­me und Ab­tei­lun­gen sträf­lich un­ter­schätzt. Wir ent­schul­di­gen uns da­her bei un­se­ren Pre­mi­um- und Be­stands­kun­den, dass wir de­ren An­re­gun­gen und Wün­sche der­zeit nicht be­ar­bei­ten kön­nen. Alle un­se­re zwei­hun­dert­fünf­zig­tau­send Mit­ar­bei­ter sind der­zeit mit in­ter­nen Pro­zes­sen, Neu­kun­den­ak­qui­se und dem In­kas­so be­schäf­tigt. Soll­ten sie Be­stands­kun­de sein, mel­den sie sich bit­te in ein paar Jah­ren noch­ein­mal, wenn un­se­re Um­struk­tu­rie­rung ab­ge­schlos­sen ist.


tl;dr: seit mit­te au­gust schafft o2 es nicht mei­ne ver­trags­um­stel­lung durch­zu­füh­ren, ver­mut­lich we­gen ab­tei­lungs­hick­hack, in­kom­pa­ti­bler com­pu­ter­sys­te­me und der un­fä­hig­keit in­tern und ex­tern zu kom­mu­ni­zie­ren.


[nach­trag 09.12.2014]
es tut sich of­fen­bar et­was, nach­dem @o2de zum drit­ten mal „in den fach­ab­tei­lun­gen“ nach­ge­fragt hat:

4 mo­na­te und ei­nen blog­ar­ti­kel nach be­stel­lung: eine auf­trags­be­stä­ti­gung per sms. wir­res.net/ar­tic­le/ar­ticl… /tnx @o2de pic.twit­ter.com/lsG9iF­xu­Ek

— fe­lix schwen­zel (@di­plix) 09.12.2014 10:23


@o2de schrieb mir eben auf twit­ter, dass „die Schal­tung“ nun für den 15.01.2015 ge­plant sei. so­bald der ter­min für den te­le­kom-tech­ni­ker be­stä­tigt sei, be­kä­me ich noch­mal ge­son­dert be­scheid. ich fin­de das sehr er­freu­lich und muss das twit­ter-team von o2 aus­drück­lich lo­ben (kei­ne iro­nie). aber dass twit­ter der ein­zi­ge funk­tio­nie­ren­de feed­back-ka­nal ei­nes mil­li­ar­den-schwe­ren kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zerns zu sein scheint, be­un­ru­higt mich dann wie­der ein biss­chen. aber das wird schon. be­stimmt. nach fast fast ei­nem hal­ben jahr.


di­gi­ti­sing eu­ro­pe — era­di­ca­ting net neu­tra­li­ty

felix schwenzel

vo­da­fone hat mich heu­te auf die ver­an­stal­tung di­gi­ti­sing eu­ro­pe im ga­so­me­ter ein­ge­la­den. weil die kanz­le­rin auch auf der kon­fe­renz spre­chen woll­te, wa­ren die si­cher­heits­vor­keh­run­gen sehr, sehr hoch:

  • im vor­feld muss­te ich mei­nen ge­burts­ort und mein ge­burts­da­tum an­ge­ben. we­gen dem BKA, wie es hiess.
  • nach­dem wir (ich war mit dem nuf dort) uns un­se­re um­hän­ge­aus­wei­se ab­ge­holt hat­ten und um kurz vor 10 ins ga­so­me­ter ge­hen woll­ten, wur­den wir dort ab­ge­wie­sen, weil un­se­re um­hän­ge­aus­wei­se kei­nen ro­ten punkt hat­ten.
  • also sind wir 200 me­ter zu­rück zum ak­kre­di­tie­rungs­schal­ter ge­gan­gen, ha­ben uns dort rote punk­te auf den um­hän­ge­aus­weis kle­ben las­sen und konn­ten dann ins ga­so­me­ter.
  • im ga­so­me­ter muss­te ich mei­nen lap­top ein­mal ein­schal­ten, um zu be­wei­sen, dass mein lap­top ein com­pu­ter ist.

im ga­so­me­ter ha­ben wir uns dann alle sehr si­cher ge­fühlt.


die rede von an­ge­la mer­kel war er­staun­lich fluf­fig und im ge­gen­teil zu ih­ren vor­red­nern, die bei­de lei­ten­de po­si­tio­nen bei vo­da­fone in­ne­ha­ben, auch er­staun­lich buz­zword­frei. ich moch­te auch, dass mer­kel IT wie „in­for­ma­ti­ons-tech­no­lo­gie“ aus­sprach und nicht wie „in­for­ma­ti­on tech­no­lo­gy“. weil ich mir kei­nen no­ti­zen ge­macht habe, sind mir von an­ge­la mer­kels rede nur zwei din­ge im ge­däch­nis ge­blie­ben: mer­kel mein­te, man sol­le bei in­no­va­tio­nen, IT- und netz­tech­no­lo­gien nicht nur die ri­si­ken be­trach­ten, son­dern auch die chan­cen. dar­aus lei­te­te sie un­ter an­de­rem ab, dass man beim the­ma da­ten­schutz so­wohl ge­setz­li­che mög­lich­kei­ten schaf­fen müs­se, die eine weit­ge­hen­de per­so­na­li­sie­rung von kom­mer­zi­el­len an­ge­bo­ten er­mög­li­che, als auch die kon­troll­mög­lich­kei­ten ein­zel­ner, was ihre pri­vat­sphä­re an­geht, stär­ken müs­se. auch wenn das na­tür­lich eine so­wohl-als-auch-aus­sa­ge ist, kann man da ei­gent­lich nichts ge­gen sa­gen und die­ses so­wohl-als-auch spie­gelt sehr gut mei­ne per­sön­li­che mei­nung zum da­ten­schutz. wie sich das kon­kret aus­wirkt, wenn das in ge­set­zes­form ge­gos­sen wird, könn­te na­tür­lich noch span­nend wer­den.

bei der netz­neu­tra­li­tät wur­de mer­kel kon­kre­ter. sie wie­der­hol­te die seit kur­zem be­kann­te (und fal­sche) re­gie­rungs­hal­tung, dass so­wohl das „freie, of­fe­ne und all­ge­mein zu­gäng­li­che in­ter­net“ ge­schützt wer­den müs­se, wie auch mög­lich­kei­ten für „in­no­va­ti­ve spe­zi­al­diens­te“ ge­schaf­fen wer­den müss­ten. hei­se zi­tiert mer­kel wie folgt:

„In­no­va­ti­ons­freund­li­ches In­ter­net heißt, dass es eine be­stimm­te Si­cher­heit für Spe­zi­al­diens­te gibt“, sag­te sie. „Die kön­nen sich nur ent­wi­ckeln, wenn auch be­re­chen­ba­re Qua­li­täts­stan­dards zur Ver­fü­gung ste­hen.“ Die­se „Spe­zi­al­diens­te“ soll­ten be­vor­zugt durchs Netz ge­lei­tet wer­den.

mich er­in­nert die­se hal­tung ein biss­chen an or­wells farm der tie­re (oder den CIA film ani­mal farm)

Alle Diens­te sind gleich, aber man­che sind glei­cher.

die gut lob­by­ier­te re­gie­rungs-, bzw. te­le­komu­ni­ka­ti­ons­an­bie­ter­hal­tung zur netz­neu­tra­li­tät ist so ab­surd und un­lo­gisch, dass sie ei­gent­lich nur von bü­ro­kra­ten oder pro­fit­ori­en­tier­ten mass­an­zugsträ­gern stam­men kann. ver­sucht man sie zu ver­bild­li­chen, kommt man auf aus­sa­gen wie:

wir sind für ei­nen frei­en, of­fe­nen markt, aber be­stimm­ten wa­ren wol­len wir zöl­le auf­er­le­gen, um in­no­va­tio­nen zu för­dern.

oder noch­mal an­ders ge­sagt: das was mer­kel und die vO₂da­koms eu­ro­pas sich un­ter netz­neu­tra­li­tät vor­stel­len, ist nicht der for­sche aus­bau des au­to­bahn­net­zes, son­dern in­ves­ti­tio­nen in pro­fi­ta­bel er­schei­nen­de pri­vat­au­to­bah­nen, auf de­nen man, wäh­rend der au­to­bahn­aus­bau schlep­pend oder gar nicht vor­an­geht, fürs vor­an­kom­men ble­chen muss.

das ist ja im prin­zip le­gi­tim, nur lei­der ha­ben te­le­kom­kon­zer­ne nicht den mut of­fen zu sa­gen, dass sie ihre net­ze nur aus­bau­en wol­len, wenn ih­nen die netz­neu­tra­li­tät nicht in die que­re kommt und ihre ge­schäfts­mo­del­le ge­fähr­det. statt­des­sen ver­schlei­ern sie ihr pro­fit­stre­ben mit ne­bel­ker­zen­ge­re­de von „in­no­va­ti­on“, „si­cher­heit“ und „zu­kunfts­fä­hig­keit“.

apro­pos in­no­va­ti­on. wenn man den prä­si­den­ten, CEOs, CTOs heu­te zu­hör­te, könn­te man den­ken, wow, die te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­bran­che spru­delt ja nur so vor in­no­va­ti­on. GSM, 1G, 2G, 3G, 4G und dem­nächst so­gar 5G, smart­phones, han­dys und dem­nächst noch in­no­va­ti­ve­re, un­vor­stell­bar schnel­le diens­te — wie toll sind die­se kon­zer­ne denn bit­te? irre, was die in den letz­ten 30 jah­ren so ge­schaf­fen ha­ben.

und dann fällt ei­nem wie­der ein, wie die te­le­kom, vo­da­fone und wie sie alle heis­sen, jah­re­lang in­no­va­tio­nen ge­bremst ha­ben, in­dem sie, zum bei­spiel, te­le­fon­her­stel­lern ab­sur­de vor­schrif­ten ge­macht ha­ben und so te­le­fon­funk­tio­nen kon­se­quent kas­triert ha­ben, um pro­prie­tä­re und teu­re an­ge­bo­te zu pu­shen, die kei­ner woll­te. errin­nert sich noch je­mand an WAP? i-mode? vor 14 jah­ren wur­den die­se diens­te von den te­le­kom­un­ter­neh­men als heis­ser scheiss ge­pusht rie­sen­gros­se in­no­va­tio­nen ge­fei­ert - und nie­mand woll­te sie und kaum ei­ner nutz­te sie.

da­mals, wie heu­te bei der auf­wei­chung der netz­neu­tra­li­tät durch so­ge­nann­te „schnel­le über­hol­spu­ren“, ist die mo­ti­via­ti­on sol­cher „in­no­va­tio­nen“ in ers­ter li­nie kauf­män­nisch. man macht sich hoff­nun­gen, da­mit ganz viel geld ver­die­nen zu kön­nen.

wenn man vo­da­fone, der te­le­kom, te­le­fó­ni­ca und all den an­de­ren an­bie­tern von netz­diens­ten die „in­no­va­tio­nen“ über­lässt, kom­men sa­chen raus wie zur jahr­tau­send­wen­de vi­z­za­vi, sper­rung von te­le­fon­funk­tio­nen wie blue­tooth und in­fra­rot, da­mit man fo­tos vom te­le­fon le­dig­lich (teu­er) per MMS ver­schi­cken kann oder (über­teur­te und oft abo-ba­sier­te) down­load­por­ta­le für klin­gel­tö­ne und bil­der. wenn man an die­ses prä-smart­phone-zeit zu­rück­denkt, as­so­ziert man mit den netz­an­bie­tern eher in­no­va­ti­ons­hem­mer, als -trei­ber. wo­bei das heu­te nicht an­ders ist, man den­ke nur an den rou­ter­zwang, will­kür­li­che dros­se­lun­gen und nicht vor­han­de­ne­nes in­ter­net in gross­stadt-ubahn­tun­neln.

die bes­te vi­sua­li­sie­rung der in­no­va­ti­ons­kom­pe­tenz der gros­sen netz­an­bie­ter ist die ab­senz ei­nes ein­fa­chen und breit ak­zep­tier­ten mo­bi­len be­zahl­sys­tems in eu­ro­pa. ob­wohl da seit 20 jah­ren kräf­tig „in­no­va­ti­on“ be­trie­ben wird, ist im end­kun­den­markt ge­nau gar nichts an­ge­kom­men.

das war so un­ge­fähr, was mir bei der selbst­be­weih­räu­che­rung von vo­da­fone und der te­le­kom­mun­ka­ti­ons­bran­che heu­te im ga­so­me­ter durch den kopf ging. und ich bin mir sehr, sehr si­cher, dass die auf­wei­chung der netz­neu­tra­li­tät, die vo­da­fone, die te­le­kom, te­le­fó­ni­ca (usw.) er­folg­reich als in­no­va­ti­ons­ga­ran­tie lob­by­iert ha­ben, ge­nau die glei­chen fol­gen ha­ben wird, wie da­mals™: in­no­va­ti­on er­sti­cken, end­kun­den ner­ven, grün­der ohne ka­pi­tal be­nach­tei­li­gen und für eine wei­le ein paar lau­si­ge pen­nys in die ta­schen der netz­an­bie­ter­ak­tio­nä­re spü­len.

bis wie­der je­mand von aus­sen kommt und die klein­li­chen, ge­mein­wohl­feind­li­chen ge­schäfts­mo­del­le der netz­an­bie­ter in der pfei­fe rau­chen wird — so wie es ap­ple, goog­le, whats­app, face­book, aber vor al­lem das of­fe­ne, freie in­ter­net erst kürz­lich ge­tan ha­ben.


kurz ge­dacht ix hät­te @sa­scha­lobo auf #di­gi­ti­sin­gEU ge­se­hen. wa­ren aber nur ama­ryl­len. pic.twit­ter.com/oEWu4R7gJX

— fe­lix schwen­zel (@di­plix) 04.12.2014 11:54


re­née j. ja­mes rede über gros­se da­ten­men­gen (big data) fand ich re­la­tiv be­ein­dru­ckend, aber ihre fo­li­en wa­ren wirk­lich sehr über­am­bi­tio­niert.

jörg drä­ger re­det eng­lisch wie chris­toph waltz. sein vor­trag war aber trotz­dem — oder ge­ra­de des­halb — su­per.

ulf ewalds­son hat das bes­ter spre­cher-trai­ning al­ler vor­tra­gen­den ge­nos­sen. er hielt sich nicht mit de­tails oder klein­kram auf, son­dern wan­der­te an den gros­sen in­no­va­ti­ons­li­ni­en der te­le­komu­ni­ka­ti­ons­in­dus­trie ent­lang, in­to­nier­te sei­ne wor­te wie tim cook und war da­bei trotz­dem noch über­zeu­gend und glaub­wür­dig.

matthew kirk hat­te ne­ben der mo­de­ra­to­rin mishal hu­sain den an­ge­nehms­ten bri­ti­schen ak­zent und könn­te ohne kos­tüm­wech­sel eine rol­le in je­dem be­lie­bi­gen re­make von 70er-jah­re fern­seh­se­ri­en mit­ma­chen. und mishal hu­sain könn­te ohne kos­tüm­wech­sel in the news­room mit­spie­len.

ken­neth cu­kiers an­zug pass­te nicht be­son­ders gut, aber sein vor­trag war ei­ner der we­ni­gen, in dem es nicht um die ei­ge­nen leis­tun­gen ging.

mischa doh­ler hat­te rote schu­he an.

ger­hard fett­weis hat­te das bes­te vi­deo da­bei.

ijad ma­disch war der ein­zi­ge vor­tra­gen­de ohne an­zug und der ein­zi­ge der das wort „fuck“ be­nutzt hat.

rich hume hat sei­nen wort­bei­trag auf die se­kun­de ge­nau be­en­det.

wer mir sa­gen kann, was ke­vin tao aus­ser 2G, 3G, 4G und 5G ge­sagt hat, ern­tet mei­ne be­wun­de­rung.


auch wenn das was ich oben über in­no­va­ti­on und netz­neu­tra­li­tät schrieb et­was ne­ga­tiv klingt, ich fand die ver­an­stal­tung heu­te sehr er­hel­lend und für so eine selbst­ver­ge­wis­se­rungs­na­bel­schau auch sehr di­vers. es ist er­staun­lich, was sich in den letz­ten 20 jah­ren in der kom­mun­ka­ti­ons­bran­che ge­tan hat und noch er­staun­li­cher, was sich mit all­ge­gen­wär­ti­gen, schnel­le­ren, bes­se­ren net­zen noch al­les den­ken lässt. vor al­lem zeigt sich, dass hier, in der netz­in­fra­struk­tur, der ent­schei­den­de (und kri­ti­sche) punkt für die zu­kunft liegt. wie die­se zu­kunft aus­sieht, wur­de heu­te im in­spi­r­i­ren­den, wie im be­un­ru­hi­gen­den sin­ne deut­lich. es zeigt sich vor al­lem, was wir alle, die po­li­tik, un­ter­neh­men, die ge­sell­schaft, viel zu lan­ge nicht er­kannt ha­ben: dass die netz­in­fra­struk­tu­ren viel zu wich­tig sind, um sie al­lei­ne der pro­fit­ori­en­tier­ten pri­vat­wirt­schaft zu über­las­sen. dan­ke vo­da­fone, für die er­in­ne­rung. viel­leicht fasst das ja auch je­mand so für an­ge­la mer­kel zu­sam­men. die sz hat es mal ver­sucht.


[nach­trag 05.12.2014]
hei­se mel­det, dass die bun­des­re­gie­rung be­reits ein kon­zept in der schub­la­de hat:

Spe­zi­al­diens­te dürf­ten nur „bei aus­rei­chen­den Netz­ka­pa­zi­tä­ten er­bracht wer­den“, heißt es dem­nach in ei­nem Kon­zept des Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums, auf das sich das Bun­des­ka­bi­nett nun ge­ei­nigt habe. Es wol­le dem­nächst ei­nen Vor­schlag in die eu­ro­päi­schen Ver­hand­lun­gen ein­brin­gen.

Ins­ge­samt pla­ne die Re­gie­rung, ein of­fe­nes, glei­ches In­ter­net für alle und eine ga­ran­tiert rei­bungs­lo­se Ab­wick­lung von Spe­zi­al­diens­ten wie Vi­deo on De­mand oder Te­le­me­di­zin ge­gen Auf­preis. Spe­zi­al­diens­te dürf­ten nicht dis­kri­mi­nie­rend auf an­de­re Diens­te wir­ken und an­de­re In­ter­net­an­ge­bo­te nicht er­set­zen. So soll die Viel­falt im Netz er­hal­ten wer­den. Die Re­gu­lie­rungs­be­hör­den sol­len si­cher­stel­len, dass die­se Vor­ga­ben ein­ge­hal­ten wer­den.

für mich hört sich das nach ei­nem ähn­lich un­durch­sich­ti­gem ge­wursch­tel wie beim leis­tungs­schutz­recht an. wie wird „aus­rei­chend“ de­fi­niert? wann ge­nau, dis­kri­mi­nie­ren „spe­zi­al­diens­te“, wann nicht? hier schei­nen sich gros­se in­ter­pre­ta­ti­ons­spiel­räu­me zu öff­nen und in der fol­ge dann rechts­un­si­cher­hei­ten.


mar­kus be­cke­dahl auf netz­po­li­tik.org:

Was im­mer kla­rer wird: Die­se Bun­des­re­gie­rung möch­te man­geln­de fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung für den Breit­band­aus­bau mit we­ni­ger Netz­neu­tra­li­täts­re­geln für die Te­le­kom­mu­ni­ka­ti­ons­un­ter­neh­men kom­pen­sie­ren.

Mit dem vor­ge­leg­ten Po­si­ti­ons­pa­pier wer­den Dros­sel­kom-Ta­ri­fe le­ga­li­siert, aber der­zei­ti­gen Ver­let­zun­gen der Netz­neu­tra­li­tät nicht wirk­sam ei­nen Rie­gel vor­ge­scho­ben. Das liest sich erst­mal wie eine Mo­gel­pa­ckung.


ro­sen­kohl-ri­sot­to nach ot­to­lenghi

felix schwenzel in rezepte

das ri­sot­to habe ich heu­te zum zwei­ten mal ge­macht. es war schon beim ers­ten mal ganz le­cker, aber mit an­lauf, beim zwei­ten mal wird’s dann oft bes­ser. die ge­schmacks­mi­schung ist ziem­lich wild, aber ziem­lich an­ge­nehm. wird auch, wie al­les frit­tier­te, von 17 und 18 jäh­ri­gen ge­ges­sen.

(der hel­le flausch auf dem es­sen ist üb­ri­gens kein schim­mel oder par­me­san, son­dern fein ge­rie­be­ne zi­tro­nen­scha­le.)


wilde ge­schmacks­mi­schung, leckere frittere anteile, typisch ot­to­lenghi und trotzdem bo­den­stän­dig und relativ einfach zu kochen.

zutaten

  • 30 g butter
  • 2 EL olivenöl
  • 2 zwiebeln, fein gehackt
  • 2 knoblauchzehen
  • 2 EL thymianblättchen
  • 2 (bio) zitronen, von einer die schale fein abgerieben, von einer die schale in dünnen streifen abgeschnitten
  • 300 g risottoreis (ich nehm immer milchreis)
  • 500 g geputzter rosenkohl, davon 200 gramm in dünne scheiben geschnitten und den rest geviertelt
  • 200 ml weisswein
  • 900 ml gemüsebrühe (ich hab heisses wasser genommen)
  • 400 ml sonnenblumenöl zum fritieren
  • 40 g parmesan (oder mehr)
  • 60 g dolcelatte (ich hab gotgonzola genommen) in 2 zentimeter-würfeln
  • 10 g frischer estragon, gehackt (ich hab ne handvoll getrockneten aus dem glas genommen)
  • salz und pfeffer

zubereitung

  1. die butter und das olivenöl hab ich 10 minuten lang mit den zwiebeln bei mittlerer hitze ge­schwitzt. danach sollen der knoblauch, die zi­tro­nen­scha­len­strei­fen und der tymian nochmal 2 minuten mit­schwit­zen. die zi­tro­nen­scha­len­strei­fen hab ich übrigens mit dem spar­schä­ler von den zitronen ab­ge­schnit­ten und danach in sehr dünne streifen ge­schnit­ten. ot­to­lenghi lässt die, laut koch­buch­bil­dern, in breiten streifen mit­schwit­zen.

  2. danach habe ich den milchreis eine minute mit­schwit­zen lassen, mit dem wein ab­ge­löscht und in den reis einziehen lassen. erst dann kamen die in scheiben ge­schnit­te­nen ro­sen­köh­le dazu, nochmal ne minute bei hoher hitze mit­schwit­zen.

  3. ein teelöfel salz und viel pfeffer dazu und dann das übliche risotto-gewese: alle 3 bis 4 minuten einen kräftigen schwung wasser, rühren, einziehen lassen, weiter. ich hab ungefähr 1200 mil­li­li­ter gebraucht, bis der reis ok war.

  4. während das risotto köchelt soll man die ro­sen­kohl­vier­tel frit­tie­ren. weil mich mul­ti­tas­king allgemein über­for­dert, heute aber speziell, weil ich die bei­fah­re­rin erstmal milchreis kaufen schicken musste, hab ich das frit­tie­ren vorher erledigt: in einer kleinen pfanne 2 zen­ti­me­ter hoch son­nen­blu­men­öl füllen, sehr heiss werden lassen und dann eine handvoll ro­sen­kohl­vier­tel vor­sich­tig ins fett geben und eine minute frit­tie­ren. das spritzt tierisch, auch wenn der rosenkohl trocken ist. letztes mal hatte ich das fett nicht heiss genug, aber wenn das fett heiss genug ist werden die ro­sen­köh­le in einer minute schön braun, ein bisschen knusprig und garen fast durch. wichtig ist: immer nur eine handvoll, also wenig rosenkohl, ins siedende fett geben. danach den rosenkohl auf kü­chen­pa­pier einen teil der enormen menge auf­ge­so­ge­nen fetts abgeben lassen.

  5. wenn das risotto und die ro­sen­kohl­vier­tel fertig sind, das feuer run­ter­dre­hen, also ausmachen, die beiden käse und den estragon un­ter­rüh­ren und danach die häfte des fri­tier­ten ro­sen­kohls un­ter­he­ben.

  6. ot­to­lenghi empfiehlt die rest­li­chen ro­sen­kohl­vier­tel, den zi­tro­nen­saft und die ab­ge­rie­be­ne zi­tro­nen­scha­le zur deko zu verwenden, es schadet aber meiner meinung nach nichts das alles schon im topf zu­sam­men­zu­rüh­ren.


Zim­mer­mäd­chen: Oh, sie ha­ben ihr Bett schon ge­macht?
Ich: Ich schla­fe nicht im Bett, ich hän­ge nachts von der De­cke
(Sie wirkt ir­ri­tiert)

— Pa­tri­cia Camma­ra­ta (@das­nuf) 22.11.2014 7:27


Want to see a be­wil­de­red dog sur­roun­ded by ot­ters? Of cour­se you do. pic.twit­ter.com/eowhTw45pB

— Ni­cho­las Pegg (@Ni­cho­las­Pegg) 21.11.2014 10:44