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schottischer whisky

felix schwenzel

vor un­ge­fähr 20 jah­ren war ich mal per bus und bahn in schott­land. an die rei­se­rou­te und die orte die ich be­sucht habe, er­in­ne­re ich mich kaum. ich er­in­ne­re mich an edin­burgh, ull­a­pool und dass ich eine whis­ky-bren­ne­rei be­sucht habe. wel­che das war, weiss ich nicht mehr. ich er­in­ne­re mich aber noch an vie­le de­tails, an die mai­sche-be­häl­ter und die pro­be am ende der de­stil­le­rie-tour und dass ich dort be­merk­te, dass ich whis­ky nicht be­son­ders mag. aber da­mals war ich ja auch in mei­nem zwan­zi­gern. an den ge­schmack von whis­ky wur­de ich erst in mei­nem stu­di­um lang­sam her­an­ge­führt, durch den viel­fa­chen ge­nuss von whis­ky-sour und ir­gend­wann mal ei­ner fla­sche ja­pa­ni­schen sin­gle malt whis­kys, die ein kol­le­ge zu ir­gend­ei­nem an­lass mal mit ins büro brach­te.

whis­ky-sour mag ich im­mer noch, aber auf idee whis­ky pur zu trin­ken bin ich in den letz­ten 12 jah­ren nicht ein­mal ge­kom­men.

und dann sind wir im som­mer nach schott­land ge­fah­ren. start­punkt war wie­der edin­burgh, von dort über fort wi­liam auf die in­sel skye, über ull­a­pool und loch­in­ver rich­tung in­ver­ness und wie­der nach edin­burgh. auf der in­sel skye bin in in dun­ve­gan, abends in ei­nem re­stau­rant, zum ers­ten mal seit 12 jah­ren auf die idee ge­kom­men ei­nen (sin­gle malt) whis­ky zu be­stel­len. ich wähl­te den 10 jah­re al­ten ta­lis­ker aus, weil der auf skye her­ge­stellt wird und im ge­gen­teil zu den äl­te­ren whis­kys be­zahl­bar war.

dem ta­lis­ker sagt man nach, dass er sehr tor­fig sei, klär­te mich die bei­fah­re­rin auf, die sehr viel bes­ser auf die rei­se vor­be­rei­tet war als ich. ich fand den whis­ky dann aber nicht tor­fig, son­dern eher tee­rig. ein ge­ruch und ge­schmack mit dem ich durch­aus durch­aus po­si­ti­ve er­in­ne­run­gen ver­bin­de, zum bei­spiel an strand­ur­lau­be in mei­ner kind­heit, bei de­nen ich da­mals öf­ter klei­ne teer­stü­cke auf dem strand oder un­ter mei­nen füs­sen fand. der whis­ky roch qua­si som­mer­lich, ein biss­chen wie von der son­ne auf­ge­weich­ter asphalt. die bei­fah­rein fand den ta­lis­ker scheuss­lich, sie fand den teer/asphalt ge­ruch un­er­träg­lich.

ich er­kann­te aber, dass die­ser doch sehr cha­rak­te­ris­ti­sche ge­schmack ei­nen rie­si­gen vor­teil hat­te: je­des mal wenn ich von jetzt an ta­lis­ker trin­ken wür­de, wer­de ich an dun­ve­gan und die in­sel skye den­ken müs­sen. um die­se prä­gung zu ver­stär­ken, ha­ben wir dann na­tür­lich auch die de­stil­le­rie be­sucht. un­se­re bed and break­fast wir­tin riet uns zwar von dem be­such ab, man wür­de dort ei­nen un­ver­schäm­ten ein­tritts­preis neh­men, der whis­ky sei un­ge­niess­bar und der whis­ky im ta­lis­ker-la­den wäre teu­rer als über­all sonst auf der welt — aber das hielt uns nicht vom be­such ab.

die de­stil­le­rie ist be­mer­kens­wert klein und ab­ge­le­gen und nur über eine ein­spu­ri­ge stras­se zu er­rei­chen. wo­bei die ein­spu­ri­gen stras­sen in den high­lands gar nicht so un­üb­lich sind. glück hat­ten wir auch mit der füh­rung, die zwar 9 pfund pro per­son kos­te­te, aber gleich nach un­se­rer an­kunft los­ging. fo­to­gra­fie­ren war bei ta­lis­ker fast nir­gend­wo er­laubt, des­halb habe ich dort auch kaum fo­tos ge­macht. aber die pro­duk­ti­on wird ei­nem bei ta­lis­ker — und al­len an­de­ren de­stil­le­rien die wir be­sucht ha­ben — sehr de­tail­iert und lie­be­voll er­klärt. bei ta­lis­ker, aber auch vie­len an­de­ren de­stil­le­rien, wird der gers­ten­malz nicht mehr selbst her­ge­stellt. die gers­te wird von zu­lie­fe­rern ge­mälzt (also ge­wäs­sert und nach 2-3 ta­gen kei­mung ge­trock­net) und da­nach über torf­rauch aro­ma­ti­siert. bei tal­si­ker, wie ge­sagt, ver­hält­nis­mäs­sig stark. aber ge­mah­len wird der malz bei ta­lis­ker dann na­tür­lich noch selbst, mit ei­ner ein­zi­gen müh­le die auch schon seit jahr­zehn­ten feh­ler­frei und klag­los ih­ren dienst ver­rich­te.

die de­tails die ei­nem die tour-gui­des so er­zäh­len, sind na­tür­lich von vor­ne bis hin­ten dar­auf aus­ge­rich­tet dem be­su­cher ein nar­ra­tiv in den kopf zu set­zen, dass er dann in sei­nem kopf ab­spie­len kann, wenn er den ent­spre­chen­den whis­ky trinkt. so be­haup­te­te un­se­re tour-füh­re­rin, dass für be­stimm­te pro­duk­ti­ons­schrit­te aus­schliess­lich re­gen­was­ser be­nutzt wür­de und in ei­nem be­son­ders tro­cke­nen som­mer so­gar die pro­duk­ti­on für ein paar tage ge­stoppt wur­de, weil man die­se pro­duk­ti­ons­schrit­te eben nur mit dem was­ser das man „schon im­mer“ ver­wen­det habe durch­füh­ren woll­te. was mir aber vor al­lem im ge­däch­nis blieb — bei je­der ein­zel­nen de­stil­le­rie die wir be­sucht ha­ben — sind die un­ter­schied­li­chen ge­rü­che. der ge­ruch bei den mai­sche-kes­seln, in de­nen der zu­cker in meh­re­ren schrit­ten aus dem malz aus­ge­wa­schen wird (das er­gibt dann die „wür­ze“), der ge­ruch der fer­men­tie­rungs- oder gä­rungs­be­häl­ter, in de­nen dem die wür­ze von he­fen zu ei­ner art bier um­ge­wan­delt wird. wi­ki­pe­dia:

Die entstehende Gärbrühe (wash) hat einen Alkoholgehalt von sechs bis zehn Prozent und ist mit einem starken Bier ohne Hopfen vergleichbar.

der ge­ruch der de­stil­lier­kes­sel und um den spi­rit safe, durch den das de­stil­lat zur steu­er­li­chen er­fas­sung fliesst und um die brän­de vom qua­li­ta­tiv min­der­wer­ti­gen vor­lauf und nach­lauf zu tren­nen. der ge­ruch der brän­de in den de­stil­lier­räu­men ist wun­der­bar, fast un­an­ge­nehm in­ten­siv.



vie­le de­stil­lie­ri­en ver­bie­ten dort fo­tos aus „si­cher­heits­grün­den“, weil die be­su­cher an­geb­lich vom al­ko­hol­ge­halt in der luft und der hit­ze der brenn­bla­sen um­ge­hau­en wer­den könn­ten. in ei­ner der vier de­stil­le­rien die wir be­sucht ha­ben (ben­ro­mach) liess uns der tour-füh­rer an den ver­schie­de­nen de­stil­la­ten rie­chen, ein­mal am vor­lauf, ein­mal am nach­lauf und ein­mal am mit­tel­lauf (midd­le cut, he­art). vor- und nach­lauf ro­chen (na­tur­ge­mäss) we­ni­ger gut, aber im mit­tel­lauf, der nach min­des­tens 3 jah­ren rei­fe dann whis­ky ge­nannt wer­den darf, roch man be­reits deut­lich den geist des whis­kys. der tour-füh­rer schlug vor et­was vom mit­tel­lauf-brand auf den hand­flä­chen zu ver­tei­len, den al­ko­hol ver­flie­gen zu las­sen und dann an den hän­den zu rie­chen. er­staun­li­cher­wei­se konn­te man an die­sem de­stil­lat be­reits her­be ei­chen­no­ten er­ken­nen, auch ein biss­chen le­der- und frucht­spu­ren — whis­ky-ge­ruch eben. das roch je­den­falls so gut, dass ich mir vor­nahm, soll­te ich mich je­mals wie­der glatt­ra­sie­ren, whis­ky künf­tig als ra­sier­was­ser zu be­nut­zen.

un­ver­ständ­lich fand ich, war­um man bei ta­lis­ker auf ei­nen gang in die fass­la­ger ver­zich­te­te. wir konn­ten le­dig­lich ei­nen blick durch eine glas­schei­be auf eins der her­ge­rich­te­ten la­ger­häu­ser wer­fen.

spä­ter bei glen mo­ray und glen­fid­dich zeig­te sich, dass der gang in die la­ger olfak­to­risch das tolls­te er­leb­nis ist. da aus den whis­ky-fäs­sern, die fast alle aus ei­chen­holz be­stehen und zum gröss­ten teil im­por­tier­te, ein­mal ge­brauch­te, ame­ri­ka­ni­sche bour­bon-fäs­ser sind, pro jahr etwa 2-3 pro­zent whis­ky ver­duns­ten, rie­chen die la­ger­häu­ser ent­spre­chend in­ten­siv und an­ge­nehm nach whis­ky. al­ko­hol-pro­du­zen­ten nen­nen das den an­gel’s share, also den an­teil der en­gel. sehr schön eso­te­risch.

all die­se ge­ruchs­er­leb­nis­se ha­ben das po­ten­zi­al aus whis­ky-ver­ach­tern lieb­ha­ber zu ma­chen, die be­su­cher so­zu­sa­gen mit whis­ky, durch die nase, an­zu­fi­xen. bei glen mo­ray und glen­fid­dich ging man so­gar so weit uns be­su­cher in ein paar fäs­ser rein­rie­chen zu las­sen.

bei ben­ro­mach konn­ten wir auch die ge­mälz­te, ge­trock­ne­te und ge­räu­cher­te gers­te pro­bie­ren — und in al­len de­stil­le­rien konn­te man na­tür­lich auch, am ende der füh­rung, das fer­ti­ge pro­dukt pro­bie­ren. ich nicht wirk­lich, weil ich ja fah­ren muss­te. auf die fah­rer-si­tua­ti­on war ei­gent­lich nur glen­fid­dich vor­be­rei­tet, die fah­rer be­ka­men für den preis der füh­rung eine mini-fla­sche 12 jah­re al­ten glen­fid­dich ge­schenkt. na­tür­lich habe ich die whis­kys doch alle ein ganz klein biss­chen pro­biert.


Photo by felix schwenzel in Glenfiddich. Keine Fotobeschreibung verfügbar..

gross­zü­gi­ges pro­bier­ge­la­ge bei glen­fid­dich. et­was stil­los fand ich, dass man zum whis­ky lei­tungs­was­ser statt des viel ge­lob­ten quell­was­sers (das in je­dem pro­duk­ti­ons­schritt ge­nutzt wer­de) ser­viert. ach, das quell­was­ser wird auch nicht zur de­stil­lats­küh­lung und gers­ten­quel­lung ge­nutzt.

ursprünglich veröffentlicht am 04.08.2015


wie oben in der bild­un­ter­schrift an­ge­deu­tet, die de­stil­le­rien le­gen sehr gros­sen wert auf das was­ser, das sie für die whis­ky-her­stel­lung ver­wen­den. al­ler­dings dann eben doch nicht in je­dem pro­duk­ti­ons­schritt — und auch nicht bei der ver­kos­tung. alle de­stil­le­rien emp­feh­len näm­lich dem whis­ky ein paar trop­fen was­ser zu­zu­fü­gen, weil sich der ge­schmack dann bes­ser ent­fal­te (un­ge­kühlt soll man den whis­ky so­wie­so trin­ken). nur: kei­ne ein­zi­ge de­stil­le­rie schenk­te zur ver­kos­tung das je­weils ver­wen­de­te quell­was­ser aus.

auch eine an­de­re kom­po­nen­te die den ge­schmack des whis­kys ent­schei­dend be­ein­flus­sen dürf­te wur­de bei kei­ner ein­zi­gen füh­rung über eine er­wäh­nung hin­aus wei­ter er­klärt: die hefe die den gers­ten­zu­cker in al­ko­hol, bzw. bier um­wan­delt. klar scheint zu sein, dass alle de­stil­le­rien braue­rei­he­fe ver­wen­den, aber ob sie be­stimm­te he­fe­fa­mi­li­en oder mi­schun­gen ver­wen­den, ob die he­fen ge­ne­tisch mo­di­fi­ziert sind, wie sie her­ge­stellt wer­den — dar­über re­det kei­ner. das in­for­ma­tivs­te was ich zu die­sem the­ma fin­den konn­te war die­ser ar­ti­kel auf whis­ky­sci­ence.blog­spot.com. kom­pli­zier­tes the­ma, aber bei ei­nem pro­dukt das nur aus 3 zu­ta­ten (gers­te, was­ser, hefe) und ge­le­gent­lich torf-rauch her­ge­stellt wird, ist das ei­gen­tüm­lich.


wo wir wa­ren:

  • talisker (google-karte): abgelegene destillerie, sehr gute führung, leider ohne lager-besichtigung und ohne fotoerlaubnis. zu probieren gabs 10 ml talisker storm, die whiskys im angeschlossenen laden waren nicht günstig, mit tourticket (9 pfund) gäbe es aber 4 pfund rabatt auf den einkauf.
  • benromach (google-karte): eher unschön im gewerbegebiet von forres gelegene, sehr kleine destillerie mit nur 3 personen in der produktion. der whisky den die besitzerfamilie hier herstellen möchte soll klassisch, wie vor den den 60er jahren schmecken. zu probieren gabs nen 10 jahre alten single malt mit sehr leichter torf-note, den ich eher unspektakulär fand, wahrscheinlich weil ich das narrativ und die lage der destillerie eher unspektakulär fand. die tour-tickets kosteten 6 pfund, die führung war eine der besseren, vor allem wegen dem riechenlassen an den bränden. das image-video am anfang der führung war grässlich (kann man hier sehen).
  • glen moray (google-karte): landschaftlich wunderbar gelegene, sehr fotogene, alte destillerie, die einzige in der wir keinen eintritt zahlen mussten und überall fotografieren durften. das lagerhaus das wir besichtigen durften roch sensationell und man liess uns auch in fässer reinriechen. zur verkostung gab es 4 verschiedene sorten, die vierte sorte war eine torfrauch- (peat) lastige sonderedition (ohne altersangabe), die ich sehr verführerisch fand, einerseits wegen des geschmacks, andererseits, weil die sonderedition nur in grossbritanien vertrieben würde.
  • glenfiddich (google-karte): grösste unabhängige destillerie die wir besucht haben, möglicherweise auch in ganz schottland. wenn ich es recht verstanden habe, macht glenfiddich fast alles selbst, auch die abfüllung. die tour und das besuchermanagement war mit abstand am professionellsten und sehr detailreich und liebevoll. besonders detailliert wurde die vermählung der in verschiedenen fässern gereiften spirits erklärt, also der vorgang in dem die whiskys, die in verschiedenen fassarten gereift sind, vermischt (vermählt) werden. insbesondere auf das solera-verfahren ist man bei glenfiddich sehr stolz, zu dem sich ein kellermeister bei einem besuch von spanischen sherry-kellereien inspirieren hat lassen. horst lüning erklärt das verfahren in seinem video zum 15 jahre alten glenfiddich solera ganz gut. hier gabs auch vier sorten zu probieren.
Photo by felix schwenzel in Glenfiddich. Keine Fotobeschreibung verfügbar..

zum ab­schied viel son­ne bei glen­fid­dich.

ursprünglich veröffentlicht am 04.08.2015


in schott­land ha­ben wir kei­nen whis­ky ge­kauft. so­wohl der wech­sel­kurs des pfunds, die prei­se der de­stil­le­rien, als auch un­se­re angst vor ge­päck­über­ge­wicht spra­chen da­ge­gen. tat­säch­lich wa­ren die bei­den sor­ten die wir ha­ben woll­ten bei ama­zon am güns­tigs­ten und auch per prime zu be­kom­men:

  • [-werbelink] talisker storm. die beifahrerin fand den im gegenteil zum regulären talisker angenehmer und nicht so torfig/teerig. ich mag den auch sehr gerne, auch wenn ich mir irgendwann mal den regulären, torfigeren talisker leisten werde.
  • [-werbelink] glen moray classic port cask finish. den hatten wir bei glen moray probiert und beide für angenehm ausgewogen befunden und tatsächlich eine spur fruchtigen portweinanklang drin gefunden. mich erinnert er jedenfalls in geschmack und duft, an den sehr angenehmen moment, in dem ich meine nase in ein (mit whisky gefülltes) portweinfass bei glen moray gesteckt habe.

ich bin wirk­lich kein whis­ky-ken­ner, aber ich ken­ne jetzt ein paar whis­kys. so wie die whis­ky-her­stel­lung in vie­len aspek­ten leicht eso­te­risch an­mu­tet und sich bei­na­he zwang­haft tra­di­tio­nell dar­stellt, so kann ich mir jetzt je­des glas whis­ky mit mei­nen er­in­ne­run­gen auf­la­den. das klappt üb­ri­gens auch ganz gut mit port­wein, nach­dem ich mir vor ziem­lich ge­nau 26 jah­ren ei­nen ziem­lich gu­ten schwipps in di­ver­sen port­wein-kel­le­rei­en an­ge­trun­ken hat­te. mit (ab­ge­ris­se­nem) ba­guette und be­stimm­ten kä­se­sor­ten klappt das auch, da muss ich im­mer an strand­ur­laub in frank­reich den­ken.



[nach­trag 18.08.2015]
auf den tipp von da­ni­el in den kom­men­ta­ren habe ich mir ges­tern die vi­deo-füh­rung durch die laphro­aig de­stil­le­rie an­ge­se­hen und eine fla­sche 10 jah­re al­ten laphro­aig ge­kauft (whis­ky.de-store, mit ver­kos­tungs-vi­deo). schmeckt toll, ich mag das war­me, er­di­ge, gar nicht tee­ri­ge und auch gar nicht so rau­chi­ge. und, oh wun­der, der bei­fah­re­rin schmeckt er auch. dem kind schme­cken we­der ta­lis­ker, noch der laphro­aig, da­für aber der glen mo­ray port cask.


“first openly asshole president”

felix schwenzel in notiert

in den letz­ten ta­gen wur­de ja viel über be­lei­di­gun­gen ge­re­det, zu­min­dest in den dis­kus­si­ons­strän­gen (ins­be­son­de­re auf face­book) zu die­sem ar­ti­kel.

ges­tern habe ich mal wie­der jon ste­warts dai­ly show ge­se­hen und mich er­neut ge­wun­dert, mit wel­cher in­brunst jon ste­wart sei­ne in­tim­fein­de be­schimpft und be­lei­digt. im fall von do­nald trump ist das na­tür­lich to­tal be­rech­tigt, aber über die ass­ho­le-fre­quenz in ei­nem teil der sen­dung (vi­deo) war dann so­gar ich baff.

rol­lings­tone.com:

In a second segment dedicated to Trump, Daily Show senior election correspondent Jordan Klepper talks about how The Donald, if elected, could be “our first openly asshole President.” Klepper then says that while Nixon was a “gaping asshole, but closeted,” Trump “says it loud and proud.” The segment also featured a cameo appearance by noted “asshole” Paul Rudd.

in deutsch­land fin­den vie­le (auch ko­mi­ker), dass kri­tik in ers­ter li­nie „sach­lich“ vor­ge­bracht wer­den sol­le. und in der tat kann man hier­zu­lan­de ei­gent­lich nur eine per­son arsch­loch nen­nen ohne mit ei­ner ab­mah­nung zu rech­nen: sich selbst. das ma­che ich dann auch ge­le­gent­lich; bleibt mir ja kaum was an­de­res üb­rig, als mich selbst als arsch­loch zu be­zeich­nen.

das soll jetzt üb­ri­gens auch noch­mal eine er­in­ne­rung sein, wie ah­nungs­los mat­thi­as ma­tus­sek ist, der vor ei­ner wei­le schrieb:

Ich empfehle dringend, sich andere Late-Nights reinzuziehen, Formate wie die Daily Show mit Jon Stewart, die besonders die junge Zielgruppe binden - die sind tatsächlich unterhaltsam und intelligent, ohne „Arschloch“ und Puff-Witze.

Warum? Weil hier von Könnern und Profis an Pointen gearbeitet wird und an Recherchen über die Gäste, statt auf Momente des Fremdschämens zu hoffen. Weil Gespräche geführt werden, mal mehr, mal weniger geistreich, statt den Mob grölen zu lassen.

(in die­sem ar­ti­kel schon­mal zi­tiert und durch-de­kli­niert)

ich schrei­be das jetzt noch­mal auf, weil ich ei­ner­seits ein biss­chen nei­disch auf jon ste­wart bin und es mir aus­ser­dem auf­fällt, dass per­so­nen des öf­fent­li­chen in­ter­es­ses vor al­lem dann in deutsch­land „mob“-pro­ble­me dia­gnos­ti­zie­ren, wenn sie nicht aus­tei­len, son­dern selbst in der kri­tik ste­hen oder sich be­lei­digt füh­len.


Nachhaltigkeit?

felix schwenzel in artikel

„Nach­hal­tig“ ist das neue, se­riö­se Uni­ver­sal­wort für „su­per­geil“. Su­per­geil zu sa­gen war schon in den Acht­zi­ger­jah­ren ein biss­chen pein­lich. Jetzt kann je­der bes­se­re Un­ter­neh­mens­spre­cher sein Un­ter­neh­men, je­der Po­li­ti­ker sein Par­tei­pro­gramm mit dem All­zweck­syn­onym „nach­hal­tig“ als su­per­geil be­zeich­nen ohne sich eine Acht­zi­ger­jah­reblös­se zu ge­ben oder un­be­schei­den zu wir­ken.

Das Wort „Nach­hal­tig­keit“ er­füllt die höchs­ten An­sprü­che bei der Selbst­dar­stel­lung. Es wirkt be­schei­den, se­ri­ös und glaub­wür­dig und kann mit fast je­der be­lie­bi­gen po­si­ti­ven Be­deu­tung auf­ge­la­den wer­den. Ne­ga­ti­ve Kon­no­ta­tio­nen von „Nach­hal­tig­keit“ sind mir nicht be­kannt, wer das Wort be­nutzt spielt mit ei­nem ein­zi­gen Griff ei­nen viel­stim­mi­gen Ak­kord po­si­ti­ver As­so­zia­tio­nen: nach­hal­ti­ge Un­ter­neh­men sind ar­beit­neh­mer­freund­lich und fair, kli­ma­neu­tral, un­gif­tig, um­welt­be­wusst — und selbst­ver­ständ­lich tier­lieb.

„Wir sind uns un­se­rer Ver­ant­wor­tung be­wusst und han­deln nach­hal­tig“ — so steht es in den Un­ter­neh­mens­leit­li­ni­en von Rewe — und mit Ab­wand­lun­gen wahr­schein­lich bei hun­der­ten an­de­ren Un­ter­neh­men. Liest sich gut und glaub­wür­dig — ist aber min­des­tens so un­kon­kret als ob ich mei­nen Be­ruf mit den Wor­ten „ich sit­ze am Com­pu­ter“ be­schrei­ben wür­de.

Die Fra­ge was „nach­hal­tig“ denn nun für das kon­kre­te Han­deln be­deu­tet kommt ei­nem aber gar nicht in den Sinn, weil das Wort so auf­rich­tig und glaub­wür­dig klingt. Klopft man auf das Wort, klingt es lei­der hohl. Das ist auch kein Wun­der, weil es ur­sprüng­lich (im acht­zehn­ten Jahr­hun­dert) da­für be­nutzt wur­de eine zu­kunfts­fä­hi­ge Forst­wirt­schaft zu be­schrei­ben. Also eine Be­wirt­schaf­tung, die sich nicht durch un­kon­trol­lier­ten und gie­ri­gen Raub­bau den Tep­pich un­ter den Füs­sen weg­zieht. Ei­gent­lich eine Selbst­ver­ständ­lich­keit: eine Be­wirt­schaf­tung die län­ger als als nur kurz funk­tio­niert.

Ge­nau­so de­fi­nie­ren Wör­ter­bü­cher und Vol­ker Hauff, der Vor­sit­zen­de des Ra­tes für Nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (gibt’s wirk­lich), Nach­hal­tig­keit: „Nach­hal­tig­keit be­deu­tet Zu­kunfts­fä­hig­keit“. Der Witz ist, dass man das Wort Nach­hal­tig­keit aus­nahms­los mit Zu­kunfts­fä­hig­keit er­set­zen kann. Pro­bie­ren Sie es aus, in die­sem Heft oder im In­ter­net kommt das Wort ja ge­häuft vor. Ob­wohl „Zu­kunfts­fä­hig­keit“ qua­si be­deu­tungs­gleich mit „Nach­hal­tig­keit“ ist, will es nie­mand be­nut­zen. Es ist nicht un­scharf ge­nug und lässt sich nicht mit be­lie­bi­gen Be­deu­tun­gen ver­wäs­sern.

Jour­na­lis­ten dürf­ten üb­ri­gens sehr trau­rig dar­über sein, dass sie das Wort Nach­hal­tig­keit nicht zum Ei­gen­mar­ke­ting ver­wen­den kön­nen. Wenn Sie sich selbst als auf­rich­tig, ver­ant­wor­tungs­be­wusst und zu­kunfts­fä­hig dar­stel­len möch­ten, müs­sen sie das leicht ab­ge­wetz­te und pein­li­che Wort „Qua­li­täts­jour­na­lis­mus“ ver­wen­den. Selbst Po­li­ti­ker sind nicht scham­los ge­nug, ihre Ar­beit Qua­li­täts­po­li­tik zu nen­nen.

Pro­duk­te de­ren Qua­li­tät so frag­lich ist, dass sie in der Pro­dukt­be­zeich­nung ihre Qua­li­tät the­ma­ti­sie­ren, sind im­mer ein biss­chen mit­leid­s­er­re­gend. In den Wor­ten „fri­scher Fisch“ schwingt für mich im­mer die As­so­zia­ti­on von Fisch­ge­stank mit, bei „Qua­li­täts­wein“ zwängt sich in mei­nem Geist im­mer das Wort „süß“ zwi­schen die Zei­len, eine „Qua­li­täts­of­fen­si­ve“ er­in­nert in­hä­rent an die min­der­wer­ti­ge Be­schaf­fen­heit der letz­ten Pro­dukt­ge­ne­ra­ti­on.

Ich per­sön­lich hal­te Schaum­wor­te wie Nach­hal­tig­keit oder „Qua­li­täts­jour­na­lis­mus“ nicht für zu­kunfts­fä­hig.

Viel­leicht soll­te man, be­vor sich der Glanz die­ser Be­grif­fe durch in­fla­tio­nä­re und will­kür­li­che Nut­zung ab­ge­wetzt hat, wie­der die Lie­be zu ei­ner plas­ti­schen, kon­kre­ten Spra­che kul­ti­vie­ren um die Qua­li­tä­ten der ei­ge­nen Ar­beit oder Ar­beit­ge­bers her­aus­zu­stel­len. Ein­fach das Suf­fix „Qua­li­tät-“ aus Selbst­be­schrei­bun­gen strei­chen, so wie das je­der gute Jour­na­list mit Ad­jek­ti­ven in Pres­se­mit­tei­lun­gen macht. Auf ge­ne­ri­sche, mo­di­sche und wachs­wei­che Füll­wör­ter kom­plett ver­zich­ten und sa­gen was ist. Of­fen le­gen wie man ar­bei­tet, er­klä­ren war­um man Din­ge tut, Feh­ler ver­mei­den, aber of­fen mit ih­nen um­ge­hen.

Be­neh­me dich an­stän­dig, tu Gu­tes und nen­ne es nicht „Qua­li­täts­ir­gend­was“ oder „nach­hal­ti­ges Han­deln“.

Wer­ner von Sie­mens hat das schon 1884 hin­be­kom­men, als er sag­te:

Für augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht.


an­mer­kung: das ist der text mei­ner ko­lum­ne im (ge­druck­ten) t3n-ma­ga­zin num­mer 40. in ein paar wo­chen kommt die neue aus­ga­be, mit ei­ner neu­en ko­lum­ne von mir. die taucht dann wie­der­rum in ca. drei mo­na­ten hier auf. ei­nen ab­satz aus die­ser ko­lum­ne hab ich vor drei mo­na­ten be­reits ver­öf­fent­licht.

weil ich für die ko­lum­ne be­zahlt wer­de, ent­hält sie auch gross- und klein­schrei­bung.

vor­he­ri­ge ko­lum­nen:


enorm schlechte, mittelgute fernsehserien, teil 23023 von 89382

felix schwenzel

in der ers­ten sze­ne in dark mat­ter (neue, selbst­ge­mach­te se­rie auf syfy) spie­len fal­scher fun­ken­schlag, lä­cher­li­che dis­cone­bel­schwa­den, fla­ckern­de ne­on­lich­ter und elek­tro-knis­ter-ge­räu­sche die haupt­rol­le. ge­fühl­te 10 mi­nu­ten um, wie im schü­ler­thea­ter, sze­ni­sche span­nung auf­zu­bau­en, in de­nen ich drei­mal kurz da­vor war die sen­dung be­reits ab­zu­schal­ten. da­nach folgt eine will­kür­li­che an­a­ein­an­der­rei­hung von kampf­sze­nen und aus­gie­bi­gi­gen an­deu­tun­gen von welt­raum­film-ste­reo­ty­pen (der trai­ler gibt da­von ei­nen ganz gu­ten ein­druck).

das ist al­les so bil­lig und hilf­los an­ein­an­der­ge­reiht wie in die ers­ten star-trek-fol­gen in den frü­hen sech­zi­ger jah­ren. das ein­zi­ge was mich (ein biss­chen) mo­ti­vier­te wei­ter­zu­gu­cken: die cha­rak­te­re und die sich lang­sam ent­fal­ten­den ge­heim­nis­se der cha­rak­te­re­re und des raum­schiffs. des­halb gu­cken wir ja schliess­lich fern­se­hen: um an­de­re men­schen zu se­hen mit de­nen wir uns po­ten­zi­ell iden­ti­fi­zie­ren kön­nen und um uns hier und da auf die fol­ter span­nen zu las­sen. das pro­blem ist nur: das ist al­les so durch­schau­bar und lieb­los zu­sam­men­ge­setzt, dass es mich nicht über­zeu­gen kann, der se­rie mehr zeit zu schen­ken als die 43 mi­nu­ten die die pi­lot­fol­ge dau­ert.

oder wie tom con­roy es tref­fend sagt:

“Dark Matter” doesn’t matter.


humorlose clowns

felix schwenzel

  ta­ges­spie­gel.de: Grie­chen­land-Dra­ma: So­li­da­ri­tät? Ich bin ir­ri­tiert!

ich bin im­mer wie­der er­staunt wie ein­fach und un­kom­pli­ziert die welt für man­che men­schen zu sein scheint. hier ver­sucht ha­rald mar­ten­stein die welt den deut­schen wohl­stand mit der lo­gik ei­ner schwä­bi­schen haus­frau zu er­klä­ren. das funk­tio­niert er­staun­lich gut, wenn man die lo­gi­schen fä­hig­kei­ten und den sinn für kom­ple­xi­tät ei­ner schwä­bi­schen haus­frau hat.

was mich aber wirk­lich ir­ri­tiert, das wort eu­ro­pa („eu­rop…“) kommt in mar­ten­steins text ein­mal vor, deutsch­land („deutsch…“) neun mal. mög­li­cher­wei­se ist mar­ten­stein des­halb ir­ri­tiert, weil er nicht be­grif­fen hat, dass ein ge­ein­tes und funk­tio­nie­ren­des eu­ro­pa sehr im deut­schen in­ter­es­se ist und un­ser wohl­stand sehr viel en­ger mit eu­ro­pa ver­knüpft ist, als al­lein mit dem „deut­schen Steu­er­zah­ler“.

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 19.07.2015 08:29)

  faz.net: Die­ter Nuhr über Shit­s­torms: Di­gi­ta­les Mit­tel­al­ter

je­mand der lan­ge zeit da­von leb­te sich über an­de­re lus­tig zu ma­chen, die äus­se­run­gen an­de­rer als dumm oder un­be­dacht oder flach zu ent­lar­ven, be­klagt sich dar­über, dass sich jetzt an­de­re über ihn lus­tig ma­chen oder sei­ne äus­se­run­gen als dumm oder flach be­zeich­nen? ein ko­mi­ker for­dert als re­ak­ti­on auf eine pro­vo­zie­ren­de iro­nisch/sa­ti­ri­sche äus­se­rung sach­lich­keit und das un­ter­las­sen von po­le­mik?

das pein­lichs­te auf der welt ist glau­be ich ein haupt­be­ruf­li­cher clown, der sich zu ernst nimmt. (via)

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 19.07.2015 08:21)


das trau­ri­ge an die­ter nuhr und ha­rald mar­ten­stein ist ge­nau be­trach­tet ihre ex­tre­me ich-be­zo­gen­heit. zwei men­schen die seit lan­ger zeit da­von le­ben wi­der­sprü­che in der welt auf­zu­spü­ren, zu ver­ein­fa­chen, zu­zu­spit­zen und sich in der öf­fent­lich­keit dar­über lus­tig zu ma­chen, de­ren job es so­zu­sa­gen ist wind zu ma­chen, se­hen sich plötz­lich in ei­ner welt, in der sie plötz­lich auch hin und wie­der ei­nen wind­hauch am ei­ge­nen kör­per spü­ren. statt zu er­ken­nen, dass da jetzt an­de­re wind ma­chen, mit den glei­chen mit­teln und werk­zeu­gen wie sie selbst, em­pö­ren sie sich über ideo­lo­gi­sche pro­pa­gan­da (mar­ten­stein) oder un­zi­vi­li­siert­heit und se­hen das wind­ma­chen plötz­lich als „ei­nen zi­vi­li­sa­to­ri­schen Rück­schritt in Rich­tung Fa­schis­mus und Mit­tel­al­ter, Po­grom und He­xen­ver­bren­nung“ (nuhr).

hu­mor, iro­nie, sar­kas­mus, zu­spit­zung, ver­ein­fa­chung, all das ist für men­schen wie die­ter nuhr eine ein­bahn­stras­se. die­se werk­zeu­ge, meint er, sind in sei­nen ei­ge­nen hän­den gut auf­ge­ho­ben — aber in den hän­den an­de­rer ge­fähr­li­che waf­fen. abs­trakt, auf an­de­re be­zo­gen, er­kennt ha­rald mar­ten­stein die­ses prin­zip sehr hell­sich­tig:

Je stärker ein Mensch in abstrakter Hinsicht für Respekt und Sensibilität eintritt, desto weniger ist derselbe Mensch im Umgang mit einem Gegenüber zu Sensibilität und Respekt aufgelegt. (quelle)

es ist na­tür­lich ein biss­chen re­spekt­los (und falsch) von mir mar­ten­stein und nuhr hier zu ver­mi­schen. der eine von bei­den ist bei­spiels­wei­se gar nicht mal so dumm und mar­ten­stein re­agiert auf kri­tik nicht em­pört, son­dern meis­tens nur pam­pig (er selbst wür­de das na­tür­lich hu­mor­voll nen­nen).

klaus kus­anow­sky hat die un­gläu­bi­ge em­pö­rung von die­ter nuhr sehr hell­sich­tig (und lang) aus­ein­an­der­kla­mü­se­rt:

Interessant ist nun, dass derjenige, der auf diese Weise eine Regel vorschlägt, nämlich die Regel, dass alles nur satirisch-ironisch gemeint ist, beim überraschten Feststellen der Shitbackschleife von dieser Regel gar nichts mehr wissen will. Aus Spaß wurde, hokuspokus, plötzlich Ernst, so jedenfalls will es die Partei des Beleidigten. Und die Frage ist: warum lässt er die vorgeschlagene Regel nicht mehr gelten? (weiterlesen …)

ge­nau­so ein­leuch­tend hat han­nah beit­zer das in der sz se­ziert:

Denjenigen, die die Reichweite nicht haben, bleibt wenig mehr als ihre Kritik über soziale Medien zu äußern. Wenn es ziemlich viele Menschen sind, die das tun, wird diese Kritik dann natürlich zu einem Instrument, Druck auszuüben auf diejenigen, die im Hierarchieverhältnis über dem stinknormalen Nutzer stehen - sei es, weil sie Redakteur einer renommierten Zeitung sind oder eben Komiker, denen ein Millionenpublikum zuhört. Ein Instrument übrigens, das durchaus der klassischen Demo vor dem Verlagsgebäude oder der Parteizentrale ähnelt. Der Shitstorm ist damit, wenn man so will, kein Beitrag zur Debatte im feuilletonistischen Sinn, sondern eine Form von politischem Aktivismus, ein Weg, bestehende Machtverhältnisse in Frage zu stellen.

Wenn Nuhr, der Komiker mit dem Millionenpublikum, davon spricht, dass „die pöbelnde Masse“ heute wieder „selbstbewusst als Handelnder“ auftritt, dann hat das einen bitteren Beigeschmack. Böswillig interpretiert: „Die da unten“ sollen gefälligst unten bleiben, zu seinen Auftritten kommen, aber ihm „da oben“ gefälligst nicht auf die Nerven gehen mit ihrer Kritik.

im sz-ar­ti­kel habe ich auch die­ses zi­tat von lu­cie auf klei­ner3 ge­fun­den:

  klei­ner­d­rei.org: Es kann ein we­nig lau­ter wer­den: Über das Dis­ku­tie­ren im Netz
lu­cie:

Ausserdem stellt sich auch hier wieder die Frage, wer eigentlich den Anspruch erhebt, dass ihre_seine Meinung respektiert und für zuhörenswert erachtet wird? Diejenigen, die sich über den „rauen Ton“ beschweren, sind oft genug auch jene, die sehr daran gewöhnt sind, dass ihre Stimme gehört wird (wie z.B. Journalist_innen) und selbst bei Widerspruch ihre Relevanz nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird.

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 19.07.2015 08:34)

al­lein schon die (iro­nie­freie) nut­zung des wor­tes „shit­s­torm“ soll­te als in­di­ka­tor ge­wer­tet wer­den, dass hier je­mand das wort er­greift, der ger­ne sei­ne de­fi­zi­te bei der selbst­re­flek­ti­on, beim nach­den­ken und ana­ly­sie­ren dar­stel­len möch­te.


die­se tweets hat­te ich noch üb­rig und zu­fäl­lig pas­sen sie auch:

Am Beispiel Griechenland können Saarland, Berlin, Bremen schon mal sehen, was ihnen bei der Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs blüht.

Dichtheit & Wahrung (@derkutter12.07.2015 13:39

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 17.07.2015 08:33)

Mit nem Social Web als Sicherheitsventil der Gesellschaft würde es die DDR heute noch geben.

Guenter Hack (@guenterhack16.07.2015 19:20

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 17.07.2015 08:30)


[nach­trag 19:20 uhr]

  wolf­gang­mi­ch­al.de Wie Eu­ro­pa wirk­lich ent­steht

wer meint es sei be­reits al­les ge­sagt zu grie­chen­land und eu­ro­pa, dem emp­feh­le ich noch die­sen text von wolf­gang mi­ch­al zu le­sen:

Die Inneneinrichtung Europas wird nicht mehr allein den Eliten überlassen. Im griechischen Referendum konnten wir einen ersten zaghaften Ansatz zur Formulierung einer Alternative erkennen. Und durch das Referendum erlebten wir erstmals eine Solidarisierung (und Polarisierung) der Menschen quer zu den europäischen Nationalstaaten: Auf den Straßen von Irland bis Italien feierten die Verteidiger der griechischen „Nein“-Politik ihre Helden; an den Stammtischen von München bis Riga regierten die Anhänger der harten Linie gegen die „Verschwender“ des Südens.

ich fin­de die po­pu­lis­ti­sche (und be­que­me) ver­ein­fa­chung der grie­chen­land-kri­se auf die fra­gen nach „un­se­ren“ wohl­stand (also steu­er­gel­dern) oder „de­ren“ [faul­heit|kor­rup­ti­on|ver­schwen­dung|über ihre kos­ten le­ben] über­sieht im­mer wie­der eine der ent­schei­den­den fra­gen: un­ser wohl­stand, un­se­re po­li­ti­sche zu­kunft hängt ent­schei­dend vom jahr­hun­dert­pro­jekt der eu­ro­päi­schen ei­ni­gung ab. es ist eben ge­ra­de im deut­schen in­ter­es­se eu­ro­pa zu ei­nem funk­tio­nie­ren­den mo­del zu ma­chen. die zu­kunft deutsch­lands liegt nicht in ei­nem ge­sun­den, rei­chen und kraft­strotz­de­nen na­tio­nal­staat — son­dern in der po­li­ti­schen eu­ro­päi­schen uni­on.

Es ist ein Trugschluss zu glauben, die Griechen hätten sich mit der Einigung von Sonntag wieder nur Zeit gekauft, nein, es ist die Troika, es sind die durch die Troika vertretenen Sonder-Interessen, die sich immer weitere Zeit kaufen. Der Konflikt selbst bleibt ungelöst.

Der nächste Aufstand wird deshalb dramatischer ausfallen als der jetzige, der übernächste könnte in einen Bürgerkrieg münden. Wer die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika studiert, wird sehen, dass auch dieses Projekt nicht von heute auf morgen auf dem Papier entstanden ist, sondern nach harten Auseinandersetzungen im Rahmen eines ökonomisch-politischen Nord-Süd-Konflikts.

(bei wolf wit­te ge­fun­den)

in die­sem zu­sam­men­hang ist ei­gent­lich auch die rede von ge­or­ge sor­os in ber­lin von 2010 ganz le­sens­wert.

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 19.07.2015 18:13)


nachtrag expedia: happy end

felix schwenzel

nach­trag zu die­sem ar­ti­kel: „ex­pe­dia emp­fiehlt uns lie­ber di­rekt zu bu­chen, als über ex­pe­dia

ex­pe­dia hat sich nach dem ar­ti­kel zu­nächst per twit­ter bei uns ge­mel­det und dort hat das „twit­ter-team“ dann (vor knapp ei­ner wo­che) ver­spro­chen das „an das team“ wei­ter­zu­ge­ben, „um zu schau­en was da schief ge­lau­fen ist“ und uns „be­züg­lich der Rück­erstat­tung der Mehr­kos­ten be­hilf­lich“ zu sein.

ges­tern mel­de­te sich dann ein mit­ar­bei­ter der ex­pe­dia „Prio­ri­ty Cus­to­mer Care“ und stell­te noch­mal ein paar nach­fra­gen, die ich be­ant­wor­te­te. mich in­ter­es­sier­te aus­ser­dem, wie das ge­ne­rel­le vor­ge­hen von ex­pe­dia ist, wenn pro­ble­me bei der um­bu­chung auf­trä­ten, ob ex­pe­dia das grund­sätz­lich auf die kun­den ab­wälzt oder ob man sich in der re­gel für eine um­bu­chung ei­ner un­ter­kunft ver­ant­wort­lich fühlt.

die ur­sprüng­li­chen fra­gen, vor al­lem die der rück­erstat­tung von den zu­sätz­li­chen über­nach­tungs­kos­ten die durch die um­bu­chung ent­stan­den, wur­den uns heu­te sehr be­frie­di­gend be­ant­wor­tet: ex­pe­dia zahlt uns die mehr­kos­ten und wir müs­sen uns nicht beim ver­mitt­ler evii­vo selbst dar­um be­mü­hen. auch die be­reits an ex­pe­dia ge­zahl­ten über­nach­tungs­kos­ten wer­den uns zu­rück­be­zahlt. die ant­wort der ex­pe­dia „Prio­ri­ty Cus­to­mer Care“ war su­per pro­fes­sio­nell und höf­lich, aber die ant­wort auf mei­ne fra­ge oben lei­der et­was aus­wei­chend. aber im­mer­hin ist fest­zu­hal­ten:

In Fällen von Überbuchungen bucht Expedia eine Ersatzunterkunft ohne Mehrkosten in Absprache mit den Kunden.

dass das bei uns nicht ge­klappt hat wur­de uns in der mail da­mit er­klärt, dass es durch die „ge­mein­sa­men Ver­triebs­struk­tur“ von ex­pe­dia mit evii­vo zu ei­ner „be­dau­er­li­chen Ver­zö­ge­rung“ kam. über­set­zen wür­de ich das mit: „wir hat­ten kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­men auf meh­re­ren ebe­nen.“

so er­freu­lich ich das er­geb­nis in die­sem fall fin­de — uns ent­ste­hen kei­ne mehr­kos­ten, wir ha­ben eine un­ter­kunft, die kun­den­be­treu­ung ver­sprach uns zu­sätz­lich zu den er­stat­te­ten kos­ten ei­nen gut­schein aus­zu­stel­len — so be­dau­er­lich fin­de ich zwei aspek­te:

ers­tens: die kom­mu­ni­ka­ti­on mit den kun­den über web­sei­te und sup­port ist al­les an­de­re als ein­deu­tig — man weiss nie ge­nau wo man dran ist, was ex­pe­dia denn nun ex­akt bie­tet oder um was man sich dort küm­mert. auch der be­rech­tig­te ein­wand von sven diet­rich mal ei­nen blick in ex­pe­dia AGB zu wer­fen („[Ex­pe­dia] ist, wie alle an­de­ren auch, nur ein Ver­mitt­ler“) war nicht hilf­reich. denn wäre das so, gäbe es aus mei­ner sicht kei­nen grund bei ex­pe­dia zu bu­chen, son­dern ex­pe­dia wäre dann wohl nur als preis­ver­zeich­nis und such­ma­schi­ne zu nut­zen, um an­schlies­send di­rekt zu bu­chen. aber so wie es aus­sieht ver­mit­telt ex­pe­dia of­fen­bar auch zwi­schen den par­tei­en — wenn man ge­nug lärm macht. was di­rekt zum zwei­ten aspekt führt:

die es­ka­la­ti­on bis zur lö­sung war für bei­de par­tei­en enorm müh­sam. die bei­fah­re­rin hat über wo­chen re­gel­mäs­sig mit dem kun­den­dienst te­le­fo­niert und ge­mailt, ich habe, als es dort nicht mehr wei­ter­ging, drü­ber ge­bloggt und get­wit­tert. dann muss­te erst das twit­ter so­cial me­dia team ak­tiv wer­den, bis sich je­mand mel­de­te, der aus­rei­chend zeit und ent­schei­dungs­frei­raum hat­te um das pro­blem zu lö­sen. das gan­ze zog sich fast über drei wo­chen hin.

ich ver­ste­he dass ex­pe­dia hier ein biss­chen zwi­schen den stüh­len sass, weil un­ser ur­sprüng­li­ches bed and break­fast sich eben über evii­vo als mit­tels­mann ver­mit­teln liess und mög­li­cher­wei­se tat­säch­lich evii­vo das haupt­pro­blem beim lö­sungs­fin­den war, aber es bleibt das dump­fe ge­fühl, dass ex­pe­dia erst dann in den „prio­ri­ty-mo­dus“ schal­tet, wenn die an­zahl der twit­ter-fol­lower, face­book-freun­de oder der goog­le-pa­ge­rank des be­schwer­de­füh­rers ein be­stimm­tes le­vel hat.

so oder so, ich muss mich jetzt lei­der schon wie­der bei ei­nem so­cial-me­dia-team be­dan­ken (vor 4 mo­na­ten hab ich mich bei @o2de be­dankt): vie­len dank ans @ex­pe­dia­de-team für das auf­neh­men des fa­dens und für das wei­ter­lei­ten an die rich­ti­gen stel­len.


expedia empfiehlt uns lieber direkt zu buchen, als über expedia

felix schwenzel in notiert

die­sen som­mer wol­len wir nach schott­land fah­ren. das scheint ge­ra­de ein ding zu sein. im ja­nu­ar hat die bei­fah­re­rin die rou­te ge­plant und ho­tels, bzw. bed-and-break­fast-un­ter­künf­te ge­mie­tet. ge­bucht hat sie die bed and break­fasts un­ter an­de­rem bei ex­pe­dia.

am 2.7 ha­ben wir dann eine email er­hal­ten in der es un­ter an­de­rem hiess, dass un­se­rer im ja­nu­ar ge­buch­tes zim­mer we­gen über­bu­chung lei­der nicht mehr ver­füg­bar sei:

Due to lack of availability, the Property is unable to accommodate this booking and, having investigated the Property's diary, we confirm that there are no rooms available.

aber in der email hiess es auch:

We have investigated possible alternatives and we would kindly request your assistance in relocating the guest. Would you please contact the guest with the utmost urgency to confirm that they are prepared to accept the alternative accommodation. Should the guest refuse, please contact us to discuss other mutually suitable options.

of­fen­bar war die mail gar nicht an uns ge­rich­tet, son­dern an un­se­ren rei­se­ver­an­stal­ter, also ex­pe­dia. vom ab­sen­der hat­ten wir bis­her noch nie et­was ge­hört, of­fen­bar ist das eine agen­tur (evii­vo), die die bu­chun­gen für eine rei­he von bri­ti­schen bed and break­fasts durch­führt und ver­wal­tet.

als wir uns ein biss­chen um­hör­ten, er­fuh­ren wir, dass es nicht un­üb­lich ist, dass die un­ter­künf­te sich über­bu­chen, in der an­nah­me, dass eine ge­wis­se an­zahl gäs­te die bu­chun­gen noch stor­niert. der la­den in dem wir ein zim­mer ge­bucht ha­ben, hat­te sich hier of­fen­bar ver­kal­ku­liert. auf un­se­re kos­ten.

als die bei­fah­re­rin bei ex­pe­dia an­rief, hiess es dann (j sei dank): al­les kein pro­blem, ex­pe­dia küm­mert sich drum und wer­de eine er­satz-un­ter­kunft be­sor­gen. eine wo­che nach die­sem te­le­fo­nat hiess es dann bei ei­ner er­neu­ten te­le­fo­ni­schen nach­fra­ge, dass wir jetzt selbst eine er­satz­un­ter­kunft su­chen und bu­chen soll­ten. even­tu­el­le mehr­kos­ten soll­ten wir auch nicht ex­pe­dia, son­dern der ver­mitt­lungs­fir­ma evii­vo in rech­nung stel­len, von der wir erst­mals vor ei­ner wo­che ge­hört ha­ben — und mit der wir auch nie ei­nen ver­trag ab­ge­schlos­sen ha­ben.

ir­ri­tie­rend ist vor al­lem, dass die an­sprech­part­ne­rin von ex­pe­dia uns zu­erst zu­ge­sagt hat, dass ex­pe­dia sich um al­les küm­mern wer­de und die­se an­sprech­part­ne­rin sich dann eine wo­che spä­ter auf ihre vor­ge­setz­te be­ruft und be­haup­tet, das gin­ge doch nicht.

nur war­um soll man dann über­haupt ex­pe­dia be­nut­zen und nicht sich nicht di­rekt bei den bed and break­fasts oder ho­tels oder den je­wei­li­gen ver­mitt­lern bu­chen? wenn ex­pe­dia die un­ter­kunft im ziel­ort nicht ga­ran­tie­ren kann und bei um­bu­chun­gen so­wohl die ar­beit der neu­bu­chung, als auch das ein­trei­ben der even­tu­el­len mehr­kos­ten den end­kun­den über­lässt?

wenn das was uns hier er­zählt wur­de das stan­dard­vor­ge­hen von ex­pe­dia ist, dann wür­de ich sa­gen: der la­den ist für mich als end­kun­den doch kom­plett über­flüs­sig, ein mit­tels­mann der sich mut­mass­lich an ge­büh­ren mäs­tet und aus­ser elek­tro­ni­scher auf­trags­ver­mitt­lung und pro­vi­si­ons­op­ti­mie­rung of­fen­bar nichts tut. ok, ex­pe­dia tut dann doch et­was, näm­lich psy­cho­spiel­chen per hot­line mit den kun­den spie­len:

  • expedia-hotine woche 1: alles ok, wir kümmern uns.
  • expedia-hotline woche 2: ach nee, wir können uns da doch nicht drum kümmern.
  • expedia-twitter woche 2: oh, sie haben probleme? wenden sie sich doch einfach an die hotline.

im januar bed&breaktfast für august bei @ExpediaDE gebucht.
juli: b&b cancelt zimmer: überbucht.
expedia: buchen se sich doch selbst 1 hotel

felix schwenzel (@diplix09.07.2015 12:33

mir will kein grund einfallen wofür @ExpediaDE überhaupt gut sein soll. vielleicht als motivator probleme selbst zu lösen? oder selbstzweck?

felix schwenzel (@diplix09.07.2015 12:34

@diplix Hi Felix, das tut uns leid zu hören. Bitte kontaktiere uns unter der 0800-5894018 und unser Kundenservice hilft Dir weiter. LG, Anna

Expedia.de (@ExpediaDE09.07.2015 15:22

nach 8 tagen am telefon mit dem kundenservice schlägt uns @Expedia bei twitter vor, mal beim kundenservice anzurufen twitter.com/diplix/status/…

katia (@knetagabo09.07.2015 17:46


wir ha­ben heu­te abend zim­mer in ei­ner an­de­ren un­ter­kunft di­rekt ge­bucht. das kos­tet für zwei näch­te und zwei per­so­nen etwa 20 pfund mehr. jetzt bin ich mal ge­spannt, ob sich ex­pe­dia doch noch über­zei­gen lässt die mehr­kos­ten selbst bei sei­nem ver­trags­part­ner evii­vo ein­zu­trei­ben, oder ob man bei ex­pe­dia dar­auf be­stehen wird, dass wir bei ei­nem un­ter­neh­men, mit dem wir nie ei­nen ver­trag ab­ge­schlos­sen ha­ben selbst vor­stel­lig wer­den.


@diplix ließ mal expedia.de/p/support/agb
Es ist, wie alle anderen auch, nur ein Vermittler.

Sven Dietrich (@svensonsan09.07.2015 23:13


[nach­trag 15.07.2015]
nach­trag ex­pe­dia: hap­py end


digital bauhaus summit 2015, tag 2

felix schwenzel

ges­tern abend hat fried­rich liech­ten­stein un­ge­fähr das ge­macht, was er nen tag vor­her in der taz an­ge­kün­digt hat. ein biss­chen über buck­mins­ter ful­ler plau­dern und ein biss­chen sin­gen. die gäs­te des sum­mits hat­ten vor­her eine auf­ga­be be­kom­men die sie em­sig den gan­zen Abend be­ar­bei­te­ten. die ver­an­stal­ter nann­ten das „The World Game“. ich war et­was zu spät ge­kom­men und mir war das schau­spiel ein gros­ses rät­sel (nach­trag: mla­den gla­dic er­klärt das spiel in der welt). 5 oder 6 grup­pen er­wach­se­ner men­schen bau­ten mit bas­tel­ma­te­ria­len ir­gend­wel­che sphä­ren und ku­ben und zwi­schen ih­nen lief fried­rich liech­ten­stein in ber­mu­da shorts, knie­strümp­fen, le­der­schu­hen, po­lo­hemd und weis­sem bart um­her und er­zähl­te. oder sang.

  Di­gi­tal Bau­haus - Pho­tos from Di­gi­tal Bau­haus's post

 

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 06:36)

  Di­gi­tal Bau­haus

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The World Game with Friedrich Liechtenstein as god like crooner. #DBS15

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 06:37)

ich fand das sehr gran­di­os und an­ge­nehm und un­prä­ten­ti­ös und ein paar mal muss­te ich auch la­chen. die stim­me von fried­rich liech­ten­stein ist auf­fäl­lig an­ge­nehm. tief und so­nor, aber nicht ver­sof­fen. hell und klar, aber nicht schrill. un­auf­ge­regt und lei­se, aber kein stück ein­schlä­fernd. er ist auch der meis­ter des mi­kro­fons, was man dar­an merk­te, wenn an­de­re das mi­kro­fon kurz über­nah­men um durch- oder an­sa­gen zu ma­chen. da fing es dann an zu plop­pen, die laut­spre­cher fin­gen an zu feed­back­krei­schen, alle stim­men klan­gen plötz­lich schrill und auf­dring­lich. und dann hat liech­ten­stein wie­der an­ge­fan­gen zu re­den oder zu sin­gen und al­les war wie­der gut. kei­ne ah­nung ob das ein kom­pli­ment ist oder eine be­lei­di­gung, aber wie liech­ten­stein die ka­rao­ke-lie­der („ich könn­te auch n lied von mir sin­gen, wo­bei … war­um ei­gent­lich? ist doch gut so …“) sang, er­in­ner­ten mich an bar­ry white. so oder so, seit ges­tern bin ich fried­rich-liech­ten­stein-fan.


es ist sehr, sehr irritierend, wenn ein minister englisch redet und dann über immanuel kant redet und „kant“ deutsch ausspricht. #DBS15

felix schwenzel (@diplix04.07.2015 10:09

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 22:41)

heu­te früh war ich wie­der zu spät, aber die ver­an­stal­tung war glau­be ich auch ein biss­chen spät. das pro­gramm war dicht ge­packt und zwi­schen­durch hielt der wirt­schafts- und wis­sen­schafts­mi­nis­ter von thü­rin­gen, wolf­gang tie­fen­see auch noch statt ei­ner 10 mi­nü­ti­gen an­spra­che eine sechs­stün­di­ge 40 mi­nü­ti­ge rede. der zeit­ver­zug glich sich dann aber doch noch aus, weil ein spre­cher mor­gens um 5 uhr sei­nen auf­tritt ab­ge­sagt hat­te.

der zwei­te ver­an­stal­tungs­tag be­stand nur aus vor­le­sun­gen, von de­nen sich man­che auf ma­gi­sche wei­se er­gänz­ten. so er­zähl­ten am nach­mit­tag co­rin­na sy und se­bas­ti­an däsch­le von ih­rem flücht­lings­hil­fe pro­jekt cu­cu­la. das schrei­ben sie auf ih­rer web­sei­te über das pro­jekt:

Das Wort „cucula“ stammt aus der Hausa-Sprache aus West-Zentralafrika und bedeutet „etwas gemeinsam machen“, aber auch „aufeinander aufpassen“.

CUCULA ist Verein, Werkstatt und Schulprogramm. Für und mit Flüchtlingen in Berlin. Im Gegensatz zur theoretischen Debatte über die Situation von Flüchtlingen in Deutschland, geht es den Initiatoren darum, eine pragmatische und unmittelbare Praxis des Handelns zu erproben, die nicht „für“ sondern eben „gemeinsam mit“ Flüchtlingen entsteht.

cu­cu­la baut mit den flücht­lin­gen mö­bel nach ent­wür­fen des ita­lie­ni­schen de­si­gners enzo mari. die schil­de­rung ih­rer ar­beit und der pro­ble­me mit de­nen sie zu kämp­fen ha­ben fand ich be­ein­dru­ckend, aber eine der schluss­fol­ge­run­gen ist mir be­son­ders im ge­däch­nis ge­blie­ben: durch die­se ar­beit mit flücht­lin­gen lässt sich sehr viel über uns selbst, über un­se­re ge­sell­schaft und un­se­re vor­ur­tei­le und ver­hal­tens­wei­sen ler­nen.

der vor­trag von da­ni­el ker­ber, der in flücht­lings­camps un­ter an­de­rem in jor­da­ni­en beim auf­bau von in­f­ra- und so­zi­al­struk­tu­ren zu hel­fen ver­sucht, schloss sich an den von cu­cu­la naht­los an. auch die flücht­lin­ge in den flücht­lings­camps dür­fen, wie asyl­be­wer­ber in deutsch­land, nicht ar­bei­ten oder ge­schäf­te er­öff­nen. in den flücht­lings­camps ma­chen sie es aber den­noch, so wie cu­cu­la es auch in ber­lin macht. in die­sen camps le­ben weit über 50tau­send men­schen, in ei­nem der camps, dem za’ata­ri flücht­lings-camp sol­len es so­gar über 100tau­send le­ben. in za’ata­ri gibt es eine stras­se die dort champs ely­see ge­nannt wird und an der vie­le ge­schäf­te er­öff­net ha­ben - im prin­zip il­le­gal, aber of­fen­bar ge­dul­det. vice hat 2013 eine re­por­ta­ge über das camp ver­öf­fent­licht (die ich nicht ge­le­sen habe). auch in­ter­es­sant: im durch­schnitt exis­tie­ren sol­che camps 20 bis 30 jah­re.


.@JohannaKJaeger to @Holmfriebe: thanks for making us discuss romanticism in english, because it really sucks to talk about this in english.

digitalbauhaussummit (@digi_bau04.07.2015 11:27

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 23:35)

anja baum­hoff er­gänz­te den vor­trag von ni­klas maak in ih­rem vor­trag auch vor­treff­lich, auch wenn sie sich den sei­ten­hieb auf maak, dass sein vor­trag lei­der stel­len­wei­se et­was „ober­fläch­lich“ ge­we­sen sei, nicht ver­knei­fen konn­te. dank der bei­den weiss ich jetzt, dass das bau­haus eben nicht nur ein de­sign­stil ist, son­dern dass es auch eine art kom­mu­ne war, ein ort an dem sich vie­le men­schen ver­schie­dens­ter her­kunft tra­fen und neue for­men des zu­sam­men­le­bens aus­pro­bier­ten. mit ver­schie­dens­ten an­sät­zen ver­such­te das bau­haus er­klär­ter­mas­sen die ge­sell­schaft zu ver­än­dern — nicht das bau­en oder das de­sign al­lei­ne. die mit­glie­der des bau­haus wa­ren min­des­tens so he­te­ro­gen, wie auch es auch die wei­ma­rer re­pu­blik war. al­ler­dings leg­te anja baum­hoff wert auf die an­mer­kung, dass das bau­haus nicht so fort­schritt­lich war, wie ni­klas maak es dar­stellt hat­te.

als bei­spiel führ­te sie die über­kom­me­nen roll­bil­der des bau­haus an, bzw. den ent­wurf des haus am horn vom ma­ler und bau­haus-leh­rer ge­org mu­che. das ein­fa­mi­li­en-haus hät­te zwar ei­nen ei­ge­nen raum für die frau ein­ge­plant, was durch­aus als pro­gres­siv gel­ten könn­te, aber die­ser zim­mer war zwi­schen dem des man­nes und dem der kin­der — mit durch­gangs­tü­ren so­wohl zum mann, als auch zu den kin­dern, „so the wo­man could ser­ve them both“.

aber im­mer­hin liess das bau­haus auch frau­en als stu­den­ten zu.

was mir auch im kopf blieb und was das bau­haus wohl mit je­der avant­gar­dis­ti­schen be­we­gung ge­mein­sam hat: fast alle hass­ten das bau­haus zu sei­ner zeit. ins­be­son­de­re abs­trak­te kunst wur­de ge­hasst und ge­ra­de das bau­haus ver­sam­mel­te be­son­ders vie­le abs­trak­te künst­ler. aber ge­nau die­ser hass habe das bau­haus gross und be­kannt ge­macht.


sehr be­ein­dru­ckend fand ich den auf­tritt von ul­ri­ke gué­rot. wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe, war ihr vor­trag eine ge­kürz­te ver­si­on ih­res vor­trags auf der re­pu­bli­ca die­ses jahr (den ich noch nicht ge­se­hen habe, hier die schrift­fas­sung, hier eine il­lus­trier­te text­ver­si­on).

youtube-video laden, info, direktlink

wäh­rend des vor­trags habe ich mir die­se bei­den frag­men­te no­tiert:

  Di­gi­tal Bau­haus - Ul­ri­ke Gué­rot: eu­ro­pe is a wo­man,...

di­gi­tal­bau­haussum­mit:

Ulrike Guérot: europe is a woman, marianne was a woman, freedom is a woman. #DBS15.

 

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 21:07)

  Di­gi­tal Bau­haus - Time­line Pho­tos | Face­book

Ulrike Guérot mashing up rem koolhaas' european flag proposal.
en.wikipedia.org/wiki/Flag_of_Europe#Barcode_flag
oma.eu/projects/2001/eu-barcode/
theguardian.com/culture/2004/sep/15/2

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 21:14)

nach ih­rem vor­trag in ei­ner fra­ge und ant­wort-run­de liess ul­ri­ke gué­rot nach ei­nem flam­men­den pro-eu­ro­päi­schen plä­doy­er die­ses ge­rücht fal­len: die un­ter­stüt­zer ei­nes ja beim grie­chi­schen re­fe­ren­dum am sonn­tag wür­den aus­lands­grie­chen (ex­pats) aus der gan­zen welt nach grie­chen­land ein­flie­gen, um stim­men für ein JA zu sam­meln: „tho­se who want the yes have the me­ans to do that.“


die vor­trä­ge von tim le­be­recht, jo­han­na k. jae­ger, lisa ma oder dem schrift­de­si­gner jür­gen hu­ber hat­ten alle ihre qua­li­tä­ten und ein paar high­lights, aber ich be­schrän­ke mich hier auf die frag­men­te die mir be­son­ders in er­in­ne­rung ge­blie­ben sind.

jo­han­na k. jae­ger war die ers­te und ein­zi­ge per­son die ich je­mals bei der be­nut­zung ei­nes sur­face ta­blets von mi­cro­soft ge­se­hen habe. kein wun­der, sie ar­bei­tet auch bei mi­cro­soft. sie hat­te auch ne tol­le fo­lie, auf der sie goe­the's wert­her mit kim ka­da­shi­an ver­glich:

  Di­gi­tal Bau­haus - Di­gi­tal Bau­haus's Pho­tos

LOL: Goethe's Werther is Kim Kadashian!

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 21:19)


tim le­be­recht hat ein buch ge­schrie­ben, spricht per­fekt eng­lisch und fin­det wir bräuch­ten eine neue ro­man­tik:

  tim le­ber­recht: we need a new ro­man­tic mo­ve­ment.

di­gi­tal­bau­haussum­mit:

 

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 21:26)

sein vor­trag war ex­trem ge­schlif­fen, hu­mor­voll und sehr ame­ri­ka­nisch prä­sen­tiert. ein per­fek­ter pitch für ein mög­li­cher­wei­se gar nicht un­in­ter­es­san­tes buch. der hu­mor lässt sich al­ler­dings nicht ohne wei­te­res aus dem vor­trag ex­tra­hie­ren:

  Di­gi­tal Bau­haus - tim le­be­recht (sinn­ge­mäss): wir su­chen...

di­gi­tal­bau­haussum­mit:

tim leberecht (sinngemäss):

wir suchen nervenkitzel wie die steinzeitmenschen: die einen springen aus dem weltraum zurück auf die erde, andere machen leistungssport der sie an die grenzen ihrer leistungsfähigkeit bringt, manche gehen ein paar tage in die black rock desert für radikale selbstinszenierung beim burning man festival.
je mehr wir leiden, desto stärker fühlen wir sinn und bedeutung im leben.

das mit dem nervenkitzel, dem leiden, dem sich selbst an die grenzen bringen funktioniert auch bei gut bei ikea. ikea als extremsport.

(bei tim leberecht in der grandiosen, gut getakteten #DBS15 präsentation war das natürlich sehr witzig.)

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 21:22)


knob­lauch war am zwei­ten tag so­was wie der run­ning gag des ta­ges:

knoblauch kaltschale was a thing at bauhaus according to anja baumhoff at #DBS15

digitalbauhaussummit (@digi_bau04.07.2015 9:29

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 22:42)

  Di­gi­tal Bau­haus

As Anja Baumhof taught us: early Bauhausians oftentimes fainted due to the strong garlic smell in the canteen. What could eGarlic be for the Digital Bauhaus? Lunch Break!

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 04.07.2015 21:06)


als fa­zit des zwei­ten ta­ges des di­gi­tal bau­haus sum­mit neh­me ich fol­gen­den satz mit nach­hau­se:

wir müs­sen die ge­sell­schaft ver­än­dern.

aber hier zu­hau­se fra­ge ich mich auch: müs­sen wir das wirk­lich? gibt es bei­spie­le von (ruck­ar­ti­ger) ge­sell­schaft­li­cher ver­än­de­rung, die nicht im to­ta­li­tä­ren en­de­ten? sind die län­der die der­zeit ge­wal­ti­gen (ge­plan­ten) ge­sell­schaft­li­chen wan­del durch­ma­chen (zum bei­spiel chi­na oder ei­ni­ge ara­bi­sche län­der) dazu viel­leicht nur in der lage, weil sie to­ta­li­tär re­giert wer­den? wol­len wir das wirk­lich, un­se­re un­aus­ge­go­re­nen un­ge­tes­te­ten ideen über die ge­sell­schaft stül­pen und se­hen was pas­siert?

wenn ich die bau­haus-ex­per­tin­nen in den letz­ten bei­den ta­gen rich­tig ver­stan­den habe, war die am­bi­ti­on des bau­haus zwar die ge­sam­te ge­sell­schaft zu ver­än­dern, die reich­wei­te je­doch sehr be­grenzt. so wie das bei vie­len vor­her­ge­hen­den und dar­auf fol­gen­den be­we­gun­gen war. so hat die cam­phill-be­we­gung und die dar­auf fol­gen­den an­tro­po­so­phi­schen le­bens­ge­mein­schaf­ten (in ei­ner da­von habe ich mei­nen zi­vil­dienst ge­macht) si­cher­lich viel im heil­päd­a­gischen und bio­lo­gisch dy­na­mi­schen ge­mü­se­an­bau ver­än­dert und auch vie­le men­schen be­rührt und be­ein­flusst (mich zum bei­spiel) — aber auch hier dürf­te die reich­wei­te be­grenzt sein und weit da­von ent­fernt sein, das le­ben von hinz und kunz auch nur an­satz­wei­se be­rührt zu ha­ben. glei­ches dürf­te für die kom­mu­ne I oder gar die 68er-be­we­gung gel­ten, die sann­ya­sins oder wen­n's sein muss auch der ZIA.

ist der grund da­für, dass kei­ne der mir be­kann­ten re­form­be­we­gun­gen (aus­ser viel­leicht den grü­nen) wirk­lich durch­schla­gen­de wir­kung ent­fal­ten konn­te viel­leicht dar­in be­grün­det, dass sie schon im klei­nen nur leid­lich funk­tio­nie­ren? wie vie­le knob­lauch-flücht­lin­ge hät­te es ge­ge­ben, wenn das bau­haus als ge­samt­deut­sche ge­sell­schafts- oder le­bens­form eta­bliert wor­den wäre? wie sähe deutsch­land aus, wenn die an­tro­po­so­phen ernst­haf­te po­li­ti­sche macht er­langt hät­ten oder wür­den? was wäre, wenn ein mit­glied der ZIA nicht den bach­mann­preis, son­dern die kanz­ler­schaft ge­won­nen hät­te?

wol­len wir das?

so toll ich (ins­ge­samt) das was ul­ri­ke gué­rot heu­te sag­te fand, so be­un­ru­hi­gend fand ich ihre aus­sa­ge, dass wir mit kon­sens und kom­pro­mis­sen po­li­tisch nicht mehr wei­ter­kä­men. ich mag ihr durch­aus zu­stim­men, wenn sie for­dert, dass wir wie­der mehr für ideen kämp­fen müss­ten und für un­se­re ideen auf­ste­hen und un­se­re stim­me fin­den müss­ten. aber kon­sens und kom­pro­miss für eine schnel­le­res vor­an­kom­men oder ge­sell­schaft­li­ches re­form­pro­jekt auf­ge­ben? das macht mir angst.

ab­ge­se­hen da­von: wir ha­ben ge­ra­de ra­di­ka­len ge­sell­schaft­li­chen wan­del. der wird der­zeit durch das in­ter­net an­ge­feu­ert und macht (zum bei­spiel) enorm vie­le kon­flik­te sicht­bar, die vor­her un­sicht­bar wa­ren. nur ist die­ser wan­del nicht von ei­ner ge­sell­schaft­li­chen uto­pie ver­ur­sacht wor­den. klar, un­ter­wegs, bei der ent­wick­lung und beim wachs­tum des in­ter­nets, spros­sen al­ler­hand uto­pien, die aber zum gros­sen teil von der wucht oder rea­li­tät des in­ter­nets gleich wie­der er­stickt oder weg­ge­spült wur­den.

das was die ent­wick­lung des in­ter­nets be­feu­er­te war üb­ri­gens, aus mei­ner sicht, eher das werk ei­ner un­sicht­ba­ren hand (die lou­is klein üb­ri­gens ges­tern als in­ef­fek­tiv für wan­del brand­mark­te), als das ei­ner uto­pie oder ge­sell­schaft­li­chen vi­si­on die sich ein mensch­li­cher geist aus­ge­dacht hat. das in­ter­net ist ein­fach pas­siert, weil es plötz­lich tech­no­lo­gisch funk­tio­nier­te.

in die­sem sin­ne fand ich da­ni­el ker­bers schluss­wort ei­gent­lich auch ganz pas­send. so in­spi­rie­rend die dis­kus­sio­nen und vor­trä­ge auf dem di­gi­tal bau­haus sum­mit wa­ren, zum gros­sen teil fan­den sich die dis­kus­sio­nen auf ei­nem ni­veau, das die meis­ten men­schen nie er­rei­chen wer­den und vor al­lem nie er­rei­chen wol­len — und wahr­schein­lich auch im­mer skep­tisch be­ob­ach­ten wer­den:

the discourse is flying pretty high here. i don’t read hegel to keep up with the discussion.
— daniel kerber


heu­te habe ich re­la­tiv vie­le club mate ge­trun­ken. was mich wun­der­te: das schmeck­te gar nicht ek­lig. im ge­gen­teil. zwi­schen­durch habe ich — wahr­schein­lich um zu gu­cken ob mei­ne ge­schmacks­ner­ven noch funk­tio­nie­ren — eine cola ge­trun­ken und die schmeck­te wirk­lich ek­lig. nicht so sehr beim schlu­cken, aber kurz da­nach und et­was län­ger da­nach auch. bis der ek­li­ge ge­schmack weg war, ver­ging fast eine stun­de. spä­ter im zug habe ich dann ein bit­bur­ger ge­trun­ken. auch das schmeck­te ei­gen­tüm­li­cher­wei­se nicht ek­lig. bit­bur­ger an sich schmeckt ja auch nicht ek­lig, aber wenn man es län­ger nicht ge­trun­ken hat, meint man es schme­cke ek­lig — mir geht das zu­min­dest so. ich bin mit bit­bur­ger gross ge­wor­den, aber in dem mo­ment in dem ich das rhein­land ver­liess und mich an an­de­re bie­re ge­wöhn­te, war der ers­te schluck bit­bur­ger je­des mal ein schock. heu­te nicht. muss am wet­ter lie­gen.


hier mei­ne ein­drü­cke vom ers­ten tag des #dbs15, hier das twit­ter-kon­to, hier das face­book-kon­to des di­gi­tal bau­haus sum­mit, die ich frei­tag und sams­tag (mit-) ge­füllt habe.


digital bauhaus summit 2015, tag 1

felix schwenzel

heu­te war ich den gan­zen tag auf dem di­gi­tal bau­haus sum­mit in wei­mar. die hin­fahrt heu­te früh hat dann al­ler­dings an­der­t­alb stun­den län­ger als ge­plant ge­dau­ert, dank der bahn:

dass n zug aus­fällt, ok. aber „wit­te­rungs­be­dingt“? das is doch kei­ne wit­te­rung heu­te.

@digi_bau Huhu. Just fyi ICE 1005 fällt komplett aus, wenn überhaupt jemand so doof ist wie ich so früh aufzustehen. Berliner verspäten sich

Jörn Hendrik Ast (@Jormason03.07.2015 5:41

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 03.07.2015 04:49)

im zug set­ze sich dann eine schul­klas­se an mei­nen tisch, die auch nach wei­mar woll­te und auch von dem zug­aus­fall be­trof­fen war. so konn­te ich eine hal­be stun­de dem lau­schen, was teen­ager so re­den, wenn sie mei­nen dass sie al­lei­ne sind, oder der typ ne­ben ih­nen, der wie ein pen­ner aus­sieht und stän­dig in sein han­dy starrt, ih­nen egal ist.

mei­ne schluss­fol­ge­rung nach 30 mi­nu­ten: vor­nehm­lich un­ter­hal­ten sich teen­ager über an­de­re men­schen und sich selbst, mit­schü­ler, freun­de, de­ren el­tern („boar, die mut­ter ist voll an­stren­gend“), dro­gen­to­te aus dem be­kann­ten­kreis, den spie­gel, pein­li­che si­tua­tio­nen in die sie ge­ra­ten sind und über es­sen.

grund­sätz­lich also das glei­che, was ich auch hier ver- und be­hand­le.


mit dem zug­aus­fall und der ver­spä­tung habe ich dann die ers­ten vor­trä­ge ver­passt und konn­te dann noch um 10 uhr den vor­trag von lou­is klein se­hen, ei­nen work­shop der con­nec­tors mal­mö mit­ma­chen, ein re­fe­rat von liss c. wer­ner er­tra­gen und mich vom vor­trag von ni­klas maak über­rol­len las­sen.

um acht geht’s wei­ter, da macht auch fried­rich liech­ten­stein ir­gend­was. bis da­hin hier mei­ne ein­drü­cke.


lou­is klein sprach über „com­pe­ti­ti­ve so­cial de­sign“. der kern sei­ner aus­sa­ge lässt sich wie folgt zu­sam­men­damp­fen: wir ha­ben im letz­ten jahr­hun­dert mas­siv in te­chi­sche for­schung in­ves­tiert. als bei­spie­le nann­te er das kern­for­schungs­zen­trum CERN, das us-ame­ri­ak­ni­sche atom­bom­ben­pro­gramm (man­hat­tan pro­ject) oder das hu­man ge­no­me pro­ject. nach ei­ner um­fang­rei­chen ein­lei­tung von den nürn­ber­ger kriegs­ver­bre­cher pro­zes­sen („we’re cas­ca­ding the risk, the ethi­cal bur­den from the sys­tem down to the in­di­vi­du­al“) und an­de­ren ver­bre­chen ge­gen die mensch­lich­keit („when loo­king at cri­mes against hu­ma­ni­ty, we need to look at sys­tems as ac­tors, not (only) in­di­vi­du­als“), über bank­sy („the grea­test cri­mes are not com­mi­t­ed by peo­p­ly brea­king the ru­les, but by peo­p­le fol­lo­wing the ru­les“) schlussfol­ger­tefrag­te er:

what if we would engage like this in social science?

wir soll­ten uns bei der öko­no­mie und ge­sell­schafts­po­li­tik nicht auf selbst­re­gu­lie­rung und eine un­sicht­ba­re hand, die das al­les schon ir­gend­wie re­gelt, ver­las­sen, son­dern ak­tiv ge­stal­ten und for­schen, wel­che ge­stal­tung er­folg­ver­spre­chend ist.

hört sich al­les sym­pa­thisch und nach­voll­zieh­bar an, aber die po­li­ti­schen im­pli­ka­tio­nen las­sen ei­nen er­schau­dern. das wur­de klar, als er chi­na und die ver­ei­nig­ten ara­bi­schen emi­ra­te als bei­spie­le her­an­zog, die ihr schick­sal in die ei­ge­ne hand ge­nom­men hät­ten und in de­nen eben nicht das in­di­vi­du­um zählt, son­dern der ge­sell­schaft­li­che fort­schritt. bei­de län­der ma­chen das in vie­len be­rei­chen mit enor­men tem­po und be­ein­dru­cken­den wachs­tums­zah­len.

louis klein: down there is what you get when you trust the „invisble hand“. pic.twitter.com/pUTLOtNU2I

digitalbauhaussummit (@digi_bau03.07.2015 11:11

louis klein: the chinese are doing quite well. pic.twitter.com/YTn7duHczI

digitalbauhaussummit (@digi_bau03.07.2015 11:05

die ra­di­ka­li­tät von lou­is kleins an­re­gun­gen wur­de dann in der an­schlies­sen­den dis­kus­si­on klar. eine so­zi­al­wis­sen­schaft­le­rin stimm­te lou­is klein zu und sag­te (sinn­ge­mäss), die de­mo­kra­tie sei ge­schei­tert. ge­ra­de bei fra­gen wie nach­hal­tig­keit (sic!) habe die de­mo­kra­tie ver­sagt.

grund­sätz­lich ge­hen bei mir ja im­mer die alarm­glo­cken an, wenn dar­über sin­niert wird, dass das in­di­vi­du­um, der ein­zel­ne mensch hin­ter dem grös­se­ren ziel, der welt­ret­tung, der welt­ver­bes­se­rung, der wie auch im­mer ge­färb­ten ge­sell­schaft­li­chen uto­pie zu­rück­ste­hen müs­se. falls also ei­ner in der ses­si­on glo­cken­ge­läut ge­hört ha­ben soll­te: das war ich. trotz­dem — oder ge­ra­de we­gen mei­ner alarm­glo­cken — fand ich den vor­trag ex­trem in­spi­rie­rend, ger­ne wie­der lou­is, auch wenn wir uns nicht mehr er­ken­nen.


der work­shop der bei­den prot­ago­nis­ten der con­nec­tors mal­mö war ein rich­ti­ger work­shop. kei­ne power­point fo­li­en, son­dern selbst­ge­mal­te zet­tel, ste­hen­des pu­bli­kum, ken­nen­lern­spiel­chen und kurz­auf­ga­ben, um da­nach, bei ste­hen­dem pu­bli­kum doch wie­der in die fron­tal-vor­trags-per­spek­ti­ve zu wech­seln. war trotz­dem in­ter­es­sant, vor al­lem weil ich bei den ken­nen­lern­spiel­chen drei leu­te ken­nen­ge­lernt habe, eine er­fah­rung, die ich sonst auf kon­fe­ren­zen, we­gen per­sön­li­chen so­zia­len ei­gen­tüm­lich­kei­ten, nicht ma­che. ich glau­be die bei­den „con­nec­tors“ ma­chen sehr in­ter­es­san­te sa­chen, konn­te aber lei­der de­ren aus­füh­run­gen nicht so­weit fol­gen, um selbst dar­über zu be­rich­ten. mög­li­cher­wei­se gibt de­ren web­sei­te ja de­tail­ier­ter aus­kunft dar­über.


von liss c. wer­ners re­fe­rat bin ich lei­der sehr ent­täuscht ge­we­sen. im prin­zip war das eine prä­ten­tiö­se dia­schau mit hüb­schen bild­chen und ein paar aka­de­mi­schen flos­keln wie ich sie aus der ar­chi­tek­tur­fa­kul­tät ken­ne. wie im­mer will ich nicht aus­schlies­sen, dass ich zu doof für den vor­trag war, je­den­falls habe ich mei­nen ein­druck nach dem vor­trag so zu­sam­men­ge­fasst:

das #DBS15-referat von @SYSTEMARCHITEKT war voller beobachtungen und hübschen bildchen, enthielt aber leider keine einzige schlussfolgerung.

felix schwenzel (@diplix03.07.2015 15:27

die ant­wort von liss c. wer­ner dar­auf war so ge­se­hen fol­ge­rich­tig:

Der Talk hatte keine Schlussfolgerungen zum Ziel sondern Fragen. die Bilder aus Geschichte und current Digital human.

(klei­ne kor­rek­tu­ren von mir hin­zu­ge­fügt)

das hat­te sie am an­fang ih­res vor­trags (et­was kryp­tisch) auch so an­ge­kün­digt. das ent­täu­sche­de ist aber, dass die fra­gen die der vor­trag auf­warf in etwa die sind, die die vor­trags­an­kün­di­gung auf­warf (voll­zi­tat, die fra­gen ste­hen mit fra­ge­zei­chen mar­kiert am ende):

In 1995 Nicholas Negroponte stated that “The change from atoms to bits is irrevocable and unstoppable”. 30 years later we may review Negroponte’s statement and claim that atoms and bits will continue to merge with the advent of smart skin and wearable computers. The body as physical interface to the world has been complemented by the smartphone, the Internet and last but not least wireless, invisible and fast data-autobahns. The body now acts as a communication device between the individual and its physical and virtual environments. Its modification, crossing cyborgian and humanoid genes, describes a fundamental change of the body’s actual material and its new role in the local and urban environment, on a macro- and micro-scale as semi-autonomous communication interface.

Do we need to redesign design in the age of a hacked body?
What are the new challenges for the future gestaltung of society?
Is there a general system residing on a meta-level of design with or without artificial computation?

mir war das al­les zu sehr ober­fäch­li­ches krat­zen und zu we­nig boh­ren. ich fin­de die gu­ten fra­gen er­ge­ben sich nicht durch an­fas­sen, di­stan­zier­tes, fach­frem­des be­ob­ach­ten, son­dern beim boh­ren, beim bau­en, beim tes­ten, aus­pro­bie­ren, se­zie­ren, ana­ly­sie­ren und neu zu­sam­men­set­zen. mir er­schien der de­sign­be­griff der hier ver­han­delt wur­de als zu flach, zu sehr auf die rei­ne, ober­fläch­li­che ge­stal­tung kon­zen­triert. lou­is klein hat ge­zeigt wie schmerz­haft boh­ren sein kann, liss c. wer­ner hat ge­zeigt, wie un­er­gie­big das krat­zen an der ober­flä­che sein kann.

für die­sen blö­den witz möch­te ich mich je­doch ent­schul­di­gen.

eine der folien von @systemarchitekt: „do we need to redesign design in the age of a hacked body?“
hackfleischbesprechungen?
#DBS15 #SCNR

felix schwenzel (@diplix03.07.2015 14:45


jetzt niklas maak auf dem #DBS15 digitalbauhaussummit.de/talks/#talk-613 pic.twitter.com/bA5baX220q

digitalbauhaussummit (@digi_bau03.07.2015 16:08

ni­klas maak hat bei sei­nem vor­trag stark ge­schwitzt. was aber auch kein wun­der ist, weil er den vor­trag vor­an­ge­trie­ben hat wie ein d-zug. ni­klas maak war der­mas­sen in fahrt, dass es mir un­mög­lich war, pa­ralell zum vor­trag et­was sub­stan­zi­el­les da­von zu do­ku­men­tie­ren. aus­ser dem hier:

guter vortrag von niklas maak, geschliffenes englisch, wucht und speed eines d-zugs und mikrofon-ploppen wie beim beatboxen. #DBS15

digitalbauhaussummit (@digi_bau03.07.2015 16:18

ein paar no­ti­zen habe ich mir aber ge­macht und ich fand den vor­trag so be­mer­kens­wert, dass ich dazu noch et­was schrei­ben möch­te — aber erst spä­ter.

hier mei­ne ein­drü­cke vom abend des ers­ten ta­ges und vom zwei­ten tag.

(of­fen­le­gung: ich be­kom­me ein ho­no­rar da­für das twit­ter- und face­book-kon­to des di­gi­tal bau­haus sum­mits zu be­fül­len. in­halt­li­che vor­ga­ben habe ich nicht be­kom­men, hier zen­siert nur mein ei­ge­ner zen­sor in mei­nem kopf)


digital bauhaus 2015

felix schwenzel

die­ses wo­chen­en­de fin­det in wei­mar der zwei­te di­gi­tal bau­haus sum­mit statt. ich wur­de von den ver­an­stal­tern ein­ge­la­den von dort zu be­rich­ten. ab frei­tag wer­de ich das twit­ter-kon­to @digi_bau und das face­book-kon­to des di­gi­tal bau­haus sum­mit mit­be­fül­len. der eine oder an­de­re bei­trag wird viel­leicht auch hier oder in mei­nem twit­ter-kon­to auf­tau­chen.

die ver­an­stal­ter (un­ter an­de­rem die zen­tra­le in­tel­li­genz agen­tur) be­schrei­ben das pro­gramm so:

Design ist mehr als die Gestaltung von Oberflächen. Design lenkt die Nutzungsweise eines Produkts, den Zugang zu Informationen und das Verhalten von Menschen. Design gestaltet Gesellschaft. Unter dem Titel „Designing Society“ fragt der Digital Bauhaus Summit 2015 nach den Möglichkeiten und Grenzen von Gesellschaftdesign in der heutigen Designgesellschaft.

das pro­gramm, die lo­ca­ti­ons und die spre­cher schei­nen viel­ver­spre­chend zu sein. tim le­be­recht will „eine neue ära der ro­ma­tik“ aus­ru­fen, lou­is klein wird über „so­zia­les de­sign“ re­den, ni­klas maak wird über „das bau­haus als kom­mu­ne“ re­fe­rie­ren, liss c. wer­ner will über das „de­si­gnen von de­sign“ re­den und fried­rich liech­ten­stein macht auch ir­gend­was. ich bin sehr ge­spannt auf die vor­trä­ge und work­shops, auch weil ich bei ei­ni­gen vor­trags­an­kün­di­gun­gen auch nach wie­der­hol­tem le­sen nicht her­aus­fin­den konn­te um was es ge­hen wird — und es wohl erst vor ort er­fah­ren wer­de.

auch die ver­an­stal­tungs­or­te an sich schei­nen mir in­ter­es­sant zu sein. am frei­tag fin­det die ver­an­stal­tung in der al­ten staats­bank (bau­jahr 1894) statt, am sams­tag in ei­nem al­ten nazi-bau, der fried­rich nietz­sche ge­dächt­nis­hal­le.

eine hand­voll ti­ckets ist wohl noch ver­füg­bar, wenn ich das rich­tig ver­stan­den habe, ist die teil­neh­mer­zahl auf 150 be­grenzt.

DI­GI­TAL BAU­HAUS SUM­MIT 2015
De­sig­ning So­cie­ty
3. + 4. Juli 2014, Wei­mar

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kunst sammeln

felix schwenzel in artikel

mit 12 hat­te ich kein ver­ständ­nis für kunst. als mei­ne el­tern mir er­zähl­ten, dass sie eine plas­tik von joa­chim ban­dau ge­kauft hät­ten und mir den preis nann­ten, fand ich das da­mals sehr, sehr doof und liess das auch mei­ne el­tern wis­sen. ich ver­mu­te, ich liess sie da­mals wis­sen, dass ich sie für be­scheurt hielt so viel geld für ein stück po­ly­es­ter zu be­zah­len.

der fuss, wie wir ihn dann meist nann­ten, stand oder hing dann die fol­gen­den jah­re in un­se­ren woh­nun­gen. er war ein­fach da: glatt, schlank und gleich­zei­tig rund­lich, matt­schwarz glän­zend, ohne spe­ckig zu wir­ken. sei­ne form war ori­gi­nell aber gleich­zei­tig ein biss­chen ver­traut, wie aus dem flug­zeug­bau.

auf ge­wis­se wei­se teil­te ich mein le­ben mit dem fuss. mein le­ben ver­än­der­te sich, der fuss nicht. je äl­ter ich wur­de, des­to sym­pa­thi­scher wur­de mir der fuss, sei­ne form, sei­ne ober­flä­che, sei­ne re­flek­ti­ons­ei­gen­schaf­ten. ir­gend­wann um die jahr­tau­send­wen­de sah ich den stream ei­ner key­note, in der ste­ve jobs die neu­en ibooks vor­stell­te und sinn­ge­mäss sag­te, dass ihre form so wun­der­bar sei, dass man sie ab­le­cken woll­te. da fiel mir auf, dass mir das mit der plas­tik von joa­chim ban­dau mitt­ler­wei­le auch so ging.

da­mals, so um die jahr­tau­send­wen­de, fing ich auch an zu ver­ste­hen, war­um es in­ter­es­sant ist kunst zu sam­meln. es geht nicht um die wert­an­la­ge oder -stei­ge­rung, es geht nicht um das ha­ben-wol­len oder be­sit­zen, es geht um das zu­sam­men­le­ben mit kunst. kunst, mit der man zu­sam­men­lebt lädt sich mit be­deu­tun­gen, er­in­ne­run­gen, hoff­nun­gen und pro­jek­tio­nen auf. kunst ver­wi­ckelt sich mit dem ei­ge­nen le­ben.

dar­an muss­te ich je­den­falls wie­der den­ken, als ich die­ses wo­chen­en­de wie­der bei mei­nen el­tern über­nach­te­te und die gan­zen ar­bei­ten sah, die die bei­den im lau­fe der jah­re ge­kauft hat­ten.

der fuss von joa­chim ban­dau stand vie­le jah­re auf dem fuss­bo­den, bis mei­ne mut­ter und ich vor zwei jah­ren dem drän­gen mei­nes va­ters nach­ga­ben und ihn end­lich wie­der an eine wand hin­gen. ich fin­de das tut ihm ganz gut.


die­ses bild von dirk skre­ber moch­te ich von an­fang an. ich glau­be mei­ne mut­ter hat es ge­kauft, als er ge­ra­de die düs­sel­dor­fer kunst­aka­de­mie ab­ge­schlos­sen hat­te. ob­wohl — oder ge­ra­de weil es mit we­nig de­tails und eher grob ge­malt ist, eig­net es sich sich her­vor­ra­gend zum rein­pro­ji­zie­ren von ideen und in­ten­tio­nen. ich fand es im­mer ein biss­chen iro­nisch und gleich­zei­tig ir­ri­tie­rend. als sei es un­fer­tig oder als pas­sie­re im bild gleich et­was. im­mer wenn ich am bild vor­bei­kom­me, mer­ke ich je­den­falls, dass es mich be­schäf­tigt; was ist, was könn­te pas­sie­ren?


die blu­men und die fi­sche sind von wang fu. hin­ten sind sie mit ne­on­far­be ge­stri­chen, so dass sie von ei­ner art aura um­ge­ben wer­den. die ar­bei­ten müss­ten alle so um das jahr 1995 ent­stan­den sein, also bald 20 jah­re bei mei­nen el­tern in der kü­che hän­gen. ich stau­ne also seit knapp zwan­zig jah­ren über sie. je­des mal.

wang fu be­schreibt auch das ge­fühl kunst im­mer wie­der im all­tag aus­ge­setzt zu sein, das ich oben ver­sucht habe aus­zu­drü­cken:

Wang Fu beobachtete immer wieder Menschen in ihrer Wahrnehmung während eines Sonnenunterganges am Pazifik. Manche schließen die Augen, andere fühlen mit der Haut, andere können sich dem Augenblick nicht aufmerksam hingeben. Je öfter und bewusster Menschen solche Augenblicke erleben, je mehr Erfahrung sie damit bekommen, je tiefer wird das Erlebnis. Aus der Wiederholung entsteht Konzentration.

so ist das, glau­be ich, ex­akt mit der kunst. je mehr man sich ihr aus­setzt, des­to tie­fer kann das er­le­ben sein, des­to mehr de­tails und qua­li­tä­ten ent­deckt man. und der idea­le ort sich kunst aus­zu­set­zen, ist wohl in der tat das zu­hau­se, der ort an dem man am meis­ten zeit ver­bringt.

ich möch­te be­haup­ten: kunst zu kau­fen oder zu sam­meln ver­bes­sert die le­bens­qua­li­tät. und wenn man das mit kunst macht, zu der man viel­leicht noch kei­nen zu­gang ge­fun­den hat, kann kunst auch aha-er­leb­nis­se pro­du­zie­ren. so wie ein gu­tes buch oder ein gu­ter film.

(wird fort­ge­setzt)


„schau in meine welt“

felix schwenzel

am frei­tag bin ich nach st. mo­ritz ge­fah­ren um mei­ne mut­ter dort ab­zu­ho­len. sie ist auf dem weg nach kor­si­ka in der schweiz krank ge­wor­den und ich habe für sie chauf­feur ge­spielt. ges­tern auf dem weg von st. mo­ritz (un­ter dem flüela-pass durch) zu­rück ins rhein­land hat­te mei­ne mut­ter ge­le­gen­heit ih­rer liebs­ten tä­tig­keit nach­zu­ge­hen: zu er­zäh­len was sie in den letz­ten mo­na­ten so ge­macht hat.

un­ter an­de­rem er­zähl­te sie, dass sie sich jetzt die kika-sen­dung „schau in mei­ne welt“ auf ihr ipad „ge­packt“ hät­te und ei­ni­ge der sen­dun­gen an­ge­se­hen habe. die sen­dun­gen zei­gen je­weils ei­nen be­son­de­ren tag aus dem le­ben ei­nes kin­des — aus deutsch­land, afri­ka, asi­en, ame­ri­ka — eben aus der gan­zen welt. un­ter an­de­rem er­zähl­te sie von lii­ban und sei­ner flucht nach deutsch­land (me­dia­the­klink) und al­va­ro dem schupt­zer aus la paz (me­dia­the­klink).

weil wir aus der schweiz bis zu mei­nen el­tern nach­hau­se un­ge­fähr 10 stun­den un­ter­wegs wa­ren und mei­ne mut­ter bei ih­ren er­zäh­lun­gen ent­spre­chend weit aus­ho­len konn­te, kann­te ich den in­halt der bei­den sen­dun­gen be­reits — aber ich habe sie mir trotz­dem noch am sel­ben abend an­ge­se­hen — und war ziem­lich an­ge­tan da­von. ich wer­de mir ne­ben den bei­den oben er­wähn­ten fol­gen si­cher­lich noch ein paar wei­te­re fol­gen an­se­hen. ich kann das je­dem an­de­ren auch emp­feh­len, die fil­me sind frei von über­mas­si­gem pa­thos oder pa­ter­na­li­sie­rung und auch wenn sie of­fen­bar nicht ganz frei von in­sze­nie­rung sind, lernt man doch eine men­ge aus dem le­ben an­de­rer men­schen. und das scheint mir nach wie vor eine der vor­an­gi­gen auf­ga­ben von kul­tur, li­te­ra­tur, film, fern­se­hen und in­ter­net zu sein: über an­de­re men­schen zu ler­nen.

das ist die über­sichts­sei­te von schau in mei­ne welt und ge­se­hen habe ich lii­ban und die flucht nach deutsch­land und al­va­ro - der schuh­put­zer von la paz.


„Originale mit und für Menschen mit Emotionen“

felix schwenzel

  Ni­co­le Lei­den­frost: „Der Kö­ni­gin hat das blaue Pferd ge­fal­len"

Das Acrylgemälde, das Bundespräsident Gauck der Königin schenkte, stieß in der Öffentlichkeit auf wenig Begeisterung. Auch Elisabeth II. reagierte verhalten. Im Internet wird der Künstlerin mit Häme und Spott begegnet. Sie selbst sieht sich in der Tradition Franz Marcs.

ich fin­de das in­ter­view mit der künst­le­rin ziem­lich ent­lar­vend. und so doof ich es fin­de, kunst mit sprü­chen wie „das kann ich auch“ (kannst du näm­lich nicht) oder „kann das weg, oder ist das kunst?“ (der wohl auf die von putz­frau­en weg­ge­putz­te in­stal­la­ti­on von beuys an­spielt) zu dis­kre­di­tie­ren, möch­te ich doch sa­gen: ich fin­de das bild gräss­lich. bei der faz kann man es se­hen und das in­ter­view mit ni­co­le lei­den­frost le­sen.

und weil ich das bild scheuss­lich fin­de, fin­de ich die­se va­ria­tio­nen von ruth herz­berg und der bei­fah­re­rin um so er­fri­schen­der:

[nach­trag 27.06.2015]

sie­he auch an­ni­ka von tau­be „das ei­gent­lich schlim­me am blau­en pferd der kö­ni­gin“:

Die eigentliche Ursache für das zweifelsohne peinliche Geschenk [liegt] nicht in der fragwürdigen Qualität des künstlerischen Schaffens von Leidenfrost […]. Sondern im Umstand, dass das Äquivalent einer Kritzelei, die Mutti vom Kind geschenkt bekommt, überhaupt als für ein Staatsgeschenk infrage kommendes Kunstwerk klassifiziert werden konnte. Dass es niemanden zu geben scheint im ganzen Apparat des Bundespräsidialamtes, der etwas von Kunst versteht oder zumindest ahnt, dass man bei mangelnder Eigenkompetenz jemanden zu Rate ziehen sollte, der dies tut. Dass man offensichtlich glaubt, Farbe auf Papier oder Leinwand sei automatisch Kunst.


game of youthism

felix schwenzel

  spie­gel.de: Kör­per­dou­ble von „Game of Thro­nes“-Star: „Die schwers­te und bes­te Er­fah­rung mei­nes Le­bens“

Seit Beginn der TV-Ausstrahlung spielt [die Schauspielerin Lena Headey, 41] die Rolle der Cersei Lannister. Für die Nacktszene wurde jedoch ein Double engagiert, und nun ist auch bekannt, wer den Part bekam: Schauspielerin und Model Rebecca Van Cleave. Mit „Entertainment Weekly“ sprach die 27-Jährige nun zum ersten Mal über die Dreharbeiten.

schon klar, nach all den ver­ge­wal­ti­gun­gen, ver­bren­nun­gen, ver­stüm­me­lun­gen und emas­ku­la­tio­nen in den letz­ten paar staf­feln von games of thro­nes, kann man den zu­schau­ern nicht den nack­ten kör­per ei­ner 41-jäh­ri­gen frau zu­mu­ten und zeigt er­satz­wei­se lie­ber den ei­ner 27jäh­ri­gen.

[nach­trag]
mir ist klar, dass lena hea­dey sich ent­schie­den hat, die nackt­sze­ne nicht selbst zu spie­len. so steht es im oben ver­link­ten en­ter­tain­ment-weekly-ar­ti­kel. dar­um geht es in die­sem ar­ti­kel aber auch nicht, son­dern al­lein um die cas­ting-ent­schei­dung eine 27 jäh­ri­ge, eine nack­te 41 jäh­ri­ge dar­stel­len zu las­sen. mit dem cas­ting woll­te lena hea­dey üb­ri­gens auch nichts zu tun ha­ben (steht auch im oben ge­nann­ten en­ter­tain­ment-weekly-ar­ti­kel).

bei game of thro­nes herrscht die glei­che be­klopp­te lo­gik wie im rest­li­chen hol­ly­wood: frau­en über 30 gel­ten of­fen­sicht­lich in der film­lo­gik als un­fick­bar. als po­ten­zi­el­le part­ner für fif­ty-so­me­things kom­men frau­en über 30 in hol­ly­wood-pro­duk­tio­nen of­fen­bar nicht in fra­ge. so wur­de das je­den­falls kürz­lich der 37 jäh­ri­gen schau­spie­le­rin mag­gie gyl­len­haal von ei­nem pro­du­zen­ten er­klärt:

I’m 37 and I was told recently I was too old to play the lover of a man who was 55. It was astonishing to me. It made me feel bad, and then it made feel angry, and then it made me laugh.

(be­richt im guar­di­an, in­ter­view mit gyl­len­haal)

für äl­te­re her­ren kommt auf der lein­wand, nach der gän­gi­gen hol­ly­wood-lo­gik, nur ganz fri­sches weib­li­ches fleisch in be­tracht.

wor­an kann das lie­gen, wenn jetzt die pro­du­zen­ten von games of thro­nes eine rol­le, die an­ge­zo­gen von ei­ner 41 jäh­ri­gen frau ge­spielt wird, nackt von ei­ner 27 jäh­ri­gen spie­len las­sen? liess sich kei­ne über-vier­zig-jäh­ri­ge fin­den, die als nackt­dou­ble auf­tre­ten woll­te? oder woll­te man den zu­schau­ern den an­blick von ge­al­ter­ter haut er­spa­ren? in ei­ner se­rie, die sich nicht scheut wirk­lich al­les zu zei­gen (ko­pu­la­ti­on, ver­ge­wal­ti­gung, er­ste­chen und er­schla­gen von schwan­ge­ren, häu­tun­gen und ver­bren­nun­gen von un­schul­di­gen, und so wei­ter und so fort) scheut man sich bei ta­ges­licht eine nack­te frau über 40 zu zei­gen?

die pro­du­zen­ten, die den schön­heits- und ju­gend­wahn un­se­rer zeit in eine mit­tel­al­ter­li­che phat­a­sie­welt rein­pro­jie­zie­ren, ent­lar­ven sich da­mit auch als pro­du­zen­ten „me­lo­dra­ma­ti­scher por­no­gra­fie“, wie aa­ron bady das kürz­lich nann­te. oder wie ich das aus­drü­cken wür­de, als pro­du­zen­ten von ab­ge­dro­sche­nem und glatt­pü­rier­tem gla­mour­scheiss. game of thro­nes wird von zwei über vier­zig­jäh­ri­gen män­nern pro­du­ziert, die ra­di­kal und au­then­tisch tun, sich aber un­über­seh­bar nicht mal zwei zen­ti­me­ter vom klein­geis­ti­gen gla­mour­zeit­geist lö­sen kön­nen oder wol­len, der äl­te­re frau­en ver­ach­tet und ju­gend­li­che frau­en ver­göt­tert und ver­glit­tert.

ei­gen­tüm­li­cher­wei­se le­gen die pro­du­zen­ten und der au­tor ge­or­ge r. r. mar­tin an­sons­ten gros­sen wert dar­auf, die „his­to­ri­sche wahr­heit und mensch­li­che na­tur“ au­then­tisch und scho­nungs­los zu zei­gen. dazu sagt mar­tin laut der new york times:

George R. R. Martin wrote that as an artist, he had an obligation to tell the truth about history and about human nature.
[…]
As for the books, readers say that Mr. Martin’s presentation of rape underscores the harshness of his world, but some question what they say is his overreliance on it and an often lurid tone when writing about sexual matters.
[…]
Mr. Martin said that his philosophy as a writer is to show and not tell, and doing so requires “vivid sensory detail.”

al­ler­dings ging es im ny­ti­mes-ar­ti­kel und den äus­se­run­gen von ge­or­ge r. r. mar­tin und sei­nen le­sern um die dar­stel­lung von se­xu­el­ler ge­walt. die sol­le un­be­dingt au­the­tisch, „un­an­ge­nehm“, hart, di­rekt und un­ver­blümt dar­ge­stellt wer­den. wenn es um die dar­stel­lung von nack­ten frau­en geht, scheint man von die­sen grund­sät­zen in der pro­duk­ti­on von game of thro­nes auch mal ab­wei­chen zu kön­nen, um die „wahr­heit“, die mensch­li­che na­tur und die „harsh­ness of his world“ ein biss­chen fri­scher, kna­cki­ger und ju­gend­li­cher dar­stel­len zu kön­nen, als das wohl mit dem kör­per ei­ner über 40 jäh­ri­gen mög­lich ist. was für eine ab­ge­fuck­te bi­got­te­rie.


zentrum für politische schönheit und eitelkeit

felix schwenzel

bei me­tro­naut.de ist john f. ne­bel sehr be­geis­tert von „ei­nem wun­der­schö­nen akt des zi­vi­len un­ge­hor­sams“. bei der süd­deut­schen ist han­na beit­zer we­ni­ger be­geis­tert von der ak­ti­on des zen­trums schön­heit und fin­det, dass „die mit­tel dem zweck scha­den“. et­was neu­tra­ler be­rich­tet der ta­ges­spie­gel von der ak­ti­on: „50 De­mons­tran­ten beim ‚Marsch der Ent­schlos­se­nen‘ fest­ge­nom­men“.

ich bin mit mei­ner mei­nung mit­ten­drin. ich fin­de es grund­sätz­lich gut, wie das zen­trum für po­li­ti­sche schön­heit ver­sucht ein sta­chel im ge­wis­sen der an­de­ren zu sein und sei­ne zei­ge­fin­ger be­nutzt um auf die da oben zu zei­gen (ups, da ist aus­ver­se­hen kri­tik in das lob ge­flos­sen). was mich aber doch sehr nervt, ist die ei­tel­keit, oder wie han­nah beit­zer das nennt, „selbst­ver­liebt­heit“ der ak­ti­vis­ten. an­mut ohne de­mut ist nur halb so schön.

trotz­dem: ich bin und blei­be ein fan vom zen­trum für po­li­ti­sche schön­heit. ich kann auch sa­chen gut fin­den, die ich manch­mal doof fin­de.


9 ½ gründe warum ich nochmal die krautreporter unterstütze

felix schwenzel

  • die kritik an den krautreportern ist meist noch dööfer als das was die krautreporter machen (ich schliesse mich selbst nicht aus)
  • theresa bäuerlein
  • friedemann karig
  • weil tilo jung offenbar nur noch einmal im monat auf krautreporter veröffentlicht
  • weil die krautreporter volltext-RSS haben (im gegenteil zum beispiel zu den prenzlauer-berger-nachrichten) — auch wenn der RSS-feed immer noch keine -auszeichnung hat
  • die morgenpost
  • scheitern als chance
  • ich gucke hin und wieder auch gerne mittelgute fernsehserien
  • weil es den krautreportern egal ist, dass sie in selbstproduzierten erklärvideos und selbstinterviews peinlich wirken
  • softwareentwickler (und journalisten) brauchen auch geld

native advertising oder naïve advertising auf spiegel online?

felix schwenzel

auf spie­gel-on­line ist seit ein paar ta­gen ein eher be­scheu­er­tes vi­deo auf der start­sei­te an­ge­teasert: „Wag­hal­si­ges Ma­nö­ver: Im Tief­flug durch den Han­gar

die re­le­vanz des the­mas wird mit 20 wor­ten un­ter dem vi­deo an den haa­ren her­bei­ge­zo­gen:

Zwei Piloten haben in Nordwales einen Weltrekord aufgestellt. Nebeneinander sind sie durch einen Flugzeughangar geflogen. Einen Meter über dem Boden.

auch wenn die be­haup­tung ei­nes welt­re­kords et­was ist, was sich spie­gel-on­line of­fen­bar aus­ge­dacht hat (sie­he un­ten), reicht es der re­dak­ti­on an­schei­nend, wenn ir­gend­wer ir­gend­was spek­ta­ku­lä­res wag­hal­si­ges ver­an­stal­tet und das gut do­ku­men­tiert, um dem dann ta­ge­lang platz auf der start­sei­te ein­zu­räu­men.

ei­gent­lich woll­te ich mich nur ein biss­chen dar­über auf­re­gen, dass zwei durch­ge­knall­ten an­ge­bern, die sich und der welt ihre cool­ness be­wei­sen wol­len, über­haupt platz auf spie­gel-on­line ein­ge­räumt wird.

dann woll­te ich mich über mich selbst auf­re­gen, dass ich mir so ei­nen auf­wän­dig pro­du­zier­ten müll über­haupt an­se­he.

aber dann war ich fas­zi­niert von der pro­fes­sio­na­li­tät von red bull, die wirk­lich hart dar­an ar­bei­ten, ihre ex­trem an­spruchs­voll pro­du­zier­ten wer­be­ma­te­ria­li­en in re­dak­tio­nel­le, ver­meint­lich se­riö­se me­di­en zu brin­gen. da­für gibt es ne­ben ei­ge­nen re­dak­tio­nell be­ar­bei­te­ten be­rich­ten, ei­nen so­ge­nann­ten „red bull con­tent pool“ aus dem sich jour­na­lis­ten in­ter­es­san­tes raus­an­geln kön­nen. so gibt es für das be­scheu­er­te flug­mä­no­ver eine ei­ge­ne sei­te auf der man 3 ver­schie­de­ne vi­de­os, 18 bil­der und ei­nen vor­ge­fer­tig­ten text run­ter­la­den kann. die vi­de­os lie­gen in je­weils 4 ver­schie­de­nen for­ma­ten vor, die bil­der („edi­to­ri­al use only“) in 2 auf­lö­sun­gen.

dass spie­gel-on­line ge­schenk­ten gäu­lern of­fen­bar nicht ins maul schaut und pro­fi­lie­rungs- und wer­be­un­ter­la­gen für zwei al­tern­de män­ner und eine ek­lig rie­chen­de brau­se auf sei­ner start­sei­te platz ein­räumt, wun­dert mich nicht wirk­lich, aber dass das so di­stanz­los ge­macht wird, ohne wei­te­re „in­for­ma­tio­nen“ oder min­des­tens ei­nen link für leu­te die sich für le­bens­mü­de pro­fil­neu­ro­ti­ker in­ter­es­sie­ren, macht mich sehr trau­rig. ich hat­te mir bis­her ein­ge­bil­det, dass bei spie­gel-on­line jour­na­lis­ten ar­bei­ten, die das mit dem jour­na­lis­mus ernst mei­nen.


oben hat­te ich die red-bull-ei­ge­ne „be­richt­erstat­tung“ schon ver­linkt, aber weil sich hin­ter dem link tat­säch­lich ganz in­ter­es­san­te (tech­ni­sche) de­tails ver­ber­gen und man gut nach­voll­zie­hen kann, mit wel­chem (tech­ni­schen und lo­gis­ti­schen) auf­wand red bull den quatsch do­ku­men­tiert hat, wei­se ich hier­mit noch­mal ge­son­dert dar­auf hin: „Watch: Red Bull Barn­stor­ming


apro­pos welt­re­kord von dem spie­gel-on­line hier spricht. auf sämt­li­chen red-bull-ei­ge­nen sei­ten ist nichts von ei­nem „re­kord“ oder gar „welt­re­kord“ zu le­sen, bis auf die­se über­schrift:

British pilots record world first as they fly in formation through building

mein sprach­ge­fühl deu­tet dar­auf hin, dass hier kei­nes­falls von ei­nem re­kord die rede ist, son­dern von ei­nem an­spruch oder ei­nem ver­mel­den. eine kur­ze nach­fra­ge auf twit­ter scheint das zu be­stä­ti­gen:

@diplix „Britische Piloten schaffen als erste weltweit Formationsflug durch Gebäude“ (Wörtliche Übersetzungen sind stilistisch unschön.)

fraencko (@fraencko20.06.2015 19:16

@diplix "Weltweit erstmalig: Britische Piloten fliegen in Formation durch Gebäude"

CptLeto (@CptLeto20.06.2015 18:58

@diplix Als welterste gelang es Piloten aus England in einem Formationsflug durch Gebäude zu fliegen. beanspruchen is imho bäh

Hiccup (@alletun20.06.2015 19:30


ich habe die über­schrift nach die­sem tweet von @vier­zu­ein­ser an­ge­passt.


[nach­trag 21.06.2015]

sven chris­ti­an von spie­gel on­line hat sich in den kom­men­ta­ren un­ten ge­mel­det und sich für den hin­weis auf den „über­set­zungs­feh­ler“ be­dankt. die ak­ti­on ist jetzt auf spie­gel.de kein „welt­re­kord“ mehr, son­dern „eine mu­ti­ge ak­ti­on“. aus­ser­dem:

Die Verwendung von Bildmaterial von Red Bull Media wird bei uns in der Redaktion auch rege und kontrovers diskutiert. Wir entscheiden es immer Fall zu Fall.

auf der spie­gel-on­line-start­sei­te muss man jetzt neu­er­dings auch ein biss­chen blät­tern, um das red-bull-wer­be­vi­deo zu se­hen.


BBQ und pelikan tramp

felix schwenzel

ges­tern wa­ren wir mit ei­ner freun­din bei pig­nut in moa­bit pul­led pork, chi­cken wings und süss­kar­tof­fel­pom­mes es­sen. ich emp­feh­le den la­den ger­ne wei­ter, das pul­led pork war le­cker, die süss­kar­tof­fel­pom­mes knusp­rig und heiss und mayo, ket­chup und selbst­ge­mach­te sos­sen in aus­rei­chen­den men­gen vor­han­den. die bei­fah­re­rin war sehr un­zu­frie­den mit der sitz­si­tua­ti­on, weil wir an ei­nem steh­tisch mit bar­ho­ckern sas­sen. sie mein­te so kön­ne sie nicht es­sen, was sich, so­bald das es­sen auf dem tisch war, als falsch her­aus­stell­te. die kin­der der freun­din be­klag­ten sich ent­ge­gen der er­war­tung der bei­fah­re­rin auch nicht über die sitz­si­tua­ti­on.

wes­halb ich das auf­schrei­be ist aber we­ni­ger die sitz­si­tua­ti­on, als das was die kin­der mit­brach­ten. et­was aus mei­ner ju­gend, des­sen exis­tenz ich schon lan­ge ver­ges­sen hat­te: pe­li­kan tramp büch­lein.

die wit­ze wa­ren (na­tür­lich) we­ni­ger zum mit­la­chen, son­dern eher prall ge­füllt mit ab­ge­stan­de­nen ste­reo­ty­pen (schot­ten, haus­frau­en), aber den ei­nen will ich doch nach­er­zäh­len ab­tip­pen:

Ein Patient kommt zum Arzt und klagt über Leibschmerzen. Der Doktor untersucht ihn und fragt: »In welcher Gegend haben Sie den Schmerz denn zuerst gespürt?« — Nach kurzer Überlegung lautet die Antwort: »Am Bahnhofsplatz, Herr Doktor.«


Weshalb wirres.net keine Zukunft hat. Leider.

felix schwenzel

ich habe die­sen text („Wes­halb die Kraut­re­por­ter kei­ne Zu­kunft ha­ben. Lei­der.“) von mar­cus schul­er mal ent­krau­tet und ein paar ego­i­sie­ren­de an­pas­sun­gen vor­ge­nom­men.


Jetzt mal ehr­lich: So rich­tig glaubt kei­ner an den Er­folg von wir­res.net. Dazu ist die Idee zu kon­fus und mischt gute mit mit­tel­mä­ßi­gen und manch­mal auch lang­wei­li­gen Tex­ten. Der Aus­stieg von Ste­fan Nig­ge­mei­er, der mit Ab­stand der bes­te Au­tor auf wir­res.net war, dürf­te das lang­sa­me Ende der Web­site be­deu­ten.

Fe­lix Schwen­zel hat es nicht ver­stan­den, sich selbst ein Pro­fil zu ge­ben. Dazu wa­ren die Tex­te zu un­ter­schied­lich und zu be­lie­big. Er ist schon jetzt ge­schei­tert, auch wenn er es noch nicht wahr­ha­ben will.

Ge­ra­de Au­toren wie Ste­fan Nig­ge­mei­er wol­len ver­wöhnt und ge­hät­schelt wer­den. Sie wol­len – ob sie es zu­ge­ben oder nicht – mit Ab­stand deut­lich sicht­bar wahr­ge­nom­men wer­den. Wir­res.net war und ist für Leu­te wie Nig­ge­mei­er nicht das rich­ti­ge Dis­tri­bu­ti­ons­me­di­um, weil ih­nen so ein Blog ver­mut­lich kei­ne nen­nens­wert neu­en Le­ser lie­fert, die sie mit ih­rer ei­ge­nen Web­site nicht oh­ne­hin er­rei­chen.

Wir­res.net er­strahl­te durch Tex­te von Nig­ge­mei­er und nicht um­ge­kehrt. Wel­chen Nut­zen bringt wir­res.net also für Nig­ge­mei­er und an­de­re, wenn sie durch ihre Tex­te der Platt­form zu mehr Glanz ver­hel­fen?

Ge­schei­tert ist Fe­lix Schwen­zel mit wir­res.net, weil er bis­lang nicht re­dak­tio­nell ge­dacht und ver­öf­fent­licht hat; und weil es doch die gro­ßen Na­men wie SZ, FAZ oder SPIE­GEL sind, die pu­bli­zis­tisch den Takt in die­ser Re­pu­blik vor­ge­ben, weil sie zu­neh­mend auch im Netz, an EI­NEM The­ma ar­bei­ten, ei­nen Pool von Jour­na­lis­ten auf EIN The­ma an­set­zen. Es gründ­lich re­cher­chie­ren, do­ku­men­tie­ren und viel­leicht so­gar mul­ti­me­di­al auf­be­rei­ten.

Nach wie vor fehlt wir­res.net eine Aus­rich­tung, ein Haupt­the­ma, mit dem es sich aus­ein­an­der­setzt. Mei­net­we­gen auch zwei oder drei The­men­blö­cke, um die alle Ge­schich­ten krei­sen. Es braucht Re­cher­che-Power, Zu­sam­men­ar­beit an EI­NEM The­ma, eine or­dent­li­che Re­dak­ti­on von Tex­ten und viel­leicht so­gar ein Team im Hin­ter­grund, das die Au­toren-Tex­te über­prüft und Zah­len und Fak­ten kon­kre­ti­siert.

Ich glau­be, nur dann hat die­ses An­ge­bot eine Chan­ce, zu über­le­ben. Und viel­leicht kann es dann ir­gend­wann auch wie­der in­ter­es­sant wer­den für gro­ße Schrei­ber wie Nig­ge­mei­er, weil es dann als er­stre­bens­wert¹ gel­ten könn­te, bei wir­res.net zu ver­öf­fent­li­chen.


1) Ver­glei­che mit den Kraut­re­por­tern, mar­cus-schul­er.com, me­di­um.com oder po­li­ti­co kann sich je­der selbst zu­sam­men­rei­men.

(zu­erst auf mar­cus-schul­er.com ver­öf­fent­licht)


gehören selfies ins blog?

felix schwenzel

da­ni­el pe­ter hat mei­nen vor­trag auf der ne­ben­an bei den netz­pi­lo­ten zu­sam­men­ge­fasst:

Zu Beginn seines Vortrags, räumt Felix Schwenzel gleich ein, dass der gewählte Titel eigentlich totaler Quatsch sei, da er im Rahmen seines Vortrags eigentlich zeigen möchte, warum das Indiweb seiner Meinung nach die Zukunft ist.

be­son­ders hat mir die stel­le ge­fal­len, in der er über mei­ne klei­ne de­mons­tra­ti­on schreibt, von der ich dach­te, dass je­der der sie sieht laut aha ru­fen wür­de:

Für Leute die nicht gerade tief in der [Indieweb-] Materie stecken, ist es in dieser kurzen Zeit so gut wie unmöglich, einen Durchblick zu erlangen.

Als Beispiel für die guten Aspekte der Plattformen, macht Schwenzel ein Selfie und postet es auf Instagram. Durch eine Funktion wird der Post anschließend sowohl bei Facebook, als auch auf Twitter geteilt. Allerdings passiert das Ganze so schnell, dass man weder versteht wie es funktioniert, noch worin der Sinn bzw. der Bedarf dahinter liegt. [link von mir hinzugefügt]

gute fra­ge, auch wenn er ver­ges­sen hat den ent­schei­den­den punkt zu er­wäh­nen: der sel­fie lan­de­te hier im blog.

ich hol mal aus. als flickr vor vie­len, vie­len jah­ren neu war, war das der to­tal heis­se scheiss. 2006 hat­te ich eine pres­se­ak­kre­di­tie­rung für die bam­bi-ver­lei­hung (da­nach wur­de ich wit­zi­ger­wei­se nie wie­der ein­ge­la­den) und habe zwei akku-la­dun­gen lang am ro­ten tep­pich ge­stan­den und sehr viel mit mei­nem no­kia n70 fo­to­gra­fiert — und die bil­der zu flickr ge­la­den. das ging da­mals per e-mail und fühl­te sich da­mals ul­tra­mo­dern und su­per be­nut­zer­freund­lich an. ge­bloggt hbe ich auch von der ver­an­stal­tung (meh­re­re „live“-ar­ti­kel und ei­nen nach­ge­scho­be­nes fa­zit, ich ver­lin­ke aber nur die­sen hier), aber ein gross­teil der bil­der wan­der­te aus­schliess­lich auf flickr. als flickr ein paar jah­re spä­ter an ya­hoo ver­kauft wur­de und vor al­lem we­gen dumpf­ba­cki­ger ma­nage­ment-ent­schei­dun­gen un­er­träg­lich, un­se­xy und un­ver­ein­bar mit mei­nem ge­wis­sen wur­de, habe ich mein flickr-kon­to ge­löscht.

die bil­der konn­te man da­mals zwar mit ein paar tricks und scrip­ten si­chern (run­ter­la­den), aber der gross­teil mei­ner bil­der ver­schwand da­mit aus dem netz. ir­gend­wo habe ich die si­che­rung be­stimmt noch als ar­chiv auf ei­ner mei­ner fest­plat­ten und ein paar sind auch noch in mei­nem blog, näm­lich ge­nau die, die ich ver­bloggt habe. alle an­de­ren sind aber de-fak­to weg.

war die kon­to­lö­schung bei flickr da­mals mei­ne ei­ge­ne ent­schei­dung, gibt es auch ei­ni­ge bei­spie­le von web-diens­ten die ab­ge­schal­tet oder um­ge­wid­met wur­den. er­in­nert sich noch je­mand an stu­diVZ? uboot? geo­ci­ties? my­space? twit­pic? oder gar watch­ber­lin? es ist ein my­thos, dass das in­ter­net nicht ver­gisst. so vie­les was ich auf an­de­ren sei­ten als mei­nem blog ge­pos­tet habe, ist ver­schwun­den oder nicht mehr auf­find­bar.

selbst bei diens­ten de­nen es gut geht, von face­book, über in­sta­gram oder twit­ter, sind mei­ne in­hal­te kei­nes­wegs si­cher. soll­te sich face­book — aus wel­chen grün­den auch im­mer — ent­schei­den dass ich ge­gen de­ren richt­li­ni­en ver­stos­sen hät­te, könn­ten sie mich von ei­nem tag auf den an­de­ren sper­ren oder raus­schmeis­sen. in­sta­gram und face­book sind da­für be­kannt in­hal­te die ih­nen nicht in den kram pas­sen zu lö­schen. alle mei­ne müh­sam mit me­ta­da­ten, bild­un­ter­schrif­ten oder blö­den witz­chen ver­se­he­nen bil­der (oder tex­te) in die­sen pri­vat­si­los, könn­ten von ei­nem tag auf den an­de­ren mit al­les li­kes oder be­nut­zer­kom­men­ta­ren ver­schwun­den sein — wenn face­book das woll­te. des­halb ver­su­che ich spä­tes­tens seit dem flickr-de­sas­ter al­les was mir wich­tig ist auch auf mei­nem blog zu pos­ten — und erst dann auf twit­ter, face­book oder sonst­wo. das funk­tio­niert na­tür­lich nicht im­mer.

es­sens­bil­der? un­wich­tig, fand ich noch vor ein paar mo­na­ten, und stell­te sie aus­schliess­lich auf face­book ein. wenn ich aber ein be­stimm­tes re­zept su­che, wer­de ich meis­tens nur dann fün­dig, wenn ich mir die mühe ge­macht habe das re­zept zu blog­gen. su­chen und fin­den auf face­book oder in­sta­gram? ha! twit­ter hat­te jah­re­lang nur eine völ­lig ver­korks­te such­funk­ti­on (die von flickr hin­ge­gen war im­mer schon ganz gut, aber was nützt ei­nem das, wenn man sei­ne bil­der ge­löscht hat?

und das ist der grund, war­um ich von der mög­lich­keit ein in­sta­gram­bild mit sämt­li­chen me­ta­da­ten, au­to­ma­tisch auf mein blog zu syn­di­zie­ren be­geis­tert bin. auf in­sta­gram mag das bild sein pu­bli­kum und li­kes fin­den, auf mei­nem blog fin­det es sei­ne hei­mat (sor­ry für den pa­thos). und wenn das bild erst­mal bei mir im blog ist, kann ich ma­chen was ich will da­mit: es per RSS wei­ter­ver­tei­len, es zu face­book und twit­ter wei­ter­syn­di­zie­ren, wenn ich woll­te auch zu flickr und wenn goog­le es woll­te, auch zu goo­gle­plus.

bei twit­ter tau­chen die bil­der auch gleich un­term tweet auf, ohne dass der ge­neig­te be­trach­ter sich erst zu in­sta­gram durch­kli­cken müss­te oder ei­nen spe­zi­el­le twit­ter-app nut­zen müss­te, die das in­sta­gram di­rekt un­ter dem tweet an­zeigt.

das be­deu­tet für mich kon­trol­le über mei­ne ei­ge­nen da­ten: nicht dass ich den da­ten re­strik­tio­nen an­le­gen woll­te, son­dern dass ich mit mei­nen da­ten ma­chen kann was ich will — und sie im zwei­fels­fall auch wie­der­fin­den kann.

dass un­ter den instra­gram-bil­dern, die ich auf mein blog ge­zo­gen habe, auch die kom­men­ta­re, li­kes oder ret­weets an­de­rer er­schei­nen (bei­spiel) fin­de ich in die­sem zu­sam­men­hang auch fol­ge­rich­tig, auch wenn das ge­nau­ge­nom­men gar nicht mei­ne da­ten sind. aber weil ich die­se da­ten auch kon­trol­lie­re, kann ich sie, bei be­darf, auch (se­lek­tiv) aus­blen­den, lö­schen oder an­ders prä­sen­tie­ren.


das schö­ne ist aber auch, dass ich theo­re­tisch auch stil­le ar­ti­kel (oder bil­der) ver­öf­fent­li­chen kann, die nur auf mei­nem blog er­schei­nen. ben werd­mül­ler hat das kürz­lich so for­mu­liert:

One reason to publish on the web is to make a name for yourself, and create an audience for your content or services. But that's not the only reason, or even the best one. I think structured self-reflection is more valuable - with or without feedback.

We've been trained to worry about audience and analytics for our posts. How many people read a piece about X vs a piece about Y? Is it better to post at 2pm on a Thursday or 10pm on a Sunday? Which demographic segments are most interested?

That's fine and dandy if you're a brand, but not all of us need to be brands. Not every piece of content needs to be a performance. If we unduly worry about audience, we run the risk of diluting our work in order to appeal to a perceived segment. Sometimes the audience is you, and that's enough.

noch­mal: die kon­trol­le habe ich. ich kann ma­chen was ich will. und im mo­ment will ich vor al­lem eins: das blog zu­erst, aber auf die reich­wei­te der netz­wer­ke, die mög­lich­keit men­schen aus­ser­halb mei­ner fil­ter­bla­se zu er­rei­chen, möch­te ich (mo­men­tan) nicht ver­zich­ten. aus­ser manch­mal.


14 von 66 seen

felix schwenzel

der letz­te spa­zier­gang auf un­se­rem 66 seen rund­wan­der­weg­vor­ha­ben war eher kurz, die­ser war ziem­lich lang: um die 25 ki­lo­me­ter. es ging von wand­litz­see zum bahn­hof bie­sen­thal, vor­bei an ziem­lich vie­len seen, ich glau­be es wa­ren so um die sie­ben.

 

den GPX-track habe ich von gpsies.com. hier noch eine an­de­re an­sicht des glei­chen tracks auf trails.io

die stre­cke war wun­der­bar ab­wechs­lungs­reich, auch wenn es fast aus­schliess­lich durch den wald ging. die meis­ten wald­stü­cke un­ter­wegs schie­nen un­ter na­tur­schutz zu ste­hen, bzw nicht be­wirt­schaf­tet zu wer­den; über­all la­gen um­ge­stürz­te bäu­me im wald, im was­ser, auf den we­gen und zum teil auch auf den häu­sern.

auf häuser gefallene bäume

auch vie­le der häu­ser an de­nen wir vor­bei­ka­men schie­nen un­ter na­tur­schutz zu ste­hen, bzw. nicht be­wirt­schaf­tet zu wer­den.

ein haus, das unter naturschutz zu stehen scheint

auch wenn die stre­cke durchs brie­se­tal wirk­lich wun­der­schön ist, fan­den wir die­sen stre­cken­ab­schnitt fast noch schö­ner. der wald wirk­te an sehr vie­len stel­len sehr dra­ma­tisch und in­sze­niert. das licht war sehr gut ge­setzt und die ar­bei­ten von pil­zen, wind und wet­ter wa­ren teil­wei­se so be­ein­dru­ckend, dass sich die bei­fah­re­rin ein paar mal dazu hin­reis­sen liess zu sa­gen: „wer braucht bei so­was noch kunst?“

dramatisches licht im wald
balanceakt
wer macht denn sowas?
pilze wie elefantenfüsse
geteilter baum der weiter lebt
noch mehr dramatisches licht
bäume mit farbverläufen

spu­ren vom bi­ber gabs auch dies­mal zu se­hen, ich fin­de den fleiss und die ak­ku­ra­tes­se von den tie­ren sehr be­ein­dru­ckend.

des bibers arbeit

auf die­sem stre­cken­ab­schnitt war die aus­schil­de­rung, also die blau­en punk­te des 66-seen-we­ges, her­vor­ra­gend aus­ge­schil­dert. zur si­cher­heit habe ich mir al­ler­dings noch­mal eine off­line-ver­si­on des stre­cken­ab­schnitts in mein trails ge­la­den. da­mit funk­tio­niert die na­vi­ga­ti­on auch off­line ganz her­vor­ra­gend und wir ha­ben uns kein mal ver­lau­fen. ob­wohl wir die han­dys die meis­te zeit off­line im flug­zeug­mo­dus hat­ten, reich­ten un­se­re ak­kus ge­ra­de so die neun stun­den die wir un­ter­wegs wa­ren. das nächs­te ge­rät das ich mir kau­fe wird ein mo­bi­les akku-pack sein, um un­ter­wegs die han­dys la­den zu kön­nen.

schilder aufhängen auf eigene gefahr
blanko-schild zum selbst ausfüllen

die sie­ben seen an de­nen wir vor­bei­ka­men wa­ren alle ex­trem ma­le­risch. der liep­nitz­see soll zu­dem noch ei­nes der sau­bers­ten ge­wäs­ser deutsch­lands bran­den­burgs sein. auf dem liep­nitz­see gibt’s auch ne fäh­re.







noch mehr gefallene bäume
einer von 66 seen
noch einer von 66 seen

auf der hälf­te der stre­cke ha­ben wir rast bei uli’s fisch­haus ge­macht. das war OK, aber für die prei­se zu we­nig be­frie­di­gend und sät­ti­gend. da­für is­ses aber wun­der­schön ge­le­gen und elek­tro­ly­te ha­ben wir auch zu uns ge­nom­men.

steg am obersee (von uli’s fischhaus aus fotografiert)

wir ha­ben bei­de so vie­le fo­tos ge­macht, dass un­se­re te­le­fo­ne sich stän­dig über man­geln­den platz be­klag­ten. ich habe jetzt auf dem te­le­fon nur noch apps, die ich in den letz­ten 6 mo­na­ten mal be­nutzt habe, al­les an­de­re ist ge­löscht.

drama!
die rosen riechen offenbar

nächs­tes mal ba­cken wir dann wie­der klei­ne­re bröt­chen. die 25 ki­lo­me­ter wa­ren zwar nicht all­zu un­an­ge­neh­me, aber die letz­ten 3-4 ki­lo­me­ter ha­ben sich dann doch sehr ge­zo­gen. was auch an der bahn­hofs­stras­se in bie­sen­thal lie­gen kann, die sich 3 ki­lo­me­ter lang ker­zen­fra­ge ker­zen­gra­de zieht, bis am dorf­aus­gang der bahn­hof kommt. die bahn­hofs­stras­se ist zwar sehr di­vers und ab­wechs­lungs­reich be­baut, von wun­der­bar sa­nier­ten alt­bau­ten, de­nen man eine glän­zen­de ver­gan­gen­heit an­sieht, über gräss­lich tot-sa­nier­te alte häu­ser, zu neu­rei­chen-klim­bim mit elek­tri­schen hof­to­ren und car­port, ver­fal­le­nen flach­bau­ten und vil­la kun­ter­bunts.

was sich auch als enorm toll her­aus­stellt: dass wir von bahn­hof zu bahn­hof wan­dern ist zwar mit­un­ter eine et­was län­ge­re stre­cke, aber prak­tisch ohne ende: kein im kreis lau­fen, kei­ne ge­dan­ken wo man parkt. ein­fach in den zug, raus und wie­der in den zug.