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prin­ce

felix schwenzel in notiert

was pe­ter breu­er hier über prin­ce schreibt, ins­be­son­de­re im ers­ten ab­satz, über mu­sik, kann ich sehr gut nach­voll­zie­hen:

Pop­mu­sik fängt an, wenn das Ver­lie­ben be­ginnt. Das ist Teil der mensch­li­chen DNA. Die Bands oder Mu­si­ker, für die man sich in die­ser Zeit ent­schei­det, sind wie die ers­te un­glück­li­che Lie­be, der ers­te Kuss und der ers­te Sex – Ver­ges­sen un­mög­lich. Man kann vie­les ir­gend­wie mö­gen, aber die­ser Flash, schon nach drei Tak­ten zu wis­sen, dass die­se Ge­schich­te jetzt et­was Erns­tes wird, ist ein Mo­ment, der mit den Jah­ren lei­der sel­te­ner wird. Ob die Mu­si­ker, die die­se Tak­te spie­len, mit 27 ster­ben oder mit 57, ist egal, sie wer­den oh­ne­hin für im­mer 27 blei­ben. Prin­ce starb ges­tern mit 27 Jah­ren und über 30 Jah­re nach dem ers­ten Kuss.

kön­nen wir uns wahr­schein­lich im ers­ten ab­satz alle als mu­si­kopfer re­zi­pi­en­ten von mu­sik iden­ti­fi­zie­ren, wer­den die fol­gen­den vier ab­sät­ze, die er schreibt, prin­ce selbst und sei­nem wir­ken sehr ge­recht.

aber es ist na­tür­lich al­les noch viel kom­pli­zier­ter. denn wirk­lich gute mu­si­ker ster­ben im lau­fe ih­res le­bens mehr­fach, we­ni­ger gute sel­te­ner. prin­ce war, als ich (zum bei­spiel) pa­ra­de zu lie­ben be­gann, schon lan­ge wei­ter­ge­zo­gen, zu neu­en ufern. so eine mu­si­ka­li­sche pha­se fühlt sich aus der per­spek­ti­ve des mu­si­ker wahr­schein­lich an, wie eine häu­tung. der häu­tungs­pro­zess ist lang­wie­rig und an­stren­gend, aber am ende bleibt to­tes ge­we­be.

die­ses tote ge­we­be ist, was wir als fans be­wun­dern. dank mo­der­ner tech­nik ist es mil­lio­nen­fach re­pro­du­zier­bar, oft ist es wun­der­schön, edel und im bes­ten fall kön­nen wir es jahr­zehn­te­lang nut­zen, um schö­ne ge­füh­le in uns her­vor­zu­ru­fen. der mu­si­ker, der es pro­du­ziert hat, ist längst ge­wach­sen (oder ge­schrumpft) und mit der nächs­ten häu­tung be­schäf­tigt.

mit der ab­ge­leg­ten haut be­schäf­ti­gen wir uns teil­wei­se sehr in­ten­siv, ken­nen jede ein­zel­ne schup­pe und ver­wech­seln sie oft mit dem- oder der­je­ni­gen, die sie vor vie­len jah­ren ab­ge­legt hat. man­che mu­si­ker be­herr­schen das häu­ten sehr gut, und pro­du­zie­ren stän­dig neue häu­te, die uns im­mer wie­der er­neut be­geis­tern kön­nen. an­de­re be­herr­schen das we­ni­ger gut und ver­su­chen jah­re­lang in ihre al­ten häu­te zu­rück­zu­krie­chen oder sind ent­täuscht, dass ihre neu ab­ge­leg­ten häu­te nie­man­den mehr zu be­geis­tern ver­mö­gen.

mu­sik ist ein spiel mit dem le­ben und dem tod — oder we­ni­ger dra­ma­tisch, ein hit, ein voll­tref­fer, kann haupt­ge­winn und höchst­stra­fe zu­gleich sein. wenn man sich von auf­merk­sam­keit oder ap­plaus er­nährt, fühlt sich aus­blei­ben­de auf­merk­sam­keit, oder auf­merk­sam­keit für längst ver­gan­ge­nes und ab­ge­leg­tes, mut­mass­lich wie ein dolch­stoss an.

oder noch­mal an­ders: der prin­ce, von dem ich fan bin, war schon tot, als prin­ce noch leb­te. mit sei­nem neue­ren werk, konn­te ich nichts an­fan­gen, auch wenn ich es mehr­fach pro­biert habe. aus­ser­halb mei­ner sub­jek­ti­ven wahr­neh­mungs­bla­se, war prin­ce aber (na­tür­lich) al­les an­de­re als tot, son­dern quick­le­ben­dig und ak­tiv. und dass es, um das zu be­mer­ken, des ech­ten, end­gül­ti­gem, grau­sam un­er­bit­ter­li­chen to­des be­durf­te, macht mich jetzt dop­pelt trau­rig und er­in­nert mich dar­an, wie wich­tig es ist, zu­nei­gung, freund­schaft, lie­be und be­zie­hun­gen vor dem tod zu le­ben; wie wich­tig es wäre, hin und wie­der an die vie­len men­schen in mei­nem le­ben zu den­ken, die ich ver­ges­sen oder aus den au­gen ver­lo­ren habe. es soll­te ei­gent­lich nicht der tod sein, der uns an un­se­re lie­ben, die le­ben­den oder un­se­re lei­den­schaf­ten er­in­nert. aber, das muss man dem tod las­sen, er funk­tio­niert da in sei­ner un­er­bit­ter­lich­keit, ziem­lich gut.


Schö­ner Schaum

felix schwenzel in artikel

Nach der ers­ten Re­pu­bli­ca im Jahr 2007, pro­phe­zeih­te Mar­tin Schöb in der FAZ der Re­pu­bli­ca (und Blogs all­ge­mein) eine düs­te­re Zu­kunft: sie wür­den kon­se­quent „un­ter­halb der Auf­merk­sam­keits­schwel­le“ all je­ner blei­ben, die „ihr Le­ben nicht im Netz ver­brin­gen“. Aus­ser­dem wür­den „mei­nungs­füh­ren­de Blogs“ ohne die „Be­zugs­grö­ße Print“ zu­sam­men­fal­len, wie ein „Heiß­luft­bal­lon ohne Flam­me“.

Neun Jah­re spä­ter zeigt sich, dass Schöb gleich­zei­tig recht hat­te und fürch­ter­lich da­ne­ben lag. Tat­säch­lich sind vie­le der „mei­nungs­füh­ren­den Blogs“, um die sich die Re­pu­bli­ca 2007 kris­tal­li­sier­te, in sich zu­sam­men­ge­fal­len, aber eben­so brö­ckelt die „Be­zugs­grö­ße Print“. Was aber über­haupt nicht brö­ckelt oder un­ter Auf­merk­sam­keits­de­fi­zi­ten lei­det, ist die Re­pu­bli­ca, sie ist sel­ber zu ei­ner Be­zugs­grö­ße ge­wor­den und brennt auf höchs­ter Flam­me. Wa­ren es 2007 noch 600 bis 700 Teil­neh­men­de, ka­men 2015 be­reits 7000 In­ter­net­nut­zer, zehn Pro­zent da­von üb­ri­gens als ak­kre­di­tier­te Jour­na­lis­ten und Jour­na­lis­tin­nen. Die­ses Jahr wer­den noch­mal rund 1000 Men­schen mehr er­war­tet.

Die Re­pu­bli­ca war von An­fang an eine Ge­sell­schafts­kon­fe­renz, auch wenn sie zu­nächst als nerdi­ge Blog­ger­ver­samm­lung wahr­ge­nom­men wur­de. Im Lau­fe der Zeit ka­men im­mer mehr Men­schen, die mit dem di­gi­ta­len Wan­del in Be­rüh­rung ka­men, und spra­chen aus un­ter­schied­lichs­ten Per­spek­ti­ven dar­über, wie das Netz Ihr Le­ben be­ein­flusst. So spricht der Ma­the­ma­ti­ker und Wirt­schafts­phi­lo­soph Gun­ter Dueck die­ses Jahr schon zum vier­ten mal dar­über, wie der di­gi­ta­le Wan­del die Ar­beits­welt um­krem­pelt. 2012 sprach der Re­gie­rungs­spre­cher Stef­fen Sei­bert dar­über, wie das Netz die Re­gie­rungs­ar­beit be­ein­flusst, der aus­ge­bil­de­te Te­le­fon­seel­sor­ger und Ak­ti­vist Raúl Kraut­hau­sen er­zähl­te im glei­chen Jahr, wie er das Netz nutzt, um für gleich­brech­tig­te Teil­ha­be zu kämp­fen und die Blog­ge­rin und Au­torin Anne Wiz­o­rek be­schrieb im Jahr dar­auf, wie das Netz und Hash­tags den Fe­mi­nis­mus ver­än­dern.

Über das Le­ben im Netz, die Ar­beits­welt, den di­gi­ta­len und ge­sell­schaft­li­chen Wan­del, Teil­ha­be und Ge­rechitgkeit zu re­den, galt vor neun Jah­ren noch als skan­da­lös selbst­re­fe­ren­zi­ell. Na­tür­lich sind die The­men der Re­pu­bli­ca nach wie vor selbst­re­fe­ren­zi­ell, aber mitt­ler­wei­le ist das The­men­spek­trum der Re­pu­bli­ca so stark auf­ge­fä­chert, dass selbst Jour­na­lis­ten, Po­li­ti­ker oder Un­ter­neh­mer The­men fin­den, die sie ver­ste­hen oder die sie in­ter­es­sie­ren. So­bald man sich für ein The­ma in­ter­es­siert oder da­von be­trof­fen ist, stört Selbst­re­fe­ren­zia­li­tät be­kannt­lich nicht mehr.

Dass der Vor­wurf der Selbst­re­fe­ren­zia­li­tät mitt­ler­wei­le über­wun­den ist, nimmt die Re­pu­bli­ca in die­sem Jahr zum An­lass, sie zum of­fi­zi­el­len Mot­to zu ma­chen. Auf ih­rer Web­site kün­digt die Re­pu­bli­ca ge­mein­sa­mes „Zu­rück­bli­cken und Re­flek­tie­ren“ an und will al­len Gäs­ten „dan­kend den Spie­gel“ rei­chen: „Du bist die re:pu­bli­ca. TEN ist NET.

Bei ober­fläch­li­cher Be­trach­tung er­schliesst es sich viel­leicht nicht di­rekt, aber die Welt — und das Netz ganz be­son­ders — be­steht aus Men­schen, die sich in vie­len ver­schie­de­nen (Fil­ter-) Bla­sen zu­sam­men­bal­len. Nor­ma­ler­wei­se ist der Aus­tausch zwi­schen die­sen Bla­sen ein­ge­schränkt, aber ein­mal im Jahr, wenn Re­prä­sen­tan­ten un­zäh­li­ger Bla­sen sich in Ber­lin tref­fen, bil­den sie ei­nen wun­der­ba­ren Schaum­tep­pich, der die Re­pu­bli­ca erst in­ter­es­sant macht.

Die­ser Re­pu­bli­ca-Schaum ist wie das Netz: da ist al­les drin, In­ter­es­san­tes, we­ni­ger In­ter­es­san­tes, Re­le­van­tes und Ir­rele­van­tes, An­ge­neh­mes und Ab­stos­sen­des. Der Witz ist, dass man sich das Rich­ti­ge rau­s­pickt oder bes­ser: ein­fach rein­springt. Oder noch bes­ser: ein­fach auf den Hof stel­len, Bier trin­ken und ab­war­ten was pas­siert. Funk­tio­niert im­mer. Auf der Re­pu­bli­ca, im Netz und im Rest der Welt.


der ar­ti­kel er­scheint par­al­lel (ge­kürzt und re­di­giert) in der ak­tu­el­len-aus­ga­be (09/16) der tip ber­lin, die da­für auch ein ho­no­rar ge­zahlt hat — des­halb ent­hält der ar­ti­kel gross­buch­sta­ben. den (schö­nen) ti­tel hat sich der tip-re­dak­teur erik hei­er aus­ge­dacht.
wie alle mei­ne ar­ti­kel, steht auch die­ser ar­ti­kel un­ter ei­ner cc-li­zenz (CC BY-SA 3.0) und kann da­mit auch von an­de­ren ver­wen­det wer­den.


mein pro­gramm für die #rp­TEN

felix schwenzel in notiert

ich habe mir aus dem of­fi­zi­el­len pro­gramm die ver­an­stal­tun­gen her­aus­ge­pickt, die ich un­be­dingt an­se­hen möch­te. die ver­an­stal­tun­gen habe ich in ei­nem goog­le-ka­len­der (html-, ics-ver­si­on) ge­legt.


HEATHER ARMSTRONG

The Cou­ra­ge of Com­pas­si­on: Trans­forming Your Ex­pe­ri­ence With Cri­ti­cism

doo­ce lese ich zwar nicht all­zu viel, aber es ge­hört schon seit vie­len jah­ren zu mei­nen lieb­lings­blogs. egal über was sie re­det, ich will das se­hen.

SARAH WILLIAMS

Key­note Sa­rah Wil­liams

auch egal über was sie re­det, ar­chi­tek­tin­nen und städ­te­pla­ne­rin­nen höre ich fast im­mer sehr, sehr ger­ne zu. an­de­rer­seits, eine zei­le text zur key­note, wäre nicht schlecht ge­we­sen. aber wenn die key­note-an­kün­di­gung kei­ne be­schrei­bung ent­hält, ist das ein zei­chen, dass das rp­TEN or­ga­ni­sa­ti­ons­team die­se spea­ke­rin un­be­dingt ha­ben woll­te und so viel­ver­spre­chend fin­det, dass sie sich an kei­ne re­geln hal­ten muss.

MORITZ METZ

Flie­gen­de Com­pu­ter und ihre toll­küh­nen Pi­lo­ten

mo­ritz metz kann ich stun­den­lang zu­hö­ren, aus­ser im ra­dio, wo er ar­bei­tet (weil ich kein ra­dio höre). aber wenn er auf der re­pu­bli­ca spricht, möch­te ich ihn hö­ren, zu­mal er sehr schö­ne vor­trä­ge hält und zeigt.

SASCHA LOBO

The Age of Trotz­dem

er hat ein jahr pau­se ge­macht und ich bin si­cher, dies­mal wer­den wir kein zeu­ge tech­ni­scher pan­nen, son­dern zeu­gen stei­ler the­sen und gu­ter un­ter­hal­tung.

JULIA REDA

En­ding ge­o­blo­cking: This con­tent re­al­ly ought to be available in your coun­try

lang­wei­li­ges the­ma, aber das ist die spe­zia­li­tät von ju­lia reda, lang­wei­li­ge the­men ver­ständ­lich, span­nend und nach­voll­zieh­bar auf­zu­ar­bei­ten. so macht sie das je­den­falls in ih­rem blog. ju­lia reda ist pi­ra­tin und ein gu­ter grund, zur eu­ro­pa­par­la­ments­wahl noch­mal zu er­wä­gen pi­ra­ten zu wäh­len, wenn sie bis da­hin nicht die par­tei ge­wech­selt hat.

JOERG HEIDRICH

Was tun ge­gen den Hass im Netz?
joerg heid­rich ist jus­ti­zi­ar des hei­se-ver­lags und sein vor­trag wird mög­li­cher­wei­se sehr for­mal-ju­ris­tisch, aber wenn das zu schlimm wird, kann ich ja im­mer noch raus­ge­hen und mich auf den hof stel­len.

GUNTER DUECK

Car­go-Kul­te

we­der mit dem ti­tel noch der kurz­the­se kann ich et­was an­fan­gen, aber auch wenn gun­ter dueck je­des jahr über das glei­che re­det (die dumm­heit der men­schen), kann es pas­sie­ren, dass ich hin und wie­der doch in­ter­es­siert zu­hö­re. auch wenn das in den letz­ten zwei jah­ren nicht pas­siert ist.

THORSTEN SCHRÖDER, FRANK RIEGER

Ad-Wars – Aus­flug in die Rea­li­tät der On­line-Wer­bung

das the­ma ist ei­gent­lich durch, aber die­ser satz in der kurz­the­se ver­mag mei­ne neu­gier dann doch (ganz mil­de) zu we­cken: „Wir be­rich­ten aus der Per­spek­ti­ve des tech­nisch sen­si­bi­li­sier­ten Klick­viehs und ha­ben viel­leicht den An­satz ei­ner ver­brau­cher­freund­li­chen Al­ter­na­ti­ve im Ge­päck.“

FRIEDEMANN KARIG

Die pu­ber­tä­re Ge­sell­schaft und das Netz

mit der them­an­wahl zeigt frie­de­mann ka­rig wie­der ein­mal, dass er das gras wach­sen hört und be­han­delt den me­ga­trend, der in den letz­ten neun jah­ren durch die re­pu­bli­ca ge­jagt wur­de: wie ver­än­dert das netz die ge­sell­schaft? aber weil frie­de­mann ka­rig ein be­gna­de­ter vor­trags-vor­be­rei­ter ist, wird das nicht nur un­ter­halt­sam, son­dern auch er­kennt­nis­reich.

PATRICIA CAMMARATA, NICOLAS SEMAK, PHILIP BANSE

Netz-Pu­bli­zis­ten im Ge­sprach

wenn phil­ip ban­se zum ge­spräch lädt, pas­sie­ren oft ma­gi­sche din­ge: man fin­det plötz­lich leu­te, die man vor­her nicht oder kaum kann­te, ganz toll und in­ter­es­sant. phil­ip ban­se kann sehr gut fra­gen stel­len und auf den re­pu­bli­ca-büh­nen ganz be­son­ders.

LAURIE PENNY

Ch­an­ge The Sto­ry, Ch­an­ge The World

ein the­ma, das frie­de­mann ka­rig be­reits vor zwei jah­ren be­han­delt hat, das aber so zen­tral und wich­tig ist, dass man dazu gut und ger­ne 200 vor­trä­ge hal­ten oder se­hen kann: wie ver­än­dern nar­ra­ti­ve die welt?

RUTH DANIEL

Art: What is it good for?

vor­trä­ge über kunst kön­nen ganz schlimm in die hose ge­hen oder su­per-span­nend sein. ich guck mir die­sen vor­trag an, um da­nach sa­gen zu kön­nen, ob die­ser vor­trag in die hose ging oder su­per-span­nend war.

SASCHA STOLTENOW, MIRIAM SEYFFARTH, THOMAS WIEGOLD

Ter­ror Ernst neh­men, Ter­ro­ris­ten aus­la­chen

su­per the­ma, gu­ter vor­trags­ti­tel, tol­le vor­tra­gen­de, die mehr­fach ge­zeigt ha­ben, dass sie ihr hand­werk und the­ma be­herr­schen. kann ich mir lei­der nicht an­se­hen, weil ich mir jour­nel­le an­se­hen wer­de, die im glei­chen zeit­raum spricht.

JOURNELLE

Das In­ter­net hat mich dick ge­macht

ich emp­feh­le (und sehe) die­sen vor­trag nicht nur aus ne­po­tis­mus: ich bin der fes­ten über­zeu­gung, die­ser vor­trag wird sehr un­ter­halt­sam und au­gen­öff­nend. aus der vor­trags­be­schrei­bung:

Oft frag­te ich mich, wo­her die ge­sell­schaft­li­che Ob­ses­si­on mit Diä­ten, Fit­ness und Ge­sund­heit kommt. Und ob uns ein schlan­ke­rer Kör­per, eine Ent­gif­tung mit grü­nen Säf­ten und ein Run­ta­stic-Lauf wirk­lich zu­frie­de­ner macht.

Aber um mich her­um wur­de diä­tet, ge­spor­telt und selbst­op­ti­miert. Mei­ne Zwei­fel muss­ten falsch sein, es kön­nen sich ja nicht alle ir­ren.

Dann stieß ich im In­ter­net auf Men­schen, die wie ich hin­ter­frag­ten, war­um eine sehr eng de­fi­nie­re Kör­per­mas­se als er­stre­bens­wert und ide­al fest­ge­legt wur­de. Und die ver­su­chen - häu­fig be­glei­tet von wüs­ten Be­schimp­fun­gen -, die My­then um un­se­ren ab­sur­den Kör­per- und Ge­sund­heits­kult zu ent­lar­ven.

KATHRIN PASSIG

Clash of Cul­tures – Be­we­gun­gen und for­ma­le Or­ga­ni­sa­tio­nen

kath­rin pas­sig schaue ich mir auch an, wenn sie mit meh­re­ren auf der büh­ne steht und wenn das vor­trags­the­ma sich staub­tro­cken an­hört.

RANDALL MUNROE

Thing Ex­plai­ner: Com­pli­ca­ted Stuff in Simp­le Words

ich fürch­te, der vor­trag wird ein biss­chen zur wer­be­ver­an­stal­tung zu rand­all mun­roes neue­rem buch. aber das macht nichts, weil rand­all mun­roe ist gran­di­os, auf sehr vie­len ebe­nen. und ich ver­mu­te, der saal wird noch ei­nen ti­cken vol­ler als bei sa­scha lobo wer­den.

THOMAS FISCHER

Straf­recht, Wahr­heit und Kom­mu­ni­ka­ti­on

ge­le­gent­lich lese ich die ko­lum­ne von tho­mas fi­scher in der zeit und ge­le­gent­lich ge­fällt sie mir auch. ich bin si­cher, der vor­trag wird nicht lang­wei­lig.

ALINA FICHTER, MORGAN WANDELL

In Crea­ti­ve Con­trol: A Con­ver­sa­ti­on with Mor­gan Wan­dell

letz­tes jahr hat ali­na fich­ter reed has­tings von net­flix auf der büh­ne 1 in­ter­viewt. die­ses jahr kommt ama­zons „Head of Dra­ma De­ve­lo­p­ment“ mor­gan wan­dell dran. dürf­te in­ter­es­sant wer­den und will ich auf kei­nen fall ver­pas­sen. ich hof­fe an der büh­ne 5 wirds im zu­schau­er­raum nicht zu eng. ich fürch­te aber doch.

BERNHARD PÖRKSEN

Vi­ral! Die Macht des Sto­rytel­ling

ich mag den pro­fes­so­ra­len ton von pörk­sen nicht, aber was er sagt ist manch­mal nicht dumm, im ge­gen­teil. des­halb wer­de ich mir das die­ses jahr wie­der an­tun.

FRIEDRICH LIECHTENSTEIN

Film and TV Made in Ger­ma­ny – Meet the Teams

ich mag fried­rich liech­ten­stein sehr — und deut­sche fil­me und deut­sches fern­se­hen we­ni­ger. aber an­schau­en kann man sich das ja mal, auch wenn mat­ti­as schweig­hö­fer (und an­de­re) mit auf der büh­ne sit­zen.

ir­gend­wann am ende der re­pu­bli­ca gibt’s auch ein liech­ten­stein-kon­zert. mal schau­en, ob ich so lan­ge aus­har­ren wer­de.

JOHANNES KORTEN

Das Netz ist ein gu­ter Ort, wenn wir es ge­mein­sam dazu ma­chen

die schluss­the­se mei­nes #rp11 vor­trags lau­te­te: zu­kunft ist was wir aus der ge­gen­wart ma­chen. das gilt nicht nur für die zu­kunft, son­dern auch für das wohl­be­fin­den al­ler.

MICHAEL SEEMANN

Netz­in­nen­po­li­tik – Grund­zü­ge ei­ner Po­li­tik der Platt­form­ge­sell­schaft

mi­cha­el see­mann ist ei­ner der bes­ten netz-theo­re­ti­ker die ich ken­ne. ich ken­ne al­ler­dings nicht vie­le netz­theo­re­ti­ker. ich möch­te die­sen vor­trag nicht ver­pas­sen, aber soll­te ich es tun, wer­de ich ihn als vi­deo­auf­zeich­nung oder in der ver­schrift­lich­ten ver­si­on an­se­hen.


peaky blin­ders s01e03 bis e06 (staf­fel-fa­zit)

felix schwenzel in gesehen

gleich in der ers­ten fol­ge hat­te ich das ge­fühl, dass peaky blin­ders sehr nach sons of an­ar­chy schmeckt. tat­säch­lich ist das grund­mo­tiv von peaky blin­ders dem von sons of an­ar­chy ziem­lich ähn­lich. bei­de er­zäh­len die ge­schich­te ei­ner bru­ta­len ver­bre­cher­ban­de aus der pe­spek­ti­ve der gang. das gibt der er­zäh­lung die chan­ce, die cha­rak­te­re der gang-mit­glie­der schön aus­zu­dif­fe­ren­zie­ren. dazu kommt in bei­den se­ri­en die per­spek­ti­ve ei­nes er­mitt­lers, der ver­sucht die ver­bre­cher zu fall zu brin­gen.

das läuft dann zwangs­läu­fig auf ein dau­erpim­melfech­ten kräf­te­mes­sen zwi­schen den an­füh­rern der ver­bre­cher und den er­mitt­lern her­aus. das kräf­te­mes­sen spielt sich nach ei­nem ein­fa­chen sche­ma-f ab: nach ein, zwei of­fe­nen, teil­wei­se bru­ta­len kon­fron­ta­tio­nen, fan­gen die ge­gen­spie­ler an deals zu ma­chen und sich ge­gen­sei­tig aus­zu­ma­nö­vrie­ren. im lau­fe die­ses pro­zes­ses kor­rum­piert sich der er­mitt­ler lang­sam aber ste­tig und alle ge­gen­spie­ler rei­ten sich, trotz ge­le­gent­li­cher tak­ti­scher er­fol­ge, mehr und mehr in die scheis­se.

bei sons of an­ar­chy fand ich das ein paar staf­feln lang äus­serst span­nend, zu­mal die er­mitt­ler von staf­fel zu staf­fel wech­sel­ten und teil­wei­se gran­di­os be­setzt wa­ren. nach ei­ner wei­le wur­de das wie­der­keh­ren­de mus­ter dann aber lang­wei­lig, auch wenn das mo­tiv im­mer leicht va­riert wur­de. von peaky blin­ders hab ich jetzt die ers­te staf­fel ge­se­hen und bin über­haupt nicht ge­lang­weilt, im ge­gen­teil. ei­ner­seits ge­fal­len mir die cha­rak­te­re hier sehr viel bes­ser. die haupt­fi­gur, der peaky-blin­ders-an­füh­rer tho­mas shel­by, ge­spielt von cil­li­an mur­phy, hat ge­gen­über dem et­was stump­fen SAM­CRO-an­füh­rer jax tel­ler (enorm dumpf ge­spielt von char­lie hun­nam) ein paar ent­schei­den­de vor­tei­le: er ist klug, (meis­tens) kon­trol­liert und fä­hig or­dent­lich zu kom­mu­ni­zie­ren. das se­kun­där-mo­tiv von sons of an­ar­chy ist mei­ner mei­nung näm­lich die un­fä­hig­keit der füh­rungs­rie­ge, ent­schei­den­de in­for­ma­tio­nen aus­zu­tau­schen. nicht we­ni­ge der ka­ta­stro­pha­len er­eig­nis­se in sons of an­ar­chy, las­sen sich ge­nau dar­auf zu­rück­füh­ren. bei sons of an­ar­chy war das na­tür­lich we­ni­ger ein mo­tiv, als ein dra­ma­tur­gi­sches mit­tel, um die sto­ry über­haupt in gang zu hal­ten. peaky blin­ders be­kommt die dra­ma­tur­gie aber auch ohne die­se stüt­ze gut hin. über­haupt, ist so­wohl die re­la­tiv ver­schach­tel­te ge­schich­te, als auch die mo­ti­va­ti­on von tho­mas shel­by, viel nach­voll­zieh­ba­rer.

ich bin ja ein gros­ser fan von nach­voll­zieh­bar­keit. wenn haupt­fi­gu­ren aus dra­ma­tur­gi­schen grün­den, schlecht be­grün­de­te, be­scheu­er­te ent­schei­dun­gen tref­fen, sit­ze ich vor dem bild­schirm und schla­ge mir die stirn wund. nicht so bei peaky blin­ders. selbst die amou­rö­sen ele­men­te der se­rie blei­ben nach­voll­zieh­bar, auch wenn sie, wie im­mer, furch­bar kom­pli­ziert an­ge­legt sind.

ich kann über die­se ers­te staf­fel we­nig schlech­tes sa­gen. ne­ben dem gu­ten, aber ir­ri­tie­ren­den, eher in­ad­äqua­ten sound­track, ha­ben mich ei­gent­lich nur die et­was ein­di­men­sio­nal be­spiel­ten ku­lis­sen ge­stört. so­wohl die ne­bel­ma­schi­nen, als auch die fun­ken­sprü­her wur­den viel zu dick auf­ge­tra­gen. aus­ser­dem war ei­ner der haupt­spiel­or­te, die stamm­knei­pe der peaky blin­ders (the gar­ri­son) to­tal über­be­leuch­tet. eher er­freu­lich fand ich, dass das ge­wum­me­re der stahl­pres­sen im hin­ter­grund nie auf­hör­te, auch bei bett­sze­nen lief das ge­wum­me­re ein­fach sub­til wei­ter im hin­ter­grund. schau­spie­le­risch kann ich nichts aus­set­zen, auch nicht am schau­spiel von an­na­bel­le wal­lis, die die zwei­schnei­di­ge grace bur­gess spielt — aus­ser, dass sie, wie der sound­track, hoff­nungs­los aus der zeit ge­fal­len zu sein scheint. sie wirk­te auf mich in je­der sze­ne wie eine zeit­rei­sen­de aus den 90er jah­ren. nichts an ihr fühl­te sich nach den 1920er jah­ren an, in de­nen die se­rie ei­gent­lich spielt.


die ers­te staf­fel hat auf rot­ten to­ma­toes sehr gute wer­tun­gen, die zwei­te noch bes­se­re. hier mei­ne an­mer­kun­gen zur ers­ten und zur zwei­ten fol­ge. se­hen kann man die ers­te staf­fel auf net­flix, die zwei­te lei­der (noch?) nicht. ich habe die letz­ten vier fol­gen bei­na­he am stück ge­se­hen, was im prin­zip ein gu­tes zei­chen sein soll­te. kann aber auch dar­an lie­gen, dass ich am wo­chen­en­de ne sturm­freie bude hat­te. weil ich so we­nig an der se­rie aus­zu­set­zen habe, gebe ich nach ganz leich­tem zö­gern auch die vol­le punkt­zahl.


so­fort­ar­ti­kel

felix schwenzel in artikel

ich mag die face­book in­stant ar­tic­les. je­des mal wenn ich in der face­book-app auf ei­nen kli­cke, freue ich mich, dass die app nicht erst rö­delt, son­dern sich der ar­ti­kel in all sei­ner pracht ins sicht­feld ani­miert. vor al­lem aber füh­len sie sich wirk­lich gut an; die hap­tik der in­stant ar­tic­les ist über­ra­gend, wie bil­der la­den und sich ver­grös­sern las­sen, wie re­ak­ti­ons­schnell scrol­len, zoo­men oder das zu­rück­wi­schen sich an­füh­len, wie sich ver­grös­ser­te bil­der oder vi­de­os wie­der schlies­sen las­sen — aus be­nut­zer­sicht fühlt sich das gran­di­os an.

jetzt sind die in­stant ar­tic­les (end­lich) für alle ver­füg­bar, theo­re­tisch zu­min­dest. nach­dem man die ei­ge­ne site mit ei­nem wei­te­ren code­schnip­sel be­an­sprucht („clai­med“) und frei­ge­schal­tet hat, füt­tert man face­book ei­nen leicht mo­di­fi­zier­ten RSS-feed (RSS-link) und face­book lädt die ar­ti­kel. man kann die ar­ti­kel de­bug­gen, tes­ten und wenn man 50 ar­ti­kel feh­ler­frei hat, zur frei­ga­be an face­book schi­cken.

„Your re­view is curr­ent­ly pen­ding“

die frei­ga­be soll in­ner­halb von 24 bis 48 stun­den er­fol­gen. mei­ne 48 stun­den sind zwar erst heu­te abend vor­bei, aber den frei­ga­be­pro­zess konn­te ich in mei­ner zu­griffs­sta­tis­tik be­ob­ach­ten. er er­folg­te we­ni­ge stun­den nach mei­nem an­trag, ir­gend­wer aus ame­ri­ka, griff per ipho­ne auf ca. 30 mei­ner vor­be­rei­te­ten in­stant ar­tic­les zu. seit­dem gab es kei­ne zu­grif­fe mehr. ich in­ter­pre­tie­re das so:

face­book war­tet mit der frei­ga­be der in­stant ar­tic­les für alle noch ein paar tage, um dann, mit ei­nem schwung, alle neu­en in­stant-ar­tic­le-an­bie­ter frei­zu­schal­ten. war­um sonst, soll­te ich fast 30 stun­den nach er­folg­ter prü­fung we­der eine frei­ga­be noch eine bit­te um an­pas­sung be­kom­men ha­ben?

ich habe auch noch kei­ne neu­en in­stant-ar­tic­le-an­bie­ter auf face­book ge­se­hen. bis jetzt kom­men die in­stant ar­tic­les in mei­nen time­lines nach wie vor aus­schliess­lich von gros­sen me­di­en­häu­sern.

was ich aber ei­gent­lich sa­gen woll­te: die in­stant ar­tic­les füh­len sich wirk­lich gut an, hap­tisch, op­tisch und tech­nisch. ich wür­de bald ger­ne mehr da­von auf face­book se­hen — und vor al­lem mei­ne ei­ge­nen. und das wich­tigs­te:

RSS lebt!


hit­ze in der kü­che

felix schwenzel in artikel

ste­fan nig­ge­mei­er fragt:

Ernst ge­mein­te Fra­ge: War­um gibt es ei­gent­lich kei­ne gro­ße So­li­da­ri­täts­ak­ti­on für Jan Böh­mer­mann?

das gan­ze spek­trum mög­li­cher ant­wor­ten fin­det sich auch in den ant­wort­strän­gen un­ter ste­fan nig­ge­mei­ers tweet, von „hat er sich doch sel­ber ein­ge­brockt“, „der ist doch [doof | ras­sis­tisch | zu weit ge­gan­gen]“ über „das ist doch kei­ne sa­ti­re“ ist da glau­be ich al­les da­bei.

mir fal­len ein paar wei­te­re ant­wor­ten ein. eine ist, dass nie­mand wirk­lich glaubt, dass böh­mer­mann erns­te kon­se­quen­zen dro­hen. oder um­ge­kehrt, je­der ahnt, dass eine staats­an­walt­schaft, die jan böh­mer­mann we­gen sei­nes ge­dichts vor ge­richt zer­ren wür­de, sich so lä­cher­lich ma­chen wür­de, dass sie nicht nur von so­li­da­ri­täts­wel­len, son­dern vor al­lem von witz­wel­len hin­weg­ge­fegt wür­de.

eine an­de­re ant­wort lau­tet: me­ta­ebe­nen. jan böh­mer­mann ist meis­ter der me­ta­ebe­nen. und na­tür­lich auch der form­voll­ende­ten iro­nie. ich fin­de böh­mer­mann gar nicht mal so wit­zig (manch­mal schon), aber ich be­wun­de­re sei­ne fä­hig­keit me­ta­ebe­nen auf­zu­tür­men, sie wie­der ein­zu­reis­sen und dann auf ih­nen zu tan­zen und sich über die ver­wir­rung, die er stif­tet, zu freu­en.

ein ge­lun­ge­nes bei­spiel des auf­tür­mens von me­ta­ebe­nen ist die­ses vi­deo, das, um ver­wir­rung zu stif­ten, „Talk mit Anne Will“ heisst:

youtube-video laden, info, direktlink

wer me­ta­ebe­nen säät, ern­tet me­ta­ebe­nen. oder we­ni­ger kryp­tisch: ich glau­be, dass die so­li­da­ri­tät mit böh­mer­mann durch­aus vor­han­den ist, aber sie äus­sert sich ge­nau­so meta-chif­friert, wie sich böh­mer­mann in der re­gel öf­fent­lich äus­sert; in­di­rekt und iro­ni­siert.

tim wolff, der chef­re­dak­teur der ti­ta­nic macht das (na­tür­lich) ge­nau so, er for­dert: „steckt böh­mer­mann ins ge­fäng­nis“. das meint er na­tür­lich ganz an­ders, was man leicht er­kennt, wenn man es schafft an der flashwand von spie­gel.tv vor­bei­zu­kom­men.

der letz­te punkt, der es si­cher­lich vie­len er­schwert, böh­mer­mann ohne iro­ni­sche di­stanz so­li­da­ri­tät zu­kom­men zu las­sen, ist, dass mitt­ler­wei­le je­der, egal was böh­mer­mann macht, ir­gend­wann er­war­tet, dass böh­mer­mann am ende ruft: „ha, ver­arscht!“

ich glau­be nicht, dass böh­mer­mann die re­ak­tio­nen vor­aus­ge­se­hen hat oder in der er­doğan-sa­che wei­ter auf me­ta­ebe­nen wan­delt, aber es fällt halt schwer, je­man­den der sich als spit­zen­koch po­si­tio­niert und sich stän­dig in sei­ner kü­che fil­men lässt, da­für zu be­dau­ern, dass es in der kü­che heiss ist.  


sit­zen­blei­ben und über­sprin­gen

felix schwenzel in artikel

ich bin im gym­na­si­um drei­mal sit­zen­ge­blie­ben. ge­nau­er: auf mei­nem ver­set­zungs­zeug­nis stand drei­mal, dass ich nicht ver­setzt wer­den könn­te. zwei­mal habe ich es nach den som­mer­fe­ri­en ge­schafft, in ei­ner nach­prü­fung nach­zu­wei­sen, dass ich den stoff des letz­ten schul­jah­res in fran­zö­sisch doch drauf habe. beim drit­ten mal hat­te ich im ver­set­zungs­zeug­nis auch ein paar sech­sen ste­hen und durf­te kei­ne nach­prü­fung mehr ma­chen.

of­fen­bar fiel es mir leich­ter, den stoff in ein paar wo­chen zu ler­nen, als in etap­pen über das schul­jahr ver­teilt. ich hat­te jah­re­lang gros­se schwie­rig­kei­ten mei­ne in­ter­es­sen und die an­for­de­run­gen, die die schu­le an mich stell­te, in ein­klang zu brin­gen. lie­fen die ers­ten vier schul­jah­re noch re­la­tiv har­mo­nisch, knirsch­te es die fol­gen­den jah­re mei­ner schul­lauf­bahn im­mer wie­der. wäh­rend ich an mei­nen so­zia­len kom­pe­ten­zen ar­bei­te­te, und ver­such­te mei­ne kom­ple­xe und un­si­cher­hei­ten in den griff zu be­kom­men, hat­te ich we­nig lust mich mit zei­chen­set­zung, recht­schrei­bung, gram­ma­tik oder geo­me­trie aus­ein­an­der­zu­set­zen. spä­ter, als ich mei­ne so­zia­len kom­pe­ten­zen auf ein funk­tio­nie­ren­des ni­veau ge­bracht hat­te, ent­wi­ckel­ten sich mei­ne in­ter­es­sen auch nicht un­be­dingt im sin­ne des lehr­plans. mich in­ter­es­sier­te com­mo­do­re ba­sic, spie­le oder die wir­kung von al­ko­hol sehr viel mehr, als die che­mi­schen ver­bin­dun­gen hin­ter dem al­ko­hol oder fremd­spra­chen.

ei­ner der grün­de da­für, dass es mir ge­lang den für die nach­prü­fung nö­ti­gen schul­stoff in we­ni­gen wo­chen auf­zu­neh­men, war ein nach­hil­fe­leh­rer. dem nach­hil­fe­leh­rer ge­lang, was der schu­le vor­her nicht ge­lang: mein in­ter­es­se zu we­cken und mir werk­zeu­ge an die hand zu ge­ben, mit de­nen ich ef­fek­tiv und mit freu­de ler­nen konn­te. mit dem nach­il­fe­leh­rer er­schien mir das ver­hass­te franzsö­sisch plötz­lich fas­zi­nie­rend und span­nend. wie er das ge­nau ge­schafft hat, weiss ich auch nicht mehr. ich er­in­ne­re mich noch dar­an, dass er mei­ne aus­spra­che und le­se­fä­hig­kei­ten in fran­zö­sisch enorm ver­bes­ser­te, als er mich dazu brach­te, tex­te auf band zu spre­chen. auch fran­zö­si­sche vo­ka­beln und gram­ma­tik lern­te ich dank ihm, in nie da­ge­we­se­ner ge­schwin­dig­keit und ef­fi­zi­enz. über­haupt, die ge­schwin­dig­keit. für die ers­te nach­prü­fung hat­te ich ins­ge­samt nur eine wo­che vor­be­rei­tungs­zeit. den an­fang der som­mer­fe­ri­en hat­te ich da­mit ver­dad­delt, dass ich lust­los in den lehr­bü­chern blät­ter­te und mir die vo­ka­beln an­guck­te. an­der­t­alb wo­chen vor fe­ri­en­en­de er­fuhr ein be­kann­ter mei­ner el­tern von mei­ner lern­wei­se („och ja, ich hab n biss­chen ge­übt“) und zog die not­brem­se, bzw. die te­le­fon­num­mer von herrn lau­er. und tat­säch­lich schaff­te der es, mich in die­ser ver­blie­be­nen wo­che durch mei­ne ers­te nach­prü­fung zu brin­gen.

im dar­auf­fol­gen­den schul­jahr, liess ich das ge­lern­te wie­der schlei­fen und be­kam im ver­set­zungs­zeug­nis wie­der eine fünf (ne­ben deutsch). die­ses mal hat­ten herr lau­er und ich mehr zeit und wie­der schaff­te ich die nach­prü­fung.

so dank­bar ich herrn lau­er bis heu­te bin, dass er mir zeig­te, dass ich nicht doof, son­dern in­ef­fi­zi­ent und un­in­ter­es­siert war, so sehr bin ich auch dank­bar, dass ich die neun­te klas­se wie­der­ho­len konn­te. das war lang­fris­tig we­sent­lich ef­fi­zi­en­ter, als die nach­hil­fe. denn in die­sem zwei­ten durch­lauf der neun­ten klas­se, fing ich an mich tat­säch­lich für die the­men im un­ter­richt zu in­ter­es­sie­ren. ich liess mich auch nicht mehr so sehr von den chao­ten in mei­ner klas­se ab­len­ken, bzw. be­tä­tig­te mich selbst nicht mehr so in­ten­siv als klas­sen­cha­ot.

nach der zehn­ten klas­se bin ich dann für ein jahr nach ame­ri­ka in die high­school ge­gan­gen, wo ich die zwölf­te klas­se be­such­te und auch den high­school­ab­schluss mach­te. zu­rück in deutsch­land durf­te ich die elf­te klas­se über­sprin­gen, um mich dann in der zwölf­ten und drei­zehn­ten klas­se auf mein ab­itur vor­zu­be­rei­ten. so bin ich nicht nur drei­mal sit­zen­ge­blie­ben, son­dern habe for­mal auch eine klas­se über­sprun­gen. am ende hat­te ich im abi eine durch­schnitts­no­te von 2,3.


goog­le AMP — com­ple­te and ut­ter fail­ure

felix schwenzel in artikel

seit der an­kün­di­gung von AMP habe ich mich, vor al­lem aus tech­no­lo­gi­scher neu­gier, be­müht das for­mat be­reit­zu­stel­len. im ja­nu­ar be­gann goog­le mei­ne AMP-for­ma­tier­ten sei­ten in den in­dex auf­zu­neh­men, etwa 500 AMP sei­ten auf wir­res.net wa­ren am 2.2.2016 in­de­xiert. zu die­sem zeit­punkt hat­te ich auch be­reits die meis­ten feh­ler der sei­ten be­sei­tigt, heu­te sind mei­ne sei­ten, AMP-tech­nisch, laut web­mas­ter con­so­le und laut de­bug­ging tool, fehelrfrei.

aber goog­le hat nicht nur über die letz­ten wo­chen hin­weg ge­merkt, dass mei­ne AMP-sei­ten syn­tak­tisch kor­rekt sind (die 6 mo­nier­ten feh­ler da­tie­ren al­le­samt auf ver­sio­nen von vor dem 2.1.2016), son­dern auch nur 4 mei­ner AMP-sei­ten im in­dex.

auch als ich noch mehr sei­ten im goog­le-in­dex hat­te, hat­te ich ma­xi­mal 1-2 be­su­cher pro tag auf mei­nen AMP-sei­ten, im goog­le-in­dex war ich, so­weit ich se­hen konn­te, AMP-mäs­sig un­sicht­bar. das heisst auch mo­bi­le such­ergeb­nis­sei­ten, zeig­ten nie mei­ne AMP-sei­ten an, son­dern stets die re­gu­lä­ren sei­ten. das ist ja nicht wei­ter schlimm, aber ich habe das ge­fühl, dass goog­le white oder black­lists führt und AMP-sei­ten nur von re­no­mier­ten, reich­wei­ten­star­ken web­sei­ten in die (mo­bi­len) such­ergeb­nis­sei­ten auf­nimmt.

ich fin­de die idee und die aus­füh­rung hin­ter dem AMP-pro­jekt nach wie vor fas­zi­nie­rend, weil es ver­spricht, sei­ten im web — und nicht etwa nur in apps — ef­fek­tiv und von stö­ren­dem und ir­ri­tie­ren­den müll be­freit, aus­zu­lie­fern, aber die im­ple­men­tie­rung und ad­ap­ti­on von AMP scheint, selbst bei goog­le selbst, un­ter al­ler ka­no­ne zu sein. des­halb bin ich ge­spannt auf den öf­fent­li­chen face­book in­stant ar­tic­les roll­out mit­te april, auch wenn sich die vor­tei­le vor al­lem in der app aus­wir­ken wer­den, aber im­mer­hin ist die face­book-im­ple­men­tie­rung so ge­löst, dass es im­mer ei­nen fall­back auf die web­ver­si­on gibt und die in­stant-ar­tic­les-ver­si­on wie ein sah­ne­häub­chen funk­tio­niert.


ap­ple news ist üb­ri­gens auch eine mitt­le­re ka­ta­stro­phe, zu­min­dest, wenn man ein me­di­um mit nur um die 100tau­send sei­ten­an­sich­ten im mo­nat (30.000 web, 60.000 RSS) be­treibt. ich habe mich dort vor ei­nem hal­ben jahr test­wei­se an­ge­mel­det und vor­erst nur ei­nen (eng­lisch­spra­chi­gen) RSS-ka­nal an­ge­mel­det, was ei­ner mitt­le­ren ka­ta­stro­phe gleich kam, weil sich die ap­ple news in­hal­te per RSS nicht ak­tua­li­sier­ten und auch nicht edi­tie­ren lies­sen. jetzt ist das ap­ple news for­mat teo­re­tisch für je­den of­fen, aber ap­ple lässt auch hier sei­nen ma­ni­schen kon­troll­wahn wal­ten. mei­ne bit­te um frei­ga­be mei­nes ap­ple news ka­nals wur­de be­reits zwei­mal ab­ge­lehnt, weil die ap­ple-tür­ste­her zwei­mal mein­ten, dass mein ka­nal­na­me ih­nen nicht passt und mich zwei­mal zu­rück­ge­wi­sen ha­ben. von mir aus kann ap­ple sei­nen news-for­mat al­lei­ne nut­zen, das zu­dem auch noch irre kom­pli­ziert und sehr pro­prie­tär ist.


an­sichts­sa­che per­spec­ti­ve dai­ly

felix schwenzel in artikel

von per­spec­ti­ve dai­ly (PD) habe ich zu­erst bei schulz und böh­mer­mann ge­hört, als nora schirner dort da­von schwärm­te und das pro­jekt als „ganz­heit­li­chen jour­na­lis­mus“ be­schrieb. was ganz­heit­li­cher jour­na­lis­mus sein sol­le ver­stand ich da­mals nicht und ver­ste­he ich auch heu­te nicht, aber im­mer­hin fand ich das wort auf der selbst­be­schrei­bungs­sei­te von per­spec­ti­ve dai­ly nicht. so rich­tig klar, was per­spec­ti­ve dai­ly ma­chen will, wur­de mir auch beim durch­le­sen der sei­te nicht. dort steht jetzt (und ver­mut­lich auch schon vor zwei mo­na­ten, als ich zu­erst dort war):

Wir wol­len Nach­rich­ten an­ders ma­chen:
Ar­ti­kel mit Blick nach vorn, die nicht nur über Pro­ble­me spre­chen, son­dern auch fra­gen: Wie kann es bes­ser wer­den?

wie das, was man vor­hat, kon­kret aus­se­hen könn­te, kann man mei­ner mei­nung nach am bes­ten zei­gen, wenn man es macht, statt es nur an­zu­kün­di­gen — und dan­kens­wer­ter­wei­se, hat per­spec­ti­ve dai­ly am 7. märz die­sen bei­spiel­text von der mit­grün­de­rin ma­ren ur­ner on­line ge­stellt:

Igno­rie­ren wir Pro­ble­me oder igno­rie­ren wir Fort­schrit­te?

der text ist OK und re­la­tiv kon­kret, aber im­mer noch ziem­lich stark durch­zo­gen von der idee, was per­spec­ti­ve dai­ly ma­chen will, statt zu zei­gen, wie per­spec­ti­ve dai­ly sein wird. ja, ich glau­be auch, dass wir po­si­ti­ven, kon­struk­ti­ven jour­na­lis­mus ge­brau­chen kön­nen, dass wir zu we­nig au­gen­merk auf die po­si­ti­ven ent­wick­lun­gen wer­fen, dass wir uns mehr ge­dan­ken um pro­ble­me, als um lö­sun­gen ma­chen.

um ein pro­jekt zu un­ter­stüt­zen, scha­det es na­tür­lich nichts über die in­ten­tio­nen zu er­fah­ren. aber bes­ser fin­de ich es im­mer, nicht nur die in­ten­tio­nen er­ken­nen zu kön­nen, son­dern auch (mög­lichst vie­le) kon­kre­te ar­beits­pro­ben zu se­hen. ich sehe ei­nen un­ter­schied zwi­schen wer­bung für et­was ma­chen und wer­bung mit et­was ma­chen, im tech­no­lo­gie­sek­tor ist das der un­ter­schied zwi­schen dampf­wa­re und ei­nem kon­kre­ten pro­dukt.

ich schlies­se in der re­gel kein jah­res­abo auf ba­sis von ei­gen­wer­bung ab, son­dern schaue mir das pro­dukt (das heft, die zei­tung, den strea­ming-ser­vice) erst­mal ge­nau an, be­vor ich mich auf ein län­ger­fris­ti­ges en­ga­ge­ment ein­las­se. bei den kraut­re­por­tern war das (et­was) ein­fa­cher, da gab es ne­ben dem un­ter­stüt­zens­wer­ten ziel, na­men auf der au­toren­lis­te, die ich kann­te und schät­ze. ich konn­te mir zu­min­dest vor­stel­len, was mich in ei­nem jahr kraut­re­por­ter er­war­ten wür­de (konn­te ich na­tür­lich nicht, der über­ra­schungs­ef­fekt war grös­ser als der er­war­tungs­ef­fekt).

auf der au­toren­lis­te von per­spec­ti­ve dai­ly fin­den sich ein name, den ich ken­ne und schät­ze, raúl kraut­hau­sen. es fin­det sich auch ein name, den ich ken­ne und nicht schät­ze, eck­art von hirsch­hau­sen. eck­hart von hirsch­hau­sen ist zwar ein „Künst­ler, der sich aus­schließ­lich über sein be­ruf­li­ches Wir­ken de­fi­niert“, aber ich kann sein be­ruf­li­ches wir­ken nicht lei­den. apro­pos be­ruf­li­ches wir­ken, dass ich nicht lei­den kann mit dem ich nichts an­fan­gen kann. klaas he­ufer-um­lauf als tes­ti­mo­ni­al fin­de ich we­der wit­zig noch kon­struk­tiv.

und wo ich ge­ra­de da­bei bin zu mä­keln, nach al­lem was ich auf per­spec­ti­ve-dai­ly.de ge­le­sen und ver­stan­den habe, wird per­spec­ti­ve dai­ly die ar­ti­kel hin­ter ei­ner mit­glie­der­wand ver­schwin­den las­sen und es zah­len­den mit­glie­dern er­lau­ben, die­se „mit in­ter­es­sier­ten“ zu tei­len. so ganz schlau wird man aus dem FAQ nicht:

Für wen sind die In­hal­te von Per­spec­ti­ve Dai­ly zu­gäng­lich?

Un­se­re In­hal­te sind in ers­ter Li­nie für un­se­re Mit­glie­der zu­gäng­lich. Sie ha­ben Zu­griff auf alle Bei­trä­ge, die Kom­men­tar­funk­ti­on und wei­te­re Funk­tio­nen von Per­spec­ti­ve Dai­ly. Die Er­fah­rung aus an­de­ren Pro­jek­ten zeigt, dass dies ge­ra­de im Kom­men­tar­be­reich die Dis­kus­si­ons­kul­tur po­si­tiv be­ein­flusst. Ein­zel­ne Bei­trä­ge kön­nen auch an Nicht-Mit­glie­der wei­ter­ge­ge­ben wer­den: Durch Ko­pie­ren des Web­links ei­nes Ar­ti­kels kön­nen Mit­glie­der und Au­toren die­sen via E-Mail oder So­zia­le Netz­wer­ke an In­ter­es­sier­te wei­ter­lei­ten. Die­ses Sys­tem hat sich beim nie­der­län­di­schen De Cor­re­spon­dent sehr be­währt und stößt auch bei den Mit­glie­dern auf gro­ße Re­so­nanz.

per­spec­ti­ve dai­ly zah­lungs­be­leg

auch wenn es per­spec­ti­ve dai­ly in den letz­ten mo­na­ten drei­mal ge­schafft hat, mei­ne auf­merk­sam­keit zu er­re­gen (tschirner bei schulz und böh­mer­mann, mi­ni­hype um das vi­deo mit klaas he­ufer-um­lauf und jetzt der fun­ding-end­spurt mit ent­spre­chen­der me­di­en­prä­senz), hat mich per­spec­ti­ve dai­ly nicht über­zeu­gen kön­nen. al­les zu vage, zu luf­tig oder un­ver­ständ­lich. mo­na­te­lan­ges crowd­fun­ding und trom­meln, aber nur ein kon­kre­tes ar­beits­bei­spiel, das aber ei­gent­lich auch eher ein let­ter of in­tent ist. aber vor ein paar ta­gen funk­te mich jo­han­nes „sankt“ kor­ten an, den ich sehr schätz­te, und liess mich wis­sen, dass er die „ma­cher_in­nen per­sön­lich“ ken­ne und sehr schät­ze. des­halb, nicht we­gen der ir­ri­tie­ren­den und für mich gröss­ten­teils un­ver­ständ­li­chen ei­gen­wer­bung, un­ter­stüt­ze ich per­spec­ti­ve dai­ly für ein jahr (für €42).

das crowd­fun­ding läuft noch 3 tage, also bis zum os­ter­mon­tag. noch feh­len un­ge­fähr 1000 mit­glie­der, um das ziel von 12tau­send zah­len­den mit­glie­dern zu er­rei­chen. hier kann man mit­glied wer­den.


last week to­night wi­th john oli­ver: do­nald trump

felix schwenzel in gesehen

ganz ehr­lich, ich kann es nicht nicht mehr se­hen: leu­te die sich über trump lus­tig ma­chen und ar­ti­kel die da­nach sa­gen „xy hat ge­ra­de do­nald trump zer­stört“. (was paul carr in die­sem link dazu sagt, aus­ser der über­schrift („De­s­troy­ing our­sel­ves to de­ath“), weiss ich nicht, weil der ar­ti­kel hin­ter ei­ner pay­wall ist. aber vor der pay­wall sind 8 oder 9 screen­shots von ar­ti­keln, die sa­gen, do­nald trump sei ge­ra­de zer­stört wor­den.)

ich wür­de ger­ne sa­gen, nach­dem ich die­se aus­ga­be last week to­night mit john oli­ver ge­se­hen habe, dass john oli­ver ei­nen wit­zi­gen, ru­hi­gen und gut re­cher­chier­ten bei­trag über die lü­gen, die auf­schnei­de­rei­en und den grös­sen­wahn von do­nald trump ge­macht hat, der wirk­lich ein­druck hin­ter­las­sen hat und das po­ten­zi­al hat, trump den bo­den un­ter den füs­sen weg­zu­zie­hen. kann ich aber nicht sa­gen und will ich nicht sa­gen. auch wenn das al­les lus­tig und gut re­cher­chiert war, mir war es zu auf­ge­regt vor­ge­tra­gen. das gröss­te man­ko war aber: ich wuss­te das al­les schon. ich habe fast nichts neu­es er­fah­ren und vor al­lem, ich habe das was ich über trump in den letz­ten jah­ren er­fah­ren habe, nicht aus neu­en per­spek­ti­ven ge­se­hen. gut, ich lese viel und sehe viel fern­se­hen und manch­mal schaue ich mir john oli­ver oder an­de­re li­be­ra­le talk­shows an. aber ich fra­ge mich noch mahr als sonst, wozu die­ses pre­di­gen vor den oh­ne­hin schon in­for­mier­ten? oder wie die ame­ri­ka­ner manch­mal sa­gen, wozu die­ses pre­di­gen vor dem chor?

viel­leicht bin ich auch ein­fach nur frus­triert. seit mo­na­ten, nein, seit jah­ren, wird do­nald trump mit sa­ti­re und lä­cher­lich­ma­chung über­gos­sen und er geht nach je­dem fass schlamm das über ihm aus­ge­kippt wird, ge­stärkt her­vor. na­tür­lich ist er pein­lich, lügt, wa­ckelt, ist nicht so reich und un­ab­hän­gig wie er vor­gibt, na­tür­lich sieht er al­bern aus und schei­tert stän­dig mit ir­gend­wel­chen ge­schäf­ten — aber auch die schril­li­ons­te wie­der­ho­lung die­ser tat­sa­chen bringt nie­man­den da­von ab, trump zu un­ter­stüt­zen.

aber die­se stra­te­gie der lä­cher­lich­ma­chung funk­tio­niert eben nicht nur nicht, sie lenkt auch von ei­nem an­de­ren pro­blem ab. näm­lich, dass die an­de­ren po­li­ti­ker sich, in der wahr­neh­mung vie­ler men­schen, nicht gross­ar­tig von trump un­ter­schei­den. es gibt nicht we­ni­ge leu­te die glau­ben, dass die po­li­ti­ker in wa­shing­ton eben auch pein­lich sind, lü­gen, op­por­tu­ni­tisch wa­ckeln und ver­steck­te agen­den ver­fol­gen. ge­schäf­te, or­dent­li­che deals, traut oh­ne­hin kaum ei­ner den ak­ti­ven po­li­ti­kern zu (auch in deutsch­land). na­tür­lich ist die­se wahr­neh­mung falsch oder min­des­tens ge­trübt, aber sie ist vor­han­den. dass die­se wahr­neh­mung nicht ganz da­ne­ben liegt hat oli­ver üb­ri­gens auch in der sen­dung ge­zeigt: oba­mas ers­te amts­hand­lung: die schlies­sung von gu­an­ta­na­mo ein­zu­lei­ten und in den fol­gen­den jah­ren, je­des jahr, die schlies­sung, spä­tes­tens im nächs­ten jahr an­zu­kün­di­gen. die zu­ver­läs­sig­keit von ba­rack oba­mas ver­spre­chen, un­ter­schie­det sich hier nicht wirk­lich von trumps wahl­kampf­aus­sa­gen.

die hoff­nung, dass je­mand, der sich an kei­ne eta­blier­ten re­geln hält und gross­mäu­lig da­von re­det (end­lich) al­les um­zu­krem­peln, ge­nau das tut, ist nicht ganz ab­we­gig. mit ge­nau die­ser hoff­nung hat schon ba­rack oba­ma sei­nen wahl­kampf eine rich­tung ge­ge­ben, wenn auch ein biss­chen sub­ti­ler: ch­an­ge.

trump steht für vie­le ge­nau da­für: ver­än­de­rung (oder ge­nau­er, zu­rück­ver­än­de­rung, oder die sehrn­sucht nach dem ges­tern). die­se hoff­nung nimmt man den leu­ten nicht, in­dem man ein paar wit­ze über den selbst­er­klär­ten ver­än­de­rer macht, oder ihn bloss­stellt.

john oli­vers rant ge­gen do­nald trump war un­ter­halt­sam und gut ge­macht. und da­für ist john oli­ver da: fürs en­ter­tain­ment, auf ei­nem ho­hen ni­veau. den tat­säch­li­chen wun­den punkt von do­nald trump müs­sen an­de­re fin­den — und ich bin si­cher, er wird noch ge­fun­den. in der zwi­schen­zeit frus­trie­ren mich trump-wit­ze eher, als dass sie mich auf­mun­tern.


der sen­dungs­teil über do­nald trump ist auf you­tube zu­gäng­lich, dan­kens­wer­ter wei­se auch aus eu­ro­pa.

youtube-video laden, info, direktlink

the night ma­na­ger s01e01

felix schwenzel in gesehen

gross­ar­tig. habe nichts aus­zu­set­zen an die­ser se­rie — bzw. die­ser pi­lot­fol­ge. ei­gent­lich stimmt al­les, die ka­me­ra ist gross­ar­tig, die pro­duk­ti­on auf­wän­dig und auf spiel­film-ni­veau, das en­sem­ble gran­di­os und na­he­zu per­fekt be­setzt und die ge­schich­te ist nach­voll­zieh­bar und er­schre­ckend rea­lis­tisch er­zählt.

in der pi­lot­fol­ge wird in zwei tei­len er­klärt, war­um der nacht­por­tier jo­na­than pine den waf­fen­händ­ler ri­chard ro­per zu fall brin­gen will. das ist al­les in ja­mes bond-mai­er ge­filmt und in­sze­niert, mit ei­ni­gen ent­schei­den­den un­ter­schie­den: zum ei­nen ist die mo­ti­va­ti­on der han­deln­den per­so­nen nach­voll­zieh­bar, zum an­de­ren wer­den ei­nem nicht nur kli­schees an den kopf ge­wor­fen und stur die gen­re-re­geln von agen­ten-fil­men durch­de­kli­niert. das ist al­les kei­nes­falls ac­tion-arm, aber eben auch nicht so bom­bas­tisch und über­kan­di­delt in­sze­niert, wie in bond-fil­men. ich will auf dem bond-ver­gleich nicht rum­rei­ten, aber weil ich den letz­ten bond so scheis­se fand, kann ich mir das ein­fach nicht ver­knei­fen.

das be­ein­dru­ckens­te an the night ma­na­ger ist, wie ge­sagt, die nach­voll­zieh­ba­re, un­auf­ge­regt und de­tail­iert er­zähl­te ge­schich­te. die se­rie ist von in­ter­es­san­ten cha­rak­te­ren be­völ­kert und ver­spricht span­nen­de un­ter­hal­tung in den kom­men­den fol­gen. das ist al­les ein­ge­packt in wun­der­bar fo­to­gra­fier­te spiel­or­te rund um die welt, ge­spielt von knuf­fi­gen schau­spie­lern und sau­ber ge­dreht und pro­du­ziert.

ich fin­de oli­via col­man und ihr ge­sicht wirk­lich knuf­fig. sie war nicht nur in broad­church die ide­al­be­set­zung, sie passt auch auch hier per­fekt, zu­mal ihr die rol­le auch ein biss­chen auf den schwan­ge­ren leib ge­schnei­dert wur­de. hugh lau­rie und tom hidd­le­s­ton sind aus mei­ner sicht eben­falls ide­al­be­set­zun­gen. lau­rie als über­zeu­gen­der, pa­ra­no­ider bö­se­wicht und hidd­le­s­ton als ehr­lich be­sorg­ter ex-sol­dat und nacht­por­tier, mit ex­trem ei­nem an­ge­neh­men und di­stin­gu­ier­ten bri­ti­schen ak­zent.

ich freue mich sehr auf die kom­men­den fol­gen und gebe, sehr be­ein­druckt von der pi­lot­fol­ge, gleich von an­fang an die vol­le punkt­zahl.


join or die s01e01

felix schwenzel in gesehen

craig fer­gu­son ist zu­rück auf dem bild­schirm. die­se nach­richt ent­zück­te mich, denn ich ver­mis­se sei­ne late late show show sehr. sei­ne neue sen­dung läuft auf dem histo­ry chan­nel und hat ei­gent­lich ein schlüs­si­ges kon­zept: fer­gu­son dis­ku­tiert alt­uel­le po­li­ti­sche the­men mit ei­nem pa­nel aus drei (wech­seln­den) gäs­ten. in die­ser sen­dung war das the­ma: „his­to­ries big­gest po­li­ti­cal blun­ders“, also die gröss­ten po­li­ti­schen fehl­leis­tun­gen der ge­schich­te.

am an­fang lässt sich fer­gu­son nicht neh­men, erst­mal vier­ein­halb mi­nu­ten lang im ste­hen in die ka­me­ra zu re­den. ich fand das sehr er­fri­schend, wahr­schein­lich weil ich es so lan­ge nicht mehr ge­se­hen habe, dass craig fer­go­son gut ge­launt, wild ges­ti­ku­lie­rend, ki­chernd und oft flu­chend, in eine ka­me­ra spricht. was fer­gu­son wirk­lich kann — und was kaum ein an­de­rer mo­de­ra­tor kann — ist zu­gleich auf­rich­tig und al­bern, gut vor­be­rei­tet und im­pro­vi­sie­rend zu wir­ken und so­wohl sehr wit­zig zu sein, als auch stän­dig über die ei­ge­nen wit­ze zu ki­chern — ohne pein­lich zu wir­ken.

sein ge­spräch mit mit drei mehr oder we­ni­ger pro­mi­nen­ten ging auch gleich so wei­ter, mit ei­ner über­do­sis iro­nie. für 10 mi­nu­ten war das noch er­träg­lich, ging mir dann aber schnell auf die ner­ven. das hin und her ver­matsch­te zu ei­nem leich­ten gag- und iro­nie-sa­lat ohne viel sub­stanz. jetzt könn­te man na­tür­lich sa­gen: wer von craig fer­gu­son sub­stanz er­war­tet, dem sei nicht zu hel­fen — und viel­leicht ist das auch so (dass mir nicht zu hel­fen ist). aber ich habe craig fer­gu­son oft ge­nug ge­se­hen, um zu wis­sen, dass er durch­aus sub­stanz ab­lie­fern kann, wenn er sich für sei­ne gäs­te oder ein the­ma in­ter­es­siert.

für ei­nen sei­ner gäs­te, jim­my kim­mel, in­ter­es­sier­te er sich auch (zu recht), weil kim­mel die sel­te­ne fä­hig­keit be­sitzt, aus wirk­lich je­der vor­la­ge ei­nen witz zu ma­chen und auf je­den fer­gu­son-gag noch ei­nen drauf­zu­set­zen. sei­ne bei­den an­de­ren gäs­te in­ter­es­sier­ten ihn aber lei­der kaum. der pr-mensch ho­ward brag­man ver­such­te hier und da ein biss­chen sub­stanz mit selbst­be­weih­räu­che­rung zu ver­bin­den und fer­gu­son liess ihn auch ge­wäh­ren, aber die ko­mi­ke­rin jen d’an­ge­lo kam ei­gent­lich so gut wie nicht zu wort.

fer­gu­son ist im­mer dann am bes­ten, wenn er ei­nen star­ken part­ner oder ge­gen­part hat. das war in die­ser sen­dung jim­my kim­mel, aber die sen­dung war trotz­dem we­ni­ger gut, als ich ge­hofft hat­te. et­was mehr vor­be­rei­tung, ein biss­chen, nur ein ganz biss­chen, tief­gang, bzw. klu­ges wür­den schon rei­chen. statt­des­sen ist das ein­zi­ge was ich in die­ser sen­dung da­zu­ge­lernt habe, dass es gold-stern-schwu­le (gold star gays) gibt. das sind män­ner, die nie se­xu­el­len kon­takt mit ei­ner frau hat­ten. ho­ward brag­man er­gänz­te, dass es auch pla­tin-schwu­le (pla­ti­unum gay) gäbe, dass sind gold star gays, die per kai­ser­schnitt ent­bun­den wur­den, also selbst bei der ge­burt kei­nen kon­takt zu den pri­mä­ren se­xu­al­or­ga­nen ei­ner frau hat­ten.

ich habe mich wirk­lich ge­freut craig fer­gu­son wie­der zu se­hen, aber ich habe wohl ein biss­chen zu viel er­war­tet. ohne gros­se er­war­tun­gen, kann die sen­dung durch­aus 20 un­ter­halt­sa­me und kurz­wei­li­ge mi­nu­ten bie­ten — und theo­re­tisch ist das kon­zept auch gar nicht mal so schlecht. des­halb: das gan­ze kann nur bes­ser wer­den — und wird es si­cher­lich audh.


push und pull

felix schwenzel in artikel

nicht mal die bei­fah­re­rin liest mei­ne wet­ter-re­zen­sio­nen. ich füh­le mich mit dem ins-netz-schrei­ben wie­der wie vor 20 jah­ren. wie anke grö­ner das seit 100 jah­ren in ih­rem blog­kopf ste­hen hat: „blog like no­bo­dy’s wat­ching“. oder wie ich es sa­gen wür­de: blog­gen als selbst­be­frie­di­gung, schreib­übung und welt- und wahr­neh­mungs-ver­dau­ungs­hil­fe.


mit blog­soft­ware ins in­ter­net zu schrei­ben (blog­gen), wird ja schon lan­ge, im­mer wie­der mit neu­en grün­den, tot­ge­sagt. in den frü­hen zwei­tau­sen­dern war push statt pull das gros­se ding, in den frü­hen zwei­tau­send­zeh­nern wa­ren es die so­zia­len netz­wer­ke (twit­ter, face­book), die dem blog­gen den to­des­stoss ver­lie­hen und heu­te sind news­let­ter der gros­se, heis­se scheiss. kürz­lich wur­de mir, aus grün­den die mir schon wie­der ent­fal­len sind, der news­let­ter von lo­renz ma­roldt emp­foh­len. der ist wirk­lich le­sens­wert und schön rot­zig ge­schrie­ben. so­gar wenn lo­renz ma­roldt von ste­fan ja­cobs ver­tre­ten wird, wie vor drei ta­gen. da fing der news­let­ter so an:

Die Zei­ten wer­den im­mer ver­wir­ren­der: Wird Air Ber­lin ara­bisch oder ita­lie­nisch? Wer­den die Mars-Rie­gel nun zu­rück­ge­ru­fen, weil in ei­nem Kunst­stoff drin war oder weil er in den an­de­ren fehlt? Und ge­lingt mit den Rie­geln die En­er­gie­wen­de oder wer­den sie in je­ner Ge­gend zwi­schen Ber­lin und Böh­men ver­klappt, von der der lo­ka­le CDU-Ge­ne­ral Kret­schmer sagt, das sei „nicht Sach­sen“, und sein MP Til­lich, das sei­en „kei­ne Men­schen“? Das Kar­rie­re­ba­ro­me­ter für Geo­gra­fen, Bio­lo­gen und Le­bens­mit­tel­che­mi­ker steigt. Und der Säxit scheint at­trak­ti­ver denn je.

al­les wun­der­bar, na­he­zu lehr­buch­haft. aber wei­ter­ge­le­sen hab ich dann nicht. mein email-ein­gangs­fach läuft mor­gens über, mit gut ge­mach­ten, mit le­se­stoff und links voll­ge­pack­ten news­let­ter­mails, aber über die ers­te sei­te die­ser mails, kom­me ich mitt­ler­wei­le nur noch sel­ten hin­aus. an­de­rer­seits: auch mein RSS-ree­der quillt der­zeit über, aber im­mer­hin lese ich den im­mer noch in der bahn, vorm ein­schla­fen und vorm auf­ste­hen. kann na­tür­lich auch sein, dass ich ge­ra­de in ei­ner we­nig-lese-pha­se bin, aber news­let­ter sind ge­ra­de echt schwer un­ter­zu­brin­gen in mei­nem le­se­fluss.


wir­res hat üb­ri­gens als news­let­ter an­ge­fan­gen, vor über 14 jah­ren. statt mei­nen freun­den ein­zel­ne mails oder brie­fe zu schrei­ben, hat­te ich mir da­mals™ über­legt, dass so eine sam­mel­mail doch ne su­per idee sei. ich glau­be den meis­ten emp­fän­gern, die dem emp­fang der sam­mel­mail üb­ri­gens nicht ex­pli­zit zu­ge­stimmt hat­ten, ging es da­mals schon so, wie mir jetzt: wer soll das denn (wann) al­les le­sen?

ya­hoo hat­te da­mals ein werk­zeug am start, mit dem die ver­wal­tung der abos, der ver­sand und die ar­chi­vie­rung wirk­lich ein­fach funk­tio­nier­ten. nach ein paar jah­ren wur­de der dienst ein­ge­stellt, ir­gend­wann wur­de er dann wie­der re­ak­ti­viert. je­den­falls sind die samm­e­le­mails alle noch im ar­chiv vor­han­den.


auf eine be­stimm­te art bin ich froh, bei dem was ich hier ma­che, nicht dar­über nach­den­ken zu müs­sen, ob das je­man­dem ge­fällt oder in­ter­es­siert. in der re­gel reicht es, dass es mich in­ter­es­siert oder dass es mir hilft, sa­chen bes­ser zu ver­ste­hen oder im blick zu be­hal­ten, wenn ich sie auf­schrei­be und wich­te.

ich wie­der­ho­le das ge­bets­müh­len­ar­tig seit jah­ren: ich bin froh, nicht von dem le­ben zu müs­sen, was ich ins netz schrei­be. ich muss mei­ne sei­ten­an­sich­ten nicht nach oben jazzen, in­dem ich auf ir­gend­et­was op­ti­miert schrei­be. ich muss kei­ne er­war­tun­gen er­fül­len und tex­te auf kei­ne ziel­grup­pe op­ti­mie­ren. ich mer­ke zwar, dass es im­mer wie­der über­schnei­dun­gen zwi­schen mei­nen in­ter­es­sen und de­nen ei­nes grös­se­ren pu­bli­kums gibt und man­che the­men bes­ser an­kom­men als an­de­re. aber ich muss nichts zu­spit­zen oder ag­gres­siv be­wer­ben, weil ich aus­ser mei­ner le­bens­zeit, kaum kos­ten de­cken muss. wenn ich zu­spit­ze, dann weil ich bock drauf habe oder zu faul zum dif­fe­ren­zie­ren oder zu­en­de-den­ken bin. wenn ich auf­trä­ge für wer­be­ar­ti­kel an­neh­me, ma­che ich das nur, wenn mir das pro­dukt oder das the­ma zu­sagt oder ich glau­be dass es zu mir passt. ich grei­fe die po­si­tio­nen von an­de­ren nicht an, um le­ser­mas­sen zu len­ken oder auf­merk­sam­keit zu er­zeu­gen, son­dern um mir per­sön­li­che sa­tis­fak­ti­on zu ver­schaf­fen.

was mir aber die gröss­te be­frie­di­gung ver­schafft, sind die tech­ni­schen mög­lich­kei­ten, die sich mir hier öff­nen. ich kann mit tech­no­lo­gien ex­pe­ri­men­tie­ren und de­ren aus­wir­kun­gen be­ob­ach­ten. so weiss ich jetzt, dass man ver­öf­fent­lich­te ar­ti­kel in­ner­halb von we­ni­gen mi­nu­ten auf goog­le such­ergeb­nis­sei­ten hie­ven kann. ich weiss wie man struk­tu­rier­te da­ten ein­set­zen kann, um such­ergeb­nis­se bun­ter er­schei­nen zu las­sen oder aus ar­ti­keln über­sichts­land­kar­ten bau­en kann. ich habe ge­lernt, wie man re­ak­tio­nen aus so­zia­len netz­wer­ken ein­fan­gen kann oder wie man aus dem ei­ge­nen blog her­aus bei an­de­ren leu­ten kom­men­tie­ren kann.


die bes­te idee, die ich seit lan­gem hat­te, war alle fern­seh­sen­dun­gen oder fil­me, die ich sehe, mit ein paar ein­drü­cken auf­zu­schrei­ben. das ist mit­un­ter ner­vig und an­stren­gend und in­ter­es­siert eher we­ni­ge, aber es hat mich dar­an er­in­nert, war­um ich über­haupt an­ge­fan­gen habe zu blog­gen: zu ver­su­chen das ei­ge­ne le­ben nicht ein­fach vor­bei­rau­schen zu las­sen, son­dern den ei­nen oder an­de­ren mo­ment fest­hal­ten, dar­an zu knab­bern, ihn aus ver­schie­de­nen per­spek­ti­ven zu be­trach­ten und auf­zu­schrei­ben, fest­zu­hal­ten, zu fo­to­gra­fie­ren oder zu fil­men. dass ge­nau das dazu führt, dass das ei­ge­ne le­ben noch schnel­ler an ei­nem vor­bei­zieht und ich noch we­ni­ger zeit habe, ist ein ne­ben­ef­fekt mit dem ich le­ben kann. auch weil das gan­ze dann doch hin und wie­der den ef­fekt hat, dass es an­de­re in­spi­riert oder an­de­ren hilft oder auf neue sicht­wei­sen bringt. und ne­ben all der selbst­be­frie­di­gung und ver­dau­ungs­hil­fe mit der ich mein „blog like no­bo­dy’s wat­ching“ wei­ter oben ra­tio­na­li­siert habe, sind die­ser ge­le­gent­li­che zu­spruch, feed­back oder über­haupt das an­se­hen mei­ner aus­wür­fe, na­tür­lich auch mo­ti­vie­rend und be­frie­di­gend.


ei­gent­lich hat­te ich die­sen ar­ti­kel an­ge­fan­gen, um über die alte push vs. pull de­bat­te nach­zu­den­ken. das ist mir of­fen­sicht­lich nicht wirk­lich ge­lun­gen. aber seit den frü­hen news­let­ter-ta­gen von wir­res, bin ich ge­gen­über push-mo­del­len skep­tisch. mein vor­herr­schen­des ge­fühl ist: ich will mich ei­gent­lich nicht auf­drän­gen. auch weil ich eben weiss, dass nicht al­les was ich auf­schrei­be, je­den in­ter­es­siert. oder um­ge­kehrt, weil ich mich the­ma­tisch oder kon­zep­tio­nell nicht fest­le­gen möch­te. des­halb wird es auf ab­seh­ba­re zeit auch kei­nen re­gel­mäs­si­gen news­let­ter von mir ge­ben. wer sich für mei­ne the­ma­ti­sche wun­der­tü­te in­ter­es­siert kann mir auf twit­ter oder face­book fol­gen oder mich per RSS abon­nie­ren (zum bei­spiel mit feed­ly) oder von mir aus auch die mi­cro­for­ma­te die­ser sei­te par­sen.

trotz mei­ner re­ser­viert­heit ge­gen­über dem push-kon­zept, habe ich in den letz­ten mo­na­ten ein biss­chen dar­über nach­ge­dacht, wie eine mo­bi­le wir­res.net-app aus­se­hen könn­te. in mei­ner vor­stel­lung müss­te sie ei­gent­lich nur eins kön­nen: den haupt­feed oder ein­zel­ne ka­te­go­rie-feeds abon­nier­bar ma­chen und bei neu­en ar­ti­keln eine be­nach­rich­ti­gung an­zei­gen, bei de­ren aus­wahl man auf dem ar­ti­kel lan­det. na­tür­lich kön­nen das be­reits un­zäh­li­ge RSS-rea­der-apps, aber sie ver­lan­gen im­mer noch ein ge­wis­ses tech­ni­sches grund­ver­ständ­nis, bzw. ein ex­pli­zi­tes abon­nie­ren: down­load und in­stal­lie­rung der app, app star­ten, feed ein­ge­ben oder su­chen, abon­nie­ren. feed­ly hat das be­reits mit links wie die­sem re­la­tiv rei­bungs­los ge­macht, aber auch feed­ly ver­langt vor dem abo zu­erst eine an­mel­dung bei feed­ly, die man dann nach der in­stal­la­ti­on der feed­ly-app auf dem mo­bil­te­le­fon noch­mal durch­füh­ren muss.

ich fand die idee reiz­voll ein­fach ei­nen app-down­load an­bie­ten zu kön­nen, in dem das abon­ne­ment be­reits vor­ein­ge­stellt ist und dass sonst kei­ner­lei klicks oder in­ter­ak­tio­nen mehr nö­tig sind. sub­scri­be by down­load, so­zu­sa­gen.

tech­nisch geht das in der theo­rie al­les pro­blem­los; ein­fach eine app bau­en die RSS par­sen kann, app-icon ein­stel­len, eine be­nach­rich­ti­gungs­funk­ti­on und viel­leicht noch eine lis­te, mit den letz­ten ar­ti­keln. wenn die app pubsub­hub­bub ver­stün­de, könn­te sie auch au­gen­blick­lich be­scheid sa­gen, wenn das abon­ne­ment ak­tua­li­siert wur­de.

es gibt nicht we­ni­ge an­bie­ter, die für so et­was white-la­bel-lö­sun­gen an­bie­ten, bei de­nen man sich qua­si eine app zu­sam­men­kli­cken kann. sol­che apps las­sen sich dann per rss füt­tern und zei­gen eine über­sicht der ver­öf­fent­lich­ten ar­ti­kel an. ich fand die er­geb­nis­se die­ser app-bau­sät­ze aber alle sehr un­be­frie­di­gend. alle, die ich aus­pro­bier­te, hat­ten zu viel vi­su­el­len bal­last und of­fen­sicht­li­che tech­ni­sche schwä­chen.

ich habe mir auch ein paar open­so­ur­ce lö­sungs­an­sät­ze an­ge­se­hen, aber ge­nau das, was ich mir vor­stel­le, hab ich (na­tür­lich) nicht ge­fun­den. aber wäre das nicht toll, wenn es ei­nen ge­ne­ri­schen app-bau­satz gäbe, den man auf sein blog, bzw. sei­nen feed, kon­fi­gu­rie­ren könn­te, kom­pi­lie­ren und im app-store ein­rei­chen könn­te?

ist die app in­stal­liert, macht sie nichts an­de­res als den be­nut­zer zu be­nach­rich­ti­gen, wenn der abon­nier­te feed neue ein­trä­ge auf­weist (ein klick öff­net die sei­te im brow­ser), wenn man den feed, das abon­nier­te blog, nicht mehr le­sen möch­te, löscht man ein­fach die app. kei­ne auf­wän­dig ge­r­en­der­ten ar­ti­kel­über­sich­ten in der app, kei­ne ver­hunz­ten le­se­an­sich­ten, ein­fach nur eine be­scheid-app pro abo oder blog für das man sich in­ter­es­siert. so könn­te ich mich auch mit push an­freun­den.


bet­ter call saul s02e02 (cob­bler)

felix schwenzel in gesehen

ich muss lei­der sa­gen, dass ich saul good­man in brea­king bad nie moch­te. ich war, na­tür­lich, ein mike-fan. die ers­te staf­fel bet­ter call saul hat aber gute ar­beit ge­leis­tet, um jim­my mc­gill in­ter­essanz und mensch­lich­keit zu ver­lei­hen. jetzt mag ich jim­my mc­gill aka saul good­man na­tür­lich (auch) sehr. aber ich bin im­mer noch ein gros­ser mike-ehrm­an­traut-fan. al­lein das stoi­sche ge­sicht von jo­na­than banks kann ich mir stun­den­lang an­se­hen. und in die­ser fol­ge konn­te man wie­der sehr viel von die­sem zer­furch­ten ge­sicht se­hen.

der grund war­um ich so ein gros­ser mike-ehrm­an­traut-fan bin, ist na­tür­lich, dass er, be­reits in brea­king bad, ei­ner der we­ni­gen cha­rak­te­re war, die noch alle bei­sam­men ha­ben und er (fast im­mer) die si­tua­tio­nen, in de­nen er steckt, rich­tig ein­schätzt. und ge­nau da­bei kann man ihn in die­ser (und der letz­ten) fol­ge wie­der be­ob­ach­ten: si­tua­tio­nen rich­tig ein­schät­zen und din­ge in ord­nung brin­gen.

aber auch jim­my mc­gill lief in die­ser fol­ge wie­der zu höchst­form auf und fand ganz of­fen­sicht­lich grös­se­ren ge­fal­len an prak­ti­zier­ter mo­ra­li­scher fle­xi­bi­li­tät, als am drö­gen le­ben als fest­an­ge­stell­ter an­walt. der job in der kanz­lei ödet ihn ganz of­fen­sicht­lich an, auch wenn er erst­mals et­was (fra­gi­le) an­er­ken­nung in sei­nem job als ehr­li­cher an­walt ab­be­kommt.

aber als mike ihn an­ruft um den tol­pat­schi­gen me­di­ka­men­te-dea­ler aus der po­li­zei-fal­le, in die er sich in der letz­ten fol­ge ma­nö­vriert hat, zu be­frei­en, läuft jim­my mc­gill wie­der zu höchst­form auf — und man merkt auch bob oden­kirk an, dass es ihm spass macht je­man­den zu spie­len, der sich spon­tan lus­ti­ge na­men für ab­we­gi­ge und anal fi­xier­te sex­prak­ti­ken aus­denkt. ich bin si­cher, dass der ho­bo­ken squat cob­bler bald auch ein ech­tes ding sein wird, wenn man in zwei bis drei wo­chen noch­mal da­nach goo­gelt. aus­ser­dem ler­nen wir, dass sto­rytel­ling nicht nur im jour­na­lis­mus und beim ver­kau­fen wich­tig ist, son­dern ganz be­son­ders auch im um­gang mit der po­li­zei.

die un­sym­pa­thi­sche und ner­vi­ge sei­te von jim­my mc­gill/saul good­man, die mich in brea­king bad schon nerv­te, schien in die­ser fol­ge aber auch noch­mal durch. den neue (fir­men) wa­gen, muss er sich na­tür­lich vor dem sa­lon über­ge­ben las­sen, in dem er jah­re­lang sein büro im hin­ter­zim­mer hat­te. das ist die kin­di­sche arsch­loch­sei­te von ihm, an der er ganz of­fen­sicht­lich den rest der staf­fel hart wei­ter ar­bei­ten wird und sich mehr und mehr von sei­ner kol­le­gin und lieb­schaft kim wex­ler ent­frem­den wird (ganz zau­ber­haft üb­ri­gens ge­spielt von rhea see­horn). kim ist, wie mike, eine der we­ni­gen per­so­nen in der se­rie, die noch alle bei­sam­men ha­ben und durch und durch ehr­lich, loy­al und zu­ver­läs­sig ist.

je­den­falls hab ich die­se fol­ge wie­der sehr ger­ne ge­se­hen und gebe wie­der vier punk­te. ich bin ziem­lich si­cher es kom­men in die­ser staf­fel noch fol­gen, die fünf punk­te ver­die­nen.

(auf net­flix ge­se­hen)


Nicht der Weg ist das Ziel, son­dern die Auf­bruchs­freu­de

felix schwenzel in artikel

Als ich noch re­la­tiv jung war, war ich der fes­ten Über­zeu­gung, dass Alt­sein das Schreck­lichs­te auf der Welt sei. Alte Men­schen schnauz­ten ei­nen im Bus an, wenn man auf den fal­schen Plät­zen saß, vie­le mei­ner Ver­wand­ten, die ich im­mer als sehr alt emp­fand, kri­ti­sier­ten mei­ne Fri­sur, die an­geb­lich zu en­gen Ho­sen, die ich trug oder wie ich be­stimm­te Sa­chen aus­drück­te oder tat („das sagt/tut man nicht!“).

Ich fand die meis­ten al­ten Men­schen in mei­nem Um­feld zwar nett, aber auch — auf eine Art — be­mitt­lei­dens­wert. Die alte Dame, zu der ich bei uns im Haus im­mer zum Fern­se­hen ging (wir hat­ten da­mals kei­nen ei­ge­nen Fern­se­her), war im­mer al­lei­ne, er­zähl­te stän­dig die glei­chen Sa­chen aus ih­rer Ju­gend und schau­te abends Mu­si­kan­ten­stadtl.

Mein Ein­druck vom Al­ter war: wer alt ist, ver­steht die zeit­ge­nös­si­sche Welt nicht mehr und ten­diert zur Un­freund­lich­keit und Bes­ser­wis­se­rei.

Dass ich im Üb­ri­gen auch nichts ver­stand und mein Welt­bild, wie die meis­ten (jun­gen) Men­schen, aus an­ek­do­ti­schem Wis­sen kon­stru­ier­te, merk­te ich ei­nes Abends vor dem (mitt­ler­wei­le ei­ge­nen) Fern­se­her. Dort wur­de ein sehr al­ter Mann por­trai­tiert. Der alte Mann, ich glau­be er war Phi­lo­soph, sag­te vie­le sehr klu­ge Sa­chen, war auf­ge­weckt und schnell, ganz an­ders als die al­ten Men­schen, die ich bis­her kann­te. Zum ers­ten Mal sah ich ei­nen al­ten Men­schen, der im Al­ter of­fen­bar klü­ger und nicht doo­fer ge­wor­den war und ver­lor auf ei­nen Schlag mei­ne ge­ne­ri­sche Angst vor dem Alt­wer­den. Ich ver­stand, dass der Cha­rak­ter und die Fä­hig­kei­ten ei­nes Men­schen nicht pri­mär mit dem Al­ter zu­sam­men­hän­gen.

Bis heu­te glau­be ich, dass ein na­tür­li­ches Ver­hält­nis zu Tech­no­lo­gie, In­no­va­ti­ons­fä­hig­keit oder bren­nen­de Neu­gier kei­ne Fra­ge des Al­ters sind, son­dern der Hal­tung. Oder an­ders ge­sagt: Neu­gier­de und Ri­si­ko­freu­de kom­men bei neu­gie­ri­gen und ri­si­ko­freu­di­gen Men­schen auch im hö­he­ren Al­ter vor. Ab­ge­se­hen da­von: Un­ter ekla­tan­tem Man­gel an Neu­gier, Un­ter­neh­mens­lust, Ri­si­ko­freu­de oder tech­ni­schem Ver­ständ­nis lei­den auch vie­le ju­gend­li­che Men­schen.

Zu­ge­ge­ben, jun­ge Men­schen ler­nen bes­ser und schnel­ler und las­sen sich nicht so sehr von Kon­ven­tio­nen auf­hal­ten — das aber vor al­lem, weil sie die Re­geln noch nicht ge­lernt ha­ben und oft über eine ge­wis­se grö­ßen­wahn­sin­ni­ge Ri­si­ko­be­reit­schaft ver­fü­gen.

Ge­sell­schaft­lich tun wir al­ler­dings al­les, um Men­schen, egal ob jung oder alt, ih­ren Grö­ßen­wahn und ihre Ri­si­ko­freun­de aus­zu­trei­ben. Ge­gen den Strom zu schwim­men, Ri­si­ken ein­zu­ge­hen, Din­ge an­ders zu ma­chen als bis­her, Feh­ler ma­chen, das ist über­all schwer, aber in Deutsch­land ganz be­son­ders; hier lie­ben wir den ge­mein­sa­men Nen­ner und die Ri­si­ko­ab­si­che­rung. Das Schul­sys­tem ist dar­auf aus­ge­rich­tet, der In­dus­trie und dem Mit­tel­stand gut aus­ge­bil­de­ten und an­ge­pass­ten Nach­wuchs zu lie­fern, der sich pro­blem­los in vor­han­de­ne Pro­zes­se in­te­grie­ren lässt. Er­folg mes­sen wir im­mer noch am liebs­ten an der Höhe der Ge­halts­ab­rech­nung und an der Si­cher­heit des Jobs.
Wür­den wir in un­se­rer Ge­sell­schaft das An­ders­ar­ti­ge, das Un­ge­wohn­te oder die Un­an­ge­passt­heit mehr schät­zen und för­dern, müss­ten wir nicht mehr all un­se­re Hoff­nun­gen dar­auf set­zen, dass die auf­be­geh­ren­de Ju­gend es wagt, die Kon­ven­tio­nen zu durch­bre­chen und Neu­es schafft.

Ab­ge­se­hen da­von ha­ben wir durch­aus die Fä­hig­keit, ge­le­gent­lich das An­ders­ar­ti­ge, Un­kon­ven­tio­nel­le oder vom Ge­wohn­ten Ab­wei­chen­de zu schät­zen: so­bald et­was so er­folg­reich ist, dass es im Main­stream an­ge­kom­men ist. Neu­es kann nach die­ser Her­den­lo­gik nur gut sein, wenn es alle in­ter­es­sant oder nütz­lich fin­den oder es alle Kur­ven des Gart­ner Hype-Zy­klus durch­lau­fen hat und in min­des­tens drei Ja­mes Bond-Fil­men pro­dukt­plat­ziert wor­den ist (sie­he auch → Jet­pack).

Wir schät­zen le­dig­lich das Ende des We­ges, ob­wohl wir ge­le­gent­lich auch den Weg selbst wert­schät­zen soll­ten, in­klu­si­ve der un­ver­meid­li­chen Miss­erfol­ge und Fehl­trit­te. Vor al­lem soll­ten wir uns auch hin und wie­der selbst auf die­sen Weg wa­gen. Statt­des­sen pro­ji­zie­ren wir den po­ten­zi­el­len Er­folg auf ein­zel­ne ju­gend­li­che Senk­recht­star­ter oder ver­göt­tern die, die am Ende des We­ges ste­hen.

Nicht der Weg ist das Ziel, son­dern die Auf­bruchs­freu­de.


black mir­ror s01e01 (the na­tio­nal an­them)

felix schwenzel in gesehen

black mir­ror ist eine bri­ti­sche sci­ence-fic­tion-se­rie, die im de­zem­ber 2011 erst­mals in gross­bri­ta­ni­en aus­ge­strahlt wur­de. al­ler­dings spielt die ers­te fol­ge nicht wirk­lich in der zu­kunft, son­dern im jetzt. das „ver­damm­te“ in­ter­net (zi­tat des fik­ti­ven bri­ti­schen pre­mier­mi­nis­ters mi­cha­el cal­low) funk­tio­niert in der ers­ten fol­ge be­reits so wie heu­te, näm­lich als hoch­ef­fek­ti­ve brut­zel­le von kon­troll­ver­lust. die­se fol­ge, de­ren ge­schich­te nach 43 mi­nu­ten spiel­zeit ei­nen ab­schluss fin­det, zeigt ei­nen mög­li­chen um­gang mit die­sem kon­troll­ver­lust. zu­min­dest ist das eine in­ter­pre­ta­ti­ons­wei­se.

ohne zu viel über die ers­te fol­ge zu ver­ra­ten, kann man die ge­schich­te kurz mit den wor­ten der wi­ki­pe­dia zu­sam­men­fas­sen (den wi­ki­pe­dia-link nicht kli­cken, dort herrscht spoi­ler-alarm):

Der Pre­mier­mi­nis­ter Groß­bri­tan­ni­ens, Mi­cha­el Cal­low, [ge­rät in ein Di­le­ma], als die Prin­zes­sin Su­san­nah […], ent­führt wird. Als Be­din­gung für die Frei­las­sung, wird vom Pre­mier­mi­nis­ter Sex mit ei­nem Schwein im na­tio­na­len Fern­se­hen ge­for­dert.

was die­se ers­te fol­ge wirk­lich gut hin­be­kommt, vor al­lem wenn man be­denkt, dass sie be­reits vier jah­re alt ist, ist ein­dring­lich zu zei­gen, wel­che fol­gen das in­ter­net auf macht­me­cha­nis­men hat. durch die gren­zen­lo­sig­keit und re­la­ti­ve un­kon­trol­lier­bar­keit des in­ter­nets — und folg­lich auch der me­di­en, die in den sog des net­zes ge­ra­ten — en­ste­hen nicht nur macht­ver­schie­bun­gen, son­dern auch neue (an­de­re) öf­fent­lich­kei­ten und mei­nungs­bil­dungs­struk­tu­ren, die mit her­kömm­li­chen in­stru­men­ta­ri­en nicht mehr ein­fach zu kon­trol­lie­ren sind. aber mit an­ge­pass­ten werk­zeu­gen dann eben doch, auch wenn das mit­un­ter mit ho­hen kos­ten ver­bun­den ist.

die­se fol­ge von black mir­ror ist ein wirk­lich in­ter­es­san­tes, her­vor­ra­gend dar­ge­stell­tes ge­dan­ken­ex­pe­ri­ment, das mich sehr zum nach­den­ken an­reg­te. ganz be­son­ders in­ter­es­sant sind die be­zü­ge zur me­di­en- und wahr­neh­mungs­kri­se, von der zur zeit ja so vie­le re­den. auch wenn es über­in­ter­pre­tiert er­schei­nen mag, gibt es auch ei­nen (in­di­rek­ten) be­zug zu do­nald trump, für den ich ein biss­chen aus­ho­len muss. ge­ra­de heu­te habe ich näm­lich die­ses vi­deo von ezra klein ge­se­hen (bei ste­fan nig­ge­mei­er ge­fun­den), in dem er un­ter an­de­rem sagt, dass do­nald trump je­der sinn für scham fehlt:

et­was aus­führ­li­cher hat ezra klein dazu auf vox ge­schrie­ben:

Trump’s other gift — the one that gets less at­ten­ti­on but is per­haps more im­portant — is his com­ple­te lack of shame. It’s easy to un­de­re­sti­ma­te how im­portant shame is in Ame­ri­can po­li­tics. But shame is our most powerful res­traint on po­li­ti­ci­ans who would find suc­cess th­rough dem­ago­guery. Most peo­p­le feel shame when they’re ex­po­sed as li­ars, when they’re seen as un­in­for­med, when their be­ha­vi­or is thought cruel, when re­spec­ted fi­gu­res in their par­ty con­demn their ac­tions, when ex­perts dis­miss their pro­po­sals, when they are mo­cked and bo­oed and pro­tes­ted.

Trump doesn’t. He has the rea­li­ty te­le­vi­si­on star’s abili­ty to ope­ra­te en­ti­re­ly wi­t­hout shame, and that per­mits him to ope­ra­te en­ti­re­ly wi­t­hout res­traint. It is the sin­gle sca­riest fa­cet of his per­so­na­li­ty. It is the one that al­lows him to go whe­re others won’t, to say what others can’t, to do what others wouldn’t.

wie ge­sagt, der ver­gleich zur ers­ten fol­ge black mir­ror ist mög­li­cher­wei­se et­was weit her­ge­holt, aber in die­ser fol­ge geht es eben auch ums the­ma scham und dass die über­win­dung von scham ei­nes der werk­zeu­ge ist, mit dem mäch­ti­ge, trotz kon­troll­ver­lust, ihre macht aus­bau­en oder fes­ti­gen kön­nen.

die er­zähl­wei­se und in­sze­nie­rung von black mir­ror ist nicht be­son­ders fes­selnd. ich habe nach zwan­zig mi­nu­ten eine kur­ze pau­se ein­ge­legt, um un­se­ren neu­en dru­cker zu in­stal­lie­ren und kon­fi­gu­rie­ren*, aber so­bald die ge­schich­te zu­en­de er­zählt war, schlug sie wie eine bom­be in mei­nem kopf ein. nicht die in­sze­nie­rung ist krass, son­dern die ge­schich­te. das ist sehr viel­ver­spre­chend für die künf­ti­gen fol­gen, auf die ich jetzt, nach die­ser er­öff­nung, wirk­lich ge­spannt bin. vom hö­ren­sa­gen weiss ich, dass die­se ers­te fol­ge eine der schwä­che­ren der se­rie sein soll — auch das er­scheint mir sehr viel­ver­spre­chend.

die in­sze­nie­rung der ge­schich­te er­in­ner­te mich üb­ri­gens in wei­ten tei­len an ma­rio six­tus’ ope­ra­ti­on na­ked, auch wenn six­tus’ film for­mal sehr viel kon­se­quen­ter war. auch black mir­ror (zu­min­dest die­se fol­ge) wird zum gros­sen teil von nach­rich­ten­men­schen er­zählt, auch black mir­ror zeigt er­eig­nis­se, die der­zeit so­wohl un­vor­stell­bar, als auch vor­stell­bar sind.

ich gebe 5 ster­ne, weil mich die­se fol­ge sehr be­ein­druckt hat, trotz ei­ni­ger, klei­ne­rer in­sze­na­to­ri­scher schwä­chen und ge­le­gent­li­cher un­er­träg­lich­keit. und ich bin ge­spannt auf die wei­te­ren fol­gen und hof­fent­lich ge­nau­so klug er­zähl­ten ge­schich­ten.

(un­ter an­de­rem auf net­flix deutsch­land zu se­hen, trai­ler der ers­ten staf­fel)


*) er­staun­lich was dru­cker für 140 euro kauf­preis heut­zu­ta­ge al­les kön­nen. und da­mit mei­ne ich noch nicht­mal die fä­hig­keit dop­pel­sei­tig zu dru­cken, scan­vor­la­gen selbst­tä­tig ein­zu­zie­hen und druck­auf­trä­ge von han­dies an­zu­neh­men, be­son­ders be­ein­druckt bin ich von der fä­hig­keit des neu­en dru­ckers, scans di­rekt (als PDF) auf ein netz­werk­lauf­werk zu spei­chern.


al­te na­tio­nal­ga­le­rie

felix schwenzel in artikel

heu­te woll­ten wir ei­gent­lich mal wie­der wan­dern ge­hen, aber weil es den gan­zen tag reg­nen soll­te, ha­ben wir uns ent­schie­den in die alte na­tio­nal­ga­le­rie zu ge­hen. dort gibt es ge­tra­de zwei re­stau­rier­te bil­der von cas­par da­vid fried­rich zu se­hen. im blog „der staat­li­chen mu­se­en zu ber­lin“ gibt es dazu ei­nen sehr in­for­ma­ti­ven ar­ti­kel: „In neu­em Glanz: Cas­par Da­vid Fried­rich kehrt zu­rück in die Alte Na­tio­nal­ga­le­rie

die aus­stel­lung der bei­den bil­der war bei­spiel­haft. auf ei­ner sei­te die bei­den auf­ge­frisch­ten bil­der, auf der an­de­ren sei­te fo­tos in ori­gi­nal­grös­se vom vor­he­ri­gen zu­stand. lei­der muss ich sa­gen, dass mir die ab­tei im eich­wald im ver­gilb­ten, et­was ver­blass­ten zu­stand bes­ser ge­fal­len hat. die re­stau­rier­te fas­sung hat sehr viel stär­ke­re kon­tras­te an stel­len, an de­nen kon­tras­te nicht be­son­ders gut wir­ken. der mönch am meer hin­ge­gen hat deut­lich hin­zu­ge­won­nen, vor al­lem an far­ben. ich fand die an­de­ren bil­der von cas­par da­vid fried­rich, die im sel­ben raum hin­gen, teil­wei­se viel in­ter­es­san­ter.

an die­sem bild konn­te man bei­spiels­wei­se se­hen, dass cas­par da­vid fried­rich zwar kein schlech­ter ma­ler war, es mit den kon­tras­ten aber manch­mal über­trieb.

der baum auf die­sem bild sticht ein­fach ein paar ta­cken zu doll raus. in­so­fern, ist die re­stau­rie­rung ab­tei im eich­wald si­cher­lich werk­treu und kommt dem ur­sprüng­li­chen zu­stand des bil­des si­cher nä­her als vor­her.

na­he­zu per­fekt fin­de ich die gross­flä­chi­gen land­schafts­bil­der von cas­par da­vid fried­rich. die far­ben sind toll und man kann sich in die­se bli­cke aufs land vor­treff­lich fal­len las­sen. die bei­fah­re­rin er­klär­te mir, dass die ne­bel-il­lu­si­on mit zu­mi­schung von blei­weiss mit dünn auf­ge­tra­ge­nen schich­ten von blei­weiss ge­macht wur­de, dass es mit­ler­wei­le lei­der nicht mehr le­gal in deutsch­land zu er­wer­ben gäbe, aber in­ter­es­san­te deck­ei­gen­schaf­ten hät­te.

die far­ben sind wirk­lich sehr bein­dru­ckend, auf fast al­len bil­dern.


wir sind dann noch ein biss­chen her­um­ge­lau­fen und ha­ben uns die bil­der der an­de­ren män­ner an­ge­se­hen. die bei­fah­re­rin hat es ge­schafft tat­säch­lich ein bild ei­ner frau zu fin­den, aber im be­sitz der na­tio­nal­ga­le­rie be­fin­den sich eh nur bil­der von zwan­zig ma­le­rin­nen die die meis­te zeit wohl im de­pot ver­brin­gen. dem ste­hen 780 männ­li­che ma­ler ge­gen­über. ei­ner da­von ist jo­hann pe­ter ha­sen­cle­ver, der 1843 die­ses bild ge­malt hat:

jo­hann pe­ter ha­sen­cle­ver, das le­se­ka­bi­nett, 1843

mein foto ist na­tür­lich ein rie­sen­gros­ser scheiss, glück­li­cher­wei­se kön­nen an­de­re sol­che bil­der viel bes­ser ma­chen, was man auf den sei­ten des kul­tur­in­sti­tuts von goog­le se­hen kann. ei­gent­lich ist das le­se­ka­bi­nett eine er­gän­zung zu pe­der se­ve­rin krøy­ers fa­mi­li­en­por­trait der hirsch­sprung fa­mi­lie, mit dem er die fra­ge be­ant­wor­te­te, wie sich die men­schen vor der er­fin­dung des smart­fo­nes igno­rier­ten. ha­sen­cle­vers bild be­ant­wor­tet ja im prin­zip die glei­che fra­ge. und ist das links ein 13" ipad pro?


sehr fas­zi­nie­rend fand ich ei­ni­ge bil­der von karl fried­rich schin­kel. ins­be­son­de­re die­ses hier, von ei­nem gothi­schen dom am was­ser (1813). das hier ist ein bild­aus­schnitt, das gan­ze bild lässt sich in der al­ten na­tio­nal­ga­le­rie be­trach­ten oder goo­geln.

karl fried­rich schin­kel, gothi­scher dom am was­ser, 1813

beim goog­le kul­tur­in­sti­tut gibt’s auch ein paar schin­kel­bil­der, aber nicht den dom am was­ser.

der vor­früh­ling im wie­ner wald von fer­di­nand ge­org wald­mül­ler hat­te et­was fo­to­rea­list­sches. die far­ben und das licht der bäu­me wa­ren der ab­so­lu­te ham­mer:

fer­di­nand ge­org wald­mül­ler, vor­früh­ling im wie­ner wald, 1864

das in­ter­net meme hun­de mit würs­ten auf der nase be­gann of­fen­bar schon im jahr 1877:

wil­helm trüb­ner, ave cae­sar, mo­ri­tu­ri te sa­lu­tant, 1877

das ge­bäu­de der na­tio­nal­ga­le­rie ge­fällt mir üb­ri­gens auch sehr gut. ich glau­be es ist klas­si­zis­mus zu­zu­ord­nen und sehr streng ge­glie­dert. das er­gibt tol­le ge­le­gen­hei­ten flucht­punk­te zu fo­to­gra­fie­ren.


zu­rück bin ich dann zu fuss nach­hau­se ge­lau­fen, also fast, bis zum s-bahn-ring, da­nach hat­te ich kei­nen bock mehr. un­ter­wegs habe ich ei­nen ziem­lich sau­ren fro­zen yo­gurt bei yoli ge­ges­sen und ge­lernt, dass pösch­ke-li­kö­re eine mar­ke für ken­ner ist (oder war).


vi­nyl s01e01 (pi­lot)

felix schwenzel in gesehen

ich fands gräss­lich. der pi­lot ist spiel­film-lang (zwei stun­den) und nach un­ge­fähr ei­ner stun­de hab ich den scheiss nicht mehr aus­ge­hal­ten. mir macht es in der re­gel nicht viel aus, wenn ich der ge­schich­te ei­ner se­rie nicht fol­gen kann, aber bei vi­nyl konn­te ich nicht nur der ge­schich­te nicht fol­gen, ich hat­te auch den ein­druck, dass gar kei­ne ge­schich­te er­zählt wird, son­dern nur eine stim­mung eta­bliert wer­den soll­te. vi­su­ell klapp­te das ganz gut, die sieb­zi­ger jah­re, mit all ih­ren grau­sa­men kla­mot­ten, fri­su­ren und ko­te­let­ten le­ben in der se­rie in al­ler bru­ta­li­tät wie­der auf, auch wenn die ku­lis­sen mich ziem­lich oft an die se­sam­stras­se er­in­nert ha­ben.

in vi­nyl ist al­les hoch­emo­tio­nal. schon in der ers­ten sze­ne stöhnt und ächzt bob­by canna­va­le (als ri­chie fi­ne­s­tra), aus kei­nem er­sicht­li­chen grund, 15 mi­nu­ten in sei­nem in der se­sam­stras­se ge­park­ten auto. ir­gend­wann hebt er den te­le­fon­hö­rer sei­nes wähl­schei­ben­au­to­te­le­fons ab und fängt an noch stär­ker zu äch­zen und zu stöh­nen. die rest­li­che drei­vier­tel stun­de habe ich mir gräss­lich an­ge­zo­ge­ne und fri­ser­te men­schen an­ge­se­hen, die ent­we­der sin­gen, schrei­en, fi­cken, kok­sen, kif­fen oder — das ist ein durch­gän­gi­ges mo­tiv der se­rie — grab­schen und tät­scheln. es ver­ge­hen kei­ne 5 mi­nu­ten der se­rie, in de­nen nicht ein mann ir­gend­wel­che als un­ter­wür­fig und blöd dar­ge­stell­ten frau­en an­grab­scht oder an­bag­gert.

es gibt zwar auch eine (mit­tel) star­ke frau­en­rol­le (ziem­lich gut: juno temp­le als ja­mie vine), die im lau­fe der se­rie si­cher­lich noch zu ei­nem zen­tra­len cha­rak­ter auf­ge­baut wer­den wird, aber in die­ser fol­ge ein­fach „das sand­wich-girl“ ge­nannt wird. viel­leicht war das grab­schen und kon­se­quen­te se­xua­li­sie­ren und obe­jk­ti­fi­zie­ren von frau­en in den 70ern noch gang und gäbe, aber die kon­zen­tra­ti­on der se­rie dar­auf nervt tie­risch.

apro­pos ner­ven. ich habe in den vie­len jah­ren mei­nes me­di­en­kon­sums ge­lernt, dass man um fil­me oder se­ri­en, in de­nen zeit­lu­pen zur be­to­nung und emo­tio­na­li­sie­rung der hand­lung ex­zes­siv ein­ge­setzt wer­den, ei­nen gros­sen bo­gen ma­chen soll­te. in die­ser hin­sicht schrill­ten bei vi­nyl stän­dig mei­ne alarm­glo­cken.

schau­spie­le­risch ist vi­nyl teil­wei­se ziem­lich gut ge­ra­ten. wie oben er­wähnt, ge­fällt mir das bei­läu­fi­ge und wa­che spiel von juno temp­le sehr, ja­mes jag­ger, der sohn von mick jag­ger, spielt auch gut, aber ein paar ne­ben­rol­len, und lei­der auch bob­by canna­va­le, tra­gen et­was dick auf.

am an­fang der fol­ge trat eine band auf, de­ren sän­ger dem jun­gen mick jag­ger er­staun­lich ähn­lich sah, vor al­lem we­gen dem et­was ir­ri­tie­ren­dem rie­si­gen jag­ger-mund und schlab­ber­lip­pen. das war aber je­mand an­ders.

ich kann mir gut vor­stel­len, dass es ei­ni­ge gibt, de­nen die­se se­rie ge­fal­len könn­te. ich kann da­mit nichts an­fan­gen. das the­ma in­ter­es­siert mich nicht, die um­set­zung über­zeugt mich nicht und ich ver­ste­he die mo­ti­va­ti­on kei­ner ein­zi­gen der auf­ge­tre­te­nen fi­gu­ren. die er­zähl­wei­se er­scheint irre be­lie­big, zwi­schen den will­kür­lich aus­ge­such­ten sze­nen, sind hin und wie­der mu­sik­stü­cke wie wer­be­clips ein­ge­floch­ten — ohne er­kenn­ba­ren be­zug zur hand­lung. wie ge­sagt, knapp 60 mi­nu­ten habe ich un­ter schmer­zen durch­ge­hal­ten, dann muss­te ich ab­schal­ten. ich hat­te da schon so ne ah­nung.


jo­han­nes kuhn hat die se­rie ge­fal­len (er hat auch den trai­ler ein­ge­bun­den), an­dri­an kreye hats auch nicht ge­fal­len, er hat aber hoff­nung, dass sich die se­rie nach dem pi­lo­ten noch fängt. ich nicht. die zwei­te staf­fel ist üb­ri­gens schon ge­setzt.


ver­dich­tung der fi­scher­insel

felix schwenzel in artikel

auf der fi­scher­insel soll ein wei­te­rer wohn­turm ge­baut wer­den. mir fiel das ges­tern auf, weil an ei­ner ecke, wo bis­her ein park war, plöt­zöich die bäu­me fehl­ten.

als bild­un­ter­schrift woll­te ich un­ter die­ses bild schrei­ben: „bäu­me wei­chen, da­mit wir end­lich mehr bü­ro­räu­me oder das dr­ölf­schril­li­ons­te ho­tel in mit­te be­kom­men.“ eine kur­ze re­cher­che zeigt, es gibt an­geb­lich „wü­ten­de Pro­tes­te“ ge­gen die be­bau­ung, schreibt zu­min­dest ul­rich paul in der ber­li­ner zei­tung:

Der ge­plan­te Bau ei­nes 19-stö­cki­gen Hoch­hau­ses in Ber­lins Mit­te stößt auf Pro­test. Die Pla­nun­gen der sieb­zi­ger Jah­re wür­den da­mit fort­ge­setzt, kri­ti­siert der frü­he­re Se­nats­bau­di­rek­tor Hans Stim­mann.

al­ler­dings ist das 19-stö­cki­ge hoch­haus kein büro oder ge­schäfts­bau, son­dern ein „Wohn­turm“. dort sol­len woh­nun­gen ent­ste­hen, auch vom land ber­lin ge­för­der­te preis­wer­te woh­nun­gen. das was die spre­che­rin der stadt­ent­wick­lungs­ver­wal­tung pe­tra roh­land sagt, er­gibt in mei­nen au­gen durch­aus sinn:

Das Hoch­haus ist das Er­geb­nis ei­nes in­ter­na­tio­na­len Ar­chi­tek­tur­wett­be­wer­bes. Es ord­net sich durch­aus in das Hoch­haus­ensem­ble auf der Fi­scher­insel ein und ent­spricht ei­ner ge­woll­ten Ver­dich­tung, um be­zahl­ba­ren Wohn­raum zu schaf­fen – auch in his­to­risch be­deu­ten­der, zen­tra­ler In­nen­stadt-Lage.

was soll man ge­gen sol­che plä­ne ha­ben? der his­to­ri­ker be­ne­dikt goe­bel hat ei­nen gu­ten grund:

Ein Hoch­haus habe dort nichts zu su­chen.

hm, war­um nicht? weil dort be­reits hoch­häu­ser ste­hen? ja, weil die hoch­häu­ser die dort ste­hen „feh­ler“ ge­we­sen sei­en (sagt die vor­sit­zen­de des ver­eins ber­li­ner his­to­ri­sche mit­te, an­net­te ahme) oder der ehe­ma­li­ge se­nats­bau­di­rek­tor hans stim­mann:

Ich hal­te die ge­plan­te Be­bau­ung der so­ge­nann­ten Fi­scher­insel mit ei­nem wei­te­ren Wohn­hoch­haus für falsch. Da­mit wer­den die Pla­nun­gen der 70er-Jah­re für ein so­zia­lis­ti­sches Stadt­zen­trum mit Woh­nen in Hoch­häu­sern wei­ter­ge­führt als exis­tie­re die DDR noch.

ich fin­de ver­dich­tung in der stadt gut. auf der sei­te der ar­chi­tek­ten kann man ein paar vi­sua­li­sie­run­gen der ge­plan­ten be­bau­ung se­hen und er­ken­nen, dass das hoch­haus kein ge­stal­te­ri­scher hö­hen­flug ist, sich aber sehr gut ins stadt­bild ein­fügt. und vor al­lem: es ist wohn­raum.

es gibt zwar men­schen wie da­ni­el fuhr­hop, die mei­nen, man soll­te das (neu) bau­en ganz ver­bie­ten:

In mei­ner Streit­schrift „Ver­bie­tet das Bau­en!“ füh­re ich 50 Werk­zeu­ge auf, die Neu­bau­ten über­flüs­sig ma­chen: von Alt­bau­sa­nie­rung bis Leer­stand-Ma­nage­ment, von Image­kam­pa­gnen für schein­bar rand­stän­di­ge Wohn­or­te ("aus Duis­burg wird Düs­sel­dorf-Nord") bis hin zu ganz neu­en For­men der Wohn­raum­nut­zung.

Be­son­ders wert­voll sind die­se Werk­zeu­ge an­ge­sichts des Zu­zugs der Flücht­lin­ge: Die be­nö­ti­gen näm­lich so­fort neu­en Wohn­raum und nicht erst in ei­nem Jahr. Dar­um brau­chen wir für sie kei­nen Neu­bau, son­dern wir soll­ten vor­han­de­ne Räu­me nut­zen und Leer­stand be­sei­ti­gen. So ste­hen al­lein in den 19 größ­ten deut­schen Bü­ro­stand­or­ten acht Mil­lio­nen Qua­drat­me­ter Bü­ros leer, hin­zu kom­men eine Mil­li­on un­ge­nutz­ter Woh­nun­gen und dar­über hin­aus Hun­der­te Fa­brik­hal­len und Ka­ser­nen - ge­nug für meh­re­re Mil­lio­nen Flücht­lin­ge.

die zu­sam­men­fas­sung sei­ner streit­schrift-the­sen in der geo ist je­den­falls le­sens­wert und ich glau­be dass da ei­ni­ge gute ideen drin ste­cken. trotz­dem ist ge­ra­de ber­lin eine stadt die wei­ter wie wild wächst. die gan­zen be­schis­se­nen und teil­wei­se lieb­los in mit­te hin­ge­schis­se­nen ho­tels schei­nen gut be­legt zu sein, der zu­zug nach ber­lin scheint, wenn man sich die miet­pries­ent­wick­lun­gen in den zen­tra­le­ren be­zir­ken an­sieht, un­ge­bro­chen. ich glau­be, dass ver­dich­tung in ber­lin nach wie vor sinn macht. selbst am reiss­brett ent­wor­fe­ne ge­bie­te wie der sehr ver­dich­te­te pots­da­mer platz, funk­tio­nie­ren in ber­lin.

städ­te­bau hat mich im stu­di­um im­mer ein biss­chen ge­lang­weilt. nicht weil es an sich lang­wei­lig war, son­dern weil es so kom­plex und un­kon­kret war. stadt­pla­nung und stadt­plan­um­set­zung zieht sich oft über jahr­zehn­te, wenn nicht gar jahr­hun­der­te hin. es sind un­fass­bar vie­le aspek­te zu be­ach­ten, öko­lo­gi­sche, ver­kehrs­pla­ne­ri­sche, so­zia­le, so­zio­lo­gi­sche und sehr viel un­plan­ba­res. was mir aber sehr gros­sen spass macht, ist städ­te­bau in der pra­xis zu be­ob­ach­ten. ber­lin da­bei be­oab­ch­ten, wie es sich ver­dich­tet, neue stadt­tei­le ent­ste­hen und sich be­le­ben, wie neue stadt­tei­le durch öf­fent­li­chen nah­ver­kehr er­schlos­sen wer­den und auf­blü­hen. al­lein des­halb kann ich schon nicht wü­tend wer­den, wenn hier hin und wie­der eine wei­te­re frei­flä­che be­to­niert und hoch­ver­dich­tet wird. um die­se wut zu ent­wi­ckeln, muss man wohl hys­te­ri­ker his­to­ri­ker sein.


bild­quel­le, vi­sua­li­sie­rung: fi­nest-images


pim­melfech­ten an der mül­lerstras­se

felix schwenzel in artikel

ges­tern, auf dem weg nach­hau­se, an der kreu­zung mül­ler- und see­stras­se. zwei fuss­gän­ger, jung, männ­lich, breit­bei­nig, ge­hen bei knapp rot über die am­pel und füh­len sich beim über­que­ren der stras­se of­fen­sicht­lich von ei­nem klein­bus be­hin­dert, der sie zwingt ei­nen klei­nen schlen­ker zu ma­chen.

als zei­chen des un­wil­lens schlägt ei­ner der breit­bei­ni­gen mit sei­ner (plas­tik-) co­la­fla­sche (leicht) ge­gen die schie­be­tür des klein­bus. kei­ne zwei se­kun­den spä­ter geht die schie­be­tür auf und, wie im kino, quel­len drei bis vier an­de­re jun­ge, breit­bei­ni­ge män­ner aus dem bus und be­we­gen sich zu­sam­men mit dem fah­rer dro­hend auf den ty­pen mit der cola-fla­sche zu (der er­staun­li­cher­wei­se kei­ne an­stal­ten zur flucht un­ter­nahm).

wäh­rend des (ver­ba­len) pim­melfech­tens, blo­ckiert der klein­bus den ge­sam­ten ver­kehr auf der see­stras­se. man muss ja prio­ri­tä­ten set­zen als ad­re­na­lin-schwan­ge­rer. der ver­ba­le schlag­ab­tausch dau­ert et­was län­ger als zwei am­pel­pha­sen. glück­li­cher­wei­se schlägt nie­mand der am wei­ter­fah­ren oder wei­ter­ge­hen ge­hin­der­ten mit ge­gen­stän­den auf den klein­bus ein, alle be­tei­lig­ten be­schrän­ken sich glück­li­cher­wei­se aufs hu­pen.

ich er­in­ne­re mich, wie ich vor ein paar mo­na­ten an der fried­richs­stras­se da­bei war die stras­se zu über­que­ren und noch ein taxi vor­bei­fah­ren las­sen woll­te. das taxi fuhr aber nicht vor­bei, son­dern hielt ge­nau vor mir an, um den fahr­gast aus­stei­gen zu las­sen. ich stand di­rekt vor der b-säu­le des ta­xis und muss­te um das taxi her­um­lau­fen, um die stras­se zu über­que­ren.

aus är­ger schlug ich beim vor­bei­ge­hen mit der fla­chen hand auf den kof­fer­raum des ta­xis, was nach­voll­zieh­bar ist, aber auch strunk­s­dumm. denn ei­gent­lich habe ich das schon vor 30 jah­ren ge­lernt: pe­nis­stolz, ei­tel­kei­ten und emo­tio­na­le re­ak­tio­nen im stras­sen­ver­kehr, sind un­ter al­len um­stän­den zu ver­mei­den. ernst­haft.


bet­ter call saul s02e01 (switch)

felix schwenzel in gesehen

eine gan­ze fol­ge in der fast nichts pas­siert und trotz­dem habe ich mich kei­ne se­kun­de ge­lan­ge­weilt. ich habe mich eben, als ich die ers­te fol­ge bet­ter call saul der zwei­ten staf­fel ge­se­hen habe, da­bei be­ob­ach­tet, dass ich ver­su­che auf je­des noch so klei­ne de­tail zu ach­ten. jah­res­lan­ges an­se­hen von vin­ce-gil­ligan-se­ri­en hat mich of­fen­sicht­lich dar­auf trai­nert, das ge­nau so zu ma­chen. das span­nen­de an die­ser er­zähl­wei­se ist, dass die ein­füh­rung in die hand­lung mehr fra­gen auf­wirft, als sie be­ant­wor­tet. nor­ma­ler­wei­se ist das an­ders­rum: am an­fang von se­ri­en wer­den die fi­gu­ren vor­ge­stellt, und spä­tes­tens am ende der ers­ten fol­ge, hat man eine vor­stel­lung da­von, was in ih­rem köp­fen vor­geht, wie sie ti­cken, was sie im rah­men der se­rie (oder des films) für zie­le ver­fol­gen und wer ihr geg­ner sein wird.

nach 47 mi­nu­ten bet­ter call saul hat man nichts als ah­nun­gen was pas­sie­ren könn­te oder wem et­was zu­stos­sen könn­te — mehr nicht.

es ist of­fen­sicht­lich, dass jim­my mc­gill (ali­as saul good­man) in der ge­gen­wart, die aus­schliess­lich schwarz/weiss ge­zeich­net ist, vor ir­gend­et­was oder ir­gend­wem auf der flucht ist — aber das wur­de auch schon in der ers­ten fol­ge der ers­ten staf­fel an­ge­deu­tet — und dann die gan­ze staf­fel über nicht mehr the­ma­ti­siert. ge­nau­so of­fen­sicht­lich ist es, dass jim­my mc­gill die fä­hig­keit hat, leu­te zu über­ra­schen und stän­dig schwer nach­voll­zieh­ba­re ent­schei­dun­gen zu tref­fen. im lau­fe der fol­ge konn­te man dem ge­sicht von jim­my mc­gill mehr­fach ent­neh­men, dass er ei­nen ein­schnei­den­den ein­fall hat­te, der sein le­ben ver­än­dern wür­de — aber ge­nau­so oft konn­te man sei­nem ge­sicht dann we­ni­ger spä­ter wie­der die to­ta­le rat­lo­sig­keit an­se­hen, mit der er sich in der welt be­wegt. ganz be­son­ders schön wur­de die­se plan­lo­sig­keit am ende der fol­ge il­lus­triert, als jim­my mc­gill sich nicht da­von ab­brin­gen konn­te ei­nen schal­ter, auf dem stand „do not turn off“, aus­zu­schal­ten. die­ser licht­schal­ter sym­bo­li­siert — ganz of­fen­sicht­lich — jim­my mc­gills her­an­ge­hens­wei­se ans le­ben.

das kann man al­les furcht­bar lang­wei­lig fin­den oder, auf eine sehr spe­zi­el­le art, span­nend. ich wür­de sa­gar so weit ge­hen und be­haup­ten, dass gil­ligan das pu­bli­kum mit sei­ner ex­trem ru­hi­gen er­zähl­art vor sich her treibt. mich zu­min­dest. die klei­ne mi­nia­tur am an­fang der fol­ge, die vor-blen­de in die ge­gen­wart, zeigt das ex­em­pla­risch. es pas­siert ge­ra­de so viel, dass die hand­lung ei­gent­lich in ei­nen tweet pas­sen wür­de — und doch er­zählt die fast sechs mi­nu­ten lan­ge sze­ne viel mehr. in­ter­es­san­ter­wei­se fand die bei­fah­re­rin die­se ers­te sze­ne „ge­ni­al“, den rest hin­ge­gen lang­wei­lig. da­bei ist die gan­ze fol­ge ex­akt wie die­se ers­te sze­ne ge­strickt: wir se­hen aus­schnit­te aus ei­ner hand­lung, die sich in den nächs­ten paar fol­gen (wahr­schein­lich) zu ei­ner grös­se­ren ge­schich­te zu­sam­men­set­zen wer­den — aber wir se­hen nie das gan­ze bild. wir wis­sen nie wo wir dran sind, die ge­zeig­ten frag­men­te sind (noch) un­durch­schau­bar. und weil das so wun­der­bar ru­hig und de­tail­iert er­zählt wird, schaue ich es mir völ­lig un­ge­lang­weilt und be­geis­tert an.

ich gehe da­von aus, dass das tem­po in den nächs­ten fol­gen an­zie­hen wird, aber wenn das tem­po ge­nau so bleibt, wäre ich auch zu­frie­den.

(auf net­flix ge­se­hen)


alle wei­te­ren be­spre­chun­gen der fol­gen der zwei­ten staf­fel von bet­ter call saul: