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fernsehen im märz, april und mai

felix schwenzel in artikel

per­son of in­te­rest, ehe­mals eine mei­ner liebs­ten mit­tel­gu­ten fern­seh­se­ri­en, ist nicht mehr mit­tel­gut, eher schlecht. ich sehe mir die fol­gen an, um zu er­fah­ren wie es wei­ter­geht, und wer­de von den se­ri­en­ma­chern ent­lang stumpf­sin­ni­ger dia­lo­ge und in­sze­nie­run­gen in die irre ge­führt. die fol­gen zie­hen sich ins un­end­li­che und sind meis­ten ent­we­der lang­wei­lig oder stumpf­sin­nig. die letz­te fol­ge (s05e07) warf im­mer­hin ein paar in­ter­es­san­te fra­gen zum the­ma frei­en wil­len und zu den über­le­gun­gen, wel­chen preis wir für si­cher­heit zu zah­len be­reit sind. aber ich bin kurz da­vor, die ab­schluss­staf­fel nicht zu­en­de zu gu­cken.

the good wife hat zu ei­nem gu­ten ende ge­führt. ich habe mich dann aber ir­gend­wie nicht be­müs­sigt ge­fühlt noch eine ab­schluss­kri­tik zu schrei­ben, das ist was ich mir nach dem an­se­hen der letz­ten fol­ge no­tiert habe:

gu­tes ende. nicht ver­söhn­lich, nicht be­son­ders hap­py, of­fen, aber nicht un­ent­schlos­sen. ein ende nach dem mot­to: das le­ben geht wei­ter, auch wenn man nicht ge­nau weiss wie. so war die se­rie auch über 7 staf­feln: sie hat ei­nen un­spek­ta­ku­lär be­glei­tet, das zeit­ge­sche­hen re­flek­tiert und ana­ly­siert, manch­mal ein biss­chen dr­amti­scher, meis­ten eher un­dra­ma­tisch, so wie das le­ben eben.

et­was aus­führ­li­cher und an­ge­mes­sen eu­pho­risch, schreibt das nuf über die se­rie.

deutsch­land 83 zu­en­de ge­guckt. nach den ers­ten drei fol­gen war ich mäs­sig be­geis­tert und noch et­was kri­tisch. oder ge­nau­er, im­mer noch re­la­tiv un­in­ter­es­siert und un­en­ga­giert. dann be­kam ich die grip­pe und habe die rest­li­chen fol­gen mehr oder we­ni­ger im fie­ber­wahn weg­ge­at­met. das funk­tio­nier­te ganz gut und vor al­lem hat es das ge­schafft, mich dann doch ein biss­chen für die se­rie zu be­geis­tern. ich fand ins­be­son­de­re die de­tail­lie­be der ku­lis­sen und re­qui­si­ten sehr, sehr toll und auch die in­sze­nie­rung und dra­ma­ti­sie­rung der ge­schich­te sehr OK. was mich am an­fang et­was ge­nervt hat, hat mich am ende hoch er­freut: das ab­du­deln sämt­li­cher acht­zi­ger-jah­re-hits, an die ich mich er­in­ne­re. man könn­te deutsch­land 83 in ei­nem satz zu­sam­men­fas­sen: ac­tion­rei­che und dra­ma­ti­sier­te acht­zi­ger­jah­re nost­al­gie, mit in­ter­es­san­ten span­nungs­ele­men­ten.

die zwei­te staf­fel way­ward pi­nes ist ge­ra­de an­ge­lau­fen. ich fand die ers­te staf­fel so mit­tel, habe sie aber in­ter­es­siert weg­ge­guckt. ei­gent­lich hat­te die ers­te staf­fel ein ganz gu­tes ende und schloss die geschchi­te ei­gent­lich be­frie­di­gend ab, die zwei­te staf­fel scheint so eine art re­boot zu sein. bin mäs­sig in­ter­es­siert, wer­de aber wohl mal rein­schaun.

gra­ham nor­tons sen­dung schaue ich im­mer wie­der ger­ne an und sie er­füllt gleich meh­re­re zwe­cke: sie lang­weilt mich fast nie, schafft gute lau­ne und hält ei­nen auf dem lau­fen­den in sa­chen film- und fern­seh­se­ri­en­starts. aus­ser­dem er­zäh­len die gäs­te mit vor­lie­be fä­kal­wit­ze.

game of thro­nes be­rei­tet mir wei­ter­hin gros­ses ver­gnü­gen. ich mag die er­zähl­wen­dun­gen und die er­zähl­art, auch wenn das al­les ei­gent­lich völ­lig blöd­sin­nig ist, was die se­rie ei­nem auf­tischt. aber die blöd­sin­nig­keit ist so ge­schickt ver­packt und er­zählt, dass al­les in sich völ­lig lo­gisch er­scheint, wenn man die se­rie schaut.

der pi­lot von pre­a­cher baut die kom­men­de se­ri­en­ad­ap­ti­on in eine ähn­lich blöd­sin­ni­ge rich­tung auf. ei­ner­seits ein klas­si­sches wes­tern-the­ma, wie im gran­dio­sen ju­s­ti­fied, mit ei­ner prie­se bans­hee, an­de­rer­seits ein biss­chen über­na­tür­li­ches mys­tery- und ver­schwö­rungs­ge­döns um der se­rie pfef­fer in den arsch zu bla­sen. mal schau­en ob das klappt, der pi­lot hat mir zu­min­dest ganz gut ge­fal­len, auch wenn es teil­wei­se zu dick auf­ge­tra­gen war.

ganz gran­di­os fin­de ich die ak­tu­el­le staf­fel si­li­con val­ley. im ge­gen­teil zu den vor­he­ri­gen staf­feln, geht noch mehr den bach hin­un­ter und die prot­ago­nis­ten stel­len sich noch düm­mer an, als in den ver­gan­ge­nen jah­ren. aber zu­ver­läs­sig un­ter­halt­sam und ein ex­zel­len­tes en­sem­ble.

peaky blin­ders ge­fällt mir, egal ob ich der hand­lung fol­gen kann oder nicht. ge­ra­de ge­le­sen, dass die se­rie um staf­fel 4 und 5 ver­län­gert wor­den ist, was ein biss­chen die span­nung raus­nimmt, aber ei­gent­lich hoch­er­freu­lich ist.

mo­dern fa­mi­ly ist nach wie vor in je­der fol­ge ein gros­ses ver­gnü­gen, eben­so die sen­dung mit der maus, die am sonn­tag er­klär­te, wie man aus erde ei­sen ge­winnt, bzw. in der ei­sen­zeit ge­won­nen hat. be­dau­er­lich fin­de ich, dass li­mit­less nicht fort­ge­setzt wird.

se­ri­en die mir zu blöd ge­wor­den sind und die ich nicht mehr gu­cke: big bang theo­ry (phan­ta­sie­lo­ses, kli­schee­be­haf­te­tes rum­ge­druck­se), bo­nes (war das im­mer schon so schlecht und ist mir das erst in die­sem jahr auf­ge­fal­len?), blind­s­pot, mar­vels agents of shield, lu­ci­fer (nach drei fol­gen be­en­det).

se­ri­en die ich dem­nächst wei­ter­se­hen möch­te: the ame­ri­cans (nach der zwei­ten staf­fel pau­siert, fand die se­rie aber ziem­lich gut und span­nend), vi­kings (auch nach der zwei­ten staf­fel pau­siert, auch weil mir die ge­schich­te et­was zu vie­le wil­de wen­dun­gen ge­nom­men hat).

was ich mir dem­nächst noch an­se­hen möch­te: em­pire.

und ihr so?


Learn, teach, repeat

felix schwenzel in artikel

Für mich sind Bil­dung, Wis­sen und Ler­nen wie Berg­bau. Man kann tief oder ober­fläch­lich gra­ben, man kann im­mer wei­ter gra­ben, es gibt här­te­re Schich­ten und Schich­ten durch die man leicht kommt — aber es gibt kaum Gren­zen. Von der Ober­flä­che er­schliesst sich der Sinn des Berg­baus nicht ohne Wei­te­res. Sich zu über­win­den, über­haupt mit dem Berg­bau zu be­gin­nen, ist be­reits eine der gros­sen Hür­den. Man muss jah­re­lang den Um­gang mit Berg­bau­ma­schi­nen ler­nen und schein­bar un­sin­ni­ge Sa­chen ein­üben, um die obe­ren Schich­ten des Berg­baus be­tre­ten zu kön­nen.

So sehr die­ser Ver­gleich auch hinkt, er be­schreibt re­la­tiv gut mein Ver­hält­nis zur Bil­dung. Ich be­griff die Schu­le in mei­ner Ju­gend nicht als Grund­aus­bil­dung, die mir Kom­pe­tenz und Hand­werks­zeug für die Na­vi­ga­ti­on der Welt bei­brin­gen soll­te, son­dern als un­sin­ni­ge Pflicht. Bis ich ver­stand, dass Ler­nen, Le­sen und Schrei­ben nicht nur müh­sam sind, son­dern mir nie ge­se­he­ne Wel­ten und Ga­la­xien er­schlies­sen kön­nen, muss­te ich drei­mal sit­zen­blei­ben und von un­zäh­li­gen Leu­ten an die Hand ge­nom­men wer­den und zur Schu­le und zum Ler­nen ge­zerrt wer­den.

Das Pro­blem mit Bil­dung ist gar nicht mal so sehr die Bil­dung an sich, son­dern über­haupt In­ter­es­se an ihr zu ent­wi­ckeln. Was mir half Bil­dungs­hun­ger zu ent­wi­ckeln, wa­ren Vor­bil­der, Men­schen die mir zeig­ten, was man mit Bil­dung an­fan­gen konn­te. Leu­te wie Ho­imar von Dit­furth, den ich zu­erst im Fern­se­hen und dann in sei­nen Bü­chern ken­nen lern­te, und der in mir eine flam­men­de Neu­gier auf die Welt weck­te. So ab­surd es klin­gen mag, aber das ver­pön­te Fern­se­hen weck­te in mir in­tel­lek­tu­el­le und wis­sen­schaft­li­che Neu­gier und spä­ter Neu­gier auf Bü­cher, im­mer mehr Bü­cher.

So wie das Fern­se­hen, dient auch das In­ter­net zum gro­ßen Teil der Zer­streu­ung und hat un­ter vie­len In­tel­lek­tu­el­len, wie das Fern­se­hen, den Ruf Men­schen zu ver­blö­den. Aber es hat auch das Po­ten­zi­al Neu­gier zu we­cken. Die Mög­lich­kei­ten auch völ­lig un­wahr­schein­li­che In­ter­es­sen und Lei­den­schaf­ten zu ent­wi­ckeln, Wis­sen zu er­wer­ben oder zu ver­tie­fen, sind dank des Net­zes um ein viel­fa­ches ge­wach­sen — und vor al­lem: um ein Viel­fa­ches ein­fa­cher zu­gäng­lich als je zu­vor.

Al­lein da­für, dass mir das Netz er­laubt, et­was über die Her­stel­lung glän­zen­der Lehm­ku­geln oder wei­chem Rühr­ei zu er­fah­ren, dass ich se­hen kann wie man ef­fek­tiv Zwie­beln schnei­det oder wie man ei­nen funk­tio­nie­ren­den Sech­zy­lin­der­mo­tor her­stellt, bin ich dem Netz un­end­lich dank­bar. Noch dank­ba­rer soll­te man Men­schen sein, die sich die Mühe ma­chen kom­pli­zier­te Din­ge ein­fach zu er­klä­ren, de­tail­liert aus ih­rem Be­rufs­le­ben be­rich­ten, egal ob auf Face­book, in Blogs oder auf You­tube. Ge­ra­de im Soft­ware­be­reich er­le­be ich im­mer wie­der un­glaub­lich hilf­rei­che Men­schen, die nicht nur quell­of­fe­ne Soft­ware schrei­ben, son­dern auch bis zur Be­las­tungs­gren­ze wil­lens sind, ihr Wis­sen zu tei­len und zu er­klä­ren und zu do­ku­men­tie­ren.

Dank des In­ter­nets sind die obe­ren Schich­ten des Berg­baus schon ganz gut be­leuch­tet, der Weg in die Tie­fe ist zwar im­mer noch müh­sam — aber ich glau­be, es war nie ein­fa­cher zu ler­nen und sich von der Lust am Ler­nen, am Wis­sen an­ste­cken zu las­sen. Ich be­dau­re es nur we­nig, dass die­se groß­ar­ti­ge Reiz­über­flu­tung nicht schon zu mei­ner Ju­gend­zeit auf mich ein­pras­sel­te, denn sie pras­selt jetzt ja auf mich ein. Nie in mei­nem Le­ben habe ich so viel ge­lernt, wie in den letz­ten 20 jah­ren im Netz; mir ha­ben die mo­der­nen, ver­net­zen Me­di­en nicht nur 15 Mi­nu­ten Ruhm ge­bracht, son­dern auch 20 Jah­re lei­den­schaft­li­ches, ste­ti­ges (dazu-)ler­nen.

Um die­se Reiz- und Wis­sens­viel­falt am Le­ben zu er­hal­ten, soll­ten wir uns nicht nur auf kom­mer­zi­el­le An­bie­ter ver­las­sen, son­dern, pflicht­be­wusst und ste­tig, un­ser Wis­sen tei­len, do­ku­men­tie­ren, auf­schrei­ben, ver­fil­men, vor­tra­gen. Und, min­des­tens ge­nau­so wich­tig: die vor­han­den Per­len sor­tie­ren, auf­be­rei­ten, zu­gäng­lich ma­chen und an­de­re mit Wis­sens­durst an­ste­cken.

Des­halb: Fra­ge nicht, was das Netz für dich tun kann, fra­ge was du für das Netz tun kannst.

(die ko­lum­ne ist zu­erst auf t3n.de er­schie­nen.)


nachrichten sind flüsse, keine seen

felix schwenzel in artikel

vor drei jah­ren habe ich mir das ge­wünscht, was face­book in­stant ar­tic­le jetzt lie­fert:

mir ist tatsächlich egal ob mein artikel im google reader, auf flipboard oder sonstwo gelesen wird. ich hätte auch nichts dagegen, wenn meine artikel im volltext auf facebook oder twitter oder eben da eingebettet würden, wo sie sich optimal lesen lassen und zum leser kommen, statt vom leser zu verlangen, dass er zu einem kommt. solange alle basisinformationen wie mein name, ein link zum original, das veröffentlichungsdatum bestehen bleiben und der volltext und die anhänge korrekt dargestellt werden. gut wäre auch, wenn sich änderungen am original auch am eingebetteten text auswirken würden. mit RSS funktioniert das ja seit jahren prima. aber vielleicht kann das auch noch besser funktionieren?

(von dort habe ich mir auch die über­schrift ge­lie­hen.)

ich bin üb­ri­gens nach wie vor be­geis­tert von den in­stant ar­tic­les. sie wer­den gut an­ge­nom­men, ins­be­son­de­re (na­tür­lich) wenn sie viel auf face­book wei­ter­ge­teilt wer­den. mein letz­ter öf­ter (drei­mal auf face­book, acht­mal auf twit­ter) ge­teil­ter ar­ti­kel hat dem­entspre­chend auch eine ganz gute ver­brei­tung ge­fun­den. so sieht das aus:

950 reguläre pageviews, 371 instant article pageviews, 940 RSS pageviews

die pa­ge­views der start­sei­te, auf der der ar­ti­kel auch im voll­text steht, wer­den von der ab­ge­bil­de­ten zäh­lung, bzw. an­zei­ge nicht er­fasst, pi mal dau­men er­ge­ben sich hier noch­mal ca. 1000 pa­ge­views, die pi­wik über das con­tent-track­ing er­fasst, was für den ge­denk­blog-ar­ti­kel ca. 3200 pa­ge­views in den letz­ten 4 ta­gen er­gibt.

in der re­gel wer­den mei­ne ar­ti­kel am meis­ten über RSS ge­le­sen, auf wir­res.net kom­men die meis­ten be­su­cher über twit­ter.com — wenn ich ar­ti­kel dort an­tease­re. böte twit­ter ein na­ti­ves werk­zeug an, mit dem die ar­ti­kel auf twit­ter.com ge­le­sen wer­den könn­ten, hat­te ich auch nichts da­ge­ge­gen, je­den­falls, wenn es so rei­bungs­los funk­tio­nie­ren wür­de, wie die face­book in­stant ar­tic­les. in­ter­es­sant fin­de ich üb­ri­gens, dass durch die im­ple­men­tie­rung der in­stant ar­tic­les und die an­for­de­run­gen von face­book, auch klei­ne ver­bes­se­run­gen und an­pas­sun­gen zu­rück in die web­site ge­flos­sen sind.

auch wenn ich das man­tra­ar­tig wie­der­ho­le: es geht mei­ner mei­nung nach bei der zu­kunft des pu­bli­zie­rens nicht dar­um web­sei­ten ab­zu­schaf­fen und nur noch auf face­book zu pu­bli­zie­ren, son­dern dar­um, in die in­for­ma­ti­ons­strö­me der nut­zer zu ge­lan­gen. die sind im­mer noch viel­fäl­ti­ger als vie­le den­ken, auch wenn face­book sich dank über­le­ge­ner tech­no­lo­gie mehr und mehr vom ku­chen ein­ver­leibt. es geht dar­um dort zu pu­bli­zie­ren, wo die le­ser sind und so tech­nisch zu pu­bli­zie­ren, dass es mit den le­se­ge­wohn­hei­ten der le­ser über­ein­stimmt. bei voll­text-RSS ha­ben sich ver­le­ger lan­ge ge­gen die­se idee ge­wehrt, dank AMP und face­book in­stant ar­tic­les hat sich die­se ab­wehr­hal­tung in den letz­ten mo­na­ten (j sei dank) ab­ge­schwächt. auch das wi­der­ho­le ich stän­dig seit fast ei­nem jahr­zehnt: such­ma­schi­nen- und so­cial­me­dia-op­ti­mie­rung soll­te sich im­mer an den be­dürf­nis­sen der le­ser ori­en­tie­ren. tech­ni­sche schlupf­lö­cher aus­zu­nut­zen lohnt sich ge­le­gent­lich kurz­fris­tig, lang­sfris­tig lohnt sich nur ein: tex­te und ar­ti­kel gut zu­gäng­lich (auch schnell) aus­zu­lie­fern, mehr­wert für le­ser schaf­fen (qua­li­tät, was auch im­mer das kon­kret für ein­zel­ne ziel­grup­pen heisst) und den le­se­ge­wohn­hei­ten der le­ser ent­ge­gen­kom­men (gut les­ba­re und be­dien­ba­re mo­bi­le an­sicht, le­ser nicht über­mäs­sig ver­wir­ren oder mit neu­en/krea­ti­ven be­dien­kon­zep­ten über­for­dern).   


moskau 2/5

felix schwenzel in artikel

der kaf­fee hat in mos­kau nir­gend­wo ge­schmeckt, auch nicht bei star­bucks. star­bucks war auch gleich die ers­te sta­ti­on die wir in mos­kau, im flug­ha­fen, an­ge­steu­ert ha­ben. dort gab es zwar grund­sätz­lich die glei­chen sa­chen wie in deutsch­land oder ame­ri­ka, aber ge­schmeckt hat der kaf­fee trotz­dem nicht. was na­tür­lich auch dar­an ge­le­gen ha­ben kann, dass ich noch in der grip­pe-re­kon­va­len­zenz war. al­ter­na­tiv kann es auch am was­ser ge­le­gen ha­ben. lei­tungs­was­ser trin­ken die mos­kau­er nicht, weil sie ihm nicht trau­en. viel­leicht ma­chen sie aber kaf­fee aus lei­tungs­was­ser?

die bei­fah­re­rin mag kei­ne kuh­milch im kaf­fee, und lei­der war die so­ja­milch im mos­kau­er star­bucks im flug­ha­fen ge­ra­de alle. al­ter­na­tiv bot die gut eng­lisch spre­chen­de be­die­nung der bei­fah­re­rin ko­kos­milch an. also ei­nen lat­te mit ko­kos­milch. die bei­fah­re­rin fands scheuss­lich. wir ha­ben trotz­dem al­les aus­ge­trun­ken.


eng­lisch spre­chen in mos­kau die we­nigs­ten, meist sind es die jün­ge­ren, die eng­lisch spre­chen und auch bei den stras­sen- und hin­weis­schil­dern sind le­dig­lich die jün­ge­ren auch eng­lisch, bzw. mit la­tei­ni­schen buch­sta­ben be­schrif­tet. auf der fahrt vom flug­ha­fen nach mos­kau (mit dem ae­ro­ex­press) war ich be­ein­druckt von der plat­ten­bau­dich­te um und in mos­kau.

plattenbauten am stadtrand von moskau

mos­kau steht voll mit plat­ten­bau­ten, die auf den ers­ten blick nicht be­son­ders ein­la­dend aus­se­hen. auf den zwei­ten blick er­kennt man aber, dass vie­le woh­nun­gen sich von­ein­an­der un­ter­schei­den: neue­re und äl­te­re fens­ter, man­che be­woh­ner ge­stal­ten den fas­sa­den­an­teil ih­rer woh­nung so­gar in­di­vi­du­ell, die bal­ko­ne sind fast aus­nahms­los zu win­ter­gär­ten ver­glast. beim blick aus un­se­rem ho­tel­zim­mer sa­hen wir selbst­ver­ständ­lich auch auf plat­ten­bau­ten, mich be­ein­druck­te im­mer wie­der, wie dicht be­baut die stadt ist und dass die elek­ti­fi­zie­rung mit lan­gen ka­beln über das dach statt­fin­det — auch und ge­ar­de bei hoch­häu­sern.

blick aus dem hotelzimmer auf plattenbauten

der au­to­ver­kehr in mos­kau ist der wahr­ge­wor­de­ne traum von 60er-jah­re stadt­pla­nern. in mos­kau muss man zum über­que­ren von haupt­ver­kehrs­adern im­mer noch fuss­gän­ger­un­ter­füh­run­gen be­nut­zen — so wie bei uns seit be­stimmt 20 jah­ren nicht mehr. fahr­rad­fah­rer auf den stras­sen habe ich nicht ge­se­hen, ich glau­be das wäre auch le­bens­mü­de. die mos­kau­er ha­ben den ruf re­la­tiv rück­sichts­lo­se au­to­fah­rer zu sein. was ich al­ler­dings ge­se­hen habe, bzw. um 22 uhr am ers­ten abend (und in den fol­gen­den um 23 uhr) zu­erst ge­hört und dann ge­se­hen habe war ein pferd. ein pferd, dass im schritt un­ter un­se­rem ho­tel­fens­ter lang­lief, mit ei­ner rei­te­rin, die beim rei­ten mit ih­rem smart­fo­ne ge­ra­de das in­ter­net leer­las. auf dem foto sind die rei­te­rin und das pferd schon längst ver­schwun­den, ich woll­te die sze­ne aber trotz­dem fest­hal­ten.

blick aus dem hotelzimmer auf die strasse

in den su­per­märk­ten gibt es vie­les, was es auch bei uns gibt, zu ähn­li­chen prei­sen wie bei uns: deut­sches bier, fros­ta tief­kühl­kost habe ich ges­he­hen, deut­sches mar­zi­pan und viel hoch­pro­zen­ti­ges. was es bei uns al­ler­dings nicht gibt sind fri­sche, kurz in salz ein­ge­leg­te gur­ken. sehr köst­lich, da­von ha­ben wir sehr vie­le ge­ges­sen und sehr ge­nos­sen. es gibt aber auch sa­chen, die es bei uns wohl nie­mals ge­ben wür­de, weil die deut­schen hu­mor­be­auf­trag­ten sol­che wort­spei­le wohl nie­mals frei­ge­ben wür­den und die wurst­lob­by fisch­wie­ner ganz si­cher ver­bie­ten wür­de.


ganz toll sind die mos­kau­er bä­cke­rei­en. ganz be­son­ders hat­te es uns ein la­den an­ge­tan, der paul hiess. dort gab es herr­li­ches weiss­brot, in­nen weich und duf­tig und aus­sen knusp­rig.

bäcker „paul“ in moskau

wird fort­ge­setzt …


gedenkblog

felix schwenzel in artikel

ich bin mir nie ganz si­cher, ob es OK ist über mei­ne to­ten freun­de hier im blog zu schrei­ben. über nele und ih­ren tod vor 23 jah­ren habe ich vor 11 jah­ren ge­schrie­ben und auch ih­ren vol­len na­men ge­nannt. weil ich goog­le un­ter­sa­ge ar­ti­kel, die äl­ter als 3 jah­re sind, zu in­de­xie­ren, ist mein nele-text zwar noch an ort und stel­le, aber nicht mehr über ih­ren na­men goo­g­le­bar. ich fin­de die­ses ver­ne­beln mei­ner al­ten ar­ti­kel ei­gent­lich ganz gut, zu­mal ich mir nicht ganz si­cher bin, wie die an­ge­hö­ri­gen es fin­den, wenn man un­ter dem klar­na­men ei­ner ver­stor­be­nen mei­ne pri­vat­mei­nung goog­len kann.

nach­dem ich vor ein paar mo­na­ten vom tod mei­nes ehe­mals bes­ten ju­gend­freun­des mar­kus er­fah­ren habe, hab ich über ihn ge­schrie­ben und sei­nen vol­len na­men im ti­tel ge­nannt. ich fand das OK, auch weil die an­ge­hö­ri­gen eine „ge­denk­sei­te“ für ihn ins netz ge­stellt ha­ben.

über ei­nen an­de­ren freund, der auch mar­kus hiess, habe ich vor 12 jah­ren ohne den vol­len na­men ein paar er­in­ne­run­gen auf­ge­schrie­ben, auch hier ging es mir ei­gent­lich nicht dar­um, dass der text über mar­kus na­men auf­find­bar ist, son­dern dass ich mei­ne ge­dan­ken über ihn fest­hal­ten konn­te.

bergfriedhof in aachen-kornelimünster — ohne nele’s grab

seit os­tern habe ich noch­mal dar­über nach­ge­dacht; ich war im rhein­land und woll­te in aa­chen mal wie­der ne­les grab be­su­chen. das grab war aber nicht mehr da, was mich ziem­lich er­schüt­tert hat, weil es im­mer der ort war, an dem ich am bes­ten an nele (und ihre toch­ter ma­lou) zu­rück­den­ken konn­te. plötz­lich ist die­ser ort weg. wenn also in der fleischwelt kein ort mehr be­steht, an dem ich (und an­de­re) an nele den­ken kön­nen, oder an nele er­in­nert wer­den, war­um nicht im netz, war­um nicht (auch) bei mir? zu­mal — und das ging mir letz­te wo­che auf — die goo­g­le­bar­keit von ge­denk-ge­dan­ken eben auch für an­de­re nütz­lich sein kön­nen — so wie es fried­hö­fe sind.

auch wenn der an­lass tief­trau­rig und er­schüt­ternd ist, hat mir letz­te wo­che je­mand, den ich nicht kann­te, und der of­fen­bar mei­ne un­zu­sam­men­hän­gen­den ge­dan­ken und er­in­ne­run­gen an mar­kus ge­goo­gelt hat­te, eine email ge­schrie­ben:

Ich hab gelesen das Sie damals Markus Pöhlers bester Freund waren... ich habs auf Ihrer Seite gelesen.
Jetzt ist auch sein Sohn gestorben.
Der Junge der in Bonn tot geprügelt wurde.
Ich weiß nicht warum ich Ihnen das schreibe.
ich finde die geschichte unwahrscheinlich traurig.

auch hier habe ich wie­der be­den­ken den (nach-) na­men zu nen­nen, zu­mal die pres­se, die über den fall be­rich­tet, den na­men von mar­kus sohn nicht nennt. ich nenn den na­men jetzt für schlech­te­re goo­g­le­bar­keit gar nicht und ver­lin­ke auch kei­ne pres­se­be­rich­te zum tod von mar­kus sohn, aber die­se mail zeigt mir, dass es rich­tig war mar­kus na­men goo­gel­bar zu nen­nen. mein klei­ner ar­ti­kel über mar­kus hilft nicht nur mir, mar­kus in gu­ter er­in­ne­rung zu be­hal­ten, son­dern viel­leicht auch an­de­ren freun­den, be­kann­ten oder an­ge­hö­ri­gen, um ihr bild von mar­kus zu ver­voll­stän­di­gen oder sich zu er­in­nern.

das gan­ze ist wirk­lich un­wahr­schein­lich trau­rig und tra­gisch und mir tut der tod von mar­kus sohn un­end­lich leid, ob­wohl ich ihn nicht kann­te und bis jetzt auch nichts über sein le­ben wuss­te. ich habe mir letz­te wo­che die face­book­sei­te des soh­nes an­ge­se­hen und war er­staunt, wie ähn­lich er sei­nem va­ter sah. es be­rührt mich sehr und be­schämt mich gleich­zei­tig, dass ich so we­nig über das le­ben mei­nes al­ten freun­des mar­kus wuss­te. es be­drückt mich ins­be­son­de­re, wie we­nig ich mich dar­um be­mü­he, mehr über das le­ben der al­ten freun­de zu er­fah­ren, die noch le­ben. noch mehr be­drückt mich, dass ich die­se ge­dan­ken bei je­dem to­des­fall habe, aber in den sel­tens­ten fäl­len kon­se­quen­zen dar­aus zie­he und alte freun­de ein­fach mal auf­su­che.

vor ein paar jah­ren hat­te ich eine ziem­lich prag­ma­ti­sche idee, um mich dazu zu brin­gen, alte freun­de wie­der mal auf­zu­su­chen, zu tref­fen und neu ken­nen­zu­ler­nen: in­dem ich ein buch dar­aus ma­che, wie ich alte freun­de be­su­che. ein paar alte freun­de habe ich im rah­men die­ses pro­jek­tes be­sucht und das war im prin­zip auch eine ziem­lich gute idee. denn das tol­le an al­ten freun­den ist, dass man sie ja be­reits kennt, sie aber über die jah­re auch zu völ­lig neu­en, an­de­ren men­schen ge­wach­sen sind — und eben doch die al­ten blei­ben. die qua­li­tä­ten al­ter freun­de nach vie­len jah­ren des nicht-se­hens wie­der zu er­ken­nen, ist sehr, sehr be­ein­dru­ckend und fas­zi­nie­rend.

aber es ist auch schwer dar­über zu schrei­ben, denn nicht je­der möch­te ans licht ei­ner (klei­nen) öf­fent­lich­keit ge­zo­gen wer­den. fik­tio­na­li­sie­rung ist ir­gend­wie auch nicht die lö­sung und aus­ge­dach­te, fal­sche na­men füh­len sich für so ein pro­jekt auch ko­misch an. die kon­se­quenz ist, dass ich jetzt zwar ein paar alte freun­de be­sucht habe und plä­ne für wei­te­re be­su­che habe, aber nach wie vor kein kon­zept, wie ich das ver­ar­bei­te — und ob ich das über­haupt will.


was ich mir aber jetzt über­legt habe: ich will zu­min­dest die ge­denk-tex­te für mei­ne ver­stor­be­nen al­ten freun­de wie­der goo­gel­bar ma­chen. ich habe ein at­tri­but zu mei­nem CMS hin­zu­ge­fügt, mit dem ich ein­zel­ne tex­te, die äl­ter als drei jah­re sind, wie­der durch such­ma­schi­nen in­de­xier­bar ma­chen kann. da­mit habe ich qua­si mei­nen klei­nen pri­vat­fried­hof (wie­der) für die öf­fent­lich­keit ge­öff­net und ent­ne­belt. aus­ser­dem habe ich mei­ne „ge­denk­tex­te“ ver­schlag­wor­tet, so dass man sie auch so fin­det.

und weil nele’s grab jetzt weg ist, zum ge­den­ken an sie noch ein bild, dass ich vor etwa 28 jah­ren ge­macht habe, als wir mit ein paar freun­den ein wo­chen­en­de an der nie­der­län­di­schen nord­see wa­ren.

nele

moskau 1/5

felix schwenzel in artikel

wenn ich schlech­te lau­ne be­kom­me, ist das ein un­trüg­li­ches zei­chen, dass ix krank wer­de. diens­tag letz­te wo­che war es so­weit. kei­ne ah­nung wo­her die grip­pe­vi­ren, die ich jetzt fast ein gan­zes jahr er­folg­reich ver­mie­den hat­te, her­ka­men. mon­tag war noch al­les ok. es gab re­la­tiv viel druck im büro, aber nicht so viel, dass er mei­ne wit­zel­sucht merk­lich brem­sen konn­te. in der nacht zum diens­tag lief und krib­bel­te die nase et­was, und ich konn­te mich die gan­ze nacht nicht ent­schei­den ob ich schon schlief oder noch wach war. um 3 ent­schied ich mich nach reif­li­cher über­le­gung, dass ich nicht ein­schla­fen konn­te, schenk­te mir ei­nen whis­ky ein und guck­te eine stun­de lang zu, wie sich jon ste­wart mit da­vid axel­rod un­ter­hielt.

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zwi­schen­durch muss­te ich an den bes­ten, oder ge­nau­er, den ein­zig gu­ten april­scherz je­mals, den­ken, in dem jes­se bar­ron über eine an­geb­lich ver­ges­se­ne Tra­di­ti­on des „seg­men­tier­ten“ schlafs fa­bu­lier­te. ich lie­be die nacht­stun­den, die ruhe, den zwi­schen­zu­stand in dem sich al­les und vor al­lem man selbst be­fin­det. nur lei­der bin ich meis­tens zu müde, um ein paar stun­den die­ser be­son­de­ren zeit zu nut­zen — und so scheint es auch den meis­ten an­de­ren men­schen zu ge­hen. trotz­dem bin ich im­mer noch von der seg­ment­schlaf-idee von jes­se bar­ron be­geis­tert (die ich nach wie vor für ei­nen april­scherz hal­te, auch wenn sie ei­nen ei­ge­nen wi­ki­pe­dia­ein­trag hat).

in der nacht zum diens­tag war ich nicht müde, son­dern ein­fach ne­ben der kap­pe. ich woll­te es mir nur nicht so recht ein­ge­ste­hen — was üb­ri­gens eine mei­ner lieb­lings-me­tho­den ist, krank­hei­ten zu be­kämp­fen: igno­rie­ren, in der hoff­nung dass sie weg­ge­hen.

als ste­wart und axel­rod mit dem ge­spräch fer­tig wa­ren und sich den pu­bli­kums­fra­gen wid­me­ten, kam die bei­fah­re­rin aus dem bett und frag­te mich was ich in der kü­che täte: „ich gu­cke fern­se­hen …“ sie über­zeug­te mich, es noch­mal mit dem schla­fen zu pro­bie­ren — und tat­säch­lich schlief ich dann bis halb neun ganz gut durch, ging ins büro und ver­such­te dann mei­ne her­auf­zie­hen­de grip­pe dort wei­ter zu igno­rie­ren, bzw. dort ab­zu­war­ten, dass sie sich als hef­ti­ge heu­schnup­fen­at­ta­cke oder quer­sit­zen­der furz oder so her­aus­stel­len wür­de. das funk­tio­nier­te lei­der nicht. am nach­mit­tag wa­ren sich die kol­le­gin­nen ei­nig, dass ich so scheis­se aus­sä­he, dass ich schleu­nigst nach­hau­se müss­te.

zu­hau­se schlief ich dann mehr oder we­ni­ger 16 stun­den durch und ver­such­te am nächs­ten mor­gen wie­der ge­sund zu spie­len und ein biss­chen zu mi­kro­ma­na­gen, mails an kun­den und das team zu schrei­ben und die vie­le ar­beit aus dem bett her­aus auf­zu­tei­len. lei­der stell­te sich her­aus, dass mir nur eine ein­zi­ge in­tel­lek­tu­el­le fä­hig­keit blieb: ich konn­te her­vor­ra­gend lö­cher in die wand star­ren und mit et­was mehr an­stren­gung, mit hil­fe ei­nes bild­schirms, in die fer­ne se­hen.

im lau­fe des ta­ges woll­te ich mir dann noch eine wei­te­re mei­nung zu mei­nem ge­sund­heits­zu­stand ein­ho­len und lief zu mei­ner haus­ärz­tin. die be­stä­tig­te den ein­druck mei­nes um­felds (dass ich krank sei und auch so aus­sä­he), schrieb mich bis zum ende der wo­che krank und warn­te mich aus­drück­lich in den nächs­ten ta­gen ein flug­zeug zu be­tre­ten. das war in­so­fern be­dau­er­lich, weil wir be­reits vor mo­na­ten ein ver­län­ger­tes wo­chen­en­de in mos­kau ge­plant hat­ten, was dank ei­gen­ar­ti­ger visa-re­geln und ho­tel­bu­chungs­re­geln ein or­ga­ni­sa­to­ri­scher höl­len­ritt war.

ich war ge­neigt der haus­ärz­tin zu­zu­stim­men, denn auf dem rück­flug aus schott­land habe ich eine neue flug­angst ent­wi­ckelt: die angst vor man­gel­haf­tem druck­aus­gleich. in den letz­ten ta­gen in schott­land hat­te ich mich näm­lich er­käl­tet und mich dann nichts­ah­nend ins flug­zeug ge­setzt. dank der er­käl­tung funk­tio­nier­te der druck­aus­gleich in den oh­ren nicht mehr, was bei der lan­dung zu höl­li­schen schmer­zen we­gen über­druck in den oh­ren führ­te. spä­ter, zu spät für den schott­land­heim­flug, las ich, dass man die fol­gen mit ab­schwel­len­den na­sen­trop­fen et­was ab­mil­dern kön­ne, mich be­glei­te­te der oh­ren-über­druck dann zu­hau­se noch ein paar tage.

weil ich das al­les nicht noch ein­mal er­le­ben woll­te, war ich kurz da­vor auf die ärz­tin zu hö­ren und die rei­se ab­zu­sa­gen und das wo­chen­en­de über lie­ber zu­hau­se lö­cher in wand zu star­ren, als mich noch­mal mit ge­schwol­le­nen schleim­häu­ten in ein flug­zeug zu set­zen.

weil ich mich am ende dann doch an­ders ent­schied, und mich mit na­sen­trop­fen und schmerz­mit­teln voll­ge­pumpt doch ins flug­zeug nach mos­kau setz­te, kann ich in den nächs­ten ta­gen an die­ser stel­le und dem hash­tag #mos­kau noch drei bis vier wei­te­re ar­ti­kel über un­se­ren kurz­be­such in mos­kau ver­öf­fent­li­chen. zur ein­stim­mung dazu ein sym­bol­bild, dass die wi­der­sprüch­lich­keit von mos­kau (oder russ­land) ganz gut zu­sam­men­fasst:

brunnen der völkerfreundschaft auf dem ausstellungsgelände der errungenschaften der volkswirtschaft aus der sowjetzeit, mit einem wlan-hotspot und einem transmenschen im hintergrund.

ads first

felix schwenzel in artikel

ich hat­te gros­se lei­se hoff­nun­gen, dass das goog­le AMP-pro­jekt eine sinn­vol­le al­ter­na­ti­ve zu face­book in­stant ar­tic­les sein könn­te und da­für sor­gen könn­te, mo­bi­le web­sei­ten nicht nur schnel­ler, son­dern auch an­sehn­li­cher und be­nutz­ba­rer ma­chen könn­te. die hoff­nung habe ich mitt­ler­wei­le zwei­fach auf­ge­ge­ben. ei­ner­seits, weil goog­le/AMP, auch fast ein jahr nach dem of­fi­zi­el­len start, le­dig­lich gros­se me­di­en­häu­ser zu un­ter­stüt­zen scheint und an­de­rer­seits, weil das auf­merk­sam­keits-miss­brauchs­po­ten­zi­al bei AMP-sei­ten ge­nau­so hoch ist, wie bei nor­ma­len HTML-sei­ten. wenn schon ein se­riö­ser ver­lag, wie die zeit, eine an­geb­lich mo­bil-op­ti­mier­te AMP-sei­te wie die­se in die goog­le-such­ergeb­nis­se haut, kann man wohl da­von aus­ge­hen, dass die ver­la­ge das AMP-pro­jekt nicht als ac­ce­le­ra­ted mo­bi­le pa­ges an­se­hen, son­dern ac­cer­le­ra­ted mo­bi­le ads, mit de­nen sie wei­ter­hin be­nut­zern den te­le­fon­bild­schirm zu­kle­is­tern kön­nen.

die zeit interpretiert das accelerated mobile page (AMP) projekt als ads first project (AFP)

auf der sei­te ist ohne scrol­len nicht eine ein­zi­ge in­for­ma­ti­on sicht­bar. weil die wer­bung auch per AMP, wie ge­wohnt, et­was lang­sa­mer als der rest der sei­te lädt, er­schien die sei­te beim in­itia­len la­den zu­nächst leer. ich habe das eben mit vier amp-sei­ten der zeit on­line aus­pro­biert, die ich in goog­le-such­ergeb­nis­sen ge­fun­den habe. alle sa­hen wie folgt aus:

mit sol­chen ak­tio­nen ar­bei­tet der zeit-ver­lag an der ab­schaf­fung des of­fe­nen webs mit, hier so­gar ex­pli­zit und im­pli­zit. im­pli­zit, in­dem die zeit nut­zern der goog­le-su­che zeigt, das sich der wer­be­irr­sinn auch nicht mit an sich sinn­vol­len pro­jek­ten wie AMP stop­pen lässt und dass das (ver­lags-) web ein­fach scheis­se aus­sieht — und ex­pli­zit, in­dem es son­ne und ge­nuss ver­spricht, wenn man eine app statt des ver­seuch­ten webs be­nutzt. die zeit schreit in die­sem bei­spiel scham­los ins netz: „siehs­te wie scheis­se un­se­re web­sei­te im web aus­sieht? pro­bier doch mal un­se­re APP!“

sol­chen miss­brauch habe ich in an­sät­zen auch schon bei den face­book-in­stant-ar­tic­les ge­se­hen. dort kann man das obe­re drit­tel des bild­schirms mit ei­nem ar­ti­kel­bild oder vi­deo fül­len und der eine oder an­de­re ver­lag hat die­ses bild schon mit wer­bung ge­füllt. aber im­mer­hin ist dann noch die ar­ti­kel­über­schrift und der an­reis­ser sicht­bar — und al­les so­fort da.

wer sol­chen ka­put­ten scheiss an le­ser aus­lie­fert, darf sich wirk­lich nicht über rück­gän­gi­ge auf­merk­sam­keit und flä­chen­de­cken­des ab­blo­cking be­kla­gen. und wo ich ge­ra­de bei worst prac­ti­ces bin, nach­dem ich die zeit-start­sei­te eben drei mi­nu­ten of­fen ste­hen hat­te, er­klärt mich die zeit für zu blöd das web zu be­die­nen:

die zeit erklärt ihren benutzern, ganz subtil, dass sie dumm sind

marseille s01e01 (20 ans)

felix schwenzel in gesehen

ich dach­te gé­rard de­par­dieu sei ein gu­ter schau­spie­ler. nach dem an­se­hen der ers­ten fol­ge von mar­seil­le bin ich mir nicht mehr so si­cher. er sieht fan­tas­tisch aus, wird toll ins bild ge­setzt und wenn er in der to­ta­len ge­filmt wird, ist sei­ne prä­senz über­ze­gend und stark. bei nah­auf­nah­men und dia­lo­gen brö­ckelt sei­ne be­herr­schen­de prä­senz ein biss­chen und er wirkt dann nicht mehr wie ein mäch­ti­ger, ge­wief­ter bür­ger­meis­ter, son­dern wie ein thea­ter­schau­spie­ler, der zu lei­se re­det. sein ge­gen­part, ge­spielt von be­noît mag­i­mel, steht ihm da fast nicht nach. er wirkt mit sei­ner auf­ge­setz­ten cow­boy-mi­mik (zu­sam­men­ge­knif­fe­ne au­gen, leicht ge­öff­ne­te lip­pen) wie till schwei­ger, der lu­cky luke spielt.

viel­leicht liegts aber auch am dreh­buch und den dia­lo­gen. die wir­ken auf mich durch­ge­hend so, als sei­en es kei­ne ge­sprä­che, die die prot­ago­nis­ten mit­ein­an­der füh­ren, son­dern er­klä­run­gen für die zu­schau­er, die klä­ren sol­len, was in mar­seil­le ei­gent­lich los ist — und was in den letz­ten 20 jah­ren pas­siert ist. die au­toren sind of­fen­bar irre un­ge­dul­dig und stop­fen al­les an was sie für die ge­schich­te wich­tig hal­ten in die dia­lo­ge in den ers­ten 40 mi­nu­ten. die cha­rak­ter­zeich­nun­gen fal­len ste­reo­typ und eher flach aus — und ab­ge­se­hen da­von kann sich je­der, der den mar­seil­le-trai­ler ge­se­hen hat, den­ken was in die­ser ers­ten fol­ge pas­siert (mög­li­che spoi­ler fol­gen, der trai­ler ver­rät auch hand­lung).

das ist jetzt nur ein hal­ber spoi­ler und, wie ge­sagt, auch im trai­ler deut­lich zu se­hen, wenn ich kurz zu­sam­men­fas­se, was in der se­rie zu se­hen ist: das pim­melfech­ten zwei­er, zu al­lem ent­schlos­se­ner män­ner. das kann un­ter­halt­sam und span­nend sein, wie es ge­ra­de die se­rie bil­li­ons ge­zeigt hat, kann aber auch in die ste­reo­ty­pen-hose ge­hen.

tat­säch­lich macht der trai­ler hoff­nung dar­auf, dass sich die ge­schich­te noch dra­ma­tisch ent­wi­ckelt und de­par­dieu noch warm­läuft. was mir sor­gen macht, ist das hek­ti­sche hin und her schnei­den zwi­schen den hand­lungs­strän­gen. vie­le sze­nen dau­ern nicht viel län­ger als eine mi­nu­te, dann wird in gros­ser eile zur nächs­ten ge­schnit­ten. rich­tig gute, im­mersi­ve stim­mung kommt da­bei nicht auf. was mir hin­ge­gen sehr ge­fällt, ist die ka­me­ra, wie sie mar­seil­le ein­fängt, wie sie (in den to­ta­len) de­par­dieu ein­fängt. die mu­sik ist an­stän­dig und passt wei­tes­ge­hend, auch wenn mich der gan­ze sound sehr an house of cards er­in­nert.

ich weiss nicht ob es ein gu­tes zei­chen ist, wenn ich den trai­ler bes­ser fand als den pi­lo­ten. für den pi­lo­ten geb ich je­den­falls nur drei punk­te. ein, zwei fol­gen schau ich noch, mal gu­cken ob mich mar­seil­le noch zu be­geis­tern oder we­nigs­ten nicht zu lang­wei­len schafft.

[nach­trag 07.05.2016]

  • folge zwei ist einen ticken spannender, hat aber immer noch enorme schwächen.

  


#rpten nachlese

felix schwenzel in artikel

an­bei mei­ne nach­le­se mit se­hens­wer­ten oder emp­feh­lens­wer­ten vor­trä­gen zur re­pu­bli­ca die­ses jahr. noch habe ich nicht alle vi­de­os ge­se­hen und vor al­lem schei­nen noch nicht alle vi­de­os, die ich ger­ne se­hen wür­de, on­line zu sein. mög­li­cher­wei­se se­ren­di­pi­tie­re ich mich noch an an­de­re vor­trä­ge her­an, die ich dann hier und in mei­nen an­de­ren bei­trä­gen zur #rp­ten (sie­he un­ten) nach­tra­ge und er­gän­ze.

bis­her habe ich fol­gen­de län­ge­ren tex­te zur re­pu­bli­ca 2016 ge­schrie­ben:

gesehen

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tom hil­len­brand: 1684 statt 1984: des kö­nigs NSA

tom hil­len­brand gräbt ein biss­chen in der ver­gan­gen­heit und zeigt eine wie­der­keh­ren­de ten­denz von macht­ha­bern, an­de­re zu über­wa­chen. wahr­schein­lich kann man noch wei­ter als lud­wig den vier­zehn­ten zu­rück­ge­hen und im­mer noch ähn­li­che ten­den­zen zur to­tal­über­wa­chung fin­den. alex matz­keit war nach ei­ge­nen wor­ten „völ­lig be­geis­tert“ von die­sem vor­trag, ich fand ihn sehr so­li­de.


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phil­ip ban­se: netz-pu­bli­zis­ten im ge­spräch

wie im­mer, eine sehr schö­ne run­de ge­sprä­che von phil­ip ban­se, dies­mal mit „netz-pu­bli­zis­ten“, also leu­ten die im netz was ma­chen und im letz­ten jahr phil­ip ban­se auf­ge­fal­len sind. zu­erst pa­tri­cia das­nuf camma­ra­ta, über das blog­gen all­gei­mein, ihr blog, ihr buch und war­um sie sich jetzt auch „mut­ti­blog­ge­rin“ nen­nen lässt. da­nach ni­co­las se­mak über sein pro­jekt vier­tau­send­hertz.de. hört sich al­les in­ter­es­sant an, nuss man aber al­les hö­ren. da­nach in­grid brod­nig über ihr buch und „hass im netz“. das was sie er­zähl­te klang in­ter­es­sant und dif­fe­ren­ziert, aber be­son­ders be­mer­kens­wert fand ich, wie sehr sich das ös­te­rei­chi­sche deutsch vom deutsch, das üb­li­cher­wei­se in ber­lin ge­spro­chen wird, un­ter­schei­det. die vo­ka­beln die in­grid brod­nig be­nutz­te hat­te ich teil­wei­se zu­letzt in theo-lin­gen-fil­men vor 30 jah­ren ge­hört. zu­letzt tilo jung, der er­zähl­te was er in der bun­des­pres­se­kon­fe­renz so macht, dass der re­gie­rungs­spre­cher ihn erst auf die idee brach­te („kom­men sie doch mal vor­bei“) auf die bun­des­pres­se­kon­fe­renz zu kom­men und das jetzt of­fen­bar bit­ter­lich be­reut. als er das so er­zähl­te wur­de er mit bei­na­he wie­der sym­pa­thisch, weil er in der bun­des­pres­se­kon­fe­renz na­tür­lich an­ge­fein­det wird und eine art un­der­dog-sta­tus ge­niesst und ver­gleichs­wei­se dünn auf­trug und be­schei­den­heit übte.

als phil­ip ban­se ihm dann auch mal eine „un­ge­neh­me fra­ge“ stel­len woll­te, pieks­te er in die alte kraut­re­por­ter und femmi­nis­mus­de­bat­te von da­mals™ und un­ter recht­fer­ti­gungs­druck, wirk­te tilo jung dann wie­der so un­sym­pa­thisch wie eh und je. spä­ter ge­rät er dann mit pa­tri­cia camma­ra­ta an­ein­an­der, was ich ziem­lich un­ter­halt­sam fand. die stel­le ist im vi­deo ab se­kun­de 3303 zu se­hen.


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gun­ter dueck: car­go-kul­te

11 mi­nu­ten habe ich das lei­der re­la­tiv un­strin­gen­te ge­re­de von gun­ter dueck aus­ge­hal­ten, dann muss­te ich ab­schal­ten. ich moch­te die art, mit der gun­ter dueck vor­trägt bei den ers­ten bei­den ge­le­gen­hei­ten, bei de­nen ich ihn sah, ganz ger­ne. aber jetzt, heu­te hal­te ich das nicht mehr so gut aus. man kann auch strin­gent und wirr re­den, aber un­strin­gent, un­prä­zi­se und wirr, ist mir dann doch zu viel.

auf meiner watchlist

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kü­bra gümüşay: or­ga­ni­sier­te lie­be

ich hab nur ge­se­hen (und ge­hört) dass es am ende stan­ding ova­tions für die­sen vor­trag gab.


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ruth da­ni­el: art what it good for?


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firas als­ha­ter: was alle flücht­lin­ge wol­len


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ri­chard sen­nett: the city as an open sys­tem

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lau­rie pen­ny: ch­an­ge the sto­ry, ch­an­ge the world

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#rpten tag 3

felix schwenzel in artikel

wie­der et­was zu spät ge­kom­men und um halb zwölf, also viel zu spät, bei hos­sein der­akhs­han mit the post-web in­ter­net: is this (the fu­ture of) te­le­vi­si­on?

hos­sein der­akhs­han ist vor etwa ei­nem jahr in das blick­feld ge­tre­ten, als er ei­nen ar­ti­kel auf me­di­um/mat­ter ver­öf­fent­lich­te, in dem er den nie­der­gang des webs be­klag­te. dazu schrieb ich da­mals:

pessimistisches, langes lesestück von hossein derakhshan, die wegen seines blogs für 6 jahre im iran im gefängnis sass und der das alte web, das vor seiner inhaftierung, vermisst. zu grossen teilen gebe ich ihm recht, an manchen stellen seines textes möchte ich widersprechen und finde seine darstellung zu eindimensional.

den teil sei­ner rede, den ich noch mit­be­kam, fand ich dann nicht nur ein­di­men­sio­nal, son­dern so är­ger­lich, dass ich twit­ter­te:

mich hat die neil-postmanisierung der gesellschaftsdebatte schon 1985 genervt. jetzt schwappt dieser pessimismus täglich auf der #rpten hoch

tat­säch­lich zi­tier­te hos­sein der­akhs­han ex­pli­zit neil post­man und warn­te sinn­ge­mäss da­vor, dass das in­ter­net uns lang­sam ver­blö­de und wir uns „zu tode amü­sie­ren“ wür­den, weil wir uns „mehr und mehr“ von der schrift­spra­che hin zur bild­spra­che wen­den wür­den und un­se­re in­for­ma­ti­ons­auf­nah­me nur noch häpp­chen­wei­se funk­tio­nie­re.

ich möch­te dem auf meh­re­ren ebe­nen wi­der­spre­chen, aber zum glück stumpf­te hos­sein der­akhs­han in der an­schlies­sen­den fra­ge­run­de sei­ne spit­zen the­sen aus­ver­se­hen et­was ab. so be­rich­te­te er, dass im iran gross­tei­le der nach­rich­ten und be­richt­erstat­tung auf in­sta­gram aus­la­gern wür­den, weil in­sta­gram im iran nicht zen­siert wür­de. so wür­den bei in­sta­gram lan­ge tex­te un­ter den bil­dern er­schei­nen und in­sta­gram da­mit qua­si als text­me­di­um zweck­ent­frem­det. aus­ser­dem wür­de im iran so gut wie je­der te­le­gram nut­zen. das ist ein ver­schlüs­sel­ter nach­rich­ten­dienst, der auch eine grup­pen­funk­ti­on habe, mit der man gros­se le­ser­schaf­ten er­rei­chen kön­ne. kann na­tür­lich gut sein, dass er glaubt, dass nur die men­schen im iran nicht ver­blö­den, weil dort die bild­las­ti­gen diens­te zen­siert sei­en, im rest der welt dank you­tube und face­book dann aber doch? oder er fin­det, dass rich­ti­ger jour­na­lis­mus nur auf pa­pier und rich­ti­ges blog­gen nur in blogs funk­tio­nie­re?

dazu kommt noch eine fehl­ein­schät­zung, der, mei­ner mei­nung, auch schon post­man auf­ge­ses­sen ist. das in­for­ma­ti­ons­be­dürf­nis gros­ser be­völ­ke­rungs­grup­pen war schon im­mer bild­las­tig. ela­bo­rier­te schrift­kom­mu­ni­ka­ti­on war, so­weit ich das sehe, nie ein mas­sen-phä­no­men, son­dern spielt sich bis heu­te eher in bil­dungs­na­hen schich­ten ab. auch vor dem fern­se­hen und dem netz gab es bild­las­ti­ge il­lus­trier­te oder klick­bait (bei­spiels­wei­se in form über­zo­ge­ner schlag­zei­len). blogs ha­ben nie ein mas­sen­pu­bli­kum an­ge­zo­gen, son­dern, schon im­mer, in ni­schen ge­blüht. und selbst das fern­se­hen hat sich mitt­ler­wei­le so weit aus­dif­fe­ren­ziert, dass es in ni­schen (zum bei­spiel der ni­sche der „qua­li­täts­se­ri­en“) mit an­spruchs­vol­len, kom­le­xen ro­ma­nen mit­hal­ten kann. an­ders ge­sagt: wer sich zu tode amü­sie­ren woll­te, konn­te das auch schon vor 200 jah­ren tun, wer buch­sta­ben liebt, fin­det die heu­te in hö­he­rer zahl und viel­sei­ti­ger kom­bi­niert, als je­mals zu­vor in der men­schei­heits­ge­schich­te.

bei dem we­ni­gen was ich von hos­sein der­akhs­han mit­be­kom­men habe, schien mir das was er sag­te eher von ver­bit­te­rung ge­prägt, als von sau­be­rer ana­ly­se. aber viel­leicht soll­te ich mich noch­mal in gän­ze durch den vor­trag quä­len.

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[nach­trag 06.05.2016]
et­was dif­fe­ren­zier­ter als ich setzt sich tho­mas pleil hier mit hos­sein der­akhs­hans the­sen aus­ein­an­der und zieht auch per­sön­li­che kon­se­quen­zen, näm­lich, un­ter an­de­rem, mehr ins ei­ge­ne blog zu schrei­ben und die­se in­hal­te auf an­de­re platt­for­men zu syn­di­zie­ren.

mar­cus ham­mer­schmitt schreibt auf te­le­po­lis auch kri­tisch über hos­sein der­akhs­han.


wir sind dann sit­zen­ge­blie­ben und statt des er­war­te­ten, be­reits zwei tage vor­her ge­lau­fe­nen pro­gramm­punkts art: what is it good for? mit ruth da­ni­el (vi­deo­auf­zeich­nung, noch nicht an­ge­se­hen), kam dann ga­bri­el lif­ton-zo­li­ne mit what you need to see! – im­mersi­ve sto­rytel­ling, das im prin­zip ein pro­dukt­pitch für RYOT war. RYOT ist ein jour­na­lis­ti­sches for­mat, dass viel mit 360°-vi­de­os ar­bei­tet und kürz­lich von der huf­fing­ton-post auf­ge­kauft wur­de.

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mich in­ter­es­siert das aus zwei grün­den nicht son­der­lich: ers­tens huf­fing­ton post und zwei­tens 360°-vi­de­os. die tech­no­lo­gie sei zwar da, be­ton­te ga­bri­el lif­ton-zo­li­ne mehr­fach, aber auf mich wirkt sie we­der aus­ge­reift, noch be­son­ders vor­teil­haft ge­gen­über vi­deo­tech­no­lo­gien mit ge­rin­ger grad­zahl. bei mir sind we­der 360°, noch VR so recht an­ge­kom­men. mit der RYOT app, kann ich zwar pri­ma 360°-vi­de­os auf ei­nem te­le­fon an­se­hen, aber war­um ich mir die vi­de­os mit dem han­dy vor der nase an­se­hen und mich da­bei um die ei­ge­ne ach­se dre­hen soll­te, um die rich­ti­ge per­spek­ti­ve zu fin­den, habe ich noch nicht ver­stan­den. kommt viel­leicht noch, dau­ert bei mir aber si­cher noch ein paar jah­re.


thomas fischer foto: republica/jan zappner CC BY 2.0

wir sind wei­ter sit­zen­ge­blie­ben und dann kam über­ra­schen­der­wei­se tho­mas fi­scher mit straf­recht, wahr­heit und kom­mu­ni­ka­ti­on. das soll­te ei­gent­lich schon am vor­tag ge­zeigt wer­den, aber da hat­te tho­mas fi­scher wohl den flug ver­passt. sein vor­trag war an­ge­nehm und sym­pa­thisch, und han­del­te ge­nau von den the­men, die in der an­kün­di­gung stan­den:

Wie rekonstruieren wir Wahrheit im Strafprzess? Wie konstruieren wir Wirklichkeit von Sicherheit, Bedrohung, Strafbedürfnis und Schuld?

Wie passen Transparenz, Sicherheitsbedürfnis und Menschenrechte zusammen?

fun­fact am ran­de, die ak­tu­el­le fol­ge von the good wife han­delt (un­ter an­de­rem) ge­nau von die­sem the­men­kom­plex.

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nach dem mit­tag­essen sind wir dann zu kath­rin pas­sig (clash of cul­tures – be­we­gun­gen und ihre or­ga­ni­sa­tio­nen) und drei mit­strei­tern ge­gan­gen. kath­rin pas­sig er­öff­ne­te ihre ein­füh­rung in das the­ma mit ei­nem zi­tat von mir:

kathrin passig schaue ich mir auch an, wenn sie mit mehreren auf der bühne steht und wenn das vortragsthema sich staubtrocken anhört.

sie wies al­ler­dings dar­auf hin, dass das the­ma uns alle et­was an­ge­he und dass die aus­ein­an­der­set­zung mit or­ga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren, uns vie­le schwie­rig­kei­ten und trä­nen er­spa­ren könn­te, weil wir uns qua­si stän­dig (im­pli­zit oder ex­pli­zit) or­ga­ni­sier­ten. tat­säch­lich schaff­te kath­rin pas­sig in ih­rer vor­re­de, mich für das the­ma zu in­ter­es­sie­ren und vor al­lem ihr hin­weis auf die­sen, schon et­was äl­te­ren, text von jo free­man habe ich ernst­ge­nom­men und ihn vor dem schrei­ben die­ser zei­len ge­le­sen. hier ein zi­tat aus dem text, das gut zeigt um was es geht:

[T]he idea of “structurelessness” does not prevent the formation of informal structures, only formal ones. Similarly “laissez faire” philosophy did not prevent the economically powerful from establishing control over wages, prices, and distribution of goods; it only prevented the government from doing so.

er­staun­lich an jo free­man’s text ist vor al­lem, wie zeit­ge­mäss er ist, und wie ex­akt er pro­ble­me be­schreibt, die wir auch in den 2000er jah­ren sehr gut ken­nen.

die ein­zel­nen wort­bei­trä­ge von vol­ker grass­muck, leo­nard do­busch und mo­nic mei­sel wa­ren nicht er­kennt­nis­los, aber ich muss sa­gen, dass mir die lek­tü­re von jo free­man’s text sehr viel mehr er­kennt­nis­se und aha-ef­fek­te ver­schafft hat, als das pa­nel selbst. so­weit ich sehe, hat kath­rin pas­sig die run­de hier sehr voll­stän­dig tran­skri­biert.

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ei­nen vor­teil hat­te es je­den­falls live beim pa­nel da­bei zu sein, wir hat­ten ei­nen mü­den hund im fuss­raum (foto von der bei­fah­re­rin auf in­sta­gram).


nach et­was her­um­ir­ren und hof-ste­hen woll­ten wir uns dann herrn kretz­schmar an­se­hen, der zu­sam­men mit anna lena schil­ler stif­te spre­chen las­sen woll­te. anna lena schil­ler und beet­le­bum wur­den üb­ri­gens drei­mal vor­ge­stellt, ein­mal vom büh­nen­mo­de­ra­tor, ein­mal auf ei­ner fo­lie und dann noch­mal von anna lena schil­ler. ich bin da ja eher ein freund der me­ta­da­ten, die bei ver­an­stal­tun­gen wie der re­pu­bli­ca sehr zahl­reich vor­han­den sind. aber auch spä­ter, in der you­tube-auf­zeich­nung von sol­chen vor­trä­gen, kann man den na­men der vor­tra­gen­den ei­gent­lich kaum ver­pas­sen. aber was solls? zehn­fach hält ein­fach bes­ser (mein name ist üb­ri­gens fe­lix schwen­zel).

auch wenn ich nur die ein­füh­rung der bei­den und ei­nen kurz­vor­trag von jo­han­nes kret­sch­mar mit­be­kom­men habe (wir muss­ten we­gen platz­angst nach 10 mi­nu­ten raus), habe ich wie­der lust be­kom­men, mal wie­der selbst zu zeich­nen krit­zeln. ei­gent­lich schon seit rand­all mun­roes vor­trag.

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da­nach zu jour­nel­le, die das in­ter­net dick ge­macht hat und zu der ich aus gründen nicht viel mehr sa­gen kann, als dass ich sie gran­di­os, fan­tas­tisch und irre wit­zig fin­de. das war ei­ner der per­sön­lichs­ten und aha-igs­ten vor­trä­ge die­ser re­pu­bli­ca.

"Ich habe nie was gegen gesunde Ernährung gesagt. Einige meiner besten Freunde ernähren sich gesund." @journelle auf der #rpTEN

Quarkkrokettchen (@anneschuessler04.05.2016 16:01

und wenn je­mand so auf die büh­ne kommt, kann ei­gent­lich eh nix mehr schief­ge­hen.


und dann war die re­pu­bli­ca — zack! — auch schon wie­der (fast) vor­bei. john­ny haeus­ler fing das cheese­ga­te sehr wür­de­voll ab („Ain't no suns­hi­ne when cheese gone“) und, ob­wohl ich das seit min­des­tens 13 jah­ren weiss, bin ich im­mer wie­der er­staunt dar­über, was für eine ram­pen­sau john­ny haeus­ler ist. be­son­ders er­freu­lich fand ich, dass die be­su­cher­zahl in die­sem jahr tat­säch­lich, wie er­war­tet, noch­mal um die 1000 men­schen hö­her lag als letz­tes jahr, und dass sich das nicht un­an­ge­nehm be­merk­bar mach­te (aus­ser beim völ­lig über­füll­ten sa­scha-lobo-vor­trag). noch er­staun­li­cher: die zahl der live-stream-zu­schau­er, die, wenn ich mich recht er­in­ne­re, zu spit­zen­zei­ten um die 20.000 be­ström­te lag. das heisst aber auch, dass es noch min­des­tens zwan­zig­tau­send men­schen gibt, die noch flash be­nut­zen.


ich fand die re­pu­bli­ca die­ses jahr sehr ent­spannt (kein vor­be­rei­tungs­stress). ich freue mich dar­auf, noch ein paar vor­trä­ge auf you­tube an­zu­se­hen und noch­mal in ei­nem se­pa­ra­ten ar­ti­kel die ver­an­stal­tungs-high­lights zu­sam­men­zu­fas­sen — und na­tür­lich freue ich mich auf die #rp11 (oder is­ses dann wie­der die #rp17?).


randall munroe’s sorgfältige radikalität

felix schwenzel in gesehen

rand­all mun­roe’s vor­trag ges­tern abend war, in ge­wis­ser wei­se, der ra­di­kals­te vor­trag den ich auf der re­pu­bli­ca je ge­se­hen habe. der vor­trag war den co­mics, die rand­all mun­roe auf xkcd.com ver­öf­fent­licht, nicht ganz un­ähn­lich. die­se co­mics han­deln aus­schliess­lich von din­gen, die rand­all mun­roe in­ter­es­sie­ren. sie hal­ten sich an kei­ne kon­ven­tio­nen, aus­ser de­nen, die er sich selbst aus­ge­dacht hat. das ist an sich nicht wirk­lich ra­di­kal, son­dern eine hal­tung, die ich mir ei­gent­lich von je­dem blog­ger, je­der pu­bli­zie­ren­den wün­sche: dem mas­sen­ge­schmack, trends, nicht nur nicht zu fol­gen, son­dern den mas­sen­ge­schmack und trends gar nicht erst be­ach­ten. nicht nur „blog­gen als wür­de nie­mand zu­se­hen“, son­dern pu­bli­zie­ren, als wä­ren alle so wie ich. das klingt her­me­tisch, ist es aber nicht, denn das je­wei­li­ge ich ist ja der welt zu­ge­wandt, aber eben fo­kus­siert. wird die­se hal­tung lei­den­schaft­lich und kon­se­quent durch­ge­zo­gen, kön­nen wun­der­ba­re unt­ren­di­ge, un­op­ti­mier­te, ei­ge­ne wer­ke ent­ste­hen, die viel­leicht nicht je­dem ge­fal­len, aber we­ni­gen dann um so mehr.

das ist, so un­ge­fähr, die ra­di­ka­li­tät von xkcd.com. nicht je­der ver­steht auf den ers­ten blick um was es geht, vie­le in­ter­es­siert es erst gar nicht, aber wenn man sich doch in­ter­es­siert und sich mit den din­gen be­schäf­tigt, zur not mit hil­fe von hilf­rei­chen er­klä­run­gen, ent­deckt man wun­der­ba­re wel­ten, ge­dan­ken, lei­den­schaft und — bei xkcd ganz be­son­ders — sorg­falt.

die­se ra­di­ka­li­tät hat rand­all mun­roe in sei­nem vor­trag eins zu eins vom netz auf die stage 1 der re­pu­bli­ca über­tra­gen. mun­roe küm­mert sich um so gut wie kei­ne re­gel für er­folg­rei­ches, en­ga­gie­ren­des öf­fent­li­ches re­den, er klebt hin­ter dem pult, die fo­li­en flies­sen über mit un­les­ba­ren in­for­ma­tio­nen und er wid­met sich den de­tails, die ihn fas­zi­nie­ren, bis ins wirk­lich al­ler­kleins­te ele­ment. in die­sem fall, so­gar im wahrs­ten sin­ne des wor­tes.

(ge­fühlt) eine drei­vier­tel stun­de wid­met er sich der fra­ge, was pas­sie­ren wür­de, wenn man aus den ele­men­ten des pe­ri­oden­sys­tems eine mau­er bau­en wür­de. er geht die ein­zel­nen ele­men­te und rei­hen sorg­fäl­tig durch, be­geis­tert sich über ein­zel­hei­ten und macht kei­ner­lei an­stal­ten ir­gend­et­was zu­sam­men­zu­fas­sen.

das ist ra­di­kal, aber nicht mal an­satz­wei­se eli­tär oder feind­se­lig. es ist ein­fach das, was rand­all mun­roe be­geis­tert, und wer ihm fol­gen möch­te, bit­te schön, kann das tun, und wer ihm nicht fol­gen möch­te, kann das un­ter­las­sen.

die zwei­te (ge­fühl­te) drei­vier­tel­stun­de be­schäf­tigt sich mun­roe mit drei un­über­sicht­li­chen zeich­nun­gen, in de­nen er kom­ple­xe zu­sam­men­hän­ge mit den 1000 meist­be­nutz­ten wör­tern der eng­li­schen spra­che er­klärt. auch hier geht er aus­führ­lich auf je­des noch so klei­ne de­tail ein und ver­zich­tet auf jede art von zu­sam­men­fas­sung oder me­ta­ebe­ne.

rand­all mun­roe kann sich das er­lau­ben, sein pu­bli­kum mit de­tails zu lang­wei­len, weil sei­ne de­tails eben (für vie­le, sehr vie­le) nicht lang­wei­lig sind. sie sind ge­la­den mit witz und hu­mor, aber eben rand­all mun­roes, ganz ei­ge­nem, sehr spe­zi­el­len, sub­ti­len hu­mor, der sich eben nicht um ir­gend­wel­che hu­mor-richt­li­ni­en oder -trends küm­mert.

dass rand­all mun­roe über­haupt so eine gros­se folg­schaft, so vie­le fans sei­ner ar­beit ge­fun­den hat, ver­dankt er (und wir) in ers­ter li­nie dem netz. er hat sei­nen ei­ge­nen stil und sei­ne folg­schaft über etwa ein jahr­zehnt auf­ge­baut, über sei­ne web­site und sehr, sehr viel de­tail­ver­ses­se­ne, klein­tei­li­ge, lie­be­vol­le und sorg­fäl­ti­ge ar­beit. kein ver­lag hät­te die­se auf­bau­ar­beit leis­ten kön­nen oder wol­len, vor al­lem aber hät­te kein ver­lag mun­roes ta­lent und lei­den­schaft er­ken­nen kön­nen. so funk­tio­niert das wohl nur im in­ter­net, dass win­zi­ge ein-per­so­nen-echo­kam­mern sich über jahr­zehn­te lang­sam fül­len, bis plötz­lich mil­lio­nen men­schen in ihr ste­hen und sich plötz­lich die echo-qua­li­tä­ten, auch in an­de­ren echo­kam­mern, her­um­spre­chen.

rand­all mun­roes the­ma­ti­sche klam­mer im vor­trag war (ne­ben flu­or) das kind­lich, nai­ve fra­gen. mir ge­fiel die auf­for­de­rung sehr gut, dar­auf hin­zu­ar­bei­ten sich nicht für din­ge zu schä­men die man nicht weiss und scham­los da­nach zu fra­gen. neu­gier, nai­vi­tät sei wich­ti­ger als bil­dungs­prot­ze­rei, das war so un­ge­fähr das fa­zit von mun­roe’s vor­trag.

mein fa­zit von mun­roes vor­trag ist: tu das was dich in­ter­es­siert, pu­bli­zie­re das mit lei­den­schaft, de­tail­lie­be und sorg­falt, ent­wick­le dich im­mer wei­ter, ar­bei­te an dei­nem stil und bleib dir treu.


den talk woll­te rand­all mun­roe nicht auf­ge­zeich­net se­hen, es gibt aber eine auf­zeich­nung, wo er über die mau­er aus ele­men­ten aus dem pe­ri­oden­sys­tem re­det:

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#rpten tag 2

felix schwenzel in artikel

nach­dem ich gun­ter dueck ver­passt habe (zu früh), war mein ers­ter pro­g­ram­punkt ali­na fich­ter im ge­spräch mit mor­gan wan­dell. wan­dell ist zu­stän­dig für die ent­wick­lung von dra­ma- und fern­seh­se­ri­en auf ama­zon und macht sein ding bei ama­zon wohl ganz gut.

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lei­der fand ich mor­gan wand­all sehr un­sym­pa­thisch und glatt, ein ty­pi­scher fen­seh­mensch, der sehr vie­le wohl­klin­gen­de ad­jek­ti­ve be­nutzt, ohne je­mals ir­gend­et­was zu sa­gen. rich­tig in­ter­es­san­te ant­wor­ten kann man aber eh nicht von je­man­dem er­war­ten, der die meis­te zeit im ver­bor­ge­nen ar­bei­tet um in ruhe pro­jek­te ent­wi­ckeln zu kön­nen und den rest der zeit mit pro­mo­ti­on des fer­ti­gen ge­döns ver­bringt. eben­so we­nig hat sich die hoff­nung be­wahr­hei­tet, dass er ir­gend­wel­che ge­heim­re­zep­te oder un­er­war­te­te an­kü­di­gun­gen pa­rat hät­te — oder die auch noch mit dem pu­bli­kum tei­len wür­de. kurz: das war eher lang­wei­lig, auch wenn die sa­chen die künf­tig auf ama­zon ge­zeigt wer­den, durch­aus span­nend wer­den könn­ten.


der kä­se­stand der ges­tern für kä­si­gen ge­ruch auf dem hin­ter­hof sorg­te, ist heu­te nicht mehr da. das ist scha­de, weil der käse wirk­lich le­cker war. da­für gibt der bur­ger-food-truck ei­nen last­wa­gen.


zwei­ter pro­g­ram­punkt: frie­de­mann ka­rig mit der pu­ber­tä­ren ge­sell­schaft und dem netz. weil ich schon­mal ei­nen vor­trag von frie­de­mann ka­rig ge­se­hen habe, konn­te ich ei­ni­ge fo­li­en vor­her­se­hen aber trotz­dem dem vor­trag nicht zu 100 pro­zent fol­gen. es ist gut mög­lich dass das mein feh­ler war, aber eben­so ist es mög­lich, dass fried­mann ka­rig es nicht ge­schafft hat, dem vor­trag eine sinn­vol­le struk­tur zu ge­ben.

was er de­fi­ni­tiv nicht ge­schafft hat: sei­nem vor­trag im 16-zu-9-for­mat zu prä­sen­tie­ren, da­für hat er aber ei­nen schö­nen neo­lo­gis­mus ge­zeigt.


kath­rin pas­sig auf dem weg zum hof ge­trof­fen und mich, als sie „hal­lo“ sag­te, we­gen ih­rer ge­sicht­b­lin­heit, mit mei­nem na­men (fe­lix) vor­ge­stellt. sie mein­te das sei nicht nö­tig und dass sie zu­fäl­lig ge­ra­de über mich nach­ge­dacht hät­te und mich für eine vor­trags- oder work­shop-idee für die nächs­te re­pu­bli­ca ger­ne et­was fra­gen wür­de: sie bräuch­te für den vor­trag (oder work­shop) ein paar pe­nis­bil­der. ob ich ihr hel­fen kön­ne?

#rpten snapchat penisbild von heiko bielinski

ge­nau wie al­len an­de­ren die auf der re­pu­bli­ca mit mir über snap­chat oder pe­nis­bil­der re­den, emp­fahl ich ihr (na­tür­lich) das snap­chat-kon­to von hei­ko biel­in­ski (he1b1e). sie mein­te aber „erns­te“ pe­nis­bil­der. ich er­klär­te ihr dass ich für so­was zu gen­ant sei und so­was noch nicht mal für den pri­va­ten ge­brauch ma­chen wür­de. aber über mei­nen tipp mal das post-pri­va­cy-ge­the­se von mi­cha­el see­mann auf prak­ti­sche an­wend­bar­keit zu prü­fen und ihn zu fra­gen, er­freu­te sie sehr.


alle an­de­ren pro­gramm­punk­te die ich heu­te auf dem plan hat­te sind ge­schei­tert. ent­we­der weil ich zu spät kam, der saal über­lief, ich im fal­schen saal sass oder der re­fe­rent (tho­mas fi­scher) den flug ver­passt hat. heu­te nach­mit­tag steht dann noch um 18:45 uhr netz-pu­bli­zis­ten im ge­spräch mit phil­ip ban­se an und na­tür­lich um 20 uhr rand­all mun­roe.


the age of trotzdem

felix schwenzel in gesehen

sa­scha lobo nahm sich die­ses jahr die frei­heit, sei­ne grund­satz­re­den-the­men nicht auf der re­pu­bli­ca-sei­te an­zu­kün­di­gen, son­dern in di­ver­sen in­ter­views. ich hab zwar nur das wired-in­ter­view dazu ge­fun­den, aber es gibt be­stimmt noch an­de­re. in der wired kün­dig­te er an, die­ses jahr auf die pu­bli­kums­be­schimp­fung zu ver­zich­ten, was er im vor­trag aber schnell als lüge be­zeich­ne­te. na­tür­lich be­schimpf­te er sein pu­bli­kum, und sich selbst gleich mit. er ver­such­te die­ses jahr die ihr-und-ich-dua­li­tät auf­zu­lö­sen, die sich the­ma­tisch durch sei­ne vor­trä­ge der letz­ten jah­ren zog, als er be­ton­te, dass die vor­wür­fe die er „uns“ in den letz­ten jah­ren mach­te, ei­gent­lich pro­jek­tio­nen sei­ner ei­ge­nen un­zu­läng­lich­kei­ten ge­we­sen sei­en.

an­de­rer­seits funk­tio­nie­ren die meis­ten sei­ner gags eben nur mit ei­ner kla­ren tren­nung des lobo-ichs und des pu­bli­kum-ihrs, wes­halb der vor­satz der selbst­be­schimp­fung im lau­fe der vier­stün­di­gen pre­digt der an­der­talb­stün­di­gen grund­satz­re­de (na­tür­lich) ver­san­de­te. rhe­to­risch war das al­les ziem­lich bril­li­ant und ge­schlif­fen und ich mag den leicht pas­to­ra­len ton, den sacha lobo auf sei­nen re­pu­bli­ca-re­den an­schlägt. mir ge­fällt es auch von sa­scha lobo be­schimpft zu wer­den, ei­ner­seits weil er meist recht hat und an­de­rer­seits, weil das (eben) rhe­to­risch meist bril­li­ant ist und sei­ne ana­ly­sen (na­tür­lich) das er­geb­nis lan­gen nach­den­kens sind und (lei­der) meist auf den punkt sind. trotz­dem nei­ge ich tra­di­ti­ons­ge­mäss dazu, ihm in sei­nen schluss­fol­ge­run­gen zu wi­der­spre­chen, weil ich im ge­gen­teil zu ihm, nie be­reit war mei­nen in­ter­net­op­ti­mis­mus (oder ge­nau­er, welt­op­ti­mis­mus) auf­zu­ge­ben.

das woll­te er, mit an­kün­di­gung, in die­sem jahr än­dern, und sei­nen (un­se­ren?) in­ter­net­op­ti­mis­mus wie­der­fin­den. lei­der ge­lang ihm das nur so halb, mit dem hal­bi­ro­ni­schen schlag­wort TROTZ­DEM. ganz schlimm ge­schei­tert ist sein ver­such „uns“, das pu­bli­kum beim TROTZ­DE­Men mit­ein­zu­be­zie­hen, auch wenn es zu min­des­tens ei­ner gu­ten über­lei­tung zum the­ma mü­dig­keit führ­te. als rhe­to­ri­sches werk­zeug war das „TROTZ­DEM“ ziem­lich gut ge­eig­net, wenn sa­scha lobo es al­lei­ne von der büh­ne rief, als kol­lek­ti­ver auf­schrei, als pu­bli­kums- oder ge­mein­de­echo, gings in die hose.

was mir in die­sem jahr mehr als sonst auf­fiel, war das re­cy­cling von vor­han­de­nem ma­te­ri­al. ne­ben et­li­chen the­men aus sei­nen spie­gel-on­line-ko­lum­nen, kam mir auch sein aus­flug zum the­ma snap cash be­kannt vor, den pia klei­ne wie­sen­kamp vor ein paar wo­chen von ei­ner ora­cle-ver­an­stal­tung ins in­ter­net ge­strömt hat­te. die­se wie­der­ver­wen­dung ist na­tür­lich mehr als le­gi­tim, zu­mal das ma­te­ri­al von lobo fast aus­nahms­los bril­li­ant ist (kei­ne iro­nie). al­lein für sei­nen hin­weis dar­auf, dass fast alle iden­ti­fi­zier­ten is­la­mis­ti­schen at­ten­tä­ter be­reits po­li­zei­be­kannt wa­ren oder auf an­ti­ter­ror­lis­ten stan­den, ver­dient sa­scha lobo ei­nen jour­na­lis­ten­preis (oder min­des­tens ei­nen ko­lum­nis­ten­preis). was mir aber, trotz al­ler mü­hen, die sich sa­scha lobo ganz of­fen­sicht­lich ge­macht hat, fehl­te, war eine in­halt­li­che klam­mer, die aus all den schreck­li­chen er­kennt­nis­sen und hi­obs­ana­ly­sen, die er über die jah­re bril­li­ant her­aus­ar­bei­tet, tat­säch­li­chen op­ti­mis­mus oder lö­sungs­an­sät­ze auf­zeigt.

aber da ist sa­scha lobo wie­der bei uns oder bei sei­nem „ihr“, und ge­nau­so su­chend und rat­los wie alle an­de­ren.

na­tür­lich ist sein lö­sungs­an­satz, et­was zu un­ter­neh­men, wirt­schaft­lich er­folg­reich et­was gu­tes, hilf­rei­ches, welt­ver­bes­se­rern­des zu ma­chen, ein prag­ma­ti­scher, gang­ba­rer weg (von vie­len), aber an­de­rer­seits hat er das (leicht va­ri­iert) be­reits vor zwei und vor drei und wahr­schein­lich auch vor vier jah­ren ge­for­dert. das macht nichts von dem was er sagt falsch, aber es macht deut­lich, dass sa­scha lobo’s weg zum op­ti­mis­ten noch sehr weit ist. sein weg zu je­man­dem, der, trotz all der ver­kom­men­heit und nie­der­tracht sig­mar ga­bri­els der welt, op­ti­mis­mus ver­brei­ten kann, ist noch viel wei­ter.

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an­de­re über sa­scha lo­bos vor­trag:


bild von re:pu­bli­ca/jan zapp­ner CC BY 2.0


#rpten tag 1

felix schwenzel in artikel

ers­ter pro­gramm­punkt heu­te, mar­cus rich­ter, „what’s in a game?“. sehr schö­ne prä­sen­ta­ti­on die sich ex­pli­zit an nicht-ga­mer (wie mich) rich­te­te, um ih­nen ein paar der gen­res vor­zu­stel­len. neu­gie­ri­ger auf (com­pu­ter-) spie­len war ich nach dem vor­trag nicht, aber da­für weiss ich jetzt, dass man eine wii-fern­be­die­nung auch als prä­sen­ta­ti­ons­kli­cker be­nut­zer kann.


wich­tigs­ter hash­tag die­ses jahr dürf­te #bal­lon­sel­fie sein. oder min­des­tens das bal­lon­sel­fie-mo­tiv.


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zwei­ter pro­g­ram­punkt: doo­ce aka hea­ther arm­strong mit the cou­ra­ge of com­pas­si­on: trans­forming your ex­pe­ri­ence with cri­ti­cism. lei­der völ­lig un­ter­be­sucht, aber ich fand es toll hea­ther arm­strong mal in echt zu se­hen, ih­ren sub­ti­len, nicht ganz of­fen­sicht­li­chen hu­mor ge­spro­chen zu er­le­ben. stage 1 scheint mir ein biss­chen klei­ner als letz­tes jahr zu sein, also so­wohl die büh­ne selbst, als auch der zu­schau­er­raum.

sehr prä­sent auch die ka­me­ra­men­schen, für die be­die­nung die­ses ka­me­ra­wa­gens wer­den üb­ri­gens drei men­schen be­nö­tigt. ei­ner der die ka­me­ra führt, ei­ner der den wa­gen zieht und drückt und ei­ner der sich um die ka­bel kü­mert.

kameramenschen, kabelträger nicht im bild

auf­fäl­lig auf dem ge­län­de der re­pu­bli­ca, ist die­ses jahr die ex­tre­me räum­li­che ent­dich­tung. in der hal­le in der frü­her ne­ben der stage 2 noch zwei an­de­re büh­nen un­ter­ge­bracht wa­ren, ist die­ses jahr nur eine büh­ne (und die ga­dero­be).

stage 2

das kühl­haus ne­ben dem ein­gang wird be­spielt, hin­ter dem kom­lex, qua­si auf dem hin­ter­hof wur­de die frei­flä­che ge­öff­net und mit es­sens­stän­den, son­nen­stüh­len und lie­ge­bän­ken voll­ge­stellt. dank des san­di­gen un­ter­grunds kommt hier wirk­lich die viel be­schwo­re­ne fes­ti­val­stim­mung auf. lei­der ist es dort für mei­ne ver­hält­nis­se viel zu hell.

der republica hinterhof

of­fen­sicht­lich fin­det dort abends auch das par­ty-ge­döns statt und ex­tra für die par­ty gibt es ei­nen se­pa­ra­ten zu­gang zum par­ty­ge­län­de.


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drit­ter pro­gramm­punkt: mo­ritz metz mit flie­gen­de com­pu­ter und ihre toll­küh­nen pi­lo­ten. das war eine sehr an­ge­neh­me prä­sen­ta­ti­on zum, auf den ers­ten blick, eher drö­gen the­ma droh­nen, aber weil mo­ritz metz sehr viel­schich­ti­ges ma­te­ri­al zeig­te, war das in kei­ner se­kun­de lang­wei­lig. im ge­gen­teil, mit ei­ner et­was auf­ge­räum­te­ren er­zähl­art hät­te mo­ritz metz die prä­sen­ta­ti­on auch lo­cker auf eine stun­de aus­deh­nen kön­nen, ohne dass es lang­wei­lig ge­wor­den wäre.

mir ge­fiel die par­al­le­le die mo­ritz metz vom in­ter­net zu droh­nen, bzw. zum luft­raum zog auch sehr gut. wie das in­ter­net vor 10, 15 jah­ren, ist jetzt auch der luft­raum, dank mo­der­ner tech­no­lo­gien, für je­der­mann zu­gäng­lich und der­zeit noch mehr oder we­ni­ger un­re­gu­liert.

so lan­ge die auf­zeich­nung des vor­trags nicht on­line ist, aber auch ein­fach so, kann man sich das deutsch­land­ra­dio-fea­ture von mo­ritz metz zu droh­nen an­se­hen oder an­hö­ren.


auf der re­pu­bli­ca gibt es ei­ge­ne toi­let­ten für DJs.


heu­te ist mir gün­ther oet­tin­ger zwei­mal über den weg ge­lau­fen. zwei­mal habe ich ihn ver­sucht zu fo­to­gra­fie­ren, fo­tos von oet­tin­ger kann man ja im­mer gut ge­brau­chen, zwei­mal bin ich ge­schei­tert, ein brauch­ba­res foto zu schies­sen. es sei denn, je­mand fin­det ein foto von gün­ther oet­tin­ger, wie er te­le­fo­nie­rend in sein auto ein­steigt, brauch­bar.

günther oettinger steigt in ein auto ein

vier­ter pro­gramm­punkt, ju­lia reda mit en­ding ge­o­blo­cking: this con­tent re­al­ly ought to be available in your coun­try. ju­lia reda ist blitz­ge­scheit, re­det ge­schlif­fen wie ein was­ser­fall und ist auf eine ganz be­stimm­te art sehr nerdig. das meis­te was sie in ih­rem vor­trag be­sprach, war mir nicht wirk­lich neu, aber wie sie es be­sprach und auf­ar­bei­te­te, fand ich min­des­tens so in­ter­es­sant wie die sen­dung mit der maus oder eine stun­de rhe­to­rik­trai­ning.

und, soll­te es ir­gend­ei­ne ge­le­gen­heit dazu ge­ben, ju­lia reda nach die­ser le­gis­la­tur­pe­ri­ode wie­der ins eu­ro­pa­par­la­ment zu brin­gen, ich wäre be­reit auch wie­der (aus­nahms­wei­se) pi­ra­ten zu wäh­len. sie ist wirk­lich eine gute, die man nach kräf­ten un­ter­stüt­zen soll­te. auch wenn das nur mi­ni­mal un­ter­stüt­zend ist, hier ein link zu ih­rem blog.


sel­fies sind, wie ge­sagt, nach wie vor ein gros­ses the­ma.




gold auch.


ach ja: gu­tes in­ter­view mit sa­scha lobo in der wired, in dem vor­ankün­digt wird, dass er vor­ankün­di­gen wür­de, über was er heu­te abend ab 19:45 uhr re­den wird. stimmt viel­elicht zum teil so­gar.


[nach­trag 03.05.2016]
mei­ne kurz-re­zen­si­on von sa­scha lo­bos vor­trag


ia, amp, rss, syndikation, bloggen

felix schwenzel in artikel

vie­le leu­te glau­ben ja, dass face­book das blog­gen zer­stö­re, oder blog­gern zu­min­dest so viel zeit und auf­merk­sam­keit neh­me, dass sie sich kaum noch um ihre ei­ge­nen gär­ten küm­mern, son­dern in face­books „ein­ge­mau­er­ten gar­ten“ schrei­ben.

(den be­griff des „ein­ge­mau­er­ten gar­tens“ habe ich beim schock­wel­len­rei­ter auf­ge­nom­men.)

ver­mut­lich ist da was dran, ich bin zum bei­spiel im­mer (leicht) entäuscht, wenn pe­ter breu­er face­book mit sei­nen klei­nen, wit­zi­gen ge­schich­ten voll­schreibt, statt sei­nes blogs. im­mer­hin, ab und zu, schreibt er dann auch in sein blog. vie­le leu­te hal­ten face­book wohl auch für eine in­kar­na­ti­on des bö­sen, oder zu­min­dest für et­was furcht­ba­res:

Facebook versucht, das Internet zu sein und Blogs zu ersetzen bzw. in sein Universum einzuverleiben. Das ist furchtbar […].

die­ser kom­men­tar stand un­ter mei­ner kur­zen lo­bes­hym­ne der in­stant ar­tic­les von face­book. die lau­fen jetzt seit knapp ei­ner wo­che hier mit, dass heisst alle et­was län­ge­ren ar­ti­kel, die ich auf wir­res.net ins in­ter­net schrei­be, wer­den per RSS auch in face­books da­ten­cen­ter ein­ge­speist und dann an­ge­zeigt, wenn je­mand ei­nen link auf ei­nen die­ser ar­ti­kel in der mo­bi­len face­book app klickt. wer ohne app auf links zu den ar­ti­keln klickt, lan­det, nach wie vor, hier im blog.

die tech­nik funk­tio­niert er­freu­lich zu­ver­läs­sig. face­book liest den feed alle drei bis vier mi­nu­ten ein und wenn ich ei­nen ar­ti­kel ver­öf­fent­li­che, liegt er spä­tes­tens ein paar mi­nu­ten spä­ter auch als op­ti­mier­te, ge­cach­te ver­si­on in der face­book app vor. än­de­run­gen an den ar­ti­keln wer­den klag­los syn­chro­ni­siert, dass heisst die ori­gi­nal­ver­si­on hier und die ko­pie in der face­book-app sind im­mer auf dem glei­chen stand.

dass ich mich ne­ben der in­itia­len ein­rich­tung um nichts küm­mern muss, ge­nau­so we­nig wie mit al­lem an­de­ren was mit RSS zu tun hat, ist äus­serst an­ge­nehm und er­füllt alle er­war­tun­gen, die ich be­reits vor knapp ei­nem jahr hat­te:

instant articles sind eigentlich nichts anderes als „Publish (on your) Own Site, Syndicate Elsewhere“, kurz „POSSE“. POSSE beschreibt eine indieweb-technik, bei der man (obviously) inhalte zuerst auf seiner eigenen webseite veröffentlicht und sie dann auf beliebige weitere seiten syndiziert. das indiewebcamp-wiki drückt den entscheidenden punkt so aus:

POSSE lets your friends keep using whatever they use to read your stuff (e.g. silo aggregators like Facebook, Tumblr, Twitter, etc.).

seit ein, zwei jah­ren habe ich das blog­gen für mich neu — oder schär­fer — de­fi­niert. ich sehe mein blog kon­se­quent als of­fe­ne sam­mel­stel­le und ver­tei­ler. al­les was ich ins in­ter­net oder auf pa­pier schrei­be, ko­pie­re ich auch hier­hin, oder, noch lie­ber, ich schrei­be es auf wir­res.net und ver­tei­le es dann nach ir­gend­wo. film­kri­ti­ken schrei­be ich zu­erst hier und ko­pie­re sie dann (der­zeit) zu let­ter­boxd.com. in­sta­gram­me ko­pie­re ich zu­nächst (au­to­ma­tisch) hier­hin und ver­tei­le sie dann (au­to­ma­tisch) von hier zu face­book und twit­ter. sta­tus­nach­rich­ten schrei­be ich hier und ko­pie­re sie dann voll oder se­mi­au­to­ma­tisch zu twit­ter oder face­book. check­ins ma­che ich per swarm-app, ko­pie­re sie aber au­to­ma­tisch hier hin. fa­vo­ri­ten set­ze ich per book­mar­klet so, dass sie im je­wei­li­gen so­cial net­work lan­den und hier.

wer will kann sich al­les was ich schrei­be hier an­se­hen, für alle an­de­ren pum­pe ich mei­ne in­hal­te da­hin, wo ich es für sinn­voll er­ach­te, oder glau­be, die leu­te zu er­rei­chen, die ich er­rei­chen möch­te.

und da­mit bin ich wie­der beim an­fangs­ge­dan­ken: zer­stört face­book blogs — oder gar das („freie“, „wil­de“) in­ter­net?

ich glau­be nein, auch wenn es irre viel auf­merk­sam­keit an sich zieht. aber das prin­zip der in­stant ar­tic­les, hat mei­ner an­sicht nach so­gar das zeug dazu, blogs zu ei­ner re­nais­sance zu ver­hel­fen. denn um ei­nen in­stant ar­tic­le zu er­stel­len, muss ich erst­mal ei­nen ori­gi­nal­ar­ti­kel im netz aus­ser­halb von face­book er­stel­len: auf mei­nem ei­ge­nen blog, auf word­press oder wo auch im­mer. der­zeit ist die plug­in-in­stal­la­ti­on oder in­stant-ar­tic­le-kon­fi­gu­ra­ti­on wohl noch et­was kom­pli­ziert für vie­le, bzw. die plug­ins noch nicht ganz aus­ge­reift, aber das wird sich än­dern. face­book un­ter­stützt mit den in­stant ar­tic­les im prin­zip den in­die­web-ge­dan­ken des „Pu­blish (on your) Own Site, Syn­di­ca­te El­se­whe­re“, des syn­di­zie­rens.

ei­gent­lich hat­te ich die hoff­nung, dass an­de­re tech­no­lo­gie­kon­zer­ne so et­was auch ma­chen. me­di­um hat das seit knapp ei­nem jahr sehr halb­herzg um­ge­setzt: auch an sein me­di­um-kon­to, kann man ei­nen RSS-feed flan­schen, aber ar­ti­kel wer­den nur ein­mal in­iti­al ein­ge­le­sen und dann nie wie­der ak­tua­li­siert. auch die um­set­zung von spe­zi­el­len ge­stal­tungs­ele­men­ten, wie es die in­stant ar­tic­les er­lau­ben, un­ter­stützt me­di­um nicht. twit­ter hat vor ei­nem hal­ben jahr an­ge­kün­digt, die goog­le AMP-in­itia­ti­ve zu un­ter­stüt­zen. das hät­te zum bei­spiel den vor­teil, dass in twit­ter ver­link­te ar­ti­kel, in der twit­ter-app vor­ge­r­en­dert und -ge­cached wer­den könn­ten und sich so an­füh­len wür­den, als wä­ren sie teil der twit­ter-app und kei­ne lang­sam la­den­den ex­ter­nen web­sei­ten. goog­le selbst scheint den roll­out von AMP wie­der mas­siv zu­rück­ge­fah­ren zu ha­ben, zu­min­dest für klei­ne pu­blisher oder blog­ger. viel­leicht war das doch al­les zu kom­pli­ziert, für eine mas­sen­haf­te nut­zung.


be­reits letz­tes jahr schrieb ich, dass die in­stant ar­tic­les sich nicht von RSS, wie ich es nut­ze, un­ter­schei­den. ich lese per RSS 1200 quel­len, die mein heiss­ge­lieb­ter RSS-ree­der vor­lädt, auf dem te­le­fon zwi­schen­spei­chert und mir in se­kun­den­schnel­le, per­fekt les­bar und be­freit von al­lem tand, an­zeigt. face­book wird so zu et­was, was bis­her aus­schliess­lich tech­nisch ver­sier­te men­schen per RSS ge­nutzt ha­ben: ein ein­fa­cher, von al­len leicht zu be­die­nen­der feed-rea­der.


na­tür­lich ist da was dran, was ich oben zi­tiert habe, face­book ver­su­che, „das In­ter­net zu sein“ oder zu­min­dest die leu­te dazu zu brin­gen, ma­xi­mal viel le­bens­zeit auf face­book zu ver­brin­gen. da­ge­gen kann je­der et­was tun, nicht in­dem man face­book mei­det oder nicht mehr mit in­hal­ten be­lie­fert, son­dern in­dem man ei­nen fall­back schafft — oder bes­ser, eine al­ter­na­ti­ve. oder um im gar­ten­bild zu blei­ben: wir soll­ten un­ser ge­mü­se vor al­lem in un­se­ren gär­ten an­pflan­zen, die kul­tur­tech­ni­ken des gar­ten­baus wei­ter pfle­gen — ohne un­se­re gär­ten selbst zu­zu­mau­ern. aber war­um soll­ten wir un­ser selbst an­ge­bau­tes ge­mü­se nicht auch auf dem gross­markt an­bie­ten, wenn dort die meis­ten in­ter­es­sen­ten sind? wenn es süs­se trau­ben nur auf dem gross­markt und nicht in den nach­bar­gär­ten gibt, war­um dar­auf ver­zich­ten?

oder an­ders ge­fragt, wie sol­len wir an­de­re leu­te da­von über­zeu­gen, dass es al­ter­na­ti­ven zu face­book gibt, wenn wir un­ser wohl­duf­ten­des ge­mü­se nicht auch zu face­book brin­gen oder uns in un­se­rer ex­klu­siv­tät ein­mau­ern? ich glau­be, die ideen des in­die­webs kön­nen hel­fen, blü­hen­de land­schaf­ten ne­ben den blau­en gi­gan­ten ent­ste­hen und fort­exi­sie­ren zu las­sen. aber da­für müs­sen wir (wie­der) alle mehr im ei­ge­nen gar­ten blog­gen.


bruder klaus kapelle

felix schwenzel in artikel

gute ar­chi­tek­tur lenkt den blick, schlech­te lei­der auch. das ist im prin­zip wie beim film. sind re­gie- und ka­me­ra­mensch wirk­lich gut, wäh­len sie aus­schnit­te, per­spek­ti­ven und be­we­gun­gen so, dass sie der sze­ne oder dem ge­samt­werk die­nen. bei fil­men kön­nen wir die­se qua­li­tä­ten gut er­ken­nen, ei­ner­seits, weil wir gut ge­schult in der wahr­neh­mung und re­zep­ti­on von film­kunst sind, an­de­rer­seits, weil wir die per­spek­ti­ve nicht erst fin­den müs­sen, son­dern sie uns fer­tig prä­sen­tiert wird.

bei ar­chi­tek­tur ist das an­ders. in und um bau­ten kön­nen wir die per­spek­ti­ve be­lie­big ver­schie­ben und wech­seln, in­dem wir uns be­we­gen. öff­nun­gen, rah­men oder ach­sen hel­fen uns zwar da­bei, uns zu ori­en­tie­ren, da aber ar­chi­tek­tur vom kon­text (der um­ge­bung) und der nut­zung ab­hängt, wird es noch­mal schwie­ri­ger qua­li­tä­ten zu er­ken­nen. manch­mal hel­fen uns fo­to­gra­fien bei der ori­en­tie­rung, fo­to­gra­fien von leu­ten die sich mit per­spek­ti­ven aus­ken­nen und uns hel­fen kön­nen qua­li­tä­ten zu er­ken­nen, die wir vor­her nicht er­kannt ha­ben.

der schwei­zer ar­chi­tekt pe­ter zum­thor macht es uns re­la­tiv leicht die qua­li­tä­ten sei­ner ar­bei­ten im raum zu er­ken­nen. ich glau­be das funk­tio­niert vor al­lem des­halb, weil er sich in­ten­siv mit den or­ten aus­ein­an­der­setzt, an de­nen er baut und sei­ne ar­chi­tek­tur — auch wenn sich das ab­ge­grif­fen an­hört — in ei­nen dia­log tre­ten lässt. ich bin den bau­ten von pe­ter zum­thor schon oft hin­ter­her­ge­reist, un­ter an­de­rem nach grau­bün­den, wo ich mir vor gut 20 jah­ren die wun­der­ba­re ka­pel­le des hei­li­gen be­ne­dikt ober­halb von sum­vitg an­ge­se­hen habe, oder das ther­mal­bad in vals. in ös­te­reich hab ich mir mal das kunst­haus in bre­genz an­ge­se­hen und dem­nächst™ möch­te ich un­be­dingt das kunst­mu­se­um des erz­bis­tums köln be­sich­ti­gen.

vor etwa ei­nem jahr hat­te ich mir vor­ge­nom­men, die bru­der klaus ka­pel­le in wa­chen­dorf von pe­ter zum­thor auf­zu­su­chen. vor knapp ei­nem mo­nat war ich dort und habe bis­her nur ein bild vom be­such dort gein­sta­gr­amt.

die ka­pel­le thront auf ei­nem acker, der sich qua­si am arsch der welt be­fin­det, in ei­nem klei­nen ei­fel­dorf. um zur ka­pel­le zu ge­lan­gen muss man un­ge­fähr ei­nen ki­lo­me­ter von ei­nem park­platz über äcker lau­fen.

man sieht die ka­pel­le den gan­zen weg über, sie steht wie ein in den acker ge­ramm­tes bau­klötz­chen oben am hü­gel. an dem tag an dem wir in wa­chen­dorf wa­ren, blies ein hef­ti­ger wind, was zu wun­der­ba­ren licht­wech­seln führ­te.




die ka­pel­le macht auf den ers­ten blick nicht viel her, sie sieht in der tat aus wie ein kom­pli­zier­tes bau­klötz­chen oder ein be­ton-bun­ker, aber sie hat eine fas­zi­nie­ren­de ei­gen­schaft. sie lenkt den blick. beim an­marsch auf die ka­pel­le, setzt man sie stän­dig in re­la­ti­on zur land­schaft, staunt über das chan­gie­ren­de, ste­chen­de braun der acker­bö­den, setzt die hü­gel und den him­mel in be­zie­hung, bzw. staunt über den gran­dio­sen ei­fel­him­mel und die wei­te die sich öff­net, wenn man die ka­pel­le aus der ent­fer­nung be­trach­tet. aus der nähe, beim her­um­lau­fen um den bau, schnei­den die schar­fen kan­ten der ka­pel­le wie­der sicht­ach­sen zu­recht und ge­ben der land­schaft halt.

blick von der kapelle auf wachendorf

der in­nen­raum der ka­pel­le ist zelt­för­mig zum him­mel ge­öff­net, oben ist ein­fach ein loch in der de­cke, durch das licht und re­gen fällt. auf dem bo­den der ka­pel­le steht das was­ser an ein paar stel­len, es ist rus­sig dun­kel und re­la­tiv eng. in den wän­den be­fin­den sich klei­ne lö­cher die mit glas ge­füllt sind und die die wän­de mit licht­punk­ten struk­tu­rie­ren.

auch wenn man auf dem weg zur ka­pel­le die gan­ze zeit den him­mel ge­se­hen hat, er­zwingt das loch in der de­cke, eine ganz neue per­spek­ti­ve auf den him­mel. in der theo­rie wis­sen wir alle, dass die per­spek­ti­ve vom stand­punkt ab­hängt, aber das zu er­le­ben, in die­ser form, ist wirk­lich fas­zi­nie­rend und nur an­satz­wei­se in die­sem ver­wa­ckel­ten vi­deo zu er­ken­nen.





aus die­sem le­sens­wer­ten zeit-in­ter­view, habe ich fol­gen­des zum­thor-zi­tat ko­piert:

Ich habe an der Universität in Mendrisio den Studenten immer gesagt: „Ihr habt jetzt die Aufgabe, Häuser zu machen, die auf eine Stadt, eine Landschaft reagieren. Das Wichtigste dabei ist, dass ihr auf eure eigenen inneren Bildern von Schönheit oder Stimmigkeit reagiert.“ Es geht um den Prozess von Schauen und Fühlen, aus dem sich Formen ergeben, deren Wirkung man prüfen muss. Das ist eine künstlerische Arbeit. Beim Bauen selbst kommt viel Theoretisches und Technisches dazu. Aber der Anfang ist derselbe wie beim Maler oder Schriftsteller, es ist Autorenarbeit. Und dann gibt es Glücksmomente, in denen etwas Überraschendes entsteht.

 


prince

felix schwenzel in notiert

was pe­ter breu­er hier über prin­ce schreibt, ins­be­son­de­re im ers­ten ab­satz, über mu­sik, kann ich sehr gut nach­voll­zie­hen:

Popmusik fängt an, wenn das Verlieben beginnt. Das ist Teil der menschlichen DNA. Die Bands oder Musiker, für die man sich in dieser Zeit entscheidet, sind wie die erste unglückliche Liebe, der erste Kuss und der erste Sex – Vergessen unmöglich. Man kann vieles irgendwie mögen, aber dieser Flash, schon nach drei Takten zu wissen, dass diese Geschichte jetzt etwas Ernstes wird, ist ein Moment, der mit den Jahren leider seltener wird. Ob die Musiker, die diese Takte spielen, mit 27 sterben oder mit 57, ist egal, sie werden ohnehin für immer 27 bleiben. Prince starb gestern mit 27 Jahren und über 30 Jahre nach dem ersten Kuss.

kön­nen wir uns wahr­schein­lich im ers­ten ab­satz alle als mu­si­kopfer re­zi­pi­en­ten von mu­sik iden­ti­fi­zie­ren, wer­den die fol­gen­den vier ab­sät­ze, die er schreibt, prin­ce selbst und sei­nem wir­ken sehr ge­recht.

aber es ist na­tür­lich al­les noch viel kom­pli­zier­ter. denn wirk­lich gute mu­si­ker ster­ben im lau­fe ih­res le­bens mehr­fach, we­ni­ger gute sel­te­ner. prin­ce war, als ich (zum bei­spiel) pa­ra­de zu lie­ben be­gann, schon lan­ge wei­ter­ge­zo­gen, zu neu­en ufern. so eine mu­si­ka­li­sche pha­se fühlt sich aus der per­spek­ti­ve des mu­si­ker wahr­schein­lich an, wie eine häu­tung. der häu­tungs­pro­zess ist lang­wie­rig und an­stren­gend, aber am ende bleibt to­tes ge­we­be.

die­ses tote ge­we­be ist, was wir als fans be­wun­dern. dank mo­der­ner tech­nik ist es mil­lio­nen­fach re­pro­du­zier­bar, oft ist es wun­der­schön, edel und im bes­ten fall kön­nen wir es jahr­zehn­te­lang nut­zen, um schö­ne ge­füh­le in uns her­vor­zu­ru­fen. der mu­si­ker, der es pro­du­ziert hat, ist längst ge­wach­sen (oder ge­schrumpft) und mit der nächs­ten häu­tung be­schäf­tigt.

mit der ab­ge­leg­ten haut be­schäf­ti­gen wir uns teil­wei­se sehr in­ten­siv, ken­nen jede ein­zel­ne schup­pe und ver­wech­seln sie oft mit dem- oder der­je­ni­gen, die sie vor vie­len jah­ren ab­ge­legt hat. man­che mu­si­ker be­herr­schen das häu­ten sehr gut, und pro­du­zie­ren stän­dig neue häu­te, die uns im­mer wie­der er­neut be­geis­tern kön­nen. an­de­re be­herr­schen das we­ni­ger gut und ver­su­chen jah­re­lang in ihre al­ten häu­te zu­rück­zu­krie­chen oder sind ent­täuscht, dass ihre neu ab­ge­leg­ten häu­te nie­man­den mehr zu be­geis­tern ver­mö­gen.

mu­sik ist ein spiel mit dem le­ben und dem tod — oder we­ni­ger dra­ma­tisch, ein hit, ein voll­tref­fer, kann haupt­ge­winn und höchst­stra­fe zu­gleich sein. wenn man sich von auf­merk­sam­keit oder ap­plaus er­nährt, fühlt sich aus­blei­ben­de auf­merk­sam­keit, oder auf­merk­sam­keit für längst ver­gan­ge­nes und ab­ge­leg­tes, mut­mass­lich wie ein dolch­stoss an.

oder noch­mal an­ders: der prin­ce, von dem ich fan bin, war schon tot, als prin­ce noch leb­te. mit sei­nem neue­ren werk, konn­te ich nichts an­fan­gen, auch wenn ich es mehr­fach pro­biert habe. aus­ser­halb mei­ner sub­jek­ti­ven wahr­neh­mungs­bla­se, war prin­ce aber (na­tür­lich) al­les an­de­re als tot, son­dern quick­le­ben­dig und ak­tiv. und dass es, um das zu be­mer­ken, des ech­ten, end­gül­ti­gem, grau­sam un­er­bit­ter­li­chen to­des be­durf­te, macht mich jetzt dop­pelt trau­rig und er­in­nert mich dar­an, wie wich­tig es ist, zu­nei­gung, freund­schaft, lie­be und be­zie­hun­gen vor dem tod zu le­ben; wie wich­tig es wäre, hin und wie­der an die vie­len men­schen in mei­nem le­ben zu den­ken, die ich ver­ges­sen oder aus den au­gen ver­lo­ren habe. es soll­te ei­gent­lich nicht der tod sein, der uns an un­se­re lie­ben, die le­ben­den oder un­se­re lei­den­schaf­ten er­in­nert. aber, das muss man dem tod las­sen, er funk­tio­niert da in sei­ner un­er­bit­ter­lich­keit, ziem­lich gut.


Schöner Schaum

felix schwenzel in artikel

Nach der ers­ten Re­pu­bli­ca im Jahr 2007, pro­phe­zeih­te Mar­tin Schöb in der FAZ der Re­pu­bli­ca (und Blogs all­ge­mein) eine düs­te­re Zu­kunft: sie wür­den kon­se­quent „un­ter­halb der Auf­merk­sam­keits­schwel­le“ all je­ner blei­ben, die „ihr Le­ben nicht im Netz ver­brin­gen“. Aus­ser­dem wür­den „mei­nungs­füh­ren­de Blogs“ ohne die „Be­zugs­grö­ße Print“ zu­sam­men­fal­len, wie ein „Heiß­luft­bal­lon ohne Flam­me“.

Neun Jah­re spä­ter zeigt sich, dass Schöb gleich­zei­tig recht hat­te und fürch­ter­lich da­ne­ben lag. Tat­säch­lich sind vie­le der „mei­nungs­füh­ren­den Blogs“, um die sich die Re­pu­bli­ca 2007 kris­tal­li­sier­te, in sich zu­sam­men­ge­fal­len, aber eben­so brö­ckelt die „Be­zugs­grö­ße Print“. Was aber über­haupt nicht brö­ckelt oder un­ter Auf­merk­sam­keits­de­fi­zi­ten lei­det, ist die Re­pu­bli­ca, sie ist sel­ber zu ei­ner Be­zugs­grö­ße ge­wor­den und brennt auf höchs­ter Flam­me. Wa­ren es 2007 noch 600 bis 700 Teil­neh­men­de, ka­men 2015 be­reits 7000 In­ter­net­nut­zer, zehn Pro­zent da­von üb­ri­gens als ak­kre­di­tier­te Jour­na­lis­ten und Jour­na­lis­tin­nen. Die­ses Jahr wer­den noch­mal rund 1000 Men­schen mehr er­war­tet.

Die Re­pu­bli­ca war von An­fang an eine Ge­sell­schafts­kon­fe­renz, auch wenn sie zu­nächst als nerdi­ge Blog­ger­ver­samm­lung wahr­ge­nom­men wur­de. Im Lau­fe der Zeit ka­men im­mer mehr Men­schen, die mit dem di­gi­ta­len Wan­del in Be­rüh­rung ka­men, und spra­chen aus un­ter­schied­lichs­ten Per­spek­ti­ven dar­über, wie das Netz Ihr Le­ben be­ein­flusst. So spricht der Ma­the­ma­ti­ker und Wirt­schafts­phi­lo­soph Gun­ter Dueck die­ses Jahr schon zum vier­ten mal dar­über, wie der di­gi­ta­le Wan­del die Ar­beits­welt um­krem­pelt. 2012 sprach der Re­gie­rungs­spre­cher Stef­fen Sei­bert dar­über, wie das Netz die Re­gie­rungs­ar­beit be­ein­flusst, der aus­ge­bil­de­te Te­le­fon­seel­sor­ger und Ak­ti­vist Raúl Kraut­hau­sen er­zähl­te im glei­chen Jahr, wie er das Netz nutzt, um für gleich­brech­tig­te Teil­ha­be zu kämp­fen und die Blog­ge­rin und Au­torin Anne Wiz­o­rek be­schrieb im Jahr dar­auf, wie das Netz und Hash­tags den Fe­mi­nis­mus ver­än­dern.

Über das Le­ben im Netz, die Ar­beits­welt, den di­gi­ta­len und ge­sell­schaft­li­chen Wan­del, Teil­ha­be und Ge­rechitgkeit zu re­den, galt vor neun Jah­ren noch als skan­da­lös selbst­re­fe­ren­zi­ell. Na­tür­lich sind die The­men der Re­pu­bli­ca nach wie vor selbst­re­fe­ren­zi­ell, aber mitt­ler­wei­le ist das The­men­spek­trum der Re­pu­bli­ca so stark auf­ge­fä­chert, dass selbst Jour­na­lis­ten, Po­li­ti­ker oder Un­ter­neh­mer The­men fin­den, die sie ver­ste­hen oder die sie in­ter­es­sie­ren. So­bald man sich für ein The­ma in­ter­es­siert oder da­von be­trof­fen ist, stört Selbst­re­fe­ren­zia­li­tät be­kannt­lich nicht mehr.

Dass der Vor­wurf der Selbst­re­fe­ren­zia­li­tät mitt­ler­wei­le über­wun­den ist, nimmt die Re­pu­bli­ca in die­sem Jahr zum An­lass, sie zum of­fi­zi­el­len Mot­to zu ma­chen. Auf ih­rer Web­site kün­digt die Re­pu­bli­ca ge­mein­sa­mes „Zu­rück­bli­cken und Re­flek­tie­ren“ an und will al­len Gäs­ten „dan­kend den Spie­gel“ rei­chen: „Du bist die re:pu­bli­ca. TEN ist NET.

Bei ober­fläch­li­cher Be­trach­tung er­schliesst es sich viel­leicht nicht di­rekt, aber die Welt — und das Netz ganz be­son­ders — be­steht aus Men­schen, die sich in vie­len ver­schie­de­nen (Fil­ter-) Bla­sen zu­sam­men­bal­len. Nor­ma­ler­wei­se ist der Aus­tausch zwi­schen die­sen Bla­sen ein­ge­schränkt, aber ein­mal im Jahr, wenn Re­prä­sen­tan­ten un­zäh­li­ger Bla­sen sich in Ber­lin tref­fen, bil­den sie ei­nen wun­der­ba­ren Schaum­tep­pich, der die Re­pu­bli­ca erst in­ter­es­sant macht.

Die­ser Re­pu­bli­ca-Schaum ist wie das Netz: da ist al­les drin, In­ter­es­san­tes, we­ni­ger In­ter­es­san­tes, Re­le­van­tes und Ir­rele­van­tes, An­ge­neh­mes und Ab­stos­sen­des. Der Witz ist, dass man sich das Rich­ti­ge rau­s­pickt oder bes­ser: ein­fach rein­springt. Oder noch bes­ser: ein­fach auf den Hof stel­len, Bier trin­ken und ab­war­ten was pas­siert. Funk­tio­niert im­mer. Auf der Re­pu­bli­ca, im Netz und im Rest der Welt.


der ar­ti­kel er­scheint par­al­lel (ge­kürzt und re­di­giert) in der ak­tu­el­len-aus­ga­be (09/16) der tip ber­lin, die da­für auch ein ho­no­rar ge­zahlt hat — des­halb ent­hält der ar­ti­kel gross­buch­sta­ben. den (schö­nen) ti­tel hat sich der tip-re­dak­teur erik hei­er aus­ge­dacht.
wie alle mei­ne ar­ti­kel, steht auch die­ser ar­ti­kel un­ter ei­ner cc-li­zenz (CC BY-SA 3.0) und kann da­mit auch von an­de­ren ver­wen­det wer­den.


mein programm für die #rpTEN

felix schwenzel in notiert

ich habe mir aus dem of­fi­zi­el­len pro­gramm die ver­an­stal­tun­gen her­aus­ge­pickt, die ich un­be­dingt an­se­hen möch­te. die ver­an­stal­tun­gen habe ich in ei­nem goog­le-ka­len­der (html-, ics-ver­si­on) ge­legt.


HEATHER ARMSTRONG

The Cou­ra­ge of Com­pas­si­on: Trans­forming Your Ex­pe­ri­ence With Cri­ti­cism

doo­ce lese ich zwar nicht all­zu viel, aber es ge­hört schon seit vie­len jah­ren zu mei­nen lieb­lings­blogs. egal über was sie re­det, ich will das se­hen.

SARAH WILLIAMS

Key­note Sa­rah Wil­liams

auch egal über was sie re­det, ar­chi­tek­tin­nen und städ­te­pla­ne­rin­nen höre ich fast im­mer sehr, sehr ger­ne zu. an­de­rer­seits, eine zei­le text zur key­note, wäre nicht schlecht ge­we­sen. aber wenn die key­note-an­kün­di­gung kei­ne be­schrei­bung ent­hält, ist das ein zei­chen, dass das rp­TEN or­ga­ni­sa­ti­ons­team die­se spea­ke­rin un­be­dingt ha­ben woll­te und so viel­ver­spre­chend fin­det, dass sie sich an kei­ne re­geln hal­ten muss.

MORITZ METZ

Flie­gen­de Com­pu­ter und ihre toll­küh­nen Pi­lo­ten

mo­ritz metz kann ich stun­den­lang zu­hö­ren, aus­ser im ra­dio, wo er ar­bei­tet (weil ich kein ra­dio höre). aber wenn er auf der re­pu­bli­ca spricht, möch­te ich ihn hö­ren, zu­mal er sehr schö­ne vor­trä­ge hält und zeigt.

SASCHA LOBO

The Age of Trotz­dem

er hat ein jahr pau­se ge­macht und ich bin si­cher, dies­mal wer­den wir kein zeu­ge tech­ni­scher pan­nen, son­dern zeu­gen stei­ler the­sen und gu­ter un­ter­hal­tung.

JULIA REDA

En­ding ge­o­blo­cking: This con­tent re­al­ly ought to be available in your coun­try

lang­wei­li­ges the­ma, aber das ist die spe­zia­li­tät von ju­lia reda, lang­wei­li­ge the­men ver­ständ­lich, span­nend und nach­voll­zieh­bar auf­zu­ar­bei­ten. so macht sie das je­den­falls in ih­rem blog. ju­lia reda ist pi­ra­tin und ein gu­ter grund, zur eu­ro­pa­par­la­ments­wahl noch­mal zu er­wä­gen pi­ra­ten zu wäh­len, wenn sie bis da­hin nicht die par­tei ge­wech­selt hat.

JOERG HEIDRICH

Was tun ge­gen den Hass im Netz?
joerg heid­rich ist jus­ti­zi­ar des hei­se-ver­lags und sein vor­trag wird mög­li­cher­wei­se sehr for­mal-ju­ris­tisch, aber wenn das zu schlimm wird, kann ich ja im­mer noch raus­ge­hen und mich auf den hof stel­len.

GUNTER DUECK

Car­go-Kul­te

we­der mit dem ti­tel noch der kurz­the­se kann ich et­was an­fan­gen, aber auch wenn gun­ter dueck je­des jahr über das glei­che re­det (die dumm­heit der men­schen), kann es pas­sie­ren, dass ich hin und wie­der doch in­ter­es­siert zu­hö­re. auch wenn das in den letz­ten zwei jah­ren nicht pas­siert ist.

THORSTEN SCHRÖDER, FRANK RIEGER

Ad-Wars – Aus­flug in die Rea­li­tät der On­line-Wer­bung

das the­ma ist ei­gent­lich durch, aber die­ser satz in der kurz­the­se ver­mag mei­ne neu­gier dann doch (ganz mil­de) zu we­cken: „Wir be­rich­ten aus der Per­spek­ti­ve des tech­nisch sen­si­bi­li­sier­ten Klick­viehs und ha­ben viel­leicht den An­satz ei­ner ver­brau­cher­freund­li­chen Al­ter­na­ti­ve im Ge­päck.“

FRIEDEMANN KARIG

Die pu­ber­tä­re Ge­sell­schaft und das Netz

mit der them­an­wahl zeigt frie­de­mann ka­rig wie­der ein­mal, dass er das gras wach­sen hört und be­han­delt den me­ga­trend, der in den letz­ten neun jah­ren durch die re­pu­bli­ca ge­jagt wur­de: wie ver­än­dert das netz die ge­sell­schaft? aber weil frie­de­mann ka­rig ein be­gna­de­ter vor­trags-vor­be­rei­ter ist, wird das nicht nur un­ter­halt­sam, son­dern auch er­kennt­nis­reich.

PATRICIA CAMMARATA, NICOLAS SEMAK, PHILIP BANSE

Netz-Pu­bli­zis­ten im Ge­sprach

wenn phil­ip ban­se zum ge­spräch lädt, pas­sie­ren oft ma­gi­sche din­ge: man fin­det plötz­lich leu­te, die man vor­her nicht oder kaum kann­te, ganz toll und in­ter­es­sant. phil­ip ban­se kann sehr gut fra­gen stel­len und auf den re­pu­bli­ca-büh­nen ganz be­son­ders.

LAURIE PENNY

Ch­an­ge The Sto­ry, Ch­an­ge The World

ein the­ma, das frie­de­mann ka­rig be­reits vor zwei jah­ren be­han­delt hat, das aber so zen­tral und wich­tig ist, dass man dazu gut und ger­ne 200 vor­trä­ge hal­ten oder se­hen kann: wie ver­än­dern nar­ra­ti­ve die welt?

RUTH DANIEL

Art: What is it good for?

vor­trä­ge über kunst kön­nen ganz schlimm in die hose ge­hen oder su­per-span­nend sein. ich guck mir die­sen vor­trag an, um da­nach sa­gen zu kön­nen, ob die­ser vor­trag in die hose ging oder su­per-span­nend war.

SASCHA STOLTENOW, MIRIAM SEYFFARTH, THOMAS WIEGOLD

Ter­ror Ernst neh­men, Ter­ro­ris­ten aus­la­chen

su­per the­ma, gu­ter vor­trags­ti­tel, tol­le vor­tra­gen­de, die mehr­fach ge­zeigt ha­ben, dass sie ihr hand­werk und the­ma be­herr­schen. kann ich mir lei­der nicht an­se­hen, weil ich mir jour­nel­le an­se­hen wer­de, die im glei­chen zeit­raum spricht.

JOURNELLE

Das In­ter­net hat mich dick ge­macht

ich emp­feh­le (und sehe) die­sen vor­trag nicht nur aus ne­po­tis­mus: ich bin der fes­ten über­zeu­gung, die­ser vor­trag wird sehr un­ter­halt­sam und au­gen­öff­nend. aus der vor­trags­be­schrei­bung:

Oft fragte ich mich, woher die gesellschaftliche Obsession mit Diäten, Fitness und Gesundheit kommt. Und ob uns ein schlankerer Körper, eine Entgiftung mit grünen Säften und ein Runtastic-Lauf wirklich zufriedener macht.

Aber um mich herum wurde diätet, gesportelt und selbstoptimiert. Meine Zweifel mussten falsch sein, es können sich ja nicht alle irren.

Dann stieß ich im Internet auf Menschen, die wie ich hinterfragten, warum eine sehr eng definiere Körpermasse als erstrebenswert und ideal festgelegt wurde. Und die versuchen - häufig begleitet von wüsten Beschimpfungen -, die Mythen um unseren absurden Körper- und Gesundheitskult zu entlarven.

KATHRIN PASSIG

Clash of Cul­tures – Be­we­gun­gen und for­ma­le Or­ga­ni­sa­tio­nen

kath­rin pas­sig schaue ich mir auch an, wenn sie mit meh­re­ren auf der büh­ne steht und wenn das vor­trags­the­ma sich staub­tro­cken an­hört.

RANDALL MUNROE

Thing Ex­plai­ner: Com­pli­ca­ted Stuff in Simp­le Words

ich fürch­te, der vor­trag wird ein biss­chen zur wer­be­ver­an­stal­tung zu rand­all mun­roes neue­rem buch. aber das macht nichts, weil rand­all mun­roe ist gran­di­os, auf sehr vie­len ebe­nen. und ich ver­mu­te, der saal wird noch ei­nen ti­cken vol­ler als bei sa­scha lobo wer­den.

THOMAS FISCHER

Straf­recht, Wahr­heit und Kom­mu­ni­ka­ti­on

ge­le­gent­lich lese ich die ko­lum­ne von tho­mas fi­scher in der zeit und ge­le­gent­lich ge­fällt sie mir auch. ich bin si­cher, der vor­trag wird nicht lang­wei­lig.

ALINA FICHTER, MORGAN WANDELL

In Crea­ti­ve Con­trol: A Con­ver­sa­ti­on with Mor­gan Wan­dell

letz­tes jahr hat ali­na fich­ter reed has­tings von net­flix auf der büh­ne 1 in­ter­viewt. die­ses jahr kommt ama­zons „Head of Dra­ma De­ve­lo­p­ment“ mor­gan wan­dell dran. dürf­te in­ter­es­sant wer­den und will ich auf kei­nen fall ver­pas­sen. ich hof­fe an der büh­ne 5 wirds im zu­schau­er­raum nicht zu eng. ich fürch­te aber doch.

BERNHARD PÖRKSEN

Vi­ral! Die Macht des Sto­rytel­ling

ich mag den pro­fes­so­ra­len ton von pörk­sen nicht, aber was er sagt ist manch­mal nicht dumm, im ge­gen­teil. des­halb wer­de ich mir das die­ses jahr wie­der an­tun.

FRIEDRICH LIECHTENSTEIN

Film and TV Made in Ger­ma­ny – Meet the Teams

ich mag fried­rich liech­ten­stein sehr — und deut­sche fil­me und deut­sches fern­se­hen we­ni­ger. aber an­schau­en kann man sich das ja mal, auch wenn mat­ti­as schweig­hö­fer (und an­de­re) mit auf der büh­ne sit­zen.

ir­gend­wann am ende der re­pu­bli­ca gibt’s auch ein liech­ten­stein-kon­zert. mal schau­en, ob ich so lan­ge aus­har­ren wer­de.

JOHANNES KORTEN

Das Netz ist ein gu­ter Ort, wenn wir es ge­mein­sam dazu ma­chen

die schluss­the­se mei­nes #rp11 vor­trags lau­te­te: zu­kunft ist was wir aus der ge­gen­wart ma­chen. das gilt nicht nur für die zu­kunft, son­dern auch für das wohl­be­fin­den al­ler.

MICHAEL SEEMANN

Netz­in­nen­po­li­tik – Grund­zü­ge ei­ner Po­li­tik der Platt­form­ge­sell­schaft

mi­cha­el see­mann ist ei­ner der bes­ten netz-theo­re­ti­ker die ich ken­ne. ich ken­ne al­ler­dings nicht vie­le netz­theo­re­ti­ker. ich möch­te die­sen vor­trag nicht ver­pas­sen, aber soll­te ich es tun, wer­de ich ihn als vi­deo­auf­zeich­nung oder in der ver­schrift­lich­ten ver­si­on an­se­hen.


peaky blinders s01e03 bis e06 (staffel-fazit)

felix schwenzel in gesehen

gleich in der ers­ten fol­ge hat­te ich das ge­fühl, dass peaky blin­ders sehr nach sons of an­ar­chy schmeckt. tat­säch­lich ist das grund­mo­tiv von peaky blin­ders dem von sons of an­ar­chy ziem­lich ähn­lich. bei­de er­zäh­len die ge­schich­te ei­ner bru­ta­len ver­bre­cher­ban­de aus der pe­spek­ti­ve der gang. das gibt der er­zäh­lung die chan­ce, die cha­rak­te­re der gang-mit­glie­der schön aus­zu­dif­fe­ren­zie­ren. dazu kommt in bei­den se­ri­en die per­spek­ti­ve ei­nes er­mitt­lers, der ver­sucht die ver­bre­cher zu fall zu brin­gen.

das läuft dann zwangs­läu­fig auf ein dau­erpim­melfech­ten kräf­te­mes­sen zwi­schen den an­füh­rern der ver­bre­cher und den er­mitt­lern her­aus. das kräf­te­mes­sen spielt sich nach ei­nem ein­fa­chen sche­ma-f ab: nach ein, zwei of­fe­nen, teil­wei­se bru­ta­len kon­fron­ta­tio­nen, fan­gen die ge­gen­spie­ler an deals zu ma­chen und sich ge­gen­sei­tig aus­zu­ma­nö­vrie­ren. im lau­fe die­ses pro­zes­ses kor­rum­piert sich der er­mitt­ler lang­sam aber ste­tig und alle ge­gen­spie­ler rei­ten sich, trotz ge­le­gent­li­cher tak­ti­scher er­fol­ge, mehr und mehr in die scheis­se.

bei sons of an­ar­chy fand ich das ein paar staf­feln lang äus­serst span­nend, zu­mal die er­mitt­ler von staf­fel zu staf­fel wech­sel­ten und teil­wei­se gran­di­os be­setzt wa­ren. nach ei­ner wei­le wur­de das wie­der­keh­ren­de mus­ter dann aber lang­wei­lig, auch wenn das mo­tiv im­mer leicht va­riert wur­de. von peaky blin­ders hab ich jetzt die ers­te staf­fel ge­se­hen und bin über­haupt nicht ge­lang­weilt, im ge­gen­teil. ei­ner­seits ge­fal­len mir die cha­rak­te­re hier sehr viel bes­ser. die haupt­fi­gur, der peaky-blin­ders-an­füh­rer tho­mas shel­by, ge­spielt von cil­li­an mur­phy, hat ge­gen­über dem et­was stump­fen SAM­CRO-an­füh­rer jax tel­ler (enorm dumpf ge­spielt von char­lie hun­nam) ein paar ent­schei­den­de vor­tei­le: er ist klug, (meis­tens) kon­trol­liert und fä­hig or­dent­lich zu kom­mu­ni­zie­ren. das se­kun­där-mo­tiv von sons of an­ar­chy ist mei­ner mei­nung näm­lich die un­fä­hig­keit der füh­rungs­rie­ge, ent­schei­den­de in­for­ma­tio­nen aus­zu­tau­schen. nicht we­ni­ge der ka­ta­stro­pha­len er­eig­nis­se in sons of an­ar­chy, las­sen sich ge­nau dar­auf zu­rück­füh­ren. bei sons of an­ar­chy war das na­tür­lich we­ni­ger ein mo­tiv, als ein dra­ma­tur­gi­sches mit­tel, um die sto­ry über­haupt in gang zu hal­ten. peaky blin­ders be­kommt die dra­ma­tur­gie aber auch ohne die­se stüt­ze gut hin. über­haupt, ist so­wohl die re­la­tiv ver­schach­tel­te ge­schich­te, als auch die mo­ti­va­ti­on von tho­mas shel­by, viel nach­voll­zieh­ba­rer.

ich bin ja ein gros­ser fan von nach­voll­zieh­bar­keit. wenn haupt­fi­gu­ren aus dra­ma­tur­gi­schen grün­den, schlecht be­grün­de­te, be­scheu­er­te ent­schei­dun­gen tref­fen, sit­ze ich vor dem bild­schirm und schla­ge mir die stirn wund. nicht so bei peaky blin­ders. selbst die amou­rö­sen ele­men­te der se­rie blei­ben nach­voll­zieh­bar, auch wenn sie, wie im­mer, furch­bar kom­pli­ziert an­ge­legt sind.

ich kann über die­se ers­te staf­fel we­nig schlech­tes sa­gen. ne­ben dem gu­ten, aber ir­ri­tie­ren­den, eher in­ad­äqua­ten sound­track, ha­ben mich ei­gent­lich nur die et­was ein­di­men­sio­nal be­spiel­ten ku­lis­sen ge­stört. so­wohl die ne­bel­ma­schi­nen, als auch die fun­ken­sprü­her wur­den viel zu dick auf­ge­tra­gen. aus­ser­dem war ei­ner der haupt­spiel­or­te, die stamm­knei­pe der peaky blin­ders (the gar­ri­son) to­tal über­be­leuch­tet. eher er­freu­lich fand ich, dass das ge­wum­me­re der stahl­pres­sen im hin­ter­grund nie auf­hör­te, auch bei bett­sze­nen lief das ge­wum­me­re ein­fach sub­til wei­ter im hin­ter­grund. schau­spie­le­risch kann ich nichts aus­set­zen, auch nicht am schau­spiel von an­na­bel­le wal­lis, die die zwei­schnei­di­ge grace bur­gess spielt — aus­ser, dass sie, wie der sound­track, hoff­nungs­los aus der zeit ge­fal­len zu sein scheint. sie wirk­te auf mich in je­der sze­ne wie eine zeit­rei­sen­de aus den 90er jah­ren. nichts an ihr fühl­te sich nach den 1920er jah­ren an, in de­nen die se­rie ei­gent­lich spielt.


die ers­te staf­fel hat auf rot­ten to­ma­toes sehr gute wer­tun­gen, die zwei­te noch bes­se­re. hier mei­ne an­mer­kun­gen zur ers­ten und zur zwei­ten fol­ge. se­hen kann man die ers­te staf­fel auf net­flix, die zwei­te lei­der (noch?) nicht. ich habe die letz­ten vier fol­gen bei­na­he am stück ge­se­hen, was im prin­zip ein gu­tes zei­chen sein soll­te. kann aber auch dar­an lie­gen, dass ich am wo­chen­en­de ne sturm­freie bude hat­te. weil ich so we­nig an der se­rie aus­zu­set­zen habe, gebe ich nach ganz leich­tem zö­gern auch die vol­le punkt­zahl.


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felix schwenzel in artikel

ich mag die face­book in­stant ar­tic­les. je­des mal wenn ich in der face­book-app auf ei­nen kli­cke, freue ich mich, dass die app nicht erst rö­delt, son­dern sich der ar­ti­kel in all sei­ner pracht ins sicht­feld ani­miert. vor al­lem aber füh­len sie sich wirk­lich gut an; die hap­tik der in­stant ar­tic­les ist über­ra­gend, wie bil­der la­den und sich ver­grös­sern las­sen, wie re­ak­ti­ons­schnell scrol­len, zoo­men oder das zu­rück­wi­schen sich an­füh­len, wie sich ver­grös­ser­te bil­der oder vi­de­os wie­der schlies­sen las­sen — aus be­nut­zer­sicht fühlt sich das gran­di­os an.

jetzt sind die in­stant ar­tic­les (end­lich) für alle ver­füg­bar, theo­re­tisch zu­min­dest. nach­dem man die ei­ge­ne site mit ei­nem wei­te­ren code­schnip­sel be­an­sprucht („clai­med“) und frei­ge­schal­tet hat, füt­tert man face­book ei­nen leicht mo­di­fi­zier­ten RSS-feed (RSS-link) und face­book lädt die ar­ti­kel. man kann die ar­ti­kel de­bug­gen, tes­ten und wenn man 50 ar­ti­kel feh­ler­frei hat, zur frei­ga­be an face­book schi­cken.

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die frei­ga­be soll in­ner­halb von 24 bis 48 stun­den er­fol­gen. mei­ne 48 stun­den sind zwar erst heu­te abend vor­bei, aber den frei­ga­be­pro­zess konn­te ich in mei­ner zu­griffs­sta­tis­tik be­ob­ach­ten. er er­folg­te we­ni­ge stun­den nach mei­nem an­trag, ir­gend­wer aus ame­ri­ka, griff per ipho­ne auf ca. 30 mei­ner vor­be­rei­te­ten in­stant ar­tic­les zu. seit­dem gab es kei­ne zu­grif­fe mehr. ich in­ter­pre­tie­re das so:

face­book war­tet mit der frei­ga­be der in­stant ar­tic­les für alle noch ein paar tage, um dann, mit ei­nem schwung, alle neu­en in­stant-ar­tic­le-an­bie­ter frei­zu­schal­ten. war­um sonst, soll­te ich fast 30 stun­den nach er­folg­ter prü­fung we­der eine frei­ga­be noch eine bit­te um an­pas­sung be­kom­men ha­ben?

ich habe auch noch kei­ne neu­en in­stant-ar­tic­le-an­bie­ter auf face­book ge­se­hen. bis jetzt kom­men die in­stant ar­tic­les in mei­nen time­lines nach wie vor aus­schliess­lich von gros­sen me­di­en­häu­sern.

was ich aber ei­gent­lich sa­gen woll­te: die in­stant ar­tic­les füh­len sich wirk­lich gut an, hap­tisch, op­tisch und tech­nisch. ich wür­de bald ger­ne mehr da­von auf face­book se­hen — und vor al­lem mei­ne ei­ge­nen. und das wich­tigs­te:

RSS lebt!