kategorie: artikel ×

ich weiss wer du bist

felix schwenzel in gesehen

ich weiss wer du bist ist das nicht-fik­tio­na­le ge­gen­stück zu ma­rio six­tus fern­seh­spiel ope­ra­ti­on na­ked. in die­ser re­por­ta­ge ver­sucht ma­rio six­tus der fra­ge auf den grund zu ge­hen, ob das, was er in sei­nem fern­seh­spiel fik­tio­nal, und teil­wei­se et­was arg zu­ge­spitzt, ge­zeigt hat, auch in der rea­li­ti­ät, bzw. der ge­gen­wart mög­lich ist. die ant­wort lau­tet na­tür­lich ja. ge­sichts­er­ken­nung, aug­men­tier­te wirk­lich­keit und mi­kro-klei­ne, leis­tungs­fä­hi­ge re­chen­ein­hei­ten sind schon lan­ge aus la­bor­sta­di­um her­aus, wer­den aber gröss­ten­teils (noch) aus dem mas­sen­markt her­aus­ge­hal­ten.

ich fand auch hier das for­mat der do­ku­men­ta­ti­on ge­lun­gen. zum bei­spiel stört mich vie­les, was mich bei den meis­ten fern­seh­na­sen in den wahn­sinn treibt, bei ma­rio six­tus über­haupt nicht. er hat näm­lich die sel­te­ne gabe, gleich­zei­tig ernst, als auch iro­nisch durch­tränkt zu wir­ken. ma­rio six­tus selbst ist in sei­ne doku wirk­lich sehr, sehr viel zu se­hen, aber ich muss­te auch mehr­fach sehr la­chen. eine der bes­ten sze­nen fand ich, als ma­rio six­tus dem pro­jekt­lei­ter des goog­le-glass-pro­jekts, se­bas­ti­an th­run, in ei­ner (of­fen­sicht­lich) selbst ge­bas­tel­ten papp­daten­bril­le ge­gen­über tritt — wäh­rend th­run stolz sei­ne goog­le-glass-bril­le trägt. six­tus trägt sei­ne papp­daten­bril­le eben­so stolz und selbst­ver­ständ­lich, wäh­rend die bei­den small­tal­ken.

was mir im fern­seh­film an dif­fe­ren­zie­rung ge­fehlt hat, holt six­tus in sei­ner doku nach. er ist nicht nur sehr viel durch die welt ge­gurkt um die doku zu dre­hen, son­dern hat sich auch sehr gute, teil­wei­se ex­klu­si­ve ge­sprächs­part­ner vor die ka­me­ra ge­holt. man sieht üb­ri­gens auch in die­ser re­por­ta­ge, dass das licht in ka­li­for­ni­en wirk­lich das bes­te licht der welt für bild­auf­nah­men ist.

es gibt wit­zi­ger­wei­se eine par­al­le­le zwi­schen ich weiss wer du bist und dem ak­tu­el­len star-wars-film: ich bin auch bei der vor­füh­rung von ich weiss wer du bist zwei­mal weg­ge­razt. al­ler­dings, ge­nau wie bei star wars, nicht we­gen lan­ge­wei­le, son­dern we­gen mü­dig­keit.


trai­ler und sen­dungs­in­fo bei arte und bei der ARD , bild­quel­le


ope­ra­ti­on na­ked

felix schwenzel in gesehen

ma­rio six­tus, der elek­tri­sche re­por­ter, hat ei­nen film ge­macht. kei­ne re­por­ta­ge, son­dern ei­nen fern­seh­film, un­ter an­de­rem zu­sam­men mit der re­dak­ti­on des klei­nen fern­seh­spiels des ZDF. am mitt­woch abend habe ich mir den film vor­ab an­ge­se­hen, re­gu­lär läuft er 22. fe­bru­ar um kurz vor mit­ter­nacht im ZDF (wei­te­re sen­de­ter­mi­ne).

den film fand ich nicht schlecht, die er­zähl­te ge­schich­te OK und die schau­spie­le­rei ge­ra­de noch er­träg­lich. was ich aber sen­sa­tio­nell fand, wa­ren die er­in­ne­run­gen die der film in mir wach rief. die er­in­ne­rung an die­sen fern­seh­sen­der mit der be­son­de­ren fä­hig­keit, fast al­les was er sen­det, pie­fig er­schei­nen zu las­sen. ich habe seit be­stimmt 10 jah­ren kein re­gu­lä­res ZDF-pro­gramm mehr ge­se­hen, frü­her hin­ge­gen gar nicht mal so sel­ten. der film von ma­rio six­tus war eine er­in­ne­rung dar­an, dass die ent­schei­dung, kaum noch ZDF zu gu­cken, ganz gut war. man sieht in die­sem film wirk­lich viel ZDF. ma­rio six­tus hat lässt mehr oder we­ni­ger den gan­zen film in ge­stell­ten re­por­ta­ge-, nach­rich­ten- oder talk­send­unegn er­zäh­len. das ZDF als er­zäh­ler.

ich hat­te das ge­fühl, dass wirk­lich jede ZDF-sen­dung im film vor­kam (laut pres­se­ma­te­ri­al wa­ren es 15 ZDF-„for­ma­te“): das mor­gen­ma­ga­zin, das heu­te jour­nal, lanz, böh­mer­mann, die heu­te show, pe­ter hah­ne — al­les da­bei ge­we­sen. die­se idee, ei­nen film aus ge­stell­ten sze­nen mit den ori­gi­nal mo­de­ra­to­ren, in ech­ten ku­lis­sen zu dre­hen, muss ein or­ga­ni­sa­to­ri­scher höl­len­ritt ge­we­sen sein. aber gleich­zei­tig ist das auch das ers­te mal, dass ich so et­was so kon­se­quent um­ge­setzt ge­se­hen habe. in all mei­ner ah­nungs­lo­sig­keit bin ich ge­neigt, die ge­burt ei­nes neu­en gen­res aus­ru­fen zu wol­len. apro­pos ru­fen. niels ruf war auch da­bei, al­ler­dings nicht als ech­ter mo­de­ra­tor, son­dern als mo­de­ra­tor ei­ner aus­ge­dach­ten sen­dung.

was ich er­staun­lich fand: wie über­zeu­gend und ma­kel­los die pro­fes­sio­nel­len mo­de­ra­to­ren ihre rol­len spiel­ten, bzw. ma­rio six­tus’ tex­te vor­tru­gen. na­tür­lich fällt in ei­ner so ho­hen do­sie­rung auf, dass die mo­de­ra­to­ren alle eine kunst­spra­che spre­chen, mit ex­tra viel be­to­nung, mo­du­la­ti­on und dra­ma­tik. aber ge­nau­so fällt auf, dass wir uns als zu­schau­er dar­an ge­wöhnt ha­ben und ge­nau die­sen ton­fall von pro­fes­sio­nel­len mo­de­ra­to­ren er­war­ten. als ma­rio six­tus vor vie­len jah­ren als elek­tri­scher re­por­ter an­fing, habe ich mich über sei­nen iro­nisch über­trie­be­ne pe­ter von zahn stimm­la­ge und in­to­na­ti­on köst­lich amü­siert. mitt­ler­wei­le kommt mir die­se art zu spre­chen fast na­tür­lich vor.

je­den­falls ma­chen die mo­de­ra­to­ren in ope­ra­ti­on na­ked das was sie im­mer ma­chen und wir­ken er­staun­lich na­tür­lich und so wie wir sie ken­nen. das na­tür­lich-wir­ken fiel den schau­spie­lern deut­lich schwe­rer. sie re­de­ten alle wie klaus kin­sky in ei­ner talk­show, wenn er ent­spannt wir­ken woll­te. sie im­mi­tie­ren un­si­cher­hei­ten beim for­mu­lie­ren, set­zen nach­denk­pau­sen beim spre­chen, zö­gern manch­mal beim ant­wor­ten — wir­ken da­bei aber fast nie un­ge­küns­telt.

so sehr mir das for­mat des films ge­fiel, hat­te ich an­fangs pro­ble­me mit der ge­schich­te die der film auf­spannt. der film er­zählt im prin­zip die ge­schich­te ei­ner aug­men­ted rea­li­ty da­ten­bril­le und des ge­sell­schaft­li­chen und po­li­ti­schen ge­zer­res um sie. mir war das teil­wei­se zu re­du­ziert, ste­reo­typ und auf eine be­stimm­te art zu un­dif­fe­ren­ziert. mein pro­blem mit der ge­schich­te lös­te sich aber, als mir klar wur­de, dass ma­rio six­tus kei­ne sei­te ein­nimmt. er macht sich in ge­wis­ser wei­se über alle sei­ten der me­dail­le lus­tig, über die glass­ho­les, die post-pri­va­cy-ad­vo­ka­ten, die da­ten­schüt­zer oder die street­view-fas­sa­den­schüt­zer.

ma­rio six­tus hält die ge­schich­te am­bi­va­lent, er löst nicht auf — auch wenn er die er­zäh­lung mehr oder we­ni­ger ver­söh­lich en­den lässt und am ende mit ei­nem ins­zi­na­to­ri­schem ta­schen­spie­ler­trick auf eine me­ta­ebe­ne hebt.

ich gebe vier ster­ne, weil ich den film trotz ei­ni­ger schwä­chen im schau­spie­le­ri­schen und in der um­set­zung für ge­lun­gen hal­te. al­lei­ne um die vie­len, zum teil stark ge­al­ter­ten, ZDF-na­sen in ih­ren fern­seh-ha­bi­ta­ten zu se­hen, hat sich der film schon ge­lohnt. es war auch lus­tig zu se­hen, wie pe­ter hah­ne sich um kopf und kra­gen re­det, ohne dass er merkt, was ei­gent­lich los ist. wo­bei das wahr­schein­lich bei je­der sei­ner sen­dun­gen der fall ist. ich bin aber auch be­fan­gen, weil an dem film sehr vie­len men­schen mit­ge­macht ha­ben, die ich ger­ne mag. ich bin auch ein biss­chen ein ma­rio-six­tus-fan­boy, was ope­ra­ti­on na­ked mög­lich­wei­se ei­nen ex­tra punkt be­schert ha­ben könn­te. ma­rio six­tus hat bei die­sem film üb­ri­gens fast al­les ge­macht, nicht nur das dreh­buch, die pro­duk­ti­on und die re­gie, so­gar die mu­sik stammt von ihm. und na­tür­lich spielt er auch mit — als elek­tri­scher re­por­ter.


im prin­zip ge­hört zu die­sem fern­seh­film auch die do­ku­men­ta­ti­on ich weiss wer du bist, in der er der fra­ge nach­geht, ob das, was er in sei­nem fern­seh­spiel fik­tio­nal zeigt, auch in der rea­li­ti­ät mög­lich ist.


trai­ler , ope­ra­ti­on­na­ked.org , pro­gramm­da­ten


[nach­trag 15.02.2016]
der film ist jetzt in der zdf-me­dia­thek zu se­hen .


[Wer­bung] Dong Xu­an Cen­ter

felix schwenzel in artikel

Seit letz­ter Wo­che gibt’s die GEO Spe­cial Ber­lin im Han­del. Gru­ner + Jahr hat mir ein Heft über­las­sen, um dar­in in­ter­es­san­te Orte zu fin­den, die ich noch nicht ken­ne oder noch nicht als be­su­chen­swert er­kannt habe und dar­über zu schrei­ben. Für die­sen Ar­ti­kel be­kom­me ich ein Ho­no­rar von Geo, des­halb ver­su­che ich auch auf Gross- und Klein­schrei­bung zu ach­ten.

In der GEO Spe­cial habe ich tat­säch­lich ein paar Orte ge­fun­den, die ich noch nicht kann­te und un­be­dingt be­su­chen möch­te. Bei uns um die Ecke, zum Bei­spiel, gibt es die Preu­ßi­sche Spi­ri­tuo­sen Ma­nu­fac­tur (See­stras­se 13, psmber­lin.de), die un­ter an­de­rem Kräu­ter­li­kö­re her­stellt. Sehr ein­la­dend sieht auch das Kaf­fee­haus Grozs in Char­lot­ten­burg aus (Kur­fürs­ten­damm 193/194), wo ich dem­nächst mal ei­nen Kaf­fee trin­ken möch­te.

Ich habe mich aber ent­schie­den das Dong Xuan Cen­ter am Sonn­tag an­zu­se­hen. Laut des Tipps der „Ber­li­ner Krea­ti­ven“ Carl Ja­kob Haupt und Da­vid Kurt Karl Roth (bei­de, laut Bild­un­ter­schrift, 31 Jah­re alt) auf Sei­te 101 der Geo Spe­cial, ist das Dong Xuan Cen­ter ein „Litt­le Ha­noi“, in dem „Viet­na­me­sen al­les von Klei­dung bis zur bes­ten Pho-Sup­pe“ ver­kau­fen. Sonn­tags gehe ich im­mer ger­ne spa­zie­ren, also bin ich aus dem Wed­ding dort­hin ge­lau­fen. Goog­le Maps gibt eine Lauf­zeit von zwei­ein­halb Stun­den an, ge­dau­ert hat es dann aber drei­ein­halb — auch weil ich noch ein paar klei­ne Um­we­ge und Pau­sen ge­macht habe.

Ei­gent­lich woll­te ich mir näm­lich, ob­wohl er Sonn­tags ge­schlos­sen ist, den Show­room Gey­ers­bach an­se­hen (Ko­pen­ha­ge­ner Stras­se 17, gey­ers­bach.com), in dem Ulf Gey­ers­bach Alt­holz zu neu­en Mö­beln tisch­lert und die Er­geb­nis­se dort zeigt. Eine Fehl­be­die­nung mei­nes Na­vi­ga­ti­ons­sys­tems führ­te mich aber auf eine fal­sche Fähr­te, was ich erst an der Schön­hau­ser Al­lee, Ecke Ebers­wal­der Stras­se merk­te.

Das war aber auch OK, weil dort, wie im Heft be­schrie­ben, ein Stras­sen­mu­si­ker stand und mu­si­zier­te, auch wenn es nicht der im Heft por­trai­tier­te Ge­or­die Litt­le war. Ich mag die Ecke aber so oder so, weil dort wirk­lich im­mer sehr viel Le­ben herrscht, weil es an der Ecke gu­ten Kaf­fee gibt (Im­pa­la), ich hier in der Nähe die Bei­fah­re­rin ken­nen­ge­lernt habe (An ei­nem Sonn­tag im Au­gust) und man hier gut weg­kommt.

Wei­ter also durch und dann raus aus dem Prenz­lau­er Berg, die Dan­zi­ger Stras­se ent­lang, de­ren Schau­fens­ter­aus­la­gen et­was we­ni­ger hip, als die im Prenz­lau­er Berg sind.

Vor­bei am Ve­lo­drom, und dann durch Fennpfuhl, eine ziem­lich gros­se Plat­ten­bau­sied­lung aus der DDR-Zeit, durch die ich ei­gent­lich ganz ger­ne lau­fe, auch weil es dort schö­ne Park­an­la­gen und Ge­wäs­ser gibt und die Plat­ten­bau­ten sehr wohn­lich aus­se­hen. Eine Stras­sen­bahn (M8) fährt auch mit­ten durch die Sied­lung, teil­wei­se auf be­grün­ten Glei­sen.

Nach Fennpfuhl wan­delt sich das Stadt­bild in sa­nie­rungs­be­dürf­ti­ges Ge­wer­be­ge­biet. Die­ses Ge­bäu­de ist be­reits auf dem Ge­län­de des Dong Xuan Cen­ter.

Der ei­gent­li­che Ein­gang, bzw. die Ein­fahrt liegt aber noch ein paar hun­dert Me­ter wei­ter.

Das Dong Xuan Cen­ter be­steht aus 6 Markt­hal­len, drei gros­sen und meh­re­ren klei­ne­ren. Die drei grös­se­ren sieht man oben auf dem Bild. Das Cen­ter ist je­den Tag of­fen, aus­ser Diens­tags, da ist Ru­he­tag. In den Hal­len fühlt man sich ein biss­chen wie in Chi­na-Town in New York, sehr vie­le frem­de Ge­rü­che und ir­ri­tie­ren­de Enge. Al­les ist ein biss­chen schä­big, aber auf eine un­hip­pe, sym­pa­thi­sche Art.

In den Hal­len gibt es meh­re­re Le­bens­mit­tel­lä­den, sehr vie­le Fri­seu­re, ei­ni­ge Lä­den mit Aus­stat­tun­gen für Na­gel­stu­di­os, aber auch ein paar Lä­den in de­nen man nicht nur die Aus­stat­tung kau­fen kann, son­dern sich auch gleich die Nä­gel ma­chen las­sen kann. Es gibt auch ei­nen Plas­tik­blu­men-La­den und un­zäh­li­ge Lä­den mit ana­lo­gem Plas­tik­tand oder elek­tri­schem Tand.




An den Ein­gän­gen der Hal­len steht zwar über­all Gross­han­del, aber so­weit ich se­hen konn­te, las­sen sich auch pro­blem­los klei­ne­re Men­gen kau­fen, teil­wei­se, so scheint es mir, recht güns­tig.

Was ich wit­zig fand, wa­ren die Hin­weis­schil­der in den Gän­gen, auf de­nen die Haus­ver­wal­tung ein­dring­lich auf das stren­ge Rauch­ver­bot hin­weist:

Da Ver­wal­tung, Haus­meis­ter und der Si­cher­heits­dienst schon mehr­fach auf das Rauch­ver­bot in den Hal­len­gän­gen hin­ge­wie­sen ha­ben und sich trotz­dem kei­ner dar­an hält, wird mit so­for­ti­ger Wir­kung eine Stra­fe von 50 Euro bei Miss­ach­tung des Rauch­ver­bots ein­ge­zo­gen.

Die Ver­wal­tung, die Haus­meis­ter und der Si­cher­heits­dienst ha­ben das gut be­ob­ach­tet: in den Gän­gen wur­de hem­mungs­los von den Händ­lern ge­quarzt.

In’s Dong Xuan Cen­ter bin ich na­tür­lich auch we­gen des Es­sens ge­gan­gen. In Ber­lin gibt es sehr vie­le sehr gute viet­na­mie­si­sche Re­stau­rants und ich war sehr ge­spannt, ob sich hier et­was bes­se­res fin­den lies­se. Lei­der war die Aus­wahl ziem­lich schwer. Alle Re­stau­rants wa­ren auch noch am Nach­mit­tag gut be­sucht, alle sa­hen eher nach ge­ho­be­ner, un­am­bi­tio­nier­ter Stras­sen­kü­che aus und in den meis­ten wur­de auch be­dient. Ich ent­scheid mich für die ein­fachs­te Wahl, das Viet Phô, das vor­ne in Hal­le 2 liegt, mit Blick auf den Ein­gang und das ei­nen ein­la­den­den Ein­druck mach­te. Die Spei­se­kar­te war un­fass­bar lang und ich ent­scheid mich nach et­was in­ne­rem hin und her für die Num­mer 40, Phở bò áp chảo nước, Reis­band­nu­del­sup­pe mit ge­bra­te­nem Rind­fleisch und viet­na­me­si­schem Ge­mü­se für 7 Euro. Dazu gabs ein köst­li­ches Man­go-Las­si.

Die Sup­pe war OK, hat mich aber nicht um­ge­hau­en. So­wohl die Brü­he, als auch das Fleisch wa­ren sehr aro­ma­tisch, die Pak Choi wa­ren kna­ckig, un­ten schwamm schön viel Knob­lauch und Ing­wer und die Sup­pe hat satt ge­macht. Beim nächs­ten mal pro­bier ich das Re­stau­rant hin­ten rechts in Hal­le 3 aus. Nächs­tes mal neh­me ich dann auch die Bei­fah­re­rin mit, die geht näm­lich auch sehr ger­ne in Ge­wer­be­ge­bie­ten spa­zie­ren.

Dong Xuan GmbH
Herz­berg­str. 128-139
10365 Ber­lin
Täg­lich: 10:00 - 20:00 Uhr - Diens­tag ist Ru­he­tag
(+49) 30 – 55 15 20 38
don­gxu­an-ber­lin.de


star wars — the force awa­kens

felix schwenzel in gesehen

ich hab mir alle star-wars-fil­me an­ge­se­hen, aber das hier ist, nach lan­ger zeit, der ers­te ge­we­sen, bei dem ich mich wie­der gut amü­siert habe. nach all den über­kom­ple­xen fern­seh­se­ri­en mit x par­al­le­len hand­lungs­strän­gen, die ich mir in den letz­ten jah­ren rein­ge­zo­gen habe, war the force awa­kens auch im ver­gleich ent­span­nend un­kom­plex. eine ein­fa­che co­ming of age (oder co­ming of force?) ge­schich­te, mit ei­ner gran­di­os be­setz­ten, kom­ple­xen, star­ken, weib­li­chen haupt­rol­le, bei der ich mich nicht eine mi­nu­te ge­lang­weilt habe. ich bin aber trotz­dem, ge­gen ende des films, zwei­mal kurz weg­ge­ratzt, aber nicht aus lan­ge­wei­le, son­dern aus mü­dig­keit.

ich glau­be über the force awa­kens ist schon so viel, aus so vie­len per­spek­ti­ven ge­schrie­ben wor­den, dass ich jetzt nicht auch noch die drei­hun­der­sechs­tau­sends­te re­zen­si­on ver­fas­sen muss. ein paar mei­ner ein­drü­cke möch­te ich aber doch fest­hal­ten.

ich fin­de die (kei­nes­falls neue) idee sehr reiz­voll, dass es men­schen gibt, die be­stimm­te an­dro­iden oder we­sen ver­ste­hen und an­de­re nicht. das the­ma zog sich durch den gan­zen film und wur­de sehr sorg­fäl­tig auf po­ten­zi­ell ver­wend­ba­re wit­ze ab­ge­klopft. über­haupt fand ich es sehr an­ge­nehm, wie vie­le sub­ti­le wit­ze und an­spie­lun­gen in dem film un­ter­ge­bracht wa­ren. ich habe be­stimmt nicht alle an­spie­lun­gen und gags mit­be­kom­men oder ver­stan­den, aber ein paar doch — und den ei­nen oder end­e­ren mög­li­cher­wei­se so­gar als ein­zi­ger im kino. kann na­tür­lich auch sein, dass der IMAX-sound im­mer ge­nau dann zu laut war, wenn an­de­re mal mit mir mit­ge­lacht ha­ben.

der reich­lich vor­han­de­ne hu­mor, wur­de zwar im­mer wie­der­mal mit beis­sen­dem pa­thos ge­kon­tert, aber auch das war gut aus­zu­hal­ten und nicht so platt wie in den letz­ten fil­men.

ich weiss nicht was mich mehr in den bann ge­zo­gen hat, die gu­ten schau­pie­le­ri­schen leis­tun­gen, oder die wirk­lich run­de in­sze­nie­rung und ge­schich­ten­ent­wick­lung. ich ten­die­re dazu, den gross­teil mei­nes gros­sen ver­gnü­gens beim zu­schau­en j.j. abrams an­zu­las­ten. die schau­spie­ler wa­ren ja ei­gent­lich auch schon in den vor­gän­ger­fil­men durch­weg sehr gut, aber wie sich die ge­schich­te von the force awa­kens ent­wi­ckel­te, fand ich sehr rund und an­ge­nehm — trotz ge­le­gent­li­cher ab­sur­di­tä­ten oder phy­si­ka­li­schem un­sinn.

ich habe star wars im­mer ger­ne ge­se­hen, wür­de mich aber nicht als fan be­zeich­nen. aber ich glau­be ich könn­te mich als j.j.-abrams-fan be­zeich­nen. ich kann mich an nichts er­in­nern, das er als re­gis­seur um­ge­setzt hat, was ich be­son­ders doof ge­fun­den hät­te.

harr­sison ford ist sehr sehr alt ge­wor­den, vor al­lem so aus der nähe be­trach­tet. wir (das kind und ich) wa­ren ja heu­te im IMAX am pots­da­mer platz, mit 3D und in ori­gi­nal­ver­si­on. und bei die­sem IMAX- oder 3D-ge­döns, kommt man den schau­spie­lern schon ganz schön nahe. er­staun­li­cher­wei­se hat mich das 3D-ge­döns die­ses mal auch gar nicht ge­nervt. auch 3D scheint eine kunst­fer­tig­keit zu sein, die eben nicht je­der be­herrscht, bzw. mit der man of­fen­bar jah­re­lang ex­pe­ri­men­tie­ren muss, um zu an­ge­neh­men er­geb­nis­sen zu kom­men. tat­säch­lich wa­ren ei­ni­ge sze­nen so im­mersiv, dass ich mich stel­len­wei­se bei mei­nen vor­der­leu­ten be­schwe­ren woll­te, dass sie sich jetzt doch bit­te wie­der hin­set­zen sol­len, da­bei wa­ren es drei­di­men­sio­n­ele schein­ob­jek­te, die sich in mein sicht­feld scho­ben. ich bil­de mir auch ein, dass ru­hi­ge sze­nen, also sze­nen in de­nen sich die ka­me­ra nicht all­zu viel be­wegt, oft ganz be­son­ders be­ein­dru­ckend sind. oder um­ge­kehrt: zu schnell be­weg­te sze­nen ver­schmie­ren oft oder schei­nen selt­sam ver­wa­ckelt.

in ei­ner sze­ne sieht man den bug ei­nes gi­gan­ti­schen ster­nen­kreu­zers, in ei­ner re­la­tiv lan­gen und sehr ru­hi­gen ein­stel­lung. da­bei fiel mir auf, wel­che de­tail­tie­fe das mo­dell be­sass — und vor al­lem wel­che de­tail­tie­fe aus dem ki­no­ses­sel er­kenn­bar war. sehr schön an­zu­se­hen fand ich auch den ab­spann in 3D; ein gros­ser, wei­ter, ru­hi­ger ster­nen­him­mel, qua­si hin­ter der lein­wand auf­ge­spannt und auf der lein­wand, schein­bar im lee­ren raum, roll­ten die buch­sta­ben nach oben.

der bes­te 3D-ef­fekt war al­ler­dings vor dem film zu se­hen. da stell­te sony die vor­zü­ge der IMAX-tech­nik und des IMAX-ki­nos, in dem wir sas­sen, stolz vor. je­des de­tail wur­de mit sehr vie­len ad­jek­ti­ven er­klärt. zwi­schen­durch wur­de die schall­tech­nik er­klärt und das licht hin­ter der lein­wand an­ge­knipst. dort konn­te man ein gi­gan­ti­sches ge­rüst se­hen, in dem sehr vie­le laut­spre­cher hin­gen. die­ser 3D-ef­fekt funk­tio­nier­te auch gut ohne 3D-bril­le.

ich bin mitt­ler­wei­le kein gros­ser kino-fan mehr, ich gu­cke mir fil­me auch ger­ne auf dem han­dy oder mei­nem 13" re­ti­na-bild­chirm an. nur bei the force awa­kens müss­te ich da­mit wohl bis mit­te april war­ten, bis der film in an­ge­mes­se­ner qua­li­tät ir­gend­wo le­gal er­scheint. des­halb habe ich mich dann doch ent­schie­den ins kino zu ge­hen — und dann auch gleich rich­tig und or­dent­lich. tat­säch­lich kann ich nichts schlech­tes über das IMAX- und 3D-zeug sa­gen. ich bin sehr tief im film ver­sun­ken und fühl­te mich den fi­gu­ren teil­wei­se po­ren­tief nah.

ich gebe dem film 5 ster­ne, die vol­le punkt­zahl, weil ich nichts am film aus­zu­set­zen habe. mei­ne er­war­tun­gen wa­ren nicht be­son­ders hoch: ich woll­te un­ter­hal­ten wer­den und wenn mög­lich in eine an­de­re welt ein­tau­chen, und mich je­den­falls we­der lang­wei­len noch über all­zu­gros­se ab­sur­di­tä­ten är­gern. die­se er­war­tun­gen hat der film voll und ganz er­füllt und teil­wei­se über­trof­fen. selbst der un­ver­meid­li­che cliff­han­ger am ende des films, war wohl tem­pe­riert.


angst schü­ren

felix schwenzel in artikel

sa­scha lobo schreibt auf spie­gel.de über das irr­sin­ni­ge vor­ha­ben, bar­geld­zah­lun­gen über 5000 euro zu ver­bie­ten. er schreibt in die­ser ko­lum­ne, wie im­mer, vie­le rich­ti­ge sa­chen. vor al­lem be­schreibt er (wie­der) eine po­li­ti­sche idee, eine ideo­lo­gie, die glaubt, im­mer mehr über­wa­chung, wür­de zu mehr si­cher­heit und bes­se­re er­kennt­nis­se über be­dro­hungs­la­gen füh­ren. in ei­ner frü­he­ren ko­lum­ne hat er das sehr schön als „ge­fühl­te Ra­tio­na­li­tät“, bzw. als „Schein­ra­tio­na­li­tät“ be­zeich­net.

Wenn also die­se Da­ten of­fen­sicht­lich nicht aus­rei­chen, um ei­nen An­schlag zu ver­hin­dern - wel­che Da­ten um al­les in der Welt hofft man dann per Ge­ne­ral­über­wa­chung zu be­kom­men? Die ra­tio­na­le Her­an­ge­hens­wei­se wäre das Ein­ge­ständ­nis, dass es nicht dar­um geht, neue Da­ten zu be­kom­men, son­dern die längst vor­han­de­nen bes­ser aus­zu­wer­ten. Die schein­ra­tio­na­le Her­an­ge­hens­wei­se aber wird sich durch­set­zen: mehr Über­wa­chung. Mehr Da­ten. Die Ir­ra­tio­na­li­tät da­hin­ter lau­tet: Wir fin­den die Na­del im Heu­hau­fen nicht, also brau­chen wir mehr Heu.

in die­ser ko­lum­ne va­riert er den ge­dan­ken:

Das Ziel der Ab­schaf­fung des Bar­gelds ist die tau­sends­te Va­ri­an­te der Über­zeu­gung, dass man alle Men­schen eng­ma­schig und au­to­ma­ti­siert kon­trol­lie­ren müs­se, um Si­cher­heit ge­währ­leis­ten zu kön­nen. Die­se au­to­ri­tä­re Ideo­lo­gie, Kon­trol­le durch flä­chen­de­cken­de Über­wa­chung, steht hin­ter der Ra­di­ka­li­tät von BND und NSA eben­so wie hin­ter der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung. Es geht um eine ver­stö­ren­de und für eine auf­ge­klär­te, of­fe­ne Ge­sell­schaft un­wür­di­ge Hal­tung. Wer nicht lau­fend aufs Neue be­weist, dass er un­schul­dig ist, muss als ver­däch­tig, also po­ten­zi­ell schul­dig gel­ten.

so­weit so rich­tig und so be­un­ru­hi­gend. denn die­se me­cha­nik, im­mer mehr kon­trol­le, im­mer mehr über­wa­chung, ist nicht nur ei­ner auf­ge­klär­ten, of­fe­nen ge­sell­schaft un­wür­dig, son­dern vor al­lem, nach al­lem was wir wis­sen, mehr oder we­ni­ger nicht der de­mo­kra­ti­schen kon­trol­le un­ter­wor­fen. die ge­wal­ten­tei­lung, die checks and ba­lan­ces, das zen­trals­te ele­ment ei­ner funk­tio­nie­ren­den de­mo­kra­tie, wird durch die wach­sen­den frei­räu­me für ge­heim­diens­te und si­cher­heits­be­hör­den un­ter­wan­dert.

cory doc­to­row hat das in ei­nem sehr lan­gem es­say kürz­lich sehr pas­send be­schrie­ben:

The se­cu­ri­ty ser­vices are a sys­tem with a powerful ac­ce­le­ra­tor and ina­de­qua­te bra­kes. They’ve re­bran­ded “ter­ro­rism” as an exis­ten­ti­al risk to ci­vi­liza­ti­on (ra­ther than a lu­rid type of crime). The War on Ter­ror is a lock that opens all doors. As in­nu­me­ra­ble DEA agents have dis­co­ver­ed, the hint that the drug-run­ner you’re cha­sing may be fun­ding ter­ror is a ta­lis­man that cle­ars away red-tape, checks and ba­lan­ces, and over­sight.

The sto­ry of ter­ro­rism is that it must be stop­ped at all cos­ts, that the­re are no li­mits when it co­mes to the cap­tu­re and pu­nish­ment of ter­ro­rists.

über­wa­chung gilt als all­heil­mit­tel und ge­heim­hal­tung und das fern­hal­ten von de­mo­kra­ti­schen, kon­trol­lie­ren­den pro­zes­sen ist der schutz­man­tel. das wort ter­ro­ris­mus wirkt wie ein zau­ber­spruch, um läs­ti­ge de­mo­kra­ti­sche und rechts­staat­li­che me­cha­nis­men aus­ser kraft zu set­zen. eine wei­te­re schutz- und wachs­tums­schicht, für die frei­räu­me der über­wa­chungs­ap­pa­ra­te, ist na­tür­lich die angst, angst vor an­schlä­gen, angst vor man­geln­der si­cher­heit:

Je­der neue An­schlag und auch jede neue (egal wie fal­sche) Ge­schich­te über die Ter­ror­ge­fahr durch man­geln­de Über­wa­chung sät Angst und macht die Be­völ­ke­rung emp­fäng­li­cher für tech­nik­gläu­bi­ge Heils­ver­spre­chen.

ängs­te stra­te­gisch zu nut­zen, um po­li­ti­sche vor­ha­ben um­zu­set­zen, ist ein klas­si­sches po­pu­lis­ti­sches in­stru­ment. wir kön­nen die­ser stra­te­gie der­zeit in ver­schie­de­nen wahl­kämp­fen, vor un­se­rer haus­tür, aber auch in über­see, qua­si live zu­schau­en. wer die ge­füh­le der be­völ­ke­rung ge­schickt an­spricht, kann sich zu­min­dest ganz or­dent­li­cher um­fra­ge­wer­te si­cher sein. und na­tür­lich sind wir uns alle ei­nig, dass das hin­ter­lis­ti­ge han­tie­ren mit ängs­ten, rea­lis­ti­schen oder ein­ge­bil­de­ten ängs­ten, ei­ner auf­ge­klär­ten, of­fe­nen ge­sell­schaft un­wür­dig ist.

nach neun ab­sät­zen über­legt sich sa­scha lobo dann, das mit den ängs­ten auch mal aus­zu­pro­bie­ren und kommt auf das be­lieb­te to­ta­li­ta­ris­mus-ar­gu­ment:

Was wür­de eine to­ta­li­tä­re Re­gie­rung mit den Geld­da­ten ma­chen?
[…]
[M]it je­der neu­en Tech­no­lo­gie, die neue, ver­hal­tens­be­schrei­ben­de Da­ten­strö­me her­vor­bringt, wird zu­nächst die Mög­lich­keit der ge­sell­schaft­li­chen Kon­trol­le ge­schaf­fen. Im Hin­ter­grund im­mer dro­hend die Fra­ge: Was wür­de eine an die Macht ge­ra­te­ne rechts­po­pu­lis­ti­sche Par­tei mit den Da­ten­strö­men tun, die durch die Über­wa­chung al­ler Geld­flüs­se ent­stün­de?

ich habe mich sehr ge­är­gert, über die­ses stroh­mann-ar­gu­ment. ei­ner­seits weil es mit un­se­ren ängs­ten spielt und auf mich wie aus dem po­pu­lis­mus-bau­kas­ten ge­nom­men wirkt. an­de­rer­seits, weil es so ab­surd ist: wenn wir uns auf die­sem ni­veau ge­dan­ken über die zu­kunft un­se­rer ge­sell­schaft ma­chen, müss­ten wir auch über die ab­schaf­fung der po­li­zei und des mi­li­tärs nach­den­ken?

denn wel­che schlim­men din­ge könn­te eine „to­ta­li­tä­re Re­gie­rung“ mit die­sen in­stru­men­ten um­set­zen? wir müss­ten prä­ven­tiv un­se­re elek­tro­ni­sche in­fra­struk­tur zu­rück­bau­en, und die deut­sche waf­fen­in­dus­trie ab­wra­cken, für den fall der fäl­le, dass plötz­lich to­ta­li­ta­ris­mus oder rechts­po­pu­lis­ten in deutsch­land herrsch­ten.

die ab­sur­di­tät des ge­dan­kens, dass bar­geld ein wich­ti­ges werk­zeug ge­gen to­ta­li­ta­ris­mus sei, wird aber spä­tes­tens klar, wenn man sich vor­stellt, was eine to­ta­li­tä­re re­gie­rung wohl ma­chen wür­de, wenn sie an die macht käme. sie könn­te zum bei­spiel, in ei­nem to­ta­li­tä­ren hand­streich, das ver­blie­be­ne bar­geld ab­schaf­fen. dann hät­ten wir, in un­zäh­li­gen ko­lum­nen und blog­ein­trä­gen, ver­fasst un­ter ei­ner noch nicht to­ta­li­tä­ren re­gie­rung, ganz um­sonst für des­sen bei­be­hal­tung ge­kämpft.

ich bin auch ge­gen die ab­schaf­fung von bar­geld. aber das pro­blem ist nicht das bar­geld, oder die über­wa­chung an sich, son­dern dass die ba­lan­ce des po­li­ti­schen sys­tems aus den fu­gen ge­ra­ten ist; die ge­wal­ten­tei­lung funk­tio­niert nicht mehr und ein ver­fas­sungs­or­gan, die exe­ku­ti­ve, hat ei­nen ap­pa­rat ge­schaf­fen, der ganz of­fen­sicht­lich nicht mehr wirk­sam von den an­de­ren ver­fas­sungs­or­ga­nen kon­trol­liert und ein­ge­schränkt wer­den kann. noch­mal aus der wi­ki­pe­dia über checks and ba­lan­ces:

Checks and Ba­lan­ces ist eine Be­zeich­nung für die ge­gen­sei­ti­ge Kon­trol­le, die Macht­hemm­nis (eng­lisch checks) von Ver­fas­sungs­or­ga­nen ei­nes Staa­tes, zur Her­stel­lung ei­nes dem Er­folg des Gan­zen för­der­li­chen Sys­tems par­ti­el­ler Gleich­ge­wich­te (engl. ba­lan­ces), zu­nächst im We­sent­li­chen, um ei­ner Dik­ta­tur vor­zu­beu­gen.

wir soll­ten nicht den to­ta­li­ta­ris­mus an die wand ma­len, son­dern für or­dent­li­che „Macht­hemm­nis­se“ sor­gen. und vor al­lem soll­ten wir ver­su­chen, den po­pu­lis­mus und die an­geb­lich ein­fa­chen lö­sun­gen, nicht mit po­pu­lis­mus zu be­kämp­fen — son­dern mit va­li­den ar­gu­men­ten. so wie sa­scha lobo das üb­li­cher­wei­se tut. wenn er es un­ter­lässt, schmerzt es mich.


bild­quel­le, ac­tio und re­ac­tio.


[nach­trag 06.02.2016]

sa­scha lobo hat auf face­book ge­ant­wor­tet (auch hier hin syn­di­ziert). lei­der hat er in al­len punk­ten, die er in sei­ner ant­wort er­wähnt, recht. ich hat­te es oh­ne­hin ge­ahnt: so­bald er mir ant­wor­tet, wür­de ich ihm wie­der in al­len punk­ten zu­stim­men müs­sen, ob­wohl ich ihm ger­ne wei­ter wi­der­spre­chen wür­de. da­für müss­te ich aber so viel nach­den­ken und dif­fe­ren­zie­ren, dass ein or­dent­li­cher wi­der­spruch wahr­schein­lich erst zur re­pu­bli­ca fer­tig wäre.


off­side, wed­ding

felix schwenzel

das off­side nennt sich selbst eine „pub & whis­ky bar“ und hat, in der tat, die bes­te whis­ky-aus­wahl, die ich je­mals ir­gend­wo ge­se­hen habe. da ich al­ler­dings noch nicht vie­le whis­ky-bars von in­nen ge­se­hen habe, möch­te ich nicht aus­schlies­sen, dass es an­ders­wo eine noch bes­se­re aus­wahl gibt. wenn man sich je­doch die whis­ky-kar­te an­sieht, ist es schwer vor­stell­bar, dass es ir­gend­wo eine bes­se­re aus­wahl gibt. selbst aus der mitt­ler­wei­le ge­schlos­se­nen caper­do­nich de­stil­lery, von der ich zu weih­nach­ten eine 19jäh­ri­ge fass­ab­fül­lung pro­biert habe, hat das off­side eine rei­che aus­wahl.

ich habe zu­erst den 16 jah­re al­ten lag­avu­lin pro­biert, der, glau­be ich, als ein klas­si­scher, rau­chi­ger is­lay-whis­ky gilt. mein ers­ter ge­dan­ke war: „aha, le­cker u-boot-treib­stoff“ was dar­an lie­gen kann dass es ein­fach der ers­te whis­ky-schluck des ta­ges war, oder weil er tat­säch­lich leich­te spi­ri­tus-no­ten hat. die fol­gen­den schlü­cke zeig­ten dann aber ein sehr aus­ge­gli­che­nes, har­mo­ni­sches ge­schmacks­bild, ohne aus­ge­präg­te ei­ge­ne cha­rak­te­ris­tik. bei is­lay-whis­kys blei­ben mei­ne sym­pa­thien vor­erst wohl bei laphro­aig und bun­na­hab­hain.

den bun­na­hab­hain hat­te ich ja vor ei­ner wei­le in ei­ner ho­tel­bar in der pro­vinz ent­deckt und woll­te im off­side über­prü­fen, ob mei­ne be­geis­te­rung von da­mals be­rech­tigt war. war sie. die kom­ple­xi­tät und die sub­ti­len frucht­no­ten des 18 jäh­ri­gen bun­na­hab­hain ha­ben mich wie­der sehr be­geis­tert.

eben­falls aus er­in­ne­rungs­grün­den nahm ich da­nach ein glas des 10 jäh­ri­gen ta­lis­ker. kein ta­lis­ker sky, kein storm, den ganz nor­ma­len, der den ruf hat, sehr tee­ri­ge no­ten zu ha­ben. der 10 jäh­ri­ge ta­lis­ker war der ers­te whis­ky den ich auf un­se­rer schott­land­rei­se vor 5 mo­na­ten pro­biert hat­te (auf skye). die teer-no­ten sind un­ver­kenn­bar, wir­ken aber erst im ab­gang und ges­tern fand ich sie sehr sub­til und an­ge­nehm. aus den storm- und sky-va­ri­an­ten ist der teer ja ganz gut weg­ge­mixt und auch wenn ich den ta­lis­ker storm für ei­nen gu­ten whis­ky hal­te, wird die nächs­te fla­sche ta­lis­ker de­fi­ni­tiv wie­der ein 10 jäh­ri­ger sein. ob­wohl ich vor dem nächs­ten ta­lis­ker-kauf viel­leicht noch­mal den 18 jäh­ri­gen oder den ta­lis­ker dark storm pro­bie­re.

zum ab­schluss woll­te ich ger­ne den glen mo­ray noch­mal pro­bie­ren, den ich bei un­se­rem be­such dort mal pro­biert hat­te. es gab dort eine be­son­ders stark ge­torf­te spe­zi­al-edi­ti­on, die an­geb­lich auch nur in schott­land ver­trie­ben wür­de. da­mals habe ich nur ei­nen kit­ze­klei­nen schluck da­von pro­biert, weil ich noch fah­ren muss­te, aber er war mir stark in er­in­ne­rung ge­blie­ben. im off­side merk­te die be­die­nung zu recht an, dass die whis­kys aus der ge­gend eher we­ni­ger ge­torft sei­en, bzw. dass sie eben von glen mo­ray kei­ne ge­torf­te va­ri­an­te hät­te (ob­wohl es wohl auch ei­nen klas­si­schen glen mo­ray in pea­ted gibt).

je­den­falls emp­fahl er mir ei­nen ben riach 17 ye­ars sep­ten­de­cim. die ben riach de­stil­le­rie ist auch in der spey­si­de-re­gi­on, wie der glen mo­ray oder der glen­fid­dich, und er schmeck­te mir aus­ser­ge­wöhn­lich gut. er ist sehr hell und nach an­ga­ben der de­stil­le­rie we­der ge­färbt noch kalt­ge­fil­tert. ich hät­te mir den ben riach lie­bend ger­ne im whis­ky-store ge­kauft, auch wenn er dort ziem­lich rot aus­sieht, aber bei ama­zon be­kom­me ich ihn 17 euro güns­ti­ger und ohne die 6 euro ver­sand­kos­ten, die mich der ver­sand der 79,90€-fla­sche bei whis­ky.de kos­ten wür­de. auch wenn mir die you­tube-ver­kos­tun­gen von horst lü­ning im­mer gros­ses ver­gnü­gen be­rei­ten, 23 euro ex­tra sind mir dann doch zu viel.

ich habe beim schrei­ben des ar­ti­kels den fal­schen whis­ky ge­fun­den. der ben­riach sep­ten­de­cim bei whis­ky.de kos­tet tat­säch­lich (ge­ra­de) 5 euro we­ni­ger als bei ama­zon. auch wenn ich et­was mehr für den ver­sand be­zah­le, wer­de ich dann wohl doch mal bei whis­ky.de be­stel­len.

die be­die­nung im off­side hat­te ich eben ja schon­mal kurz am ran­de er­wähnt, sie ver­die­nen aber alle eine be­son­de­re er­wäh­nung. ich war sehr be­ein­druckt von der ef­fi­zi­enz, auf­merk­sam­keit und der kom­pe­tenz der be­die­nun­gen dort. die be­stel­lun­gen wa­ren schnel­ler auf dem ti­schen als das whis­ky-ge­trüb­te auge fol­gen kann, mehr­fa­che platz­wech­sel konn­ten un­se­re be­die­nung nicht mal im an­satz ir­ri­tie­ren und freund­lich wa­ren so­wie­so alle. ich glau­be ich habe am ende 20% trink­geld ge­ge­ben.

im off­side gibt’s auch klei­nig­kei­ten zu es­sen, dar­auf habe ich ges­tern ver­zich­tet, aber der käse, der dort ser­viert wird, hat mich laut auf­la­chen las­sen. wer möch­te, kann im off­side ein stück ca­mem­bert be­kom­men, das so gross ist wie eine vier­tel tor­te. ich habe auch tel­ler ge­se­hen auf de­nen drei gros­se würs­te wa­ren, zwei fleisch­far­be­ne und eine grü­ne, die sich bei nä­he­rer be­trach­tung als gi­gan­ti­sche sau­re gur­ke her­aus­stell­te.

gäs­te im off­side wer­den, wie die whis­kys die ich ger­ne mag, stark ge­räu­chert. ich war glau­be ich seit 20 jah­ren nicht mehr in ei­ner knei­pe in der so kräf­tig ge­raucht wur­de. ein gast paff­te so­gar an ei­ner zi­gar­re. um 20 uhr war der la­den zum bers­ten voll, mit men­schen und mit rauch. das ent­spann­te sich al­les im lau­fe des abends, aber ich kam am abend als räu­cher­männ­chen nach­hau­se.

off­side
jü­li­cher stra­ße 4
13357 ber­lin
off­side­wed­ding.de

{ "@con­text": "http://sche­ma.org", "@type": "Bar­Or­Pub", "@id": "http://off­side­wed­ding.de", "name": "Off­side", "ad­dress": { "@type": "Posta­l­Ad­dress", "street­Ad­dress": "Jü­li­cher Stra­ße 4", "ad­dress­Lo­ca­li­ty": "Ber­lin", "postal­Code": "13357", "ad­dress­Coun­try": "DE" }, "geo": { "@type": "Geo­Coor­di­na­tes", "la­ti­tu­de": 52.5533928, "lon­gi­tu­de": 13.3915441 }, "url": "http://off­side­wed­ding.de", "te­le­pho­ne": "+493060267317", "ope­ning­Hours­Spe­ci­fi­ca­ti­on": [ { "@type": "Ope­ning­Hours­Spe­ci­fi­ca­ti­on", "day­OfWeek": [ "Mon­day", "Fri­day" ], "opens": "17:00", "clo­ses": "24:00" }, { "@type": "Ope­ning­Hours­Spe­ci­fi­ca­ti­on", "day­OfWeek": [ "Sa­tur­day", "Sun­day" ], "opens": "15:00", "clo­ses": "24:00" } ], "menu": "http://off­side­wed­ding.de/kar­te", "ac­cepts­Re­ser­va­tions": "True" }


schulz und böh­mer­mann s01e04

felix schwenzel in gesehen

(mit kat kauf­mann, gheiath hobi, so­phie hun­ger und ni­ko­laus blo­me)

gute sen­dung. habe nichts aus­zu­set­zen, noch nicht mal an jan böh­mer­manns schnäut­zer. der nicht nur schlech­ten ge­schmack zeigt (wie böh­mer­mann selbst sag­te), son­dern, un­ter an­de­rem, weil er böh­mer­mann er­wach­sen aus­se­hen lässt. wie ei­nen be­scheu­er­ten er­wach­se­nen zwar, aber auch das passt, weil er ja nicht be­scheu­ert ist.

das ge­heim­nis der sen­dung war mög­li­cher­wei­se, dass die gan­ze zeit ge­ges­sen wur­de. ich glau­be das hat alle be­tei­lig­ten et­was auf­ge­lo­ckert, zu­min­dest aber die mo­de­ra­to­ren. die bei­fah­re­rin teil­te mir mit, dass die bei­den das auch bei sanft und sorg­fäl­tig ma­chen: „die es­sen die gan­ze zeit!“

die mo­de­ra­to­ren hat­ten in die­ser sen­dung aus­nahms­wei­se kei­ne angst et­was falsch zu ma­chen. das ist des­halb be­mer­kens­wert, weil böh­mer­mann in der zwei­ten sen­dung ab­sicht­lich und platt ver­such­te die gren­zen des gu­ten ge­schmacks zu über­schei­ten und zu pro­vo­zie­ren — und dann in der drit­ten sen­dung vor sa­mu­el koch den schwanz ein­zog, aus angst et­was fal­sches zu sa­gen oder gren­zen des gu­ten ge­schmacks oder hu­mors zu über­schrei­ten.

in die­ser sen­dung war das al­les wie weg­ge­bla­sen. böh­mer­mann war es so­gar egal, dem mus­li­mi­schen gast blut­wurst ans herz zu le­gen, die be­kannt­lich aus schwei­ne­blut (und speck) her­ge­stellt wird.

der mus­li­mi­sche gast, gheiath hobi, der aus sy­ri­en ge­flüch­tet ist und nach 5 mo­na­ten er­staun­lich gut deutsch spricht, war aber so­wie­so nicht aus der ruhe zu brin­gen und feu­er­te zur mit­te sen­dung auch den zweit­bes­ten gag der sen­dung ab, als böh­mer­mann ihn frag­te, ob er schon­mal dro­gen ge­nom­men habe: naja, sag­te er, es gab mal eine zeit, da habe er in der me­di­en­bran­che ge­ar­bei­tet. (der bes­te witz der sen­dung ern­te­te kei­ne la­cher, war aber ein ty­pi­scher, ge­nia­ler schulz. er wol­le, sag­te olli schulz, wenn er ster­be, „urne“ aber ohne ver­bren­nung. soll­ten die mal gu­cken, wie die das hin­be­kom­men.)

das the­ma tod brach­te so­phie hun­ger auf, als sie olli schulz’ fra­ge, ob sie gut mit geld um­ge­hen kön­ne, da­mit kon­ter­te, dass sie jetzt lie­ber über das ster­ben re­den wol­le. die­se ant­wort zeig­te, ab­ge­se­hen da­von dass sie bril­li­ant war, dass so­phie hun­ger in ei­ner an­de­ren welt wohnt, was in der sen­dung aber wie et­was gu­tes er­schien. si­byl­le berg, die ein gros­ser hun­ger-fan zu sein scheint, drück­te das fol­gen­der­mas­sen aus:

So­phie Hun­ger ist Wal­zer für nie­mand. Ge­bro­chen und trau­rig und laut und trau­rig und wahn­sin­nig. Ihr Ver­stand lebt auf ei­nem Pla­ne­ten, auf dem es an­ge­neh­mer ist, ihre Feucht­aus­stat­tung kämpft hier un­ten noch ein biss­chen ge­gen Idio­tie. Frau Hun­ger, de­ren Mut­ter wirk­lich so heißt, wuchs an 229 ver­schie­de­nen Or­ten der Welt auf, de­ren Ein­ge­bo­re­nen­spra­chen sie be­herrscht, sie kom­po­niert, tex­tet, be­herrscht selt­sa­me Ge­rä­te, ist Che­fin und die neue Ge­ne­ra­ti­on von Mu­sik­su­per­he­ros.

(hier sind alle tex­te von si­byl­le berg über die gäs­te zu fin­den)

ni­ko­laus bloh­me fand ich vor der sen­dung, dank mei­ner vor­ur­tei­le, un­sym­pa­thisch, und nach der sen­dung auch. gar nicht mal so sehr we­gen dem was er sag­te, son­dern we­gen dem wie er es sag­te. er wirkt klug, aber eben auch ein biss­chen ober­leh­rer­haft und äus­serst ei­tel. dass er die gan­ze zeit über sich und sei­ne ar­beit­ge­ber re­de­te, war al­ler­dings nicht sei­ne schuld, son­dern die der mo­de­ra­to­ren, vor al­lem böh­mer­mann, die ihn die gan­ze zeit da­nach frag­ten. im­mer­hin wich er we­nig aus und be­zog meist klar stel­lung auch bei un­po­pu­lä­ren po­si­tio­nen. so ver­tei­dig­te er kurz po­li­ti­ker, die er zur gros­sen mehr­heit sehr in­tel­li­gent fän­de, und ste­fan nig­ge­mei­er, von dem man kei­nes­falls sa­gen kön­ne, dass er beim spie­gel ge­schei­tert sei.

mei­ne lieb­lings­si­tua­ti­on in der sen­dung war, als so­phie hun­ger den mo­de­ra­to­ren wie­der das the­men­ru­der aus der hand nahm und gheiath hobi frag­te, was er ge­lernt habe, bzw. wel­chen be­ruf er habe. böh­mer­mann eschauf­fiert sich dar­über künst­lich, weil das the­ma doch schon längst ab­ge­han­delt ge­we­sen sei, wor­auf hin gheiath hobi ein­sprang mit ei­nem coo­len: „jaja, al­les gut. be­ru­hig dich.“ die­ses zu­sam­men­spiel der gäs­te mit den mo­de­ra­to­ren war in die­ser sen­dung wirk­lich be­mer­kens­wert und er­in­ner­te mich bei­na­he dar­an, wie das re­gel­mäs­sig in gra­ham nor­ton’s sen­dung klappt.

wie ge­sagt, ich habe an der sen­dung nichts aus­zu­set­zen. das bes­te zei­chen war, dass die 57 mi­nu­ten sen­de­zeit wie im flu­ge vor­bei­gin­gen, ob­wohl es kei­nen mu­si­ka­li­schen auf­tritt gab, bei dem ich vor­spu­len hät­te kön­nen. die zwei in­ter­es­sier­ten sich aus­nahms­wei­se für alle gäs­te, stell­ten er­staun­lich gute und manch­mal auch spit­ze fra­gen und schaff­ten es, das ge­spräch in gang zu hal­ten.

ab­ge­se­hen da­von wa­ren die idee mit den über­set­zungs-te­le­fon­hö­rern und die idee in der sen­dung ein acht-gän­ge-menü zu ser­vie­ren, ge­ni­al. am ende der sen­dung, in der schluss­be­spre­chung, mein­te olli schulz, dass vie­le leu­te von der sen­dung entäuscht sein wür­den. bei mir ist es das ge­gen­teil: mei­ne er­war­tun­gen wur­den in den letz­ten sen­dun­gen so weit run­ter­ge­schraubt, dass ich von die­ser sen­dung bei­na­he be­geis­tert war.

(in der ZDF-me­dia­thek ge­se­hen)


ho­r­ace and pe­te s01e01

felix schwenzel in gesehen

lou­is c.k. hat ziem­lich über­ra­schend eine sit­com ge­macht und ver­kauft sie on­line auf sei­ner web­sei­te, für 5 dol­lar pro fol­ge. die sit­com wird of­fen­bar re­la­tiv nah am ver­öf­fent­li­chungs­da­tum ge­dreht, un­ter an­de­rem wird auch kurz auf do­nald trump be­zug ge­nom­men — und dass er die re­pu­bli­ka­ni­sche prä­si­dent­schafts­de­bat­te auf fox boy­kot­tie­re. die de­bat­te war letz­te wo­che don­ners­tag, die show dürf­te also letz­te wo­che ge­dreht wor­den sein — und das merkt man ihr auch an. text­schwä­chen, ver­haspler oder mi­kro­fon-an­stup­ser blei­ben ein­fach drin, vie­le dia­lo­ge sind holp­rig. die­se im­per­fek­ti­on stört mich nicht, im ge­gen­teil, das wirkt eher er­fri­schend. ich fand die sen­dung aber trotz­dem scheis­se.

ich mag lou­is c.k. und bin be­ein­druckt, dass er so eine sen­dung (of­fen­bar) selbst pro­du­ziert hat und auf sei­ner web­sei­te ver­treibt — ohne gros­ses stu­dio im rü­cken oder be­währ­te ver­triebs­we­ge. aber lou­is c.k.’s hu­mor ist nicht im­mer mei­ne sa­che (manch­mal aber schon) und die ers­ten 32 mi­nu­ten der sen­dung wa­ren das de­prmie­ren­s­te, was ich seit lan­gem ge­se­hen habe. ich will nicht aus­schlies­sen, dass es men­schen gibt, de­nen es gros­ses ver­gnü­gen be­rei­tet, an­de­ren da­bei zu­zu­se­hen, wie sie ihre neu­ro­sen aus­le­ben oder ihre un­fä­hig­keit zu kom­mu­ni­zie­ren wort­arm un­ter be­weis stel­len. ich ge­hö­re je­den­falls nicht dazu.

ho­r­ace und pete ge­hört eine knei­pe in brook­lyn und ho­r­ace and pete hat mir noch­mal deut­lich vor au­gen ge­führt, war­um ich noch nie ger­ne in knei­pen ge­gan­gen bin: die ge­sprä­che von be­sof­fe­nen sind meist noch nicht­mal be­sof­fen aus­zu­hal­ten. in der ers­ten häf­te der sen­dung war das ganz be­son­ders un­er­träg­lich. ob­wohl sich die knei­pe ziem­lich schnell füll­te, herrsch­te dort eine der­mas­se­ne ruhe, dass man stän­dig das brum­men der be­leuch­tung hör­te. un­ter­hiel­ten sich zwei gäs­te, ei­ner der pe­tes (es gibt pete und un­cle pete) oder ho­r­ace mit ir­gend­wem, schwie­gen alle an­de­ren und fin­gen an leer in die ge­gend zu star­ren.

ich be­kam beim zu­se­hen wirk­lich schlech­te lau­ne: ge­sprä­che, die auf je­der ebe­ne schei­tern, in ab­so­lu­ter stil­le, in ei­ner vol­len knei­pe. das, was man in die­ser sen­dung sieht, kann man auch nicht mehr „schau­spie­len“ nen­nen, das ist schau­de­pri­mie­ren. und schau­flu­chen. ich hat­te kurz den ver­dacht, dass lou­is c.k. die sen­dung vor al­lem des­halb ge­macht hat, da­mit er sei­nen en­keln spä­ter mal er­zäh­len kann, dass in sei­ner sen­dung mal je­mand öf­fent­lich hil­la­ry clin­ton eine fot­ze (cunt) ge­nannt hat und, dass er es noch 2016 ge­schafft habe, eine sen­dung zu ma­chen, in der ein al­ter weis­ser mann mehr­fach das n-wort be­nutzt. wenn man nicht fürs fern­se­hen ar­bei­tet, kann man so­was ma­chen, auch wenn es nur mäs­sig wit­zig ist. an­de­rer­seits, es gibt be­stimmt auch leu­te, die sich dar­über krumm la­chen kön­nen, wenn je­mand an­de­ren leu­ten ins ge­sicht pupst.

nach 32 mi­nu­ten gab es für das pu­bli­kum eine wohl­ver­dien­te pau­se (der ers­te ge­lun­ge­ne gag). ich habe lan­ge über­legt (33 se­kun­den), ob ich mir den zwei­ten teil auch noch an­se­hen soll­te. ich habs dann ge­macht, weil ich dach­te noch schlech­te­re lau­ne wird mir der zwei­te teil schon nicht ma­chen, was aber ein irr­tum war. im­mer­hin ging es schau­spie­le­risch ein biss­chen berg­auf. alan alda fing an die show ei­gen­hän­dig zu tra­gen, ste­ve bus­ce­mi, der sich im ers­ten teil der sen­dung in ei­nen enorm schlech­ten schau­spie­ler ver­wan­delt hat­te, wach­te nach 55 mi­nu­ten auf und liess ein biss­chen was von sei­nem kön­nen durch­blit­zen. auch er­fri­schend: wie im ers­ten teil, spiel­ten nicht nur men­schen mit, die den gän­gi­gen schön­heits­idea­len ent­spre­chen. es spiel­te al­ler­dings nie­mand mit, des­sen teint dunk­ler als der von lou­is c.k. war.

im zwei­ten teil, nach der pau­se, ge­rie­ten die sto­ry und die dia­lo­ge dann auch ein biss­chen in fahrt. das war im­mer noch al­les sehr de­pri­mie­rend und un­lus­tig, aber im­mer­hin wur­den die schwei­gen­den, un­heim­li­chen gäs­te raus­ge­schmis­sen und durch­ge­hend ge­re­det und po­si­tio­nen be­zo­gen, die über knei­pen­ge­schwätz hin­aus­gin­gen.

wie ge­sagt, ich fand die sen­dung sehr un­wit­zig, de­pri­mie­rend und kon­se­quent gräss­lich. aber weil der zwei­te teil et­was an­zog, weil es eine pau­se gab und weil es ei­nen witz gab, über den ich herz­lich la­chen konn­te, gebe ich doch ei­nen punkt mehr als für die the ri­di­cu­lous 6.

was ich wirk­lich wit­zig fand: nach­dem die bei­den vor­mit­tags, so ge­gen vier­tel vor eins, die öff­nung des la­dens vor­be­rei­tet hat­ten (keh­ren, an­ei­nen­der vor­bei­re­den, de­pri­miert gu­cken, stüh­le auf­stel­len), tran­ken ho­r­ace und pete erst­mal ne tas­se kaf­fee vom vor­tag. der kaf­fee auf der wärm­plat­te muss­te vom vor­tag sein, denn die kaf­fee­ma­schi­ne hat­te noch kei­ner der bei­den be­dient. ho­r­ace und pete tran­ken die plör­re, ohne eine mie­ne zu ver­zie­hen.



schulz und böh­mer­mann s01e03

felix schwenzel in gesehen

(mit axel pe­ter­mann, sa­mu­el koch, kat­rin bau­er­feind, dem lan­gen tünn (an­ton claa­ßen), mi­cae­la schä­fer, oli p., wil­li her­ren und nem köl­ner hai)

am an­fang dach­te ich: su­per, end­lich mal so­was wie das be­mü­hen um ge­sprächs­füh­rung, über­gän­ge, kon­zen­tra­ti­on, ein paar ver­su­che nicht nur fra­gen zu stel­len, son­dern auch ant­wor­ten aus­zu­hal­ten. im lau­fe der sen­dung ging das dann aber lei­der wie­der im me­ta­ebe­nen­ge­quat­sche der mo­de­ra­to­ren un­ter. be­son­ders krass fiel das beim um­gang mit sa­mu­el koch auf. be­vor er et­was län­ger zu wort kom­men durf­te, fühl­ten sich olli schulz und jan böh­mer­mann be­müs­sigt, erst mal dar­über zu re­fe­rie­ren, wie schwer es doch für sie sei, sich für ein ge­spräch mit ihm, sa­mu­el koch, „frei zu ma­chen“ und nicht in die „lanz-fal­le“ zu tap­pen.

hi sa­mu­el, schön dass du da bist, lei­der fürch­ten wir, dass wir uns nicht frei ma­chen kön­nen von die­ser „be­trof­fen­heits­ebe­ne“ und ein­fach ein „coo­les ge­spräch“ mit dir füh­ren kön­nen. wir ha­ben da in­tern sehr in­ten­siv drü­ber ge­re­det … — so, jetzt er­zähl du mal was lus­ti­ges!

die­ses me­ta­ebe­nen-ge­döns liegt wie ein schlei­er auf der gan­zen sen­dung — was ei­ner­seits ja auch die qua­li­tät von al­lem was böh­mer­mann und schulz tun aus­macht, aber bei über­do­sie­rung un­er­träg­lich wird.

wirk­lich är­ger­lich fand ich ei­nen spä­te­ren ein­wurf von kat­rin bau­er­feind, in dem sie sa­mu­el koch die schuld für die ver­klemm­te ge­sprächs­füh­rung in die schu­he schie­ben woll­te. sinn­ge­mäss sag­te sie: die be­hin­der­ten, die sie kennt, wür­den auch mal witz­chen über sich selbst ma­chen, um es ih­rem ge­gen­über leich­ter zu ma­chen mit ih­nen um­zu­ge­hen. was für ein blöd­sinn. als kat­rin bau­er­feind ihr fern­seh-prak­ti­kum bei tim mäl­zer mach­te hat der es ihr auch nicht leicht ge­macht, im ge­gen­teil, da stand sie kurz vor ih­rem raus­wurf, weil sie die ihr ge­stell­ten auf­ga­ben nicht ernst nahm und mäl­zer da­von tie­risch ge­nervt war. mit mäl­zers ak­tiv-ag­gres­si­ver art konn­te sie als mo­de­ra­to­rin rich­tig um­ge­hen (in­dem sie sich stär­ker an­streng­te). ei­ner eher pas­siv-ag­gres­si­ven art, meint sie of­fen­sicht­lich, müss­ten nicht etwa die mo­de­ra­to­ren ge­wach­sen sein, son­dern der in­ter­view­te sol­le sich doch bit­te­schön zu­rück­neh­men oder ent­ge­gen­kom­men zei­gen.

was ich üb­ri­gens an kat­rin bau­er­feind ganz gross­ar­tig fin­de: ich kann sie in ei­nem mo­ment to­tal scheis­se fin­den und im nächs­ten mo­ment, oder eher, in der nächs­ten sen­dung, wie­der ganz gross­ar­tig. ob­wohl das even­tu­ell we­ni­ger mit ihr zu tun hat, als mit mei­ner re­zep­ti­on. in die glei­che ka­te­go­rie fällt üb­ri­gens si­byl­le berg. vie­les von dem was sie schreibt, fin­de ich to­ta­len mum­pitz, man­ches fin­de ich aus­ge­zeich­net — und als ich ih­ren text über den ex-zu­häl­ter „de lan­ge tünn“ (an­ton claa­ßen) hör­te, woll­te ich eine ode auf sie und ihre gross­ar­tig­keit ver­fas­sen. aber statt die gross­ar­tig­keit ih­rer klei­nen tex­te über die gäs­te der sen­dung zu be­sin­gen, lass ich si­byl­le bergs wor­te über herrn tünn für sich spre­chen (you­tube-ver­si­on):

Be­vor es den Rap gab, also da­mals™, führ­te der Weg aus dem Elend jun­ge, von der Welt ge­kränk­te Män­ner, ins Rot­licht­mi­lieu. Mit an­de­ren gei­len Ty­pen rau­fen, viel Geld, schnel­le Au­tos, Bo­dy­buil­ding, Gold­ket­ten und die Frau­en hat­ten ih­ren Platz: an der Bar und na­ckig an Klet­ter­stan­gen, als Schlam­pen oder her­zens­gu­te Hu­ren. Heu­te hat Herr Tünn, der sehr drol­lig ei­nen Dia­lekt nach­ahmt, der ver­mut­lich Frie­sisch ist, sich von die­sem Le­ben ver­ab­schie­det, in ei­nen an­de­ren Be­reich, der Män­nern ohne Ei­gen­schaf­ten Hei­mat ist, den Fuß­ball. Viel­leicht als Kom­men­ta­tor, oder Trai­ner, oder, pfft, egal, denn es geht die Le­gen­de, dass Herr Tünn Le­gen­den aus sei­nen Le­bens­ge­schich­ten macht, was wie­der sehr sym­pa­thisch ist — man kann nicht ge­nug lü­gen in die­sem kur­zen Le­ben. Und be­stimmt ist er ein net­ter Kerl, denn nett sind sie ja alle, im Fern­se­hen.

die tex­te von berg sind nicht im­mer auf den punkt, aber im­mer prä­zi­se und aufs we­sent­li­che kon­den­siert. das ist ein sehr schö­ner kon­trast zu den re­la­tiv un­kon­den­sier­ten plau­der­wel­len, die aus den bei­den mo­de­ra­to­ren her­aus­bre­chen.

nett war herr tünn dann zwar nicht, wohl aber ner­vig. aber ner­vig sind sie ja auch ir­gend­wie alle, im fern­se­hen. ob­wohl ei­gent­lich war nicht der herr tünn/claa­ßen ner­vig, son­dern die re­de­zeit, die ihm ge­währt wur­de und die vie­len fra­gen die an ihn ge­rich­tet wur­den. bei de­ren be­ant­wor­tung konn­te er dann sein le­ben, sei­ne zu­häl­te­rei und ge­walt in schöns­ten re­la­ti­vie­ren­dem kölsch weiss­wa­schen. über sei­nen um­gang mit den frau­en, die für ihn an­schaf­fen gin­gen, sag­te er zum bei­spiel sinn­ge­mäss:

je­schla­gen hab isch die fast nie, je­droht fast je­den tag.
wenn se je­lau­fen sind, dann gabs aber ram­bazam­ba! die gehn ja nich weg um ab­zu­hau­en, die ge­hen weg, wenn se nen an­de­ren ty­pen ken­nen­je­lernt ha­ben. die müs­sen dann aber ab­stand be­zah­len!

und zack, bin ix in die schulz-und-böh­mer­mann-fal­le ge­tappt! ich habe dem ty­pen re­de­zeit ge­ge­ben. jetzt ent­zie­he ich ihm das wort und vor al­lem, ich ver­ges­se ihn wie­der.

eine ganz be­son­de­re fä­hig­keit hat­te der kri­mi­na­list axel pe­ter­mann, der ein biss­chen wie wer­ner her­zog re­det und wie bern­hard paul aus­sieht: er schaff­te es mehr­fach in der sen­dung, dass so­wohl olli schulz als auch jan böh­mer­mann sehr ernst guck­ten und län­ger als 30 se­kun­den schwie­gen. aus­ser­dem konn­te axel pe­ter­mann iro­nie, was jan böh­mer­mann völ­lig aus dem kon­zept brach­te und sei­ne iro­nie­de­tek­to­ren de­ak­ti­vier­te. der platz auf dem axel pe­ter­mann sass, vom zu­schau­er aus vor­ne links, ist jetzt schon in der zwei­ten sen­dung in fol­ge der platz, auf dem je­mand sitzt, der län­ger hät­te re­den sol­len. wit­zi­ger­wei­se ist das nicht nur mei­ne an­sicht, son­dern auch das was olli schulz und jan böh­mer­mann in ih­rer nach­be­spre­chung sag­ten.

die nach­be­spre­chung, wenn gäs­te und pu­bli­kum ge­gan­gen sind, wur­de in die­ser sen­dung von la­ris­sa rieß ver­wäs­sert. sie ist im ab­spann als „as­sis­tenz“ ge­lis­tet und sonst of­fen­bar ra­dio­mo­de­ra­to­rin. auch la­ris­sa rieß schloss sich der mo­de­ra­to­ren-pro­tek­ti­on von kat­rin bau­er­feind an, als sie jan böh­mer­mann’s kla­ge, dass sa­mu­el koch ihn auf­lau­fen liess, as­sis­tier­te (sic!) und sag­te: „das ist auch ge­mein, weil er wuss­te, dass du nicht zu­rück­schies­sen kannst.“

im­mer­hin ein gu­tes hat die­se ab­sur­de böh­mer­mann-ver­tei­di­gung: in die­ser sen­dung hat jan böh­mer­mann mehr mit­leid ab­be­kom­men, als sa­mu­el koch.




olli schulz wird üb­ri­gens im­mer bes­ser. er greift böh­mer­mann in schwa­chen mo­men­ten gna­den­los an, kann mit ei­ner win­zi­gen ges­te, ohne wor­te, ohne rum­ge­kas­per gross­ar­ti­ge wit­ze ma­chen (sie­he oben, in der sen­dung bei mi­nu­te 53:39) und er be­zieht deut­lich stel­lung, wenn er es für nö­tig hält. zwei­mal brach­te er sei­ne an­sich­ten über die re­la­ti­vie­rung und my­tho­lo­gi­sie­rung des rot­licht­mi­lieus deut­lich und ohne iro­nie­si­cher­heits­netz zur spra­che.

in der sen­dung gabs üb­ri­gens noch 4 ex­tra-gäs­te (mi­cae­la schä­fer, oli p., wil­li her­ren und nen köl­ner hai). die idee fin­de ich gut, mi­cae­la schä­fer durf­te ei­nen brust-witz ma­chen („ich ver­kau­fe nicht mein ge­sicht in mal­lor­ca, ich ver­kau­fe mei­ne brüs­te!“), aber ich fin­de in der durch­füh­rung soll­te man mehr kon­se­qunz und här­te zei­gen und den er­satz-gäs­ten nur dann mehr als 3 mi­nu­ten ge­ben, wenn ein an­de­rer gast dann auch end­gül­tig ge­hen muss. oder an­ders ge­sagt: statt nach der sen­dung re­spekt­los über die gäs­te her zu zie­hen, lie­ber gleich in der sen­dung hal­tung zei­gen und gäs­te oder mo­de­ra­to­ren, die ner­ven, ein­fach aus­tau­schen.

(in der zdf-me­dia­thek ge­se­hen, .mp4-da­tei und hier noch ein teaser zur sen­dung)


the gra­ham nor­ton show s18e15

felix schwenzel in gesehen

(mit ice cube, ke­vin hart, hugh lau­rie, oli­via col­man, sir da­vid at­ten­bo­rough und elle king)

man ver­gisst ja im­mer wie­der, dass talk-sen­dun­gen, oder wie gra­ham nor­ton das sagt, „chat shows“, im­mer in ers­ter li­nie wer­be­sen­dun­gen sind. wer­be­sen­dun­gen de­ren deal lau­tet, dass stars in die sen­dung kom­men und da­für ih­ren neu­es­ten film, ihr neu­es­tes buch, plat­te, sen­dung oder was auch im­mer sie ge­ra­de ge­macht ha­ben, pro­mo­ten. das war in die­ser sen­dung na­tür­lich nicht an­ders, aber die­ses mal recht an­ge­nehm, weil aus­schliess­lich für sa­chen wer­bung ge­macht wur­de, die mir gut ge­fal­len wür­den. eine ech­te ver­brau­cher­infor­ma­ti­ons­sen­dung so­zu­sa­gen. ha, wäre ver­brau­cher­infor­ma­ti­ons­sen­dung nicht ein gu­ter ein­ge­deutsch­ter name für talk­shows?

[wie kommt das ei­gent­lich, dass wir nach so vie­len jah­ren deut­schen fern­se­hens im­mer noch kei­ne gu­ten, ein­ge­deutsch­ten na­men für talk­show ha­ben? schon klar, dass re­de­sen­dung nicht schön ist. hät­ten die fern­seh­ma­cher in den 50er jah­ren sol­che sen­dun­gen plau­der­schau ge­nannt, hät­ten wir uns viel­leicht an das wort ge­wöhnt, so wie wir uns mitt­ler­wei­le an ta­ges­schau (aka dai­ly show) ge­wöhnt ha­ben.]

oli­via col­man (die eine alte, gol­de­ne quarz­uhr zu tra­gen schien) und hugh lau­rie ka­men, um wer­bung für die BBC mi­ni­se­rie the night ma­na­ger zu ma­chen. das ist die ver­fil­mung ei­nes john le car­ré ro­mans und könn­te al­lein schon we­gen des en­sem­bles se­hens­wert sein. der trai­ler sieht je­den­falls ganz viel­ver­spre­chend und gut pro­du­ziert aus (auch wenn er et­was dick auf­trägt). oli­via col­man und hugh lau­rie sind auf dem sofa ei­ner plau­der­schau aber sehr un­ter­halt­sam und al­les an­de­re als dick auf­tra­gend.

ge­nau wie ice cube und ke­vin hart, die al­ler­dings auf eine ame­ri­ka­ni­sche­re art un­ter­halt­sam sind (lau­ter, sehr viel lau­ter). die bei­den pro­mo­te­ten ih­ren neu­en ride along 2-film (trai­ler), in dem auch ken je­ong mit­spielt, der mir bei der letz­ten jim­my fallon plau­der­schau sehr po­si­tiv auf­fiel. ne­ben­bei sag­te ice cube noch ein paar wor­te über die jüngs­te os­car-dis­kus­si­on, als ihn nor­ton da­nach frag­te, ob er die auch boy­kot­tie­ren wol­le. sinn­ge­mäss sag­te ice cube, dass er nichts boy­kot­tie­ren kön­ne wo er eh nicht hin­ge­he und dass prei­se und aus­zeich­nun­gen zwar nett sei­en, aber man shows und fil­me ja für das pu­bli­kum und nicht für gut­ach­ter ma­che.

was ich nie ver­ste­hen wer­de, ist die auf­tritts­rei­hen­fol­ge und paa­rungs­po­li­tik auf dem sofa von gra­ham nor­ton. mal kom­men zwei gäs­te, die dann ver­schwin­den wenn die nächs­ten zwei kom­men, mal kom­men alle ge­mein­sam aufs sofa. an­de­rer­seits: wozu soll ich et­was ver­ste­hen wol­len, was im­mer aus­neh­mend gut funk­tio­niert? in die­ser sen­dung kam nach 20 mi­nu­ten sir da­vid at­ten­bo­rough dazu. der wird dem­nächst 90 und ist für sei­ne fast 90 jah­re er­staun­lich mo­bil, wit­zig und schlag­fer­tig. und in­ter­es­sant so­wie­so. sol­che men­schen möch­te ich üb­ri­gens viel öf­ter im fern­se­hen se­hen. sie hel­fen ei­nem un­ge­mein, die angst vorm al­tern zu über­win­den.

die mu­si­ka­li­schen auf­trit­te schalt ich bei gra­ham nor­ton ei­gent­lich im­mer weg, bzw. über­sprin­ge sie. die you­tube­ver­si­on der sen­dung er­le­digt das meis­ten gleich für mich mit, weil die uploa­der die mu­sik raus­schnei­den, ver­mut­lich aus angst vor you­tube’s con­tent-id-me­cha­nik, die die mu­sik iden­ti­fi­zie­ren könn­te und die mu­sik­ver­la­ge dann zum lö­schen des vi­de­os in­spi­rie­ren könn­te.

in die­ser sen­dung habe ich aus­ver­se­hen die mu­sik wei­ter­lau­fen las­sen — und mir ge­fiel was ich da hör­te. gra­ham nor­ton ge­fiel das (na­tür­lich, wie im­mer) auch: „i love that song“. das lied (ex’s & oh’s) war von elle king, die ihre plat­te nach ei­nem sex-shop in flo­ri­da be­nannt hat: love­s­tuff.

(hier das of­fi­zi­el­le vi­deo von ex’s and oh’s)

nach ih­rem auf­tritt durf­te elle king auch noch­mal auf dem sofa platz neh­men und kom­pli­men­tier­te gleich ice cube („big fan!“), was des­halb wit­zig war, weil ke­vin hart so tat als sei das kom­pli­ment für ihn ge­dacht. elle king in­spi­rier­te da­vid at­ten­bo­rough dann noch dazu, von ei­ner be­geg­nung mit ei­ner rat­te auf ei­nem in­di­schen klo zu er­zäh­len und, was mich sehr be­ru­hig­te, el­len king ver­stand, wie ich, kein wort der ge­schich­te des kan­di­da­ten auf dem ro­ten schleu­der­stuhl.

(auch auf you­tube)


schulz und böh­mer­mann s01e02

felix schwenzel in gesehen

ich mag es ei­gent­lich ganz ger­ne, wenn sen­dun­gen es­ka­lie­ren und aus der kon­trol­le ge­ra­ten. aber wenn die es­ka­la­ti­on von den mo­de­ra­to­ren aus­geht, die zap­peln, schrei­en, schimp­fen oder dro­hen le­ben­de gold­fi­sche zu pü­rie­ren und sich we­der das pu­bli­kum, noch die gäs­te mit­reis­sen las­sen, dann wirkt das ge­wollt und öde. in die­ser sen­dung hat sich jan böh­mer­mann be­müht, sei­ne pro­vo­ka­tio­nen auf dem ni­veau des sen­dungs­the­mas (kin­der­ge­burts­tag) zu hal­ten. das war sehr scha­de und sehr flach.

dass in der sen­dung nie­mand je­mals zu­en­de spre­chen konn­te, ent­we­der, weil ei­nem der mo­de­ra­to­ren ge­ra­de ein witz ein­fiel, er et­was wich­ti­ges los wer­den woll­te, oder er aus dem off klei­ne an­wei­sungs­zet­tel be­kam, zer­hack­te den fluss der sen­dung un­an­ge­nehm. als ein­zi­gen lies­sen schulz und böh­mer­mann ein­mal paul ron­z­hei­mer au­spre­chen — aber auch nur weil er wei­ner­lich dar­auf be­stand, auch mal was zu­en­de sa­gen zu dür­fen. das was er sag­te, war, wie al­les an­de­re was er sag­te, völ­lig un­in­ter­es­sant und ir­rele­vant.

die meis­te zeit schrien schulz und böh­mer­mann rum oder fie­len von ih­ren stüh­len. so könn­te ich die zwei­te fol­ge der sen­dung ei­gent­lich um­fas­send be­schrei­ben und mit der re­zen­si­on auf­hö­ren. al­ler­dings wa­ren die sa­chen die olli schulz schrie teil­wei­se sehr wit­zig, vor al­lem zum ende der sen­dung hin, als er be­reits gut mit whis­ky ge­la­den war. da ka­men plötz­lich gute fra­gen aus ihm ge­kro­chen und sät­ze wie:

was der in­ter­net­por­no­gra­fie fehlt, sind ty­pen wie ich.

ich möch­te paul ron­z­hei­mer lie­ber in por­nos se­hen, als in kri­sen­ge­bie­ten.

an­sons­ten wür­de ich vor­schla­gen mal til schwei­ger in die sen­dung ein­zu­la­den, weil die bei­den wirk­lich je­den gast, der schon­mal mit ihm ge­ar­bei­tet hat, nach ihm aus­fra­gen. die­ses mal war nora tschirner dran, nach­dem in der letz­ten sen­dung anika de­cker nach schwei­ger aus­ge­fragt wur­de.

egal wie sehr eine sen­dung aus dem ru­der läuft, ei­nes ist für gute un­ter­hal­tung un­er­läss­lich: mo­de­ra­to­ren (oder gäs­te) die hell­wach sind und die auf feins­te zwi­schen­tö­ne oder an­deu­tun­gen der an­de­ren an­we­sen­den re­agie­ren, vor­zugs­wei­se wit­zig oder klug. jan böh­mer­mann war in die­ser sen­dung so sehr mit sei­nen ei­ge­nen pro­ble­men be­schäf­tigt, dass er zwar noch auf die ers­te fra­ge von kat­rin gö­ring-eckardt nach den ko­mi­schen stei­nen auf dem tisch re­agier­te („das sind whis­ky­kühl­stei­ne, die hab ich aus ame­ri­ka mit­ge­bracht“), da­nach aber jede nach­fra­ge, ob sie da­von wel­che in ihr glas ha­ben könn­te, über­hör­te. ein mo­de­ra­tor der sei­ne gäs­te nicht hört, soll­te in der tat, wie oli­ver schulz in der sen­dung mehr­fach vor­schlug, lie­ber tro­cke­ne or­gas­men üben, als zu mo­de­rie­ren. viel­leicht kann das ZDF ei­nen er­satz­mo­de­ra­tor für jan böh­mer­mann be­sor­gen, falls der an be­stimm­ten ta­gen mit kin­der­pfle­ge und pri­va­ten pro­ble­men über­for­dert ist.

nora tschirner er­zähl­te in der sen­dung ir­gend­was über das jour­na­lis­mus crowd­fun­ding­pro­jekt per­spec­ti­ve-dai­ly.de. sie nann­te das, was dort ge­plant ist, mehr­fach „ganz­heit­li­chen jour­na­lis­mus“ und ver­wan­del­te sich von ei­ner sym­pa­thi­schen, wit­zi­gen per­son, kurz­zei­tig in eine flos­kel­aus­wurf­ma­schi­ne, als sie das pro­jekt be­schrieb. j sei dank kommt das wort „ganz­heit­lich“ nicht ein­mal auf per­spec­ti­ve-dai­ly.de vor. ein­zi­ges high­light der sen­dung wa­ren üb­ri­gens ann-mar­le­ne hen­ning (die viel zu we­nig zu wort kam) und kat­rin gö­ring-eckardt, die es schaff­te all die ne­ga­ti­ven kon­no­ta­tio­nen ab­zu­schüt­teln, die ich ihr in ei­ner knapp fünf­jäh­ri­gen vor­ur­teils­auf­bau­pha­se an­ge­hängt habe. sie kam als eine grü­ne, kon­ser­va­ti­ve re­li­gi­ons­tus­si in die sen­dung und ging als sym­pa­thi­sche, schlag­fer­ti­ge und un­eit­le frau hin­aus.

(in der zdf me­dia­thek)


the to­night show star­ring jim­my fallon vom 11. ja­nu­ar 2016

felix schwenzel in gesehen

(mit do­nald trump, ken je­ong und cam)

ich fra­ge mich, war­um ich mir im­mer wie­der sen­dun­gen mit do­nald trump an­se­he. ich glau­be es ist das be­dürf­nis zu ver­ste­hen. zu ver­ste­hen wer das ei­gent­lich ist und was er will und wie er ar­bei­tet. wie er (rhe­to­risch) ar­bei­tet, hat nerd­wri­ter1 kürz­lich auf you­tube ge­zeigt (hier ver­linkt). und, we­nig über­ra­schend, trump hielt sich an sei­ne be­währ­te stra­te­gie:

Trump's ans­wers con­sist main­ly of one-syllable words, and are at a forth gra­de re­a­ding le­vel. He struc­tures his sen­ten­ces with a powerful­ly rhyth­mic ca­dence, and ends them on a strong word.

und: wie­der­ho­lun­gen, wie­der­ho­lun­gen und wie­der­ho­lun­gen. ei­gent­lich re­det er auch nur stuss, aber eben mit ei­nem erns­ten ge­sicht vor­ge­tra­gen und mit ge­le­gent­li­cher, de­fen­si­ver selbst­iro­nie er­gänzt („i’m a very good loo­king guy“).

trump kann man nicht ver­ste­hen, weil er für nichts steht, aus­ser für flos­keln, mit de­nen er ein ein­zi­ges pro­dukt ver­kauft: sich selbst. per­sil wäscht po­ren­tief, trump macht ame­ri­ka wie­der gross und be­deu­tend, col­ga­te schützt ge­gen ka­ri­es. al­les ganz ein­fach.

fas­zi­nie­rend ist die oran­ge haut­far­be von trump. aus sei­nem oran­ge­nen ge­sicht quel­len zwei rein­weis­se au­gen her­aus. ob­wohl: fas­zi­nie­rend ist nicht das richt­ge wort: be­un­ru­hi­gend passt hier bes­ser.

ken je­ong kam tan­zend auf die büh­ne und sprangg dann auch die gan­ze sen­dung wei­ter her­um wie ein quir­li­ger gum­mi­ball. ob­wohl er ziem­lich laut und eben quir­lig war, wirk­te er to­tal ru­hig, so wie er auch tanzt: der ober­kör­per ver­bleibt un­be­wegt, wäh­rend die bei­ne sich un­ten rhyt­misch be­we­gen.

youtube-video laden, info, direktlink


sehr schön auch, dass ken je­ong auch ir­gend­wann be­zug auf trump nahm, ohne ihn di­rekt zu nen­nen:

what makes ame­ri­ca gre­at is di­ver­si­ty.
— ken je­ong

nach­dem jim­my fallon trump im ge­spräch kein ein­zi­ges mal un­ter druck setz­te, wi­der­sprach oder sich über ihn lus­tig mach­te, war das sehr wohl­tu­end.

mu­si­ka­li­scher gast war die cou­try-sän­ge­rin cam. ich mag coun­try-mu­sik ja ge­le­gent­lich, aber mit so ei­ner thea­tra­li­schen, auf­ge­don­ner­ten stim­me wie „cam“ das in die­ser sen­dung vor­führ­te, ist das lei­der auch nichts an­de­res als müll­pop. coun­try soll­te, fin­de ich, mit ge­bro­che­nen stim­men — oder der fieps-stim­me von dol­ly par­ton, vor­ge­tra­gen wer­den. dann geht’s, so nicht.

weil der stan­dup am an­fang so schwach war und fallon trump nicht mal an­satz­wei­se ver­such­te ein­zu­fan­gen nur 2 punk­te.


ka­ba­ret­tis­ti­scher jah­res­rück­blick 2015

felix schwenzel in gesehen

seit 1997 tre­ten bov bjerg, horst evers, man­fred mau­ren­bre­cher, chris­toph jung­mann und han­nes heesch wo­chen­lang auf, um 2 stun­den vor pu­bli­kum auf das ver­gan­ge­ne jahr zu­rück­zu­bli­cken. seit sechs oder sie­ben jah­ren schau­en wir uns das im ja­nu­ar an. nor­ma­ler­wei­se, bzw. das jahr über, habe ich we­nig in­ter­es­se an ka­ba­rett oder ver­an­stal­tun­gen auf de­nen men­schen sin­gen und tan­zen, aber die­se ver­an­stal­tung schaue ich mir je­des jahr aufs neue ger­ne an. auch weil der ab­lauf je­des jahr gleich ist:

chris­toph jung­mann und han­nes heesch plau­dern als an­ge­la mer­kel und franz mün­te­fe­rig, peer stein­brück oder (die­ses jahr) als wolf­gang schäub­le ein biss­chen über das ver­gan­ge­ne jahr, dann gibt es ein­zel­auf­trit­te von bov bjerg und horst evers in de­nen sie meis­tens re­la­tiv wit­zi­ge tex­te vor­tra­gen, ein oder zwei ein­zel­auf­trit­te von man­fred mau­ren­bre­cher, in de­nen er meis­tens re­la­tiv emo­tio­na­le tex­te am kla­vier vor­trägt, min­des­tens ei­nen auf­tritt von han­nes heesch in dem er ei­nen po­li­ti­ker par­odiert und re­la­tiv wit­zig aufs jahr zu­rück­bli­cken lässt und ein, zwei oder gar drei ge­mein­sa­me auf­trit­te, in de­nen ge­sun­gen wird.

wür­de man mich un­ter auf­zäh­lung die­ser ver­an­stal­tungs­vek­to­ren fra­gen, ob ich mir eine sol­che ver­an­stal­tung an­se­hen woll­te, wür­de ich spon­tan im­mer ein­deu­tig nein sa­gen. weil bov bjerg uns aber je­des jahr un­ver­dros­sen und freund­lich zu die­ser ver­an­stal­tung ein­lädt, gehe ich je­des jahr aufs neue mit der bei­fah­re­rin hin, ein paar jah­re lang so­gar in ham­burg. ich habe es nie be­reut und war je­des mal hoch amü­siert und bes­tens un­ter­hal­ten — et­was das ich mir in der theo­rie nie vor­stel­len häte kön­nen.

an­ge­nehm ist ne­ben den rei­zen­den (und lus­ti­gen) dar­stel­lern, vor al­lem die be­re­chen­bar­keit des for­mats. mau­ren­bre­cher er­zählt je­des jahr (am kla­vier) ein wei­te­res ka­pi­tel sei­ner ge­schich­te, bov bjerg trägt je­des jahr eine gut ge­drech­sel­te, an­gen­hem di­stan­zier­te und nie zu kon­kre­te ti­ra­de vor, die auch in sei­nem blog ste­hen könn­te und horst evers plau­dert, ge­nau­so wit­zig wie in sei­nen bü­chern, über sei­nen all­tag und wie er die welt sieht. da­bei tut er im­mer ein biss­chen naiv, nicht nur weil es sei­ne ma­sche ist, son­dern weil es so dop­pel­bö­dig wit­zig und sub­til hin­ter­fot­zig wirkt. die­ses jahr hat er an­ge­nehm ab­surd abs­tra­hie­rend über den ber­li­ner flug­ha­fen ge­plau­dert und, dass er das pu­bli­kum, trotz der ab­ge­nu­delt­heit des the­mas, zu lach­ti­ra­den in­spi­rier­te, ist ein klei­nes kunst­stück.

bovs auf­tritt als ya­nis va­rou­fa­kis war eben­so gran­di­os, vor al­lem we­gen sei­nes phan­ta­sie­grie­chisch und sei­ner per­fek­ten va­rou­fa­kis­fri­sur. die ers­ten paar se­kun­den war ich be­ein­druck von der per­fek­ten mas­ke — ich brauch­te ein paar mi­nu­ten um zu mer­ken, dass bov die haa­re jetzt auch sonst so trägt.

man­fred mau­ren­bre­cher wich die­ses jahr ein biss­chen von sei­ner rou­ti­ne ab und er­zähl­te sei­ne ge­schich­te (qua­si) im du­ett mit hel­mut schmidt. ich mag mau­ren­bre­chers lie­der sehr ger­ne, ob­wohl (auch) das in der theo­rie eher un­wahr­schein­lich ist. aber je­des jahr be­rührt mich mau­ren­bre­cher er­neut auf ir­gend­ei­ner un­ge­schütz­ten emo­tio­na­len ebe­ne — die­ses jahr wa­ren mir sei­ne lie­der aber, glau­be ich, zu kon­kret, um mich emo­tio­nal zu be­rüh­ren. nächs­tes jahr dann wie­der.

wie je­des jahr, war ich von der wand­lungs­fä­hig­keit von han­nes heesch be­ein­druckt, der die­ses jahr, glau­be ich, gleich zwei neue, per­fek­te par­odien spiel­te. ich kann mich bis­her je­den­falls nicht an ihn als schäub­le oder see­ho­fer er­in­nern, die er bei­de auf den punkt imi­tier­te, bzw. auf ihre kern­merk­ma­le run­ter­koch­te. chris­toph jung­manns dar­stel­lung von an­ge­la mer­kel ist üb­ri­gens je­des jahr er­neut tief be­ein­dru­ckend, vor al­lem weil er nichts, wirk­lich nichts tut um sie zu imi­tie­ren. er ist wahr­schein­lich nur er selbst, mit ei­ner pe­rü­cke und ei­nem bun­ten kos­tüm. das meis­te was er dann als an­ge­la mer­kel sagt, wirkt im­pro­vi­siert und vor al­lem, als ob ihm das al­ler­gröss­tes ver­gnü­gen be­rei­ten wür­de. wie die ech­te mer­kel, ist er in die­ser rol­le un­greif­bar, über den din­gen schwe­bend. eine ei­gen­schaft die of­fen­bar op­ti­mal zur mo­de­ra­ti­on oder kanz­ler­schaft qua­li­fi­ziert.

horst evers als xa­vier na­idoo beim jah­res­rück­blick.

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 16.01.2016 00:00)

apro­pos im­pro­vi­sa­ti­on. in der pau­se konn­te das pu­bli­kum wunsch­the­men für ein lied ein­rei­chen, was dazu führ­te, dass es zu ei­ner ur­auf­füh­rung ei­nes lieds über WLAN in der bahn kam, in dem auch die ein­kom­mens­si­tua­ti­on von psy­cho­ana­ly­ti­kern the­ma­ti­siert wur­de. auch das hört sich in der theo­rie al­les an­de­re als un­ter­halt­sam an, war in der pra­xis aber gran­di­os.

ich glau­be so kann man den ka­ba­ret­tis­ti­schen jah­res­rück­blick auch gut zu­sam­men­fas­sen: in der theo­rie eher un­wahr­schein­lich, in der pra­xis aber höchst un­ter­halt­sam und an­ge­nehm. nächs­tes jahr ger­ne wie­der.

(ti­tel­fo­to von da­vid balt­zer, agen­tur ze­nit, rück­bli­cke noch bis zum 17. ja­nu­ar in der ko­mö­die am kur­fürs­ten­damm)


schulz und böh­mer­mann s01e01

felix schwenzel in gesehen

gleich am an­fang es­ka­liert die sen­dung. pam­pi­ge, ag­gres­si­ve ant­wor­ten von gert pos­tel, der sich über doo­fe fra­gen und in­si­nu­ie­run­gen är­gert, die tech­nik streikt bei den ein­spie­lern von si­byl­le bergs bild­los ge­spro­che­nen kurz­por­traits (die er­staun­li­cher­wei­se gar nicht schlecht sind und ein gu­tes mass an be­lei­di­gun­gen und kom­pli­men­ten ent­hal­ten) und jan böh­mer­mann fällt mehr­fach bei­na­he hin­ten vom stuhl, als er sich fallon-mäs­sig über doo­fe witz­chen eu­pho­ri­siert. wenn die sen­dung aus­ser kon­trol­le ge­rät, macht sie am meis­ten spass. und aus­ser kon­trol­le (der bei­den mo­de­ra­to­ren) schien sie durch­ge­hend zu sein. und das ist auch gut so.

al­les was ich an ro­che und böh­mer­mann moch­te ist auch im neu­en schulz und böh­mer­mann vor­han­den. al­les was ich we­ni­ger moch­te fehlt. ich mag das licht, die mu­sik, das büh­nen­bild (so­gar die ka­me­ra­lin­sen­käs­ten sind schwarz fur­niert und stän­dig ab­sicht­lich im ka­me­ra­bild), ich mag die rauch­schwa­den, den whis­ky auf dem tisch, aber vor al­lem mag ich die be­reit­schaft der mo­de­ra­to­ren auch das ei­ge­ne schei­tern zu­zu­las­sen und im fern­se­hen zu zei­gen.

die che­mie zw­si­chen schulz und böh­mer­mann und ih­ren gäs­ten stimm­te vor­ne und hin­ten nicht. im prin­zip gab es nur ein ein­zi­ges ge­spräch auf au­gen­hö­he, zwi­schen fe­lix „kol­le­gah“ blu­me und oli­ver schulz. alle an­de­ren ge­sprächs­part­ner wa­ren ent­we­der ge­ra­de in an­de­ren sphä­ren (gert pos­tel, jörg ka­chelm­ann) oder in­ter­es­sier­ten die mo­de­ra­to­ren kaum (anika de­cker, die vor al­lem nach til schwei­ger ge­fragt wur­de). aber auch das war ok, weil die wort­wech­sel im­mer noch als stich­wort­ge­ber für witz­chen und spon­ta­ne wort­spiel­chen die­nen konn­te.

war­um jörg ka­chelm­ann in der sen­dung ei­nen schal trug ist ge­nau un­er­klär­lich, wie sein hang al­les min­des­tens sechs­mal zu wie­der­ho­len.
war­um gert pos­tel in eine talk­sen­dung geht, ob­wohl er gar kei­ne lust hat fra­gen zu be­ant­wor­ten ist we­ni­ger ein rät­sel: er er­hofft sich of­fen­bar an­er­ken­nung für sei­ne hoch­stap­ler­leis­tun­gen, die er ge­schickt hin­ter sei­ner ali­bi­mo­ti­va­ti­on ver­steckt, an­geb­lich mit sei­nem hoch­sta­peln die schwach­sin­nig­keit der psych­ia­trie zu ent­lar­ven.
kol­le­gah blu­me hat ma­gi­sche fä­hig­kei­ten, er kann näm­lich sym­pa­thisch und smart wir­ken und zur glei­chen zeit un­sym­pa­thisch und doof. das ist eine sel­te­ne be­ga­bung. kann aber auch sein, dass es sich hier nicht um zau­be­rei han­delt, son­dern um mein pri­va­tes pro­blem mit asi-rap­pern wie ihm. die will ich un­ter kei­nen um­stän­den sym­pa­thisch fin­den, aber im lau­fe ei­ner sol­chen sen­dung, kriecht dann doch plötz­lich sym­pa­thie in mir hoch, die ich gar nicht ha­ben will.

mei­ne lieb­lings­ru­brik bei ro­che und böh­mer­mann hat es auch zu schulz und böh­mer­mann ge­schafft: die gäs­te ge­hen, das pu­bli­kum geht und die bei­den mo­de­ra­to­ren blei­ben und spre­chen noch 2, 3 mi­nu­ten über die sen­dung, kom­men­tie­ren sich selbst kri­tisch oder lei­se lo­bend. das wirk­te schon bei ro­che und böh­mer­mann ei­gen­tüm­lich echt und auf­rich­tig — und jetzt auch zwi­schen schulz und böh­mer­mann.

guck ich mir ger­ne wie­der an.




(zdf-me­dia­thek)


ber­li­ner fisch­markt

felix schwenzel in artikel

heu­te Abend wol­len wir, wie zu je­dem jah­res­wech­sel, ent­spannt zu­hau­se sit­zen und früh ins bett. und su­shi soll ich heu­te abend ma­chen. auch wenn der fri­sche lachs von aldi be­reits ein paar mal in un­ser selbst­ge­mach­tes su­shi ge­wan­dert ist und wir den gut ver­tra­gen ha­ben, woll­ten wir den dies­mal et­was fri­scher kau­fen. die bei­fah­re­rin hat re­cher­chiert wo es in ber­lin gu­ten fisch gibt und ist auf den ber­li­ner fisch­markt ge­kom­men. da sind wir heu­te hin­ge­fah­ren und ha­ben nicht be­son­ders güns­ti­gen fisch ge­kauft und eine ziem­lich güns­ti­ge und gute fisch­sup­pe im bis­tro ge­ges­sen. al­lein we­gen der fisch­sup­pe lohnt sich die fahrt zum ber­li­ner fisch­markt.

fisch­sup­pe im ber­li­ner fisch­markt — ich hat­te schon da­von ge­ges­sen, be­vor ich das foto schoss.

aber auch aus ei­nem an­de­ren grund lohnt die fahrt: we­gen der klo­bu­de des fisch­markts. die ist of­fen­bar noch aus der zeit von vor 1989, also wasch­echt DDR — und riecht auch so. also nicht nur nach fä­ka­li­en, son­dern vor al­lem nach DDR lö­sungs­mit­teln oder plas­te-weich­ma­chern. ein ge­ruch wie ich ihn zu­letzt im kino in­ter­na­tio­nal vor 10 jah­ren ge­ro­chen habe.


the ri­di­cu­lous 6

felix schwenzel in artikel

das ist glau­be ich der schlech­tes­te film, den ich seit 20 jah­ren zu ende ge­se­hen habe. der film wird zu­sam­men­ge­hal­ten von über­dehn­ten ka­cka-, pipi- und pim­mel­wit­zen. ich bin ja ein gros­ser fan von ab­sur­den ge­schich­ten und von fä­kal­hu­mor. aber ge­ra­de fä­kal­hu­mor soll­te ein biss­chen halt ha­ben, oder ein paar ge­gen­ge­wich­te. in the ri­di­cu­lous 6 hän­gen die wit­ze meis­ten ein­fach in der luft oder kom­men aus dem nichts.

der film ist auch nur auf den ers­ten blick ab­surd. in wahr­heit ha­ben die dreh­buch­au­to­ren tim her­li­hy und adam sand­ler ein­fach nur ein paar gen­re­re­geln, wes­tern-ste­reo­ty­pen, ka­cka-, pipi- und anal­hu­mor in eine kis­te ge­wor­fen, wild ge­schüt­telt und die bruch­stü­cke in der kis­te dann ver­filmt.

er­staun­lich ist die teil­wei­se hoch­ka­rä­ti­ge be­set­zung in den ne­ben­rol­len: ein er­staun­lich fri­scher har­vey kei­tel, ein auf­ge­dun­se­ner, zun­gen­ge­lähm­ter nick nol­te und ein lust­los ass-to-mouth-gags run­ter­spie­len­der ste­ve bus­ce­mi.

die ein­zi­ge ver­tei­di­gungs­li­nie die mir für den film ein­fällt wäre iro­nie-trash. das funk­tio­niert aber nicht, weil gags, iro­nie und trash nicht mit faul hin­ge­wor­fe­nen bruch­stü­cken funk­tio­nie­ren, son­dern müh­sam zu­sam­men­ge­puz­zelt und in ei­nen kon­text ge­hängt wer­den müs­sen. der ein­zi­ge kon­text in the ri­di­cu­lous 6 wa­ren blöd­sin­ni­ge wes­tern-kli­schees.

um in die eh­ren­vol­le ka­te­go­rie des trashs ge­ho­ben zu wer­den, fehlt dem film die sorg­falt und ernst­haf­tig­keit, die gu­ten trash aus­macht.

aber im­mer­hin ein gu­tes hat der film. man er­kennt, dass die be­teue­run­gen von net­flix, ih­ren künst­lern, pro­du­zen­ten oder dreh­buch­au­to­ren nicht in ihre ar­beit zu pfu­schen, wahr sind. ein­mal un­ter ver­trag, schei­nen fil­me­ma­cher in der tat ma­chen zu kön­nen, was sie wol­len.

bei rot­ten to­ma­toes hat der film von den kri­ti­ker nur ver­ris­se ge­ern­tet, un­ver­ständ­li­che 33% der zu­schau­er moch­ten den film. zu se­hen ist der film bei net­flix. ich wür­de das aber nie­man­dem emp­feh­len.


war­um ich the lef­to­vers so ger­ne moch­te

felix schwenzel in artikel

da­mon linde­l­of hat zwar das ende von lost ver­kackt, aber mit the lef­to­vers hat er sein meis­ter­stück ab­ge­lie­fert. mir ha­ben die bei­den ers­ten staf­feln sehr, sehr gut ge­fal­len. das lag glau­be ich vor al­lem dar­an, dass die se­rie vor am­bi­gui­tät nur so tropft.

vor­der­grün­dig geht es um ein mys­te­riö­ses er­eig­nis, das zwei pro­zent der welt­be­völ­ke­rung spur­los ver­schwin­den lässt. die ers­te staf­fel spielt drei jah­re nach die­ser „sud­den de­par­tu­re“, die zwei­te im dar­auf fol­gen­den jahr und zeigt, wie die üb­rig­ge­blie­be­nen men­schen (die lef­to­vers), mit ver­lust und der trau­er um­ge­hen. das wür­de an sich schon für ein paar staf­feln gute fern­seh­un­ter­hal­tung rei­chen.

durch die er­zäh­le­ri­sche di­stanz, also die be­schrei­bung ei­nes er­eig­nis­ses, das wir in der rea­li­tät und den me­di­en so noch nicht er­lebt ha­ben, kann die dar­stel­lung der trau­er, der ängs­te und dem um­gang da­mit, viel frei­er und zu­gäng­li­cher er­zählt wer­den, als wenn es sich um eine kon­kre­te, be­kann­te ka­ta­stro­phe han­deln wür­de. so ähn­lich funk­tio­nier­te ja auch star trek (oder von mir aus auch star wars): men­schen in ei­nem völ­lig an­de­ren kon­text dar­stel­len, um ei­nen di­stan­zier­ten, abs­tra­hier­ten blick auf de­ren und un­se­re ge­sell­schaft­li­che si­tua­ti­on zu wer­fen. star trek spielt in der zu­kunft, aber im kern geht es um ras­sis­mus, frem­den­hass, ethik und die su­che nach dem we­sen der mensch­lich­keit.

so ähn­lich funk­tio­nier­te für mich auch the lef­to­vers: eine re­flek­ti­on über das, was uns men­schen aus­macht, wie men­schen mit trau­er um­ge­hen und was mit ei­ner ge­sell­schaft pas­siert, die es nicht schafft mit ver­lus­ten, ängs­ten und trau­er um­zu­ge­hen.

zu­sätz­lich wen­det the lef­to­vers noch ei­nen er­zäh­le­ri­schen trick an, in­dem es mys­tery-ele­men­te in die ge­schich­ten ein­baut und sug­ge­riert, das al­les kön­ne ei­nen grund oder ei­nen sinn ha­ben. die zu­wen­dung zum über­na­tür­li­chen, die­se flucht ins spi­ri­tu­el­le wird in der se­rie mit kon­se­quen­ter am­bi­gui­tät oder am­bi­va­lenz dar­ge­stellt. man weiss nie, sind die men­schen die sich ins spi­ri­tu­el­le flüch­ten nun to­ta­le dep­pen oder wei­se hell­se­her? sind die weis­sa­ger und hei­ler, die an al­len ecken und kan­ten der se­ri­en­ge­sell­schaft auf­tau­chen, schwind­ler oder tat­säch­lich be­gabt? auch wenn die am­bi­gui­tät im lau­fe der zwei­ten staf­fel im­mer we­ni­ger wird und die se­rie zum staf­fel­en­de hin an­deu­tet, dass es in der se­ri­en­rea­li­tät tat­säch­lich das eine oder an­de­re über­na­tür­li­che phä­no­men gibt, kann man die er­eig­nis­se die die se­rie dar­stellt im­mer noch als psy­cho­lo­gi­sche oder phi­lo­so­phi­sche ana­lo­gien ver­ste­hen. man kann the lef­to­vers, wenn man so will, als pro­fa­ni­sier­te, fürs fern­seh­pu­bli­kum auf­be­rei­te­te c.-g.-jung-lehr­stun­de ver­ste­hen.

oder man kann eine ein­fa­che leh­re aus der se­rie zie­hen. in ei­ner der schlüs­sel­sze­ne am staf­fel­en­de un­ter­hal­ten sich zwei der haupt­fi­gu­ren über die jüngs­ten er­eig­nis­se:

john mur­phy: „i don’t un­der­stand what’s hap­pe­ning.“
ke­vin gar­vey: „me neither. [lan­ge pau­se] it’s ok.“

los­las­sen, die er­eig­nis­se ak­zep­tie­ren, wi­der­sprü­che aus­hal­ten, am­bi­gui­täts­to­le­rant le­ben. die wi­der­sprü­che die sich nicht auf­lö­sen las­sen wi­der­sprü­che sein las­sen, das un­er­klär­li­che ak­zep­tie­ren, then it’s ok.


die ganz be­son­de­re stär­ke von the lef­to­vers lag mei­ner mei­nung nach in der in­sze­nie­rung und er­zähl­wei­se. jede fol­ge hat­te mehr oder we­ni­ger das le­ben ei­ner der haupt­per­so­nen im fo­kus, er­zähl­te hin­ter­grün­de und er­eig­nis­se aus der ver­gan­gen­heit. die ein­zel­nen fol­gen wur­den auch nur grob chro­no­lo­gisch er­zählt, die meis­ten fol­gen wa­ren zeit­lich leicht ver­scho­ben und in­ein­an­der ver­keilt, vie­le er­eig­nis­se wur­den im­mer wie­der aus ver­schie­de­nen per­spek­ti­ven er­zählt und be­trach­tet. das führ­te am ende zu ei­nem et­was kla­re­ren bild, aber nie zu ei­nem ab­schluss oder zu ei­ner er­klä­rung der er­eig­nis­se.

wie das al­les über zehn fol­gen in der zwei­ten staf­fel zu­sam­men­ge­baut wur­de, fand ich ex­trem be­ein­dru­ckend. zu­sam­men­ge­hal­ten wur­de al­les von der im­mer wie­der­keh­ren­den me­lo­die von „whe­re is my mind“ von den pi­xies (you­tube-vi­deo).

ich blei­be da­bei, die zwei­te staf­fel lef­to­vers war mit das bes­te, was ich je im fern­se­hen ge­se­hen habe, auch wenn das staf­fel­en­de viel­leicht et­was pa­the­tisch war. aber ge­ra­de die et­was pa­the­ti­sche schluss­sze­ne soll­te na­tür­lich zei­gen: wenn du los­lässt und dei­ne in­ne­ren kon­flik­te löst, pas­sie­ren wun­der­ba­re din­ge.


oem­bed, word­press 4.4 und mein ei­ge­ner end­punkt

felix schwenzel in artikel

ich mag ein­bet­tun­gen ei­gent­lich nicht. auch wenn der ein­bett­code, den zum bei­spiel twit­ter vor­schlägt, gar ncht mal so schlecht ist:

der code ren­dert ein zi­tat (<block­quo­te>) mit ei­ner ur­he­ber­an­ga­be und ei­nem link zum ori­gi­nal. da­mit ist er auch in RSS-feeds les­bar, bzw. ohne ja­va­script. das ja­va­script das an den code un­ten ge­hängt ist, rei­chert das zi­tat mit CSS-sti­len und dem bild an, so dass aus dem hier

Ich be­nut­ze das alte und das neue Twit­ter noch par­al­lel. pic.twit­ter.com/jAKxoZ2x7S

— Ahoi Pol­loi (@ahoi_pol­loi) No­vem­ber 3, 2015

das hier wird:

zwei din­ge ge­fal­len mir an dem of­fi­zi­el­len em­bedcode von twit­ter nicht: die links sind nicht im klar­text, son­dern per t.co-ge­kürzt und even­tu­ell an den tweet ge­häng­te bil­der feh­len. des­halb habe ich mir mei­nen ei­ge­nen ein­bett­code ge­baut, der die­se bei­den nach­tei­le aus­bü­gelt. so sieht eine sol­che ein­bet­tung dann aus:

Ich be­nut­ze das alte und das neue Twit­ter noch par­al­lel. pic.twit­ter.com/jAKxoZ2x7S

Ahoi Pol­loi (@ahoi_pol­loi03.11.2015 18:02

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 01.12.2015 09:25)


der vor­teil des off­zi­el­len twit­ter-em­bedcodes ist na­tür­lich sei­ne ein­fach­heit. das HTML-ge­raf­fel oben muss man in mo­der­nen CMS gar nicht ko­pie­ren und ein­set­zen, in der re­gel reicht es aus, die tweet-URL zu ko­pie­ren und in den CMS-edi­tor ein­zu­set­zen. das CMS holt sich dann bei twit­ter den ein­bett­code und wan­delt die URL selbst um. das funk­tio­niert mit den meis­ten platt­for­men so, in­sta­gram, you­tube, tumb­lr und, seit word­press 4.4, auch mit x-be­lie­bi­gen word­press-blogs.

wenn ich bei­spiels­wei­se die­se url (http://no­tiz­blog.org/2015/12/07/10-jah­re-no­tiz­blog/) in den word­press-4.4-edi­tor ko­pie­re, macht word­press das hier draus:

tech­nisch ist das al­les das glei­che, näm­lich oem­bed. das CMS schaut in ei­ner lis­te oder auf der sei­te selbst nach, ob die site ei­nen oem­bed-end­punkt hat und fragt den dann nach dem ein­bett­code.

me­di­um.com hat sich hier üb­ri­gens eine ex­tra­wurst ge­bra­ten, sie bie­ten ech­te, na­ti­ve em­beds nur für twit­ter an, bzw. be­nutzt für you­tube ei­nen et­was mo­di­fi­zier­ten play­er, der bei ak­ti­vier­ter do-not-track-an­wei­sung im brow­ser erst ei­nen OK-klick be­nö­tigt, be­vor er na­tiv ge­la­den wird.

für alle an­de­ren em­beds be­nutzt me­di­um.com ei­nen ei­ge­nen ein­bett­me­cha­nis­mus, der sich ti­tel, ar­ti­kel­bild und die kurz­be­schrei­bung di­rekt bei der ein­ge­bet­te­ten URL holt. da­mit funk­tio­niert die ein­bet­tung im prin­zip von je­der be­lie­bi­gen web­sei­te.


wie ge­sagt, ich be­nut­ze auf wir­res.net, so gut es geht, ei­ge­ne ein­bett­codes, die man zum bei­spiel auf mei­ner fa­vo­ri­ten­sei­te se­hen kann. das html er­zeu­ge ich mir au­to­ma­tisch oder semi-au­to­ma­tisch, vor al­lem, da­mit ein­bet­tun­gen auch ohne ja­va­script und ohne das la­den von tra­ckern oder scrip­ten der ori­gi­nal­sei­ten funk­tio­nie­ren — und vor al­lem auch im RSS-rea­der an­stän­dig an­ge­zeigt wird. das gilt auch für alle you­tube-vi­de­os, die ich hier ein­bet­te (ähn­lich wie bei me­di­um.com, sie­he oben) und funk­tio­niert ana­log zu oem­bed: ich fra­ge, wie oem­bed, alle mög­li­chen APIs ab, nut­ze aber eben de­ren vor­ge­schla­ge­nen, tra­cker- und script-in­fi­zier­ten ein­ebtt­codes nicht, son­dern selbst­ge­bau­te.

trotz­dem möch­te ich aber beim ein­bett­spiel mit­spie­len, vor al­lem jetzt, wo word­press mit der 4.4-ver­si­on das so ein­fach ge­macht hat ei­ge­ne in­hal­te ein­bett­bar zu ma­chen und be­lie­bi­ge an­de­re in­hal­te (von word­press 4.4-nut­ze­rin­nen) ein­zu­bet­ten.

also hab ich mir ges­tern ei­nen oem­bed-end­punkt selbst ge­schrie­ben (code hier auf git­hub) — auf wir­res.net läuft ja be­kannt­lich kein word­press.

das script funk­tio­niert mit al­len vie­len sites, die mf2-mi­cro­for­ma­te be­nut­zen, in­dem es die sei­te nach mi­cro­for­ma­ten ab­sucht und aus den da­ten eine oem­bed-ant­wort, bzw. ei­nen em­bedcode baut. bei­spie­le:

weil im kopf al­ler wir­res.net-ar­ti­kel die­se zei­le steht, kön­nen oem­bed-fä­hi­ge cli­ents (CMS) den oem­bed-end­punkt selbst fin­den:

da­mit klappt dann im prin­zip auch das ein­bet­ten von wir­res.net-ar­ti­keln in word­press ≥ 4.4





word­press traut x-be­lie­bi­gen blogs al­ler­dings nicht über den weg. nur oem­bed-an­bie­ter die in der word­press-ei­ge­nen weis­sen-lis­te ste­hen, dür­fen if­rames nut­zen die auch links aus­ser­halb ih­rer selbst öff­nen dür­fen. word­press sand­bo­xed aus si­cher­heits­grün­den if­rames von al­len oem­bed-an­bie­tern, die nicht in der lis­te sind. da­mit, wuss­te ich vor­her auch nicht, sind vie­le fea­tures wie po­pups oder ein­fa­che links ins ak­tu­el­le, obe­re fens­ter („_top“) nicht mehr mög­lich. word­press um­geht das, in­dem es if­rames mit ei­nem „se­cret“, also pass­wort ver­sieht und wenn der if­rame die­ses se­cret aus­le­sen kann, kön­nen sich der if­rame und die ein­bet­ten­de sei­te nach­rich­ten schi­cken. so kann dann via ja­va­script wie­der auf links in den ein­ge­bet­te­ten if­rames ge­klickt wer­den. al­ler­dings mit der ein­schrän­kung, dass nur auf die do­main auf der der if­rame liegt ge­linkt wer­den darf. des­halb habe ich in mei­nen if­rame ja­va­script-code aus dem word­press-core ko­piert, der die­se kom­mu­ni­ka­ti­on mit der ein­bet­ten­den sei­te über­nimmt und den ge­san­box­ten em­bed erst klick­bar macht.

hört sich kom­pli­ziert an und is­ses auch. im prin­zip könn­te jede web­site (mit mi­cro­for­ma­ten) mei­nen oem­bed-end­punkt be­nut­zen und sich von ihm em­beds und if­rames mit ei­nem teaser er­zeu­gen las­sen, aber die­se wä­ren dann (in word­press) nicht klick­bar, weil der word­press-code dar­auf be­steht, dass if­rame-quel­le und link-ziel auf der glei­chen do­main lie­gen. wer also kein word­press hat und mei­nen oem­bed-end­punkt be­nut­zen will, muss ihn sich also auf der ei­ge­nen site in­stal­lie­ren.

das aus­es­hen der em­beds ori­en­tiert sich (of­fen­sicht­lich) an den twit­ter-cards, die twit­ter ge­le­gent­lich un­ter tweets an­zeigt, um eine vor­schau auf ei­nen link zu vi­sua­li­sie­ren. das HTML und CSS ist gröss­ten­teils von twit­ter aus­ge­lie­hen, bis mir eine bes­se­re lö­sung ein­fällt.

der code ist al­les an­de­re als ele­gant und ist stark ver­bes­se­rungs­wür­dig. es soll aber auch nicht mehr als ein ers­ter ver­such, eine klei­ne stu­die sein.


grif­fel­kunst

felix schwenzel in artikel

heu­te muss­ten konn­ten wir wie­der zur grif­fel­kunst-ab­ho­lung und aus­su­chung. ich ent­scheid mich wie­der dort­hin zu lau­fen, die bei­fah­rein woll­te per bahn nach­kom­men. ich bin dann vom na­tur­kun­de­mu­se­um durch mit­te zur s-bahn frank­fur­ter al­lee ge­lau­fen. das wet­ter war eher trü­be, aber fast früh­lings­haft warm. aus­ser am alex, da zogs ein biss­chen.

ge­gen­über des es­ca­dos am alex­an­der­platz wur­de ein platte­bau so gräss­lich re­no­viert, dass die plat­te jetzt aus­sieht wie ein mehr­fa­mi­li­en­haus in ei­nem vor­ort von ober­ur­sel. ich konn­te das nicht fo­to­gra­fie­ren. mich rei­zen da eher die re­al­so­zia­lis­ti­schen bau­sün­den von da­mals™.

alex­an­der­platz

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:09)

eins der ge­bäu­de dort steht kurz vor dem ab­riss. die fens­ter sind schon fast alle raus, bald kommt da si­cher­lich der bag­ger mit den kräf­ti­gen zan­gen.

alex­an­der­platz

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:01)

ein biss­chen wei­ter wird man qua­si auf­ge­for­dert dö­ner zu es­sen. wenn man die öff­nungs­zei­ten ken­nen wür­de.

iss dö­ner!

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:11)

das kino in­ter­na­tio­nal be­schäf­tigt tat­säch­lich noch ei­nen pla­kat­ma­ler. auf der front­fas­sa­de durf­te der ein film­pla­kat gross auf­zie­hen. ich mag den bau ja sehr ger­ne, auch weil man ihm von aus­sen an­sieht, wel­chem zweck er dient. als ich vor vie­len jah­ren ein­mal dort ei­nen film sah, war ich sehr be­zau­bert vom al­ten DDR-kleb­stoff-ge­ruch, den ich aufs in­nigs­te mit mei­ner kind­heit ver­bin­de, in der wir öf­ter un­se­re ost-ver­wandt­schaft be­sucht ha­ben. in de­ren haus roch es auch im­mer nach die­sem wahr­schein­lich nicht be­son­ders ge­sun­den che­mie-cock­tail. ich gehe aber da­von aus, dass der ge­ruch mitt­ler­wei­le weg­sa­niert wur­de.

kino in­ter­na­tio­nal

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:30)

was mir auch auf­fällt: die spu­ren die po­li­tik über­all in der stadt hin­ter­lässt.

spu­ren der macht: ka­bel­bin­der

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:50)

fürs ab­knip­sen der ka­bel­bin­der reicht nach dem wahl­kampf wahr­schein­lich das geld nicht mehr.

ir­gend­wann bin ich an ei­nem la­den vor­bei­ge­kom­men, in des­sen schau­fens­ter ein fern­se­her hoch­kant stand, auf dem ein bild der gol­den gate bridge zu se­hen war.

gol­den gate bridge

(ur­sprüng­lich ver­öf­fent­licht am 29.11.2015 13:54)

ich war dann ziem­lich pünkt­lich, wie ver­ab­re­det ge­gen 14 uhr an der frank­fur­ter al­lee. da ich bei ap­ple mit der bei­fah­re­rin be­freun­det bin, kann ich mit mei­nem ipho­ne und der freun­de-app ih­ren auf­ent­halts­ort nach­ver­fol­gen. ich war ziem­lich ver­wirrt, als sie mit der sbahn an mir vor­bei­fuhr. also rief ich sie an und bat sie wie­der zu­rück­zu­fah­ren. um vier­tel nach zwei war sie dann auch da.


bei der grif­fel­kunst stan­den heu­te, un­ter an­de­rem, ein paar ar­bei­ten von pe­ter pil­ler zur aus­wahl. wir ha­ben uns ein bild aus der se­rie be­reit­schaft­grad aus­ge­sucht. in der bil­der­ga­le­rie hier bei ca­pi­tan pet­zel kann man es se­hen, das das letz­te bild mit fall­schirm­jä­gern und ei­ner pus­te­blu­men­pio­nie­rin. eine gute wahl, wie wir bei­de fin­den.

zu­rück sind wir dann mit der sbahn ge­fah­ren und im­mer recht­zei­tig um- und aus­ge­stie­gen.


Home, sweet Of­fice

felix schwenzel in artikel

Prä­senz ist re­la­tiv. Ich glau­be, es ist nicht über­trie­ben zu sa­gen, dass sich Prä­senz, wie fast al­les heut­zu­ta­ge, frag­men­ta­ri­siert. Als ich mit 16 Jah­ren mit zwei Freun­den per Mit­fahr­zen­tra­le nach Frank­reich zu ei­nem zwei­wö­chi­gen Cam­ping­ur­laub auf­brach, war mei­ne Prä­senz in Frank­reich na­he­zu un­frag­men­tiert: Ich war für mei­ne El­tern nicht ohne Wei­te­res er­reich­bar. Es gab kei­ne Mo­bil­te­le­fo­ne und ei­gent­lich konn­te nur die schne­cken­lang­sa­me Brief­post oder der eine oder an­de­re Münz­fern­spre­cher mei­ne to­ta­le Frank­reich­prä­senz an­satz­wei­se aus­he­beln.

Wenn man frü­her ver­reis­te, war man wirk­lich weg. Wenn man heu­te mit sei­nem Mo­bil­te­le­fon ver­reist, sind nicht nur die Post­kar­ten via In­sta­gram et al. in­ner­halb von Se­kun­den in der Hei­mat, man ist auch per SMS oder Mes­sen­ger so gut er­reich­bar, dass man ohne Wei­te­res von Mul­ti­prä­senz re­den könn­te; wir kön­nen dank Tech­no­lo­gie gleich­zei­tig an vie­len Or­ten sein.

Man­che se­hen das, was mo­der­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gien uns heu­te er­mög­li­chen, als den Hor­ror der stän­di­gen Er­reich­bar­keit an. Mich ent­spannt es, weil mir die Tech­no­lo­gie – zu­min­dest theo­re­tisch – die Wahl lässt. Ich kann mein Mo­bil­te­le­fon oder mei­nen Lap­top schließ­lich im­mer noch ab­schal­ten.

Schon in den 90ern emp­fand ich mei­ne Nicht­er­reich­bar­keit bei Ab­we­sen­heit von mei­nem Fest­netz­an­schluss als um­ständ­li­ches Grau­en. Ich hat­te zwar, um mei­ne Prä­senz am Fest­netz zu­min­dest an­satz­wei­se zu si­mu­lie­ren, eine Rei­he Work­arounds in­stal­liert, zum Bei­spiel durch den An­schluss ei­nes An­ruf­be­ant­wor­ters mit Fern­ab­fra­ge­funk­ti­on. Ich hät­te da­mals al­les ge­ge­ben (mein La­chen, mei­ne Auf­merk­sam­keit oder un­ge­teil­te Prä­senz), um bes­ser und ent­spann­ter er­reich­bar zu sein und auf den Fern­ab­fra­ge­quatsch in Te­le­fon­zel­len ver­zich­ten zu kön­nen.

Jetzt, fast 30 Jah­re spä­ter, bin ich stän­dig er­reich­bar und freue mich je­den Tag dar­über – auch, weil ich mir si­cher bin, mit den heu­ti­gen Tech­no­lo­gien mei­ne Prä­senz bes­ser und fle­xi­bler ge­stal­ten und kon­trol­lie­ren zu kön­nen als je­mals zu­vor.

Der Witz ist na­tür­lich, dass die­se Prä­senz­tech­no­lo­gien es mir nicht nur er­lau­ben, viel fle­xi­bler und zu­frie­de­ner zu le­ben und zu ar­bei­ten. Sie ha­ben auch ei­nen Preis. Wenn ich an meh­re­ren Or­ten zu­gleich sein kann, muss ich auch mei­ne Auf­merk­sam­keit und mei­ne Kon­zen­tra­ti­on ver­tei­len. Mei­ne Ar­beits­leis­tun­gen sind nicht mehr nur an ei­nem Ort, im Büro, über­wach­bar, son­dern über­all und fast im­mer. Ich fle­xi­bi­li­sie­re nicht nur mei­nen All­tag, ich hal­se mir auch Ver­ant­wor­tung und ver­meint­li­che Pflich­ten für mei­ne Ar­beit auf, die ich frü­her™ be­quem im Büro hät­te zu­rück­las­sen kön­nen. Ich ver­tei­le mei­ne Auf­ga­ben nicht mehr auf eine Acht­-Stun­den-­Pe­ri­ode, son­dern auf mei­nen ge­sam­ten All­tag. Plötz­lich ar­bei­te ich auch am Wo­chen­en­de – weil es geht.

Tech­no­lo­gie bringt uns un­ge­ahn­te Fä­hig­kei­ten, Be­quem­lich­keit und Fle­xi­bi­li­tät – aber ne­ben die­sen Se­gen auch jede Men­ge Flü­che, die mehr oder we­ni­ger un­be­merkt in un­se­ren All­tag krie­chen.

Die ent­schei­den­de Fra­ge ist des­halb nicht Home­ oder Prä­senz­of­fice, Fle­xi­bi­li­sie­rung oder Kon­so­li­die­rung, son­dern wie wir die Vor­ und Nach­tei­le aus­ba­lan­cie­ren, wie wir un­se­re Ar­beits-­ und Le­bens­be­din­gun­gen so ge­stal­ten und ver­han­deln, dass am Ende alle et­was ge­win­nen und am Ende doch die Vor­tei­le über­wie­gen.

Ich ver­su­che in letz­ter Zeit üb­ri­gens wie­der, re­gel­mä­ßig ins Büro zu ge­hen. Das hilft zwar kaum da­bei, mei­ne Prä­senz zu de­frag­men­ta­ri­sie­ren, aber es er­leich­tert mir, zwi­schen Ar­beit und Frei­zeit zu tren­nen. Mor­gens, nach ei­nem sehr frü­hen Früh­stück, ver­su­che ich ein paar Stun­den lang das In­ter­net leer zu le­sen und ins In­ter­net zu schrei­ben, um dann, mit ei­nem frü­hen Mit­tag­essen, mein Ar­beits-­Ar­beits­pen­sum zu er­le­di­gen.

Ge­ra­de weil ich weiß, dass ich ins Ho­me­of­fice könn­te, gehe ich be­son­ders ger­ne ins Büro, erst recht, wenn ich die Fle­xi­bi­li­tät, die mir mein Ar­beit­ge­ber ge­währt, ge­ra­de gar nicht be­nö­ti­ge. Mir reicht (der­zeit) die Fle­xi­bi­li­tät als Po­ten­zi­al. Zu­mal im Büro sehr fleis­si­ge und freund­li­che Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen und ein ge­nau­so freund­li­cher Bü­ro­hund rum­lau­fen.

Was ich al­ler­dings im Büro sehr ver­mis­se: die Mög­lich­keit zu ei­nem kur­zen Mit­tags­schlaf.


auch auf t3n.de ver­öf­fent­licht


emp­feh­lungs­ge­döns

felix schwenzel in artikel

im prin­zip fing al­les mit ya­hoo an. 1994, sagt die wi­ki­pe­dia, stell­ten die ya­hoo-grün­der da­vid filo und jer­ry yang eine sei­te mit links ins netz, die sie „Jer­ry and Da­vid’s Gui­de to the World Wide Web“ nann­ten. auf der lis­te wa­ren tipps für web­sei­ten auf­ge­zählt, die man sich an­se­hen konn­te. 1995 fing ich eben­falls mit sol­chen lis­ten an. auf mei­ner „home­page“, aber auch mit an­de­ren, zum bei­spiel mei­nem kom­mi­li­to­nen tho­mas kem­mer, der eine lis­te mit in­ter­es­san­ten ar­chi­tek­tur-links er­stell­te und die ich mit­pfleg­te: die gel­be sei­te.

frü­her nann­te man das gui­de, weg­wei­ser, home­page, spä­ter dann web­log und heu­te heisst der vor­gang le­se­emp­feh­lun­gen aus­zu­spre­chen ku­ra­tie­rung. die ku­ra­tie­rung war je­doch für ei­ni­ge jah­re auf dem ab­stei­gen­den ast, weil ein paar in­ge­nieu­re ei­nen kos­ten- und zeit­güns­ti­ge­ren an­satz ge­fun­den hat­ten, um das wis­sen der welt zu er­schlies­sen: al­go­rith­men, also such­ma­schi­nen die das web wie ku­ra­to­ren durch­fors­te­ten, ihre re­le­vanz­wer­tung al­ler­dings nicht nach ge­fühl oder ex­per­ti­se durch­führ­ten, son­dern durch das zu­sam­men­rech­nen von ver­schie­de­nen mess­ba­ren si­gna­len. da­mit über­hol­te goog­le ya­hoo ir­gend­wann mehr oder we­ni­ger un­ein­hol­bar.

aber das ku­ra­tie­ren, also die ma­nu­el­le re­le­vanz­be­wer­tung von sa­chen im in­ter­net, hat in den letz­ten jah­ren eine ge­wis­se re­ha­bi­li­tie­rung er­fah­ren. so­wohl in den so­zia­len netz­wer­ken, als auch in blogs wird zum gros­sen teil auf zeug im netz ver­linkt. es gibt un­zäh­li­ge news­let­ter, die ei­nem mor­gens die nach­rich­ten­la­ge und links dort­hin an­bie­ten. und es gibt eine wach­sen­de zahl kom­er­zi­el­ler und pro­fes­sio­nel­ler — oder soll­te ich sa­gen haupt­be­ruf­li­cher — an­bie­ter die­ser dienst­leis­tung: ni­uws in form ei­ner app mit „hand­ku­ra­tier­ten“ in­hal­ten in the­men­bo­xen (ich mach da mit), blend­le mit emp­feh­lungs­men­schen und res­sorts wie in­ter­views, me­di­en oder po­li­tik (ich mach da mit) oder jetzt, ganz neu, mit piqd.de (ich hab da nen „pre­mi­um“-zu­gang zum tes­ten, mach da aber nicht mit).

ku­ra­ti­on, emp­feh­lun­gen, link­lis­ten, hin­weist­weets, ge­teil­te ar­ti­kel über­all. mitt­ler­wei­le kann man den ein­druck be­kom­men, dass es bald mehr emp­feh­lungs­web­sei­ten gibt, als sei­ten die ori­gi­nä­re in­hal­te pro­du­zie­ren. oder dass es bald meta-ku­ra­to­ren gibt, die nicht aus­ge­wähl­te, re­le­van­te in­hal­te emp­feh­len, son­dern ku­ra­to­ren, also die emp­feh­ler selbst emp­feh­len.

aber nicht nur die un­über­sicht­lich­keit der me­di­en­land­schaft ist ein pro­blem, ein viel grös­se­res ist die be­grenz­te auf­merk­sam­keit und zeit die man als kon­su­ment hat. oder an­ders ge­fragt: wie gut kön­nen sich ag­gre­ga­to­ren im me­di­en­mix be­haup­ten? wie schaf­fen sie es, sich in un­se­ren all­tag zu drän­gen?

ich hol mal kurz aus:

blend­le fühlt sich für mich wie eine gi­gan­ti­sche sonn­tags­zei­tung an. wenn ich frü­her™ mein­te nicht viel zu tun zu ha­ben, also zeit hat­te, habe ich mir oft eine sonn­tags­zei­tung ge­kauft in der er­war­tung da­mit eine an­ge­neh­me zeit ver­brin­gen zu kön­nen und in­ter­es­san­te sa­chen zu le­sen zu be­kom­men. so ist das bei blend­le im mo­ment auch: ich gehe zu blend­le, im wis­sen, dass ich dort wohl ei­ni­ge zeit ver­brin­gen wer­de und mich fest­le­sen wer­de. um­ge­kehrt, gehe ich eben nicht „mal eben“ zu blend­le, vor al­lem nicht, wenn mei­ne todo-lis­te mich an­schreit: tu was! eben­so we­nig öff­ne ich mei­ne ni­uws-app oder piqd.de um in ei­ner ar­beits­pau­se mal kurz auf an­de­re ge­dan­ken zu kom­men oder kurz zu pro­kras­ti­nie­ren. das ma­che ich meist mit spie­gel.de um ei­nen kur­zen über­blick über die vor­ge­fil­ter­te welt­la­ge zu be­kom­men — oder wer­fe ei­nen kur­zen blick auf mei­ne twit­ter- oder face­book-time­lines.

all die emp­feh­lungs­ma­schi­nen, ni­uws, piqd, blend­le und mei­net­we­gen auch die link­sek­ti­on auf die­ser web­site ha­ben ei­gent­lich kei­nen platz im all­tag, son­dern sind so­et­was wie sofa-an­ge­bo­te. oder bahn­fahr­an­ge­bo­te — aber da sitzt man ja auch im sofa, qua­si. ich er­wi­sche mich im­mer wie­der da­bei, wie ich mich ge­gen ei­nen be­such die­ser web­sei­ten ent­schei­de oder den be­such auf ei­nen spä­te­ren zeit­punkt ver­schie­ben möch­te, weil ich weiss, dort ver­lie­re ich jetzt zu viel zeit, die ich ge­ra­de nicht ver­lie­ren möch­te. mir fiel das auf, als ich ges­tern in ei­nem war­te­zim­mer sass und dort eine alte aus­ga­be des stern auf­schlug. da­drin­nen wa­ren tat­säch­lich ei­ni­ge le­sens­wer­te ar­ti­kel, bzw. in­ter­views. zum bei­spiel die­ses mit max mos­ley [blend­le-be­zahl­link, 0,65€]. das in­ter­view er­schien in der aus­ga­be vom 1. ok­to­ber und wur­de auf blend­le ei­ni­ge male hef­tigst emp­foh­len. wür­de ich mehr zeit auf blend­le ver­brin­gen, wäre es mir viel­leicht schon vor­her auf­ge­fal­len. is­ses aber nicht. und ei­ner der grün­de da­für dürf­te sein, dass mei­ne/un­se­re zeit eben nicht be­lie­big ver­füg­bar ist.

die kon­ku­renz um un­se­re auf­merk­sam­keit oder um un­se­re „sofa-zeit“ tobt ge­ra­de mit be­son­de­rer in­ten­si­tät. es pras­seln so vie­le güns­ti­ge und hoch­qua­li­ta­ti­ve an­ge­bo­te auf mich ein, dass ich mich stän­dig fra­gen muss: soll ich mich jetzt vom fern­se­her be­rie­seln las­sen? mei­ne lieb­lings­se­ri­en wei­ter­gu­cken? das an­ge­fan­ge­ne buch wei­ter­le­sen? oder soll­te ich mich gar mit an­de­ren tref­fen und ein biss­chen zeit mit an­de­ren men­schen auf so­fas oder bar­ho­ckern ver­brin­gen? oder doch lie­ber mei­ne feeds weg­le­sen? twit­ter und face­book durch­le­sen? mal bei blend­le, ni­uws oder jetzt piqd vor­bei­schau­en?


weil mich fre­de­rik fi­scher ein­ge­la­den hat mir piqd.de an­zu­se­hen, habe ich mich ges­tern ent­schie­den mal ein we­nig zeit dort zu ver­brin­gen. al­les sehr schön auf­ge­räumt und über­sicht­lich dort! aha:

piqd ist ein Ag­gre­ga­tor.
Wir re­spek­tie­ren un­se­re Quel­len und fei­ern un­se­re Fund­stü­cke.

Je­des un­se­rer Schwer­punkt­the­men wird von ei­ner klei­nen Re­dak­ti­on aus Fach­jour­na­lis­ten, Wis­sen­schaft­lern und Po­li­ti­kern be­treut. Je­der Ex­per­te kann pro Tag ma­xi­mal ei­nen Link pos­ten.

gut, nur ein link pro tag, eine dan­kens­wer­te ein­schrän­kung, die es viel­leicht leich­ter macht sich durch den in­for­ma­ti­ons­über­fluss durch­zu­kämp­fen. an­de­rer­seits sind 66 „ex­per­ten“ dann auch wie­der ne men­ge.

was ich sehr mag ist die mög­lich­keit der ex­per­ten ei­nen link wort­reich zu emp­feh­len. auf twit­ter oder ni­uws ist die zei­chen­zahl des emp­feh­lungs­tex­tes ein­ge­schränkt (ni­uws hat das li­mit für die emp­feh­lungs­text­län­ge ge­ra­de kräf­tig nach oben kor­ri­giert), auf face­book und in blogs geht das schon lan­ge so. wo­bei sich lei­der we­ni­ge die mühe ma­chen, län­ge­re er­klä­rungs­tex­te, ein­schät­zun­gen oder grün­de den text zu le­sen an den link zu hef­ten. bei piqd.de sind die „ex­per­ten“ of­fen­bar dazu an­ge­hal­ten.

die emp­feh­lungs­tex­te sind teil­wei­se so gut, dass ich den link gar nicht mehr kli­cke (zum bei­spiel).

im ka­nal „li­te­ra­ri­scher jour­na­lis­mus“ habe ich auch schon eine per­le ge­bor­gen, die­ses in­ter­view mit bo­ris be­cker. das ist zwar 5 jah­re alt und steht in der würg welt, aber ist (na­tür­lich) ein tol­les le­se­stück. beim punkt da­tum habe ich auch die ein­zi­ge kri­tik an piqd.de; die emp­feh­lungs­tex­te der „pi­qer“ ha­ben kein da­tum, die „ori­gi­nal-ar­ti­kel“ nur ge­le­gent­lich. im­mer­hin sind die kom­men­ta­re un­ter den ar­ti­kel ver­dat­umt.

an­sons­ten gibt es an piqd.de nix zu me­ckern: die ge­stal­tung ist an­mu­tig, die site funk­tio­niert auf al­len ge­rä­ten, die ich aus­pro­biert habe, ein­wand­frei, die ka­nal- und the­men­aus­wahl ist so zeit­geis­tig dass ei­nem beim piqd.de-be­such bei­na­he ein dutt auf dem kopf wächst. sehr ge­schickt auch nicht von „netz­po­li­tik“ zu re­den, son­dern von po­li­tik und netz.

aus­ser dem un­ter­strei­chungs-de­sign (zu eng an den buch­sta­ben nach mei­nem ge­fühl) hab ich tat­säch­lich nichts an piqd.de aus­zu­set­zen. na gut, es ist et­was ir­ri­tie­rend sich von ak­ti­ven po­li­ti­kern tex­te emp­feh­len zu las­sen, ich be­ob­ach­te mal, wie das auf dau­er auf mich wirkt, aber an­sons­ten ist piqd.de eine will­kom­me­ne be­rei­che­rung in mei­nem oh­ne­hin schon völ­lig über­la­de­nen me­di­en-menü.

p.s.: mei­ne lieb­lings­emp­feh­lungs­quel­le ist üb­ri­gens der digg-RSS feed. ich habe schon­mal vor ein mo­na­ten auf­ge­schrie­ben war­um. na­tür­lich ist das aus­schliess­lich eng­lisch­spra­chig, aber mir ge­fällt, wie der feed in mein me­di­en­me­nü passt: die emp­feh­lun­gen schwim­men in mei­ner in­for­ma­ti­ons­quel­le num­mer eins, mei­nem RSS-rea­der. kei­ne se­pa­ra­te app, kein se­pa­ra­tes ansur­fen ei­ner web­sei­te, kein tra­ra (das glei­che gilt üb­ri­gens für riv­va und sei­nen RSS feed). und in al­ler be­schei­den­heit, ich glau­be ge­nau das ist auch der grund, war­um es nicht we­ni­ge leu­te gibt, die mei­ne (fast) täg­li­chen links schät­zen. eine über­sicht an din­gen die mög­li­cher­wei­se in­ter­es­sant sein könn­ten, ein kom­men­tar dazu, der bei der ein­schät­zung der re­le­vanz hilft (oft auch nicht) und sonst nichts.