kollege zu mir: „du erinnerst mich an meinen cousin, der ist ganz anders als du.“
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120 euro zu viel gezahlter abschlagszahlungen vom gasanbieter zurückbekommen. im vergangenen jahr haben wir offenbar viel beim heizen gespart, was bestimmt auch was mit tado zu tun haben dürfte.
Ist euch schon mal aufgefallen, dass @diplix und der Hund von @niggi nie zusammen auf einem Bild sind? 🤔
nur der vollständigkeit halber.

ivanka

ich mag alexa. sie sitzt seit etwa über einem jahr bei uns auf dem küchentisch und hilft mir und der beifahrerin dabei unsere verschiedenen ansichten darüber auszutragen, was die richtige beleuchtungsstärke ist. die beifahrerin braucht in der küche festbeleuchtung und sagt immer: „alexa, licht an“. ich reduziere das dann gerne: „alexa, küche 70%“, damit es in der küche nicht allzu gleissend ist. vorm ins bett gehen sage ich „alexa, alles aus“ oder drücke auf den lichtschalter, aber in beiden fällen sagt alexa dann auch „gute nacht“.
ich habe alexa auch beigebracht sich in meinem namen bei der beifahrerin zu bedanken, wenn ich nicht da bin und sie die spülmaschine einschaltet (eigentlich meine aufgabe). alexa begrüsst uns auch, wenn wir nach hause kommen.
wenn gäste da sind sage ich immer: „alexa, pupsgenerator“ und auch wenn ich der einzige bin der dann lacht, finde ich das eine grossartige krönung von 40 jahren forschung in den bereichen KI und maschinellem lernen.
was alexa nicht kann: den vorhang öffnen (weil „öffnen“ für schlösser vorgesehen ist und das schlossöffnen derzeit aus sicherheitsgründen von amazon deaktiviert ist). auch „alexa, das essen ist fertig“ will alexa nicht verstehen, weshalb ich immer selbst auf den essen-ist-fertig-knopf unter dem tisch drücken muss, der den essensgong betätigt und das licht runterdimmt.
letzte woche hat die beifahrerin citizenfour gesehen. seit dem möchte sie alexa nicht mehr in der küche haben. ich finde das nur mitteltraurig, mir ist alexa auch zunehmend unheimlich und widerspricht meinem besteben, unsere wohnung ohne cloud-gedöns zu automatisiern und zu bedienen.
grundsätzlich klappt das bereits ganz gut, die wohnungsautomatisierungen funktionieren auch ohne internet: vorletzte woche bin ich (sehr) früh morgens wach geworden, und wie gewohnt leuchteten mir funzelige nachtlichter den weg zum klo, die küche machte sich gerade so hell, wie es meine schlaftrunkenen augne aushalten — ohne dass ich auch nur einen schalter betätigen oder mit irgendwem reden musste.

nur die (selbstgemachte) uhr an der wand zeigte die falsche uhrzeit an. das lag daran, dass die fritzbox meinte, es läge eine kabelstörung „18 meter“ von ihr entfernt vor (genauso hat es die fritzbox ausgedrückt) und keine internetverbindung herstellen könnte. die wanduhr hat offenbar einen kleinen fehler, sie fragt einen externen zeitserver ab, statt die fritzbox nach der zeit zu fragen (die fritzbox kann man als NTP-server nutzen, wie ich seit kurzem weiss). nach einem neustart der fritzbox schien die kabelstörung dann auch behoben, aber wichtiger war: alle sensoren und aktoren hier in der wohnung konnten problemlos weiter miteinander über das lokale netzwerk reden, solange das internet weg war.
jedenfalls, alexa muss weg aus der küche. weil die beifahrerin das so will und ich ihr im prinzip (leider) recht geben muss. deshalb habe ich mir jetzt bei amazon (sic!) einen raspberry pi 3 für 32,00 € gekauft und bei eckstein einen mikrofon hat für 10,00 €. mit netzteil und einem kleinen lautsprecher und versandkosten machte das genau 60,04 €, genau 5 cent mehr als der aktuelle echo dot.
auf den raspberry soll snips, eine (relativ) quelloffene stimm-butler applikation, die spracherkennung auch offline und nach eigenen bedürfnissen anpassbar anbietet. einen namen für den apparat haben wir auch schon gefunden, sie soll ivanka heissen.
ich bin sehr gespannt und auch noch sehr optimistisch, was ich ivanka alles beibringen kann.
eisensack

ich hatte immer den eindruck, dass englisch als vorherschende sprache in der populärmusik vor allem einen zweck hat: die peinlichkeit der texte zu kaschieren. spätestens wenn man liedtexte auf deutsch übersetzt, fällt einem ihre schwachsinnigkeit auf. über den umweg der fremdsprache lässt sich auch auf den grössten quatsch souveränität projezieren. über den umweg des denglischen, können wir sachen sagen, die uns in der muttersprache peinlich wären.
andererseits ist das auch unsinn: mit einer gewissen haltung oder souveränität, lässt sich grosser quatsch auch muttersprachlich ausdrücken — ohne allzu peinlich zu wirken. udo lindenberg zeigt das bereits seit gefühlt zweihundert jahren.
aber trotzdem flüchten wir, egal ob gesungen, geschrieben oder gesprochen, immer gerne ins denglische um profanes, langweiliges aufzupeppen: wir machen aus dem betrachten von leinwänden oder grossbildschirmen ereignisse, indem wir von public viewing sprechen. statt jemanden zu schmähen, dissen wir, abstimmen hört sich als voten viel digitaler und moderner an.
und wenn wir männer dafür loben wollen, dass sie ihren beruf ganz gut ausüben, sagen wir balls of steel, weil sich verhärtungen im geschlechtsbereich einfach nicht so beeindruckend anhört.
weil ich aber auch ein grosser freund der akkuratesse bin, habe ich überlegt, wie man balls of steel übersetzen könnte. eier aus stahl liegt nahe, zeigt aber gleich warum das ausser jan böhmermann niemand sagt: ohne ironischen bruch spülen die eier aus stahl viel zu viel pathos nach oben. und pathos bei der beschäftigung mit männlichen geschlechtorganen möchten die meisten männer nach kräften vermeiden, weshalb die ausflucht ins englische logisch erscheint.
stahlnüsse fände ich ganz niedlich, aber gegenüber bällen sind nüsse natürlich auch eine herabsetzung, aber gerade das macht dieses lob sympatisch.
enthielten der hodensack tatsächlich testikel aus gehärtetem eisen, wäre das fraglos sehr unpraktisch, aber so richtig fällt einem dieser umstand erst auf, wenn man die situation im schritt mit eisensack beschriebe.
ganz abgesehen davon habe ich mich beim schreiben gerade gefragt, ob man auch aus der metalisierung anderer männlicher körperteile vermeintliche komplimente konstruieren könnte. schon die ersten versuche zeigen — eher nicht:
anus aus stahl, eisenfinger, metallkopf, silberohr, blechzunge, kupferschwanz.
achso, ich bin abgeschwiffen. eigentlich wollte ich nur dieses video verlinken:
Balls of steel. twitter.com/CrazyGloble/st…
es war nicht alles schlecht in der SPD.
grossartiger xkcd!.
"The climate has changed before." XKCD to the rescue: xkcd.com/1732/
die beifahrerin darüber, dass kunst promoten (und verkaufen) schwer ist. was ich aber den knaller finde, ist der screenshot am ende, in dem facebook ihr 6 ausspielungen für 43 tacken verkaufen will.

die faz veröffentlicht einen text von alexander gauland, der durchwirkt ist von ideen, die hitler 1933 in ner rede gepitcht hat. jakob augstein findet den text „klug“ und zitiert indirekt hitlers ideen. so schleichen fasch- & populismus ins establishment. (via)
@diplix @Augstein Was ist nun mit den Ähnlichkeiten des Beitrags von Seemann vom 26.10.2016? Die sind noch frappierender. Oder zitiert Seemann da nur über lange Strecken?
ix sehe es ähnlich wie @mspro: er hat das „feindbild der afd rekonstruiert“ und analysiert und damit das faschistoide gedankenbild der afd passgenau paraphrasiert. diese paraphrasierung zeigt jetzt eben auch, dass diese „klugen“ gedanken schon 1933 populär waren und aufs die populistische strategie der afd beschreiben, so dass gauland oder seine ghostwriter sich offenbar der einfachheit halber gleich bei michael seemann bedient haben.
oha. es sieht so aus als hätte alexander gauland fast wörtlich bei mir abgeschrieben.allerdings habe ich mit der „globalen klasse“ ja auch explizit das feindbild der afd rekonstruiert.twitter.com/PhilipPlickert…
ich finde übrigens auch, dass michael seemann sich, anders als augstein, sehr viel differenzierter von diesem gedankenbild distanziert. das liebäugeln von augstein mit dem populismus (der für ihn gerne von links kommen kann) sehe ich eher kritisch.
witzeleien von @sixtus zum thema wie hier finde ich da wenig hilfreich, obwohl er später auch diesen text getwittert hat, in dem michael seemann nochmal ausführlich seine einschätzung darstellt — was dann eben auch ziemlich hilfreich ist bei der einschätzung der ganzen sache ist.
kurz: hut up @mspro!
die walki-talki funktion im neuen watch-os ist ein großer spaß. hat das potenzial mein lieblings-feature zu werden.
funktioniert übrigens auch als siti-talki und standi-talki.
man muss den plastikscheiss von nike nicht kaufen, nur weil der spot grossartig ist und kaepernicks aufrechte und anständige haltung auch durch das nike-logo scheint.
es reicht, sich von kaepernicks haltung und prosa berühren und inspirieren zu lassen.
nach dem seeschlacht-bild malt mich katia demnächst vielleicht als röhrenden hirschen.

ix finde das furchtbar nett, wenn leute auf der strasse anhalten & mir sagen, dass sie fans von dem sind, was ix im internet erzähle.
ist mir in den letzten 4 jahren bestimmt auch schon 3× passiert.
aber ausser erschrocken gucken & „danke“ fällt mir meist keine antwort ein.
kognitive dissonanz: mann vom ordnungsamt mit man bun.
eneby

vor ein paar tagen in der ikea-beleuchtungsabteilung dröhnte sehr laute musik aus einem der neuen eneby-lautsprecher. also sehr laut, im sinne von zu laut. ein paar meter entfernt von dem geplärre werkelte ein ikea-verkäufer an einem regal rum. ihn schien das nicht zu stören. die anderen kunden auch nicht.
mich störte das schon ein bisschen, zumal der klang, nun ja, eher schepperte und verzerrt rüberkam. dazu kam, dass der bluetooth-strom immer wieder abbrach und die musik kurz aussetzte. insgesamt zeigte sich der eneby in seinem showroom nicht von seiner besten seite.
was mir aber sehr gut am eneby gefiel: sein deutlich erkennbarer, analoger lautstärkenregler, mit dem ich dem spuk mit einer umdrehung ein ende bereiten konnte. (auch das schien den ikea-verkäufer nicht zu stören)
ix lauf an nem infostand der polizei vorbei, ein polizist stürmt auf einen radfahrer los, um ihn über tote winkel aufzuklären — und rennt mich fast um. war wohl in seinem toten winkel.
(abgesehen davon isses natürlich rätselhaft, warum die polizei potenzielle opfer über den toten winkel aufklärt, statt potenzielle täter.)
anger management
Die @SZ lügt wie gedruckt. "Sie können sich ohne Decke leicht erkälten". Dumm, verkommen, aus dem Mittelalter. Als nächstes schreiben sie, dass die Erde eine Scheibe ist. #vollpfostenjournalismus twitter.com/keltenblick/st…
Jörg | kachelmannwetter.com (@Kachelmann) 26.07.2018 9:32
auf eine art hat kachelmann recht, bauernweisheiten werden nach wie vor zu oft als weisheiten und zu selten als unhaltbarer stuss dargestellt. aber der ton in dem er das sagt ist bemerkenswert aggressiv. mich wundert die aggressivität und der ton, den kachelmann in der öffentlichkeit anschlägt eigentlich schon immer, aber seit dem er das auf twitter macht, dringt es offenbar öfter zu mir durch. früher, als kachelmann noch radio- und fernseh-wettermann war, musste sich noch mindestens ein journalist erbarmen aufzuschreiben, wie scheisse und inkompetent kachelmann alle anderen wettermenschen findet.
den ton den er auf twitter anschlägt rechtfertigt kachelmann übrigens damit, dass er schon ganz oft fakten korrigiert habe und dass menschen sterben würden. auf die frage:
"Dumm, verkommen, aus dem Mittelalter." Muss das wirklich so? Kann man das nicht anders formulieren?
antwortet kachelmann:
@KOxofrmbl @SZ Nein. Nicht nach 234 Hinweisen jedes Jahr, nicht angesichts der grossen Zahl der in einem solchen Jahr sterbenden alten Menschen, weil sie Verwandte haben, die all diesen Schwachsinn glauben, der aus Dummheit und Boshaftigkeit geschrieben wird. global.handelsblatt.com/opinion/german…
Jörg | kachelmannwetter.com (@Kachelmann) 27.07.2018 9:03
ich fand etwas anderes bemerkenswert. in seinem tweet, in dem er der SZ vorwirft wie gedruckt zu lügen, zitiert er diesen tweet:
Ach liebe Süddeutsche, liest bei euch keiner bei @Kachelmann mit?
Eine Erkältung holt man sich durch Bakterien! pic.twitter.com/WrrAK7vAAp
ich fand das bemerkenswert, weil es zwar nicht ganz falsch ist, zu behaupten dass bakterien an einem schnupfen beteiligt sein können, es aber eben nicht richtig ist zu sagen eine erkältung „hole“ man sich durch bakterien. hätte die SZ das geschrieben, wäre kachelmann womöglich implodiert. ich schrieb ihm:
@Kachelmann @SZ ich weiß nicht ob es klug ist im zusammenhang mit einer korrektheits-tirade jemanden zu retwittieren, der behauptet erkältungen hole man sich durch bakterien. pic.twitter.com/MnDumIm86X
kachelmann antwortete relativ schnell mit der empfehlung an mich, mal mit meinem arzt zu sprechen:
@diplix @SZ Auch. Es gibt nicht nur virales Schnupfengedöns. Bitte sprechen Sie mal mit Ihrem Arzt.
Jörg | kachelmannwetter.com (@Kachelmann) 27.07.2018 9:14
ich hatte zwar schon vor der antwort an kachelmann ein bisschen gegoogelt und gelesen, dass bakterien auch an schnupfen-infektionen beteiligt sein können, aber ein super oberflächlicher blick in die fachliteratur suggeriert, dass das eher sehr selten passiert.
@Kachelmann @SZ schon klar (lässt sich ohne ärztliche aufsicht prima googlen), aber so wie es da steht und von ihnen zitiert wird isses halt auch hanebüchen oder wie sie sagen würden mindestens ne fünfzigprozentige „lüge“. (wobei wohl eher zu 99,5 prozent gelogen: bit.ly/2NL1OKD)
dass jörg kachelmann auf meinen letzten tweet keine persönliche verhaltensempfehlung oder beleidigung mehr eingefallen ist, bedauere ich sehr. bei kachelmann hätte ich meinen arsch drauf verwettet, dass er immer das letzte wort haben muss. jetzt hab ich es.
mein ironiedetektor hat nen hitzeschaden, deshalb gehe ich jetzt davon aus, dass fleischhauer ein weinerliches, anerkennung heischendes softei ist. (mein detektor für peinliches trittbrettfahren funktioniert aber.)
Wenn man merkt, man hängt sich total rein als Kolumnist, hat tolle Quoten, die Leute sprechen einen auf der Straße an, aber die Preise bekommen immer die andern. #metwo
fichtig und ralsch

Stefan Niggemeier: Wenn wir jetzt alle aufhören, uns über Ihre Texte zu beklagen, schreiben Sie andere Texte?
Harald Martenstein: Ja, sofort.
stefan niggemeier und harald martenstein haben sich zusammengesetzt und geredet. hier kann man das jetzt auch ohne übermedien-abo lesen. das zitat oben fasst das gespräch im prinzip aber bereits ganz gut zusammen: unterhaltsam, aber leider auch quatschig. witzig und gleichzeitig unendlich deprimierend. grandioser schlagabtausch, bei dem zu viele schläge danebengehen.
was mich an dem gespräch aber am meisten erschüttert hat: ich kann mich (zu grossen teilen) mit den aussagen beider identifizieren.
martenstein weist mehrfach darauf hin, dass es ihn motiviere, wenn er gegenwind bekommt und dass er besonders gerne positionen einnimmt oder verargumentiert die gerade (vermeintlich) unpopulär sind. manchmal mache es ihm auch spass, wenn „gewisse leute sich aufregen“.
diese art zwanghafter individualismus ist mir nicht fremd. ich schweige eher zu den themen die ohnehin alle beackern und wenn ich doch etwas schreiben möchte, versuche ich zumindest vorab gedanklich die gegenposition einzunehmen. mich reizt der sportliche aspekt des gegenposition einnehmens, seit ich in der amerikanischen highschool für schuldebatten dazu motiviert wurde. am ende reicht beim bloggen meine vor- und verstellungskraft (oder auch der mut) oft nicht aus, um dann auch tatsächlich gegenpositionen zu veröffentlichen. meistens ende ich dann in wild herumdifferenzierenden artikeln.
trotzdem, die (gezielte) provokation ist im prinzip die essenz des bloggens, die ich immer wieder in den letzten 15 jahren praktiziert habe. zuspitzung, gezielte provokation, frontale kritik machen spass und generieren aufmerksamkeit. genau diese gezielten provokationen durch elaborierte, möglichst pointenreiche kritik ist übrigens auch für das kribbel beim veröffentlichen verantwortlich. die aufmerksamkeit die ich in der regel suche ist auch gar nicht die von möglichst vielen, sondern meistens ganz speziell die der angegriffenen. im prinzip dient das ganze bloggedöns — und wahrscheinlich auch das kolumnenschreiben — auch immer der selbstvergewisserung. ich bin, weil ich reaktionen hervorrufe.
da unterscheiden sich verhaltensauffällige kinder wenig von bloggern oder kolumnisten. mit ein paar jahrzehneten lebens- und schreiberfahrung funktioniert die aufmerksamkeitserzeugung zwar viel ausgefeilter, pointenreicher und eleganter als in jungen jahren, aber die motivation ist die gleiche: es geht nicht darum der weltbeste (in irgendwas) zu sein oder sich mit den besten, grössten zu messen, der adressat, der gegner an dem man sich messen möchte ist immer der, der im sichtfeld sitzt. es geht nicht um richtiges oder falsches verhalten, es geht darum reaktionen von leuten im eigenen sichtfeld zu erzeugen. egal ob man applaus oder buhrufe hört, wichtig ist auf der bühne zu stehen, in der aufmerksamkeit, egal wie viele im saal sitzen.
diese fixierung auf die rezeption lässt sich im grunde natürlich schwer mit dem oben erwähnten individualitäts- oder autarkieanspruch vereinbaren, individuell ist da gerade noch die skepsis gegenüber dem mainstream oder dem massengeschmack und der fähigkeit eben auch ablehnung positiv zu rezipieren.
provokation oder das intellektuelle herumtänzeln um positionen ist auch eine art sport. positionen einzunehmen hinter denen man vielleicht gar nicht steht oder die den eigenen überzeugungen widersprechen ist intellektueller kraftsport. und wie beim kraftsport besteht immer die gefahr das aus dem annehmen von herausforderungen protzerei wird.
so sehr ich mich mit vielen identifizieren konnte was martenstein im gespräch sagte, eins wurde im laufe des gesprächs deutlich: durch den kontrast zu stefan niggemeiers ernsthaftigkeit, wirkten die provokantions-strategien martensteins plötzlich total infantil.
die fragen, mit denen stefan niggemeier offensichtlich ständig ringt, was ist richtig, was ist falsch, welche nebenwirkungen kann mein verhalten haben, stellt sich harald martenstein gar nicht. zumindest nicht ernsthaft. er ist auf der suche nach intellektuellen herausforderungen und rationalisiert das mit dem kampf für meinungspluralismus. dissidenz, abweichung von einem vermeintlichen „mainstream“ scheinen für martenstein selbstzweck zu sein. martenstein scheint sich in der rolle des kanarienvogel im meinungsfreiheitsbergwerk zu gefallen. er verfechtet irgendwelche ansichten, gesichtspunkte, die er in der öffentlichen debatte vermisst, themen bei denen bei „vielen Leuten in dieser Gesellschaft ein gewisser Unwille entstanden ist“ — ausschliesslich um (sich) zu unterhalten und die grenzen auszutesten:
Räumen wir also probehalber ein, dass Sie Recht haben in dieser Frage. Dann muss es trotzdem legitim sein, anderer Ansicht zu sein. Das ist nicht gefährlich. Gefährlich wird es in einer Gesellschaft, wenn man keine Dissidenten-Ansicht mehr äußern darf. Unterdrückung ist gefährlich. Eine Dissidenten-Ansicht ist nicht gefährlich.
diese rationalisierung des eigenen spieltriebs, der lust an der intellektuellen herausfforderung, ist mir bei aller liebe zu martenstein doch etwas zu narzistisch. wie gesagt, ich bin hin und her gerissen. mir sind die motive von martenstein nicht fremd. ich verstehe seine haltung und seine rationalisierungen sind nicht dumm. was mir aber bei martenstein fehlt ist die einfache frage: was ist richtig? nachdem ich das gespräch gelesen habe, scheint mir diese frage für martenstein überhaupt keine relevanz zu besitzen.
Stefan Niggemeier: Die Frage ist doch: Von welcher Seite droht gerade die größere Gefahr für die bunte Gesellschaft. Haben Sie nicht das Gefühl, dass Sie eigentlich gegen die falschen kämpfen?
Harald Martenstein: Ich kämpfe ja nicht.
Stefan Niggemeier: Natürlich kämpfen Sie.
Harald Martenstein: Meinetwegen. Ich kämpfe gegen bestimmte Auswüchse, ich kämpfe gegen Übertreibungen.
martenstein turnt hoch oben in den metaebenen, niggemeier ringt mit sich und der welt auf dem boden.
in der metabene braucht man keine haltung, nur positionen die man aber beliebig wechseln kann.
übermedien.de: „Man sollte mit der Verteidigung der Freiheit nicht warten, bis es keine mehr gibt“
die meisten nachrichtenabwurfstellen die ix lese haben den neuesten, vermeintlichen amazon-skandal ohne eigene nachdifferenzierung übernommen. deshalb: bevor man sich über irgendwas aufregt, erst mal 1-2 tage warten und dann gucken ob jemand nachdifferenziert hat.
Wer sich über Amazons angebliches Wegwerf-Verhalten aufgeregt hat, sollte diesen instruktiven, hintergründigen und sachlichen Text lesen, @m_steier wortfilter.de/wp/hintergruen…