weberhalt
mein liebstes hobby ist mich intensiv mit komplexen technischen systemen zu beschäften, sie zu verstehen, an meine bedürfnisse anzupassen und dann bestmöglich am laufen zu halten und ständig zu verbessern oder zu überarbeiten. den vergleich mit dem leben, in dem man die ersten 20 jahre damit verbringt das ganze system zu verstehen und sich anzupassen oder seine bestmögliche funktion zu finden und das ganze dann möglichst lange am laufen zu halten durch stetige optimierung und anpassung, den vergleich spar ich mir jetzt oder verfolge ihn nicht weiter.
was ich mit dieser website, diesem sehr komplexen system, am meisten beschäftigt, ist sie am leben zu halten indem ich sie fülle, aber genauso sie ständig zu reparieren, fehler zu finden und sie für mich (und gegebenenfalls andere) optimal nutzbar zu machen. ein nicht endender, prozess, dessen zwischenergebnisse mich stets erfreuen.
und dann kommt frank westphal und schreibt diesen artikel: wie webseiten lernen:
Das letzte Lebenszeichen: 13 Jahre her.
Das aktuelle Design: 19 Jahre alt.
Diese Site war mal mein ganzer Stolz.
Zeit, ihr neues Leben einzuhauchen …
Schritt 1: Entropie zurücksetzen!
um’s kurz zu machen: frank beschreibt konkret, wie er alte, über die zeit verwaiste links restauriert hat. das thema „broken links“ verfolgt mich auch schon länger und erst recht seitdem ich diese seite wiederbelebt habe und ziemlich verlustfrei aus einem veralteten system in ein neues system migriert habe. mein archiv, die seiten die schon ein paar jahre auf dem buckel haben, sind (natürlich) voll mit links die nicht mehr funktionieren.
bisher habe ich das einfach hingenommen und gelegentlich die url des „broken links“ in die wayback machine eingegeben und nach gefühlt 13 klicks die alte website bestaunt, auf die ich vor x jahren mal gelinkt habe.
auf die idee das systematisch zu tun bin ich noch nicht gekommen. aber was für eine grossartige idee:
Veraltete Links [sind] um Längen besser als Löschen oder Abschalten. Tote Links sind belegende Artefakte, kein Mangel – richtig gekennzeichnet, zeigen sie Quellenlage. So lassen sich Inhalte oft noch rekonstruieren – über die URL, über Archive, über Kontext.
ich hab mich gleich nach dem lesen an die arbeit gemacht. meine programmier-helfer (chatGTP) hatte zuerst etwas wilde ideen um das in kirby umzusetzen, aber nach ein bisschen hin und her haben wir uns auf eine strategie geeinigt, die mir gefällt.
- erstmal alle toten links sammeln (in einer json datei)
- für diese toten links dann anhand des artikel-datums einen zeitlich passenden archiv-snapshop imn archive.org finden (auch in json)
- zur „laufzeit“ die kaputten links mit den reparierten links ersetzen und kennzeichnen
alle 13.475 beiträge zu prüfen (mit 51.735 externen links) hat ein script 12 stunden lang beschäftgt. vorläufiges ergebnis: von den ca. 50.000 links sind ungefähr 10.000 kaputt.
für diese 10.000 links die entsprechenden snapshots auf archive.org zu finden ging schon etwas schneller (8 stunden), bzw. das script läuft noch.
über das rendern der reparierten links muss ich mir noch gedanken machen, derzeit tendiere ich zu farblicher kennzeichnung, statt einer kennzeichnung mit dem archive.org-logo wie bei frank.
robert habeck hat mal gebloggt (gefunden in links vom 17.12.2018)
das problem von webseiten ist natürlich (u.a.), dass man ihnen das alter nicht ansieht. wenn webseitenbetreibende nicht unter einem stein schlafen, kann man der seite zwar meistens das alter entnehmen, aber man sieht, riecht oder fühlt es nicht, wie man es mit gealtertem papier beispielsweise tut. strenggenommen müsste man alte webseiten eigentlich so anzeigen, wie sie zum veröffentlichungszeitpunkt ausgesehen haben, aber das ist natürlich auch wieder quatsch, bzw. eine zumutung. ich hab mir immer vorgestellt, dass webseiten wie laub altern könnten, also richtung braun altern. bis jetzt bin ich damit zufrieden, alte seiten oben mit dem alter in jahren anzuzeigen.

aber da werde ich wohl noch ein bisschen denkarbeit investieren müssen.
was mir beim testen der archive.org api und link-konstruktion um alte snapshots zu finden jedenfalls auffiel ist die begeisterung die mich ergriff, als ich manche alten webseiten mit ihrer elektronischen patina (wieder) sah. elektronische patina sind broken images, schrottiges, kantiges design und mobiltelefon-feindlichkeit. oder bei frank westphal, der gute alte schlagschatten, den damals irgendwie fast jeder benutzte, weil es auf den grobpixeligen bildschirmen die wir zu dieser zeit nutzten „natürlicher“ aussah.

jedenfalls spannende neue denkaufgabe und ein weiterer toller baustein bei der ewigen reparatur von wirres.net. danke frank.