seit drei wochen habe ich ein iphone. zum palm pre, mit dem ich die letzten zwei jahre eigentlich ziemlich zufireden war, kann ich keine abstriche feststellen. mit meinen handys telefoniere ich eh nicht allzuviel, schicke hin und wieder eine SMS, benutze sie aber vorwiegend um meinen google-reader leerzulesen und mir zuhause in berlin internet auf den laptop zu hieven.
das hat der pre zwei jahre lang ziemlich stoisch und zuverlässig erledigt. das tolle am pre waren die multitasking-fähigkeiten. man konnte theoretisch beliebig viele programme öffnen, ohne, dank der wunderbaren karten-methaper der benutzeroberfläche, den überblick zu verlieren. praktisch kam der pre nach drei bis vier geöffneten browser- oder programmfenstern aber so ins schwitzen, dass er sich introvertierte und die interaktion mit mir, dem benutzer, einstellte. hochtakten half ein bisschen, aber RAM hatte mein pre (er war einer der ersten generation) definitiv zu wenig.
kurz: der pre war eine lahme krücke.
für foursquare check-ins brauchte ich mit dem pre 2-3 minuten, wenn mich die positionsbestimmung nach florida verlegte, was nicht selten passierte, noch etwas länger. reboots dauerten solange wie ich dusche (ungefähr fünf minuten). google maps aufzurufen war ein glücksspiel, das manchmal 3 bis 4 minuten dauerte, bis es einen GPS-fix fand oder eben manchmal einfach aufgab und mir phantasievolle fehlermeldungen präsentierte.
beim iphone ist das alles anders. das ding weiss immer wo ich bin, foursquare checkins absolviere ich in weniger als 10 sekunden, verzögerungen bei der eingabe habe ich nur an einer einzigen stelle beobachtet (wenn ich eine URL in safari eingebe). das iphone bootet in weniger als 5 sekunden und davon dass das iphone nicht besonders viel RAM hat, merke ich nichts. der zustand der apps, ist meistens auch nach einem reboot der gleiche wie vor dem reboot, der adressbuch- und kalenderabgleich funktioniert mit icloud mit lediglich ein bis zwei sekunden verzögerung.
die hardware-tastatur des pre vermisse ich ganz klein wenig, wenn ich mit dem pre etwas suchen wollte, konnte ich es einfach tippen und der pre bot mir suchergebnisse aus dem adressbuch, dem kalender, den installierten apps an oder bot mir, wenn ich wollte, websuchmaschinen zur auswahl an. beim iphone muss ich wischen oder zwei bis dreimal auf die home-taste drücken, um die iphone-suche, die wie die pre-suche funktioniert, aufzurufen.
aber das iphone hat auch einen shortcut, der ähnlich abkürzend wie die hardwaretatstatur des pre funktioniert: siri.
wenn ich etwas über „schwarzwälder schinken“ wissen möchte sage ich siri einfach: „wikipedia schwarzwälder schinken“. ein tastendruck, drei gesprochene worte und die seite öffnet sich in safari. mit dem pre wären das 33 tastaturanschläge gewesen. einen timer stelle ich mit den worten „Timer 45 Minuten“. auf dem pre war das auch nicht so schwer, erforderte aber das entriegeln (telefon aufschieben), aufrufen der uhrzeit-app, 3-5 sekunden warten, auswahl des weckers (2. klick), auswahl eines vorhandenen oder neuen alarms (3. klick) ausrechnen und einstellen der weckzeit (4. bis 5. klick). objektive zeitersparnis: 10-20 sekunden. subjektive zeitersparnis: stunden.
war sprachsteuerung noch bis vor kurzem ein spielzeug für technikaffine spielkinder, vereinfacht sprachsteuerung mit dem iphone 4S erstmals wirklich die bedienung.
wirklich beeindruckend ist hier vor allem die tiefe integration von siri in das betriebsystem des iphones: wenn mich das telefon dazu auffordert text einzugeben, kann ich, statt auf der virtuellen tastatur des iphones zu tippen, das telefon einfach ans ohr halten. das iphone erkennt meinen wunsch zu sprechen und lässt sich text diktieren.
die diktierfunktion funktioniert irre gut, ist allerdings gar nicht von apple, sondern von nuance, die auch dragon dictate vertreiben. ich glaube das gibts sogar im app-store zu kaufen. nur, ob sich das auch so tief ins betriebsystem eingräbt wage ich zu bezweifeln. testen will ich das auch nicht, ich habs ja schon.
einziger wermutstropfen: siri und die spracherkennung funktionieren nur über das internet — und alles, die spracherkennung, siris analyse von dem was ich gesagt habe, findet alles auf apples servern statt.
das, und warum ich glaube, dass siri das nächste grosse ding werden kann irre viel potenzial hat und dass dieses potenzial nichts mit spracherkennung zu tun hat, sondern mit vereinfachung, habe ich auf zeit online geschrieben: „Siri könnte die mobile Welt verändern“
heute nacht hat google den neuen, angeblich verbesserten google reader online gestellt. die reaktionen darauf waren heftig. hier gute zusammenfassung von herrn schmitz, warum der verlust der reader-sharing funktion ein wahrer verlust ist: „Der Google Reader war das Allheilmittel gegen die Angst etwas zu verpassen und gleichzeitig komparativer Vorteil gegenüber all denen, die nichts davon wussten.“ brian shih, ehemaliger projektmanager im google reader-team, schreibt warum das redesign des readers auch unter designaspekten eine katastrophe ist. martin weigert war bereits um 7:40 uhr enttäuscht vom neuen reader. hackr betont den aspekt, dass google vor lauter ehrgeiz seinem „hoffnungsträger g+ ein gewisses momentum zu verleihen“ seine urteilskraft zu verlieren scheint und sich wie ein depp (moron) verwandelt.
ich hatte anfangs, nach der ankündigung, dass der google reader nun angepasst würde, grpsse hoffnungen, dass google das richtige tun würde. nämlich eine elegante integration des readers in google+. denn die funktionen des readers waren alles andere als stringent und logisch.
so wurden artikel die man im reader geshared hatte, auch irgendwie in den eigenen buzz-feed eingespeist, aber aus dem reader selbst hatte man keinen zugang zu den automatisch generierten einträgen. zwar wurden kommentare (share with comment) unter den jeweiligen buzz-eintrag gehängt, aber diskussionen entwickelten sich dort nie, weil niemand die buzz-einträge fand. buzz war ja abstruserweise nur über gmail zugänglich. noch absurder wurde es, als google begann, die buzz-einräge zu google-plus zu transferieren. die buzz-einträge wurden zu einer plus.google.com-domain weitergeleitet, sahen aus wie google+ einträge, waren aber in google-plus selbst nicht sichtbar.
genau das hatte ich mir als verbesserung oder „integration“ in google+ vorgestellt: das gesharte einträge aus dem reader, mit sauberen meta-daten wie „quelle: google reader“, optionaler übernahme der tags die man im reader vegben kann als hashtags, erkennbare verlinkung aus dem reader zur entsprechenden, dauerhaften google+-URL, in den google+-stream übernommen würden. und dass sie dort optional von den followern ein und ausgeblendet werden könnten, etwa indem solche automatisch generierten einträge aus dem reader als optionale sparks angeboten würden.
[huch, da fällt mir gerade auf, die sparks sind in irgendwelche google+ hinterzimmer verschoben worden und kaum noch zu finden.]
google hat sich anders entschieden. die buzz-verwirrung ist zwar weg, die ein-klick share- und like-funktionen sind weg und die empfehlungen von fremden denen ich im reader folgte werden mir nicht mehr in meinen reader-strom eingespeist. stattdessen gibt es jetzt einen +1-button unter jedem aboniereten eintrag und einen share button oben im schwarzen, omnipräsenten google-balken.
auch hier ist es es verwirrend. der +1 button und die share-funktion scheinen auf den ersten blick ähnlich zu funktionieren — tun sie aber nicht und tragen so zu weiterer verwirrung bei:
der +1 button funktioniert wie ein +1-button unter einem blogeintrag. ein klick auf den +1-button fügt der quell-URL ein + hinzu, wie zum beispiel auch der +1-button neben google-suchergebnissen. das ist eigentlich gut, denn viele pluseinsen unter einem eintrag machen ihn potenziell interessant, der suchmaschinenoptimierung hilfts wahrscheinlich auch und man könnte sich als blogbetreiber mit der +1-API eine liste der beliebtesten blogeinträge basteln.
der klick des +1-buttons lässt den eintrag aber noch nicht im eigenen google-plus-strom auftauchen. dafür muss man dem +1 noch einen einen kommentar hinzufügen. absurderweise zieht sich der +1-button die kurzbeschreibung, bzw. -zusammenfassung der geplussten seite von der quellseite, obwohl google ja den eintrag selbst in RSS vorliegen hat und entsprechend auch im reader anzeigt. das führt dazu, dass die automatisch generierte seitenbeschreibung, bzw. der teaser oft müll enthält — wenn man ihn mit dem +1-button generiert.
der share-button (oben rechts) hingegen nimmt für die seitenbeschreiung die ungefähr ersten 100 zeichen aus dem RSS-eintrag. so wie es sein müsste und klug ist. dafür generiert der share-button kein +1.
verwirrt? möglicherweise ist das die intention von google. loyalen benutzern und evangelisten ans bein pinkeln und ihnen den gemütlichen gemeinschaftsteppich unter den ärschen wegziehen, um sie dann zu verwirren und zu verärgern, indem man ihnen unausgegorene, schlecht programmierte neue werkzeuge in die hand drückt.
google sendet mit dem redesign des readers ein klares signal an die loyalen benutzer (aka nerds):
1. ihr seid uns scheissegal. auf euch können wir keine rücksicht nehmen, wir müssen nun an das grosse ganze denken. und das grosse ganze ist unser tolles google+. das funktioniert zwar noch nicht so super, ist noch immer leicht behindert (kein RSS, keine saubere, einfache möglichkeit inhalte auf fremde oder google-eigene plattformen zu transferieren (API), kaum filtermöglichkeiten ausser „circles“), aber na und? fresst oder geht sterben (exportiert euren scheiss doch einfach).
2. wir sind überfordert. wir haben die komplexität unserer eigenen plattformen unterschätzt und uns die integration zu einfach vorgestellt. deshalb müssen wir uns leider wieder auf unserere kernkompetenz konzentreren: marktvorherrschaft erreichen um sie später zu monetarisieren. die energie, so zu tun, als ob der benutzer im zentrum unseres interesses stünde, haben wir derzeit leider nicht.
google scheint sich einiges bei yahoo abgeschaut zu haben.
zum beispiel eine managment-methode: auf der oberen führungsebene grosse, oder besser grössenwahnsinnige strategien entwickeln, und sie mit aller gewalt, ohne rücksicht auf vorhandene strukturen, details oder gar benutzernutzen, durch alle managementebenen durchziehen, zur not mit grossem druck.
google arbeitet jetzt mit auf allen ebenen mit druck. früher war das anders. da hat google mit sog gearbeitet.
die grössten kritiker der elche werden ja bekanntermassen oft selbser welche. zum beispiel, wenn sie ein iphone haben. kürzlich hab ich mich noch über instagr.am-benutzer lustig gemacht. irgendwer hat mal auf twitter gesagt, dass instagr.am dazu da ist, dass fotograpfie-deppen sich selbst das gefühl geben können, fotografieren zu können.
und ich muss sagen es stimmt. aus fotos die ganz OK sind, werden mit ein bisschen filtern und quadratisieren fotos die noch ein bisschen OKayer sind. zum beispiel sieht der hauptbahnhof in berlin dann plötzlich wie ein flughafen aus:
faszinierend finde ich, dass instagram wie irre boomt, obwohl es keine ordentliche webapp bietet. auf instagr.am kann man niemandem folgen, noch nicht mal eine galerie seiner eigenen fotos ansehen. das geht alles über die iOS-app — oder dritt-dienste, die die instagram-API benutzen. instagram.heroku.com macht das zum beispiel und bietet auch gleich einen RSS-feed an, so dass ich auf der rückseite von wirres auch meine instagram-zeitleiste abbilden kann.
ich guck den elektrischen reporter ja immer wieder mal. positiv bemerkt habe ich, dass mario sixtus seine alberne pixel-krawatte nicht mehr trägt und das steife 50er-jahre-reporter-gebaren abgelegt hat — und das leider mit einem gestenreichen erklärbären-handgefuchtel ersetzt hat. trotzdem. früher war alles besser, auch der elektrische reporter, als mario sixtus sich noch als one-man show von konferenz zu konferenz und netz-promi zu netz-promi gehangelt hat.
aber das ist vorbei. der elektrische reporter ist erwachsen geworden und riecht jetzt halt ein bisschen unter den armen. ich kann mit dem format leben. eine reportage, ein tweet, ein blick in die zukunft. obwohl mich der blick in die zukunft meist zum vorzeitigen abbruch des streams inspiriert. nicht so meine sache. aber …
die aktuelle ausgabe beschäftigt sich mit mikrokredit-gedöns und der geschichte von einem tweet von @einaugenschmaus. als ich den teil mit @einaugenschmaus sah, der, wie sie es stets fordert, ordentlich untertitelt war, fragte ich mich, hätte man angesichts des auftritts von julia probst nicht einmal die ganze sendung untertiteln können? einmal? und ich fragte mich, warum wurde julia probsts stimme, das was sie erzählte, mit zu lauter, ziemlich unerträglicher und unpassender musik fast unhörbar gemacht? ja, auch bei mario sixtus’ ansagen daddelt ein hintergrundgeräusch, aber nicht zu laut und nicht so laut, dass man ihn nur hört, wenn man die (nicht vorhandenen) untertitel mitliest? meinten die macher der 140 sekunden, dass es besser sei, man hörte julia probst nicht? war es ein fehler? in der youtube-version wird das was julia probst sagt von einer off-stimme nachgesprochen. in der elektrischer-reporter.de-version nicht. genervt hat die überdrehte mucke leider ohne ende.
aber vor allem frage ich mich, wie man in einer sendung eine gehörlose die forderung nach gleichem zugang zur gesellschaft aussprechen lässt, und dann, wenn sie fertig geredet hat, die gehörlosen wieder ausschliesst, indem man die untertitel für den rest der sendung weglässt.
[nachtrag 27.10.2011]
ich habe heute vormittag und gerade eben ein paar kleine textkorrekturen und fehler ausgemerzt. falls sich jemand wundert.
[nachtrag 27.10.2011, 20:55h]
#bbpBox_129565161177624577 a { text-decoration:none; color:#823600; }#bbpBox_129565161177624577 a:hover { text-decoration:underline; }
Lieber @sixtus, da hat @diplix recht - warum wurde nur der Beitrag mit @EinAugenschmaus untertitelt?http://t.co/r9iqA9PA
vor ein paar jahren haben irgendwelche scherzkekse bemerkt, dass man der domain schlecker.de die subdomain ar. vorstellen kann und so einen wunderbaren fäkalwitz produzieren kann: http://ar.schlecker.de
nachdem der witz 2004 ein paar monate durchs internet getrieben wurde, schaltete schlecker alle subdomains der domains schlecker.de und schlecker.com im nameserver ab. kein ar.schlecker.de mehr.
heute las ich erstmals, dass schlecker ein blog hat. unter dieser url:
henning tillmann hat ein bild gebaut, das zeigt, dass die unfreiwillige und unwissentliche weitergabe von daten und das sammeln von daten nicht nur ein problem sind, sondern im wesen des internets und der vernetzung liegen.
jeder der einen browser benutzt hinterlässt damit daten — und zwar nicht nur eine IP-adresse. das ist einerseits die schlechte nachricht, aber eben auch die realität. die realität auf mehr oder weniger allen webseiten der wwwelt. auch auf webseiten, die sich über die datensammelwut von facebook echauffieren, auf datenschützerseiten und auf dieser website.
besucher von wirres.net übermitteln bei jedem besuch daten an js-kit.com (kommentare), flattr (die servieren den flattr button in einen iframe), google (von dort hole ich mir die jquery-javascript-bibiothek), mokono (anzeigen), vgwort.de und die firma canhost (dort ist meine site gehostet). die übertragung der jquery-bibliothek könnte ich mir sparen (indem ich die bibliothek selbst hoste), aber auf kommentare, anzeigen und den flattr button möchte ich nicht verzichten. die übertragung von daten zu facebook, googleplus, readability, twitter habe ich deaktiviert oder genauer mit einem klick-einverständnis gekoppelt. das heisst, wer den facebook-like-button benutzen will — und damit einverstanden ist seine daten zu facebook zu übertragen — muss einmal auf das hand-icon unter jedem artikel klicken, wer den 1+-button sehen will muss auf den 1+-link unter jedem artikel klicken. erst dann werden jeweils daten zu den jeweiligen diensten übertragen.
bei spiegel.de sieht es nach einem kurzen, unvollständigen blick in die http-anfragen der titelseite so aus, dass daten übertragen werden zu quaility-channel.de, mediaplex.com, facebook.com, newtention.net, mlsat03.de, eatsmarter.de, fbcdn.net, instanttraffic.de.
bei lumma.de werden beim aufruf der startseite daten http-anfragen zu folgenden adressen getätigt: hellobar.com, googleadservice.com, stumbleupon.com, google.com, twitter.com, googlesyndication.com, facebook.net, amazon.de, wordpress.com, google-analytics.com, tilli.me, vgwort.de, lytro.com, gstatic.com, fbcdn.net, cloudfront.net, assoc-amazon.de, amazonaws.com, doubleclick.net, ytimg.com, socialstatistics.com, tumblr.com, profiseller.de, creativecommons.org, tweetmeme.com, questionmarket.com, sensic.net, newrelic.com, 2mdn.net, twimg.com, quantserve.com, googleusercontent.com, dlqm.net und amazon.de. stolze 201 http-anfragen auf der startseite (insgesamt 49 bei spiegel.de).
was das bild von henning tillmann zeigt, ist welche daten potenziell mit einer solchen http-anfrage übertragen werden. und es zeigt, wo der einzige ansatzpunkt für datenschutz ist: im browser.
wenn ich nicht möchte, dass facebook daten auf dritten webseiten die ich ansurfe angefragt und potenziell ausgewertet werden, kann ich meinem browser sagen, diese verbindung zu blockieren. wenn ich nicht möchte, dass undurchschaubarer javascriptcode irgendwelche daten von irgendwelchen fremden servern lädt, kann ich javascript deaktivieren. manche merkmale der site die ich dann gerade besuche würden dann nicht mehr funktionieren, zum beispiel nico lummas beeindruckende werbe- und widget-sammlung die jeden laptop, aber wenig nutzer heiss macht. bei mir funktionieren ohne javascript die anzeigen, die kommentare und ein paar andere kleinigkeiten nicht mehr.
was ich sagen wollte: das netz lebt und funktioniert nicht nur durch hyperlinks, sondern durch die vernetzung, mashups, widgets, werbebanner und anderen eingebetteteten scheiss. ja es finanziert sich sogar dadurch. oder anders gesagt, die überschreitung der strengen deutschen datenschutzrichtlinien ist das wesensmerkmal des netzes und wurde nicht durch facebook oder google oder wie marcel weiss philip hetjens sagt, von der „wirklichen datenkrake“ amazon erfunden.
Ich behaupte nicht, dass Google, Facebook und Apple aus datenschutzrechtlicher Sicht nicht in Schach gehalten werden müssen. Aber Amazon hat bisher relativ unbehelligt Daten angesammelt, die für Verbraucher schon jetzt gefährlich werden können. Sie geben Auskunft über unsere finanziellen Möglichkeiten und unsere emotionalen Vorlieben auf persönlicher als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Kein anderes Internetunternehmen verfügt über solche exakten und umfangreichen Bonitätsdaten. Während Datenschützer sich auf Facebook eingeschossen haben, scheint die wirkliche Datenkrake von ihnen sehr wenig Beachtung zu finden.
wo die gefahren, nichtgefahren oder gar chancen des netzes und unserem freizügigen umgang mit daten liegen, haben datenschützer, politiker, aber auch wir, nicht mal ansatzweise erkannt. und das finde ich dann auch wieder irgendwie beruhigend. denn: ich weiss dass ich nichts weiss und was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss.
[nachtrag 26.10.2011]
hm. vergessen zu henning tillmann zu linken. also im sinne von gewollt, aber nicht dran gedacht. ich wollte es, schliesslich war sein artikel der ausgangspunkt meiner überlegungen. besonders absurd: ich habs gemerkt, weil ich nicht bei rivva aufgetaucht bin.
ausserdem muss ich natürlich auf diesen artikel von hadmut danisch hinweisen, der mir den gedanken, dass datenschutz nur im browser möglich ist, in den kopf gesetzt hat. danke für die erinnerung .
meine mutter erzählte, dass das iphone eines bekannten kaputt gegangen sei. mit ausrufezeichen. dabei sei es nur vier jahre alt gewesen.
ich so: wow, so lange hat das gehalten!
sie so: wie? [besorgt] meinst du mein iphone hält auch nur vier jahre?
da fiel es mir wie schatten schuppen von den augen: frauen sind auf der welt um die männer mit der realität abzugleichen.
wenn ich zurückdenke an mein vorletztes handy, das (den?) o2 xda orbit, kommt er mir vor wie ein steinzeit-telefon — dabei ist der gerade mal 3¼ jahre alt. den pre habe ich mir vor zwei jahren gekauft. beide kommen mir mittlerweile (nach einer woche iphone 4S) so veraltet und schwerfällig wie ein opel senator vor.
faszinierend! auf dem starbucks-logo sieht man eine nackte meerjunfrau. man kann ihre brustwarzen und ihre fortpflanzungsorgane sehen — wenn man sie auf den becher malt.
(witz von craig ferguson geklaut, sendung vom 29. september 2011)
heute habe ich hape kerkeling ungefähr fünfmal gesehen. zwei oder dreimal verkleidet auf plakatwänden, für diese 2DF-sendung, einmal verkleidet und mit gebiss auf einem krüger-kaffee aufsteller im netto und bei ner litfass-säule fiel mir dann auf, dass man die hape-werbung eigentlich fotografieren müsste und sammeln. ein bild hab ich schon, also hab ich ein tumblr-dings aufgemacht: werbehape.tumblr.com. weitere bilder folgen.
montags kauf ich mir vor meiner fahrt von hamburg nach berlin immer den tagesspiegel. in berlin kauf ich mir den tagesspiegel nie, da bin ich mit dem leer-lesen des internets vollauf beschäftigt. im zug gibts kein (zuverlässiges) internet, deshalb hab ich immer altpapier dabei. bis jetzt.
mit dem neuen iphone-OS und dem iphone-kiosk („newsstand“) in dem auch der tagesspiegel zu bekommen ist, hab ich mir am monatg den weg zum kiosk gespart und habe mir die montagsausgabe in der tagesspiegel-app als pdf aufs iphone geladen.
normalerweise, wenn ich einen interessanten artikel im tagesspiegel finde, das passiert manchmal (beispiel), fotografiere ich den ab oder notiere mir die überschrift um ihn später zu vesenden oder zu verlinken oder drüber zu bloggen. in der tagesspiegel-app lassen sich artikel glaube ich auch zu facebook sharen, aber eben auch abfotografieren und per email versenden.
heute früh (dienstag) hab ich den tagesspiegel tatsächlich auch gelesen, allerdings nicht als pdf, sondern als kompaktere text-version. das ging auch gut. und schnell. und angenehm.
bis zum 13.11.2011 ist das tagesspiegel-abo kostenlos. das werde ich bestimmt noch das eine oder andere mal nutzen.
Nach Abschluss der 30-tägigen Testphase können Sie ePaper-Ausgaben im Einzelkauf für 0,79 € oder im Rahmen verschiedener Paketangebote erwerben.
und das werde ich sicher auch nutzen. statt der altpapierversion für, wie ich glaube, mittlerweile einen euro vierzig (ausserhalb von berlin), sind 79 cent doch echt OK. lässt sich offline lesen, abfotografieren, teilen und auf andere geräte transferieren. gute sache.
was ich auch mag, sind wie immer die details: das app-icon auf dem iphone zeigt stets, ganz klein, aber erkennbar, das aktuelle, bzw. zuletzt heruntergeladene titelblatt.
den hinweis wollte ich eigentlich in die links packen, habe mir aber heute abend aber schon zwei sendungen von der „vorkoster“ angesehen und bin begeistert. folgendes hätte in den links gestanden:
peer schader über björn freitag der für den WDR den „vorkoster“ macht und sich anguckt wo das essen im supermarkt herkommt und was drin ist.
ich habe mir die sendungen „ Wie gesund ist Salat wirklich? “ und „ Welche Milch ist wirklich gut für uns? “ angesehen und bin ziemlich angetan. björn freitag stellt genau die richtugen fragen und verfolgt welche wege die lebensmittel vom produzenten zu uns in den supermarkt nehmen. das ist teilweise ziemlich spannend und überraschend. so legen die laborergebnisse der milchanalysen nahe, dass auch bio-kühe und die kühe die „faire milch“ produzieren, in ihrem leben kein gras ins maul bekommen haben.
zum thema miclhkühe lohnt es sich vielleicht auch die reportage von harald martenstein zu lesen, die er 2007 in den tagesspiegel schrob.
„der vorkoster“ ist sehr sehenswert, hier kann man sich die älteren sendungen ansehen.
ich hab nach drei vier absätzen aufgehört diesen text von anja maier zu lesen. ich fand den text in etwa so vergnüglich wie einen quersitzenden furz oder eine zehn minuten doku-soap im privarfernsehen gucken. langweilig und auch ein bisschen schmerzhaft. schmerzhaft, weil mir fremdschämen halsschmerzen verursacht (von den klössen) und mir manche arten humor darmprobleme bereiten (eine art brechreiz).
eigenartigerweise schreibt anja maier teilweise ganz witzig, wenn sie über ihre eigenen unzulänglichkeiten und ihre kinder und familiengedöns schreibt. teilweise setzt sie unter ihre texte aber auch eine warnung: „Liebe Leserbriefschreiber! Ich geruhte zu scherzen.“
anja maier ahnte also bestimmt, was passieren würde, wenn sie einen text in der taz veröffentlicht über „rinder“ die im café ihre „euter“ rausholen um ihre kinder stillen und irgendwie total stören und doch wieder dahin gehen sollten „wo sie herkommen“: viele leserbriefe und viel empörung. und ein paar leute die herzhaft lachen.
wegen derempörung (facebooklink, möglicherweise nicht für jeden sichtbar) bei vielen denen ix folge, hab ich mir den text dann doch nochmal ganz durchgelesen. das problem mit dem text ist meiner meinung nach, dass er wie poliertes messing-imitat wirkt. angeblich rantet in dem text eine café-besitzerin über die nervigen prenzlbergmütter („rinder“). das ganze ist aber so überzogen und thematisch eigenartig weit aufgespannt, als hätte anja maier das vorher gegliedert und dann an den gag-schreiber von oliver pocher übergeben, damit der das mit pocher-pointen spickt.
authentisch wirkt der text nichtmal ansatzweise, was dann die ohnehin nicht vorhandenen distanz von anja maier zum gesagten noch weiter schmälert. man erkennt nicht mehr, hasst anja maier die mütter oder die café-besitzerin oder beide — oder keine von beiden, weil das einfach mal raus musste und ja auch so „erschreckend wahr, […] tragisch und vor allem urkomisch“ ist?
die hasstiraden werden bedauerlicherweise auch nicht gebrochen. hasstiraden sind manchmal mit selbstbeschimpfung und explizitem selbsthass ganz gut zu ertragen. bosch kann sowas super. sich selbst, die welt — alles hassen — und ich muss trotzdem fast immer kichern, wenn ich bosch lese. auch das kann ein grandioses missverständnis sein, genauso, wie ich vielleicht den bruch, die ironie, die relativierungen oder brüche bei anja maiers euter-text nicht zu erkennen vermag und sie und ihren euter-humor deshalb nicht verstehe.
jetzt könnte der einwand kommen: aber es sind doch nicht anja maiers worte in dem artikel! naja, wörtliche zitate sind das aber sicher auch nicht. ich glaube, dass da ne menge literalisiert wurde. oder im besten falle suggeriert.
bei peter praschls texten hab ich auch nicht immer das gefühl, dass sie von einem grossen menschfreund geschrieben wurden. aber er kann dinge wunderbar auf den punkt bringen. wie jetzt. in diesem text hat er die ressentiments aus anja maiers text gezogen und gibt den als „euter-rinder“ beschimpften prenzlbergmüttern ein gesicht. das gesicht seiner frau: „Meine Frau. Das Arschloch.“
Die Frau, die ich liebe, mit der ich lebe und mit der ich ein Baby habe, ist so eine Prenzelbergmutter. Ein Arschloch. Sie hat es sich nicht ausgesucht. Die Adresse und das Kind, aber nicht, den Arschlochhassern Anstoß zu sein, aus dem einzigen Grund, dass sie sichtbar ist. Die Arschlochhasser können sie sehen. Wenn sie mit dem Kinderwagen unterwegs ist, mit dem Kind im Kaffeehaus sitzt, mit dem Kinderwagen einkaufen geht.
witzig ist das was peter praschl schreibt auch nicht. aber man kann es schmerzfrei lesen. naja, ein bisschen tuts weh, weil praschl recht hat.
ich mach mich ja auch gerne lustig über funktionskleidungsträger im prenzlauer berg (und anderswo) und mir fällt auch hin und wieder auf, dass mütter, so ganz allgemein, auch viel älter sind als früher, wenn sie kinder kriegen. manchmal, wenn ich irgendwo sitze, egal ob in hamburg, berlin, im prenzlauer berg oder in der speicherstadt, rege ich mich auch mal über kindergeschrei auf. öfter aber noch über das geschrei von leuten die nicht in normaler lautstärke reden können oder meinen im zug in ihr telefon schreien zu müsssen, obwohl die mikrofone in modernen telefonen wirklich sehr, sehr empfindlich sind. man glaubt es kaum, aber es gibt jemanden der montags im ICE von hamburg nach berlin pünktlich um 6:25 furzt. dagegegn ist kindergeschrei eine wonne.
gerade gestern mal wieder, sass im balzac eine nicht mehr besonders junge mutter mit ihrer dreijährigen tochter neben mir und redete auf ihr kind ein. dass es das croissant jetzt langsam mal aufessen solle, sich ein bisschen beeilen solle, nicht so viel mit dem essen rumspielen solle und ganz allgemein, dass sie essen nicht wegwerfen möchte und jetzt langsam mal los müsse. das nervte irgendwie gar nicht, was nervte, war der kläffer den eine frau ohne kind und ohne kinderwagen mit ins balzac gebracht hatte und der dann die gelegenheit ergriff und kläffte.
ich kann mich oft einfach nicht entscheiden, was mehr nervt. kläffer, laut-telefonierer im zug, hundekacke auf dem gehweg, fickgeschrei im hinterhof, leute die im ICE furzen, kinder die laut sind oder eltern die ihre kinder anschreien, sie sollten jetzt mal leise sein. oder diese unablässig „pssssst“-zischenden eltern.
das ist irgendwie alles wie beim blog-geschlecht. ich weiss nicht was mehr nervt, leute die sich über leute aufregen die „der blog“ sagen — oder leute die tatsächlich „der blog“ sagen. vielleicht sollte man sich doch weniger aufregen?
überhaupt. was gibts eigentlich gegen latte macciato zu sagen? oder allgemeiner, gegen guten kaffee?
und: ab wann ist man eigentlich ein yuppi? wenn man kaffee für einen euro kauft, zwei oder drei? oder wenn man eine kaffeemaschine für 100, 200 oder mehr als 300 euro kauft? wenn man tomaten auf dem markt kauft? oder wenn man gar zu aldi geht? aus schwaben kommt? (ich bin nach dem studium aus stuttgart nach berlin gezogen.)
ist man ein yuppi wenn man bestimmte zeitungen bei kaffeetrinken liest oder wenn man zeitung oder facebook oder sonstwas auf einem bildschirm liest?
tragen yuppis wirklich alle funktionskleidung? und sind die prenzlbergmuttis wirklich an der gentrifizierung und dem schlechten humor der schlechten laune von ex-ossis, die sich in „ihre alte Heimat begeben“ schuld?
während ich so im internet über #occupywallstreet und #0zapftis lese kam mir mal wieder der gedanke in den sinn, warum ich ins internet schreibe: weil ich mich gerne aufrege und ich aufregen für eine der triebfedern des bloggens halte. und dieses aufregen, sich über etwas konkretes oder weniger konkretes aufzuregen, ist nicht nur eine triebfeder des bloggens, sondern auch ein weg etwas zu ändern. wenn sich nur genug leute aufregen und das hörbar artikulieren, ändert sich als erstes die wahrnehmung. die wahrnehmung, dass man einfach so weitermachen könne. die wahrnehmung, dass die mehrheit schon ruhig bleiben wird. die wahrnehmung, dass sich ausser einem selbst niemand aufregt.
ob man seine empörung nun ins internet schreibt oder irgendwann sogar auf die strasse geht ist nicht entscheidend. entscheidend ist sich hörbar oder sichtbar aufzuregen. über ungerechtigkeit, gier, dummheit, unverfrorenheit, lügen.
wichtig ist auch, sich nicht einreden zu lassen, dass man eine versalzene suppe nur kritisieren dürfe, wenn man kochen könne. sich über eine versalzene suppe zu empören steht jedem frei. wichtig ist nur, dass man es tut, auch wenn es in anderen teilen der welt salzigere oder gar bittere suppen gibt.
selbst christopher lauer von den piraten regt sich jetzt endlich auf (und zerschiesst dabei ausversehen ein paar fakten, aber das ist OK). sich still aufregen sollte nur die vorstufe zum sich laut aufregen sein. wenn alle unzufriedenen laut rufen, kann es zwar sein, dass man keine agenda oder einzelforderungen mehr heraushört, aber das ist erstmal egal. wichtig ist zu verstehen, dass man eine stimme hat — und das diese stimme hörbar ist.
thomas pleil wundert sich ob und wie delicious ihn beim kuratieren von ledetipps unterstützt.
Digitales Kuratieren ist ein Dienst für andere, um ihnen Lesetipps zu geben und einzelne Fundstücke aus dem rasenden Infostrom des Internets festzuhalten.
[…]
Ich finde einen interessanten Beitrag, kommentiere ihn kurz und verschlagworte (tagge) ihn. Das Ganze wandert dann (einschließlich Tags) in mein Blog – zu meinen Lesern. Mir war diese Möglichkeit besonders sympathisch: Erstens, weil ich diese Art von Beiträgen auch bei anderen gern lese, zweitens, weil das Ganze in mein Ecosystem hineinkommt, drittens, weil der Aufwand für mich relativ gering ist, denn ich muss nicht eine halbe Stunde am Stück meine Links zusammenkramen, sondern lege sie ab, sobald ich drüber stolpere.
[…]
Doch – und damit endlich zur Überschrift – Delicious mag das nicht mehr.
auf der einen seite arbeitet delicious daran, neue wege für das kuratieren, das weitergeben von lesetipps zu entwickeln, andererseits wurden beim neuen delicious einige erprobte und liebgewonnene methoden deaktivert — möglicherweise auch nur zeitweilig.
mir war die methode, mit der delicious links in weblogs posten konnte einerseits immer ein bisschen suspekt, andererseits ein bisschen zu unflexibel und vor allem funktionierte sie mit meiner blogsoftware nicht. wenn ich mich recht erinnere musste man delicious einen zugang zu seinem blog per username und passwort geben und delicious postete die links dann als artikel per xml-rpc in, beispielsweise, wordpress.
bei mir hat es eine weile gedauert bis ich es umgesetzt habe, aber die lösung ist RSS.
im juni habe ich ein kleines script geschrieben, dass die links des vortages per RSS einliest, daraus nach meinen vorgaben einen artikel baut und veröffentlicht. als mir delicious jetzt im september zu unbenutzbar wurde, konnte ich einfach durch ändern der feedadresse die funktionalität beibehalten — mit pinboard, statt delicious. meine twitter-favoriten sammle ich ebenfalls per RSS ein und lasse sie einmal monatlich veröffentlichen.
RSS ist sowas von nicht tot. RSS ist, neben dem browser, das stück technik das ich am meisten benutze. einmal um an informationen, links, leseempfehlungen ranzukommen (über die 971 RSS-feeds die ich abonniert habe, plus die 221 leute, die mir gelegentlich etwas in meinen google reader reinsharen), aber auch um das was ich für lesenwert halte oder selbst schreibe wieder zu verteilen.
393 leute folgen meinen empfehlungen im google-reader (link, RSS-link), dem RSS-feed von wirres.net folgen (laut feedburner) ca. 4000 leute (die anzahl der besucher — laut piwik — schwankt auf der seite selbst so zwischen 1000 und 1500). den wirres.net-RSS-feed füttere ich wiederum per twitterfeed.com in das @wirresnet-twitter-account, immerhin 188 leute folgen den dort automatisch geposteten artikelüberschriften und links (die von pinboard an twitterfeed per RSS eingespeist werden). auf facebook folgen immerhin knapp 100 leute dem automatisch dort (per RSS) eingespeisten artikelüberschriften und anreissern auf der wirres.net-facebook-seite.
ich will jetzt gar nicht über die sinvölle davon sprechen, die eigenen RSS-feeds auf facebook oder twitter automatisiert aufschlagen zu lassen — was ich sagen will: RSS werkelt da überall im hintergrund — ohne dass man dafür grossartig programmieren können muss.
ausser mir mag und sieht zwar niemand meine links-seite, aber alles was dort auftaucht, meine twitpics, hinweise auf seiten die auf wirres.net linken, meine letzten formspring-antworten oder meine lieblings-tweets — wird alles per RSS eingelesen, zwischengespeichert und HTMLisiert dargestellt.
was ich sagen wollte: RSS ist nicht tot. und RSS ist der weg um eigene inhalte aus den „walled gardens“ von drittanbietern zu befreien.
letzte woche donnerstag las ich auf dwdl.de eine pressemitteilung der firma laterpay (original PDF). während dwdl, die sich gerade selbst gross gefeiert haben, genau wie horizont.net, die pressemitteilung für sich sprechen lässt, recherchiert und hinterfragt das online-magazin kloake gulli in einer meldung zur pressemitteilung ein bisschen:
Ab 2012 soll es bei dem Nachrichtenportal Stern.de eine tiefgreifende Veränderung geben. Konkret sollen spezielle journalistische Inhalte ab dann über ein Bezahlsystem abgerufen werden können. Die Bezahlung wickelt der Münchner MicroPayment-Entwickler LaterPay ab.
[…]
Ebenfalls nicht gänzlich uninteressant ist in diesem Zusammenhang, dass das Unternehmen keine bisherigen Nutzer des Systems vorstellt und sich solche bei einer schnellen Suche auch nicht finden lassen. Laut dem Handelsregisterauszug wurde der Unternehmenszweck auch erst vor wenigen Monaten explizit hinsichtlich "Payment Interaktionsverfahren" erweitert.
in der pressemitteilung zitiert sich laterpay-gründer und -geschäftsführer cosmin-gabriel ene wie folgt:
Von Anfang an wurde LaterPay konsequent aus Sicht des Users entwickelt und auf die Bedürfnisse der Paid-Content- Anbieter ausgerichtet. Wesentliches Ziel von LaterPay ist die Heranführung des Users an Paid-Content über niedrige Einstiegsschwellen.
nichts gegen micropayment, im gegenteil, ein funktionierendes system wäre grossartig.
ich bin allerdings skeptisch. ganz allgemein, wenn ich mir die website von laterpay ansehe, wenn ich ankündigungen von ungelegten eiern lese und vor allem, wenn ich sätze lese wie diese:
LaterPay kombiniert die Benutzerfreundlichkeit von kostenlosem Content mit einer Zahlungsverpflichtung und senkt dadurch die Einstiegshürde in die Welt des bezahlten Contents signifikant. LaterPay wandelt unbekannte User in zahlende User.
laterpay behauptet, dass man sich als benutzer „weder vorher registrieren“ muss, noch „vorab persönliche Daten oder Kontodaten bekannt geben“ müsse. solange der warenkorb noch keine fünf euro erreiche, entstünden keine kosten und es seien weder eine registrierung, noch die angabe „persönlicher daten“ notwendig.
wie das funktionieren soll?
LaterPay bedient sich der ganzheitlichen, patentierten HoloTrack-Technologie, um das Endgerät des Users zu begleiten: vom Zeitpunkt der ersten Nutzung von kostenpflichtigem Content bis zur Zahlung.
gnihihi. ganzheitliche holotrack-technologie. was mich wundert: warum nicht auch noch „nachhaltig“?
am 29.09.2011 schronb ix eine email an laterpay, um nachzufragen was denn an kosten auf benutzer zukomme, wenn sie mehr als €5 im warenkorb haben und welche persönlichen daten dann angegeben werden müssten, die mail kam aber als unzustellbar zurück. wohlgemerkt: ich habe die email an die auf der website angegebene emailadresse geschrieben.
immerhin wurde die email an den „Kontakt für Presse“ zugestellt und einen tag später beantwortet: „wir haben Ihre Fragen an LaterPay weitergeleitet und melden uns mit den Antworten, sobald uns diese vorliegen.“
drei werktage später: keine antwort, aber dafür wurde die erwähnung der „ganzheitlichen, patentierte HoloTrack-Technologie“ von der website gestrichen. im google-cache ist sie noch zu finden (siehe screenshot unten), auf der website heisst es jetzt „LaterPay bedient sich einer zum Patent angemeldeten Technologie, um das Endgerät des Users zu begleiten.“ statt „LaterPay bedient sich der ganzheitlichen, patentierten HoloTrack-Technologie, um das Endgerät des Users zu begleiten.“ schade um das schöne buzzwording.
ich vermute meine fragen werden noch einige monate unbeantwortet bleiben. heute (06.10.2011) schickte mir die pr-agentur von laterpay folgende antworten. wer die genau beantwortet hat ist nicht ersichtlich, ich packe die antworten als zitat unter meine fragen:
sehr geehrte damen und herren,
ich würde auf wirres.net gerne etwas über „ihre ganzheitliche, patentierte HoloTrack-Technologie“ schreiben, bzw. das das micropayment-bezahlsystem das sie gerade (zusammen mit stern.de?) entwickeln. dazu habe ich ein paar fragen, die sich auf ihrer website nicht beantworten liessen:
HoloTrack heisst nun Fair Track.
* sie schreiben, dass keine kosten entstehen, bevor „der warenkorb“ nicht mehr als 5 euro erreicht. welche kosten entstehen mir als nutzer, wenn der warenkorb mehr als 5 euro erreicht?
Ihnen als Nutzer entstehen niemals Kosten für die Nutzung derTechnologie. Sie bezahlen nur für den Wert der Waren. Ähnlich wie am Zeitschriftenkiosk. Da bezahlen Sie auch nur die Zeitschrift – die Kosten für den Bezahlprozess trägt der Produzent der Zeitschriften. Wenn Sie also Artikel im Gesamtwert von für 5 Euro konsumiert haben, bezahlen Sie die 5 Euro. Wenn Sie einen Warenkorb von z.B. 5,12 Euro haben, bezahlen Sie die 5,12 Euro Rechnung und die Rechnung wird dann auf 0 gestellt.
* wenn ich mich registriere, welche daten müsste ich ihnen dann angeben?
Die Mindestinformationen, die für einen Onlinekauf notwendig sind.
* welche zahlungsmöglichkeiten bieten sie an? (kreditkarte, paypal, überweisung, handy?)
Die Auswahl an klassischen Bezahlanbietern wird beim Markteintritt bekanntgegeben und laufend erweitert werden.
* welche kosten entstünden mir als anbieter? könnte ich beispielsweise einen artikel für 10 cent verkaufen? welche provision würden sie von 10 cent oder beispielsweise einem euro einbehalten?
Für das Pay per Use Modell rein erfolgsabhängige Kosten. Inhalteanbieter können bei LaterPay die Preise ihrer Produkte völlig selbständig und frei bestimmen. Vorgaben zu Preisgruppen und Mindetspreise wie bei iTunes, Android Marketplace etc. gibt es bei LaterPay nicht. Aus wirtschaftlichen Gründen empfiehlt LaterPay aber Preise von über 5 Cent. Bei Preisen von z.B. 5 Cent und abhängig von dem abgewickelten Volumen erhalten Contentanbieter bis zu 90% ausgeschüttet – bei 5 Cent Einzelpreis für einen Artikel also eine Ausschüttung von 4 bis 4,50 Cent.
Bei Metered Model / Abo Modellen werden bis zu 90% ausgeschüttet.
* benötige ich als nutzer von laterpay einen browser-plugin oder funktioniert der einkaufsvorgang mit allen üblichen browsern — ohne proprietäre erweiterung?
Sie benötigen keinen Browser Plugin. LaterPay funktioniert mit allen üblichen Browsern.
* verstehe ich das recht, dass ich beispielsweise an einem öffentlichen internetterminal „artikel“ für ≤ 5 euro einkaufen könnte und die verkäufer um diesen betrag betrügen könnte, wenn ich wollte?
LaterPay hat intelligente Technologien eingebaut, um solchen Missbrauch auf ein Minimum zu reduzieren. Aber es wird – wie in der Offlinewelt, in der man seine Zeitschrift im Supermarkt auch unbezahlt lesen kann – auch im Internet nicht ausgeschlossen sein, dass sehr fachkundige User den Content-Anbieter "prellen". Die allermeisten Menschen sind aber nicht bereit und oft gar nicht in der Lage wegen 5 Cent den Aufwand zu betreiben um den Verlag zu hintergehen – das ist auch die Zielgruppe von LaterPay: Menschen die bereit sind einen nachvollziehbaren Preis für Content zu bezahlen, so lange das Bezahlen einfach ist.
Wir sind sehr nutzerfreundlich, geben uns aber gleichzeitig große Mühe den Missbrauch im Sinne des Verlags so gering wie möglich zu halten.
* wenn ich einen artikel bei stern.de kaufte, würde stern.de niemals erfahren, dass felix schwenzel diesen artikel gekauft hat, sondern nur ein john doe? kann ich als benutzer steuern welche daten sie ihren b2b-partnern weitergeben?
Nein, stern.de erfährt nicht einmal von „john doe“. LaterPay ist ein Dienstleister für Content-Anbieter und wird deswegen den höchsten Verbraucherschutzstandards entsprechen. Der Datenaustausch zwischen Content-Anbieter und LaterPay besteht aus einer rein monetären Abrechnung der gekauften Produkte – ähnlich einer Abrechnung eine Kiosks an einen Verlag, bei der ein Verlag auch nicht erfährt, welcher, dem Kioskbesitzer bekannte Kunde das Magazin oder die Zeitung gekauft hat.
* wann planen sie ihr system zur marktreife gebracht zu haben?
stern.de ist das erste namhafte Haus, mit dem wir das marktreife LaterPay-System, das seit Anfang 2010 programmiert wird, unter Marktbedingungen testen wollen, um ggf. weitere Anforderungen von Usern und Contentanbietern zu integrieren. Im nächsten Jahr wird es eine schnelle, gestaffelte Einführung neuer Produkte mit weiteren Kunden geben.
(auf wirres.net beobachte und berichte ich seit einigen jahren über pläne und ankündigungen von micropayment-systemen und habe dazu auch artikel auf screen.tv, zeit.de und jungle-world.com veröffentlicht. an grösstenteils gescheiterten versuchen ist dieses genre, wie sie sicher wissen, nicht arm.)
gruss,
felix schwenzel
[links habe ich für diesen artikel hinzugefügt, auf zeit.de habe ich artikel veröffentlicht, allerdings keinen über micropayment, aber mit der zeit lässt sich halt gut prahlen.]
[nachtrag 06.10.2011] zu den oben nachgetragenen antworten von laterpay möchte ich noch anmerken, dass laterpay die bisher interessanteste vaporware ist, von der ich dieses jahr gehört habe. die fehlende konkrete antwort auf meine frage nach der marktreife lässt mich jedoch vermuten, dass das jahr 2012 sehr lang werden wird. überhaupt frage ich mich, wozu eine derart frühe ankündigung eines unfertigen produkts dient. aquise? prahlerei? aufscheuchen des wettbewerbs? die im stil und mit der technik der 80er jahre gestaltete website, dürfte bei der aquise allerdings nicht so irre hilfreich sein.
ich weiss nicht ob ich die neue media markt-kampagne verstehe. sie schreit „Das Ende des Preis-Irrsinns“ aus und behauptet, media markt mache „den klarsten Preis“. was ein klarer preis sein soll weiss ich nicht. der niedrigste preis ist es definitiv nicht, wie der media-saturn-chef horst norberg im FAZ-interview betont. um den preis zu beschreiben wählt er adjektive wie „hoch attraktiv“, „tief“, „klar“, „stabil“, „real“. das wort „günstig“ kommt ihm im zusammenhang mit der media-markt-preisgestaltung nicht über die lippen. stattdessen:
Wir bekennen uns zu Preiswahrheit und -klarheit.
was auch immer das heissen soll.
auf der kampagnen-site sieht man auf die hypothetische frage „Da sind doch bestimmt Irgendwelche Zusatzkosten versteckt?“ folgendes:
(Antwort: „Bei uns gibt es nur einen Preis — und der ist von Anfang an klar. Da müssen Sie keine Nachnahme-, Kreditkartengebühr oder anderen Klimbim dazurechnen“)
schauen wir uns mal einen preis an. bei den aktuellen DSL-bundle-angeboten steht für t-online entertain comfort schonmal kein klarer preis, sondern zwei:
In den ersten 12 Monaten 39,95 statt 44,95
dadrunter steht klein geschrieben und in schwarzer schrift (statt wie sonst auf der gesamten media-markt-site mit weisser schrift) folgende fussnote auf die an fünf stellen mit einer (1) hingewiesen wird:
1) Bei Buchung bis 31.10.2011 kostet Entertain Comfort für Neukunden in den ersten 12 Monaten 39,95 €/Monat, der Festplattenrekorder MR 303 ist inklusive. Die Ersparnis von 10,– €/Monat wird vom Grundpreis des Entertain Paketes abgezogen. Ab dem 13. Monat beträgt der Grundpreis für Entertain 44,95 €/Monat. Voraussetzung für Entertain sind der Festplattenrekorder und ein IPTV-fähiger Router (ggf. zzgl. Versandkosten in Höhe von 6,99 €). Der Festplattenrekorder MR 303 kostet 4,95 €/Monat als Endgeräte-Servicepaket, Kündigungsfrist 6 Werktage. Die Mindestvertragslaufzeit des Entertain Paketes beträgt 24 Monate. VDSL 25 kann für 10,– €/Monat, VDSL 50 für 15,– €/Monat hinzugebucht werden. Bei Buchung von Entertain Comfort bis 31.10.2011 kostet VDSL 50 nur 10,– €/Monat. Einmaliger Bereitstellungspreis für neuen Telefonanschluss 59,95 € (entfällt bei IP-basiertem Anschluss). Entertain ist in vielen, VDSL ist in einigen Anschlussbereichen verfügbar. Voraussetzung für 3D ist ein 3D-fähiges Fernsehgerät sowie eine entsprechende 3D-Brille.
rechnen wir also mal den preis, die lieferkosten und das ganze andere klimbim zusammen:
12 monate zu 39,95€
12 monate zu 44,95€ (mindestvertragslaufzeit 24 monate)
versandkosten 6,99€ (steht als posten im kleingedrucken)
festplattenrekorder 4,95€ (muss man laut kleingedrucktem ab dem 13ten monat bezahlen, für 12 monate mindestens)
bereitstellung telefonanschluss 59,95€
das macht insgesamt 1.145,14€, also pro monat 47,71€. lässt man den vertrag 48 monate laufen, ergeben sich in den 48 monaten monatliche kosten von 48,81€.
mein verständnis von einem klaren preis wäre 48 euro pro monat. media markt versteht unter klaren preisen offenbar weiterhin kundenverwirrung, schlecht lesbares kleingedrucktes und zählt nach wie vor darauf, dass die kunden sich von tricksereien, täuschungen und schlecht lesbarem kleingedrucktem verwirren lassen.
mir fällt als neuer media markt claim eigentlich nur noch ein: verarschen kann ich mich auch selber.
grandiose analyse von jeff jarvis über das was unter dem schlagwort #OccupyWallStreet derzeit passiert:
#OccupyWallStreet is a hashtag revolt. […] A hashtag has no owner, no hierarchy, no canon or credo. It is a blank slate onto which anyone may impose his or her frustrations, complaints, demands, wishes, or principles.
So I will impose mine. #OccupyWallStreet, to me, is about institutional failure. And so it is appropriate that #OccupyWallStreet itself is not run as an institution.
ich glaube, er könnte recht haben mit seiner annahme, dass die ziellosigkeit, hierarchielosigkeit und meinetwegen auch die chaotische erscheinung genau die stärken dieses phänomens sind. ein phänomen das durch die neuen, schnellen, effektiven und ebenfalls dezantralen kommunikationsmöglichkeiten des internet erst möglich wurde. genauer, ein phänomen, dass die strukturen, die sich online bereits seit einiger zeit abzeichneten, jetzt auch in die sogenannte reale welt hinausträgt (wobei die unterscheidung von „real“ und „virtuell“ natürlich sinnlos ist).
das was ich mal über die blogoshäre gesagt habe, dass sie die erste gruppe ist, der ich mich zugehörig fühle, weil sie so ungeheuer heterogen ist, dass man sie gar nicht als gruppe bezeichnen kann, zeigt sich jetzt auch bei #OccupyWallStreet — keine grundsätze, keine ideologie, keine glaubensbekenntnisse. nur der ärger und frust und das bedürfnis das laut und deutlich zu sagen.
man kann das auch einen radikalen individualismus nennen, der technisch und organisatorisch durch das internet zusammengeklammert wird.
Now one needs a network. #OccupyWallStreet is that network, the headless tail.
hinzu kommt, dass wir institutionen nicht mehr trauen: banken, regierungen, medien, bildungseinrichtungen, religionen, parteien — sie alle verlieren vertrauen. mit den neuen technischen möglichkeiten schaffen wir es, alternativen zu diesen institutionen zu bilden, durch netzwerke, vernetzungen und meme. gedanken die einer äussert, der nächste aufgreift, besser, schlagkräftiger formuliert — und die irgendwann zu einem schlagwort (hastag) werden dass die losen gedanken klammert und in die welt trägt.
die im netzwerk geschaffenen alternativen verklumpen sich teilweise zu quasi-institutionellen einrichtungen (zum beispiel einer „piraten-partei“) die dann natürlich peinlich genau daruf achten müssen, vertrauen nicht wieder durch verklumpung oder geheimniskrämerei oder kumapnei oder institutionalisierung wieder zu verspielen.
wir leben eindeutig in einer spannenden zeit des umbruchs.
andererseits geht mir das institutionen-bashen auch auf den sack. pauschalkritik ist meistens dumm — oder ideologisch (oder beides). der einzelfall, das detail, die sachfrage gehört kritisiert. man kann begründen, dass beispielsweise frank schirrmacher unrecht hat. schwieriger wirds, wenn man begründen möchte, dass die FAZ unrecht hat.
oder konkret: zu sagen, der datenschutz balkanisiere das internet, ist mir zu ideologisch. wenn darüber nachgedacht wird ob die interpretation einiger datenschützer, dass IP-adressen ein persönliches datum sind, vielleicht über das ziel hinausschiesst, hört sich das schon ganz anders an. über solche fragen kann man dann auch streiten, über die these, dass datenschützer doof und gefährlich seien schon weniger.
was mich teilweise auch an der datenschützerkritischen diskussion stört: die datenschützer interpretieren die gesetze nur. gemacht wurden sie von den vertretern, die wir in die parlamente gewählt haben. da wäre es schon genauer, allerdings auch nicht hilfreicher, zu sagen, die deutsche rechtslage und die unfähigkeit unserer volksvertreter balkanisiere das internet.
von den oben genannten entschliessungen kommen mir einige durchaus sinnvoll vor (einige auch weniger). es sollte einem zumindest schwerfallen auf der einen seite datenschutz pauschal doof zu finden und einen absatz später auch die vorratsdatenspeicherung doof zu finden. datenschutz in sozialen netzwerken pfui, datenschutz bei staatlichen stellen hui? datenschutz nur so lange er die wirtschaftliche entwicklung nicht gefährdet?
manchmal erinnert mich die aktuelle diskussion um den datenschutz an die diskussion um die liberalisierung der finanzmärkte um die jahrtausendwende. da hiess es auch, wie bei weigert, wenn deutschland nicht auch wie der rest der welt die finanzmärkte dereguliere und liberalisiere, dass die banken dann einfach an freundlichere finanzplätze ausweichen würden und deutschland den anschluss verpassen würde, tausende arbeitsplätze verlieren würde und sich ins vorindustrielle zeitalter zurückkatapultieren würde. diese katastrophen-rhetorik, die katastrophen an die wand malt, wenn die datenschützer sich nicht zurückhalten, die banken nicht tun dürfen was sie wollen oder der gesetzgeber nicht hochgeschwindigkeits-dsl in jede wohnung bringt halte ich, um es freundlich auszudrücken, wenig überzeugend und wenig konstruktiv.
was mich auch nervt: ständig stellen wir uns die frage was durchsetzbar ist, statt uns zu fragen, was richtig ist. besonders krass fand ich das in einem anderen zusammenhang, als der nicht ganz unpolitische nico lumma laut fragte:
Ich frage mich allerdings auch, wie der HVV das Alkoholkonsumverbot in den U- und S-Bahnen durchsetzen will. Soll jetzt mehr Wachpersonal eingesetzt werden, um das Verbot durchzudrücken?
sollen wir jetzt also nur noch gesetze und vorschriften danach erlassen, was einfach durchsetzbar ist? keine regulierung der finanzmärkte, weil das ja gar nicht geht? schröder hat damals auch so argumentiert. wie nennt man sowas? neo-konservativ-resignativ? „SPD“ und „resignation“ ist schon mal ein passendes wortpaar, bringt uns aber natürlich auch nicht weiter.
aber vielleicht ist das ja das hauptproblem: was wir wirklich wollen, wissen wir einfach noch nicht. wir sollten aber versuchen es rauszufinden. auch wenn dagegensein schon mal ein guter anfang ist.
am samstag war ich zum ersten mal in einem apple store. also nicht in einer dieser elektro-fachmarkt abteilungen in denen man apple-produkte kaufen kann, sondern in dem von apple, in hamburg am jungfernstieg.
mehrere eher nebensächliche dinge haben mich schwer beeindruckt. einerseits scheinen fast alle der möbel aus massivholz gefertigt zu sein. viele möbel gibt es zwar nicht, ausser bänken, tischen und theken, aber die die es gibt sind äussert liebevoll gebaut. dass massivholzoptik schwer im trend ist hatte ich schonmal beschrieben, aber das was apple dort im store stehen hat ist echt massiv.
die bänke bestehen aus ca. 6 zentimeter dickem (geschätzt, nicht gemessen) birkenholzartigen planken (möglicherweise ahorn) in u-form mit einer strebe unten drunter. einfach und dekofrei.
die tische sind etwas komplizierter konstruiert. die tischbeine scheinen massiv zu sein, die tischplatte ebenso, aber sie hat ein innenleben (fotos vom innenleben). unter den tischen sind revisionsöffnungen um den kabelsalat unterzubringen, der in der tischmitte nach unten in den boden geführt wird. diese art der kabelführung spricht auch dafür, dass die tischbeine massiv, aus vollholz gefertigt sind. wären sie das nicht, hätte man sie dafür nutzen können die kabel nach unten zu führen.
die eigentliche tischplatte ist nicht wie sie auf den ersten blick scheint 10 oder 12 zentimeter dick, sondern nur etwa 4 oder 6 zentimeter. das kann man ganz gut erkennen wenn man die öffnungen an der tischoberseite ansieht, durch die kabel hindurchgeführt werden. und dort sieht man auch: alles massiv. unter den tischen ist an jeder ecke eine zweifach unterputz-steckdose eingelassen.
ich bin kein grosser freund von glas als raumelement oder einrichtungsbaustoff. glas ist immer irgendwie dünn, wirkt zerbrechlich und wenn man es genau betrachtet wirkt es gar nicht transparent, sondern massiv, weil es halt spiegelt. die treppen in apple stores sind (fast?) immer aus glas gebaut, was ich bis jetzt immer eher albern fand. als ich so eine treppe jetzt erstmals in echt sah, musste ich mein urteil revidieren. so wie apple das glas verwendet, zusammengeklebt aus mehreren scheiben zu einem ungefähr fünf zentimeter dicken ding wirkt das glas plötzlich wie durchsichtiger stahl. stark, kalt, glatt, glänzend — und hart sowieso. auch die details, wie die edelstahl-geländer befestigt sind und wie die glaswangen der treppe im boden verschwinden kann man besser nicht lösen. auch klug, die treppenstufen sind zwar auch aus glas, aber undurchsichtig gesandstrahlt und mit pickeln versehen die sie rutschfest machen.
genauso faszinierend wie die wenigen zum einsatz kommenden materialien (holz, glas, edelstahl, graue steinplatten als bodenbelag), ist der umgang mit dem raum. zweidimensional nennt man das glaube ich weissraum. dreidimensional könnte man es veredelung durch verschwendung nennen.
verschwenderisch wirkt auch der einsatz von ipads. jeder mitarbeiter, so scheint es, hat ein ipad in der hand und neben jedem ausstellungstück (und es gibt viele) liegt ein in plexiglas eingebettetes ipad mit preis- und technikinformationen. komischerweise sind an den preis-display-ipads keine ladekabel zu entdecken. zauberei? oder bin ich blind?
das erstaunlichste aber ist: der laden funktioniert. der laden ist riesig, aber proppevoll (ok es war samstag, da ist alles voll, auch die mitfahrer in der sbahn). die leute informieren sich, lassen sich beraten, kaufen recner und lassen sich bei der erstkonfiguration helfen oder sachen erklären.
saturn in hamburg hat vor ein paar wochen hat das gesamte untergeschoss umgebaut. früher war dort ein viertel der ladenfläche für windows-software und spiele reserviert. danach kam die kleine apple-insel, dann wieder pc-gedöns. jetzt ist das gesamte erste viertel des untergeschoss mit apple-gedöns gefüllt. iphone-zubehör, ipad-zubehör, apple-software, apple-peripherie, dann kommt die apple-insel mit der apple hardware und dann erst das pc-gedöns. irgendwas scheint apple richtig zu machen.