morgenspaziergang 27.10.2025
es hat heute früh geregnet und das war sehr schön. heute neben dem foto auch der soundtrack des spaziergangs (nicht per RSS).
es hat heute früh geregnet und das war sehr schön. heute neben dem foto auch der soundtrack des spaziergangs (nicht per RSS).
wenn heiner irgendwo stand, hatte er immer die fäuste geballt. das wirkte aber nicht aggressiv, sondern eher introvertiert, als ob er sich sammelte. heiner war gross, kräftig und grau-meliert-bärtig — und mein erster chef nach dem abitur.
ich hatte mir nach der schule überlegt, etwas von der welt sehen zu wollen, und landete dann für meinen zivildienst in der nähe von fulda, in einer anthroposophischen lebensgemeinschaft, in der „Menschen mit und ohne Hilfebedarf“ zusammenleben. das zusammenleben war und ist WG-artig in familienverbänden, in grossen häusern organisiert. gearbeitet wurde in werkstätten, im garten, der landwirtschaft, einer bäckerei oder im dorfladen.
mein ehemaliger judo-lehrer aus aachen war vor einigen jahren in diese lebensgemeinschaft gezogen, hatte mit seiner frau eine der familien übernommen und leitete die weberei in sassen. meine mutter hatte nach meiner kurzen judo-karriere kontakt mit den beiden gehalten und sie auch einmal dort besucht. die erzählungen meiner mutter vom leben im dorf hatten mich fasziniert, deshalb bewarb ich mich für meinen zivildienst dort, wurde genommen und dachte, dass ich dann auch in der weberei landen würde. ich wurde dann aber der holzwerkstatt zugeordnet. heiner leitete dort den betrieb, war aber offiziell nicht der werkstattleiter. er war kein anthroposoph und lebte auch nicht in der dorfgemeinschaft, sondern etwas ausserhalb von fulda, in gichenbach.
heiner brachte mir den umgang mit den grossmaschinen bei, mit der kreissäge, der schleifscheibe, der dickte und das hat er offensichtlich gut gemacht, denn nach 15 monaten zivildienst und einem weiteren jahr als angestellter in der lebensgemeinschaft hatte ich noch alle finger. in der holzwerkstatt bauten wir gemeinsam mit ungefähr einem dutzend „dörflern“ vogelnistkästen. in den pausen standen wir hinten an der rampe, und heiner rauchte roth-händle ohne filter. er mochte an den roth-händles, dass sie ohne zusatz von aromastoffen auskamen. ich fand das kraut eklig, aber zu heiner passte die marke: schnörkellos, klar, konsequent, naturnah. zehn oder zwanzig jahre später hatte er keine lust mehr zu rauchen und hörte, ganz schnörkellos, von einem auf den anderen tag auf.
heiner war zwar mein chef, aber unser umgang war immer auf augenhöhe, trotz des altersunterschieds von ungefähr zwanzig jahren. ich war zwar frisch aus der schule und naseweis, aber ich war lernwillig, formbar und hatte noch kein sendungsbewusstsein. mein ziel war, so viel wie möglich zu lernen, und auch wenn ich mir das anthroposophie-gedöns distanziert, aber durchaus neugierig anschaute, war ich wie ein schwamm für alles, was mir heiner beibrachte. wobei beibringen das falsche wort ist: heiner zeigte mir, wie es geht, und ich machte es dann so. heiner hatte zwar nach einer kurzen karriere als polizist irgendwas soziales studiert, aber er agierte nie wie ein pädagoge, auch nicht im umgang mit den menschen mit behinderungen. er zeigte, wie es geht, und so wurde es dann gemacht. er sagte, was ihm gefiel und was nicht. er redete nicht drumrum, war aber immer freundlich.
ich weiss gar nicht, wie ich unsere beziehung am besten beschreiben soll. wir waren jedenfalls über 30 jahre befreundet, auch wenn wir uns alles andere als regelmässig sahen. nur vom sommer 1989 bis ende 1990 sahen wir uns täglich. nach meinem zivildienst kehrte ich für ein paar monate zurück nach hause ins rheinland, um dann im frühjahr 1991 drei monate bei heiners neuem arbeitsplatz in fulda (bei „grümel“) zu arbeiten. für die zeit zog ich bei heiner in gichenbach ein, und das ist auch die zeit mit heiner, an die ich mich am intensivsten erinnere — und die auf mehrere arten prägend war.
heiner wohnte zur miete im erdgeschoss eines grossen hauses in gichenbach, einem kleinen, abgelegenen dorf in der nähe von gersfeld und fulda. er und seine familie hielten alle möglichen tiere: gänse, enten, später auch wollschweine, schafe und immer auch einen hund. nebenbei war heiner noch jäger und kannte (natürlich) den förster. er kannte eigentlich alle in gichenbach, glaube ich, und so lernte ich in meiner zeit bei grümel auch alle möglichen leute aus dem dorf kennen: den holzrücker mit den grossen händen, den förster, die nachbarn, den holzhändler gegenüber, den tankstellenbetreiber „erbse“.
wir fuhren jeden morgen gemeinsam nach fulda, zur arbeit bei grümel. dort fuhren wir dann getrennt, jeder mit einer gruppe schwer vermittelbarer jugendlicher mit einer pritsche durch fulda, um dort gärten, öffentliche flächen und trinkwasserpumpanlagen zu mähen oder hecken zu schneiden. im vorfeld zu diesem job war ich voller zweifel, ob ich als naiver jungspund mit abitur und ein paar monaten zivildienst überhaupt als vorarbeiter von schwer vermittelbaren – also als schwierig geltenden – jugendlichen klarkommen würde. erstaunlicherweise funktionierte das gut. das bisschen autorität, das ich ausstrahlte, wurde von niemandem angezweifelt – auch nicht von e., der vorbestraft war, weil er einem rentner eine plastiktüte mit einem brathähnchen entrissen hatte und mir irgendwann seine selbst tätowierten, fickenden ottifanten auf seinem rechten unterarm zeigte.
die arbeit war körperlich anstrengend, deshalb war mein bedürfnis, in der zeit bei heiner abends auszugehen oder etwas zu unternehmen, nur minimal ausgeprägt. gelegentlich fuhren heiner und ich abends durch den wald zum trinken. ich erinnere mich, dass ich eine weile brauchte, um auf den geschmack von becks zu kommen, es dann aber irgendwann sehr gerne mochte. ich erinnere mich an den geruch und die piepsenden geräusche von gänseküken, ich lernte, ein reh „aus dem fell zu schlagen“, und ich erinnere mich, wie wir gemeinsam in der küche sassen, rauchten und zeitung lasen.
an den alltag in diesen drei monaten bei heiner (und astrid, heiners damaliger frau) erinnere ich mich insgesamt nur schwach. es gab damals kein internet und bei heiner keinen fernseher. alle neuigkeiten aus der welt und der nachbarschaft erreichten uns über die fuldaer zeitung. wir verbrachten angesichts des eingeschränkten freizeitangebots in gichenbach wahrscheinlich sehr viel zeit miteinander — und heiner und ich kamen offenbar gut miteinander zurecht.
heiner erzählte zwar gerne und viel, aber übermässig viel geredet haben wir auch nicht. wir konnten, wie hunde, ganz gut schweigend unsere zeit miteinander verbringen. durch den altersunterschied und das erfahrungsdelta gab es wahrscheinlich schon ein beziehungsgefälle. aber heiner hatte in unserer beziehung nichts väterliches oder meisterhaftes, und ich war eher neugieriger beobachter von heiners lebensentwurf als eifriger schüler oder nacheiferer. wahrscheinlich kann man unsere beziehung am besten als klassische männerfreundschaft beschreiben: viel über die welt, die vergangenheit und die zukunft reden, wenig bis gar nicht über gefühle, gemeinsam trinken, fachsimpeln.
ich wollte später psychologie studieren, aber wollte die möglichkeit, ein leben wie heiner zu führen, als option mitnehmen und später™ mein interesse an so einem leben nochmal prüfen. am ende bin ich ein stadtmensch geworden, habe nie wieder ein reh aus dem fell geschlagen, und das erste tier zog erst vor fünf jahren bei uns ein. aber heiner habe ich immer wieder besucht, und sowohl das wiedersehen mit ihm als auch die landschaft der rhön haben mich jedes mal sentimental berührt.
zuletzt habe ich heiner zu seinem 70. geburtstag besucht, mit der beifahrerin. heiner war schlanker, ich fetter geworden, aber die vertrautheit, die männerfreundschaftliche nähe war sofort wieder da. ein bisschen väterlich war heiner dann doch, als er mich auf seine unnachahmliche art darauf hinwies, dass ein paar kilo gewichtsverlust sich durchaus positiv auf das „fahrgestell“ im alter auswirken würden. er wünschte sich, früher auf sein gewicht geachtet zu haben – dann hätte er jetzt mit 70 weniger probleme mit seinem fahrgestell. noch schöner als die geburtstagsfeier selbst war das frühstück am nächsten morgen. wir lasen zwar nicht mehr gemeinsam fuldaer zeitung, aber sassen in heiners erweiterten, sonst weit verstreuten familienkreis zusammen. ich lernte die inzwischen erwachsenen töchter henriette und louise neu kennen, die ich zwar noch von früheren besuchen kannte, die sich aber peinlicherweise detaillierter und genauer an mich erinnerten, als ich an sie.
die beifahrerin und ich sprachen mit heiner über unsere idee, uns einen hund anzuschaffen – auch, weil mir offenbar heiners meinung weiterhin sehr wichtig war. heiner war kein freund von hunden in der stadt, aber als wir sagten: „pudel“, sagte er: „pudel ist gut!“ dass frida den segen von heiner bekam, macht mich bis heute froh. ich bin nur sehr traurig, dass ich ihm frida nie vorstellen konnte, denn irgendwann im sommer 2023 bekam ich einen brief, in dem stand, dass heiner am 10.06.2023 verstorben ist.
ich schrieb vor ungefähr einem halben jahr, dass ich in sachen trauer nicht besonders gut bin. ich bleibe so um die drei bis zehn jahre in der denial-/leugnungsphase stecken und überspringe dann irgendwann die anger-, bargaining- und depressionsphasen, um zu so etwas wie akzeptanz zu kommen. heiners tod mag ich aber bis heute nicht akzeptieren.
in der beilage ist ein scan von heiners traueranzeige, mit einem bild von heiner, das genau dem bild von heiner vor meinem inneren auge entspricht.
sechs kilometer vom wedding, durchs reguierungsviertel zur friedrichstrasse. mit viel sonnenaufgang.
vor 90 tagen hab ich mir die erste semaglutid-spritze gesetzt und seitdem so um die 14 kilo abgenommen. vor drei wochen hab ich mir die vorerst letzte spritze gesetzt, um zu schauen wie ich ohne semaglutid zurechkomme. die kurze antwort auf diese frage lautet: ohne das zusätzliche semaglutid ist deutlich härter geworden die kalorienanzahl die ich zu mir nehme auf dem gleichen niveau zu halten. ich halte mein gewicht zwar, mehr oder weniger, aber ich nehme auch nicht mehr ab.
die halbwertszeit des semaglutids beträgt eine woche. das heißt um den 10. oktober herum verlor es offiziell seine wirkung. am 17. oktober standen glatte 97 kilo auf der waage, seitdem pendelt mein gewicht zwischen 97 und 99 kilo und das, wie die grafik zeigt, mit leichter tendenz nach oben. solche phasen mit steigenden tendenzen hatte ich auch mit semaglutid und meine erfahrung war: einfach weitermachen, ohne hastigen umstellungen, und dann zeigte die kurve auch bald wieder nach unten, zumindest im schnitt.
mir fällt es auch ohne zusätzliches semaglutid nicht sonderlich schwer das essen nach einer, andertalb portionen zu beenden, ein merklicher unterschied ist allerdings ein deutlich geringeres sättigungsgefühl danach. zwischen den mahlzeiten habe ich plötzlich wieder das bedürfnis zu snacken.
weiterhin nicht vorhanden ist das bedürfnis süsses zu essen. mit dem semaglutid fiel es mir leicht auf süsses und vor allem zucker im kaffee zu verzichten. wahrscheinlich hat sich mein metbolismus inzwischen auf zuckermangel eingestellt und hat vergessen dass snickers lecker sind. wenn mir nach süssem ist, trinke ich einen kaffee, die süsse der milch reicht mir (mittlerweile).
mein blutdruck hatte sich bereits nach ein paar kilo gewichtsverlust draamtisch verbessert. er war nach körperlicher aktivität immer im grünen bereich, aber sonst, vor allem nach einem tag am schreibtisch, leicht erhöht. zumindst der systolische druck ist mittlerweile auch nach einem tag am schreibtisch stets im normalbereich. die omrom app (die app zu meinem blutdruckmessgerät) schätzt die werte „gemäß ESH-Leitlinie“ als optimal ein, lediglich die apple health app bemängelt, dass der diastolische druck noch leicht erhöht sei.
weiterhin frustrierend ist, dass mein kalorienumsatz mit ~98 kilo weit niedriger ist als mit ~113 kilo. gestern sind frida und ich morgens 8 kilometer gelaufen (vom wedding am flughafen tegel vorbei in den volkspark jungfernheide und dann zur s-bahn jungfernheide) und trotzdem habe ich mein apple watch kalorienziel (900 KCal), mit 12.000 schritten und einer tages-gesamtstrecke von 10 kilometern gerade mal so erreicht (945 KCal). aus konsistenzgründen werde ich das ziel aber wohl nicht senken.
Rules don’t make works of art, works of art make rules.
-- Claude Debussy
hier gefunden (david hartley über nirvana’s smells like teen spirit, „The song that broke every songwriting rule“, ganzes video ist sehr sehenswert)
ich finde es faszinierend, dass man erkennt, dass das foto neblig ist, trotz der mattierung oder dem glas gedöns.
insgesamt stört mich das flüssigglas-design der neuen kamera viel weniger als ich gedacht habe. ich finde die designsprache geht in die richtige richtung, oder andersrum: besser als vorher.
in den neunziger jahren hab ich zum ersten mal gehört, dass „ständige erreichbarkeit“ etwas schreckliches sei. damals wurde die ständige erreichbarkeit vor allem im zusammenhang mit mobiltelefonen als etwas negatives gesehen. das loblied der unerreichbarkeit im zusammenhang mit mobiltelefonen wird seit den neunzigern regelmässsig gesungen, zuletzt habe ich rocko schamoni drüber vor vier tagen singen hören:
Ich brauche Ruhe, Abstand und Kontaktlosigkeit. Unerreichbarkeit.
rocko schamoni bieter als lösung ein mobiltelefon aus ton an. für 40 euro. ein tonloses telefon aus ton hat allerdings nicht dazu geführt, dass ihn der NDR in ruhe gelassen hat. der hat ihn nicht nur kontaktiert, sondern auch noch ein fernsehteam in die töpferei geschickt.
und natürlich ist das alles viel komplizierter. ständige erreichbarkeit kann einen auch ohne jede elektronik oder internet plagen. darauf weist konstantin in „ständig erreichbar IRL“ hin.
Es nagt etwas an mir, die ganze Zeit von Leuten umgeben zu sein. Das bin ich nicht gewohnt. Immer ansprechbar zu sein.
das internet hat nichts fundamentales neu erfunden. es verdichtet nur vorhandene strukturen, verkürzt abstände und schafft neue verbindungen, beschleunigt vorgänge, macht schwer erreichbares leichter verfügbar. sobald wir in gesellschaft sind, wird von uns ein gewisser grad verfügbarkeit erwartet. das war schon immer so und erforderte schon immer, dass wir uns strategien zurechtlegen, um damit sozialverträglich umzugehen. sich der gesellschaft und damit der verfügbarkeit konsequent zu entziehen möchten nur wenige, ein eremiten-dasein erscheint den wenigsten menschen wünschenswert. das mit der verfügbarkeit ist also eher eine gratwanderung, eine frage der dosierung und des kontext.
deshalb ist ein telefon aus ton vielleicht ein ganz guter witz über den man 10 sekunden schmunzeln kann und dann weiterscrollt. besser ist es wahrscheinlich sich gedanken darüber zu machen, wem man wann aufmerksamkeit und verfügbarkeit schenken will, wann nicht und wie man das im alltag durchsetzt oder ermöglicht.
in der hundeerziehung sind nähe und distanz eine währung. auf der strasse wollen hundehalter die volle aufmerksamkeit (sprich verfügbarkeit) ihres hundes, zuhause soll er sich distanziert und höflich verhalten und am besten ganz ruhig und bei sich sein. das funktioniert aber nur, wenn man mit dem hund (stillschweigend) einen deal abgeschlossen hat. hunde sind opportunisten und fragen sich, warum man dem menschen aufmerksamkeit schenken soll, wenn es draussen so viel interessantere dinge gibt. und umgekehrt fragen sie sich zuhause, warum sie sich höfliich distanziert verhalten sollen, wenn man durch nähe und bedrängen den menschen dazu bringen kann zum beispiel ausserplanmässig essen zu bekommen oder aufmerksamkeit, wenn hund sich langweilt.
der deal ist abgeschlossen, sobald der hund merkt, dass sich ständige verfügbarkeit und aufmerksamkeit draussen lohnt und abschalten zuhause erholsam und angenehm ist. bei uns menschen ist das nicht anders. wir haben gelernt, dass es sich lohnt für ungefähr acht stunden am tag seine aufmerksamkeit und verfügbarkeit fremden menschen und fremden problemen zu schenken. dann bekommen wir gehalt, kunden oder publikum. wir haben gelernt, dass wir nicht alleine leben müssen, wenn wir anderen menschen gelegentlich aufmerksamkeit und verfügbarkeit schenken und so beziehungen ermöglichen.
was uns schwer fällt: unsere aufmerksamkeit und verfügbarkeit klug zu verwalten. möglicherweise hat die natur genau deshalb den schlaf erfunden. so können auch wesen, die es nicht schaffen zeitweilig distanz und unerreichbarkeit einzufordern, ein paar stunden pro tag unerreichbar sein und ihre verfügbarkeitsbatterien aufladen.
man sagt ja, aufmerksamkeit sei auch im internet eine währung. und wenn man sich klar macht, dass hinter aufmerksamkeit verfügbarkeit (oder eben erreichbarkeit) steht, wird vielleicht auch klar, warum unsere verfügbarkeitsbatterien sich einen ticken schneller leeren als früher™. weil alle und alles um unsere aufmerksamkeit werben und wir keine wirksamen methoden gefunden haben unsere aufmerksamkeit und verfügbarkeit klug zu verwalten. nicht social media, messenger, nachrichten und benachrichtigungen, soziale zwänge, tiktok oder bummsfallera sind das problem, sondern dass wir unsere aufmerksamkeit einfach jedem schenken der danach fragt. das wir nicht gelernt haben unsere aufmerksamkeit zu verwalten oder noch nicht ihren wert als wertvolle ressource, als währung erkannt haben.
vor vierzig jahren stand in fast jedem haushalt ein telefon. diese telefone waren an der wand festgebunden und liessen sich nicht mitnehmen. sie haben so funktioniert: wenn man zuhause war, war man erreichbar. wenn man nicht zuhause war, war man nicht erreichbar.
das hat erstaunlich gut funktioniert, auch wenn man sich das heute nicht mehr vorstellen kann.
für mich funktioniert das heute noch genauso. die beifahrerin regt sich da immer drüber auf, dass ich ihre nachrichten oder gelegentlich auch anrufe nicht mitbekommen, wenn ich mit dem hund unterwegs bin. mein telefon klingelt schon seit jahren nicht mehr. wenn jemand anruft oder eine nachricht schickt, blinkt es kurz. möglicherweise vibriert meine uhr auch kurz. aber das ist kein technischer gimmick, sondern eine bewusste entscheidung. erreichbar bin ich, wenn ich zuhause bin und kapazität habe. dann bekomme ich auch (meistens) die subtilste benachrichtigung mit, dann muss das telefon nicht klingeln oder vibrieren. wenn ich mittagsschlaf mache, verwandle ich mein telefon in ein stück ton, bei apple telefonen heißt diese funktion „fokus“. das deaktiviert für die genau für die zeit des mittagsschlaf alle benachrichtigungen und anrufe.
wie ich meine aufmerksamkeit oder verfügbarkeit verwalte ist definitiv nicht perfekt, vielleicht noch nicht mal gut. aber ich arbeite daran. mir ist klar, dass aufmerksamkeit und verfügbarkeit verwaltet werden müssen und ich suche mittel und wege, technische hilfsmittel und routinen um dem ziel ein bisschen näher zu kommen. und das ziel ist kein ja oder nein, sondern eher ein wann und wie.
vorletzter gedanke der mir heute beim grübeln kam: radikale unerreichbarkeit erreicht man mit dem tod. eigentlich kann man unnerreichbarkeit auch ganz gut als definition für den tod benutzen. oder umgekehrt: leben bedeutet erreichbarkeit und verfügbarkeit.
letzter gedanke: über diesen vorschlag von ikea erreichbarkeit durch gamification und technik besser verwalten zu können konnte ich 10 sekunden länger schmunzeln als über schamonis tontelefon.
das ziel der automatischen wohnung sollte aus meiner sicht eigentlich sein keine dashboards zur steuerung zu benötigen. wenn dashboard, dann zur info. die steuerung sollte optimalerweise automatisch oder per schalter stattfinden. ausserdem finde ich die homeassistant dashboards auh nicht wirklich familientauglich. die beifahrerin hat zwar zugang zu homeassistant, zieht aber die steuerung per homekit vor.
wir haben ein ipad im flur hängen das in erster linie wetter zeigt. man kann da zwar auch den luftreiniger im flur und den staubsauger steuern, aber der alltag zeigt: machen wir nicht. der luftreiniger schaltet sich selbst an und aus — je nach luftqualität und wenn die sensoren der beifahrerin empfindlicher sind, als die aus china, drückt sie den schalter auf dem luftreiniger selbst. und der staubsauger (moritz) fährt alleine los wenn ich beim morgenspaziergang bin und die beifahrerin noch im bett liegt — oder niemand mehr zuhause ist.
ansonsten, wie gesagt, nutze ich dashboards vor allem fürs monitoring, administrieren, konfigurieren. sehr nützlich finde ich die übersicht meiner „serverfarm“ . die kenndaten der wichtgsten systeme die hier im hintergrund laufen. hier nutze ich vor allem die mini-graph-card und die bar-card.
was ich tatsächlich seit jahren immer wieder nutze un eine übersicht über den zustand der wohnung oder der welt draussen zu bekommen, sind diese zwei dashboards. der interaktive ha-floorplan ist wartungsintensiv aber, offenbar, informativ. ich sehe den zustand der räume (besetzt/nicht besetzt), der lichter, bewegungsmelder, betten und grossgeräte (wasch-, spül- und duschmaschine) und kann lichter oder stati ändern.
etwas detailierter als die anzeige auf dem ipad im flur: das wetter dashboard mit daten vom dwd und vielen verschiedenen custom cards. am nützlichsten finde ich die zwei tage und wochen-vorhersage per apex charts. die mondanzeige hab ich mir selbst gebaut, die daten kommen aus der regulären mond-integration. die horizon card oben rechts, die den sonnen und mondstand visualisiert finde ich auch sehr nützlich.
im alltag äusserst nützlich macht sich die bring integration. wir können dem voice assistant sachen zurufen die wir brauchen, milch, spülmaschinen tabs und klopapier werden automatisch getrackt und auf die liste gesetzt.
es ist ja nie gut mit überhöhten oder überhaupt irgendwelchen erwartungen in eine fernsehserie einzusteigen. aber der vibe, die absurdität, die haptik dieses vorgeschmacks auf die neue serie von vince gilligan (auf apple-tv), macht mich schon freudig. fängt am 7. novembber an, in 15 tagen, also quasi morgen.
Die Schutzheilige von Netflix, Hildegard von Bingen
Gabriel Yoran (@GabrielBerlin) 28.07.2017 9:31
manchmal bin ich froh, dass ich früher lieblingstweets nicht nur eingebettet, sondern kopiert habe. auf twitter ist der tweet von gabriel yoran mittlerweile verschwunden, aber die „an diesem tag“ funktion in der beilage hat ihn mir heute wieder vor die füsse gespült. und wie bei allen guten witzen, hab ich 4 sekunden gebraucht um ihn (wieder) zu verstehen.
nachtrag: das ist wirklich zufall, aber vor fünf jahren hab ich am (mehr oder weniger) gleichen tag, das selbe gesagt.
in den letzten tagen hatte ich eine idee, für die ich mein eingerostetes indieweb know-how nochmal ölen und auf vordermann bringen musste. ich dachte mir, jetzt wo ich so praktische inhaltsblöcke wie meinen link-block oder meine einbett-funktion habe, müsste die sich doch auch sematisch korrekt maschinenlesbar und „interaktiv“ machen. interaktiv ist das falsche wort, aber wenn ich zum beispiel diesen beitrag von aaron parecki mag, könnte ich statt eines links auch ein like von meiner website zu seiner senden. mit ein bisschen html und microformaten geht das theoretisch ganz einfach, praktisch ist es aber furchtbar kompliziert.
erstmal zurück zum beispiel: ich mag trockenwände und wie man sachen dahinter organisiert. statt nur auf aarons beitrag zu linken, hab ich einen like-link gebaut. das führt dann dazu, dass ich auf aaronparecki.com per webmention einen like setzen kann.
das wird dann theoretisch noch interessanter, weil man mit der fast gleichen methode auch antworten oder neuveröffentlichungen (retweet/repost/boost) senden kann. ausser, dass es dann doch ziemlich kompliziert ist. nach 2-3 tagen auseinandersetzung, tests¹⁾, rantasten, dokumentation selbst lesen und lesen lassen hab ich es jetzt erstmal aufgegeben. so schön es ist likes oder antworten von hier zu versenden, so mühsam ist es auch.
dabei kann es eben auch ganz einfach sein. einfache links erfüllen den gleichen zweck. sie sind zumindest ganz gut menschenlesbar. maschinen haben es schwerer den kontext oder die intention rauszulesen. googles testtools monierte kürzlich an diesem artikel, dass ich den schockwellenreiter mit dem linktext „hier“ verlinkte. google hätte im linktext gerne mehr kontext, „hier“ ist nicht gut suchmaschinenlesbar. dem schockwellenreiter hat es gereicht mir zu antworten, bzw. meine spekulation zu bestätigen und später zu dem thema, über dass ich hier nachdachte, einen eigenen artikel zu veröffentlichen.
das schöne an links ist in der tat das einfache. man kann links zwar auch kompliziert machen, sie zum öffnen in einem neuen fenster zwingen, ihnen verbieten einen verweis auf den ursprung mitzunehmen (referer) oder sie mit javascript verhunzten, man kann links mit versteckten titeln ausstatten, die man nur sieht, wenn man mit der maus drüber geht oder für sehbhinderte hinweise hinzufügen. oder einfach einen link setzen. funktioniert einfach.
früher konnte man texte sogar ganz gut und erfolgreich ohne links veröffentlichen. es funktionierte sogar diese texte auf papier zu verkaufen. mittlerweile mangelt es papier an zugänglichkeit, die taz hat jetzt zum beispiel aufgehört apier zu bedrucken. am nächsten an der einfachhiet von bedrucktem papier sehe ich das prototypeische blog daring fireball von john gruber. es sieht seit vielen jahren oder sogar jahrzehnten immer gleich aus, kommt ohne firlefanz, kommentare, buttons, cookies und tracker aus. es kommt eigentlihc ohne alles aus, ausser guter texte und vielen links (und ein bisschen formatierung). ich mag ein bisschen firlefanz und ich spiele gerne an meinem kirby rum. aber trotzdem, vielleicht sollte ich mal das reduzieren, innerlich das weglassen ein bisschen gamifizieren. geht ja auch einfach.
fussnote
1) ich hab mir die tage sogar ein micro.blog zugelegt um meine indieweb-kenntnisse zu vertiefen und die indieweb-prizipien mit einem ready-made auszuprobieren. micro.blogs und wie sie ihre timelines und reaktionen darstellen hab ich irgendwie auch nach jahren nicht richtig verstanden. nach dem ich jetzt eins zum anfassen habe, stehe ich noch mehr auf dem schlauch.
am abend gepostet.
am morgen wars sehr frisch, es gab offenbar ersten frost.
am plötzensee sind sie fertig mit der „verbesserung“ der zaunanlage (gleicher taun, aber etwas höher). am seeende, von dem aus ich fotografiert habe, gibt’s noch eine tür. die ist noch nicht abschliessbar, also hat man ein gitter davorgestellt. kann man machen. bin mal gespannt wie die neue ufer-verfeuchtung im sommer greift.
am himmel waren vermutlich nicht mehr flugzeuge als üblich unterwegs, aber sie waren einerseits besser beleuchtet und andererseits war es wolkenfrei. zu einem anderen zeitpunkt des spaziergangs hab ich glaube ich 7 flugzeuge und ihre kondensstreifen in einem himmelssegment gesehen. aber nicht fotografiert.
leitmedium.de: Die Erosion der Quellenkultur, oder: Der eternal fools day (und die „KI“-Bilder)
als ich die überschrift gelesen habe, schien mir der artikel, den ich noch gar nicht gelesen hatte, verallgemeinernd und zu negativ. als ich ihn dann gelesen habe, fand ich den artikel wunderbar differenziert und in weiten teilen meiner meinung entsprechend.
ich bin auch genervt von bildern oder zitaten die einfach irgendwo hingeworfen werden, ohne quellenangabe, ohne via, ohne kontext. und genau wie caspar mache ich mich dann meistens auf die suche nach dem original. und dann bin ich meist schon nicht mehr genervt, sondern erfreut. denn solche „recherchen“ öffnen nicht selten ganz neue welten und ich finde viele interessante dinge, meist viel interessanter als das, worüber ich ursprünglich gestolpert bin.
fischr.org: Am Ende wird alles gut
Am Ende wird alles gut. Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.
— Fernando SabinoIch habe es hier einmal korrekt dem
portugiesischenbrasilianischen Autor Fernando Sabino zugeordnet. Und nein, es stammt weder von Oscar Wilde noch von John Lennon. Eure Wandtattoos sind Fake News!
ndr.de: Rocko Schamonis Zero Phone: Das Smartphone, das nichts kann
ich könnte meine alte kamera jetzt auch als „Zero Phone“ nutzen, was etwas günstiger ist als die 40 € die rocko schamonie für sein „Zero Phone“ haben will. finde ich aber langweilig, weil meine neue kamera genauso gut als „Zero Phone“ nutzbar ist: einfach indem ich sie ignoriere und nicht benutze oder als handschmeichler nutze.
anmerkung aus dem maschinenraum: die badges oben an den links sind hinweise auf die html-struktur, die ich so angepasst habe, dass sie semantisch like-of, repost-of oder reply-to im sinne der indieweb-konventionen entsprechen. theoretisch ist es damit möglich entsprechende pings/webmentions auf den verlinkten seiten zu hinterlassen. getestet hae ich das einmal hier, was dann einen like bei aaron parecki hinterlassen hat. ob und wie das alles funktioniert, muss ich noch weiter testen.
eigentlich wollte ich heute mal wieder nach frohnau fahren und dann mit frida durch den tegeler forst nach alt-tegel laufen und von dort mit der wieder fahrenden u-bahn zurück nach hause.
leider war an der bornholmer strasse wieder unverständliches ersatzverkehr-chaos, weshalb wir dann durch den prenzlauer berg, durch den mauerpark zurück zum naturkundemuseum gelaufen sind.
so sind wir 6 kilometer, quasi um den fersehturm gelaufen. ich freue mich immer, wenn der fernsehturm mich anlächelt und fotografiere ihn dann. leider sieht man auf den fotos das lächeln des fernsehturms nicht.
an der bernauer strasse, an der „kapelle der versöhnung“ sahen wir dann wie sich die glöckner und eine glöcknerin die glocken und sich zum läuten vorbereiteten und entschieden uns das anzusehen. wir mussten 8 minuten warten, bis punkt 10:15 uhr, bis sie anfingen zu läten. das ging dann gut 5 minuten (ein höllenlärm) und weil das video fast 1 gigabyte gross ist, habe ich es bei youtube hochgeladen statt hier lokal auszuspielen. ich finde die neue kamera hat das spektakel ganz gut eingefangen.
das sind die porttrait-varianten, die meine neue kamera im selfie modus anbietet
wenn ich das so angucke, denke ich, ich sollte schwarz weiss werden, am besten high-key-schwarz-weiss. steht mir relativ schmeichelnd und hebt die augen aus dem gesicht. das zeigt auch dieses foto, welches das kind vor ein paar jahren von uns gemacht hat — allerdings ohne KI unterstützung, sondern ganz analog.
gestern gelernt, wenn man die mettwürstchen zu früh zum grünkohl hinzufügt (bevor die kartoffelwürfel durchgekocht sind), bleiben die kartioffeln hart. auch wenn man noch eine stunde weiterkocht. liegt wohl am nitrit pökelsalz.
apropos chemie und essen: die doku von MAITHINK X über eben dieses thema fand ich ganz sehenswert. inklusive des ultimativen pommes rezept vom gott der potatoe chips heston blumenthal.